Entscheidungsdatum: 11.03.2015
Bei der Bemessung der Beschwer des zur Auskunft Verpflichteten ist regelmäßig davon auszugehen, dass die hierfür erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 28. November 2012, XII ZB 620/11, FamRZ 2013, 105 und vom 29. September 2010, XII ZB 49/09, FuR 2011, 110).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats als Senat für Familiensachen des Kammergerichts in Berlin vom 2. Juni 2014 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Wert: bis 600 €
I.
Die seit 1999 verheirateten Beteiligten leben getrennt. Für die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kinder, die überwiegend bei der Antragstellerin leben, hat diese im Rahmen eines Stufenantrags den - als Rechtsanwalt tätigen - Antragsgegner auf Auskunft über seine Einkünfte und auf Vorlage von Belegen in Anspruch genommen.
Das Amtsgericht hat dem Auskunftsantrag - den der Antragsgegner teilweise anerkannt hatte - mit "Teilanerkenntnis-Teilbeschluss" in vollem Umfang stattgegeben. Dabei hat es den Antragsgegner unter anderem verpflichtet, die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 vorzulegen.
Die Beschwerde des Antragsgegners hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen, weil der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht sei. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (st. Rspr., vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. April 2014 - XII ZB 486/12 - FamRZ 2014, 1012 Rn. 6 und vom 22. Januar 2014 - XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 3, jeweils mwN). Anders als die Rechtsbeschwerde meint, liegt auch kein entscheidungserheblicher Verstoß des Beschwerdegerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes sei das Interesse des Antragsgegners maßgeblich, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei sei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der Auskunft erfordere. Dieser übersteige 600 € nicht. Der Zeitaufwand für das Heraussuchen und gegebenenfalls Kopieren der Unterlagen sowie das Zusammenstellen der Daten sei mit nicht mehr als fünf Stunden einzuschätzen.
Als die erforderliche Beschwer übersteigender Aufwand komme allein derjenige für die Vorlage der Einkommensteuererklärung 2012 in Betracht, für die der Antragsgegner geltend mache, dass er sie krankheitsbedingt noch nicht erstellt habe und für die ihm daher Kosten für die Beauftragung eines Steuerberaters entstünden. Insoweit fehle es jedoch schon an einer Kausalität zwischen der vom Amtsgericht ausgesprochenen Verpflichtung und der Kostenentstehung. Denn den Antragsgegner treffe bereits aufgrund der steuerrechtlichen Vorschriften und damit unabhängig vom angefochtenen Beschluss die Pflicht zur Abgabe der Erklärung. Die Frist sei vom Finanzamt angesichts der gesundheitlichen Verhältnisse des Antragsgegners zuletzt bis zum 30. April 2014 verlängert gewesen, so dass ohnedies die Notwendigkeit zur zeitnahen Erstellung der Einkommensteuererklärung bestehe.
Soweit sich der Antragsgegner hilfsweise auf die ihm entstehenden eigenen Aufwendungen stütze, rechtfertige das ebenfalls nicht die Annahme einer 600 € übersteigenden Beschwer. Zum einen fehle es auch insoweit an der Kausalität. Und zum anderen gehe der Antragsteller von einem Zeitaufwand von 28,4 Stunden aus. Zur Bewertung dieses Zeitaufwands sei auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde. Denn durch die Auskunft, die regelmäßig in der Freizeit erteilt werde, entstehe kein Verdienstausfall. Gemäß § 20 JVEG sei daher ein Stundensatz von 3,50 € anzusetzen, so dass sich dann eine Beschwer von gerundet 100 € ergebe.
2. Dies hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde jedenfalls im Ergebnis stand.
a) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt ist der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Danach ist für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Dabei kann die vom Beschwerdegericht vorgenommene Schätzung wegen des ihm hierbei eingeräumten Ermessensspielraums im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 2. April 2014 - XII ZB 486/12 - FamRZ 2014, 1012 Rn. 11 f. und vom 11. September 2013 - XII ZB 161/13 - juris Rn. 8 f., jeweils mwN).
b) Auch bei Anlegung dieses Maßstabes erscheint allerdings die Auffassung des Beschwerdegerichts, die Kosten für die gegebenenfalls noch erforderliche Erstellung der Einkommensteuererklärung 2012 müssten schon mangels Kausalität außer Betracht bleiben, rechtlich nicht zwingend. Denn im vorliegenden Einzelfall ergibt sich die Verpflichtung des Auskunftsschuldners zur Erstellung dieser Erklärung - unterstellt, sie wurde bislang nicht angefertigt - unabhängig von steuerrechtlichen Bestimmungen daraus, dass er mit dem angegriffenen Auskunftstitel zu ihrer Vorlage verpflichtet wurde. Dies kann jedoch dahinstehen.
c) Denn selbst bei Berücksichtigung des für die Erstellung der Einkommensteuererklärung notwendigen Aufwands wird der gemäß § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht.
aa) Auch wenn die Auskunftserteilung die Erstellung einer Steuererklärung erfordert, ist für die Ermittlung der Beschwer grundsätzlich nicht auf die Kosten eines Steuerberaters abzustellen. Denn die auf einer besonderen familienrechtlichen Beziehung beruhende Auskunftspflicht nach § 1605 BGB ist persönlicher Natur und die Erfüllung mit berufstypischen Leistungen, z.B. eines Steuerberaters gegenüber Dritten, nicht vergleichbar. Daher wäre es nicht gerechtfertigt, die Bewertung danach auszurichten, welche Vergütung ein Dritter hierfür fordern könnte. Auch die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 14. Mai 2014 - XII ZB 487/13 - FamRZ 2014, 1286 Rn. 14 und vom 16. April 2008 - XII ZB 192/06 - FamRZ 2008, 1336 Rn. 17, jeweils mwN). Der Antragsgegner, der die Steuererklärungen in der Vergangenheit stets selbst erstellt hat, hat dies schon nicht behauptet.
bb) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die anfallenden Stunden seien mit einem Stundensatz von 130,90 € zu bewerten, weil der Antragsgegner anstelle der Handlungen, zu denen er verpflichtet worden sei, für diesen Stundensatz arbeiten könne.
(1) Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet (Senatsbeschluss vom 28. November 2012 - XII ZB 620/11 - FamRZ 2013, 105 Rn. 10 f. mwN).
Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28. November 2012 - XII ZB 620/11 - FamRZ 2013, 105 Rn. 14 und vom 29. September 2010 - XII ZB 49/09 - FuR 2011, 110 Rn. 7). Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen.
(2) Dies ist dem Antragsgegner nicht gelungen.
In dem von der Rechtsbeschwerde insoweit zitierten Schriftsatz gegenüber dem Beschwerdegericht hatte er ausgeführt, frühere Steuererklärungen habe er in Zeiten beruflichen Leerlaufs gefertigt, die es jetzt nicht mehr gebe. Bedingt durch Krankheit und Arbeitsüberlastung sei es ihm weder zum Zeitpunkt des amtsgerichtlichen Beschlusses noch heute möglich, Zeit für die Erstellung der Einkommensteuererklärung 2012 aufzuwenden.
Damit hat der Antragsgegner entgegen den Ausführungen der Rechtsbeschwerde bereits nicht behauptet, über keine Freizeit zu verfügen, in der er die Auskunft erteilen könnte. Vielmehr hat sich der Vortrag auf seine Arbeitszeit bezogen, in der es keinen Leerlauf mehr gebe. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Erwägung des Antragsgegners, er könne statt der geforderten Auskunftsleistungen zu einem bestimmten Stundensatz arbeiten. Dies besagt - anders als die Rechtsbeschwerde meint - insbesondere nicht, dass der Antragsgegner seine (komplette) verfügbare Zeit insgesamt für die Arbeit aufzuwenden hätte. Soweit er in einem weiteren Schriftsatz von einem "immensen Rückstand unerledigter Fristsachen" berichtet, hat er weiter darauf hingewiesen, er müsse seine ihm zur Verfügung stehende Arbeitszeit nutzen, um den Lebensunterhalt für sich und die beiden Kinder zu verdienen.
Dass ihm bei alldem keinerlei Freizeit verbleibt, lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen und wird auch durch die zur Glaubhaftmachung vorgelegten ärztlichen Unterlagen und eidesstattlichen Versicherungen nicht belegt.
cc) Daher ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht den Zeitaufwand des Antragsgegners entsprechend den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) über die Entschädigung von Zeugen bewertet und dabei auf den in § 20 JVEG festgelegten Stundensatz von 3,50 € zurückgegriffen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. April 2014 - XII ZB 486/12 - FamRZ 2014, 1012 Rn. 17 und vom 22. Januar 2014 - XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 12 mwN). In Anbetracht dieses Stundensatzes wird der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von über 600 € selbst unter Zugrundelegung der vom Antragsgegner geltend gemachten Stundenzahl deutlich unterschritten.
Dose Weber-Monecke Schilling
Nedden-Boeger Guhling