Entscheidungsdatum: 19.10.2011
In der Patentnichtigkeitssache
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betreffend das deutsche Patent 198 24 238
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 19. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Friehe und die Richter Dipl.-Phys. Dr. Müller, Dipl.-Ing. Veit und Dipl.-Phys. Dr. Friedrich
für Recht erkannt:
1. Das deutsche Patent 198 24 238 wird im Umfang der Patentansprüche 14 bis 16 für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist im Register eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 198 24 238 (Streitpatent), das am 29. Mai 1998 unter Inanspruchnahme einer US-Priorität vom 21. November 1997 angemeldet wurde und in Kraft ist. Das Patent betrifft eine Vorrichtung zur Entnahme von Körperflüssigkeitsproben zur Analyse oder Verarbeitung und umfasst 16 Ansprüche, von denen die Ansprüche 14 bis 16 angegriffen sind. Die angegriffenen Patentansprüche 14 bis 16 haben folgenden Wortlaut:
Nach Ansicht der Klägerin sind die Gegenstände der angegriffenen Ansprüche des Streitpatents unzulässig erweitert und nicht patentfähig.
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent 198 24 238 im Umfang der erteilten Patentansprüche 14 bis 16 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20. Mai 2011 den mit Schriftsatz vom 18. Januar 2010 erklärten Widerspruch zurückgenommen und um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten. Der Vorsitzende hat mit Schreiben vom 24. Mai 2011 darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, entsprechend der Entscheidung BPatG GRUR 2010, 137 (Oxaliplatin) das Patent im angegriffenen Umfang ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären. Von der Zustimmung der Klägerin zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren werde ausgegangen. Eine Stellungnahme der Klägerin hierzu ist nicht erfolgt.
I.
Die auf die Nichtigkeitsgründe mangelnder Patentfähigkeit (§ 22 Abs. 1 PatG i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) sowie unzulässiger Erweiterung des Streitpatents (§ 22 Abs. 1 PatG i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) gestützte Klage ist zulässig und begründet. Da die Beklagte das Streitpatent im angegriffenen Umfang im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt, war es insoweit für nichtig zu erklären.
Aufgrund des Einverständnisses der Parteien konnte der Senat über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§§ 83 Abs. 2, 84 Abs. 1 PatG).
Die Erklärung der Beklagten, das Streitpatent, soweit es angegriffen ist, in einem bestimmten Umfang nicht mehr zu verteidigen, stellt eine wirksame Begrenzung des Streitstoffs im Nichtigkeitsverfahren dar. Sie hat zur Folge, dass das Streitpatent hinsichtlich des von der - zulässigen - Selbstbeschränkung umfassten, nicht mehr verteidigten Patentgegenstandes ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären ist, da eine sachliche Überprüfung nur im Rahmen der von den Streitparteien gesetzten Grenzen zu erfolgen hat. Dies dient der Verfahrensökonomie, indem ein ansonsten gemäß § 64 PatG erforderliches isoliertes Beschränkungsverfahren vermieden wird.
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des 3. Nichtigkeitssenats des Bundespatentgerichts an (BPatG GRUR 2010, 137 - Oxaliplatin - m. w. N.), der eine solche Handhabung auch bei einer Beschränkung auf Null für zulässig hält, zumal eine sog. „Selbstbeschränkung auf Null“ auch bisher schon in einem Teil des Schrifttums als zulässig angesehen wurde, im Zusammenhang mit der - von der Regelung des § 82 Abs. 2 PatG nicht erfassten - formellen Einlassung des Nichtigkeitsbeklagten, das Streitpatent insgesamt nicht verteidigen zu wollen. Danach ist in dieser Einlassung eine faktisch dem Anerkenntnis des Klageantrags i. S. v. § 307 ZPO vergleichbare Erklärung zu sehen, die eine Nichtigerklärung des Streitpatents unter Befreiung von der Sachprüfung ebenso rechtfertigt, wie auch bei dem Fallenlassen eines Patentanspruchs als Ganzem eine teilweise Nichtigerklärung ohne Sachprüfung erfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.