Entscheidungsdatum: 25.10.2016
1. Sozialleistungsträger werden kraft Gesetzes wie eine Vertragspartei in die Pflegesatzvereinbarung einbezogen, wenn sie gesetzlich vom Vertragsschluss ausgeschlossen sind.
2. Ein Krankenhaus kann aus der Pflegesatzvereinbarung keinen Anspruch auf Vergütung nicht erforderlicher Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten ableiten.
3. Das Revisionsgericht hat die Sache an einen anderen Senat zurückzuverweisen, wenn es aufgrund der besonderen Umstände befürchten muss, dass es dem Vordergericht schwerfallen wird, sich die rechtliche Beurteilung, die zur Aufhebung des tatrichterlichen Urteils führt, voll zu eigen zu machen.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2015 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des Landessozialgerichts zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 8052,95 Euro festgesetzt.
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
Das klagende Plankrankenhaus, spezialisiert auf psychosomatische Erkrankungen, behandelte die bei der beklagten Krankenkasse (KK) Versicherte I. L. (im Folgenden: Versicherte) vom 7.2. bis 13.4.2007 stationär wegen ICD-10-GM (2007) F33.2 (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome). Die Beklagte informierte die Klägerin, dass sie die Notwendigkeit stationärer Behandlung der Versicherten nicht nachvollziehen könne. Sie lehnte es nach Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ab, die Kosten zu übernehmen (13.3.2007; auch nach Erhalt der Endabrechnung von 8052,95 Euro, 17.4.2007). Das SG hat die Zahlungsklage abgewiesen, weil nach dem Beweisergebnis die Versicherte keiner stationären Behandlung bedurft habe (Urteil vom 17.10.2012). Das LSG hat dagegen die Beklagte verurteilt, der Klägerin 8052,95 Euro nebst Zinsen zu zahlen: Die Klägerin habe einen eigenständigen fälligen Zahlungsanspruch aus § 15 Pflegesatzvereinbarung (PSV) 2007. Hierfür genüge, dass die Klägerin Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch ihre Ärzte vertretbar geprüft und bejaht habe. Die Beklagte dürfe ihre Einwendungen erst in einem nachfolgenden Erstattungsstreit geltend machen (Urteil vom 12.5.2015).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 2 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1, 39 Abs 1 S 2, 109 Abs 4 S 2, 112 Abs 1 SGB V, ferner des § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 273 Abs 1, 320 Abs 1 BGB, des § 58 Abs 1 SGB X, des § 134 BGB iVm § 2 Abs 1 S 1, § 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 SGB V, des § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 242 BGB, des § 15 PSV 2007, des § 128 Abs 1 S 2, des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG und des § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 404 ff ZPO. Dem Krankenhaus stehe hinsichtlich der Erforderlichkeit stationärer Krankenhausbehandlung keine Einschätzungsprärogative zu. Die Entscheidung des LSG verstoße zudem gegen § 15 PSV 2007. Die Regelung entziehe den KKn nicht das Recht, jederzeit unberechtigten Zahlungsbegehren entgegentreten zu können. Die Auslegung des LSG sei mit Art 20 Abs 3 GG nicht vereinbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17. Oktober 2012 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2015 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die mit Blick auf das klare prozessuale Ziel zulässige Revision (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 51 RdNr 9; BSG Urteil vom 3.3.1994 - 1 RK 8/93 - Juris RdNr 13) der beklagten KK ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an einen anderen Senat des LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2, § 202 S 1 SGG, § 563 Abs 1 S 2 ZPO). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene Klage ist als echte Leistungsklage zulässig (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSGE 116, 146 = SozR 4-2500 § 115b Nr 5, RdNr 8). Der erkennende Senat kann jedoch wegen fehlender Feststellungen des LSG nicht abschließend über den Erfolg der Berufung der Klägerin gegen das SG-Urteil entscheiden. Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen des streitigen Vergütungsanspruchs der Klägerin in Höhe von 8052,95 Euro nebst Zinsen erfüllt sind. Entgegen der Auffassung des LSG in seinem Endurteil (dazu 1.) hat die Klägerin keinen Zahlungsanspruch aus § 15 PSV 2007 (dazu 2.). Es fehlt an Feststellungen dazu, dass die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden gesetzlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin erfüllt sind (dazu 3.).
1. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen ein Endurteil (§ 202 S 1 SGG iVm § 300 Abs 1 ZPO) des LSG, obwohl das LSG in den Entscheidungsgründen ausführt, dem Rechtsstreit könne sich ein "Klärungsverfahren" anschließen, in dem die Einwendungen der Beklagten berücksichtigt und die Frage des Vergütungsanspruchs der Klägerin abschließend beantwortet werden könnten. Das LSG hat einen unbedingten Zahlungsanspruch der Klägerin aus § 15 PSV 2007 abgeleitet und die Beklagte ohne Einschränkung zur Zahlung fälliger Krankenhausvergütung verurteilt. Es handelt sich nach Tenor und Begründung um eine Entscheidung nicht nur über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage durch Zwischenurteil (§ 130 Abs 2 SGG), sondern durch Endurteil über den gesamten Streitgegenstand. Die LSG-Entscheidung ist auch kein Vorbehaltsurteil, das die Beklagte bloß zu einer vorläufigen Zahlung von Krankenhausvergütung nebst Zinsen verurteilt. Vorbehaltsurteile nach § 202 S 1 SGG iVm § 302 ZPO (vgl entsprechend § 599 ZPO) ergehen kraft gesetzlicher Anordnung unter ausdrücklichem Vorbehalt der im Nachverfahren zu treffenden Entscheidung (vgl zB BGH Urteil vom 29.10.1980 - IVb ZR 551/80 - NJW 1981, 393, 394). Das LSG hätte hierzu einen Vorbehalt in die Entscheidungsformel aufnehmen müssen (vgl BGH aaO; Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl 2016, § 302 RdNr 8), wovon es abgesehen hat. Im Übrigen sind die abschließend geregelten gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ein Vorbehaltsurteil ergehen darf (vgl zB Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl 2016, § 300 RdNr 5), nicht erfüllt.
2. Entgegen der Auffassung des LSG ist ein unbedingter Zahlungsanspruch der Klägerin aus der PSV 2007, insbesondere aus deren § 15, nicht abzuleiten. Die Klägerin war zum Abschluss einer PSV mit Wirkung für die Beklagte befugt (dazu a). Eine PSV kann keinen Anspruch auf Vergütung nicht erforderlicher Krankenhausbehandlung begründen (dazu b). § 15 PSV 2007 begründet lediglich Elemente des gesetzeskonformen kompensatorischen Beschleunigungsgebots (dazu c).
a) Die Klägerin war als Krankenhausträgerin Vertragspartei der PSV 2007. Rechtsgrundlage der PSV 2007 ist § 17 Abs 1 Bundespflegesatzverordnung (BPflV idF durch Art 4 Abs 2 Nr 17 Buchst a Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser
Nach § 17 Abs 1 S 1 Halbs 1 BPflV regeln die Vertragsparteien in der PSV das Budget sowie Art, Höhe und Laufzeit der tagesgleichen Pflegesätze sowie die Berücksichtigung der Ausgleiche und Berichtigungen nach dieser Verordnung. Die PSV muss auch Bestimmungen enthalten, die eine zeitnahe Zahlung der Pflegesätze an das Krankenhaus gewährleisten; hierzu sollen insbesondere Regelungen über angemessene monatliche Teilzahlungen und Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung getroffen werden (vgl § 17 Abs 1 S 3 BPflV). Die PSV kommt durch Einigung zwischen den Vertragsparteien zustande, die an der Pflegesatzverhandlung teilgenommen haben; sie ist schriftlich abzuschließen (vgl § 17 Abs 1 S 4 BPflV). Parteien der PSV (Vertragsparteien) sind der Krankenhausträger und 1. Sozialleistungsträger, soweit auf sie allein, oder 2. Arbeitsgemeinschaften von Sozialleistungsträgern, soweit auf ihre Mitglieder insgesamt im Jahr vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen mehr als fünf vom Hundert der Belegungs- und Berechnungstage des Krankenhauses entfallen (vgl § 18 Abs 2 KHG). Der Gesetzgeber hielt die Beschränkung der Vertragschließenden für erforderlich, "um die Zahl der Vertragspartner des Krankenhauses nicht unpraktikabel hoch werden zu lassen" (vgl Begründung zu Art 1 Nr 18 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze
Die von der Klägerin ua mit der AOK Bayern, nicht aber mit der Beklagten geschlossene PSV 2007 ist auch für die Beklagte verbindlich. Die Pflegesätze werden von der zuständigen Landesbehörde genehmigt, wenn sie den Vorschriften des KHG und sonstigem Recht entsprechen (§ 18 Abs 5 S 1 Halbs 1 KHG). Durch die Genehmigung wird die PSV wirksam (vgl BVerwGE 94, 301, 304). Sie entfaltet hierdurch nach Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck rechtliche Verbindlichkeit zugleich auch gegenüber nicht am Vertragsschluss beteiligten Sozialleistungsträgern und sonstigen Kostenträgern, ohne dass dem der Wortlaut entgegensteht (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, zur Änderung des § 18 KHG in Art 1 Nr 19 des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung, BT-Drucks 10/2565 S 13 f und S 30; vgl ferner Dietz/Bofinger, KHG, BPflV und Folgerecht, Bd I, Stand Februar 2016, § 18 KHG Anm I. 2., III. 1.). Diese Dritten werden - wie die Beklagte - kraft Gesetzes wie eine Vertragspartei in die PSV einbezogen.
b) Eine PSV nach § 17 BPflV - entsprechend § 11 Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG) - iVm § 18 KHG kann entgegen der Ansicht des LSG keinen unbedingten Zahlungsanspruch eines Krankenhauses auf nicht erforderliche Krankenhausbehandlung begründen.
Die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem KHG, dem KHEntgG sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen, namentlich der BPflV, geregelt (bis 31.3.2007: § 69 S 2 SGB V idF durch Art 1 Nr 1c FPG
vom 23.4.2002, BGBl I 1412; ab 1.4.2007: § 69 S 3 SGB V idF durch Art 1 Nr 40a Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung
Zwingend (vgl § 69 S 2 bis 31.3.2007; S 3 ab 1.4.2007, vgl oben) gesetzlich festgelegter Rechtsgrund für die Vergütung von Krankenhausbehandlung Versicherter ist die Regelung des § 109 Abs 4 S 3 SGB V. Das Krankenhaus wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs 1 SGB V für die Dauer des Vertrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen (§ 109 Abs 4 S 1 SGB V). Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet (§ 109 Abs 4 S 2 SGB V). Die KKn sind im Gegenzug verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der BPflV zu führen (§ 109 Abs 4 S 3 SGB V). Denn die Krankenhäuser erfüllen mit der Behandlung die Ansprüche der Versicherten gegen die KKn (vgl zB BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 § 108 Nr 4, RdNr 10). Versicherte haben nur Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl § 39 Abs 1 S 2 SGB V; stRspr, vgl nur BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 10).
Auch die Vorgaben, eine zeitnahe Zahlung der Pflegesätze an das Krankenhaus zu gewährleisten (§ 17 Abs 1 S 3 BPflV; entsprechend § 11 Abs 1 S 3 KHEntgG), lassen keinen Raum dafür, eigenständig einen Zahlungsanspruch eines Krankenhauses auf nicht erforderliche Krankenhausbehandlung zu begründen. Sie sind lediglich Ausdruck des kompensatorischen Beschleunigungsgebots. Dieses Gebot, zügig zu verfahren, beruht auf dem Regelungskomplex der gesetzlichen Zahlungspflichten, die mit der Vorleistungspflicht der Krankenhäuser korrespondieren. Diese Pflicht zur Beschleunigung findet ihren Niederschlag in den Regelungen über Abschlagszahlungen, angemessene monatliche Teilzahlungen und Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung (vgl auch § 8 Abs 7 S 2 und S 3, § 11 Abs 1 S 3 KHEntgG). In diesem Sinne kann das Krankenhaus auch für Krankenhausaufenthalte, die voraussichtlich länger als eine Woche dauern, angemessene Vorauszahlungen verlangen (§ 14 Abs 4 S 1 BPflV idF des FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412; vgl grundlegend BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 27).
Die genannten Regelungen dürfen nicht dadurch unterlaufen werden, dass die KKn Abschlagszahlungen mit dem bloßen Argument verweigern, es sei nicht auszuschließen, dass eine - noch nicht abgeschlossene - Prüfung künftig ergeben könnte, die erbrachte Leistung sei nicht erforderlich gewesen. Sinn und Zweck der die Vorleistungen zunächst kompensierenden Abschlagszahlungen stehen einem Vorgehen der KKn entgegen, den Krankenhäusern - ohne Rechtfertigung durch ein konkretes Prüfergebnis - solche Zahlungen zu verweigern (vgl zum Ganzen BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 27 f; anders bei fehlender Fälligkeit wegen einer formal nicht ordnungsgemäßen Abrechnung, vgl nur BSG Urteil vom 21.4.2015 - B 1 KR 10/15 R - NZS 2015, 578, RdNr 10 mwN). Das kompensatorische Beschleunigungsgebot kann sich dementsprechend nicht mehr auswirken, wenn es nicht mehr um Abschlagszahlungen geht, sondern die genaue Vergütungshöhe feststeht (vgl BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr 4, RdNr 25). Steht für die in Anspruch genommene KK aufgrund Überprüfung fest, dass kein Vergütungsanspruch besteht, bieten die Regelungen des kompensatorischen Beschleunigungsgebots keine Grundlage dafür, dennoch Zahlungspflichten - und sei es auch vertraglich - zu begründen. Stellt sich im Prozess die Unrichtigkeit der Auffassung der KK heraus, hat sie dem Krankenhaus den aus der Zahlungsverweigerung erwachsenden Schaden zu ersetzen.
c) Entgegen der Auffassung des LSG regelt § 15 PSV 2007 bei rechtskonformer Auslegung lediglich Elemente des gesetzeskonformen kompensatorischen Beschleunigungsgebots.
Der erkennende Senat ist zur Auslegung des § 15 PSV 2007 berechtigt. Er hat als Revisionsgericht bei der Auslegung dieses öffentlich-rechtlichen Vertrags zu prüfen, ob die Vorinstanz hierbei Bundesrecht iS des § 162 SGG verletzt hat, also insbesondere die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB nicht beachtet oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 24; BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 20; BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr 13 S 89 f; BSGE 75, 92, 96 mwN = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 S 47). Die genannten Auslegungsvorschriften verlangen nicht nur, dass der Tatrichter alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend würdigt, sondern auch, dass er seine Erwägungen in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar darlegt. Zumindest die wichtigsten für und gegen eine bestimmte Auslegung sprechenden Umstände sind in ihrer Bedeutung für das Auslegungsergebnis zu erörtern und gegeneinander abzuwägen. Ist die Begründung in diesem Sinne lückenhaft, so leidet die Entscheidung an einem rechtlichen Mangel und bindet das Revisionsgericht nicht (BGH Urteil vom 16.10.1991 - VIII ZR 140/90 - NJW 1992, 170 mwN). Das gilt erst recht, wenn das Vordergericht eine objektiv willkürliche Auslegung wählt, die nach juristischer Methodik nicht mehr nachvollziehbar ist (vgl hierzu zB BVerfG
Im Übrigen sind Vereinbarungen revisionsgerichtlich uneingeschränkt überprüfbar, wenn sie sog "typische" Verträge darstellen, die in einer Vielzahl von Fällen - häufig unter Benutzung von Vertragsformularen - geschlossen werden (BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 6 RdNr 21; BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 19 mwN; s auch BAG Urteil vom 23.2.2011 - 4 AZR 536/09 - Juris RdNr 21 = AP Nr 86 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Auch dies ist hier der Fall. Mit der PSV 2007 haben die Vertragsparteien die zwischen der Bayerischen Krankenhausgesellschaft und der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern abgestimmte Mustervereinbarung für den Vereinbarungs- bzw Pflegesatzzeitraum 2007 übernommen.
§ 15 PSV 2007 soll ausweislich seiner Überschrift "Zahlungs- und andere Abrechnungsbestimmungen" regeln. Nach § 15 Nr 1 S 1 PSV 2007 ist die Rechnung eines Krankenhauses durch Überweisung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu zahlen. Hieraus folgt eine Zahlungsfrist, nicht aber eine Zahlungspflicht der KK, wenn sie nach Prüfung zum Ergebnis gelangt, die Voraussetzungen des Anspruchs seien nicht erfüllt, etwa weil es an Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit fehlte. Dies wird auch anhand der Regelung des § 15 Nr 2 S 1 PSV 2007 deutlich. Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können von der KK danach "auch" nach Begleichung der Rechnung geltend gemacht werden. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass sachliche Einwände, wie hier die von der Beklagten geltend gemachte fehlende Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit, von der KK bereits vor einer Begleichung der Rechnung dem Vergütungsanspruch des Krankenhauses entgegengehalten werden dürfen.
Auch nach Systematik und Sinn und Zweck der Regelung enthält § 15 PSV 2007 mit der Zahlungsfrist von drei Wochen (Nr 1 S 1), dem Anfall von Verzugszinsen (Nr 1 S 3 und Nr 2 S 4), den Regelungen über angemessene Voraus- und Abschlagszahlungen (Nr 3 S 1 - irrtümlich erneut als Nr 1 bezeichnet) sowie den Voraussetzungen, unter denen eine Zwischenrechnung gestellt werden darf, ausdifferenzierte Regelungen, die gemäß dem in § 17 Abs 1 S 3 BPflV zum Ausdruck kommenden kompensatorischen Beschleunigungsgebot eine zeitnahe Zahlung der Pflegesätze an das Krankenhaus gewährleisten sollen. Die Regelungsdichte macht den abschließenden Charakter der Vereinbarung deutlich.
Die demgegenüber vom LSG der Regelung des § 15 PSV 2007 beigemessene Bedeutung erklärt sich nur durch den Versuch, sich - ohne juristisch nachvollziehbare Begründung - den klaren Vorgaben des höherrangigen Bundesrechts entsprechend der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entziehen. Danach richtet sich die Beantwortung der Frage, ob einem Versicherten (voll-)stationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 32 f mwN). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Versicherten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung (vgl BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 17 mwN). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist (stRspr, vgl nur BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 20 f). Die Berufung auf einen vermeintlichen Einschätzungsvorrang des verantwortlichen Krankenhausarztes - wie ihn das LSG annimmt - ist weder vom Gesetz vorgesehen noch von der Sache her erforderlich und deshalb mit dem rechtsstaatlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 32). Zudem obliegt - entgegen der Auffassung des LSG - die Entscheidung darüber, ob dem Versicherten ein Anspruch auf Gewährung vollstationärer Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und darin eingeschlossen die Entscheidung, ob eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, nicht dem Krankenhaus, sondern der KK, gegen die sich der Anspruch richtet (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 28). Auch Vereinbarungen in den Normsetzungsverträgen auf Landesebene können nicht bewirken, dass die Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung entgegen dem Gesetz nicht nach objektiven Maßstäben getroffen wird, sondern im Ergebnis der subjektiven Einschätzung des Krankenhausarztes überlassen bleibt (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 30). Erst recht gilt dies für Pflegesatzvereinbarungen nach § 17 BPflV iVm § 18 KHG.
3. Der erkennende Senat kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht selbst abschließend über den Erfolg der Berufung der Klägerin gegen das SG-Urteil entscheiden. Das LSG hat nicht festgestellt, dass die Krankenhausbehandlung der Versicherten erforderlich und wirtschaftlich war.
Rechtsgrundlage des streitigen Vergütungsanspruchs der Klägerin für die Behandlung der Versicherten ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V iVm der PSV 2007. Vertragliche Regelungen iS von § 112 Abs 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung, insbesondere der Kostenübernahme und der Abrechnung der Entgelte, gab es in Bayern im betroffenen Zeitraum nicht. Zur Konkretisierung des Vergütungsanspruchs ist ergänzend auf die maßgebliche PSV iVm §§ 16, 17 KHG und den Vorschriften der BPflV zurückzugreifen, soweit die Vereinbarung nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam ist (vgl BSG Urteil vom 17.11.2015 - B 1 KR 20/15 R - Juris RdNr 9, vorgesehen für BSGE und SozR 4-2500 § 39 Nr 26; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 10 mwN).
Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; alle mwN). Die bloße Annahme des Krankenhausarztes, es bestehe Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit, genügt - wie oben ausgeführt - hierfür nicht. Das LSG hat keine eigenen Feststellungen zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der Versicherten, zur Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der stationären Behandlung getroffen, sich insbesondere auch nicht die vom SG nach Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen zu eigen gemacht. Das LSG wird diese Feststellungen nun nachzuholen haben.
4. Der erkennende Senat verweist den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des Bayerischen LSG zurück (§ 202 S 1 SGG iVm § 563 Abs 1 S 2 ZPO; vgl hierzu zB BSGE 32, 253, 255; BSG SozR 3-1750 § 565 Nr 1; BSG SozR 3-1500 § 170 Nr 7; BSG SozR 3-1750 § 565 Nr 2; BSGE 84, 266, 270 = SozR 3-2500 § 33 Nr 33; BSG Beschluss vom 28.9.2010 - B 1 KR 46/10 B - Juris RdNr 7 f). Dies kann zB erfolgen, wenn das Vertrauen eines der Beteiligten auf ein faires Verfahren vor dem bereits befassten Spruchkörper des zurückverwiesenen Gerichts nachhaltig erschüttert ist (vgl BSG SozR 3-1750 § 565 Nr 2). Von dieser vom Gesetz vorgesehenen Möglichkeit ist insbesondere dann Gebrauch zu machen, wenn das Revisionsgericht aufgrund der besonderen Umstände befürchten muss, dass es dem Vordergericht schwerfallen wird, sich die rechtliche Beurteilung, die zur Aufhebung des tatrichterlichen Urteils führte, voll zu eigen zu machen (vgl BVerfGE 20, 336, 346 f; BFHE 240, 570; BFH Urteil vom 28.10.2015 - X R 47/13 - Juris RdNr 24 mwN). Auch bei festgestellter fehlender Sachkompetenz ist im Interesse der Beteiligten die Zurückverweisung an einen anderen Senat in Betracht zu ziehen (vgl BGH Beschluss vom 20.12.1988 - X ZB 30/87 - NJW-RR 1989, 826 f).
Dem vorbefassten Spruchkörper des LSG sind nicht nur lediglich Rechtsfehler unterlaufen, die den erkennenden Senat zur Zurückverweisung der Sache zwingen. Der in dessen Entscheidung liegende gezielte Versuch, die dem LSG-Spruchkörper bekannte höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Anforderungen des Nachweises von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit (vgl zB - vom LSG selbst zitiert - BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, dort mit Hinweis auf den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 25.9.2007 - GS 1/06 = BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10) ohne Revisionszulassung zu unterlaufen, lässt befürchten, dass es dem Vordergericht schwerfallen wird, sich die rechtliche Beurteilung, die zur Aufhebung des LSG-Urteils führt, voll zu eigen zu machen. Würde man hingegen dem LSG-Spruchkörper unterstellen, ihm seien bei seiner Entscheidungsfindung die oben aufgezeigten Rechtssätze im Beschluss des Großen Senats des BSG trotz deren zentraler Bedeutung für Vergütungsansprüche der Krankenhäuser und ihrer Wiedergabe im von ihm zitierten BSG-Urteil des erkennenden Senats nicht präsent gewesen, fehlte es ihm an der notwendigen Sachkompetenz.