Entscheidungsdatum: 12.07.2016
1. Die Fiktion des § 333 ZPO kommt auch im Rahmen des § 337 ZPO zum Tragen, so dass der Erlass eines Versäumnisurteils unzulässig ist, wenn eine erschienene Partei nicht verhandelt und deshalb gemäß § 333 ZPO als nicht erschienen gilt, sofern die darin liegende Säumnis als im Sinne des § 337 Satz 1 Alt. 2 ZPO entschuldigt gilt.
2. Die vom Gesetzgeber mit dem Institut der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO getroffenen Vorkehrungen begründen keinen generellen Ablaufvorrang des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens vor dem Hauptsacheverfahren. Eine bedürftige Partei kann bei einem noch nicht abgeschlossenen Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ein Zuwarten mit dem Fortgang des Hauptsacheverfahrens vielmehr nur dann beanspruchen, wenn gerade die Mittellosigkeit ihr die Vornahme der zur Wahrung ihrer Rechtsposition erforderlichen Prozesshandlungen, wie sie einer bemittelten Partei in der jeweiligen Prozesssituation zu Gebote stünden, verwehren oder unverhältnismäßig erschweren würde.
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin werden die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Mai 2015 und des Landgerichts Duisburg vom 25. Februar 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Erlass eines Versäumnisurteils an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden hat.
Dem Beklagten wird unter Beiordnung der Rechtsanwälte Engel und Rinkler Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bewilligt.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 16.737 €.
I.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht Forderungen aus einem vorzeitig beendeten Leasingvertrag über einen PKW Mercedes geltend. Der Beklagte hat Prozesskostenhilfe beantragt und seine Rechtsverteidigung gegen die Klage im Wesentlichen darauf gestützt, dass er - anders als im Leasingantrag angegeben - kein Unternehmer, sondern als Bezieher von Berufsunfähigkeitsrente Verbraucher sei und deshalb mangels Widerrufsbelehrung den Leasingvertrag wirksam widerrufen habe. Zudem sei die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung fehlerhaft und die Abtretung der Forderung an die Klägerin unwirksam.
Sein Prozesskostenhilfegesuch ist vor Ablauf einer ihm gesetzten Frist zur Nachreichung von Unterlagen zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen am 28. Januar 2015 vom Landgericht mangels nachgewiesener Bedürftigkeit zurückgewiesen worden. Hiergegen hat der Beklagte am 29. Januar 2015 sofortige Beschwerde erhoben, der das Landgericht mit Beschluss vom 4. Februar 2015 nicht abgeholfen hat. Der Nichtabhilfebeschluss, der dem Prozessbevollmächtigten am Nachmittag desselben Tages mittels Telefax zugegangen ist, ist nunmehr auf eine fehlende Erfolgsaussicht des Verteidigungsvorbringens gestützt worden.
In dem bereits bei Eingang der Anspruchsbegründung vom Landgericht anberaumten frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2015 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nach vorangegangener Erörterung des Sach- und Streitstandes erklärt, nicht auftreten zu wollen, sondern zunächst eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über den abgelehnten Prozesskostenhilfeantrag zu begehren. Ferner hat er die Gewährung einer dreiwöchigen Schriftsatzfrist zwecks Stellungnahme zu dem Nichtabhilfebeschluss beantragt. Die Klägerin hat den Erlass eines Versäumnisurteils nach Maßgabe ihres Klagebegehrens beantragt.
Mit Beschluss vom 25. Februar 2015 hat das Landgericht, das dem Beklagten zuvor den beantragten Schriftsatznachlass gewährt hatte, die Verhandlung auf den 11. Juni 2015 vertagt und den Antrag der Klägerin auf Erlass eines Versäumnisurteils zurückgewiesen, weil dem Beklagten Gelegenheit zu geben sei, zu den im Nichtabhilfebeschluss angesprochenen Punkten Stellung zu nehmen und die Möglichkeiten der bereits erhobenen sofortigen Beschwerde auszuschöpfen, bevor er sich für die Aufnahme einer streitigen Verhandlung entscheide. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Klägerin die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und des ihr zugrunde liegenden erstinstanzlichen Beschlusses.
II.
Die gemäß § 336 Abs. 1 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst in zulässiger Weise erhobene Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass ein Vertagungsgrund im Sinne des § 337 ZPO vorgelegen habe, weil der Beklagte ohne sein Verschulden "am Erscheinen verhindert" gewesen sei. Zu der Streitfrage, ob § 337 ZPO den in § 333 ZPO genannten Fall des Nichtverhandelns der erschienenen Partei erfasse, sei der Auffassung zu folgen, dass die gesetzliche Fiktion des § 333 ZPO grundsätzlich auch im Anwendungsbereich des § 337 ZPO zum Tragen komme.
Der danach als nicht erschienen geltende Beklagte habe jedoch im fraglichen Termin zu Recht und damit ohne sein Verschulden nicht verhandelt. So werde ein Verschulden etwa verneint, wenn über einen gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch nicht entschieden oder dieser unmittelbar vor dem Termin zurückgewiesen worden sei. Auch vorliegend sei der Beklagte mit der Rechtsauffassung des Gerichts erstmals am Tag vor der mündlichen Verhandlung konfrontiert worden. Sein Anliegen, die Entscheidung des Oberlandesgerichts in einem Beschwerdeverfahren abzuwarten, sei mit Blick auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs als erheblicher Entschuldigungsgrund für seine Säumnis anzusehen. Zwar könne dahinstehen, ob das Landgericht zu einem Abwarten der Beschwerdeentscheidung verpflichtet gewesen wäre. Jedenfalls sei dem Beklagten aber nach der nunmehr materiell-rechtlich begründeten Nichtabhilfeentscheidung eine angemessene, hier aber nicht gewahrte Überlegungsfrist für sein weiteres prozessuales Vorgehen zuzubilligen gewesen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Nach § 331 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Alt. 1 ZPO ist in Fällen, in denen der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil beantragt, das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen; soweit dieses Vorbringen den Klageantrag rechtfertigt, hat das angerufene Gericht - und zwar ohne zusätzlichen Entscheidungsspielraum (MünchKommZPO/Prütting, 4. Aufl., § 331 Rn. 37) - nach diesem Antrag zu erkennen. Allerdings verpflichtet § 337 ZPO das Gericht ebenfalls, die Verhandlung über den Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils unter anderem dann zu vertragen, wenn die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Letztgenannte Voraussetzung jedoch haben die Vorinstanzen rechtsfehlerhaft bejaht.
a) Zu Recht ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass § 337 Satz 1 Alt. 2 ZPO auch auf den im Termin zwar erschienenen, aber nicht verhandlungsbereiten und deshalb im Sinne von § 333 ZPO säumigen Beklagten Anwendung findet.
aa) Die Anwendbarkeit des § 333 ZPO ist in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum umstritten. Einerseits wird die Auffassung vertreten, die Fiktion des § 333 ZPO komme im Rahmen des § 337 ZPO von vornherein nicht zum Tragen, weil § 337 ZPO einen Anwendungsfall des Schutzes der unverschuldet nicht erschienenen Partei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör darstelle und deshalb nur auf die Partei, die tatsächlich nicht erscheint, anwendbar sei (OLG Hamm, NJW 1991, 1067; Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 13. Aufl., § 337 Rn. 1; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 337 Rn. 1; Prütting/Gehrlein/Czub, ZPO, 8. Aufl., § 337 Rn. 3). Gleichwohl wird einer erschienenen Partei teilweise auch von Vertretern dieser Auffassung das Recht zugebilligt, bei zu kurz bemessenen Einlassungs- oder Ladungsfristen oder einem verspätet erteilten Hinweis des Gerichts ohne Rechtsnachteil die Teilnahme an der Verhandlung zu verweigern und gemäß § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO Vertagung zu beanspruchen (Zöller/Herget, aaO; Prütting/Gehrlein/Czub, aaO).
Die gegenteilige Auffassung, die auch der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit einem Beschluss vom 22. März 1989 (IVb ZA 3/89, juris Rn. 1) zugrunde gelegt hat, sieht für eine einschränkende Anwendung des § 337 ZPO auf die tatsächlich nicht erschienene Partei keine Veranlassung. Dementsprechend erachtet sie den Erlass eines Versäumnisurteils für unzulässig und eine Vertagung von Amts wegen, zumindest aber auf Antrag für geboten, wenn eine erschienene Partei nicht verhandelt und deshalb gemäß oder zumindest analog § 333 ZPO als nicht erschienen gilt, sofern die darin liegende Säumnis als im Sinne des § 337 Satz 1 Alt. 2 ZPO entschuldigt gilt (OLG Köln, WRP 2000, 418; OLG Düsseldorf, r+s 2008, 535, 536; MünchKommZPO/Prütting, aaO, § 337 Rn. 6; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl., § 337 Rn. 3; wohl auch Wieczorek/Schütze/Borck, ZPO, 3. Aufl. § 337 Rn. 6).
bb) Letztgenannte Auffassung verdient den Vorzug.
(1) Bereits seinem Wortlaut nach bestimmt § 333 ZPO ganz allgemein im Wege einer gesetzlichen Fiktion, dass ein (vollständiges) Nichtverhandeln einer erschienenen Partei ihrem Nichterscheinen gleich steht. Anders als etwa § 332 ZPO, der für den Begriff des Verhandlungstermins einschränkend auf die "vorstehenden Paragraphen" verweist, oder § 334 ZPO, der auf ein unvollständiges Verhandeln die Vorschriften des das Versäumnisurteil betreffenden Titels nicht angewandt wissen will, findet sich in § 333 ZPO kein geltungsbeschränkender Hinweis. Ebenso wenig bietet der Wortlaut des § 337 ZPO einen Anhalt dafür, dass die Fiktion des § 333 ZPO unberücksichtigt bleiben sollte.
(2) Dieses in Wortlaut und Systematik des Titels zum Versäumnisurteil (§§ 330 ff. ZPO) zum Ausdruck kommende Verständnis des Nichtverhandelns als kennzeichnendes Merkmal eines zur Säumnis führenden Nichterscheinens findet darüber hinaus eine Entsprechung in § 220 Abs. 2 ZPO. Danach ist der Termin von einer Partei versäumt, wenn sie bis zum Schluss des Termins nicht verhandelt. Die zum Erlass eines Versäumnisurteils berechtigende Säumnis tritt nach dieser Bestimmung also gleichermaßen sowohl durch Nichtauftreten als auch Nichtverhandeln ein, es sei denn, die hiernach säumige Partei macht bis zum Schluss des Termins von der Möglichkeit des Verhandelns Gebrauch, um dadurch die Säumnis zu beenden und den Erlass eines Versäumnisurteils abzuwenden (BGH, Urteile vom 24. Januar 1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 340; vom 15. Dezember 1992 - VI ZR 85/92, NJW 1993, 861 unter II 3). Für die auf Antrag zum Versäumnisurteil führende Säumnis kommt es also nicht entscheidend auf die An- oder Abwesenheit der Partei im Termin, sondern auf ihr Verhandeln an. Nichts anderes kann für die nachgelagerte Frage gelten, ob die im Nichterscheinen oder Nichtverhandeln bestehende Säumnis entschuldigt ist und deshalb dem Erlass eines beantragten Versäumnisurteils gemäß § 337 ZPO entgegensteht.
(3) Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 337 ZPO zwischen den von ihm ansonsten gleich behandelten Fälle des Nichterscheinens oder Nichtverhandelns differenzieren und nur die entschuldigt nicht erschienene Partei für schutzbedürftig erachten wollte, der ohne ihr Verschulden nicht verhandelnden Partei dagegen die Hinnahme eines Versäumnisurteils zumuten wollte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich auch der Gesetzesbegründung dahin nichts entnehmen (vgl. BT-Drucks. 7/5250, S. 11).
b) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist dagegen die Annahme des Beschwerdegerichts, der Beklagte habe im Streitfall ohne sein Verschulden nicht verhandelt, weil ihm eine Überlegungsfrist zur Reaktion auf die am Nachmittag vor dem Verhandlungstermin im Prozesskostenhilfeverfahren zugegangene und erstmals auf eine fehlende Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung gestützte Nichtabhilfeentscheidung einzuräumen gewesen sei.
aa) Allerdings wird in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum verbreitet die auch vom Beschwerdegericht geteilte Ansicht vertreten, wonach der unbemittelten Partei nach Ablehnung ihres Prozesskostenhilfegesuchs zur Einschätzung des weiteren Kostenrisikos zwecks Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, zumindest aber aus Gründen der prozessualen Fairness jedenfalls eine angemessene Überlegungsfrist eingeräumt und vertagt werden müsse (OLG Dresden, OLGR 1996, 71, 72; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003, 1078, 1079; OLG Celle, NJW-RR 2014, 194 f.) beziehungsweise es in der Regel sogar geboten sei, mit der Hauptsache bis zur Entscheidung über eine eingelegte Beschwerde innezuhalten (OLG Schleswig, FamRZ 2011, 1971, 1972; E. Schneider, MDR 1985, 375, 377; Musielak/Voit/Fischer, aaO, § 127 Rn. 14; MünchKommFamFG/Viefhues, 2. Aufl., § 76 Rn. 142; jeweils mwN). Hierbei wird die Aufgabe eines Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens verkannt. Zudem würde diese Ansicht im Streitfall zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Bevorzugung des Beklagten gegenüber einer bemittelten Partei führen.
bb) Zwar gebietet Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes, weshalb Unbemittelten - was auch das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat - die Rechtsverfolgung und -verteidigung im Vergleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden darf. Der Unbemittelte muss daher grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Bemittelter, der seine Aussichten vernünftig abwägt und dabei auch sein Kostenrisiko berücksichtigt (BVerfG, NJW 2012, 3293 Rn. 11; NJW 2010, 988 Rn. 9; jeweils mwN).
(1) Die dafür vom Gesetzgeber mit dem Institut der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO getroffenen Vorkehrungen begründen jedoch zum einen keinen generellen Ablaufvorrang des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens vor dem Hauptsacheverfahren, wie dies teilweise vertreten wird (dazu vorstehend unter II 2 b aa). Denn das Prozesskostenhilfeverfahren ist ein selbständiges Verfahren, welches das bereits rechtshängige Verfahren in der Hauptsache nicht unterbricht und dessen Erledigung daher grundsätzlich auch nicht zu einer Verzögerung des Hauptsacheprozesses führen darf, so dass ein - wie hier - schwebendes Beschwerdeverfahren über die Prozesskostenhilfeentscheidung den Fortgang in der Hauptsache nicht ohne Weiteres hindert (BVerfG, NJW-RR 2010, 207 Rn. 31 mwN; vgl. auch Zöller/Geimer, aaO, § 127 Rn. 33). Zum anderen steht Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) auch einer Besserstellung desjenigen entgegen, der seine Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten muss und daher von vorneherein kein Kostenrisiko trägt, gegenüber dem Bemittelten, der sein Kostenrisiko wägen und darauf seine Prozessführung einrichten muss (BVerfG, NJW 2010, 988 aaO).
(2) Eine bedürftige Partei kann danach ein Zuwarten mit dem Fortgang des Hauptsacheverfahrens nur dann beanspruchen, wenn gerade die Mittellosigkeit ihr die Vornahme der zur Wahrung ihrer Rechtsposition erforderlichen Prozesshandlungen, wie sie einer bemittelten Partei in der jeweiligen Prozesssituation zu Gebote stünden, verwehren oder unverhältnismäßig erschweren würde, im Streitfall also das Unterbleiben des zur Rechtsverteidigung notwendigen Verhandelns des Prozessbevollmächtigten zur Sache gerade auf die Bedürftigkeit des Beklagten zurückzuführen wäre (vgl. BVerfG, NJW 2010, 2567 Rn. 18; BGH, Beschlüsse vom 16. November 2010 - VIII ZB 55/10, NJW 2011, 230 Rn. 19; vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07, NJW 2008, 2855 Rn. 4; vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99, NJW 1999, 3271 unter II 3 b aa, cc; jeweils mwN). Das ist indes zu verneinen. Der Beklagte hat bei seinem Nichtverhandeln vielmehr ein Maß an Rücksichtnahme auf seine Bedürftigkeit beansprucht, das über die gebotene Angleichung seiner Rechtsposition an diejenige einer bemittelten Partei hinausgeht.
(a) Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat in dem betreffenden Verhandlungstermin seine nach vorangegangener Erörterung des Sach- und Streitstandes abgegebene Erklärung, nicht auftreten zu wollen, damit begründet, dass er zunächst eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über den abgelehnten Prozesskostenhilfeantrag sowie die Gewährung einer dreiwöchigen Schriftsatzfrist zwecks Stellungnahme zu dem am Vortag ergangenen Nichtabhilfebeschluss begehre. Zu diesem Zeitpunkt hatte er aber im Streitfall ungeachtet der bis dahin versagten Prozesskostenhilfe mit seinem Auftreten bei der Erörterung des Sach- und Streitstandes, auch wenn dies für ein die Säumnis hinderndes Verhandeln noch nicht ausgereicht hat (vgl. BeckOK ZPO/von Selle, Stand: März 2016, § 128 Rn. 10, § 137 Rn. 4; Hk-ZPO/Wöstmann, ZPO, 6. Aufl., § 137 Rn. 1; jeweils mwN; ferner auch BGH, Urteil vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 51/86, BGHZ 100, 383, 389 f.), eine Tätigkeit entfaltet, welche nach Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG bereits die Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG ausgelöst hatte (vgl. Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Vorbem. 3 Rn. 35 f., 40 mwN).
(b) Dieser Geschehensablauf steht der Annahme, die Bedürftigkeit des Beklagten habe das unterbliebene Verhandeln seines Prozessbevollmächtigten (mit-)verursacht, entgegen. Nimmt der Prozessbevollmächtigte einer unbemittelten Partei nämlich ungeachtet der (noch) ausstehenden Prozesskostenhilfebewilligung vergütungspflichtige Prozesshandlungen vor, ist die unerlässliche Kausalität zwischen der Bedürftigkeit und einer erforderlich werdenden Prozesshandlung zu verneinen, wenn der Prozessbevollmächtigte zu erkennen gibt, dass er bereit ist, einen damit verbundenen weiteren Zeit- und/oder Arbeitsaufwand auf sich zu nehmen, ohne dass die Erfüllung seines Gebührenanspruchs durch eine Prozesskostenhilfebewilligung oder die Leistung eines angemessenen Vorschusses gesichert erscheinen muss (vgl. BVerfG, aaO Rn. 18 f.; BGH, Beschlüsse vom 16. November 2010 - VIII ZB 55/10, aaO Rn. 21; vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07, aaO Rn. 6 mit Anm. N. Schneider, NJW 2008, 2856, 2857).
Dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ein - kostenrechtlich irrelevantes - Verhandeln in dem von ihm ohnehin wahrgenommenen Termin von einer vorherigen Sicherstellung seiner Gebühren hätte abhängig machen wollen, hat er nicht zum Ausdruck gebracht. Dies liegt, wie der anschließend eingereichte nachgelassene Schriftsatz zeigt, auch sonst nach den Umständen fern. Er ist nur deshalb nicht mehr aufgetreten, weil er sich auf den unzutreffenden Standpunkt gestellt hat, das Verfahren über die Prozesskostenhilfe habe unbedingten Vorrang vor dem Fortgang des Hauptsacheverfahrens, und seine Partei habe einen vorab zu erfüllenden Anspruch auf Beurteilung der Erfolgsaussichten durch das Beschwerdegericht. Damit hat er in der gegebenen Situation zugleich einen unzulässigen verfahrensrechtlichen Vorteil gegenüber einer bemittelten Partei beansprucht, die auf einen kurzfristig erteilten gerichtlichen Hinweis zur Unschlüssigkeit ihrer Rechtsverteidigung ein Verhandeln nicht säumnisunschädlich hätte verweigern dürfen, sondern - wie hier zugunsten des Beklagten geschehen - etwa durch Einräumung eines Schriftsatznachlasses gemäß § 139 Abs. 5 ZPO lediglich noch Gelegenheit zur Reaktion hätte erhalten müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2013 - VII ZR 192/11, NJW-RR 2013, 1358 Rn. 7; vom 13. März 2008 - VII ZR 204/06, NJW-RR 2008, 973 Rn. 9; jeweils mwN).
(c) Durch den unterschiedlichen Verlauf von Hauptsache- und Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren war auch sonst keine Beeinträchtigung der Rechtsverteidigungsmöglichkeiten des Beklagten zu erwarten, die es ihm erlaubt hätten, eine Vertagung der Verhandlung bis zur Entscheidung über die von ihm eingelegte sofortige Beschwerde zu beanspruchen. Denn es ist allgemein anerkannt, dass Prozesskostenhilfe selbst nach Abschluss des Verfahrens noch rückwirkend bewilligt werden kann, wenn der Bewilligungsantrag mit den erforderlichen Unterlagen während des Verfahrens gestellt, aber nicht beschieden wird. Zudem findet dabei ein zwischenzeitlich möglicherweise eingetretener Fortfall der Erfolgsaussichten keine Beachtung, wenn sich herausstellt, dass die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch unvertretbar verzögert oder sonst die Entscheidung einer zweifelhaften Rechtsfrage unzulässig in das Bewilligungsverfahren verlagert worden ist (BGH, Beschluss vom 7. März 2012 - XII ZB 391/10, NJW 2012, 1964 Rn. 10 ff. mwN).
cc) Der Beklagte muss sich die unzutreffende Einschätzung seines Prozessbevollmächtigten, in der gegebenen prozessualen Situation nicht zur Sache verhandeln zu müssen, gemäß § 85 Abs. 2 ZPO als eigenes Verschulden an der dadurch eingetretenen Säumnis zurechnen lassen. Insbesondere hätte der Prozessbevollmächtigte mit Rücksicht auf die als bekannt vorauszusetzende Einschätzung des Verhältnisses von Hauptsache- und Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren (dazu vorstehend unter II 2 b bb [1]) nicht mehr ohne Weiteres den unter II 2 b aa wiedergegebenen Auffassungen folgen dürfen, sondern zur Wahrung der Belange des Beklagten im Zweifel den ihm ohne zusätzlichen Aufwand möglichen und zumutbaren sicheren Weg wählen müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11, NJW 2012, 2523 Rn. 10; vom 17. Oktober 2000 - X ZR 41/11, GRUR 2001, 271 unter II 1 c; jeweils mwN). Dieser hätte in einem die Säumnis vermeidenden Verhandeln gelegen, um anschließend über den begehrten Schriftsatznachlass die Rechtsposition des Beklagten zu Gehör zu bringen und darüber gegebenenfalls auf eine Vertagung der Verhandlung gemäß § 227 ZPO hinzuwirken (vgl. dazu Zöller/Geimer, aaO).
dd) Ohne Erfolg macht die Beschwerdeerwiderung geltend, nach zwischenzeitlicher Bewilligung der Prozesskostenhilfe könne kein rechtliches Interesse am Erlass eines Versäumnisurteils mehr bestehen, da keine Säumnis des Beklagten mehr zu erwarten sei und auch die vom Landgericht ausgesprochene Vertagung nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Vielmehr regelt § 336 Abs. 1 Satz 2 ZPO diese Konstellation ausdrücklich dahin, dass nach Aufhebung des Beschlusses, durch den der Erlass eines Versäumnisurteils zurückgewiesen worden ist, die nicht erschienene Partei zu dem neuen Termin nicht zu laden ist, der Klägerin also auf diese Weise der durch die Säumnis des Beklagten erwachsene prozessuale Vorteil erhalten werden soll.
III.
Nach alldem können die mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen der Vorinstanzen keinen Bestand haben. Sie sind gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO unter Zurückverweisung der Sache an das Landgericht aufzuheben, das sodann nach § 336 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verfahren hat, um in dem anzuberaumenden neuen Termin die in § 331 ZPO geregelten Voraussetzungen für den Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Beklagten erneut zu prüfen (vgl. auch Senatsurteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563 unter I 3).
Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider
Dr. Fetzer Kosziol