Entscheidungsdatum: 15.11.2016
Intrakardiale Pumpvorrichtung
1. Der Patentinhaber ist während des Nichtigkeitsverfahrens vor dem Bundespatentgericht an einen auf die ausschließlich beschränkte Verteidigung des angegriffenen Streitpatents gerichteten Antrag nicht gebunden, da die Beschränkungswirkung erst aufgrund des Urteils und mit Eintritt der Rechtskraft erfolgt.
2. Dies gilt auch dann, wenn eine derartige anfängliche beschränkte Verteidigung des Streitpatents im Hinblick auf eine Abstimmung mit dem parallelen Patentverletzungsverfahren und die dortige Fassung des Patentanspruchs erfolgt und der insoweit im Nichtigkeitsverfahren schriftsätzlich angekündigte Antrag der Patentinhaberin die zusätzliche Erklärung umfasst, auf einen darüber hinaus gehenden Schutz für die Vergangenheit und die Zukunft zu verzichten.
Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundespatentgerichts
Berufung eingelegt: X ZR 17/17 -
In der Patentnichtigkeitssache
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betreffend das deutsche Patent 103 36 902
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Engels, den Richter Dipl.-Phys. Univ. Dr. Müller, den Richter Dipl.-Ing. Veit, die Richterin Dorn und die Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer
für Recht erkannt:
I. Das deutsche Patent 103 36 902 wird für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents DE 103 36 902 (Streitpatent), das am 8. August 2003 angemeldet worden ist mit der Bezeichnung „Intrakardiale Pumpvorrichtung“. Das Streitpatent bezieht sich auf eine intrakardiale Pumpvorrichtung, die vollständig in das Herz über angrenzende Gefäße eingeführt werden kann, um die natürliche Pumpfunktion des Herzens zu unterstützen oder durch kontinuierlichen Pumpbetrieb zu ersetzen [Abs. 0001] und umfasst 9 Patentansprüche, welche sämtlich angegriffen sind.
Die Patentansprüche 1 bis 9 lauten:
1. Intrakardiale Pumpvorrichtung zur perkutanen Einführung, mit einer Pumpe (11), die am proximalen Ende (12) mit einem Katheter (14) und am saugseitigen distalen Ende (13) mit einer Kanüle (15) verbunden ist, welche entfernt von der Pumpe Einlassöffnungen (17) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass an der Kanüle distal von den Einlassöffnungen (17) ein flexibler Fortsatz (20) vorgesehen ist.
2. Pumpvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Fortsatz (20) ein nichtsaugender Fortsatz ist.
3. Pumpvorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Fortsatz (20) ein hohler Schlauch ist, dessen Lumen mit demjenigen der Kanüle (15) in Verbindung steht.
4. Pumpvorrichtung nach einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, dass der flexible Fortsatz (20) eine Pigtail-Spitze (21) aufweist.
5. Pumpvorrichtung nach einem der Ansprüche 1-4, dadurch gekennzeichnet, dass die Einlassöffnungen (17) an einem expandierbaren Ansaugkorb (40) vorgesehen sind, der einen Einlauftrichter (41) enthält.
6. Pumpvorrichtung nach einem der Ansprüche 1-5, dadurch gekennzeichnet, dass der Fortsatz (20) einen Außendurchmesser hat, der kleiner ist als derjenige der Kanüle (15).
7. Pumpvorrichtung nach einem der Ansprüche 1-6, dadurch gekennzeichnet, dass die Kanüle (15) eine Vorbiegung (34) aufweist.
8. Pumpvorrichtung nach einem der Ansprüche 1-7, dadurch gekennzeichnet, dass ein Führungsdraht (33) vorgesehen ist, der durch die Pumpe (11) hindurchführt und aus der Kanüle (15) in den hohlen Fortsatz (20) vorschiebbar ist.
9. Pumpvorrichtung nach einem der Ansprüche 1-8, dadurch gekennzeichnet, dass der Fortsatz (20) seitliche Zusatzöffnungen (44) aufweist.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, das Streitpatent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne (§ 21 Abs. 1 Ziff. 2, § 34 Abs. 4 PatG). Zudem beruhe das Streitpatent auf einer unzulässigen Änderung gegenüber der dem Streitpatent zugrunde liegenden nationalen Patentanmeldung (§ 21 Abs. 1 Ziff. 4 PatG). Ferner sei die Lehre des Streitpatents weder neu noch erfinderisch (§ 21 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 3, 4 PatG).
Die Klägerin legt u.a. folgende Dokumente vor:
HL1 DE 103 36 902 B3
HL2a Registerauszug zu DE 103 36 902.3
HL2b Handelsregisterauszug Abiomed Europe GmbH
HL3 EP 0 916 359 A1
HL4 WO 99/58170 A1
HL5 WO 2005/016416 A1
HL6 Schriftlicher Bescheid der internationalen Recherchenbehörde
HL7 EP 1 651 290 B1
HL8 Entscheidung der Einspruchsabteilung zu EP 1 651 290 B1
HL9 US 2010/0268017 A1
HL10 Examiner´s Answer before the Board of Patent Appeals and
Interferences
HL11 Merkmalsgliederung, Anspruch 1 des Streitpatents
HL12 US 5 061 256
HL13 US 6 533 716 B1
HL14 US 5 169 378
HL15 WO 00/43053 A1
HL16 WO 02/22200 A1
HL17 WO 02/43791 A1
HL18 US 5 037 403
HL19 Fig. 1 von US 5 061 256 mit Bezugsziffern des Streitpatents
HL20 Fig. 1 von US 6 533 716 B1 mit Bezugsziffern des Streitpatents
HL21 Fig. 1a von WO 00/43053 mit Bezugsziffern des Streitpatents
HL22 illustrierte Fig. 3 der HL12
HL23 illustrierte Fig. 6 der HL12
HL24 „Impella-Broschüre“
HL25 illustrierte Abbildung aus der HL24
HL26 US 6 544 216 B1
HL27 Broschüre „Cordis Ducor“
HL28 Auszüge aus „The Cardiac Cetheterization Handbook“
HL29 Artikel Teresa G. Norris „Principles of Cardiac Catheterization“
HL30 Prospektblatt der Firma Mallinckrodt „Diagnostic Catheters“
HL31 Prospekt der Firma Meditech „IMAGER Angiographic Catheters“
HL32 US 4 747 840
HL33 US 5 011 469
HL34 US 6 001 078
HL41 Julius H. Grollman, Jr.: "Editorial: Pigtail Catheters in Pulmonary Angiography", IN: Catheterization and Cardiovacular Diagnosis, 1984, 10:389-391
HL42 Produktbroschüre "USCI POSITROL II & NYCORE CARDIOVASCULAR CATHETERS" der Firma C. R. Bard, Inc., nach Angaben der Klägerin veröffentlicht 1980
HL43 US4753221
HL47 Grossman's, Cardiac Catheterization, Angiography and Intervention", 6. AufI., Philadelphia, Pa (USA) 2000: Lippincott Williams & Wilkins; ISBN 0-683-30741-X, in Auszügen (S. 84- 87, S. 257-259) [= D25 in EPA-Einspruch]
HL48 T. Schmitz-Rode et al.: „ Axial Flow Catheter Pump for Circulatory Support“, Biomedizinische Technik, Bd.47, Erg.- Bd.1, Teil 1, 2002, S.142-143
HL49 Mitteilung der Beschwerdekammer des EPA vom 20.10.2016
zu ihrer vorläufigen Meinung in dem Verfahren T2256/14
HL50 O.H. Frazier et al.: „First Human Use of the Hemopump, a Catheter-Mounted Ventricular Assist Device“, Ann Thorac Surg 1990; 49,:299-304 [= EPA-HL8]
Zum Angriff auf fehlende Patentfähigkeit macht die Klägerin geltend, dass die Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents durch HL12, HL13, HL17, HL 48 und HL50 neuheitsschädlich vorweggenommen werde. Ausgehend von HL17 beruhe Anspruch 1 auch nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit.
Auch sämtliche abhängigen Ansprüche 2 bis 9 seien nicht patentfähig. Anspruch 2 sei neuheitsschädlich vorweggenommen durch HL12 und HL14, Anspruch 3 durch HL12 und HL13. Der Gegenstand von Anspruch 4 werde in HL12 und HL16 offenbart. Ausgehend von HL17 liege auch eine mangelnde erfinderische Tätigkeit vor. Anspruch 5 werde durch HL14 und HL17 neuheitsschädlich getroffen und sei ausgehend von HL12 nicht erfinderisch. Anspruch 6 sei nicht neu gegenüber HL12, 14 und 17. Anspruch 7 werde von HL12 und HL17 neuheitsschädlich getroffen. Anspruch 8 sei durch HL14, HL16 und HL17 neuheitsschädlich vorweggenommen und im Hinblick auf HL12 nicht erfinderisch. Anspruch 9 sei nicht neu gegenüber HL12 und HL13 und beruhe ausgehend von HL17 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Weiter macht die Klägerin geltend, dass die Beklagte in der Klageerwiderung vom 26. Mai 2015 einen wirksamen Teilverzicht erklärt habe, der den Prozessstoff bindend beschränke, so dass das Streitpatent insoweit ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären und eine Verteidigung sei.
Abgesehen davon bezweifelt die Klägerin die Zulässigkeit der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 8. August 2016 eingereichten Hilfsanträge 3a und 10, da sie eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung enthielten; entsprechendes gelte für die mit Schriftsatz der Beklagten vom 21. Oktober 2016 eingereichten Hilfsanträge 11 und 12. Zudem hält die Klägerin das in den vorgenannten Hilfsanträgen enthaltene Merkmal „10 bis 30 mm“ für unklar.
Des Weiteren beantragt sie, die mit Schriftsatz der Beklagten vom 21. Oktober 2016 eingereichten Hilfsanträge 6a, 11 und 12 als verspätet zurückzuweisen.
Im Übrigen sieht die Klägerin den jeweiligen Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 12 (mit 3a und 6a) – insbesondere ausgehend von HL12, HL17 und HL48 – als nicht neu und/oder nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend an.
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent DE 103 36 902 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte, die durch ihren vormaligen Prozessvertreter der Klage widersprochen hat und in ihrer Klageerwiderung vom 26. Mai 2015 zunächst beantragt hatte, „das Patent gemäß beiliegender Anspruchsfassung beschränkt aufrecht zu erhalten, wobei auf den darüber hinausgehenden Schutz für die Vergangenheit und die Zukunft verzichtet wird“, und die Klage im Übrigen abzuweisen, beantragt nunmehr,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit Hilfsanträgen 1 bis 9, eingereicht mit Schriftsatz vom 27. April 2016 (Bl. 251 ff. d. Akte), verteidigt wird,
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit Hilfsanträgen 3a und 10, eingereicht mit Schriftsatz vom 8. August 2016 (Bl. 416 ff. d. Akte), verteidigt wird, und
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit Hilfsanträgen 6a und 11 bis 12, eingereicht mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2016 (Bl. 522 ff. d. Akte) verteidigt wird,
und zwar in der Reihenfolge der Nummerierung der Hilfsanträge.
Dem Patentanspruch 1 schließen sich gemäß den Hilfsanträgen 1, 3a, 5, 6a, 9 bis 12 jeweils die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7, gemäß den Hilfsanträgen 4, 6, 7 und 8 jeweils die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8, gemäß dem Hilfsantrag 2 die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6 und gemäß dem Hilfsantrag 3 die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 an. Wegen des Wortlauts der jeweiligen Anspruchssätze nach den Hilfsanträgen 1 bis 12 (mit 3a und 6a) wird auf die Anlagen zu den im Antrag der Beklagten aufgeführten Schriftsätzen verwiesen. Eine isolierte Verteidigung von Unteransprüchen durch die Beklagte erfolgt nicht.
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin in allen Punkten entgegen und erachtet das Streitpatent für patentfähig; dies gelte jedenfalls für eine der Fassungen der 14 Hilfsanträge.
Zum Angriff auf fehlende Patentfähigkeit macht die Beklagte geltend, dass Neuheit gegenüber dem Stand der Technik bestehe, insbesondere gegenüber der HL12, da es sich bei dieser Schrift weder um einen flexiblen Fortsatz distal der Einlassöffnungen, noch um eine sog. „Pigtail-Spitze“ handele. Die Lehre der HL48 zeige weder eine Kanüle (distal zur Pumpe) noch einen flexiblen Fortsatz noch einen Trichter. Auch die HL13, HL17 und HL50 stünden nicht neuheitsschädlich entgegen.
Zudem beruhe die technische Lehre des Streitpatents auf erfinderischer Tätigkeit. Bei der von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten HL17 sei das Kopfstück weder Teil der Kanüle noch werde es als flexibel beschrieben. Das Vorsehen eines flexiblen Fortsatzes liege ausgehend von der Lehre der HL17 auch nicht nahe, da diese gerade eine starre Spitze voraussetze. Es habe für den Fachmann auch keine Veranlassung bestanden, ausgehend von der HL17 oder HL48 zusätzlich eine Pigtail-Spitze zu verwenden.
Mit Anmeldetag vom 24. Juli 2004 ist von der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein EP-Patent mit der Priorität der Anmeldung des Streitpatents angemeldet worden. Hieraus hervorgegangen ist das Patent EP 1 651 290 B1, dessen Anspruch 1 demjenigen des Anspruchs 4 des Streitpatents entspricht, wie auch die von der Beklagten zunächst in vorliegendem Verfahren beschränkt verteidigte Fassung derjenigen des EP-Patents entspricht. Das Patent EP 1 651 290 B1 steht derzeit zur Überprüfung im Einspruchsbeschwerdeverfahren (T2256/14). Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) hat mit Mitteilung vom 20. Oktober 2016 ihre vorläufige Meinung zu den wesentlichen Punkten dargelegt; wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf HL49 Bezug genommen. Termin zur mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren ist bestimmt auf 20. Januar 2017.
Nach Erhebung der Nichtigkeitsklage hat die hiesige Beklagte gegen die hiesige Klägerin vor dem Landgericht Düsseldorf Verletzungsklage betreffend das o.g. Patent EP 1 651 290 B1 erhoben (Az. 4a O 126/15), die sie im Wege der Klageerweiterung später noch auf das streitgegenständliche nationale Streitpatent gestützt hat; insoweit wurde das Verfahren abgetrennt (Az. 4a 11/16).
Der Senat hat den Parteien einen frühen qualifizierten Hinweis vom 31. Mai 2016 nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt allen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2016 Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist begründet, soweit mit ihr der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 3, 4 PatG geltend gemacht wird, da sowohl die gemäß Hauptantrag verteidigte erteilte Fassung des Streitpatents als auch die jeweilige Fassung nach den Hilfsanträgen 1 bis 3, 4 bis 6, 6a und 7 bis 12 sich nicht als patentfähig erweisen. Hilfsantrag 3a beruht auf einer unzulässigen Änderung gegenüber der dem Streitpatent ursprünglich zugrunde liegenden Anmeldung (§ 21 Abs. 1 Ziff. 4 PatG) und ist damit bereits einer weiteren Sachprüfung nicht zugänglich. Das Streitpatent ist somit insgesamt für nichtig zu erklären.
I.
Der Senat sieht in der mit Schriftsatz der Beklagten vom 26. April 2015 als Antrag abgegebenen Erklärung „das Patent gemäß beiliegender Anspruchsfassung beschränkt aufrecht zu erhalten, wobei auf den darüber hinausgehenden Schutz für die Vergangenheit und die Zukunft verzichtet wird“ weder eine wirksame materiell-rechtliche Verzichtserklärung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG noch ein wirksames prozessuales Anerkenntnis i. S. v. § 307 ZPO, welches zu einem Teilanerkenntnisurteil führen könnte oder an welches die Beklagte aus sonstigen Gründen gebunden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung ist im Patent-Nichtigkeitsverfahren ein prozessuales Anerkenntnis i. S. v. § 307 ZPO über den Nichtigkeitsangriff und ein hiermit verbundenes Gestaltungsurteil im Hinblick auf den geltenden Amtsermittlungsgrundsatz und die hieraus folgende mangelnde Dispositionsfähigkeit über den Streitgegenstand bzw. über den prozessualen Anspruch auf Erklärung der Nichtigkeit nicht möglich. Deshalb kann dieser Anspruch auch nicht anerkannt werden und zu einem entsprechenden gestaltenden Urteil ohne Sachprüfung der Nichtigkeitsgründe führen (siehe z. B. BGH GRUR 1995, 577 – Drahtelektrode, m. w. N.; GRUR 2004, 707 - Dynamisches Mikrofon; offen gelassen in BPatG GRUR 2009, 145 – Fentanylpflaster; dagegen zum Anerkenntnisurteil über die Erledigungsfeststellung BPatG Urteil vom 14.06.2016, 4 Ni 11/15).
Hiervon zu unterscheiden ist die Beschränkung des Schutzrechts im isolierten Beschränkungsverfahren nach § 64 PatG oder dessen beschränkte Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren, auch wenn bei dieser das Streitpatent im Umfang der zulässigen Beschränkung durch das Gestaltungsurteil ohne weitere Sachprüfung für nichtig erklärt wird und im Ergebnis die Selbstbeschränkung dem Anerkenntnis des Klageantrags i. S. v. § 307 ZPO gleichkommt (BPatG Urteil v. 19.10.2011, 4 Ni 73/09). Allerdings besteht insoweit ein gewichtiger Unterschied, als die im Verfahren erklärte Selbstbeschränkung sich nur als ein auf Erlass eines entsprechenden Gestaltungsurteils gerichteter Sachantrag darstellt, der ohne unmittelbare Wirkung ist und mangels Bindung als Prozesserklärung bis zum Abschluss des jeweiligen Verfahrens jederzeit rücknehmbar ist. Erst mit Rechtskraft tritt eine Bindung und Beschränkungswirkung ein (Meier-Beck GRUR 2011, 857, 865). Auch ist diese nicht mit der bindenden Beschränkung eines Widerspruchs im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren vergleichbar (BGHZ 128, 149 – Lüfterklappe).
Soweit aufgrund einer derartigen zulässigen Beschränkung nach ständiger Rechtsprechung der Senat das Streitpatent hinsichtlich des nicht verteidigten Umfangs ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären hat, ist dies deshalb nicht Ausfluss eines prozessualen Anerkenntnisses im Sinne von § 307 ZPO und eines insoweit bestehenden Dispositionsrechts des Beklagten über den Verfahrensgegenstand, sondern der materiell-rechtlichen Dispositionsbefugnis des Patentinhabers, sein Patent zu beschränken und insoweit nicht zu verteidigen (hierzu und zum Sonderfall einer ausschließlich unzulässigen Verteidigung BPatG GRUR 2009, 145 – Fentanylpflaster; zur Selbstbeschränkung auf Null BPatG Urt. v. 18.07.2012, 4 Ni 3/12; BPatG GRUR 2010, 137 - Oxaliplatin).
Auch kann aus der Geltung der Grundsätze, welche im Rahmen der nach § 84 Abs. 2 PatG zu treffenden Kostenentscheidung und der entsprechenden Anwendbarkeit der Bestimmung des § 93 ZPO über das sofortigen Anerkenntnis gelten, nichts Gegenteiliges abgeleitet werden (BPatG GRUR-RR 2009, 325 – Kostenauferlegung bei Verzicht auf das Streitpatent im Nichtigkeitsverfahren; für den Fall des beschränkten Widerspruchs: BPatG Urteil v. 15.11.2011, 4 Ni 4/11 (EP) – Beschränkter Widerspruch).
Der Senat sieht auch in dem schriftsätzlich erklärten Verzicht der Beklagten mit Schriftsatz vom 26. April 2015 keine nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG wirksame Verzichtserklärung, welche zumindest auch eine materiell-rechtlich Verfügung über das Patent darstellt und – sofern wirksam erklärt – unmittelbare Wirkung entfaltet. Denn Gegenstand eines derartigen Verzichts können nur das ganze Patent oder einzelne Patentansprüche sein, nicht aber die Änderung des Wortlauts eines Anspruchs durch Aufnahme weiterer Merkmale bzw. eine engere Fassung des Anspruchs (BGH GRUR 1953, 86 - Schreibhefte; Schulte PatG, 9. Aufl. § 20 Rn 16; Keukenschrijver/Busse PatG 8. Aufl. § 20 Rn. 33).
Insoweit kann es dahinstehen, ob darüber hinaus der Auffassung in Rspr. und Literatur (statt aller BGH GRUR 1962, 294 – Hafendrehkran; Keukenschrijver/Busse § 20 Rn 16) zu folgen ist, § 20 PatG ließe nur einen wirksamen Verzicht durch schriftliche Erklärung gegenüber dem DPMA zu, weil der Wortlaut des Gesetzes dies ausdrücklich bestimme, während aus einer gegenüber dem Bundespatentgericht abgegeben Verzichtserklärung allenfalls eine Verpflichtung zur Verzichtserklärung folgen könne (Keukenschrijver/Busse § 20 Rn 16).
Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte im Verletzungsverfahren eine beschränkte Fassung des Streitpatents geltend machen darf, wenn sie dieses im Nichtigkeitsverfahren nicht entsprechend ausschließlich beschränkt verteidigt (hierzu BGH GRUR 2010, 904 – Maschinensatz) oder ob die Beklagte aufgrund des auch im Verfahrensrecht nach § 242 BGB geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben jedenfalls gegenüber der Klägerin gehindert ist, sich im Verletzungsverfahren auf einen Schutzumfang zu berufen, welcher trotz der im Nichtigkeitsverfahren abgegebenen „Verzichtserklärung“ dennoch auf den erteilten Anspruch abstellt. Jedenfalls kann umgekehrt aus dem Verhalten der Beklagten im Verletzungsverfahren eine entsprechende Bindung im Nichtigkeitsverfahren und Pflicht aus § 242 BGB, das Patent entsprechend beschränkt verteidigen zu müssen, nicht abgeleitet werden. Denn eine solche würde wegen des Popularcharakters des Nichtigkeitsverfahrens und der allgemeinen Gestaltungswirkung des Nichtigkeitsurteils untrennbar auch gegenüber der Allgemeinheit zum Tragen kommen, welcher gegenüber die Patentinhaberin jedenfalls durch ihre Erklärung nicht verpflichtet ist.
Im Übrigen lag dem im Verletzungsverfahren maßgeblichen Klageanspruch nicht das Streitpatent, sondern dass insoweit eingeschränkte EP-Patent zugrunde, wie auch infolge des klageerweiternd einbezogenen Streitpatents der dortige Klageanspruch auf den nicht beschränkten Patentanspruch 1 erteilter Fassung gestützt wurde, so dass der Einwand eines aus dem Verletzungsverfahren resultierenden Abstimmungsgebots und einer Antragsbindung für das identische Klage- und Streitpatent bereits deshalb nicht zum Tragen kommt.
Zwar wird teilweise eine Bindungswirkung und die Verpflichtung gefordert, die eingeschränkte Anspruchsfassung des Verletzungsverfahrens im Nichtigkeitsverfahren entweder zum Gegenstand der hauptsächlichen Verteidigung oder wenigstens zum Gegenstand des 1. Hilfsantrages zu machen, um sicherzustellen, dass über die eingeschränkte Anspruchsfassung des Verletzungsprozesses eine Rechtsbestandsentscheidung ergeht (so Grunwald, Mitt. 2010, 549; a. A. Meier-Beck GRUR 2011, 857, 865). Unabhängig davon, dass dies im Hinblick auf die vorgenannten Bedenken gegen eine Bindung im Hinblick auf den Charakter des Nichtigkeitsverfahrens und die Urteilswirkungen bedenklich erscheint, wird eine derartige Bindung aber von den Befürwortern auch nur für den Fall gefordert, dass der Verletzungsbeklagte nach Maßgabe einer eingeschränkten Anspruchsfassung bereits verurteilt ist; nur dann soll der Patentinhaber gehalten sein, die der Verletzungsverurteilung zugrunde gelegte Anspruchsfassung im Rechtsbestandsverfahren zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen. Auch dies ist vorliegend nicht der Fall, so dass sich allenfalls für das Verletzungsgericht die Frage stellen könnte, welche Konsequenzen eine von der Antragslage im Verletzungsverfahren abweichende Verteidigung des Streitpatents im Nichtigkeitsverfahren dort zu Folge hat.
Im Ergebnis ist deshalb zusammenfassend festzustellen, dass die Verteidigung auch der erteilten Fassung des Streitpatents im Nichtigkeitsverfahren daher zulässig ist; die Verzichtserklärung kommt danach lediglich einer beschränkten Verteidigung des Streitpatents gleich, welche nicht bindend ist und von welcher die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung jederzeit wieder abrücken konnte.
II.
Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2016 eingereichten Hilfsanträge 6a, 11 und 12 sind nicht auf die Rüge der Klägerin gemäß § 83 PatG als verspätet zurückzuweisen.
Die durch das 2009 in Kraft getretene Patentrechtsmodernisierungsgesetz erfolgte Neufassung des § 83 PatG und die damit in das Nichtigkeitsverfahren eingeführten Präklusionsregeln sehen zwar grundsätzlich die Möglichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Voraussetzung hierfür ist nach § 83 Abs. 4 PatG, dass das Vorbringen unter Versäumung der nach § 83 Abs. 2 PatG gesetzten Frist erfolgt, die betroffene Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt und die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung nach § 227 Abs. 1 ZPO, § 99 Abs. 1 PatG erfordert hätte. Für Letzteres ist es stets erforderlich, dass der neue Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 315). Kann das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne Weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG nicht vor (siehe BPatG, Urteil vom 10. März 2016 – 4 Ni 12/13 (EP) –, Rn. 147, juris).
So liegt der Fall hier. Zwar sind die mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2016 eingereichten Hilfsanträge 6a, 11 und 12 erst nach der vom Senat im qualifizierten Hinweis gesetzten Frist eingereicht worden. Auf den ihr am 27. Oktober 2016 zugegangenen Schriftsatz vom 21. Oktober 2016 hat die Klägerin jedoch mit Schriftsatz vom 7. November 2016 ausführlich - auch mit zusätzlichem Stand der Technik - Stellung genommen. Auch hat sie in der mündlichen Verhandlung inhaltlich zu diesen Hilfsanträgen Stellung genommen und insoweit keinen Antrag auf Vertagung gestellt. Das verspätete Vorbringen konnte daher in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kam.
III.
1. Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung betrifft das Streitpatent eine intrakardiale Pumpvorrichtung, die vollständig in das Herz über angrenzende Gefäße eingeführt werden kann (perkutane Einführung), um die natürliche Pumpfunktion des Herzens zu unterstützen oder durch kontinuierlichen Pumpbetrieb zu ersetzen (Abs. [0001]).
In der Beschreibungseinleitung wird ausgeführt, dass intrakardiale Blutpumpen, die perkutan in den Patientenkörper eingeführt würden, stark miniaturisiert seien. Sie wiesen einen zylindrischen Antriebsteil und einen zylindrischen Pumpenteil auf. Das Ansaugende des Pumpenteils sei mit einer flexiblen Kanüle versehen, die am distalen Ende einen Saugkopf mit seitlichen Einlassöffnungen aufweise, wie beispielhaft in der EP 0 916 359 A1 (HL3) beschrieben. Eine andere Pumpvorrichtung, die in distaler Richtung fördere, zeige die WO 99/58170 (HL4). Bei dieser Pumpvorrichtung sei der Pumpenteil mit einer flexiblen Kanüle verlängert, die durch eine Herzklappe hindurchgeführt werden könne. Aus dem distalen Ende der Kanüle rage ein Katheter heraus, an dem sich ein Ballon befinde, welcher beim Einführen der Pumpvorrichtung in dem Körper vom Blutstrom mitgenommen werden solle (Abs. [0002]).
Eine Pumpvorrichtung, die das Blut durch eine Kanüle hindurch ansauge und dann in proximaler Richtung fördere, könne so verlegt werden, dass sie durch die Aortenklappe hindurchführe, wobei der Saugkopf am Ende der Kanüle sich in der linken Herzkammer befinde, während der Pumpenauslass in der Aorta liege. Die Tätigkeit der kontinuierlich fördernden Pumpe sei der pulsierenden Tätigkeit des Herzens überlagert, so dass die Pumpe starken pulsierenden Druckschwankungen ausgesetzt sei. Dabei komme es vor, dass die Pumpe zusammen mit dem zugehörigen proximalen Katheter erheblichen Positionsänderungen ausgesetzt sei (Abs. [0003]).
Eine andere Schwierigkeit bei derartigen Blutpumpen bestehe darin, dass der Saugkopf der Kanüle sich an Gewebeteilen im Innern des Herzens festsaugen könne. Dadurch bestehe die Gefahr von Irritationen des Herzens und ferner werde die Pumpenleistung durch Verstopfung von Einlassöffnungen verringert. Schließlich könne es vorkommen, dass die Kanüle sich an der Mitralklappe festsauge und durch Ansaugen eine zusätzliche Blutschädigung induziert werde (Abs. [0004]).
2. Vor diesem Hintergrund ist in der Streitpatentschrift als Aufgabe der vorliegenden Erfindung genannt, eine intrakardiale Pumpvorrichtung zur perkutanen Einführung zu schaffen, bei der die Gefahr des Festsaugens weitgehend vermieden wird (Abs. [0005]). Als objektive Aufgabe ist ferner das Erreichen einer stabilen Lage im Ventrikel und auch die Verringerung der Gefahr des Auswerfens anzusehen (vgl. Abs. [0003], [0008] und [0025]).
3. Als zur objektiven Problemlösung berufenen Fachmann sieht der Senat ein Team aus einem mit der Entwicklung von kardiovaskulären Geräten, insbesondere zur Herzkatheterisierung, befassten Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik und einem Kardiologen mit Schwerpunkt auf der interventionellen Kardiologie.
Dieses Team kennt aufgrund seiner Sachkunde die Vorrichtungen und Verfahren der interventionellen Kardiologie, d.h. die Methoden zur Herzkatheterdiagnose und -therapie, und dem Fachwissen dieses Teams sind daher auch die Druckschriften HL28 und HL29/HL29a (als Fachwissen zur Herzkatheterisierung) und die Herzkatheter nach der HL27, der HL30 und der HL31 (als fachübliche Katheter) zuzurechnen.
4. Patentanspruch 1 erteilter Fassung
Die im Patent angegebenen Aufgabe soll durch eine intrakardiale Pumpvorrichtung nach Patentanspruch 1 des erteilten Patents gelöst werden, der folgenden Wortlaut aufweist (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
1 Intrakardiale Pumpvorrichtung zur perkutanen Einführung,
2 mit einer Pumpe (11),
2.1 die am proximalen Ende (12) mit einem Katheter (14) und
2.2 am saugseitigen distalen Ende (13) mit einer Kanüle (15) verbunden ist,
3 welche entfernt von der Pumpe Einlassöffnungen (17) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
4 an der Kanüle distal von den Einlassöffnungen (17) ein flexibler Fortsatz (20) vorgesehen ist.
Die folgenden angegriffenen Ansprüche 2 bis 9 sind jeweils unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.
5. Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 1 bis 12
Die geänderten bzw. hinzugefügten Merkmale des Patentanspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 12 lauten (Änderungen gegenüber erteiltem Patentanspruch 1 bzw. einem vorangegangenen Hilfsantrag unterstrichen):
Hilfsantrag 1:
In Hilfsantrag 1 wird das Merkmal des erteilten Anspruchs 2 aufgenommen:
4A2 an der Kanüle distal von den Einlassöffnungen (17) ein flexibler, nichtsaugender Fortsatz (20) vorgesehen ist.
Hilfsantrag 2:
In Hilfsantrag 2 wird gegenüber Hilfsantrag 1 das Merkmal des erteilten Anspruchs 6 aufgenommen:
4A6 der einen Außendurchmesser hat, der kleiner ist als derjenige der Kanüle (15)
Hilfsantrag 3:
In Hilfsantrag 3 wird gegenüber Hauptantrag das Merkmal 4a aufgenommen:
4a der sich an einen am distalen Ende (13) der Kanüle (15) ausgebildeten Saugkopf (16) anschließt
Hilfsantrag 3a:
In Hilfsantrag 3a wurde gegenüber Hilfsantrag 1 das Merkmal 4A2 weiter präzisiert:
4A2a der eine Länge von mindestens 10 mm hat.
Hilfsantrag 4:
In Hilfsantrag 4 wird gegenüber Hauptantrag das Merkmal 4 umformuliert und der erteilte Anspruch 5 aufgenommen:
4’ wobei an der Kanüle distal von den Einlassöffnungen (17) ein flexibler Fortsatz (20) vorgesehen ist
dadurch gekennzeichnet,
4A5 dass die Einlassöffnungen (17) an einem expandierbaren Ansaugkorb (40) vorgesehen sind, der einen Einlauftrichter (41) enthält.
Hilfsantrag 5:
Der Hilfsantrag 5 enthält gegenüber Hilfsantrag 4 das Merkmal des Anspruchs 6:
4A6 wobei der Fortsatz einen Außendurchmesser hat, der kleiner ist als derjenige der Kanüle (15).
Hilfsantrag 6:
In Hilfsantrag 6 wird gegenüber Hilfsantrag 4 das Merkmal 4A5 präzisiert:
4A5‘ wobei der Ansaugkorb (40) im aufgeweiteten Zustand einen Außendurchmesser hat, der größer als derjenige der Kanüle (15) ist.
Hilfsantrag 6a:
In Hilfsantrag 6a wurde gegenüber Hilfsantrag 6 das Merkmal 4A5‘ weiter eingeschränkt und das Merkmal 4A5‘‘‘ eingefügt:
4A5‘‘ wobei der Ansaugkorb (40) aus rückstellfähigem Material hergestellt ist und im aufgeweiteten Zustand einen Außendurchmesser hat, der größer als derjenige der Kanüle (15) ist, und
4A5‘‘‘ wobei der Einlauftrichter aus einem flexiblen Polymerschirm aufgespannt ist.
Hilfsantrag 7 (ehemaliger Hauptantrag):
In Hilfsantrag 7 wurde gegenüber Hauptantrag das Merkmal 4 umformuliert und der Anspruch 4 aufgenommen:
4’ wobei an der Kanüle distal von den Einlassöffnungen (17) ein flexibler Fortsatz (20) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass
4A4 der flexible Fortsatz (20) eine Pigtail-Spitze (21) aufweist.
Hilfsantrag 8:
Der Hilfsantrag 8 beinhaltet die Merkmale der Hilfsanträge 3 und 7:
4’ wobei an der Kanüle distal von den Einlassöffnungen (17) ein flexibler Fortsatz (20) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass
4a’ der flexible Fortsatz (20) sich an einem am distalen Ende (13) der Kanüle (15) ausgebildeten Saugkopf (16) anschließt und
4A4 der flexible Fortsatz (20) eine Pigtail-Spitze (21) aufweist.
Hilfsantrag 9:
In Hilfsantrag 9 beinhaltet die Merkmale der Hilfsanträge 4 und 7:
4 wobei an der Kanüle distal von den Einlassöffnungen (17) ein flexibler Fortsatz (20) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass
4A4 der flexible Fortsatz (20) eine Pigtail-Spitze (21) aufweist und
4A5 dass die Einlassöffnungen (17) an einem expandierbaren Ansaugkorb (40) vorgesehen sind, der einen Einlauftrichter (41) enthält.
Hilfsantrag 10:
In Hilfsantrag 10 wurde gegenüber Hilfsantrag 1 das Merkmal 4A2 weiter präzisiert:
4A2a‘ der eine Länge von 10 bis 30 mm hat.
Hilfsantrag 11:
In Hilfsantrag 11 wurden gegenüber Hilfsantrag 10 weitere Merkmale eingefügt:
4b die Kanüle (15) eine Länge von 40 bis 70 mm aufweist, und
4c und die Pumpe (11) ausgebildet ist, um mit einer Förderleistung von 2 bis 3 l/min zu pumpen.
Hilfsantrag 12:
In Hilfsantrag 12 wurde gegenüber Hilfsantrag 11 das weitere Merkmal 4b‘ eingefügt:
4b‘ der Außendurchmesser der Kanüle etwa 4 mm beträgt,
Hinsichtlich des Wortlauts der jeweiligen Unteransprüche, die auf die erteilten Unteransprüche zurückgehen, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
IV.
1. Die erfindungsgemäße intrakardiale Pumpvorrichtung umfasst nach der Lehre des Streitpatents folgende vier Komponenten:
- Pumpe (11) [Merkmal 2]
- Katheter (14) - verbunden mit dem proximalen Ende (12) der Pumpe [Merkmal 2.1]
- Kanüle (15) - verbunden mit dem saugseitigen distalen Ende (13) der Pumpe [Merkmal 2.2] - weist entfernt von der Pumpe Einlassöffnungen (17) auf [Merkmal 3]
- Fortsatz (20) - flexibel (Merkmal 4)
Figur 1 stammt aus der Streitpatentschrift und zeigt diese Komponenten der erfindungsgemäßen intrakardialen Pumpvorrichtung bei ihrer Funktion innerhalb des Herzens anhand eines Ausführungsbeispiels.
2. Die Lehre nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung und der Fassung nach den Hilfsanträgen ist unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen nach § 14 PatG gemäß einer am technischen Sinn- und Gesamtzusammenhang der Patentschrift orientierenden Betrachtung durch den angesprochenen Fachmann auszulegen. Insoweit bedürfen einige Merkmale der Ansprüche des erteilten Patents und der Hilfsanträge der Erläuterung:
2.1. Eine intrakardiale Pumpvorrichtung ist eine Blutpumpe, die vollständig in das Herz eingeführt werden kann, um die natürliche Pumpfunktion des Herzens zu unterstützen oder durch kontinuierlichen Pumpbetrieb zu ersetzen (siehe HL4 S.1 Abs.1). Nach der Beschreibungseinleitung Abs. [0002] weisen intrakardiale Blutpumpen einen zylindrischen Antriebsteil und einen zylindrischen Pumpenteil auf. Das Ansaugende des Pumpenteils ist mit einer flexiblen Kanüle versehen, die am distalen Ende einen Saugkopf mit seitlichen Einlassöffnungen aufweist:
Siehe HL4 Fig.1 Streitpatent Fig.1
Diese Vorrichtungsmerkmale der Blutpumpe finden sich auch als Merkmale 2, 2.1, 2.2 und 3 in Anspruch 1, wonach die Blutpumpe eine Pumpe (11) mit Antriebsteil ist, die mit dem Katheter (14) und distal über die Kanüle mit den Einlassöffnungen (17) verbunden ist. Dabei soll nach der Beschreibung das Blut über die Einlassöffnungen (17) aus dem linken Ventrikel (LV) in die Aorta (AO) gepumpt werden (vgl. Streitpatent HL1 Abs. [0021]: „Das proximale Ende 12 der Pumpe ist mit einem Katheter 14 verbunden, der die elektrischen Leitungen für den Betrieb und die Steuerung der Pumpe 11 enthält. Das distale Ende 13 ist mit einer Kanüle 15 verbunden, die aus einem langgestreckten flexiblen Schlauch besteht, der an seinem distalen Ende einen Saugkopf 16 mit seitlichen Einlassöffnungen 17 bildet. Die Pumpe 11 saugt Blut über die Einlassöffnungen 17 der Kanüle 15 an und pumpt dieses durch die seitlich an der Pumpe vorgesehenen Auslassöffnungen 18. Pumpe und Kanüle sind generell so gestaltet, wie es in HL3 (Impella) beschrieben ist.“)
Unter „Einlassöffnungen“ versteht der Fachmann mit Blick auf diese Beschreibung die Öffnungen, durch die das Blut in die Kanüle gelangt, d.h. im eingeschalteten Zustand der Pumpe eingesaugt wird. Damit versteht der Fachmann die Begriffe „Einlassöffnungen (17)“ gemäß Merkmal 3 als „Saugöffnungen“. Diese unterscheiden sich von den Auslassöffnungen (18), bei denen der Blutstrom austritt (vgl. Streitpatent HL1 Abs. [0026]: „Der Pumpenteil 31 enthält einen Gehäusering und ein von dem Motor angetriebenes Flügelrad, das den Blutstrom in axialer Richtung fördert, wobei der Blutstrom radial nach außen abgelenkt wird und durch die Auslassöffnungen 18 seitlich aus dem Gehäuse der Pumpe 11 austritt.“).
2.2. Die Zweckangabe „zur perkutanen Einführung“ im Merkmal 1 schränkt die Vorrichtung nur insoweit ein, als die Vorrichtung durch die Haut einführbar ist (z.B. im Zusammenhang mit minimalinvasiven Verfahren). Im Streitpatent ist zu diesem Geeignetheitskriterium angegeben, dass die Pumpe hierzu maximal einen Durchmesser von 4 mm aufweisen darf (vgl. Streitpatent Abs. [0020]: „Die Pumpe 11 weist ein Gehäuse mit einem Außendurchmesser von maximal 4 mm und einer Länge von etwa 15 mm auf, so dass die Pumpe perkutan eingeführt und intrakardial betrieben werden kann. Größere Pumpen, die aber nur chirurgisch einführbar sind, dürfen 6 mm Außendurchmesser aufgrund der peripheren Gefäßdurchmesser nicht überschreiten.“).
2.3. Nach Merkmal 4 des Anspruchs 1 weist die Kanüle distal von den Einlassöffnungen (17) einen flexiblen Fortsatz auf, d.h. die Kanüle ist über die Einlassöffnungen mit einem flexiblen Teil („Fortsatz“) verlängert, dieser hat zwar – wie die gesamte Kanüle - eine „gewisse Formstabilität“ (siehe Streitpatent Abs. [0021]), ist jedoch biegsam, um sich an die Hohlraumtopologie, d.h. dem Innenraum der Herzkammer, anpassen zu können (siehe Streitpatent Abs. [0011]: „Der flexible Fortsatz kann eine Pigtail-Spitze aufweisen, …. Im Übrigen ist die Spitze so weich und flexibel, dass sie sich durch Deformation jeglicher Hohlraumtopologie anpasst.“). Flexibel ist in der Streitpatentschrift nicht weiter definiert. Der Fachmann wird somit von einer biegsamen Komponente ausgehen, die sich distal von den Einlassöffnungen befindet und die angesprochene Funktionalität des Fortsatzes, nämlich die Distanzhaltefunktion und den Zweck einer mechanischen Verlängerung, erfüllt.
Die Form ist durch die Lehre nach Anspruch 1 nicht vorgegeben. Daher kann der Fortsatz aus der Kanüle gebildet werden oder eine angehängte Komponente darstellen; weiter kann er mit dem Lumen der Kanüle in Verbindung stehen (= Anspruch 3). Hierzu ist auch die Figur 5 der Streitpatentschrift zu beachten, welche das Verständnis des Streitpatents zu der Begrifflichkeit des Aufbaus von Kanüle und Fortsatz beispielhaft erfasst und bei der der Fortsatz lediglich einen Abschnitt der Kanüle bildet.
4. Die Beklagte hat im Hinblick auf den erfinderischen Gehalt der angegriffenen Lehre zunächst darauf verwiesen, dass die erfindungsgemäße Lehre im Unterschied zu dem herangezogenen Stand der Technik in einer mechanischen Verlängerung einer hydraulischen Lösung liege, der Fortsatz also aufgrund der Anordnung distal von den Einlassöffnungen die Pumpvorrichtung hydraulisch nicht verändert werden soll. Der Fortsatz bilde somit ein mechanisches Distanzteil und übe eine „Distanzhaltefunktion“ aus (vgl. Streitpatent Abs. [0007]). Hierzu ist anzumerken, dass nach der Lehre gemäß Anspruch 1 allerdings Einlassöffnungen im oder nach dem Fortsatz nicht ausgeschlossen sind. Öffnungen können – wie die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - selbst in der Variante mit nichtsaugendem Fortsatz (Hilfsanträge 1, 2, 3a, 10 bis 12) vorhanden sein, so dass der Fortsatz auch eine hydraulische Verlängerung bilden kann.
Auch das Streitpatent sieht die Möglichkeit von zusätzlichen Öffnungen vor (vgl. Streitpatent Abs. [0031]: „Bei dem Ausführungsbeispiel nach Fig. 5 ist die Kanüle 15 zweistufig ausgebildet. ... Am distalen Endbereich des Fortsatzes 20 befinden sich weitere seitliche Zusatzöffnungen 44, die als Zusatzöffnungen dienen.“, Anspruch 9: „9. Pumpvorrichtung nach einem der Ansprüche 1-8, dadurch gekennzeichnet, dass der Fortsatz (20) seitliche Zusatzöffnungen (44) aufweist.“). Damit kann der Fortsatz nach Hauptantrag [und den Hilfsanträgen ohne Angabe eines nichtsaugenden Fortsatzes (Hilfsanträge 3 bis 9)] auch eine hydraulische Verlängerung bewirken.
Bei einem nichtsaugenden Fortsatz mit Öffnungen mit einer hydraulischen Verbindung zwischen dem Lumen des Fortsatzes und der Kanüle (beispielsweise für einen Führungsdraht) kann ein Strömen von Blut-Flüssigkeit und damit auch eine hydraulische Veränderung der Pumpvorrichtung nicht vermieden werden, jedoch soll nach Abs. [0010] dieser Einfluss vernachlässigbar und zumindest ein Festsaugen durch die Öffnungen am Fortsatz nicht möglich sein (vgl. Streitpatent Abs. [0010]: „Obwohl das Lumen des Fortsatzes mit dem Kanülenlumen in Verbindung steht, saugt die Pumpe nicht über den Fortsatz an. Dies liegt daran, dass die Einlassöffnungen am Saugkopf einen viel größeren Querschnitt haben als das Lumen des Fortsatzes, so dass das Ansaugen wegen des geringeren Strömungswiderstandes weit überwiegend durch die Einlassöffnungen erfolgt. Eine gewisse Saugwirkung, die das Lumen des Fortsatzes ausübt, ist so klein, dass sie vernachlässigbar ist und nicht ausreicht, um ein Festsaugen an anderen Teilen zu bewirken.“). Ein „nichtsaugender“ Fortsatz ist damit nach dem technischen Sinngehalt der erfindungsgemäßen Lehre ein Fortsatz, der nicht zum Saugen des Blutstroms zu Therapiezwecken dient bzw. dessen Saugwirkung vernachlässigbar ist, wodurch ein Festsaugen an anderen Teilen wie der Herzkammerwand verhindert wird.
Der von der Beklagten angesprochene Vorteil, dass durch die kurze hydraulische Länge der erfindungsgemäßen Pumpe eine hohe Pumpleistung möglich ist, geht ins Leere, da die hydraulische Länge nicht Teil des Anspruchs ist.
Weitere Vorteile des Fortsatzes sind in der Streitpatentschrift in Abs. [0008] angegeben, jedoch sind sie für die Auslegung nur beachtlich, soweit sie Niederschlag in der Lehre des Anspruchs gefunden haben, also einer technischen und strukturellen Komponente der Vorrichtung zugeordnet werden können. Der Begriff „Fortsatz“ gibt keine konkrete räumlich-körperliche Eigenschaft in Form und Größe vor, er umfasst u.a. sowohl eine lange Pigtail-Katheterspitze als auch eine kleine, kuppelförmige Spitze oder ein zusätzliches Ballonelement.
2.5. Ein Saugkopf (Hilfsanträge 3 und 8) ist definitionsgemäß lediglich das Element, an dem sich die Einlassöffnungen befinden (siehe Streitpatent Abs. [0029]: “In Fig. 3 ist das distale Ende der Kanüle 15 mit dem Saugkopf 16 dargestellt. Der Saugkopf 16 weist die länglichen Einlassöffnungen 17 auf.”). Durch das Merkmal 4a wird entgegen der Auffassung der Beklagten kein weiteres strukturelles technisches Merkmal, das über die Vorrichtungsmerkmale nach Anspruch 1 hinausgeht, und insbesondere auch nicht das spezielle Ausführungsbeispiel nach Figur 4 mit expandierbarem Ansaugkorb 40 und Einlauftrichter 41 definiert. Im Übrigen ist der Saugkopf mit den Einlassöffnungen auch Teil der Kanüle (16), da nach Merkmal 3 die Kanüle die Einlassöffnungen aufweist.
Eine strukturelle Ausgestaltung des Saugkopfs erfolgt erst durch Merkmal 4A5 nach Hilfsantrag 4, wonach die Einlassöffnungen an einem expandierbaren Ansaugkorb vorgesehen sind, der einen Einlauftrichter enthält.
2.6. Den Begriff Einlauftrichter (Hilfsanträge 4 bis 6a und 9) versteht der Fachmann im Sinne des Streitpatents nicht rein funktionell als Element mit einer größeren Einlassöffnung und einer demgegenüber kleineren Auslassöffnung, mit dessen Hilfe man fließfähige Stoffe in ein Gefäß oder ähnliches lenkt. Vielmehr ordnet der Fachmann einem Trichter auch eine Form zu, die sich zumindest darin auszeichnet, dass die größere Einlassöffnung auch mit einem größeren Außendurchmesser als der der Auslassöffnung verknüpft ist, wobei der Außendurchmesser meist stetig abnimmt (kegelförmig), jedoch auch andere Trichterformen denkbar sind. Nach diesem Verständnis fällt jedoch ein abgeschrägtes Kanülenende nicht unter den Begriff Trichter.
2.7. Gemäß Hilfsantrag 7 wird die Flexibilität des Fortsatzes durch eine Pigtail-Spitze erreicht, d.h. eine flexible, nach Art eines Schweineschwanzes spiralförmig gerundete Katheterspitze (siehe Streitpatent Abs. [0021]); diese ist biegsam, um sich an die Hohlraumtopologie, d.h. den Innenraum der Herzkammer, anpassen zu können (siehe Streitpatent Abs. [0011]: „Der flexible Fortsatz kann eine Pigtail-Spitze aufweisen, …. Im Übrigen ist die Spitze so weich und flexibel, dass sie sich durch Deformation jeglicher Hohlraumtopologie anpasst.).
Der Begriff "Pigtail"-Spitze ist ein gängiger Fachbegriff in der Kathetertechnologie (vgl. HL28 S.114: „Ventriculography Catheters. For the femoral approach, two catheters are generally used: 1. The pigtail catheter has a tapered tip, preshaped to make a full circle, ...“, HL30, HL18 Sp. 2,Z. 53-55: „Preferably, the distal end of the catheter defines a spiral end that is known per se, and is commonly called a "pigtail". ...”).
Diese Pigtail-Spitze kann zwar – insbesondere um das Einführen zu erleichtern – durch einen Führungsdraht gestreckt werden (siehe Streitpatent Abs. [0011]: „Die Pigtail-Spitze erleichtert auch das Einführen und Verlegen der Pumpvorrichtung. Insbesondere kann sie in Verbindung mit einem Führungsdraht benutzt werden, wobei während des Einführens die Pigtail-Spitze durch den Führungsdraht gestreckt wird.“). Entscheidend für das ihrer Funktion entsprechende Verständnis ist jedoch, dass das Katheterende auch im entspannten Zustand die Ausbildung eines Pigtails aufweist, also wie ein „Schweineschwanz“ geringelt bzw. gebogen ist. Darauf verweist zutreffend auch die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 26. April 2015 S.5: „Eine Pigtail-Spitze weist im entspannten Zustand niemals eine gestreckte Form auf, sondern ist auch dann stets wie ein "Pigtail" geringelt bzw. gebogen. Soweit die Beklagte dagegen im Verletzungsverfahren als Klägerin geltend gemacht hat, dass jeglicher mechanischer Fortsatz dem Wortsinn des Begriffs „Pigtail-Spitze“ entspräche, „der aufgrund seiner Flexibilität geeignet ist, eine abgerundete oder gekrümmte Form einzunehmen“, steht dies nicht nur im Widerspruch zu ihrem eigenen Verständnis vom Streitpatent, sondern auch zu dem üblichen Fachverständnis in der Kathetertechnologie, welches mit dem Verständnis des Streitpatents übereinstimmt. Es reicht danach gerade nicht aus, dass eine Spitze spiralförmig gerundet werden kann (z.B. bei Kontakt mit dem Herzkammergewebe), sondern diese Pigtail-Form muss bereits im entspannten Zustand entstehen, also ohne Einwirken einer äußeren Kraft.
IV.
Soweit die Klägerin ihren Nichtigkeitsangriff gegen das Streitpatent auf fehlende Ausführbarkeit nach § 21 Abs. 1 Ziff. 2, § 34 Abs. 4 PatG und unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung nach § 21 Abs. 1 Ziff. 4 PatG gestützt hat, ist die Klage ohne Erfolg. Die Klägerin hat auf die insoweit bereits im Qualifizierten Hinweis enthaltenen ausführlichen Gründe des Senats auch nichts Ergänzendes in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht.
Dies gilt auch für die im Rahmen der erweiterten Zulässigkeitsprüfung geänderter Ansprüche erforderliche Prüfung der von der Beklagten verteidigten geänderten Anspruchsfassungen der Hilfsanträge, die der Senat als zulässig geändert ansieht mit Ausnahme des Hilfsantrags 3a, dessen Gegenstand nach Patentanspruch 1 über den Inhalt der Anmeldung in seiner ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht i.S.v. § 21 Abs. 1 Ziff. 4 PatG.
In Hilfsantrag 3a ist gegenüber Hilfsantrag 1 das Merkmal 4A2 dahingehend präzisiert, dass der Fortsatz eine Länge von mindestens 10 mm hat.
Dieses Merkmal ist als unzulässige Zwischenverallgemeinerung des Inhalts der ursprünglich in der Anmeldung offenbarten erfindungsgemäßen Lehre anzusehen. Danach ist zwar der konkrete Bereich von 10 bis 30 mm als zur Erfindung gehörend offenbart ( „An den Saugkopf 16 der Kanüle 15 schließt sich ein Fortsatz 20 an, der die Kanüle 15 mechanisch verlängert, nicht aber hydraulisch. Der Fortsatz 20 hat eine Länge von 10 bis 30 mm. Er ist hier mit einer Pigtail-Spitze 21 versehen, ...“). Die Verallgemeinerung durch Wegfall des Maximalwerts unter ausschließlicher Beibehaltung des Minimalwerts (mindestens 10 mm) stellt jedoch eine verallgemeinerte Lehre dar, die der Fachmann dieser ursprünglichen Offenbarung nicht unmittelbar entnehmen und zu der er allenfalls unter Hinzufügung seines Fachkönnens und weiterer Überlegungen gelangen konnte.
So ist nach ständiger Rechtsprechung entscheidend, was der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen als zur angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist (GRUR 2014, 1026 - Analog-Digital-Wandler) und ob bei einem geänderten Lösungsvorschlag die ursprüngliche Gesamtoffenbarung für den Fachmann objektiv erkennen ließ, dass dieser von vornherein von dem Schutzbegehren mit umfasst werden sollte (BGH GRUR 2010, 509 – Hubgliederungstor; GRUR 2015, 249 – Schleifprodukt). Dass danach ursprünglich verallgemeinernd auch nur eine Mindestlänge für den Fortsatz gelehrt wird, kann der Fachmann aber aufgrund des auch einen Maximalwert umfassenden Bemessungsbereichs des vorgeschlagenen Größenbereichs der Offenbarung nicht entnehmen, zumal er weiß, dass selbstverständlich allein aufgrund anatomischer Vorgaben der Größenbereich des Fortsatzes auch durch einen Maximalwert begrenzt ist.
V.
Soweit die Klägerin den Klagegrund fehlender Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 Ziff. 1 PatG geltend macht, hat die Klage Erfolg. Denn die nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3, 4 bis 6, 6a, 7 bis 12 jeweils verteidigte Lehre erweist sich als nicht neu bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend i.S.v. § 21 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 3, 4 PatG.
1. Patentanspruch 1 nach Hauptantrag
Unstrittig ist aus der HL12 eine intrakardiale Pumpvorrichtung zur perkutanen Einführung nach den Merkmalen 1 bis 3 bekannt, wie dies auch in der zugehörigen europäischen Patentschrift angegeben ist (vgl. HL7 Abs. [0005]: “Eine Pumpvorrichtung, von der der Oberbegriff des Patentanspruchs 1 ausgeht, ist beschrieben, in U.S.5,061,256 A….”). Diese intrakardiale Pumpvorrichtung zur perkutanen Einführung (“percutaneously inserted”) [= Merkmal 1] weist eine Pumpe (blood pump (10)) [= Merkmal 2] auf (vgl. HL12 Sp.3 Z.14-18: “FIG. 1 shows, in schematic form, the environment in which the invention is used. When heart assist is needed in an emergency or for other medical reasons, a miniature intravascular blood pump 10 is percutaneous inserted into the femoral artery (not shown)...”), die am proximalen Ende mit einem Katheter (vgl. HL12 Fig.1) und deren Saugseite mit einer flexiblen Kanüle (inflow cannula 16) verbunden ist (vgl. HL12 Sp.3 Z.52-54: “The cannula 16 is formed from a tube 32 of soft silicon rubber which, …”)[= Merkmale 2.1 und 2.2]. Am distalen Ende der Kanüle (16) befindet sich eine Einlassöffnung (intake opening 46) und proximal von dieser sind an der Kanüle mehrere Hilfsöffnungen (auxiliary openings 48) vorgesehen.
Die Spitze (38) stellt einen Fortsatz gemäß Merkmal 4 dar. Dabei steht der Übereinstimmung mit Merkmal 4 nicht entgegen, dass noch weitere Einlassöffnungen angebracht sind. Die Hilfsöffnungen (auxiliary openings 48) sind ebenfalls als Einlassöffnungen anzusehen. Wird die flexible Spitze umgebogen (vgl. HL12 Sp.4 Z.42-44: „Depending upon which sinus 28 the tip 38 contacts, it may fold forward (FIG.6) or backward (FIG. 7).“), wird die Öffnung (46) zumindest teilweise eingeengt und damit dienen die Hilfsöffnungen als Saugöffnungen, die distal zu der Spitze (38) liegen. Bereits in diesem Fall ist das Merkmal 4 erfüllt.
Insbesondere kann jedoch bereits die Spitze nach HL12 – auch ohne die Hilfsöffnungen (auxiliary openings 48) - als Fortsatz (seitliche Verlängerung) der Kanüle gesehen werden. Gezeigt wird diese Funktion als Fortsatz beispielsweise in der HL12 Fig. 6 und 7:
Als Einlassöffnung ist dabei der runde, im Querschnitt einen Vollkreis bildende Einlass am Ende der (Voll-)Kanüle zu sehen, als Fortsatz die flexible Spitze, die sich umklappen lässt (vgl. HL12 Sp.2 Z.44-50: „It is another object of the invention to accomplish this purpose by using a cannula with a spring-loaded curve and a soft, flexible tip which is beveled toward the inside of the curve and is capable of temporarily folding upon itself upon encountering the aortic valve so as to center the cannula for penetration through the aortic valve“).
Diese weiche, ausgeschnittene Kanülenspitze aus Silikon dient aufgrund ihrer Form und des Materials (soft silicon, vgl. auch HL12 Sp.1 Z.48ff: „The present invention fulfills this requirement by providing a wire-reinforced silicon rubber cannula which has a spring-loaded curve built into it. … The cannula of this invention carries at its leading end a soft, beveled tip which is so positioned with respect to the built-in curve that the tip tends to point inwardly of the curve.“) als flexible Spitze, die durch Umklappen das Einführen erleichtert. Damit ist die Spitze lediglich als mechanische Verlängerung der Kanüle (inflow cannula 16) anzusehen.
Die HL12 stellt deshalb, so wie die Beklagte es in dem die Priorität der Anmeldung des Streitpatents in Anspruch nehmenden Patent EP 1 651 290 B1 auch selbst angegeben hat, neuheitsschädlichen Stand der Technik gegenüber dem erteilten Anspruch 1 dar.
2. Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 1 bis 3, 4 bis 6, 6a, 7 bis 12
Auch soweit das Streitpatent nach den Hilfsanträgen 1 bis 3, 4 bis 6, 6a, 7 bis 12 verteidigt wird, erweist sich der jeweilige Patentanspruch 1 nicht als neu (Hilfsanträge 1 bis 3) bzw. hinsichtlich der Hilfsanträge 4 bis 6, 6a, 7 bis 12 für den angesprochenen Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt (§ 21 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 3, 4 PatG).
2.1 Hilfsantrag 1
Die Vorrichtung von Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Hauptantrag lediglich darin, dass der Fortsatz als nichtsaugend präzisiert wurde.
Wie bereits oben erläutert, ist die weiche, flexible Spitze der HL12 lediglich als mechanische Verlängerung anzusehen. Aufgrund der stark abgeschnittenen Form, insbesondere auch durch den Einschnitt zwischen Kanülenende und Spitze (vgl. HL12 Fig.10) kann durch das flexible Kanülenende keine relevante Ansaugwirkung erreicht werden, da durch die wesentliche Verjüngung des Querschnitts des Fortsatzes kein Ansaugen möglich ist.
Somit ist die hydraulische Funktion der Spitze vernachlässigbar und die Spitze nach der HL12 erfüllt die Eigenschaft eines flexiblen, nichtsaugenden Fortsatzes nach Merkmal 4A2.
Damit bleibt die HL12 auch insoweit neuheitsschädlich.
2.2 Hilfsantrag 2
In Hilfsantrag 2 wird gegenüber Hilfsantrag 1 das Merkmal des erteilten Anspruchs 6 aufgenommen, dass der Außendurchmesser des Fortsatzes kleiner ist als derjenige der Kanüle (15). Dieses Merkmal erfüllt aufgrund der abgeschrägten Form auch die Spitze in der Kanüle der HL12, da der Außendurchmesser stetig verringert wird. Damit ist das Merkmal nach Hilfsantrag 2 nicht für eine Abgrenzung gegenüber der HL12 geeignet.
2.3 Hilfsantrag 3
In Hilfsantrag 3 wird gegenüber dem Hauptantrag das Merkmal 4a aufgenommen, dass sich der Fortsatz an einen am distalen Ende (13) der Kanüle (15) ausgebildeten Saugkopf (16) anschließt. Wie oben erläutert, ist der Saugkopf gemäß dem Streitpatent lediglich als Bereich der Kanüle mit den Einlassöffnungen anzusehen. Diese Definition erfüllt auch der Bereich der Kanüle mit der Endöffnung und den Hilfsöffnungen (48), d.h. der Endbereich der Kanüle mit vollem Durchmesser.
Selbst wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt wird und ein Saugkopf als strukturelles Teil angesehen wird, so liegt diese Ausbildung im fachmännischen Handeln, da der Fachmann eine Differentialbauweise zur einfachen Fertigung regelmäßig in Betracht ziehen wird.
2.4 Hilfsantrag 4
Der Hilfsantrag 4 enthält gegenüber dem Hauptantrag das Merkmal 4A5, dass die Einlassöffnungen (17) an einem expandierbaren Ansaugkorb (40) vorgesehen sind, der einen Einlauftrichter (41) enthält.
Dem Fachmann war es aus dem Stand der Technik bekannt und geläufig, in den Körper eingebrachte Kanülen durch Expandieren aufzuweiten, wenn sie die gewünschte Position erreicht haben, um die gewünschte Funktionalität zu verbessern (siehe exemplarisch HL17 S.3 letzter Absatz- S.4 zweiter Absatz: „Die Kanüle ist im eingeschnürten Zustand bei Raumtemperatur "eingefroren", d.h. der Nitinoldraht befindet sich im plastischen Bereich unterhalb der Glasübergangstemperatur. Wird sie infolge der Körperwärme auf Körpertemperatur erwärmt, nimmt sie den expandierten Zustand mit vergrößertem Durchmesser im superelastischen Zustand ein…. Die Kanüle kann auch aus einem in den expandierten Zustand vorgespannten elastischen Material bestehen, welches beim Einführen in den Körper mechanisch zusammengedrückt wird und im Innern des Blutgefäßes auseinandergeht.“). Hierfür werden häufig rückstellfähige Materialien verwendet.
Eine Blutpumpe mit einer Kanüle aus einer expandierbaren Gitterstruktur ist in der HL48 gezeigt (siehe Anlage zum Protokoll, da dort die Fig.1 aus der HL48 in verbesserter Auflösung – aber mit zusätzlichen Anmerkungen – gezeigt ist).
Dieses Pumpengehäuse stellt einen Einlauftrichter gemäß dem Hilfsantrag 4 dar. So zeigt es ein Drahtgeflecht in expandiertem Zustand, bei dem der proximale, mit einer Polyurethan-Folie überzogene kegelförmige Teil einen Trichter bildet. Der distale kegelförmige Teil weist aufgrund der Gitterstruktur Einlassöffnungen auf, durch die das mit dem im Trichter befindlichen Rotor gepumpte Blut einströmt.
Obwohl die Pumpe nach der HL48 sich von der patentgemäßen Pumpe darin unterscheidet, dass sich das Förderelement (Rotor) innerhalb des Einlauftrichters befindet, zeigt dennoch auch diese Pumpe die technische Lehre gemäß Merkmal 4A5, wonach durch den Einlauftrichter ein größerer Einlaufbereich und damit eine Verringerung der Verwirbelung in diesem Bereich erreicht wird.
Der Fachmann war deshalb veranlasst, zur Verringerung der Verwirbelung in der HL12 den Einlaufbereich analog zur HL48 ausgestalten und das Kanülenende als einen trichterförmigen Ansaugkorb analog zur HL48 auszubilden. Er wird dabei jedoch nicht die Vorteile der weichen, flexiblen Kanülenspitze aufgeben und daher die Kanülenspitze nach dem Ansaugkorb ebenfalls weich und flexibel ausbilden. Damit ist der Fachmann jedoch bei den strukturellen Merkmalen des Gegenstandes nach Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 4 angelangt, ohne erfinderisch tätig zu werden.
Der von der Beklagten angeführte Vorteil, dass bei der Verwendung eines Trichters der anzulegende Unterdruck nicht so hoch sein muss wie bei anderen Formen, kann die erfinderischen Tätigkeit nicht begründen, da – wie oben dargelegt – die Trichterform bereits aus anderen Gründen nahe gelegt ist.
2.5 Hilfsanträge 5 und 6
Den Fortsatz mit einem Außendurchmesser auszubilden, der kleiner ist als derjenige der Kanüle [Merkmal 4A6], liegt für den Fachmann aufgrund seines Fachkönnens unmittelbar auf der Hand, um das Einführen zu erleichtern. Weiter ergibt sich aufgrund der Expansion des Ansaugkorbs, dass dieser im aufgeweiteten Zustand einen Außendurchmesser hat, der größer als derjenige der Kanüle ist [Merkmal 4A5‘].
Die Merkmale nach den Hilfsanträgen 5 und 6 können damit keinen eigenständigen erfinderischen Gehalt der jeweiligen Lehre begründen.
2.6 Hilfsantrag 6a
Auch das Gehäuse der Pumpe nach HL48 ist aus einem flexiblen Polymerschirm (Drahtstruktur mit Polyurethan-Umhüllung) ausgeführt. Damit teilt der Anspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 6a die Beurteilung der vorausgehenden Hilfsanträge 4 bis 6.
2.7 Hilfsantrag 7
Die Pumpvorrichtung nach Anspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 7 präzisiert den flexiblen Fortsatz dahingehend, dass dieser eine Pigtail-Spitze aufweist.
2.7.1. Ausgehend von der objektiven Aufgabe, wie sie auch im Streitpatent erst für die mit Hilfsantrag 7 verteidigte Lehre unter Verwendung einer Pigtail-Spitze zutreffend formuliert ist, sieht der Senat die HL12 und die HL17 als den für den Fachmann erkennbar relevanten und Erfolg versprechenden Stand der Technik und Ausgangspunkt für eine Problemlösung an.
Allerdings ist die im Streitpatent genannte Aufgabe im Hinblick auf das, was die Lehre des Streitpatents nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet, objektiv zu erweitern auf die weitere Teilaufgabe der Erleichterung beim Einführen und Verlegen des Katheters und damit der Verringerung der Gefahr eines atraumatischen Einführens sowie eine verbesserte Platzierung der Kanüle, die ebenfalls mit einer Pigtail-Spitze gelöst wird.
2.7.2. Wie bereits ausgeführt, lehrt die HL17 eine intrakardiale Pumpvorrichtung zur perkutanen Einführung mit den Merkmalen 1 bis 4 und außerdem die Vorteile einer weichen Kanülenspitze im Hinblick auf eine atraumatische Platzierung der Kanüle. Der Fachmann, der die relevante HL12 heranzog, erkannte, dass auch unter Berücksichtigung dieser Lehre weiterhin das Problem des Festsaugens (z.B. beim Umbiegen mit Auslass nach außen) und des Platzierens besteht. Der Fachmann war deshalb veranlasst, nach anderen vorteilhaften Kanülenspitzen zu suchen, die eine atraumatische Platzierung auch ohne Wegklappen ermöglichen.
2.7.3. Eine solche vorteilhafte flexible Kanülenspitze in Ausgestaltung der Pigtail-Spitze war dem Fachmann am Anmeldetag des Streitpatents in mehrfacher Weise aus dem Stand der Technik bekannt (vgl. u.a. HL30 und HL31).
Auch aus den Schriften HL18, HL33, HL34 erhielt er Anregungen zum Einsatz einer flexiblen (Pigtail-)Spitze zur atraumatischen Platzierung und zum Vermeiden des Festsaugens:
So ist in der HL34 beispielsweise explizit erläutert, dass die gebogene Form der Katheterspitze die Gefahr des Festsaugens verhindert (vgl. HL34 Sp.3 Z.46-50: “As can be seen in the FIG. 1, the tip 5 is curved away from the axis of the catheter body in the direction in which the suction inlet 4 is pointing. As a result, the suction inlet 4 is at all times kept at a certain distance from the wall of a blood vessel into which the catheter has been introduced.”).
Analog sieht die HL33 (Sp. 7 Z. 61-64) diese Vorteile (vgl. HL33 Sp.8 Z.14-17: “The inlet 41a is located on the same side of the catheter 14 as the pigtail to prevent obstruction of the inlet 41a when the catheter contacts the ventricular wall.”)
Auch die HL18 spricht den Vorteil des atraumatischen Einführens und Platzierens eines Katheters mit Pigtail-Spitze an (vgl. HL18 Sp.2 Z.47-50: “The bevelled tip used in this invention also provides improvements in facilitating the negotiation of the distal catheter end through the aortic arch and the aortic valve with a minimization of resistance and difficulty.”, Z.59-63: “Such an improvement allows for easier maneuvering of the catheter through the aortic arch into the left ventricle, minimizing trauma, and with less likelihood of subsequent premature ventricular contractions.”, Fig.1)
Eine Erleichterung beim Einführen und Verlegen des Katheters mit einer Pigtail-Spitze erwähnt auch die HL32 (vgl. HL32 Sp.1 Z.67-Sp.2 Z.5: “Three variations of pigtail catheters are discussed, … However, all of these structures there presented are adapted primarily to facilitate the femoral approach to pulmonary arteriography.”)
Der Umstand, dass sich die HL32 mit der Angiographie befasst und damit nicht mit dem Problem des Ansaugens an der Herzwand, ändert an der verbleibenden Problemstellung einer Verringerung der Gefahr eines atraumatischen Einführens und verbesserten Platzierens und der durch die HL32 vermittelten Lösung des Problems nichts.
Der Fachmann erkannte danach ohne weiteres aufgrund der ihm bekannten Vorteile der Pigtail-Spitze, dass er diese auch bei einem Katheter nach der HL12 vorteilhaft einsetzen und die Einlassöffnung am Kanülenende entweder analog zum Saugkopf nach der HL48 als Drahtgeflecht proximal zur Pigtail-Spitze ausbilden konnte, oder an der Öffnung den Pigtail-Fortsatz direkt ausbilden und die Hilfsöffnungen (48) vergrößern konnte, womit die Notwendigkeit einer Öffnung am Ende des Pigtails entfiel. Der Fachmann war damit naheliegend beim Gegenstand des Anspruchs 1 angelangt.
2.7.4. Der Fachmann hatte auch bei einer angestrebten Verbesserung der Platzierung in der HL17 einen deutlichen Hinweis, wie diese zu realisieren war.
Die HL17 zeigt eine intrakardiale Pumpvorrichtung zur perkutanen Einführung (vgl. HL17 S.3 Abs. 2: “Die Pumpeneinheit kann daher nach Art eines Katheters durch Punktion eines Blutgefäßes, z.B. einer Vene, in den Körper eingeführt werden.”).
Die Pumpe (Pumpeneinheit 10) ist am proximalen Ende mit einem Katheter (13) und am distalen Ende mit einer Kanüle (18) verbunden, welche entfernt von der Pumpe Öffnungen (17, 19, 24) aufweist, die je nach Drehrichtung des Flügelrads Einlass- oder Auslassöffnungen darstellen (vgl. HL17 S.6 Abs.2: “Die in den Fign.1 und 2 dargestellte Pumpe weist eine Pumpeneinheit 10 aus einem Antriebsteil 11 und einem Pumpenteil 12 auf. Der Antriebsteil 11 …. Sein proximales Ende ist mit einem Katheter 13 verbunden, der ein durchgehendes Katheterlumen enthält und durch den auch die Drähte für die Versorgung des im Antriebsteil 11 enthaltenen Elektromotors verlaufen. …
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Der Pumpenteil 12 ist in axialem Abstand von dem Antriebsteil 11 angeordnet und mit diesem durch längslaufende Stege 16 verbunden. Die Stege 16 überbrücken die
Öffnung 17, die die Auslassöffnung oder die Einlassöffnung der Pumpe bildet, in Abhängigkeit von der Drehrichtung und Ausführungsform des Flügelrades 14…..”, (vgl. Fig.1 und 2) [= Merkmale 1 bis 3]. Am Ende der Kanüle (18) befindet sich ein starres Kopfstück (22) (vgl. HL17 S.6 Abs.3: „Am distalen Ende der Kanüle 18 befindet sich ein starres Kopfstück 22, das sich vom distalen Ende nach proximal hin erweitert und eine Öffnung 23 für den Durchtritt eines Führungsdrahtes aufweist.“)
In der HL17 wurde bereits erkannt, dass eine weiche Kanülenspitze eine atraumatische Platzierung der Kanüle in der Aortenklappe ermöglicht (vgl. HL17 S.11: “Vorzugsweise ist das distale vordere Kanülenende weich und die Härte der Kanüle nimmt in rückwärtiger Richtung zu. Die weiche Kanülenspitze ermöglicht eine atraumatische Platzierung der Kanüle in der Aortenklappe.”).
Die HL 17 lehrt deshalb nicht nur ein flexibles Katheterende, wenn auch nicht in dem Maße wie bei einer Pigtail-Spitze, sondern weist auch ausdrücklich auf die Probleme hin, welche die angegriffene Lehre nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 unter anderem löst. Selbst wenn der Fachmann die weiche Kanülenspitze noch nicht als „flexible“ Kanülenspitze ansehen würde, so ergibt sich für ihn aus der HL17 dennoch die Anregung, die Kanülenspitze weiter in diese Richtung zu verbessern.
Der Fachmann konnte deshalb bei einer angestrebten Verbesserung der Platzierung der HL17 einen deutlichen Hinweis entnehmen, wie diese zu erreichen war. Das gilt ebenso bzw. umso mehr als der Fachmann insbesondere auch die mit der Platzierung des Katheters verbundene Gefahr eines Ansaugens der Einlassöffnung der Kanüle an der Herzwand weiter verringern oder gar ausschalten wollte. Der Fachmann wird daher – analog zur oben genannten Argumentation – aufgrund der bekannten Vorteile der Pigtail-Spitze diese auch bei einem Katheter nach der HL17 einsetzen und hierzu die Spitze als Pigtail ausbilden.
2.7.5. Insoweit sieht der Senat den Einsatz einer Pigtail-Spitze auch als Ausdruck eines allgemeinen Fachwissens i.S. eines Standard-Repertoires (BGHZ 200, 229 = GRUR 2014, 461 - Kollagenase I; BGH GRUR 2014, 647 – Farbversorgungssystem), da die Pigtail-Spitze belegt ist für eine Vielzahl von Anwendungsfällen als ein in Betracht zu ziehendes Mittel, bei dem sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen.
2.7.6. Entgegen der Rechtsauffassung der Einspruchsabteilung des EPA sieht der Senat insbesondere in der Tatsache, dass die Pigtail-Spitze im umfänglichen Stand der Technik nicht in dem ganz konkreten Verwendungszusammenhang oder in einer nicht eins zu eins passenden Ausgestaltung eines Herzkatheters gelehrt wird - wie bei einer Kanüle nach HL 32 mit weiterem z.B. zur Druckmessung ausgestalteten Lumen und einer Eintrittsöffnung, bei Kanülen ohne Einlassöffnungen oder zur Druckmessung, wie einem Katheter nach HL 33 - keine besonderen Umstände, welche im Sinne von BGH GRUR 2014, 647 – Farbversorgungssystem eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen oder welche der Annahme entgegenstehen, der Fachmann erhalte deshalb keine hinreichenden Anstöße oder Anregungen, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
Die Annahme, eine intrakardiale Pumpe mit einer Kanüle mit einem Lumen sei mit einer mehrlumigen Kanüle nicht kombinierbar, da für den Fachmann nicht deutlich sei, wie die Integration der anderen Lumen zu realisieren wäre, lässt bereits die Grundprämisse unberücksichtigt, dass die Erkenntnis des Fachmanns und die Kenntnis eines verwendbaren Stands der Technik oder sogar eines Standard-Repertoires selbstverständlich nicht mit der Übernahme der gesamten Lehre gleichzusetzen ist, in deren Zusammenhang er die Anwendung des maßgeblichen Stands der Technik oder des Standard-Repertoires kennt.
Insoweit können keine ernsthaften Zweifel bestehen, dass die Erkenntnis des maßgeblichen Fachmanns, die er aus der Lehre im Stand der Technik und der beschriebenen Vorteile einer Pigtail-Spitze zieht, sich ohne weiteres unter Einsatz einfachster Überlegungen nicht nur auf die in Rede stehenden konkreten Ausgestaltungen von mehrlumigen Kathetern oder primär anderen Zwecken dienenden Kathetern im Stand der Technik reduziert, da die genannte und durch eine Pigtail-Spitze gelöste Problemstellung genau dieselbe oder jedenfalls vergleichbar ist; danach steht die Anwendung des Standard-Repertoires vorliegend zu der vom Fachmann als Ausgangspunkt für eine Problemlösung herangezogenen Lehre nicht in Widerspruch (vgl. hierzu BPatG MittdtschPatAnw 2016, 313 – Tongeber), sondern in Einklang. Insoweit ist ferner zu bedenken, dass sich die Erkenntnis des Fachmanns im Rahmen der erfinderischen Tätigkeit auch nicht ausschließlich auf den unmittelbaren Offenbarungsgehalt einer Schrift reduziert, sondern unter Einsatz fachmännischer Kenntnis und ergänzender Analyse des Offenbarten und daraus abgeleiteter naheliegender Erkenntnis gewonnen wird.
2.8 Hilfsanträge 8 und 9
Die Beurteilung des Hilfsantrags 8 entspricht derjenigen zu den Hilfsanträgen 3 und 7, die Beurteilung des Hilfsantrags 9 entspricht derjenigen zu den Hilfsanträgen 4 und 7, da hier nur eine Aggregation der jeweiligen Merkmale erfolgt. Deren Lehre beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.9 Hilfsantrag 10
Die Länge des Fortsatzes (10 bis 30 mm) wird der Fachmann an die anatomischen Gegebenheiten des Herzens anpassen. Somit gelangt der Fachmann bereits bei seinen orientierenden Versuchen auf eine Maximallänge gemäß Hilfsantrag 10, die durch die Größe der Herzkammer vorgegeben ist. Die Minimallänge von 10 mm ist ebenfalls als fachmännische Maßnahme anzusehen, die keine erfinderische Auswahl begründet.
2.10 Hilfsanträge 11 und 12
Die Länge der Kanüle (40 bis 70 mm), die Pumpleistung (2 bis 3 l/min) und den Außendurchmesser (etwa 4 mm) wird der Fachmann aufgrund medizinischer Indikatoren wählen und dabei in nahe liegender Weise zu den Eigenschaften nach den Hilfsanträgen 11 oder 12 gelangen. Auch ein Synergieeffekt, aufgrund dessen eine erfinderische Tätigkeit begründet werden könnte, ist weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.
3. Da die Beklagte erklärt hat, die Unteransprüche nicht isoliert verteidigen zu wollen, bedürfen diese keiner gesonderten Prüfung.
VII.
Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.
Beschluss
betreffend das deutsche Patent 103 36 902
hier: Berichtigung des Urteils vom 15. November 2016
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 20. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Engels, des Richters Dipl.-Phys. Univ. Dr. Müller, des Richters Dipl.-Ing. Veit, der Richterin Dorn und der Richterin Dipl. Phys. Univ. Zimmerer
beschlossen:
Das am 15. November 2016 verkündete, der Klägerin am 17. Januar 2017 und der Beklagten am 23. Januar 2017 zugestellte Urteil 4 Ni 42/14 wird im Tatbestand dahingehend berichtigt, dass es unter Ziff. V.2.4 im dritten Absatz wie folgt lautet:
„Eine Blutpumpe mit einer Kanüle aus einer expandierbaren Gitterstruktur ist in der HL48 gezeigt (siehe Anlage zum Protokoll, in welcher eine von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung mit Bezug auf die HL48 vorgelegte Figur hoher Auflösung, versehen mit von der Klägerin vorgenommenen Anmerkungen und grafischen Darstellungen gezeigt ist).“
Gründe:
In der vorliegenden Sache war auf Antrag der Beklagten vom 6. Februar 2017 und nach Anhörung der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 24. Februar 2017) das am 15. November 2016 verkündete Urteil 4 Ni 42/14 nach § 96 Abs. 1 PatG wegen einer Unrichtigkeit des Tatbestandes wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich zu berichtigen.
Enthält der Tatbestand der Entscheidung „andere“ Unrichtigkeiten (als die in § 95 Abs. 1 PatG genannten Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten) oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung beantragt werden (§ 96 Abs. 1 PatG).
1 . Die Beklagte hat den Berichtigungsantrag entgegen dem Zulässigkeitseinwand der Klagepartei rechtzeitig gestellt. Das Urteil vom 15. November 2016 wurde dem Beklagtenvertreter ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. 670 d. A.) am Montag, 23. Januar 2017 zugestellt. Soweit die Beklagte in ihrem Antrag vom 6. Februar 2017 anführt, das Urteil sei ihr am 20. Januar 2017 zugestellt worden, handelt es sich daher offensichtlich um einen Schreibfehler. Damit begann die Frist für den Antrag auf Tatbestandsberichtigung am 24. Januar 2017 und endete mit Ablauf des 6. Februar 2017 (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 222 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB), so dass der am 6. Februar 2017 per Fax eingegangene Antrag fristgemäß erfolgte.
Die betreffende Passage befindet sich zwar in den Entscheidungsgründen des Urteils. Tatbestand i. S. d. § 96 PatG sind jedoch alle Teile einer Entscheidung, die Feststellungen über das Parteivorbringen enthalten. Sie können in der eigentlichen Sachdarstellung, aber auch in den Entscheidungsgründen enthalten sein (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 96 Rn. 3 m. w. N.). So liegt der Fall hier, da die fragliche Anlage zum Protokoll vom 15. November 2016, auf die in dem zu berichtigenden Klammerzusatz verwiesen wird, von der Klägerin im Termin übergeben wurde und deren korrekte Bezeichnung damit zu den Feststellungen über das Parteivorbringen gehört.
2. Der zulässige Berichtigungsantrag der Beklagten hat insoweit Erfolg, als die Berichtigung des Tatbestands zwar nicht antragsgemäß, aber wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich erfolgt.
Unter Ziff. V.2.4, 3. Absatz, des Urteils vom 15. November 2016 heißt es derzeit:
„Eine Blutpumpe mit einer Kanüle aus einer expandierbaren Gitterstruktur ist in der HL48 gezeigt (siehe Anlage zum Protokoll, da dort die Fig. 1 aus der HL48 in verbesserter Auflösung - aber mit zusätzlichen Anmerkungen - gezeigt ist).“
Der obige Klammerzusatz ist jedoch insofern unrichtig, als es sich bei der Zeichnung gemäß Anlage zum Protokoll nicht um die originäre Figur 1 aus der HL48 lediglich in verbesserter Auflösung und mit zusätzlichen Anmer-kungen handelt, sondern um eine gegenüber dieser Figur veränderte Zeichnung. Zwar hat die Figur 1 aus der HL48 dieser Zeichnung offenbar als Vorlage gedient, wie auch ein Vergleich mit den von der Klägerin im Schriftsatz vom 24. Februar 2017 vorgelegten HL51 bis HL54 zeigt. In der im Termin überreichten Zeichnung ist jedoch der Bildausschnitt ein anderer (die linke Seite aus dem Original der Fig. 1 aus der HL48 wurde abgeschnitten) und nach rechts hin wurde das Bild offensichtlich verlängert und dort ein flexibler Fortsatz (Pigtail) graphisch dargestellt. Daneben wurden - abgesehen von den nachträglichen schriftlichen Anmerkungen - noch weitere grafische Darstellungen vorgenommen, wie beispielsweise die rote Einfärbung des mit „flexibler Poymerschirm (Polyurethan)“ bezeichneten Bereichs der Kanüle sowie die Hinzufügung mehrerer blauer Balken in der Mitte.
Soweit die Beklagte beantragt, den fraglichen Klammerzusatz wie folgt zu formulieren (Änderungen gegenüber dem Urteil durch- bzw. unterstrichen)
„… (siehe Anlage zum Protokoll, da dort in welcher eine in dem klägerischen Schriftsatz mit Bezug auf die Fig. 1 aus der HL48 wiedergegebene Figur hoher in verbesserter Auflösung – aber mit zusätzlichen Anmerkungen – gezeigt ist).“
kann dem in dieser Form nicht entsprochen werden. Denn die als Anlage zum Protokoll übergebene Zeichnung stimmt auch nicht mit der in dem klägerischen Schriftsatz vom 7. November 2016 auf Seite 4 wiedergegebenen Abbildung überein. Denn zum einen ist der Bildausschnitt der im Termin überreichten Zeichnung ein anderer (linke Seite abgeschnitten), zum anderen ist bei ihr das Bild nach rechts hin offensichtlich verlängert und in diesem Bereich ein flexibler Fortsatz (Pigtail) graphisch dargestellt worden, der in der im klägerischen Schriftsatz enthaltenen Abbildung ebenfalls fehlt. Der Tatbestand war daher vor dem o. g. Hintergrund wie im Beschlusstenor ersichtlich zu ändern.
Die Einwände der Klägerin gegen die Berichtigung greifen nicht durch. Soweit sie vorträgt, die Beklagte habe nicht bestritten, dass die in der Verhandlung gezeigte Zeichnung der Figur 1 aus der HL48 wie eingereicht in verbesserter Auflösung entspreche, sie zudem schon länger Kenntnis hiervon gehabt und sich auch nicht gegen ihre Verwendung im Termin verwahrt habe, ändert dies nichts an dem Umstand, dass die beiden in Rede stehenden Figuren (Figur 1 aus der HL48 und die als Anlage zu Protokoll überreichte Zeichnung) eben nicht übereinstimmen (s. o.). Abgesehen davon hat die Klägerin dies bislang auch weder schriftsätzlich noch im Termin zur mündlichen Verhandlung konkret behauptet.