Entscheidungsdatum: 14.06.2016
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das deutsche Patent 102 07 770
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2016 unter Mitwirkung der Richterin Kopacek als Vorsitzende, der Richter Dipl.-Phys. Univ. Dr. Müller und Dipl.-Ing. Veit, der Richterin Dorn und der Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer
für Recht erkannt:
I. Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte war Inhaberin des Patents DE 102 07 770 (Streitpatents). Das Streitpatent umfasste 4 Patentansprüche und betraf eine Kanüle mit Facettenschliff.
Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2016, bei Gericht per Telefax eingegangen am selben Tag, hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie auf das Streitpatent verzichtet hat. Eine Kopie der Verzichtserklärung vom 6. Juni 2016 gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt hat sie dem Schriftsatz beigefügt (vgl. Bl. 178 d. A.). Darüber hinaus hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie auch für die Vergangenheit auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Streitpatent gegenüber der Nichtigkeitsklägerin verzichtet.
Gleichzeitig hat sie angekündigt, dass sie sich der zu erwartenden Erledigungserklärung der Klägerin nicht anschließen, sondern das sich aus der etwaigen einseitigen Erledigungserklärung der Klägerin ergebende Begehren, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen, anerkennen werde, um die Kostenfolge aus Nr. 402 110 der Anlage zu § 2 PatKostG herbeizuführen.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 14 Juni 2016 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt,
der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie sich der Erledigungserklärung der Klägerin nicht anschließe. Auf den Hinweis des Senats, dass die einseitige Erledigungserklärung umzudeuten sei in einen Antrag auf Feststellung, dass sich die Hauptsache erledigt habe, hat die Beklagte erklärt, dass sie den Feststellungsantrag anerkenne.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2016 und auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2016 keine Erledigungserklärung i. S. v. § 99 Abs. 1 PatG, § 91a ZPO abgegeben, sondern ein Anerkenntnis zu der von der Klägerin abgegebenen Erledigungserklärung, was zur Folge hat, dass die Erledigung des Rechtsstreits durch Anerkenntnisurteil entsprechend § 99 Abs. 1 PatG, § 307 Abs. 1 ZPO festzustellen ist.
I.
Aufgrund des Verzichts der Beklagten auf das Streitpatent und des Umstands, dass die Beklagte die Klägerin von sämtlichen Ansprüchen aus dem Streitpatent für die Vergangenheit und für die Zukunft freigestellt hat, ist das Klagebegehren gegenstandslos geworden und die Klägerin konnte somit die Hauptsache für erledigt erklären (vgl. Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 82 Rn. 40). Vorliegend sind jedoch keine übereinstimmenden Erledigungserklärungen i. S. d. § 91a ZPO gegeben. Mangels Anschließung der Beklagten stellt sich damit die Erledigungserklärung der Klägerin einseitig dar und ist - wie den Beteiligten vom Senat in der mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2016 mitgeteilt - als Begehren dahingehend aufzufassen, dass die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt werden soll (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 91a Rn. 34).
Dieses Feststellungsbegehren hat die Beklagte - zunächst vorab im Schriftsatz vom 7. Juni 2016, wobei sie auch ausdrücklich auf die Kostenfolge von Nr. 402 110 hingewiesen hat - sowie auch in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2016 anerkannt.
Damit ist gemäß § 307 ZPO die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen, ohne dass noch in die Sachprüfung einzutreten ist. Nach § 307 ZPO kann die Beklagte den gegen sie geltend gemachten Anspruch anerkennen. Gegenstand des Anerkenntnisses ist dabei der prozessuale Anspruch, wobei es sich nicht unbedingt um ein Leistungsbegehren handeln muss. Vielmehr kann prinzipiell jede begehrte Rechtsfolge anerkannt werden. Dazu gehört auch die Erledigungsfeststellung (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1995,1073; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 37. Aufl., § 307 Rdnr. 2). Denn auch in diesem Fall begehrt die Klägerin die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien, nämlich dass das ursprünglich zulässige und begründete Klagebegehren durch ein nachträgliches Ereignis undurchsetzbar geworden ist. Dies betrifft nicht die Anerkennung von Tatsachen, die nicht Gegenstand eines Anerkenntnisses nach § 307 ZPO sein können, hier etwa das erledigende tatsächliche Ereignis selbst, sondern die Rechtsfolge, die das erledigende Ereignis herbeigeführt hat, dass nämlich das ursprüngliche Klagebegehren wegen einer Veränderung der Tatumstände (vorliegend aufgrund des Verzichts auf das Streitpatent) aus Rechtsgründen nicht mehr durchgesetzt werden kann. Daher steht vorliegend einem wirksamen Anerkenntnis in Bezug auf die seitens der Klägerin erklärte Erledigung des Rechtsstreits auch nicht entgegen, dass im Patentnichtigkeitsverfahren ein Anerkenntnis in der Hauptsache, d. h. in Bezug auf die mit der Nichtigkeitsklage grundsätzlich begehrte Feststellung der Nichtigkeit des Streitpatents, grundsätzlich nicht möglich ist (vgl. BPatG Urt. v. 07.08.2014 – 2 Ni 2/12). Aufgrund des nach Auffassung des Senats prozessrechtlich zulässigen Vorgehens ist daher entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht von einer bloßen Scheinerklärung der Beklagten mit dem Ziel der Kostenersparnis auszugehen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 84 Abs. 2 PatG, 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 1, 713 ZPO.