Entscheidungsdatum: 11.01.2018
Ballerinaschuh
1. Modelle, die über eine Internetseite dem allgemeinen Publikum zum Kauf angeboten werden, gehören zum vorbekannten Formenschatz, von dem der interessierte Benutzer Kenntnis nehmen kann, und sind bei der Prüfung des Schutzumfangs eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters zu berücksichtigen.
2. Umstände, die den Schutzumfang eines Geschmacksmusters zu schmälern geeignet sind, gehören grundsätzlich nicht zu den Tatsachen, die der klagende Schutzrechtsinhaber von sich aus offenbaren muss. Es obliegt vielmehr dem aus dem Geschmacksmuster in Anspruch genommenen Beklagten, hierzu vorzutragen.
3. Stellt derjenige, der unberechtigt wegen einer Schutzrechtsverletzung abgemahnt worden ist, infolge der Verwarnung den Vertrieb des beanstandeten Produkts ein, ist wegen des in der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung liegenden Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch der Schaden ersatzfähig, der dem Verwarnten infolge der Vertriebseinstellung nach Erhebung einer Klage wegen der Schutzrechtsverletzung entsteht.
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Klage, soweit sie auf Wettbewerbsrecht gestützt ist, und der Widerklage zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist ein spanisches Unternehmen, das Schuhe herstellt und vertreibt. Sie ist Inhaberin des beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum seit dem 3. Mai 2010 für Schuhe und Schuhsohlen eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. 001212351-0004 (im Folgenden: Klagemuster), das in drei Ansichten einen gelben Ballerinaschuh mit einer zweifarbigen Sohle zeigt:
Die Beklagte zu 1, ein deutsches Unternehmen, bot im Jahr 2014 folgendes Schuhmodell an:
Sie wurde von der in den Niederlanden ansässigen Beklagten zu 2 beliefert. Nach Behauptung der Klägerin lieferte die in China geschäftsansässige Beklagte zu 3 das angegriffene Schuhmodell nach Deutschland.
Die Klägerin sieht in diesem Modell in erster Linie eine Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters und in zweiter Linie eine unlautere Nachahmung des von ihr nach diesem Muster gefertigten und vertriebenen Schuhmodells. Sie hat - soweit noch von Interesse - die Beklagten zu 1 und 2 auf Unterlassung des Anbietens, des Vertriebs, des Imports oder des Exports nach Deutschland des angegriffenen Schuhmodells, unabhängig von der Farbe (Klageantrag zu I 1 mit einer Einblendung des beanstandeten Modells in brauner Farbe) und Auskunftserteilung und Rechnungslegung (Klageantrag zu I 2) in Anspruch genommen. Außerdem hat sie die Verurteilung der Beklagten zu 1 zur Vernichtung (Klageantrag zu I 3) und zum Rückruf des angegriffenen Schuhmodells aus den Vertriebswegen (Klageantrag zu I 4) begehrt und gegenüber allen drei Beklagten die Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz (Klageantrag zu II) beantragt.
Das Landgericht hat der auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützten Klage stattgegeben. Nachdem die Beklagte zu 1 auf das von der Klägerin im Internet angebotene, nachfolgend abgebildete Schuhmodell
aufmerksam geworden war, hat sie in der Berufungsinstanz widerklagend die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Klägerin wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung verlangt.
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Widerklage.
A. Das Berufungsgericht hat Klage und Widerklage als zulässig angesehen. Es hat angenommen, der Klägerin stehe weder ein Anspruch auf Unterlassung aus Art. 89 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (im Folgenden: GGV) in Verbindung mit § 42 Abs. 1 DesignG zu noch sei die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Folgeansprüche begründet. Die angegriffene Ausführungsform stelle auch keine unlautere Nachahmung gemäß § 4 Nr. 3 Buchst. b UWG dar. Der Beklagten zu 1 stehe der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform werde das Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Klägerin nicht verletzt. Mit Rücksicht auf den in der Berufungsinstanz vorgelegten vorbekannten Formenschatz sei dem Klagemuster nur ein durchschnittlicher Schutzumfang zuzubilligen. Von diesem sei die angegriffene Ausführungsform nicht mehr erfasst. Der Tatbestand der wettbewerbsrechtlich unlauteren Nachahmung sei nicht erfüllt. Die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung und die nachfolgend von ihr wegen eines Eingriffs in das zu ihren Gunsten geschützte Gemeinschaftsgeschmacksmuster erhobene Klage seien unberechtigt gewesen. Der Beklagten zu 1 stehe daher der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht nur für die Zeit bis zur Erhebung der vorliegenden Klage, sondern auch für die Zeit danach zu.
B. Die Klage ist in zulässiger Weise erhoben worden (dazu unter B I). Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg, soweit sie gegen die Abweisung der auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützten Klage gerichtet ist (dazu unter B II). Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg gegen die Abweisung der Klage, soweit die Klägerin sie auf das Wettbewerbsrecht gestützt hat (dazu unter B III). Soweit das Berufungsgericht der Widerklage stattgegeben hat, hat die Revision ebenfalls Erfolg (dazu unter B IV).
I. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über die wechselseitig von den Parteien erhobenen Ansprüche, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 161/13, GRUR 2015, 1004 Rn. 9 = WRP 2015, 1219 - IPS/ISP, mwN), ist gegeben.
1. Soweit es die in Deutschland ansässige Beklagte zu 1 angeht, ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den wegen einer Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters geltend gemachten Unterlassungsanspruch (Art. 81 Buchst. a GGV) aus Art. 82 Abs. 1 GGV. Wegen der Sachnähe zur Verletzung oder drohenden Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters erfasst die ausschließliche sachliche Zuständigkeit nach Art. 81 Buchst. a GGV auch Klagen über Nebenansprüche, die aus einer Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters erwachsen (vgl. zu Art. 92 Buchst. a der Verordnung [EG] Nr. 40/94: BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - I ZR 11/04, GRUR 2007, 705 Rn. 14 = WRP 2007, 960 - Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten; zu Art. 96 Buchst. a der Verordnung [EG] Nr. 207/2009: BGH, Urteil vom 9. November 2017 - I ZR 164/16, GRUR 2018, 84 Rn. 50 = WRP 2018, 77 - Parfummarken). Hierzu gehören Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Vernichtung sowie Rückruf aus den Vertriebswegen. Für die hilfsweise auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage gegen die Beklagte zu 1 erhobenen Ansprüche sind die deutschen Gerichte international gemäß Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO) zuständig.
2. Für die Entscheidung über die auf das Klagemuster gestützten und gegenüber der in den Niederlanden ansässigen Beklagte zu 2 geltend gemachten Klageanträge ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus dem Umstand, dass sich die Beklagte zu 2 auf das Verfahren vor den deutschen Gerichten eingelassen hat, ohne deren fehlende internationale Zuständigkeit zu rügen (Art. 82 Abs. 4 Buchst. b GGV in Verbindung mit Art. 24 Brüssel-I-VO [jetzt Art. 26 Brüssel-Ia-VO]). Aus diesem Grund sind die deutschen Gerichte nach Art. 24 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 26 Brüssel-Ia-VO) international auch wegen der gegen die Beklagte zu 2 hilfsweise geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zuständig.
3. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den gegen die in China ansässige Beklagte zu 3 gerichteten Klageantrag zu II ergibt sich, soweit dieser auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützt ist, ebenfalls aus Art. 82 Abs. 4 Buchst. b GGV in Verbindung mit Art. 24 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 26 Brüssel-Ia-VO). Nach Art. 82 Abs. 2 GGV wären an sich die spanischen Gerichte hierfür international zuständig, weil die Klägerin in Spanien und die Beklagte zu 3 in keinem der Mitgliedstaaten ansässig ist. Da die Beklagte zu 3 sich jedoch auf das Verfahren vor einem deutschen Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht eingelassen hat, sind damit die deutschen Gerichte zur Entscheidung international zuständig geworden.
Soweit der Klageantrag zu II gegen die Beklagte zu 3 hilfsweise auf lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz gestützt ist, bestimmt sich nach Art. 4 Abs. 1 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 6 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO) vorbehaltlich der Art. 22 und 23 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 24 und 25 Brüssel-Ia-VO) die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats nach dessen eigenen Gesetzen. Danach sind die Vorschriften der Brüssel-I-VO anwendbar, wenn die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung (Art. 23 Brüssel-I-VO [jetzt Art. 25 Brüssel-Ia-VO]) getroffen haben. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt in der rügelosen Einlassung eine stillschweigende Gerichtsstandsvereinbarung (EuGH, Urteil vom 20. Mai 2010 - C-111/09, Slg. 2010, I-4545, EuZW 2010, 679 Rn. 25, 33 mwN - ČPP/Bilas). Dies gilt unabhängig davon, ob der Beklagte seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat oder nicht (zu Art. 18 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 13. Juli 2000 - C-412/98, Slg. 2000, I-5925 = NJW 2000, 3121 Rn. 44 - Group Josi; MünchKomm.ZPO/Gottwald, 5. Aufl., Art. 26 VO [EU] 1215/2012). Danach führt die rügelose Einlassung der Beklagten zu 3 nach Art. 24 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 26 Brüssel-Ia-VO) zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte (vgl. Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., Art. 6 Rn. 1 und Art. 26 EuGVVO nF Rn. 1). Soweit nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht in der rügelosen Einlassung ein Präklusionstatbestand liegt und sich deshalb die internationale Zuständigkeit nach den Vorschriften des nationalen Rechts richtet (vgl. dazu Mankowski in Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 4. Aufl., Art. 6 Brüssel-Ia-VO Rn. 5 mwN), führt dies im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis, weil die rügelose Einlassung entsprechend § 39 ZPO die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründet (BGH, Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 280/86, BGHZ 101, 296, 301).
4. Die deutschen Gerichte sind für die Entscheidung über die von der in Deutschland ansässigen Beklagten zu 1 gegen die Klägerin mit Sitz in Spanien wegen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung erhobene Widerklage ebenfalls international zuständig, weil sich die Klägerin ihrerseits hierauf rügelos eingelassen hat. Dies ergibt sich aus Art. 24 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 26 Brüssel-Ia-VO), der auch für Widerklagen gilt (Saenger/Dörner, ZPO, 7. Aufl., Art. 26 EuGVVO Rn. 4).
II. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden keine Ansprüche aus ihrem Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu, weil die angegriffene Ausführungsform das Klagemuster nicht verletze.
1. Nach Art. 85 Abs. 1 Satz 1 GGV ist im vorliegenden Verletzungsverfahren von der Rechtsgültigkeit des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters und damit vom Vorliegen der Schutzvoraussetzungen (Art. 4 Abs. 1 GGV) der Neuheit (Art. 5 GGV) und der Eigenart (Art. 6 GGV) sowie vom Fehlen von Schutzausschließungsgründen (Art. 8, 9 GGV) auszugehen. Dies hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt.
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, das angegriffene Schuhmodell verletze das Klagemuster nicht, weil die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 1 GGV nicht vorlägen. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
a) Nach Art. 10 Abs. 1 GGV erstreckt sich der Umfang des Schutzes aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster auf jedes Geschmacksmuster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Die Prüfung, ob ein Modell in den Schutzbereich eines Geschmacksmusters eingreift, erfordert, dass der Schutzumfang des Geschmacksmusters bestimmt sowie sein Gesamteindruck und derjenige des angegriffenen Modells ermittelt und verglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2011 - I ZR 56/09, GRUR 2011, 1117 Rn. 34 = WRP 2011, 1463 - ICE).
b) Das Berufungsgericht hat dem Klagemuster ohne Rechtsfehler einen nur durchschnittlichen Schutzbereich beigemessen.
aa) Bei der Beurteilung des Schutzumfangs des Klagemusters ist nach Art. 10 Abs. 2 GGV der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters zu berücksichtigen. Der Schutzumfang des Klagemusters wird auch durch seinen Abstand zum vorbekannten Formenschatz bestimmt. Dieser Abstand ist durch einen Vergleich des Gesamteindrucks des Klagemusters und der vorbekannten Formgestaltungen zu ermitteln (BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - I ZR 40/14, GRUR 2016, 803 Rn. 31 = WRP 2016, 1135 - Armbanduhr). Je größer der Abstand des Klagemusters zum vorbekannten Formenschatz ist, desto größer ist der Schutzumfang des Klagemusters zu bemessen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 102/11, GRUR 2013, 285 Rn. 32 = WRP 2013, 341 - Kinderwagen II). Der anerkannte Grundsatz, dass der Schutzumfang eines Geschmacksmusters von dessen Abstand zum vorbekannten Formenschatz abhängt, gilt auch für die Bestimmung des Schutzumfangs eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach Art. 10 Abs. 2 GGV (vgl. BGH, GRUR 2011, 1117 Rn. 35 - ICE; GRUR 2013, 285 Rn. 32 - Kinderwagen II; vgl. auch EuG, Urteil vom 18. März 2010 - T-9/07, Slg. 2010, II-981 = GRUR Int. 2010, 602 Rn. 72 - PepsiCo/Grupo Promer). Für die Frage, welchen Abstand das Klagemuster zum vorbekannten Formenschatz einhält, kommt es nicht auf einen Vergleich einzelner Merkmale des Klagemusters mit einzelnen Merkmalen vorbekannter Muster an. Maßgeblich ist vielmehr der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Muster, der darüber entscheidet, wie groß die Ähnlichkeit des Klagemusters mit dem vorbekannten Formenschatz ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - I ZR 71/08, GRUR 2011, 142 Rn. 17 = WRP 2011, 100 - Untersetzer; Urteil vom 28. September 2011, GRUR 2012, 512 Rn. 26 = WRP 2012, 558 - Kinderwagen I). Das schließt allerdings nicht aus, dass zunächst die Merkmale bezeichnet werden, die den Gesamteindruck der in Rede stehenden Muster bestimmen, um den Abstand des Klagemusters zum vorbekannten Formenschatz zu ermitteln (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 34 - Kinderwagen II). Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen.
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Klagemuster weise insgesamt sieben prägende Merkmale auf: (1) die Grundform ist eine knöchelhohe Ballerina mit einer weiten, zur oberen Schuhvorderseite hin verlaufenden Öffnung, die beidseitig durch die Schnürung fixiert wird; (2) die sehr dünne Sohle verläuft von der Schuhspitze zur Ferse hin zunächst vollständig eben, ohne Ausbildung eines Absatzes und weist an der Unterseite eine Vielzahl von runden Noppen auf; (3) etwa ab dem unteren Mittelpunkt der Ferse verläuft die Sohle nicht nur in einem Winkel von etwa 45° schräg nach oben zur Einstiegsöffnung hin, sondern (4) bildet zum oberen Fersenende hin eine Art schalenförmige Aufnahme der Ferse; (5) der obere Rand der Einstiegsöffnung fällt zur Rückseite hin in einem Winkel von ebenfalls etwa 45° zur Ferse hin ab und (6) verleiht dem Schuh eine filigrane Dynamik, die durch die vollständig ebene dünne Sohle betont wird und außerdem das Schuhvorderteil besonders schlank und gestreckt erscheinen lässt; (7) die Sohle ist zweifarbig, wobei der hintere Teil in etwa die Farbe des Schuhkörpers aufweist und der vordere Teil in einer gänzlich anderen Farbe gehalten ist.
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, im Hinblick auf den erstinstanzlich zugrunde zu legenden vorbekannten Formenschatz sei das Landgericht zwar zu Recht von einem weiten Schutzumfang ausgegangen. Unter Berücksichtigung des im Berufungsverfahren eingeführten vorbekannten Formenschatzes sei dagegen nur von einem durchschnittlichen Schutzumfang auszugehen. Die im Berufungsverfahren eingeführte Entgegenhaltung komme dem Klagemuster wesentlich näher als alle Entgegenhaltungen aus der ersten Instanz, weil sie einen an die Form des menschlichen Fußes angepassten Schuh zeige, bei dem insbesondere der Fußspitzenbereich die Anordnung der Zehen und ihr Größenverhältnis zueinander deutlich erkennen lasse. Abweichend vom Klagemuster weise dieser Schuh eine sichtbare Steppnaht am äußeren Rand und eine nach unten gewölbte Sohle auf, so dass der Schuh klobiger wirke als das Klagemuster. Dieser Eindruck werde durch die unterschiedliche Gestaltung der beiden Schuhe im vorderen Knöchelbereich bestätigt. Während bei dem vorbekannten Muster neben der Schnürung ein breiter lederner Riemen geführt sei, bestehe der Verschluss des durch das Klagemuster geschützten Schuhs nur aus einer Schnürung. Dies betone seinen filigranen Charakter zusätzlich. Das Klagemuster unterscheide sich damit zwar erheblich von dem vorbekannten Muster, die Ähnlichkeiten seien allerdings so groß, dass von einem geringeren Abstand des Klagemusters vom vorbekannten Formenschatz auszugehen sei, als dies erstinstanzlich der Fall gewesen sei.
cc) Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass dem Klagemuster nur ein durchschnittlicher Schutzumfang beizumessen ist, wenn die im Berufungsverfahren eingeführte Entgegenhaltung zum vorbekannten Formenschatz zählt.
dd) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe das in der Berufungsinstanz als Entgegenhaltung eingeführte Schuhmodell nicht als Teil des vorbekannten Formenschatzes berücksichtigen dürfen.
(1) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Bestimmung des Schutzumfangs eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters ist der Zeitpunkt, zu dem das Muster zur Eintragung angemeldet worden ist (BGH, GRUR 2011, 142 Rn. 18 - Untersetzer; vgl. auch EuG, GRUR-RR 2010, 189 Rn. 70 - Pepsico/Grupo Promer). Grundsätzlich zählen alle Muster, die der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung des Geschmacksmusters zur Eintragung offenbart und damit zugänglich gemacht worden sind, zum vorbekannten Formenschatz (vgl. Art. 6 Abs. 1 Buchst. b, Art. 7 Abs. 1 GGV). Danach gehört das im Berufungsverfahren als Entgegenhaltung eingeführte Schuhmodell der Klägerin grundsätzlich zum vorbekannten Formenschatz. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist es jedenfalls ab März 2009 und damit noch vor dem Zeitpunkt der Anmeldung und Eintragung des Klagemusters am 5. Mai 2010 über eine Internetseite der Klägerin zum Verkauf angeboten worden.
(2) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass das im Berufungsverfahren als Entgegenhaltung eingeführte Schuhmodell der Klägerin vom informierten Benutzer zur Kenntnis genommen werden konnte. Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, dieses Schuhmodell habe die Wahrnehmung des informierten Benutzers nur prägen können, wenn er es habe kennen können, einem informierten Benutzer seien jedoch nicht alle Geschmacksmuster auf dem jeweiligen Gebiet bekannt, insbesondere nicht solche, die nur vereinzelt aufträten, kann sie damit keinen Erfolg haben. Die Klägerin hat dieses Schuhmodell unstreitig jedenfalls seit März 2009 über ihre Internetseite zum Kauf angeboten. Die Beklagte hat es dort noch im Berufungsverfahren abrufen und als Entgegenhaltung in das Berufungsverfahren einführen können. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass es zum Anmeldezeitpunkt im Mai 2010 auf ihrer Internetseite nicht zum Verkauf angeboten worden sei. Wird ein Produkt über eine Internetseite dem allgemeinen Publikum zum Kauf angeboten, spricht dies grundsätzlich dafür, dass das in ihm verkörperte Design zu dem Formenschatz zu zählen ist, von dem der interessierte Benutzer zu diesem Zeitpunkt Kenntnis erlangen kann.
(3) Entgegen der Ansicht der Revision bedarf deshalb im Streitfall die Frage keiner Klärung, ob und unter welchen Voraussetzungen nicht marktgängiger Formenschatz in die Prüfung des Schutzumfangs eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters einzubeziehen ist. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Klägerin in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht hat, das als Entgegenhaltung eingeführte Schuhmodell gehöre wegen fehlender Marktgängigkeit nicht zum vorbekannten Formenschatz. Insoweit handelt es sich um in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 1 ZPO nicht mehr zulässigen neuen Tatsachenvortrag.
(4) Offen bleiben kann auch die von der Revision aufgeworfene Frage, ob der Prüfung des Eingriffs in den Schutzbereich eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters aus Sicht des informierten Benutzers auch Formenschatz zugrunde zu legen ist, der seit längerer Zeit nicht mehr auf dem Markt präsent ist. Die Revision kann nicht auf Vortrag der Klägerin in den Tatsacheninstanzen verweisen, dass das von der Beklagten in der Berufungsinstanz als Entgegenhaltung eingeführte und im März 2009 zum Verkauf angebotene Schuhmodell zum Zeitpunkt der Anmeldung des Klagemusters am 5. Mai 2010 nicht mehr von der Klägerin vertrieben worden sei.
(5) Schließlich stellt sich im Streitfall nicht die von der Revision aufgeworfene Frage nach dem geographischen Verbreitungsgebiet, in dem eine Formgestaltung vom informierten Benutzer zur Kenntnis genommen werden konnte. Es ist nicht zweifelhaft, dass zumindest solche Muster berücksichtigt werden müssen, die im Geltungsbereich des Gemeinschaftsgeschmacksmusters bekannt sind. Dies ist bei dem von der Beklagten im Berufungsverfahren dem Klagemuster entgegengehaltenen Schuhmodell der Fall, weil die Klägerin es in Deutschland und damit im Geltungsbereich des Klagemusters, dem Gebiet der Europäischen Union, angeboten hat.
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der angegriffene Schuh erwecke beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster.
aa) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler den Gesamteindruck des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters bestimmt.
(1) Der Gegenstand des Geschmacksmusterschutzes wird durch diejenigen Merkmale der Erscheinungsform eines Erzeugnisses begründet, die anhand seiner Wiedergabe in der Anmeldung eindeutig erkennbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 124/10, GRUR 2012, 1139 Rn. 14 und 16 = WRP 2012, 1540 - Weinkaraffe; BGH, GRUR 2016, 803 Rn. 25 - Armbanduhr). Die dem Geschmacksmuster entsprechenden tatsächlich vertriebenen Erzeugnisse können zur Veranschaulichung verwendet werden, um die anhand der Beschreibung und der Darstellung in der Anmeldung bereits getroffenen Schlussfolgerungen zu bestätigen (vgl. EuGH, GRUR 2012, 506 Rn. 73 f. - PepsiCo/Grupo Promer). Die Bestimmung des Gesamteindrucks des eingetragenen Geschmacksmusters hat ausgehend von dem in der Anmeldung wiedergegebenen Schutzgegenstand auf der Grundlage einer wertenden Gesamtschau der für das Muster charakteristischen Einzelmerkmale zu erfolgen. Dabei ist eine Gewichtung der einzelnen Merkmale danach vorzunehmen, ob sie aus Sicht des informierten Benutzers für den Gesamteindruck von vorrangiger Bedeutung sind oder in den Hintergrund treten (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 71 - Kinderwagen II; vgl. ferner BGH, GRUR 2016, 803 Rn. 35 - Armbanduhr). Als "informiert" wird ein Benutzer bezeichnet, der verschiedene Geschmacksmuster kennt, die es in dem betreffenden Wirtschaftsbereich gibt, gewisse Kenntnisse über die Elemente besitzt, die die Geschmacksmuster regelmäßig aufweisen, und die Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit vergleichsweise großer Aufmerksamkeit verwendet. Seine Kenntnisse und der Grad seiner Aufmerksamkeit sind zwischen denen eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers und denen eines Fachmanns anzusiedeln. Er nimmt, soweit möglich, einen direkten Vergleich der betreffenden Geschmacksmuster vor (BGH, GRUR 2016, 803 Rn. 34 - Armbanduhr).
(2) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat auf der Grundlage der bildlichen Wiedergabe des eingetragenen Musters die für seine Gestaltung charakteristischen sieben Merkmale bestimmt und diese in einer Gesamtschau dahin gewürdigt, dass der informierte Benutzer den Eindruck poppiger Sportlichkeit bei gleichzeitig filigraner, sich an den Fuß und Knöchel anschmiegender Passform gewinne. Dabei komme dem Merkmal der zweifarbigen Sohle eine für den Gesamteindruck wesentliche Bedeutung zu, weil die aus der Abbildung hervorgehende Zweifarbigkeit der Sohle außergewöhnlich sei.
(3) Diese weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision macht nicht geltend, dass das Berufungsgericht bei der von ihm vorgenommenen Merkmalsgliederung charakteristische Gestaltungsformen außer Acht gelassen oder das in den Abbildungen zum Ausdruck kommende Erscheinungsbild des Musters unzutreffend ausgewertet habe. Dies ist auch nicht ersichtlich.
Die Revision beanstandet ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe bei fünf von sieben Merkmalen die Sohle des Schuhmodells in den Blick genommen und damit die besondere Bedeutung der Sohle überbetont. Dass das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Gesamteindrucks des Klagemusters die Grundform des Schuhs als knöchelhohe Ballerina mit einer weiten zur oberen Schuhvorderseite hin verlaufenden Öffnung nicht aus dem Blick verloren hat, folgt bereits daraus, dass es das sich in der Gesamtschau der Einzelmerkmale ergebende Erscheinungsbild als Schuh mit "filigraner, sich an den Fuß und Knöchel anschmiegenden Passform" beschrieben hat.
Die Annahme des Berufungsgerichts, in der zweifarbigen Gestaltung der Sohle, die auch in der farbigen Wiedergabe des Musters in der Registereintragung zum Ausdruck komme, liege ein Gestaltungsmerkmal, auf das der informierte Benutzer seine Aufmerksamkeit besonders lenke, lässt ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen. Bei einem der Mode unterworfenen Schuhmodell liegt es nahe, dass dem informierten Benutzer neben dem Schnitt die Farbgestaltung besonders ins Auge fällt.
bb) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das Klagemuster und die angegriffene Ausführungsform erweckten einen unterschiedlichen Gesamteindruck.
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die angegriffene Ausführungsform sei knöchelhoch und verfüge über eine weite, zur oberen Schuhvorderseite hin verlaufende Öffnung, die beidseitig durch die Schnürung verbunden und fixiert werde. Dies entspreche Teilen von Merkmal (1) des Klagemusters. Ihr fehle jedoch - anders als bei Merkmal (1) des Klagemusters - eine durchgehend dünne Sohle. Die Kunststoffsohle sei leicht seitlich am Schuh hochgezogen. Zudem verlaufe sie nicht eben, sondern bilde - anders als Merkmal (2) des Klagemusters - einen kleinen Absatz aus und weise keinerlei Noppen auf. Die Sohle der angegriffenen Ausführungsform verlaufe weder schräg nach oben zur Einstiegsöffnung noch bilde sie eine zum oberen Fersenende hin gerichtete Schale zur Aufnahme der Ferse, wie dies bei den Merkmalen (3) und (4) des Klagemusters der Fall sei. Die Einstiegsöffnung der angegriffenen Ausführungsform falle nur leicht zur Ferse ab. Deshalb fehle dem Schuh wegen der anders ausgebildeten Sohle trotz der Schnürung eine filigrane Dynamik, zumal der Schuhvorderteil - anders als bei dem Merkmal (6) des Klagemusters - nicht besonders schlank und gestreckt erscheine. Außerdem sei die Sohle der angegriffenen Ausführungsform einfarbig und korrespondiere farblich mit keinem anderen Merkmal des Schuhs, wie dies bei dem Merkmal (7) des Klagemusters der Fall sei. Dem flotten Erscheinungsbild des Klagemusters stehe der brave, biedere Gesamteindruck der angegriffenen Ausführungsform gegenüber. Dies schließe bei einem nur durchschnittlichen Schutzbereich des Klagedesigns eine Schutzrechtsverletzung aus.
(2) Die Feststellung des Gesamteindrucks der sich gegenüberstehenden Muster liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. In der Revisionsinstanz ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, GRUR 2012, 512 Rn. 45 - Kinderwagen I; GRUR 2013, 285 Rn. 51 - Kinderwagen II; GRUR 2016, 803 Rn. 39 - Armbanduhr). Nach diesen Maßstäben hält die Beurteilung des Berufungsgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand.
(3) Beim Vergleich des Gesamteindrucks von Klagemuster und angegriffener Ausführungsform sind sowohl die Übereinstimmungen als auch die Unterschiede der zu vergleichenden Muster zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2011, 142 Rn. 20 - Untersetzer; GRUR 2013, 285 Rn. 31 - Kinderwagen II; vgl. ferner BGH, Urteil vom 24. März 2011 - I ZR 211/08, GRUR 2011, 1112 Rn. 42 = WRP 2012, 1621 - Schreibgeräte; BGH, GRUR 2011, 1117 Rn. 36 - ICE; GRUR 2016, 803 Rn. 35 - Armbanduhr). Dies hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt.
Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nimmt das von der Beklagten in der Berufungsinstanz in den Rechtsstreit eingeführte Schuhmodell die Gestaltung des Klagemusters insoweit vorweg, als beide Schuhe im Fußspitzenbereich an die Form des menschlichen Fußes angepasst sind und eine weite, mit einer Schnürung versehene Öffnung aufweisen. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass der informierte Benutzer einem Merkmal, das ihm von anderen Mustern bekannt ist, eine eher geringe Bedeutung für den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Muster beimisst (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 62 und 68 - Kinderwagen II). Das Berufungsgericht konnte deshalb diesem Merkmal ein geringeres Gewicht bei der Bestimmung des Gesamteindrucks der einander gegenüberstehenden Muster zumessen. Soweit die Revision geltend macht, die bei dem Klagemuster und der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Schnürung sei für diese Muster prägend, setzt sie in unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass Schuhe typischerweise von oben wahrgenommen würden. Deshalb hätten von oben sichtbare Gestaltungsmerkmale eine besondere Bedeutung. Erst in zweiter Linie komme es auf die Seitenansicht an. Die Ausgestaltung der Sohle sei demgegenüber deutlich schwerer erkennbar, so dass ihr kein besonderes Gewicht zugemessen werden könne. Zwar hängt die Gewichtung eines Merkmals für den Gesamteindruck davon ab, inwieweit es bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Erzeugnisses für den informierten Benutzer sichtbar ist. Merkmale an abgewandten, schlecht wahrnehmbaren oder kaum sichtbaren Stellen sind aus der Sicht des informierten Benutzers für den Gesamteindruck regelmäßig weniger bedeutend als Merkmale an exponierten Stellen, die bei der Benutzung besondere Beachtung finden (vgl. BGH, GRUR 2016, 803 Rn. 42 - Armbanduhr, mwN). Die Revisionserwiderung weist jedoch zu Recht darauf hin, dass getragene Schuhe nicht in erster Linie in der Draufsicht, sondern zumeist in einer Seitenansicht und beim Laufen und beim Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen auch von unten wahrgenommen werden. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht deshalb der Sohlengestaltung keine zu große Bedeutung beigemessen. Es entspricht zudem der Lebenserfahrung, dass bei Damenschuhen die Gestaltung von Sohle und Absatz maßgeblich zur ästhetischen Gesamtwirkung beiträgt.
III. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nicht zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung dagegen nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können derartige Ansprüche nicht verneint werden.
1. Mit Blick auf die im Laufe des Rechtsstreits in Kraft getretene Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zwischen dem Unterlassungsanspruch einerseits und dem Auskunfts- und Schadensersatzanspruch andererseits zu unterscheiden. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Gefahren gerichtet ist, ist eine Klage nur dann begründet, wenn auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es andernfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - I ZR 194/14, GRUR 2016, 403 Rn. 9 = WRP 2016, 450 - Fressnapf; Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14, BGHZ 210, 144 Rn. 39 - Segmentstruktur). Demgegenüber kommt es bei der Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Verpflichtung zur Auskunftserteilung auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Begehung an (BGH, GRUR 2016, 803 Rn. 14 - Armbanduhr, mwN). Der Vernichtungsanspruch dient der Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands und ist daher nur begründet, wenn seine Voraussetzungen nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Rechts vorliegen (zu § 98 UrhG vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 124/11, GRUR 2015, 672 Rn. 66 = WRP 2015, 739 - Videospiel-Konsolen II; zu § 43 Abs. 1 Satz 1 DesignG: BGH, GRUR 2016, 803 Rn. 14 - Armbanduhr). Entsprechendes gilt für den Rückrufanspruch. Die Änderung des § 4 Nr. 9 UWG durch Art. 1 Nr. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, S. 2158 f.) mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 hat keine Rechtsänderung bewirkt. Vielmehr findet sich der bisher in § 4 Nr. 9 UWG aF geregelte wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz nunmehr ohne inhaltliche Änderung in der Bestimmung des § 4 Nr. 3 UWG (BGHZ 210, 144 Rn. 39 - Segmentstruktur). Deshalb ist eine Differenzierung nach neuem und altem Recht nicht erforderlich.
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz im Streitfall nicht durch die Vorschriften der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung ausgeschlossen sind. Die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung lässt Bestimmungen der Mitgliedstaaten über den unlauteren Wettbewerb unberührt (Art. 96 Abs. 1 GGV). Dazu zählen auch die Vorschriften über den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz, die sich gegen ein unlauteres Wettbewerbsverhalten richten. Von dieser Zielrichtung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unterscheidet sich die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung, die in der Form des Gemeinschaftsgeschmacksmusters ein bestimmtes Leistungsergebnis schützt. Der zeitlich befristete Schutz für ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster berührt daher nicht den zeitlich nicht von vornherein befristeten Anspruch aufgrund lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - I ZR 126/06, GRUR 2009, 79 Rn. 26 = WRP 2009, 76 - Gebäckpresse).
3. Der Vertrieb einer Nachahmung kann nach § 4 Nr. 9 UWG aF und § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände - wie eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft (Buchst. a) oder eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (Buchst. b) - hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 107/13, GRUR 2015, 909 Rn. 9 = WRP 2015, 1090 - Exzenterzähne; Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 176/14, GRUR 2016, 730 Rn. 31 = WRP 2016, 966 - Herrnhuter Stern; Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 197/15, GRUR 2017, 734 Rn. 16 = WRP 2017, 792 - Bodendübel; Urteil vom 14. September 2017 - I ZR 2/16, GRUR 2017, 1135 Rn. 17 = WRP 2017, 1332 - Leuchtballon).
4. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können Ansprüche aus lauterkeitsrechtlichem Nachahmungsschutz nicht verneint werden.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die angegriffene Ausführungsform stelle keine Nachahmung dar. Sie sei dem von der Klägerin vertriebenen, nach dem Klageschutzrecht hergestellten Schuh nicht ähnlich. Wettbewerbliche Eigenart begründe bei diesem Schuh neben der Schnürung die Sohlengestaltung. Diese sei bei den sich gegenüberstehenden Schuhmodellen der Parteien so unterschiedlich, dass eine Nachahmung ausgeschlossen sei. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.
b) Eine Nachahmung liegt vor, wenn das angegriffene Produkt dem Originalprodukt so ähnlich ist, dass es sich in ihm wiedererkennen lässt (BGH, Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14, BGHZ 207, 71 Rn. 78 - Goldbären). Hierfür ist zu prüfen, ob das angegriffene Produkt die prägenden Gestaltungsmerkmale des Originalproduktes übernimmt, die dessen wettbewerbliche Eigenart ausmachen (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Rn. 32 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen; Urteil vom 15. April 2010 - I ZR 145/08, GRUR 2010, 1125 Rn. 25 = WRP 2010, 1465 - Femur Teil). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit ist auf die Gesamtwirkung der einander gegenüberstehenden Produkte aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Rn. 39 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE, mwN). Hinsichtlich der Intensität der Nachahmung ist zwischen identischen, nahezu identischen und nachschaffenden Nachahmungen zu unterscheiden (vgl. BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 29 - Handtaschen). Eine nahezu identische Nachahmung liegt vor, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (BGH, GRUR 2010, 1125 Rn. 25 - Femur Teil). Eine nachschaffende Übernahme ist gegeben, wenn die fremde Leistung lediglich als Vorbild genutzt wird und eine bloße Annäherung an das Originalprodukt festzustellen ist (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 4 Rn. 3.37).
c) Das Berufungsgericht ist von wettbewerblicher Eigenart des von der Klägerin vertriebenen Schuhmodells ausgegangen und hat angenommen, diese werde sowohl durch die Schnürung als auch durch die Sohlengestaltung begründet. Es hat jedoch lediglich hinsichtlich der Sohlengestaltung angenommen, diese sei bei den sich gegenüberstehenden Schuhmodellen der Parteien unterschiedlich. Danach ist davon auszugehen, dass der von der Beklagten vertriebene Schuh jedenfalls in der Schnürung mit dem von der Klägerin vertriebenen Schuh übereinstimmt. Das Berufungsgericht hat nicht begründet, weshalb trotz dieser Übereinstimmung in einem Gestaltungsmerkmal, das dem von der Klägerin vertriebenen Schuh wettbewerbliche Eigenart verleiht, nicht einmal eine nachschaffende Übernahme vorliegt. Die Revision rügt ferner mit Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Prüfung, ob eine Nachahmung vorliegt, allein auf ein einzelnes Merkmal abgestellt hat. Damit hat das Berufungsgericht wesentliche Besonderheiten, die das Klagemodell als Ganzes ausmachen, nicht in den Blick genommen. Es hat nicht berücksichtigt, dass der Gesamteindruck eines Erzeugnisses durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden kann, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart verstärken oder begründen, da diese von dem Gesamteindruck abhängt, den die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des jeweiligen Erzeugnisses vermitteln (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 34 - LIKEaBIKE).
IV. Die Revision wendet sich außerdem mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht der Widerklage stattgegeben hat.
1. Die Revision macht allerdings ohne Erfolg geltend, die unter dem Gesichtspunkt einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung erhobene Widerklage sei bereits unzulässig.
a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt werde. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse liegt bei Schadensersatzfeststellungsklagen bereits dann vor, wenn künftige Schadensfolgen - sei es auch nur entfernt - möglich, ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind. Die Wahrscheinlichkeit einer Schadensentstehung stellt keine Sachurteilsvoraussetzung dar, sondern gehört zur materiellen Klagebegründung (BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89, GRUR 1992, 559 [juris Rn. 7] - Mikrofilmanlage; Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 265). Demgegenüber fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse, wenn der Kläger seinen Anspruch mit der Leistungsklage geltend machen kann, es sei denn, die Schadensentwicklung ist im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1993 - I ZR 144/92, GRUR 1993, 926 [juris Rn. 14] = WRP 1993, 762 - Apothekenzeitschriften; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 189/99, GRUR 2001, 1177 f. [juris Rn. 26] = WRP 2001, 1164 - Feststellungsinteresse II). Ist die Schadensersatzfeststellungsklage zulässig, muss der Kläger auch dann nicht zur Leistungsklage übergehen, wenn der Anspruch im Laufe des Prozesses bezifferbar wird (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Rn. 18 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen.
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu 1 die Abmahnung der Klägerin vom 25. Juni 2014 zum Anlass genommen, den Vertrieb des als rechtsverletzend beanstandeten Schuhmodells einzustellen. Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, mit der Einstellung des Vertriebs eines Produkts, der nicht durch schlechte Absatzzahlen, sondern durch eine vom Schutzrechtsinhaber ausgesprochene Abmahnung, veranlasst worden ist, sei regelmäßig ein Schaden für den Vertreiber des angegriffenen Produkts verbunden, so dass ein Schadenseintritt jedenfalls möglich und wahrscheinlich sei, wendet sich die Revision nicht. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
c) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Feststellungsinteresse sei nicht mit der Begründung zu verneinen, die Beklagte zu 1 sei in der Lage, ihren Schaden zu beziffern. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
aa) Die Beklagte zu 1 hat mit ihrer Widerklage beantragt, festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, ihr all jene Schäden zu ersetzen, die ihr daraus entstanden sind und noch entstehen werden, dass die Klägerin sie wegen angeblicher rechtswidriger Schutzrechtsverletzung abgemahnt hat und die Beklagte zu 1 unter dem Eindruck dieser Abmahnung Werbung und Vertrieb der streitgegenständlichen Schuhe umgehend eingestellt hat. Die Beklagte hat damit die Feststellung einer zeitlich nicht durch die Erhebung der Klage im vorliegenden Verfahren begrenzten Einstandspflicht der Klägerin begehrt. Sie beansprucht auch Ersatz solcher Schäden, die ihr nach Erhebung der vom 31. Oktober 2014 datierenden Klage entstanden sind. Ersichtlich ist das Berufungsgericht bei der Prüfung der Zulässigkeit der Widerklage davon ausgegangen, dass die Schadensentwicklung im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch nicht abgeschlossen war, weil die Beklagte zu 1 die Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht für einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen, sondern für einen noch laufenden Zeitraum - insbesondere für die Zeit nach Klageerhebung im vorliegenden Rechtsstreit - begehrt. Diese Annahme lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
bb) Die Frage, ob mit der Widerklage die Feststellung einer Schadensersatzpflicht auch für nach Klageerhebung entstandene Schäden beansprucht werden kann, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags. Ist davon auszugehen, dass die Entwicklung des geltend gemachten Schadens im Zeitpunkt der Erhebung der Feststellungsklage noch nicht abgeschlossen gewesen ist, ist die Feststellungsklage uneingeschränkt zulässig.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht insoweit sein Urteil mit einer die Entscheidung tragenden Begründung versehen. Ersichtlich ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass durch die Vertriebseinstellung nicht nur ein Schaden entstanden ist, sondern die dadurch in Gang gesetzte Schadensentwicklung im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch nicht abgeschlossen war. Die Revision macht nicht geltend, dass diese Annahme unzutreffend ist.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Klägerin gerichtete Widerklage der Beklagten zu 1 sei begründet, kann jedoch keinen Bestand haben.
Zwar war die Abmahnung der Klägerin wegen einer Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters nicht berechtigt, so dass grundsätzlich Schadensersatzansprüche wegen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung in Betracht kommen. Sollte der Klägerin jedoch gegen die Beklagte zu 1 der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf der Grundlage wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes zustehen, wäre der Beklagten zu 1 jedenfalls kein Schaden aus einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung entstanden, weil sie aus anderen Gründen den Vertrieb des angegriffenen Schuhmodells hätte einstellen müssen.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein nach § 945 ZPO zu ersetzender Schaden nicht entstanden, wenn der durch die Vollziehung einer ungerechtfertigt ergangenen einstweiligen Verfügung Betroffene ohnehin materiell-rechtlich verpflichtet ist, das ihm durch die einstweilige Verfügung untersagte Verhalten zu unterlassen. In einem solchen Fall entfällt nicht die Kausalität zwischen der Vollziehung der einstweiligen Verfügung und der Einstellung des darin untersagten Verhaltens, für die es allein auf die reale Ursache des haftungsbegründenden Ereignisses ohne Berücksichtigung von Ersatzursachen ankommt. Ein Ersatz der durch Vollziehung einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung erlittenen Vermögenseinbuße scheidet aber aus normativen Gründen aus. Ein Betroffener soll im Wege des Schadensersatzes keine Kosten ersetzt bekommen, die ihm auch bei rechtskonformem Verhalten des Schädigers entstanden wären (BGH, Urteil vom 30. Juli 2015 - I ZR 250/12, GRUR 2016, 406 Rn. 15 = WRP 2016, 331 - Piadina-Rückruf; Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 109/14, GRUR 2016, 720 Rn. 38 = WRP 2016, 854 - Hot Sox; Urteil vom 10. November 2016 - I ZR 191/15, GRUR 2017, 730 Rn. 33 = WRP 2017, 811 - Sierpinski-Dreieck). Nichts anderes kann für den Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung gelten. War die Beklagte zu 1 nach den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Unterlassung des Vertriebs des angegriffenen Schuhmodells verpflichtet, kann sie von der Klägerin keinen Schadensersatz mit der Begründung beanspruchen, sie habe den Vertrieb des Schuhmodells deswegen eingestellt, weil die Klägerin zu Unrecht eine auf das Klagemuster gestützte Abmahnung ausgesprochen habe.
V. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels aufzuheben, soweit es die Entscheidung über die auf Wettbewerbsrecht gestützte Klage angeht, und, da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut zu prüfen haben, ob die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf der Grundlage wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes begründet sind.
a) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Produkte wird es nicht auf einzelne Merkmale, sondern auf deren Gesamtwirkung abzustellen haben. Anders als im Rahmen der Prüfung, ob eine Verletzung des Klagemusters gegeben ist, kommt es bei der Prüfung, ob eine Nachahmung vorliegt, zudem nicht auf die Sicht eines informierten Benutzers, sondern auf diejenige des Durchschnittsverbrauchers an. Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. Regelmäßig treten dabei die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor als die Unterschiede, so dass es maßgeblich nicht so sehr auf die Unterschiede als auf die Übereinstimmungen ankommt (BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 34 - Handtaschen).
b) Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass wenigstens eine nachschaffende Nachahmung vorliegt, wird es außerdem den Grad der wettbewerblichen Eigenart des Schuhs der Klägerin feststellen müssen, um beurteilen zu können, ob die Nachahmung unlauter ist. Die Unlauterkeit der Nachahmung hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats von einer Abwägung der widerstreitenden Interessen und der Prüfung der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen ab. Deshalb müssen im Regelfall Feststellungen zum Grad der wettbewerblichen Eigenart getroffen werden (BGHZ 210, 144 Rn. 62 - Segmentstruktur). In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob das von der Klägerin selbst vertriebene, von der Beklagten als Entgegenhaltung in den Rechtsstreit eingeführte Schuhmodell geeignet ist, die wettbewerbliche Eigenart des nach dem Klagemuster gefertigten Produkts der Klägerin zu steigern. Es hat in anderem Zusammenhang in Erwägung gezogen, dass es sich bei diesem Schuh und dem nach dem Klagemuster gefertigten Schuh der Klägerin um Bestandteile einer Serie handeln könnte.
c) Das Berufungsgericht hat allerdings im Ergebnis zu Recht eine unlautere Rufausnutzung gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst b UWG unter dem Gesichtspunkt des Einschiebens des eigenen Produkts in eine fremde Serie verneint. Für einen Schutz für die Fallgruppe des Einschiebens in eine fremde Serie, deren Anwendung auf wenige Einzelfälle beschränkt geblieben ist, besteht kein Anlass mehr. Hier bieten die bestehenden gewerblichen Schutzrechte, insbesondere der Schutz durch eine dreidimensionale Warenformmarke, durch ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster, ausreichende Schutzmöglichkeiten (BGHZ 210, 144 Rn. 96 - Segmentstruktur).
d) Das Berufungsgericht hat zu der Frage einer vermeidbaren Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst. a UWG - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Dies wird es, wenn es darauf ankommen sollte, nachzuholen haben.
2. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin nicht bestehen, wird es erneut über die Widerklage der Beklagten zu 1 zu entscheiden haben, mit der diese die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Klägerin wegen der von dieser ausgesprochenen unberechtigten Schutzrechtsverwarnung begehrt hat.
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die unberechtigte Verwarnung aus einem gewerblichen Schutzrecht unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten kann (§ 823 Abs. 1 BGB). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der notwendige Ausgleich zwischen dem durch Art. 14 GG verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Schutzrechtsinhabers, sein Recht geltend machen zu können, und dem gleichfalls durch das Grundgesetz geschützten Interesse des Wettbewerbs, sich außerhalb des Schutzbereichs bestehender Rechte unter Beachtung der Gesetze frei entfalten zu können, nicht mehr wirksam gewährleistet wäre, wenn es dem Schutzrechtsinhaber gestattet wäre, Schutz in einem Umfang zu beanspruchen, der ihm nicht zusteht, und wenn er den wirtschaftlichen Nutzen aus einer schuldhaften Verkennung des Umfangs des ihm zustehenden Schutzes ziehen dürfte, ohne für einen hierdurch verursachten Schaden seiner Mitbewerber einstehen zu müssen (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2005 - GSZ 1/04, BGHZ 164, 1, 3 f. - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung I; Urteil vom 1. Dezember 2015 - X ZR 170/12 - BGHZ 208, 119 Rn. 15 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II). Unberechtigt ist die Schutzrechtsverwarnung, wenn der geltend gemachte Anspruch mangels Rechtsverletzung tatsächlich nicht besteht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - I ZR 98/02, GRUR 2006, 432 Rn. 21 = WRP 2006, 468 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht II).
b) Das Berufungsgericht hat genausowenig wie das Landgericht nähere Feststellungen dazu getroffen, in welcher Weise die Klägerin die Beklagte zu 1 wegen einer Verletzung des Klagemusters abgemahnt hat. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass es eine solche Abmahnung gegeben und die Beklagte zu 1 Ansprüche der Klägerin wegen einer angeblichen Verletzung des Klagemusters zurückgewiesen hat. Diese Abmahnung war nicht berechtigt (vgl. B II).
c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die von der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1 ausgesprochene Abmahnung ursächlich dafür war, dass die Beklagte zu 1 den Vertrieb des beanstandeten Schuhmodells eingestellt hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Vertriebseinstellung, deren Ursache nicht in Absatzschwierigkeiten liege, verursache immer einen Schaden. Dieser Schaden sei adäquat kausal durch die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung verursacht, auch wenn die Beklagte zu 1 die Ansprüche der Klägerin zuvor zurückgewiesen habe. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
d) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass ein Ersatzanspruch der Beklagten zu 1 gegen die Klägerin nicht auf den Schaden begrenzt ist, der ihr bis zur Klageerhebung entstanden ist. Ersatzfähig ist auch der nach Klageerhebung entstandene Schaden.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne sich gegenüber dem von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung nicht auf die Privilegierung der Klageerhebung berufen. Diese greife nur bei subjektiver Redlichkeit des Anspruchstellers ein. Die Klägerin sei jedoch nicht redlich gewesen, weil sie die Existenz des von den Beklagten im Berufungsverfahren als Entgegenhaltung eingeführten, von ihr selbst vertriebene Schuhmodell verschwiegen habe, obwohl sie damit habe rechnen müssen, dass dieses Muster für den Rechtsstreit von Relevanz sei. Damit habe sie gegen ihre aus § 138 Abs. 1 ZPO folgende Pflicht, sich vollständig und wahrheitsgemäß zu erklären, verstoßen. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.
bb) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch auf Ersatz des Schadens, der der Beklagten zu 1 infolge der nach Klageerhebung beibehaltenen Vertriebseinstellung des angegriffenen Schuhmodells entstanden ist, nicht bejaht werden.
(1) In der Erhebung einer auf die Verletzung eines Schutzrechts gestützten Klage liegt - anders als bei einer unberechtigten außergerichtlichen Verwarnung aus einem gewerblichen Schutzrecht - regelmäßig auch dann, wenn sie sich als unbegründet erweist, kein zum Schadensersatz verpflichtender Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Wer ein staatliches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren einleitet oder betreibt, greift bei subjektiver Redlichkeit, auch wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem anderen Teil aus dem Verfahren über dieses hinaus Nachteile erwachsen, grundsätzlich nicht rechtswidrig in ein geschütztes Rechtsgut seines Verfahrensgegners ein. Der ein solches Verfahren betreibende Schutzrechtsinhaber haftet für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen grundsätzlich nicht nach dem Recht der unerlaubten Handlung, da der Schutz des Prozessgegners regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet wird (BGHZ 164, 1, 6 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung I). Die Verletzung eines Rechtsguts indiziert die Rechtswidrigkeit in solchen Fällen nicht, weil das schadensursächliche Verhalten angesichts seiner verfahrensrechtlichen Legalität zunächst die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich hat. Auch eine materiell berechtigte Einleitung und Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens kann typischerweise Schäden zur Folge haben, die über die mit der Rechtsverfolgung erstrebte Anspruchsdurchsetzung oder Sanktion hinausgehen und die der Gegner ersatzlos hinnehmen muss (BGH, Urteil vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 272). Ein Kläger ist hiernach grundsätzlich nicht verpflichtet, vor Klageerhebung sorgfältig in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht die sachliche Berechtigung seines Begehrens zu prüfen oder gar seine Interessen gegen die des Beklagten abzuwägen (BGHZ 154, 269, 272).
(2) Die den Rechtsstreit betreibende Partei haftet für den hierdurch entstehenden Schaden nur ausnahmsweise gemäß § 826 BGB, wenn sie die fehlende Berechtigung ihres Begehrens kennt und besondere Umstände hinzutreten, die sich aus der Art und Weise der Prozesseinleitung oder -durchführung ergeben und das Vorgehen als sittenwidrig prägen (BGHZ 154, 269, 274). Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Partei das staatliche Verfahren zur Schädigung der Gegenpartei oder Dritter missbraucht, etwa indem sie - wie im Falle des Prozessbetrugs oder des Erschleichens gerichtlicher Handlungen - das Verfahren mit unlauteren Mitteln betreibt (BGHZ 154, 269, 273 [juris Rn. 22]). Der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens kann sich auch aus einer Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO) ergeben (Staudinger/Oechsler, BGB, Neubearbeitung 2014, Stand: 19.6.2017, § 826 Rn. 498 mwN).
(3) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, im Streitfall komme der Klägerin das verfahrensrechtliche Privileg deshalb nicht zugute, weil sie das gerichtliche Verfahren in sittenwidriger Weise geführt habe.
Die Parteien sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht generell zu dem Verhalten verpflichtet, das am besten der Wahrheitsfindung dient. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindern den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Darauf beruht auch die Regelung der Behauptungs- und Beweislast im Zivilprozess. Ob eine Partei Ansprüche gegen die andere auf Erteilung von Auskünften, Rechnungslegung und Herausgabe von Unterlagen hat, ist eine Frage des materiellen Rechts. Eine allgemeine Auskunftspflicht kennt das materielle Recht jedoch nicht, und es ist nicht Aufgabe des Prozessrechts, sie einzuführen. Es bleibt vielmehr bei dem Grundsatz, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner für seinen Prozesssieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfügt (BGH, Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, MDR 1991, 226 [juris Rn. 9]).
Im Streitfall war die Klägerin nicht gehalten, zu dem von ihr vertriebenen Modell, das die Beklagte als Entgegenhaltung in das Berufungsverfahren eingeführt hat, von sich aus vorzutragen. Zwischen den Parteien steht der Bestand des Klagemusters nicht in Streit. Die Parteien vertreten allein unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, wie weit sein Schutzbereich reicht. Der sich auf eine Verletzung des Klagemusters berufende Rechtsinhaber trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände, aus denen sich ergibt, dass das angegriffene Muster keinen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster erweckt (vgl. Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 2. Aufl., Art. 10 Rn. 90). Er hat deshalb die tatsächlichen Voraussetzungen für die ihm günstige Annahme darzulegen und zu beweisen, dass dem Klagemuster - abweichend vom Normalfall eines durchschnittlichen Schutzbereichs - ein weiter Schutzumfang zukommt, weil es einen großen Abstand zum vorbekannten Formenschatz einhält (vgl. Ruhl aaO Art. 10 Rn. 90 und Art. 6 Rn. 138; zur erhöhten Kennzeichnungskraft einer Marke vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 14 MarkenG Rn. 290). Das gilt grundsätzlich auch für die negative Tatsache, dass bei Anmeldung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters kein auch nur annähernd ähnliches Muster vorbekannt war. Bei einer negativen Tatsache obliegt es allerdings der nicht beweisbelasteten Partei, im Rahmen des ihr Zumutbaren die negative Tatsache unter Darlegung der für die positive Tatsache sprechenden Umstände substantiiert zu bestreiten. Die beweisbelastete Partei hat sodann die für die positive Tatsache sprechenden Umstände zu widerlegen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, NJW 2011, 2130 Rn. 19 f.; Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 150/11, NJW 2014, 2275 Rn. 11 und 17; Urteil vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, NJW 2015, 3025 Rn. 21). Hat der Verletzer kein vorbekanntes, dem Klagemuster annähernd ähnliches Muster in den Rechtsstreit eingeführt, ist von einem großen Schutzumfang des Klagemusters auszugehen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 2008 - 20 U 154/08, juris Rn. 7; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2011, 66; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, DesignG, 5. Aufl., § 38 Rn. 34). Danach gehört Sachvortrag zum vorbekannten Formenschatz, der den Schutzumfang des Klagemusters zu schmälern geeignet ist, grundsätzlich nicht zu den Tatsachen, die der Kläger von sich aus offenbaren muss. Es obliegt vielmehr dem aus dem Geschmacksmuster in Anspruch genommenen Beklagten, hierzu vorzutragen. Etwas anderes ergibt sich im Streitfall nicht aus dem Umstand, dass es sich bei dem von den Beklagten in den Rechtsstreit als Entgegenhaltung eingeführten Schuhmodell um ein Modell aus dem eigenen Produktportfolio der Klägerin handelt. Dieser Umstand hat die Rechtsverteidigung der Beklagten nicht erschwert. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist das Schuhmodell, auf das sich die Beklagten als Entgegenhaltung berufen haben, von der Klägerin im Internet zum Verkauf angeboten worden. Es war deshalb für jedermann, auch für die Beklagten, auffindbar. Dies hat es ihnen ermöglicht, Nachforschungen dazu anzustellen, seit wann die Klägerin dieses Modell im Angebot hatte. Dass diese Nachforschungen möglicherweise nur mit einigem technischen Aufwand möglich waren, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Wäre das in der Berufungsinstanz in den Rechtsstreit eingeführte Schuhmodell von einem Dritten zum Verkauf angeboten worden, hätten die Beklagten denselben Aufwand für eine erfolgreiche Rechtsverteidigung unternehmen müssen.
(4) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen zudem nicht die Annahme, die Klägerin habe das Verfahren gegen die Beklagte zu 1 in sittenwidriger Weise mit bedingtem Schädigungsvorsatz geführt.
Dem aus einem Schutzrecht zu Unrecht in Anspruch genommenen Beklagten steht ein Anspruch auf Ersatz eines infolge des gerichtlichen Verfahrens entstandenen Schadens nur dann zu, wenn dem Schutzrechtsinhaber der Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemacht werden kann. Dies erfordert Feststellungen dazu, dass der Schutzrechtsinhaber (bedingt) vorsätzlich gehandelt hat. Derartige Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die Existenz des dem Klagemuster entgegengehaltenen Schuhmodells verheimlichen und den vorliegenden Rechtsstreit mit unlauteren Mitteln führen wollte.
cc) Die Klägerin kann sich jedoch aus anderen Gründen nicht mit Erfolg auf die haftungsrechtliche Privilegierung der Klageerhebung berufen.
Der Adressat einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung kann sowohl den Schaden liquidieren, der ihm bis zur Klageerhebung entstanden ist, als auch denjenigen, der danach entstanden ist. Wird eine bereits erfolgte Produktions- oder Vertriebseinstellung nach Klageerhebung beibehalten, kann der ursächliche Zusammenhang zwischen der Verwarnung und dem letztlich eingetretenen Schaden grundsätzlich nicht verneint werden, auch wenn dieser Schaden erst nach Klageerhebung eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1995 - IX ZR 115/94, GRUR 1996, 812, 813 f. = WRP 1996, 207, insoweit nicht in BGHZ 131, 233). Die Entscheidung des Verwarnten, den Vertrieb des angegriffenen Produktes einzustellen, wird durch die Abmahnung ausgelöst. Der Inhaber des Schutzrechts verleiht seinem Begehren, den Vertrieb des angegriffenen Produktes zu unterlassen, mit der Klageerhebung nur noch größeren Nachdruck, so dass die im Anschluss an eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung erhobene Klage den durch die Schutzrechtsverwarnung ausgelösten Zurechnungszusammenhang grundsätzlich nicht unterbricht. Folgt der außergerichtlichen Verwarnung die gerichtliche Klage, kann deshalb der Schaden nicht nach Zeitabschnitten aufgeteilt und ein Ersatzanspruch - abhängig von dieser Aufteilung - teilweise zugesprochen und teilweise verneint werden (für eine solche Aufteilung: MünchKomm.BGB/Wagner, 7. Aufl., § 823 Rn. 334). Da für das Revisionsverfahren davon auszugehen ist, dass eine vorprozessuale unberechtigte Abmahnung der Klägerin aus dem Klagemuster Ursache für die von der Beklagten zu 1 vorgenommene Einstellung des Vertriebs des angegriffenen Schuhmodells war, beeinflusst die spätere Klageerhebung nicht den Umfang der Einstandspflicht der Klägerin wegen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung.
e) Das Berufungsgericht hat jedoch bislang keine ausreichenden Feststellungen zu einem Verschulden der Klägerin getroffen.
aa) Der Klägerin kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht vorgeworfen werden, sie habe sittenwidrig und damit bedingt vorsätzlich der Beklagten zu 1 einen Schaden zugefügt, weil sie nicht von sich aus zu dem im Berufungsverfahren von den Beklagten eingeführten Schuhmodell vorgetragen hat (vgl. B V 2 b aa).
bb) Das Berufungsgericht wird jedoch zu prüfen haben, ob die Klägerin wegen der unberechtigten Verwarnung aus dem Klagemuster ein Verschulden trifft.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt ein Gläubiger, der vom Schuldner zu Unrecht eine Leistung verlangt, grundsätzlich nicht schon dann fahrlässig, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung unberechtigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08, BGHZ 179, 238 Rn. 20; Urteil vom 18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, NJW 2011, 1063 Rn. 31). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass dem Gläubiger die Durchsetzung seiner Rechte unzumutbar erschwert würde, wenn man von ihm verlangte, die nur in einem Rechtsstreit sicher zu klärende Berechtigung einer geltend gemachten Forderung schon im Vorfeld oder außerhalb eines Rechtsstreits vorauszusehen (BGHZ 179, 238 Rn. 20, mwN). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entspricht der Gläubiger daher regelmäßig schon dann, wenn er sorgfältig prüft, ob der eigene Rechtsstandpunkt plausibel ist (BGHZ 179, 238 Rn. 20; BGH, NJW 2011, 1063 Rn. 31). Dies gilt auch dann, wenn die zu beurteilende Rechtslage unklar ist (BGH, NJW 2011, 1063 Rn. 31). Ein Schutzrechtsinhaber setzt sich deshalb im Falle einer unberechtigten Verwarnung nicht dem Vorwurf schuldhaften Handelns aus, wenn er sich seine Überzeugung durch gewissenhafte Prüfung gebildet oder wenn er sich bei seinem Vorgehen von vernünftigen und billigen Überlegungen hat leiten lassen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1973 - X ZR 14/70, BGHZ 62, 29, 37 - Maschenfester Strumpf).
(2) Art und Umfang der Sorgfaltspflichten eines Verwarners werden maßgeblich dadurch bestimmt, inwieweit er auf den Bestand und die Tragfähigkeit seines Schutzrechts vertrauen darf. Handelt es sich um ein geprüftes Schutzrecht - etwa eine Marke - kann vom Inhaber bei einer Verwarnung keine bessere Beurteilung der Rechtslage verlangt werden, als sie der Eintragungsbehörde möglich war (BGH, GRUR 2006, 432 Rn. 25 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht II; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2012 - I ZR 37/10, juris Rn. 31). Anders ist dies bei ungeprüften Schutzrechten. Bei Verwarnungen aus in ihrer Schutzfähigkeit ungeprüften Gebrauchsmustern und Urheberrechten wird von dem Verwarner ein höheres Maß an Nachprüfung verlangt als bei einem Vorgehen aus geprüften Schutzrechten (BGHZ 62, 29, 36, 37 - Maschenfester Strumpf; BGH, Urteil vom 19. Januar 1979 - I ZR 166/76, GRUR 1979, 332, 336 [juris Rn. 82] - Brombeerleuchte). Bei dem hier in Rede stehenden eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster handelt es sich um ein derartiges in seiner Schutzfähigkeit ungeprüftes Schutzrecht (vgl. Art. 45, 47 GGV). Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Klägerin nach diesen Maßstäben nicht auf den Bestand oder die Tragfähigkeit des Klagemusters vertrauen durfte. Insbesondere hat es nicht festgestellt, dass die Klägerin Veranlassung hatte, Zweifel an der Schutzfähigkeit des Klagemusters zu hegen.
(3) Bei der Prüfung des Verschuldens bei einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung ist zudem danach zu differenzieren, ob es sich um eine Hersteller- oder eine Abnehmerverwarnung handelt.
Im Fall einer Herstellerverwarnung gelten bei der Prüfung der Voraussetzungen des Fahrlässigkeitsvorwurfs keine besonderen Anforderungen (OLG Frankfurt, WRP 2015, 1004).
Wird dagegen nicht der Hersteller der beanstandeten Gegenstände verwarnt, sondern dessen Abnehmer, bedarf es bei der gebotenen Abwägung der Interessen des Verwarnenden und des Herstellers einer besonders sorgfältigen Prüfung der Rechtslage. Der Abnehmer wird im Allgemeinen - wenn er auf Konkurrenzprodukte ausweichen kann - geneigt sein, sich der Verwarnung zu beugen, ohne deren Berechtigung näher zu prüfen, um damit einem Rechtsstreit aus dem Wege zu gehen (BGHZ 164, 1, 4 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung I). Derartige Verwarnungen bergen für das Unternehmen des Herstellers besondere Gefahren. Die allgemein anerkannte Rechtspflicht eines jeden, sich bei der Verfolgung seiner Rechte unter Berücksichtigung auch der Belange des vermeintlichen Schädigers auf die hierzu notwendigen Mittel zu beschränken, gebietet es, zu der risikoträchtigen Abnehmerverwarnung erst dann zu schreiten, wenn die Herstellerverwarnung erfolglos geblieben ist oder bei verständiger Abwägung der besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise unangebracht erscheint und die vorausgegangene sorgfältige Prüfung der Rechtslage bei objektiver Betrachtungsweise den Verwarnenden davon überzeugen konnte, seine Ansprüche seien berechtigt. Wird die vorgenommene Prüfung der Rechtslage den gebotenen erhöhten Anforderungen nicht gerecht, verwarnt der vermeintliche Verletzer gleichwohl die Abnehmer, und stellt sich die Verwarnung als objektiv rechtswidrig heraus, trägt er das damit verbundene Risiko (BGH, GRUR 1979, 332, 336 [juris Rn. 83] - Brombeerleuchte).
Nach den bislang getroffenen Feststellungen hat die Beklagte zu 1 das beanstandete Schuhmodell nicht selbst hergestellt, sondern es von der Beklagten zu 2 oder der Beklagten zu 3 bezogen. Die ihr gegenüber vorgenommene Schutzrechtsverwarnung stellt sich damit als Abnehmerverwarnung dar. Das Berufungsgericht wird deshalb im wiedereröffneten Berufungsverfahren Feststellungen dazu zu treffen haben, ob der Klägerin zur Last gelegt werden kann, den erhöhten Sorgfaltsanforderungen an eine Abnehmerverwarnung nicht gerecht geworden zu sein oder ob die Besonderheiten des Streitfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen.
Koch |
|
Löffler |
|
Schwonke |
|
Feddersen |
|
Schmaltz |
|