Entscheidungsdatum: 17.11.2015
1. Die Regelungen des Versorgungs- und Entlassmanagements erweitern den Anspruch Versicherter auf Krankenhausbehandlung lediglich um die in dem Management liegende Dienstleistung.
2. Versicherte können aufgrund ihres Anspruchs auf Versorgungs- und Entlassmanagement keine medizinisch nicht erforderliche stationäre Behandlung beanspruchen.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 22. April 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Klage- und das Revisionsverfahren wird auf 11 250,72 Euro festgesetzt.
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
Bei dem 1961 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versichert gewesenen, 2012 verstorbenen S. (im Folgenden: Versicherter) bestand ein durch jahrelangen Alkoholabusus geprägtes Krankheitsbild (ua Abhängigkeitssyndrom, kognitive Störung und hirnorganische Wesensveränderung, Leberzirrhose, Ösophagusvarizen). Der unter Betreuung stehende Versicherte befand sich nach wiederholten Krankenhausaufenthalten wegen eines Entzugssyndroms mit Krampfanfall aufgrund notärztlicher Einweisung zunächst vom 22.2. bis 16.3.2009 in vollstationärer Behandlung in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin, dort in der Klinik für psychiatrische Erkrankungen. Daran schloss sich eine teilstationäre Behandlung ab 17.3.2009 an. Die Klägerin nahm ihn wegen eines Trinkrückfalls ab 30.3.2009 wieder vollstationär auf und behandelte ihn bis 1.7.2009. Nach kurzem, von ihm abgebrochenem Aufenthalt in einem Wohnheim für Suchtkranke nahm ihn die Klägerin infolge Alkoholentzugssyndroms am 24.7.2009 notfallmäßig auf und behandelte ihn bis 26.10.2009 vollstationär. Der Versicherte war trotz großer gesundheitlicher Gefährdung ohne ständige Aufsicht zu keinem alkoholabstinenten Verhalten in der Lage. Ab 27.10.2009 wurde er in einem Wohnheim in M. untergebracht. Die Beklagte lehnte es ab, die Behandlung vom 27.5. bis 30.6.2009 (Schlussrechnung vom 5.2.2010: 7572,60 Euro) und vom 10. bis 26.10.2009 (Schlussrechnung vom 5.2.2010: 3678,12 Euro) zu vergüten, weil in diesen Zeiträumen keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit mehr bestanden habe. Die auf Zahlung von 11 250,72 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage hat das SG abgewiesen. Der Klägerin stehe keine weitere Vergütung zu, weil es in der Zeit vom 27.5. bis 1.7.2009 und vom 10. bis 26.10.2009 nicht mehr notwendig gewesen sei, den Versicherten - bei fortbestehender Behandlungsbedürftigkeit - weiterhin stationär im Krankenhaus zu behandeln. Aus dem Anspruch des Versicherten gegen die Beklagte auf Versorgungsmanagement nach § 11 Abs 4 SGB V ergebe sich kein Anspruch auf Vergütung von medizinisch nicht erforderlicher Krankenhausbehandlung. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) trage nicht das Risiko fehlender Unterbringungsmöglichkeit medizinisch nur ambulant zu betreuender Alkoholabhängiger (Urteil vom 22.4.2015).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 S 3 iVm § 39 Abs 1 und § 11 Abs 4 SGB V. Der Versicherte habe aus medizinischen Gründen nur in ein betreutes Wohnen für Suchtkranke entlassen werden können. Dies zu ermöglichen habe sich die Klägerin im Rahmen des Versorgungsmanagements frühzeitig und ausreichend bemüht. Sie habe nicht das finanzielle Risiko zu tragen, dass der Versicherte weiterer engmaschiger sozialtherapeutischer Betreuung und medizinischer Behandlung bedurft habe, die er nach den Umständen im fraglichen Zeitraum nur im Krankenhaus der Klägerin habe erlangen können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 22. April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 11 250,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent auf 3678,12 Euro vom 1. April bis 1. September 2011 und auf 11 250,72 Euro seit 2. September 2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Die zulässige Revision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen.
Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Die Klägerin erfüllte nicht die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Vergütung für Krankenhausbehandlung, als sie den Versicherten auch vom 27.5. bis 1.7.2009 und vom 10. bis 26.10.2009 stationär behandelte. Es fehlte an der Erforderlichkeit iS der medizinischen Notwendigkeit der stationären Behandlung als unverzichtbarer Voraussetzung des Vergütungsanspruchs nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V (dazu 1.). Das Gesetz sieht auch nicht ausnahmsweise vor, dass etwas anderes gelten soll. Ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses bei fehlender Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ergibt sich nicht daraus, dass Versicherte nach § 11 Abs 4 SGB V (idF durch Art 6 Nr 3 Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung
1. Rechtsgrundlage des streitigen Vergütungsanspruchs der Klägerin für die Behandlung des Versicherten ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V iVm der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2009. Nähere vertragliche Regelungen iS von § 112 Abs 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung, insbesondere der Kostenübernahme und der Abrechnung der Entgelte, gab es in Sachsen-Anhalt im betroffenen Zeitraum nach den bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des SG nicht. Deshalb ist allein auf die maßgebliche Pflegesatzvereinbarung iVm §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz und den Vorschriften der Bundespflegesatzverordnung zurückzugreifen (vgl BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 10 mwN).
Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; alle mwN); soweit allein eine vollstationäre Behandlung in Betracht kommt, müssen auch die Voraussetzungen des § 39 Abs 1 S 2 SGB V erfüllt sein. Hier fehlt es schon an der stationären Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit als solcher.
Versicherte haben nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Auch soweit eine vollstationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit hiernach ausscheidet, setzt die - hier allein noch in Betracht kommende - teilstationäre Behandlung ebenfalls Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit voraus. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18 ff; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Ob einem Versicherten (voll-)stationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSG, Großer Senat, BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Versicherten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung (vgl BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 17 mwN). Voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit iS des § 39 Abs 1 SGB V besteht nur, wenn ein Versicherter aus allein medizinischen Gründen auf die besonderen Mittel eines Krankenhauses angewiesen ist (vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 32 f mwN). Zu den Aufgaben der GKV gehört es dagegen nicht, die für eine erfolgreiche Krankenbehandlung notwendigen gesellschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen oder diesbezügliche Defizite durch eine Erweiterung des gesetzlichen Leistungsspektrums auszugleichen. Für derartige Risiken haben die KKn nicht einzustehen. Sie haben auch keine Möglichkeit, strukturelle Mängel außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs zu beheben, etwa eine Unterversorgung bei den Betreuungseinrichtungen für psychisch schwer kranke Patienten. Sie tragen dafür weder Verantwortung noch dürfen sie hierfür Geldmittel verwenden. Soweit ausnahmsweise etwas anderes gelten soll, legt das Gesetz dies ausdrücklich fest (vgl BSG, Großer Senat, BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 19 f mwN).
Diese Voraussetzung waren nach den nicht mit Verfahrensrügen angreifbaren (vgl § 161 Abs 4 SGG und hierzu BSG Urteil vom 23.6.2015 - B 1 KR 26/14 R - Juris RdNr 38, für BSGE und SozR 4-5560 § 17c Nr 3 vorgesehen), den Senat bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) nicht erfüllt. Krankenhausbehandlung war bei dem Versicherten vom 27.5. bis 1.7.2009 und vom 10. bis 26.10.2009 nicht erforderlich. Das SG hat nicht nur die Notwendigkeit vollstationärer Behandlungsbedürftigkeit ausdrücklich ausgeschlossen, sondern in der Sache auch die teilstationäre Behandlungsbedürftigkeit verneint. Denn es hat festgestellt, dass der Versicherte am 27.5.2009 und am 10.10.2009 aus dem Krankenhaus in eine beschützende Umgebung hätte entlassen werden können, zB durch Unterbringung in einem Wohnheim.
2. Die Klägerin kann auch aus der Regelung des Versorgungs- und Entlassmanagements nichts für sich herleiten. Sie begründet schon nach ihrem klaren Wortlaut lediglich unmittelbar für Versicherte einen Anspruch, nicht aber für Krankenhäuser. Sie erweitert auch nicht mittelbar den gesetzlichen Anspruch auf Krankenhausvergütung in dem Sinne, dass KKn den Versicherten Krankenhausbehandlung aus anderen als allein medizinischen Erfordernissen gewähren müssten mit der Folge, dass die einen solchen Anspruch erfüllenden Krankenhäuser hierfür Vergütung beanspruchen könnten. Für eine Auslegung des Gesetzes, die den Anwendungsbereich des Anspruchs Versicherter auf Krankenhausbehandlung (§ 39 Abs 1 SGB V) aufgrund der Regelung des Versorgungs- und Entlassmanagements - über die in dem Management liegende Dienstleistung hinaus - auf andere als medizinisch begründete Behandlungsnotwendigkeiten erweitert, ist kein Raum (zu den Grundsätzen vgl BSG, Großer Senat, BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 26; s ferner zum Ganzen BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 18).
Weder die hier allein maßgebliche Regelung des Versorgungsmanagements (§ 11 Abs 4 SGB V) noch die später in Kraft getretenen Regelungen des Entlassmanagements (§ 39 Abs 1 S 4 bis 6 SGB V
idF durch Art 1 Nr 8 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Unberührt davon bleiben mögliche Ansprüche des Krankenhausträgers gegen andere Leistungsträger oder gegen die Versicherten selbst. Krankenhausträger, die zur Überbrückung von strukturellen oder einzelfallbezogenen Defiziten beim Übergang von der stationären Krankenhausversorgung in eine andere, von der Strukturverantwortung der KKn nicht umfasste Versorgungsform Leistungen für Versicherte erbringen, können diese gegenüber den KKn auch dann nicht abrechnen, wenn die nahtlose Unterbringung in einer anderen Einrichtung erforderlich ist, jedoch nicht rechtzeitig ermöglicht werden kann. Unerheblich ist dabei, dass die Defizite auch durch ein ordnungsgemäßes Versorgungsmanagement des Krankenhauses nach § 11 Abs 4 SGB V nicht zu vermeiden waren. Dies folgt aus Wortlaut (dazu a), dem durch die Entstehungsgeschichte gestützten Regelungszweck (dazu b) und dem Regelungssystem (dazu c). Die weitere Rechtsentwicklung durch § 39 Abs 1 S 4 SGB V (idF des GKV-VStG) und des § 39 Abs 1a SGB V (idF des GKV-VSG) haben hieran nichts geändert (dazu d). Eine nicht zeitgerecht zur Verfügung stehende Versorgungsstruktur - hier in Gestalt betreuten Wohnens - hat die Beklagte weder zu verantworten noch finanziell zugunsten der Klägerin zu kompensieren (dazu e).
a) Der Gesetzgeber hat erstmals das Versorgungsmanagement durch § 11 Abs 4 SGB V (idF durch Art 1 Nr 7 Buchst a Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) geregelt: "Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche (Satz 1). Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen (Satz 2). Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den KKn zu unterstützen (Satz 3). Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen (Satz 4). Soweit in Verträgen nach den §§ 140a bis 140d nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen nach § 112 oder § 115 oder in vertraglichen Vereinbarungen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln (Satz 5)." Art 6 Nr 3 Pflege-Weiterentwicklungsgesetz fügte lediglich einen neuen Satz 4 ein: "In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten."
Nach dem Wortlaut haben Versicherte einen subjektiven öffentlich-rechtlichen "Anspruch" auf ein Versorgungsmanagement. Die Vorschrift trifft jedoch keine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass sie die Voraussetzungen des § 39 Abs 1 SGB V der teil- oder vollstationären Behandlungsbedürftigkeit modifiziert.
b) Dies liegt auch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte fern und stünde im Widerspruch zu dem Regelungszweck. Denn der Gesetzgeber des GKV-WSG wollte "Schnittstellenprobleme beim Übergang von Versicherten in die verschiedenen Versorgungsbereiche" insbesondere dadurch bewältigen, dass hierzu in Verträgen zur integrierten Versorgung oder in zweiseitigen Verträgen nach § 112 SGB V und in dreiseitigen Verträgen nach § 115 SGB V geeignete Regelungen getroffen werden. Die Vorstellung des Gesetzgebers war es dabei, im Interesse der Versicherten (Versorgungskontinuität, Entlastung der Versicherten und ihrer Angehörigen) und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einen "reibungslosen Übergang" zu ermöglichen, um namentlich Pflegebedürftigkeit oder eine baldige stationäre Wiedereinweisung zu vermeiden (vgl Begründung des Gesetz gewordenen Entwurfs eines Art 1 Nr 7 GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 96 f). Der Gesetzgeber wollte damit gerade erreichen, dass Wirtschaftlichkeitsreserven erschlossen werden.
Hingegen lassen die Gesetzesmaterialien keinen Schluss darauf zu, dass Regelungszweck des § 11 Abs 4 SGB V ist, Fehlallokationen der Beitragsmittel der GKV durch die Finanzierung medizinisch nicht erforderlicher und damit unwirtschaftlicher Behandlungen zu begünstigen. Der aufgezeigte Regelungszweck geht vielmehr dahin, dass bereits vorhandene Schnittstellenprobleme in Einklang mit § 12 Abs 1 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot; zu dessen uneingeschränkter Geltung im Leistungserbringungsrecht vgl nur BSG Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 2/15 R - Juris RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 39 Nr 23 und BSGE vorgesehen) beseitigt werden sollen. Krankenhäuser, die nach § 11 Abs 4 S 2 SGB V die Pflicht haben, im Rahmen der bestehenden Versorgungsstruktur für eine sachgerechte Anschlussversorgung zu sorgen, sollen durch § 11 Abs 4 SGB V keine finanziell vergüteten Freiräume für unwirtschaftliches Behandeln erhalten.
c) Auch sollen andere Sozialleistungsträger, in deren Strukturverantwortung die Sicherstellung der nachstationären Versorgung der Versicherten fällt, nicht entlastet werden. Es widerspräche dem Regelungssystem, den KKn ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung eine Strukturverantwortung für eine Versorgung aufzuerlegen, die nicht zu ihrem Aufgabenbereich zählt. Die GKV stellt ihren Versicherten medizinische Leistungen zur Verfügung, um Krankheiten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dies gilt selbst für Leistungen wie die Beschäftigungs- und die Arbeitstherapie, die eine Nähe zu Eingliederungsleistungen aufweisen, aber nur insoweit dem GKV-Leistungskatalog zuzurechnen sind, als sie gezielt zur Bekämpfung der Krankheit im Rahmen einer ärztlich angeleiteten und überwachten Behandlung eingesetzt werden (vgl BSGE 109, 122 = SozR 4-2500 § 42 Nr 1, RdNr 21 ff). Die KKn tragen zur Erfüllung des Krankenbehandlungsanspruchs nach § 2 Abs 1 S 1, Abs 2 SGB V die Strukturverantwortung für die Verfügbarkeit adäquater Behandlungskapazitäten der Krankenhäuser (vgl auch BSG Urteil vom 21.4.2015 - B 1 KR 6/15 R - Juris RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 109 Nr 43 und BSGE vorgesehen). Eingliederungsleistungen, insbesondere solche nach den §§ 53 ff SGB XII, und die entsprechende Strukturverantwortung dafür (zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl nur BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, RdNr 15 ff), die der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft dienen, zählen, auch wenn sie durch ambulante vertragsärztliche Behandlung flankiert werden (müssen), nicht zum Aufgabenbereich der GKV. Auch die Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten rechnet der Gesetzgeber ausdrücklich den Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu (§ 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX).
d) An dieser Ausgestaltung der Strukturverantwortung haben die nachfolgenden Änderungen des § 39 SGB V festgehalten. Soweit der Gesetzgeber den Anspruch auf ein Entlassmanagement "als unmittelbare(n) Bestandteil des Anspruchs auf Krankenhausbehandlung in § 39 SGB V ausgestaltet" hat (vgl Begründung zu Art 1 Nr 8 des GKV-VStG-Entwurfs, BT-Drucks 17/6906 S 55; ebenso, Begründung zu Art 1 Nr 9 des GKV-VSG-Entwurfs, BT-Drucks 18/4095 S 76), folgt daraus nichts anderes für den Vergütungsanspruch der Krankenhäuser nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der GKV nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl BSG, Großer Senat, BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 10). § 39 Abs 1 S 4 bis 6 SGB V (bis 22.7.2015) und § 39 Abs 1a SGB V (seit 23.7.2015), die denselben Regelungszweck wie § 11 Abs 4 SGB V verfolgen, haben den Anspruch der Versicherten auf Krankenhausbehandlung nicht auf Fallgestaltungen ausgedehnt, bei denen es den Versicherten an Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit mangelt. Art 1 Nr 8 GKV-VStG wollte mit der Einfügung der S 4 bis 6 in § 39 Abs 1 SGB V das mit § 11 Abs 4 SGB V verfolgte Ziel unterstreichen und in seiner Durchsetzungsmöglichkeit verstärken. Der Gesetzgeber reagierte damit auf den Umstand, dass § 11 Abs 4 SGB V "nicht in dem gewünschten Umfang umgesetzt und genutzt" wurde; nicht alle Krankenhäuser boten ein Versorgungsmanagement iS eines Entlassmanagements an (vgl Begründung zu Art 1 Nr 8 des GKV-VStG-Entwurfs, BT-Drucks 17/6906 S 55). Nichts anders gilt angesichts fortbestehender Umsetzungsdefizite für die Ersetzung der Regelungen in § 39 Abs 1 S 4 bis 6 SGB V durch § 39 Abs 1a SGB V (vgl Begründung zu Art 1 Nr 9 des GKV-VSG-Entwurfs, BT-Drucks 18/4095 S 76). Der nunmehr explizit als Teil des Anspruchs auf Krankenhausbehandlung ausgestaltete Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit einem Entlassmanagement ist insoweit lediglich ein vom Krankenhausbehandlungsanspruch abhängiger Nebenleistungsanspruch (vgl Ossege, GesR 2012, 204, 205), ohne die Grundvoraussetzungen des Krankenhausbehandlungsanspruchs abzuschwächen oder zu ändern.
e) Wie festgestellt, fehlte es in den betroffenen Zeiträumen an der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung. Für den Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist es rechtlich unerheblich, dass der Versicherte sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Behandlung nur in die Obhut einer Einrichtung für Suchtkranke entlassen werden konnte und eine solche jeweils nicht zeitgerecht zur Verfügung stand, um ihn aufzunehmen.