Entscheidungsdatum: 11.05.2016
Zum Wert des Beschwerdegegenstands für die Beschwerde gegen einen zur Auskunftserteilung verpflichtenden Beschluss.
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 18. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. Dezember 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert: bis 1.000 €
I.
Der Antragsgegner macht gegen seine frühere Ehefrau, die Antragstellerin, Zugewinnausgleich geltend. Nachdem er bereits teilweise Auskünfte erhalten und einen bezifferten Teilantrag gestellt hatte, hat er im Rahmen eines Stufenantrags weitere Auskunft sowie die Vorlage von Belegen begehrt.
Das Amtsgericht hat die Antragstellerin verpflichtet, Auskunft über ihr Vermögen zum 27. November 2009 durch Vorlage einer geschlossenen Aufstellung mit allen Aktiva und Passiva zu erteilen (Beschlussziffer 1) und hinsichtlich der hierzu "deklarierten Vermögenswerte entsprechende Bestätigungen vorzulegen, insbesondere Bescheinigungen der Banken und anderer Träger der geführten Vermögenswerte" (Beschlussziffer 2). Darüber hinaus hat es die Antragstellerin verpflichtet, Jahresberichte und Jahresabschlüsse für die Jahre 2009, 2012 und 2013 für das von ihr betriebene Hotel sowie Buchungen mit Buchungstext zu im Einzelnen bezeichneten Konten bestimmter Gewinn- und Verlustrechnungen für das Hotel vorzulegen.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen, weil der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht sei. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Sie ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragstellerin in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip), das den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013 - XII ZB 167/11 - FamRZ 2013, 1117 Rn. 4 mwN).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
a) Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Die Mindestbeschwer werde nicht erreicht, weil der hier maßgebliche Gesamtaufwand der Antragstellerin für die Erteilung der Auskunft den Wert von 600 € nicht übersteige. Für die Erstellung der geschlossenen Aufstellung fielen allenfalls fünf Stunden an. Insoweit werde gemäß § 21 JVEG ein maximaler Betrag von 14 € pro Stunde zugrunde gelegt. Die Vorlage der Bescheinigungen sei mit einem geschätzten Zeitaufwand von 15 Stunden zu erfüllen und bedinge Kopierkosten von maximal 5 €. Für die Vorlage der Jahresberichte und Jahresabschlüsse sei maximal eine Stunde sowie für Kopien ein Betrag von 15 € nötig, für die Buchungskonten werde ein Kostenaufwand von 142,80 € nicht überschritten. Daraus errechne sich ein Gesamtaufwand von 435 €.
Ein den Verfahrenswert erhöhendes schützenswertes Geheimhaltungsinteresse habe die Antragstellerin nicht vorgetragen. Ebenso wenig erhöhe die mögliche Zwangsvollstreckung des Titels die Beschwer. Insbesondere sei die Verpflichtung zur Vorlage von Belegen die Vermögensaufstellung betreffend vollstreckbar. Die hinreichende Bestimmbarkeit folge insoweit aus der von der Antragstellerin vorzulegenden Aufstellung, anhand derer die geschuldete Belegvorlage dann hinreichend bestimmbar sein werde.
b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, wonach sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach dem Interesse des Rechtsmittelführers richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Die Rechtsbeschwerde stellt dies ebenso wenig in Frage wie die tatrichterlichen Feststellungen zu dem mit der Erteilung der Auskunft verbundenen Aufwand an Zeit und Kosten sowie zu der Bewertung des Zeitaufwands. Die entsprechenden Ausführungen des Beschwerdegerichts, das im Übrigen insbesondere mit der Annahme einer Stundensatzhöhe von 14 € zugunsten der Antragstellerin gerechnet hat (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 317/14 - FamRZ 2015, 838 Rn. 22), sind rechtlich nicht zu beanstanden.
bb) Ebenfalls zu Recht hat es das Beschwerdegericht abgelehnt, ein Geheimhaltungsinteresse der Antragstellerin werterhöhend zu berücksichtigen.
Zwar kann ein solches im Einzelfall für die Bemessung des Rechtsmittelinteresses erheblich sein. Insoweit muss der Rechtsmittelführer dem Beschwerdegericht aber sein besonderes Interesse, bestimmte Tatsachen geheim zu halten, und den durch die Auskunftserteilung drohenden Nachteil substanziiert darlegen und erforderlichenfalls glaubhaft machen. Dazu gehört auch, dass gerade in der Person des die Auskunft Begehrenden die Gefahr begründet sein muss, dieser werde von den ihm gegenüber offenbarten Tatsachen über das Verfahren hinaus in einer Weise Gebrauch machen, welche die schützenswerten wirtschaftlichen Interessen des zur Auskunft Verpflichteten gefährden könnte (Senatsbeschlüsse vom 30. Juli 2014 - XII ZB 85/14 - FamRZ 2014, 1696 Rn. 9 und vom 9. April 2014 - XII ZB 565/13 - FamRZ 2014, 1100 Rn. 11 mwN).
Derartiges hat die Antragstellerin weder in den Vorinstanzen dargelegt noch mit der Rechtsbeschwerde geltend gemacht. Die allein erfolgte Berufung auf allgemeine Belange der Geheimhaltung und des Vertraulichkeitsschutzes ist nicht ausreichend (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 85/14 - FamRZ 2014, 1696 Rn. 12).
cc) Mit Erfolg macht die Rechtsbeschwerde aber geltend, die vom Amtsgericht in Beschlussziffer 2 vorgenommene Verpflichtung zur Vorlage von Belegen sei nicht vollstreckungsfähig und verursache daher zu berücksichtigende Kosten für die Abwehr der Zwangsvollstreckung, die zur Überschreitung der Grenze des § 61 Abs. 1 FamFG führten.
(1) Hat die Auskunftsverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt, erhöht sich die Beschwer nach der ständigen Rechtsprechung des Senats um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung muss der Unterhaltsschuldner gewärtigen, dass er in vollem Umfang aus dem erstinstanzlichen Titel in Anspruch genommen wird und sich hiergegen zur Wehr setzen muss (Senatsbeschluss vom 2. September 2015 - XII ZB 132/15 - FamRZ 2015, 2142 Rn. 17 mwN).
Soweit es die Verpflichtung der Antragstellerin zur Vorlage der in Ziffer 2 des amtsgerichtlichen Beschlusses als Bestätigungen bezeichneten Belege anbelangt, fehlt es der erstinstanzlichen Entscheidung an der Vollstreckungsfähigkeit. Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssen nämlich in dem Titel bezeichnet und daher jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert sein (Senatsurteile vom 5. Mai 1993 - XII ZR 88/92 - FamRZ 1993, 1423, 1424 und vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 355/81 - FamRZ 1983, 454; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 10 Rn. 350). Diese Bestimmung einem erst nach Beschlusserlass eintretenden Ereignis - hier der Vorlage der Vermögensaufstellung durch die Antragstellerin - zu überlassen, scheidet mithin aus.
(2) Es kann vorliegend auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Berücksichtigung der mit der Abwehr einer Zwangsvollstreckung aus Ziffer 2 des amtsgerichtlichen Beschlusses verbundenen Kosten zu einem Wert des Beschwerdegegenstands von über 600 € führen würde. Denn es erscheint möglich, dass diese Kosten die Differenz zwischen der vom Beschwerdegericht angenommenen Beschwer von 435 € und der Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG übersteigen.
Abzustellen ist darauf, welche Kosten der Antragstellerin entstünden, um sich gegen die Vollstreckung der Pflicht "entsprechende Bestätigungen vorzulegen" zur Wehr zu setzen. Im Verfahren der Zwangsvollstreckung können bis zu 0,6 Anwaltsgebühren (§ 18 Nr. 13 RVG i.V.m. VV RVG 3309, 3310) zuzüglich Auslagen (VV RVG 7000 ff.) und Mehrwertsteuer anfallen (vgl. auch Senatsurteil vom 10. Dezember 2008 - XII ZR 108/05 - FamRZ 2009, 495 Rn. 16). Danach bedürfte es eines Gegenstandswerts von über 2.000 €, um zu Kosten von über 165 € zu gelangen. Maßgeblich ist insoweit gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG der Wert, den die Vorlage der von Beschlussziffer 2 erfassten Bestätigungen für den Antragsgegner hat. Insoweit ist zwar nach § 42 Abs. 1 FamGKG grundsätzlich ein Bruchteil des Mehrbetrags zugrunde zu legen, den der Antragsgegner sich im Zugewinnausgleich als Folge der Aufdeckung noch nicht bekannten Privatvermögens der Antragstellerin zum Stichtag erhofft (vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 2008 - XII ZR 108/05 - FamRZ 2009, 495 Rn. 16). Dieser Bruchteil wäre hier zudem gegebenenfalls weiter zu reduzieren, weil es nicht um die Auskunft selbst, sondern lediglich um die Vorlage von die Auskunft bestätigenden Belegen geht. Nachdem jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, anhand derer sich der vom Antragsgegner erhoffte Mehrbetrag bestimmen lässt, ist zumindest denkbar, auch zur Bewertung der Pflicht zur Belegvorlage auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG von 5.000 € zurückzugreifen (vgl. Thiel in Schneider/Herget Streitwert-Kommentar 14. Aufl. Rn. 6950; Schindler in Dorndörfer/Neie/Petzold/Wendtland Beck'scher Online-Kommentar Kostenrecht [Stand: 15. Februar 2016] § 42 FamGKG Rn. 25).
Demnach könnte das Beschwerdegericht bei einer neuerlichen Wertbemessung möglicherweise zu einem 600 € übersteigenden Beschwerdewert gelangen. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Dose Klinkhammer Schilling
Botur Guhling