Entscheidungsdatum: 09.10.2018
Flüssiggas I
1. Der durch Schätzung zu ermittelnde kartellbedingte Mehrerlös kann anhand der Preisentwicklung auf kartellfreien Vergleichsmärkten, eines kostenbasierten Vergleichs oder einer anderen, zur Bestimmung des Mehrerlöses ebenfalls geeigneten Methode bestimmt werden (Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2007, KRB 12/07, BGHSt 52, 1 - Papiergroßhandel und vom 26. Februar 2013, KRB 20/12, BGHSt 58, 158 - Grauzementkartell I).
2. Wählt das Tatgericht ein ökonomisch nicht allgemein anerkanntes Schätzverfahren (hier: eine marktinterne Vergleichsanalyse), ist dessen Geeignetheit im Einzelnen darzulegen. Das Urteil muss erkennen lassen, aus welchen Gründen sich der Tatrichter für eine von mehreren möglichen Schätzungsmethoden entschieden hat.
Auf die Rechtsbeschwerden der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 7 sowie der Betroffenen zu 1 und 5 wird das Urteil des 4. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. April 2013 in den Bußgeldaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehenden Rechtsbeschwerden werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass gegen die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 7 wegen einer vorsätzlichen Kartellordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB i.V. mit § 1 GWB in der Fassung vom 20. Februar 1990 und zugleich nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB i.V. mit § 1 GWB in der Fassung vom 26. August 1998 eine Geldbuße festgesetzt werden kann.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an einen anderen Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.
Das Oberlandesgericht hat die Betroffenen zu 1 und 5 eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das Verbot des § 1 GWB schuldig gesprochen und gegen sie Geldbußen von 120.000 Euro sowie 30.000 Euro festgesetzt. Gegen die Nebenbetroffenen, darunter die juristischen Personen, für welche die Betroffenen als Leitungspersonen tätig wurden, hat das Oberlandesgericht Geldbußen zwischen 200.000 Euro und 100 Millionen Euro verhängt. Mit ihren Rechtsbeschwerden rügen die Betroffenen zu 1 und 5 und die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 7 die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Während die Schuldsprüche keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beschwerdeführer erkennen lassen, halten die Bußgeldaussprüche der rechtlichen Überprüfung auf die Sachrügen nicht stand.
A.
Nach den Feststellungen waren die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 in ein flächendeckendes Kartell von Versorgungsunternehmen auf dem bundesweiten Flüssiggasmarkt für Tankgas eingebunden, das eine Bestandskundenabsprache traf. Diese Nebenbetroffenen gehörten zu den führenden Anbietern von Flüssiggas für Heiz- und Kochzwecke für private wie gewerbliche Endverbraucher und waren Mitglieder im D. (D. ), dem größten Interessenverband deutscher Flüssiggasunternehmen mit im Jahr 1996 ca. 80 und im Jahr 2005 noch ca. 50 Mitgliedern. In den 1950er Jahren wurde Flüssiggas in Gaszylindern überwiegend zu Kochzwecken und von Handwerksbetrieben eingesetzt. Seit den 1960er Jahren erfolgte seine Nutzung auch in Tankanlagen zu Heizzwecken. Zur Tatzeit in den Jahren 1997 bis 2005 vermieteten die Versorgungsunternehmen über 80 Prozent der Flüssiggastanks an private und gewerbliche Endabnehmer. Nur ein geringer Teil der Tanks stand im Eigentum der Kunden. Die Anzahl der Tankgas-Endverbraucher belief sich im Jahr 1996 auf rund 420.000 und sank bis zum Jahr 2004 auf etwa 406.000.
Schon ab Beginn der 1960er Jahre schlossen sich die in Deutschland führenden Versorgungsunternehmen zu regionalen Transportgemeinschaften in wechselnder Beteiligung zusammen, um steigende Transportkosten für die Ausfuhr des Flüssiggases zu senken. Es bildete sich eine bundesweite Infrastruktur von Auslieferungslagern heraus. In den Jahren 1995 bis 1997 kam es zu einer "Neuaufstellung" der regional verstreut agierenden Ausfuhrkooperationen. Unter Zusammenführung von deren Ausfuhrgeschäft in Gemeinschaftsunternehmen erfolgte die Gründung der deutschlandweit tätigen Nebenbetroffenen zu 7 (im Folgenden auch: Tr. ) sowie der in den alten Bundesländern agierenden f. und der in den neuen Bundesländern tätigen f. (Ost) . Die zuletzt genannten Gesellschaften wurden im Jahr 2000 zu einer Kommanditgesellschaft verschmolzen. Die Nebenbetroffenen zu 1 und 6 sowie die Rechtsvorgängerin (P. ) der Nebenbetroffenen zu 5 waren von Beginn an Kommanditistinnen der Tr. und an deren Komplementärgesellschaft beteiligt. Ende November 2001 übernahm die Nebenbetroffene zu 3 die Beteiligungen an der Tr. und ihrer Komplementärin von der Muttergesellschaft T. , deren Flüssiggas-Endverbrauchergeschäft auf die Nebenbetroffene zu 3 übertragen wurde. Die Nebenbetroffene zu 4 war eine Kooperationspartnerin der Tr. , ohne zu deren Gesellschafterinnen zu zählen. Im Tatzeitraum ließen die Nebenbetroffenen zu 3 und 6 ihr Flüssiggas auch über die f. ausfahren, deren Kommanditistin die Nebenbetroffene zu 3 ab August 2002 war.
Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt in den Jahren 1996 und 1997 befürchteten damals tätige Leitungspersonen der Gründungsgesellschaften der genannten Ausfuhrkooperationen einen Preisverfall angesichts - insbesondere durch das Aufkommen von Erdgas - eintretender Mengenrückgänge bei Tankgas und hoher Ausfuhrkosten. Sie trafen zumindest stillschweigend die bundesweit wirkende Grundabsprache, während ihrer Zusammenarbeit in den Ausfuhrgesellschaften nicht aktiv Bestandskunden der anderen Gesellschafter und Kooperationspartner abzuwerben ("Nichtangriffspakt"). Bereits seit den 1970er Jahren praktizierten die Partner (d. h. die Gesellschafter und Kooperationspartner) der damals existenten Ausfuhrgesellschaften in deren Rahmen einen Bestandskundenschutz. In den Zusammenkünften und Unterredungen, die den bundesweiten Neugründungen von Tr. und f. vorangingen, versprachen die Vertreter der Gründungsgesellschafterinnen einander - auch kooperationsübergreifend ("über Kreuz") - zumindest stillschweigend die Geltung des tradierten Bestandskundenschutzes. Andere Unternehmen wie die Nebenbetroffene zu 4 traten der Tr. als assoziierte Kooperationspartner auf der Basis eines Bestandskundenschutzes bei. Gesellschafterwechsel wie der Eintritt der Nebenbetroffenen zu 3 in die Tr. erfolgten ebenfalls unter der Maßgabe des "Nichtangriffspakts", der conditio sine qua non für die Zusammenarbeit in den Transportgesellschaften war (UA S. 132). Ob in die Absprache weitergehend alle D. -Mitgliedsunternehmen einbezogen waren, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt, auch wenn es eine nahezu D. weite Ausdehnung der Kartellwirkungen angenommen hat.
Die Absprache erstreckte sich auf Bestandskunden mit Miet- und mit Eigentumstanks, nicht jedoch auf Neukunden. Als Bestandskunden galten grundsätzlich alle Abnehmer, die von einem Kartellmitglied beliefert worden waren oder über die ein Kartellmitglied aufgrund einer Unternehmensübernahme verfügte. Hierbei handelte es sich um ca. 80 Prozent der Flüssiggaskunden. In Kenntnis und Umsetzung der verbotenen Bestandskundenabsprache richteten der Betroffene zu 1, der persönlich haftender Gesellschafter der Nebenbetroffenen zu 1 und Geschäftsführer der Nebenbetroffenen zu 4 war, sowie weitere Leitungspersonen der dem Kartell angehörenden Nebenbetroffenen die - teils von ihren Vorgängern - übernommene Vertriebspolitik ihrer Unternehmen weiterhin dahin aus und betrieben sie derart, dass ausschließlich Neukunden angeworben wurden. Sie hielten die Mitarbeiter der Vertriebsinnendienste dazu an, anfragenden Kunden anderer D. -Mitgliedsunternehmen keine oder allenfalls unattraktiv hohe Gaspreise zu nennen, damit es zu keinem Anbieterwechsel zum eigenen Unternehmen kam. Aus demselben Grund verzichteten die Leitungspersonen bewusst auf Werbemaßnahmen gegenüber Kunden, die schon über einen Flüssiggastank verfügten, oder billigten den Verzicht der Marketingabteilungen gemäß dieser bestehenden Übung.
Zur Optimierung und Sicherung des Bestandskundenschutzes veranlassten oder billigten die Leitungspersonen der Kartellmitglieder in Abstimmung mit den Geschäftsführungen der Ausfuhrkooperationen Tr. und f. ein Meldewesen, um Durchbrechungen des Kundenschutzes frühzeitig aufdecken zu können. Die in den Datenbanken dieser Gemeinschaftsunternehmen erfassten Bestandskunden waren einem Versorgungsunternehmen als Erstlieferanten zugeordnet. Sofern ein anderes Versorgungsunternehmen eine Auslieferung an einen solchen Kunden begehrte, benachrichtigten die Ausfuhrkooperationen beide Flüssiggaslieferanten ("Wettbewerbsmeldung"). Bei der Nebenbetroffenen zu 7 lag dem eine am 10. Juni 1996 durch ihren Beirat verabschiedete Organisationsrichtlinie zugrunde, deren Entwurf der damals in der Region Nord/West für die Bereiche Logistik, Organisation und Technik verantwortliche Betroffene zu 5 veranlasste. Dieser war ab dem 1. Mai 1999 Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Nebenbetroffenen zu 7 und sorgte für die Beachtung und Umsetzung der Richtlinie auch in jenen Teilen, die den - ihm zumindest den Grundzügen nach bekannten - "Nichtangriffspakt" stützen sollten. Die Meldewesen der Nebenbetroffenen zu 7 und der f. schufen eine gegenseitige potentielle und auch praktizierte Kontrolle der Kartellteilnehmer. Hierdurch erhielt das Kartell über die faktische Verbindlichkeit der Absprache hinaus zusätzliche innere Stabilität und Festigung.
Als Folge der Kartellabsprache kam der Wettbewerb um Bestandskunden der an ihr beteiligten Versorgungsunternehmen, der durch hohe Wechselkosten und die Rahmenbedingungen ohnedies schon stark gedämpft war, nahezu vollständig zum Erliegen. Ein restlicher Wettbewerb um solche Kunden ging nur noch von den nicht im D. organisierten Flüssiggasanbietern aus. Derartige Anbieter traten neben einigen alteingesessenen Unternehmen seit Mitte bis Ende der 1990er Jahre am Markt auf. Bis Ende 2004 erreichten die ca. 180 "freien" Unternehmen einen gemeinsamen Marktanteil von ca. 15 Prozent, der seither nicht stieg. Wie ebenfalls beabsichtigt schuf das Kartell unter den ihm angehörenden, überregional orientierten Flüssiggasunternehmen ferner einen erhöhten, nicht markt- und wettbewerbskonformen Spielraum, Kundenstämme und Unternehmensbeteiligungen zu erwerben.
Zumindest bis zu den Durchsuchungen durch das Bundeskartellamt am 3. Mai 2005 setzten die Leitungspersonen der Kartellmitglieder die festgestellte Kartellabsprache weiter um.
Im Oktober 2012 verschmolz sich die kartellbeteiligte P. , gegen die sich das Verfahren vor dem Oberlandesgericht zunächst richtete, auf die Nebenbetroffene zu 5.
Das Oberlandesgericht ist von jeweils einer Tat der (Neben-) Betroffenen kraft einer durch die Grundabsprache begründeten Bewertungseinheit ausgegangen. Als Rechtsfolge hat es gegen die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 5 reine Ahndungsgeldbußen verhängt, die es dem Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 2 GWB 1999 - der von ihm als das günstigste Recht angesehenen Gesetzesfassung (§ 4 Abs. 3 OWiG) - entnommen hat. Den Mehrerlös hat das Oberlandesgericht geschätzt, indem es die Preise der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 mit den - nach den Urteilsgründen nicht durch einen Preisschirmeffekt beeinflussten - Preisen nicht im D. organisierter Flüssiggasanbieter (freier Anbieter) aus demselben Markt während desselben Zeitraums verglichen hat. Die Preisdaten der Kartellaußenseiter und der genannten Nebenbetroffenen hat es - soweit möglich - für jeden Monat des Tatzeitraums erhoben. In die Berechnungen der monatlichen Durchschnittspreise sind die zusammengeführten Preisdaten der Vergleichsunternehmen nach Maßgabe des Absatzes der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 in den einzelnen Postleitregionen eingeflossen. Zudem hat das Oberlandesgericht dabei nach Kunden mit eigenem Tank und Kunden mit gemietetem Tank unterschieden (vgl. UA S. 315 ff.).
Die so ermittelten monatlichen Wettbewerbspreise hat das Oberlandesgericht mit dem monatlichen Absatz der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 an ihre Bestandskunden multipliziert und die Ergebnisse addiert. Die jeweilige Differenz zwischen dieser Summe und dem Ergebnis des gleichen Rechenvorgangs mit den realen monatlichen Durchschnittspreisen der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 hat es - vermindert um einen Sicherheitsabschlag von zehn Prozent - als die kartellbedingten Mehrerlöse angesehen. Eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils hat das Oberlandesgericht mit der Begründung unterlassen, eine solche stehe in seinem Ermessen und es gebe zureichende Anhaltspunkte dafür, dass Flüssiggas-Endverbraucher ihre Schadensersatzansprüche gegen die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 5 geltend machen werden.
Einzig bei der Nebenbetroffenen zu 6 hat das Oberlandesgericht den Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 GWB 2007 (konzernweiter Umsatz in dem der Behördenentscheidung vorausgehenden Geschäftsjahr) als das mildeste Gesetz angesehen und auch den wirtschaftlichen Vorteil (rund 37,6 Millionen Euro) abgeschöpft. In Anwendung von § 17 Abs. 4 Satz 2 OWiG hat es den nach § 81 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 GWB 2007 maßgeblichen Bußgeldrahmen - mit einer ermittelten Obergrenze von etwa 29,62 Millionen Euro - überschritten und ein Bußgeld in Höhe von 65 Millionen Euro verhängt. Schließlich hat das Oberlandesgericht die Geldbußen gegen die Nebenbetroffene zu 7 (Tr. ) und die Betroffenen zu 1 und 5 aus dem Regelbußgeldrahmen mit seiner Obergrenze von 500.000 Euro zugemessen. Ferner hat es zugunsten der Nebenbetroffenen festgestellt, das Verfahren sei um "knapp drei Monate" rechtsstaatswidrig verzögert worden.
B.
I. Die Bußgeldbescheide bilden - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt - eine tragfähige Verfahrensgrundlage und beschreiben hinreichend konkret die dem Urteil zugrunde liegende Tat im prozessualen Sinn (§ 264 StPO). Der eindeutig identifizierbare geschichtliche Vorgang ändert sich für die Betroffenen und Nebenbetroffenen nicht dadurch, dass die Vorwürfe einer D. -weiten Absprache auf eine zumindest an die Ausfuhrkooperationen Tr. und f. anknüpfende Vereinbarung "herabgestuft" wurden. Diese Gesellschaften sind bereits in den Bußgeldbescheiden als Kontrollinstrumente für die Vertriebsaktivitäten der Kartellmitglieder genannt.
Verfolgungsverjährung ist nicht eingetreten. Das Oberlandesgericht hat für die Grundabsprache, wie sie anlässlich der Gründung der bundesweit agierenden Ausfuhrkooperationen getroffen wurde, und die anschließende Umsetzung zu Recht eine Bewertungseinheit angenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - KRB 2/05, WuW/E DE-R 1567, 1568 - Berliner Transportbeton I; Beschluss vom 26. Februar 2013 - KRB 20/12, BGHSt 58, 158 Rn. 23 ff. - Grauzementkartell I; kritisch Galle/Rengier, NZKart 2017, 229, 233 ff.).
II. Die von den Beschwerdeführern erhobenen Verfahrensrügen haben - soweit sie von Relevanz für den ergangenen Schuldspruch sind - aus den vom Generalbundesanwalt in seinen Zuschriften genannten Gründen keinen Erfolg. Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO liegt nicht vor. Die von § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgesehene Urteilsabsetzungsfrist hat das Oberlandesgericht eingehalten. Eine (hier kürzere) absolute Höchstfrist von fünf Monaten - im Sinne der Wertungen der §§ 517, 548 ZPO - existiert im Ordnungswidrigkeiten- ebenso wie im Strafprozessrecht nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 1993 - 5 StR 162/93, NStZ 1994, 46 f.; LR-Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 275 Rn. 8; MüKoStPO/Valerius, § 275 Rn. 10 mwN; vgl. auch OLG Hamm, BeckRS 2016, 06251 [zu § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO]; aA Hillenkamp, Die Urteilsabsetzungs- und die Revisionsbegründungsfrist im deutschen Strafprozeß, 1998, S. 68 ff.).
Der eine Höchstfrist von fünf Monaten bejahende Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 (GmS-OGB 1/92, BVerwGE 92, 367) betrifft allein § 117 Abs. 4 VwGO ("alsbald") und Verfahrensordnungen mit vergleichbaren Regelungen, die demgemäß auszulegen sind (vgl. zu § 79 Abs. 2 MarkenG BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - I ZB 62/08, GRUR-RR 2009, 191). Hingegen sieht § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO eine differenzierte, zeitlich gestaffelte Regelung vor, die keine Höchstfrist beinhaltet. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers. In den Materialien ist ein Beispiel gebildet, in dem sich eine Absetzungsfrist von 25 Wochen und damit von mehr als fünf Monaten errechnet (vgl. BT-Drucks. 7/551, S. 84 f.). Die Annahme einer äußersten Höchstfrist - jedenfalls von einer Dauer, die das Tatgericht überschritten haben könnte - ist mit diesem gesetzgeberischen Willen unvereinbar.
Konventions- oder verfassungsrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht. Letztere folgen auch nicht aus dem von der Verteidigung angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 2001 (NJW 2001, 2161; ebenso BVerfG, NZA 2005, 781, 782). Danach ist der Verfassung kein allgemein gültiger Wert zu entnehmen, wann die Dauer der Urteilsabsetzung gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes verstößt (BVerfG, NJW 2001, 2161, 2162). Den Verfassungsverstoß im konkreten (arbeitsrechtlichen) Sachverhalt hat das Bundesverfassungsgericht in Anknüpfung an die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes begründet, die hier gerade nicht einschlägig ist.
2. Die Verfahrensrügen, die "Wettbewerbsmeldungen" der Tr. betreffen, bleiben zumindest in der Sache ohne Erfolg. Bei den Nebenbetroffenen zu 1 und 4 sowie bei dem Betroffenen zu 1 können die Ausführungen des Generalbundesanwalts nicht nur für einen Beweisantrag mit sieben, sondern auch für den tatsächlich gestellten Beweisantrag mit 26 Kundenwechseln Geltung beanspruchen. Diesen hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei mit einer ausreichenden Begründung wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit abgelehnt (§ 244 Abs. 3 Satz 2, 2. Var. StPO).
Ebenso sind die zulässigen Inbegriffsrügen (§ 261 StPO) der Nebenbetroffenen zu 1, 3 und 4 sowie des Betroffenen zu 1 unbegründet, wonach in die Hauptverhandlung eingeführte Urkunden zur Abmeldung gewechselter Kunden bei der Tr. unberücksichtigt geblieben seien. Diesen Beweismitteln musste das Oberlandesgericht keine im Urteil zu erörternde Bedeutung beimessen. Denn ihnen ist eine regelhafte Handhabung in dem Sinne, dass mit dem Eingang einer Kündigung der Kunde sogleich bei der Tr. abgemeldet worden wäre, nicht zu entnehmen. Die Feststellung des Oberlandesgerichts, dass insbesondere auch Anbieterwechsel von den "Wettbewerbsmeldungen" erfasst werden sollten (vgl. UA S. 120), ist damit nicht in Frage gestellt.
3. Die Aufklärungsrügen der Nebenbetroffenen zu 1 und 4 sowie des Betroffenen zu 1, Herr L. vom Bundeskartellamt wäre als Zeuge zur Gründung der Tr. zu vernehmen gewesen, sind unzulässig. Denn sie zeigen entgegen § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht auf, weshalb sich das Oberlandesgericht zu dieser Beweisaufnahme gedrängt sehen musste.
4. Auch die Inbegriffsrüge (§ 261 StPO) des Betroffenen zu 1, das Oberlandesgericht habe den Inhalt von Schulungsunterlagen der T. M. unzureichend gewürdigt, bleibt erfolglos. Denn die Urteilsgründe verhalten sich - auch mit Blick auf eine angestrebte Neukundengewinnung - in rechtsfehlerfreier Weise zu diesen Schulungsunterlagen (UA S. 159).
III. Der Schuldspruch hält der rechtlichen Überprüfung auf die Sachrügen der Beschwerdeführer stand. Der Senat hat insoweit lediglich die - im Tenor des angefochtenen Urteils bei den Nebenbetroffenen ersichtlich verwechselten - anwendbaren Gesetzesfassungen von § 1 GWB, die der Kartellordnungswidrigkeit der jeweiligen Leitungspersonen zugrunde liegen, richtiggestellt.
1. Die Feststellungen des Oberlandesgerichts tragen eine verbotene Kartellvereinbarung im Sinne von § 1 GWB 1999 ebenso wie ein Zuwiderhandeln gegen dieses Verbot nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB 1999. Da gemäß Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG nur Handlungsteile geahndet werden können, die zur Zeit ihrer Begehung ordnungswidrig waren (vgl. Gürtler in Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 4 Rn. 3; KK-OWiG/Rogall, 5. Aufl., § 4 Rn. 16 mwN), sind zudem für den Beginn des Tatzeitraums § 1 GWB 1990 i.V. mit § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB 1990 maßgeblich, deren Voraussetzungen die Urteilsgründe ebenfalls belegen.
a) Ein Vertrag im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 GWB 1990 - und zugleich eine Vereinbarung im Sinne der Fassungen des § 1 GWB seit dem Jahr 1999 - liegt auf der Grundlage der Feststellungen vor. Als zentrale Vorschrift über Kartellverträge und Kartellbeschlüsse erfasste § 1 GWB 1990 Wettbewerbsbeschränkungen, die rechtsgeschäftlichem Handeln zuzurechnen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 1975 - KVR 2/74, BGHZ 65, 30, 38 - Zementverkauf Niedersachsen II). Danach gehörte die durch gegenseitige, einander entsprechende Willenserklärungen der Beteiligten, sprich durch Angebot und Annahme - nach Maßgabe der allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 145 ff. BGB) - zustande gekommene Einigung zum Wesen des Vertrages im Sinne von § 1 GWB 1990 (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1970 - KRB 1/70, BGHSt 24, 54, 61 f. - Teerfarben).
Eine solche Einigung ist - wie sich aus den allgemeinen Regeln ergibt - nicht nur durch ausdrückliche, sondern ebenso durch stillschweigende Erklärungen möglich. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgt entgegen den Rechtsbeschwerdebegründungen nichts anderes. Vielmehr geht dieser davon aus, dass eine Vereinbarung im Sinne von Art. 101 AEUV auch über den stillschweigenden Beitritt zu einem existenten Kartell hinaus konkludent geschlossen werden kann (vgl. EuGH, Slg. 2004, I-23 Rn. 97, 102 - Adalat; Slg. 2006, I-6585 Rn. 37 - Kommission/Volkswagen; s. ferner Hengst in Langen/Bunte, Kartellrecht, 13. Aufl., Art. 101 AEUV Rn. 84 f.; Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 3. Aufl., § 10 Rn. 18 ff.; jeweils mwN). Einen derartigen, aus Anlass der Gründung der Gemeinschaftsunternehmen Tr. , f. und f. (Ost) zustande gekommenen (mehrseitigen) Vertragsschluss, der unter den Beteiligten zumindest auf eine wettbewerbliche Bindung abzielte (vgl. Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 1 GWB Rn. 83 ff.), hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei bejaht (vgl. insbesondere UA S. 11 f., 110 f.). Nichts anderes gilt für eine vertragliche Bindung durch die spätere Aufnahme der Nebenbetroffenen zu 3 in das Kartell. Dabei war es nicht unabdingbar, die handelnden Akteure namentlich zu nennen. Denn die den Tatbestand ausfüllenden Merkmale lassen sich den Urteilsgründen entnehmen. Diese ermöglichen die umfassende Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - KRB 20/12, WuW/E DE-R 3861 Rn. 42 f. - Grauzementkartell I [insoweit nicht in BGHSt 58, 158 abgedruckt]).
b) Die überregional tätigen Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 standen - wie von den zur Tatzeit geltenden Fassungen von § 1 GWB gefordert - zudem miteinander auf dem deutschen Flüssiggasmarkt im Wettbewerb. Daher lag bei seinem Abschluss ein Vertrag unter den Nebenbetroffenen "zu einem gemeinsamen Zweck" im Sinne von § 1 GWB 1990 vor.
c) Die von § 1 GWB 1990 verlangte Eignung, die Marktverhältnisse durch Beschränkung des Wettbewerbs spürbar zu beeinflussen, ist ebenfalls festgestellt. Denn der "Nichtangriffspakt" hatte eine gezielte Aufteilung und Sicherung von Kundenstämmen zum Gegenstand, die ca. 80 Prozent der Kundengesamtheit ausmachten. Das Oberlandesgericht hat zudem festgestellt, dass der aus kartellrechtsneutralen Gründen gedämpfte Bestandskundenwettbewerb infolge der Absprache weiter beschränkt wurde (UA S. 124, 299). Einer solchen Absprache ist immanent, dass sie die Wettbewerbslage festschreibt. Des Weiteren schuf die Vereinbarung - wie von den Beteiligten angestrebt - ein geringeres wirtschaftliches Risiko für Expansionen durch den Zukauf von Kundenstämmen und Unternehmen (UA S. 124).
Unter der Geltung von § 1 GWB 1999 liegt nicht nur eine bewirkte, sondern auch bereits eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung (vgl. dazu EuGH, GRUR Int. 2013, 285 Rn. 36 f. - Expedia; näher BGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 - KZR 59/16 mwN - Almased Vitalkost) vor. Bei der Beurteilung, ob die Beschränkung bezweckt ist, sind neben dem Inhalt und Zweck der Vereinbarung die wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge zu berücksichtigen (vgl. EuGH, WuW/E EU-R 3090 Rn. 53 - Groupement des cartes bancaires). Die verabredete Aufteilung von Kunden unter Wettbewerbern ist danach grundsätzlich eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung (vgl. Krauß in Langen/Bunte, Kartellrecht, 13. Aufl., § 1 GWB Rn. 229; s. ferner Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Art. 101 Abs. 1 AEUV Rn. 177; Commission Staff Working Document C [2014] 4136 final, Nr. 2.2.1). Der vorliegende Sachverhalt ist keine Ausnahme, auch wenn die Abrede an bestehende Geschäftsbeziehungen anknüpft (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Februar 1975 - KZR 5/74, WuW/E BGH 1353 - Schnittblumentransport; Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 1 GWB Rn. 225 mwN).
d) Die verbotene Absprache setzten die Leitungspersonen der Nebenbetroffenen in der Folgezeit bewusst und gewollt um, wodurch sie sich im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB 1990 über die Unwirksamkeit des Vertrages vorsätzlich hinwegsetzten. Denn ein Sich-Hinwegsetzen ist jedes Handeln, das der Durchführung eines unwirksamen Vertrages dient, mithin jede Tätigkeit, die darauf abzielt, den Vertrag oder Beschluss als gültig anzusehen und zu behandeln, obwohl ihm das Gesetz die Wirksamkeit abspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995 - KRB 33/95, BGHSt 41, 385, 389). Solche Handlungen werden durch das in § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB 1999 enthaltene Tatbestandsmerkmal des Zuwiderhandelns ebenfalls erfasst (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - KRB 2/05, WuW/E DE-R 1567, 1568 - Berliner Transportbeton I; Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 81 GWB Rn. 56).
Den Urteilsgründen lassen sich für jede Nebenbetroffene konkrete Tathandlungen ihrer von § 30 Abs. 1 OWiG erfassten Leitungspersonen - einschließlich der Betroffenen - entnehmen. Zu nennen sind etwa die Behandlung von "Wettbewerbsfällen" in Beiratssitzungen der Nebenbetroffenen zu 7 (UA S. 125, 298), der bewusste Verzicht auf Werbung (UA S. 118), das Auftreten auf Tagungen und in Gremien des D. (UA S. 116), Direktiven an den Außendienst (UA S. 117, 297) und Strategiebesprechungen (UA S. 113 f.). Bei der Nebenbetroffenen zu 7 ist das Oberlandesgericht ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass diese sich über den Betroffenen zu 5 als ihren Geschäftsführer daran beteiligt hat (§ 14 Abs. 1 OWiG), die Kartellabsprache durch ihr Meldewesen verbotswidrig umzusetzen (etwa UA S. 123 f.).
Wenn das Oberlandesgericht darüber hinaus das Verhalten der Leitungspersonen vielfach allgemein umschreibt ("... hielten an jener Vertriebsausrichtung fest ..."), hat dies seinen Grund darin, dass die Kartellabsprache darauf abzielte, Wettbewerb um Bestandskunden zu unterlassen. Nach den Feststellungen liegt der Schwerpunkt der Tathandlungen der für die Unternehmen tätigen Leitungspersonen gleichwohl in einem aktiven Tun, wofür - über den Abschluss der Vereinbarung hinaus - die diesen dauerhaft obliegende Kontrolle, Führung und Ausrichtung des Unternehmens spricht.
2. Auch die Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts zu der festgestellten Zuwiderhandlung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
a) Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatgerichts, das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Das Rechtsbeschwerdegericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesicherten Erfahrungssätzen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420 mwN).
Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass das Tatgericht solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zugunsten oder zu Ungunsten des Betroffenen oder der Nebenbetroffenen zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2017 - 1 StR 535/16, Rn. 7; Urteil vom 10. Mai 2017 - 2 StR 258/16, Rn. 17; jeweils mwN).
b) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung zum Schuldspruch nicht durchgreifend rechtsfehlerhaft. Zunächst ist nicht davon auszugehen, dass das Oberlandesgericht seiner Beweiswürdigung im Ansatz ein falsches Beweismaß zugrunde gelegt hat. Zwar hat das Oberlandesgericht bei der Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses missverständlich ausgeführt, von einer Kartellabsprache (nur) "mit hoher Wahrscheinlichkeit überzeugt" zu sein (UA S. 166). Zugleich heißt es aber in Anwendung des zutreffenden Maßstabs auch, dass "der Senat keinerlei vernünftigen Zweifel an der Existenz einer Bestandskundenabsprache hegt". Demnach hat das Oberlandesgericht im Rahmen seiner Überzeugungsbildung - wie erforderlich, aber auch ausreichend (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 14. September 2017 - 4 StR 45/17, StV 2018, 199, 200 mwN) - ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit erzielen können, das vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen ließ.
c) Den Abschluss und die Umsetzung der Bestandskundenabrede stützt das Oberlandesgericht ohne Rechtsfehler auf eine Vielzahl von Beweismitteln einschließlich von ihm als glaubhaft bewerteter Zeugenaussagen.
aa) Den bindenden Erklärungsgehalt eines "Nichtangriffspakts", den das Oberlandesgericht der Kommunikation unter den Kartellmitgliedern anlässlich der Gründung der drei Gemeinschaftsunternehmen entnimmt, konnte es auf konkrete Beweismittel (Zeugen und Urkunden) stützen, die eine solche Annahme rechtfertigen. So hat es etwa die Aussage eines Zeugen rechtsfehlerfrei für glaubhaft befunden, wonach ihm von den Geschäftsführern einer Tr. Kooperationspartnerin "die Kartellabsprache als Grund für den Mangel an Wettbewerb um Bestandskunden … offenbart" worden sei (UA S. 135). Den ihm hierzu geschilderten Gesprächsinhalt musste das Oberlandesgericht nicht näher darlegen, zumal der Begriff "Absprache" zugleich zum allgemeinen Sprachgebrauch zählt. Bei der Nebenbetroffenen zu 3 kommt hinzu, dass diese das operative Geschäft ihrer zuvor kartellangehörigen Muttergesellschaft weiterführte und ihre Leitungspersonen im Beirat der Tr. tätig waren.
bb) Soweit die Rechtsbeschwerden darauf abstellen, das Oberlandesgericht habe Einlassungen und Zeugenaussagen zur Kundenschutzabsprache fehlerhaft gewürdigt, greifen diese Einwände nicht durch. Das Tatgericht war nicht gehalten, die Einlassungen der Betroffenen und Nebenbetroffenen sowie Zeugenaussagen - auch nicht von Entlastungszeugen - umfassend wiederzugeben. Denn die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2017 - 3 StR 111/17). Daher konnte das Oberlandesgericht seine Überzeugung auf die in den Urteilsgründen zusammengefassten, von ihm für wesentlich gehaltenen Aussageteile stützen. Etwaige Falschbelastungsmotive hat es - wo nötig - ausgeschlossen; bei dem Zeugen F. (UA S. 150, 158) lag ein solches Motiv nach den Feststellungen fern.
Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht begründet, warum die Aussagen der Zeugen, die eine Kundenschutzabsprache nicht bestätigt haben, seiner Überzeugungsbildung nicht entgegenstanden. Hierbei sind Widersprüche aufgrund der dafür herangezogenen "Heimlichkeit" der eigentlichen Absprache (UA S. 149 f.) - auch wenn die bei der Rechtsvorgängerin der Nebenbetroffenen zu 5 entstandene "B. -Studie" (UA S. 143 ff.) berücksichtigt wird - nicht zu erkennen. Die Wertungen und Schlussfolgerungen des Oberlandesgerichts sind möglich und daher von dem Rechtsbeschwerdegericht hinzunehmen. Nichts anderes gilt für die kartellstützende Funktion der von der Nebenbetroffenen zu 7 generierten "Wettbewerbsmeldungen", der ein wöchentlicher Stammdatenabgleich (UA S. 122 f.) nicht entgegensteht. Soweit die sonstigen Ausführungen der Beschwerdeführer zu den Einlassungen der (Neben-) Betroffenen und Zeugenaussagen nicht bereits urteilsfremd sind, erschöpfen sie sich in dem erfolglosen Versuch, ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle jener des Tatgerichts zu setzen.
cc) Als durchgreifend lückenhaft oder widersprüchlich erweist sich die Beweiswürdigung - entgegen den Rechtsbeschwerdebegründungen der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 sowie des Betroffenen zu 1 - im Ergebnis auch nicht mit Blick auf die Rolle der T. M. . Das Oberlandesgericht hat festgestellt, dass diese Gesellschaft aufgrund einer eigenen Vertriebsstrategie um fremde Bestandskunden geworben hat (vgl. UA S. 116, 159, 178, 351). Die T. M. hat - ohne dass ihr Geschäftsführer B. dem Kartellverbot zuwider gehandelt habe - in den Jahren 2002 und 2003 Flüssiggas über die f. und im Jahr 2003 auch über die Tr. ausfahren lassen (UA S. 88, 350 f.). Zugleich führt das Oberlandesgericht aus, dass "eine stillschweigend geschlossene Kundenschutzabsprache conditio sine qua non … für die Zusammenarbeit in den Transportgesellschaften war" (UA S. 132). Auch für deren Kooperationspartner sei der Kundenschutz "zwingende Bedingung (Spielregel, Grundlage/Voraussetzung)" gewesen (UA S. 147). Ein Entscheidungsvorbehalt in der Frage des Kundenschutzes hätte zum Ausschluss aus der Kooperation geführt oder die Aufnahme verhindert (UA S. 152).
Nach den Urteilsgründen ist gleichwohl auszuschließen, dass das Oberlandesgericht die Rolle der T. M. aus dem Blick verloren haben könnte. Sie wird in den Urteilsgründen an diversen Stellen erwähnt, ohne zu den Gesellschafterinnen der Ausfuhrkooperationen und damit zu deren wichtigsten Akteurinnen zu zählen. Des Weiteren kam ihr als ein Unternehmen des T. -Konzerns ersichtlich eine Sonderrolle zu, die sie von einem (anderen) Kooperationspartner unterschied. Bereits im Jahr 2002 hatten die Muttergesellschaften unter anderem ihr Aufgehen in einem bundesweit tätigen "Joint Venture" - der Nebenbetroffenen zu 3 - beschlossen (vgl. UA S. 42, 46-48). Demgemäß wurden im Jahr 2002 eine Kommanditistin der f. und sodann mit Wirkung zum 1. Januar 2003 auch die T. M. auf die Nebenbetroffene zu 3 verschmolzen. Diese hatte von ihrer dem Kartell zugehörigen Muttergesellschaft aus dem T. -Konzern bereits das Flüssiggasgeschäft in den alten Bundesländern und die Gesellschafterstellung in der Tr. übernommen. Das Vertriebsverhalten der T. M. löste denn auch Beschwerden aus (UA S. 178) und kam durch die Verschmelzung zu seinem Ende. All dies steht mit dem sonstigen Beweisergebnis des Oberlandesgerichts im Einklang.
Rechtsfehlerhaft ist die tatrichterliche Beweiswürdigung ebenso wenig hinsichtlich der Rolle des vormals Betroffenen F. als Geschäftsführer der (kartellangehörigen) Nebenbetroffenen zu 3 und Beiratsvorsitzender der Nebenbetroffenen zu 7 einerseits sowie als Beiratsvorsitzender der (kartellneutralen) T. M. andererseits. Ein Erörterungsmangel liegt nicht vor. Das Oberlandesgericht stellt zwar fest, dass "der Beirat" der T. M. auch deren Geschäftspolitik bestimmte (UA S. 43). Es liegt aber weder auf der Hand noch sind zureichende Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beirat sich hierbei mit der Frage eines Kundenschutzes befasst hätte.
dd) Des Weiteren verstößt die Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts nicht gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze, und zwar auch nicht im Zusammenhang mit der Frage eines möglichen reaktionsverbundenen Verhaltens der Versorgungsunternehmen. Insoweit hat das Oberlandesgericht keinen ökonomischen Erfahrungssatz der Reaktionsverbundenheit verkannt. Unumstößliche Schlüsse könnte ein solcher nicht gebieten. Allenfalls legte er mit dem Gewicht eines Indizes bestimmte Schlussfolgerungen nahe, deren Validität der Tatrichter im Einzelfall zu überprüfen hat (vgl. allgemein BGH, Beschluss vom 7. Juni 1982 - 4 StR 60/82, BGHSt 31, 86, 89 f.; KK/Ott, StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 48 mwN). Dies hat das Oberlandesgericht getan.
Denn die Möglichkeit eines zulässigen autonomen Parallelverhaltens ("implizite Kollusion") hat es erwogen, jedoch zu seiner Überzeugung als alleinige Ursache des unterbleibenden Bestandskundenwettbewerbs ausgeschlossen (UA S. 154, 178). Hierbei war es nicht rechtsfehlerhaft, zunächst auf einen Preiswettbewerb als möglichen Sanktions- und Abschreckungsmechanismus abzustellen. Denn auf diese Weise hätte der "Gegenwettbewerb" bei dem homogenen Produkt Flüssiggas zu erfolgen gehabt, dessen Beschaffenheit durch eine DIN-Vorschrift vorgegeben ist. Die eingehend dargelegten, auch für eine Reaktionsverbundenheit sprechenden Marktverhältnisse wie die von dem neuen Anbieter zu tragenden Wechselkosten hat das Oberlandesgericht nicht aus dem Blick verloren und sich auch mit der "Furcht vor wettbewerblichen Reaktionen" befasst (UA S. 156). Die Wechselkosten hat es indes - tragfähig gestützt unter anderem auf das Vertriebsverhalten der T. M. - als nicht prohibitiv hoch bewertet (vgl. auch schon UA S. 115 f.). Ohne Widerspruch hierzu hat es weiter erläutert, wie es angesichts der Marktmacht der Kartellanten gleichwohl zu einem D. -weit praktizierten Bestandskundenschutz gekommen ist (UA S. 116). Diese Wertungen lassen - ebenso wie die Gesamtwürdigung, die andere Erklärungen für die Wettbewerbslage nochmals in den Blick nimmt - Rechtsfehler nicht erkennen. Es handelt sich um nachvollziehbare Bewertungen von Indiztatsachen. Die Bedeutung und das Gewicht der einzelnen Indizien in der Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses zu bewerten, ist allein Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nicht in dessen Überzeugungsbildung eingreifen, indem es einer vom Tatrichter vertretbar bewerteten Indiztatsache eine andere Bedeutung zumisst (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2017 - 3 StR 69/17, Rn. 8).
ee) Ebenso wenig ist die Beweiswürdigung zu den subjektiven Tatumständen bei den Betroffenen und anderen Leitungspersonen rechtsfehlerhaft. Nicht anders als bei einem schweigenden oder bestreitenden Angeklagten (vgl. BGH, Urteil vom 5. September 2017 - 5 StR 222/17, Rn. 17 mwN) durfte das Tatgericht aus dem äußeren Tatgeschehen auf die maßgeblichen inneren Tatsachen schließen. So hat das Oberlandesgericht die Funktionen - etwa auch im Beirat der Nebenbetroffenen zu 7 - und den Werdegang der Leitungspersonen in den Blick genommen. Es ist unter Heranziehung des festgestellten Geschäftsgebarens und der Marktgegebenheiten zu dem mindestens möglichen Schluss gelangt, die jeweilige Person inklusive der beiden Betroffenen habe um die Kartellabsprache gewusst und diese willentlich - im Wissen um ihre Auswirkungen - umgesetzt, mithin vorsätzlich gehandelt.
Bei den Betroffenen zu 1 und 5 hat das Oberlandesgericht - der Sache nach nicht anders als für die sonstigen Leitungspersonen - angenommen, dass diese um einen Verstoß gegen das Kartellgesetz wussten (UA S. 301, 303). Die damit einen Verbotsirrtum (§ 11 Abs. 2 OWiG) ausschließende Beweiswürdigung ist auch bei dem Betroffenen zu 1 nicht mit Blick auf den Kundenschutz in der von den Nebenbetroffenen zu 1 und 4 betriebenen Vorgängerausfuhrkooperation U. (vgl. UA S. 106, 136) lückenhaft. Die Rechtsbeschwerden dieser Nebenbetroffenen sowie des Betroffenen zu 1 heben die kundendatenrelevanten Strukturunterschiede der U. im Vergleich zur Tr. hervor, weshalb das Oberlandesgericht nicht gehalten war, diesen Gesichtspunkt näher zu erörtern. Damit erschöpft sich der Vortrag der Beschwerdeführer - wenn nicht bereits in urteilsfremdem Vorbringen wie zu einer Korrespondenz mit dem Bundeskartellamt - wiederum in dem erfolglosen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle jener des Tatgerichts zu setzen.
3. Eine "Sanktionslücke", in der das mildeste Gesetz im Sinne von § 4 Abs. 3 OWiG zu sehen sein könnte, bestand zu keiner Zeit. Der Senat hat bereits entschieden, dass § 81 GWB 2005 und § 81 GWB 2007 verfassungskonform sind, wobei auch ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot nicht vorliegt (vgl. dazu im Einzelnen BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - KRB 20/12, BGHSt 58, 158 Rn. 45 ff. - Grauzementkartell I; hieran anknüpfend BGH, Beschluss vom 3. Juni 2014 - KRB 46/13, WuW/E DE-R 4317, 4318 f. - Silostellgebühren III). Letzteres gilt ebenso für die im Jahr 2005 erfolgte Änderung von § 1 GWB (Streichung der Wörter "miteinander im Wettbewerb stehenden").
Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Das Bundesverfassungsgericht hat die hinreichende Bestimmtheit der kartellbußgeldrechtlichen Vorschriften offengelassen (BVerfGE 133, 1 Rn. 95; vgl. zudem BVerfG, WuW/E DE-R 4835, 4838). Die weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2013 (BVerfGE 135, 1 Rn. 35 ff.) gebietet entgegen den Rechtsbeschwerdebegründungen ebenfalls keine andere Sichtweise. Auch wenn der Gesetzgeber im Jahr 2007 für die wirtschaftliche Einheit bei § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005 eine Klarstellung durch den neu eingefügten Satz 3 bewirkt hat, führt dies nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Norm. Ihr ist - anders als dem vom Bundesverfassungsgericht behandelten § 43 Abs. 18 KAAG - keine Rückwirkung beigemessen. Eine fachgerichtliche Auslegung des zuvor geltenden Rechts, die wie hier inhaltlich mit der Neuregelung übereinstimmt, stellt das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 135, 1 Rn. 47) nicht in Frage.
4. Eine bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Nebenbetroffenen zu 5 als der Gesamtrechtsnachfolgerin der kartellbeteiligten P. ist zu bejahen.
a) Das Oberlandesgericht hat zur Rechtsnachfolge Folgendes festgestellt: Die erst 2005 gegründete Nebenbetroffene zu 5, deren Unternehmensgegenstand im Handel mit Flüssiggas in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern bestand, war nach Anteilskäufen in den Jahren 2006 und 2011 eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft der P..
Die P. existierte seit 1950 und war einer der Marktführer am bundesweiten Flüssigtankgasmarkt mit einem Marktanteil von über zwölf Prozent im Jahr 2004. Sie verfügte im Jahr 2011 über Geschäftsanteile an elf Unternehmen. Im Folgejahr verschmolz sie sich auf die Nebenbetroffene zu 5. Dem ging folgende, von der Gesellschafterversammlung der P. im Herbst 2012 beschlossene Umstrukturierung voraus:
Im September 2012 wurde die P. GmbH & Co. KG errichtet, deren Komplementärin die ebenfalls neu gegründete P. Verwaltungs GmbH war. Alleingesellschafterin der Komplementärin und einzige Kommanditistin der GmbH & Co. KG war die P. . Diese brachte mit Ausnahme der Geschäftsanteile an der Nebenbetroffenen zu 5 ihre sonstigen Beteiligungen und ihr gesamtes operatives Geschäft mit Einbringungsvertrag vom 15. Oktober 2012 zu diesem Stichtag in die neue Kommanditgesellschaft ein, welche die Jahresüberschüsse dem Verrechnungskonto der P. , heute der Nebenbetroffenen zu 5, gutzuschreiben hatte. Am selben Tag veräußerte die P. ihre Geschäftsanteile an der Nebenbetroffenen zu 5 den eigenen Gesellschaftern, so dass sich die Kapitalbeteiligungsquoten an diesen beiden Gesellschaften deckten. Die ebenfalls am 15. Oktober 2012 mit notariellem Vertrag verabredete Verschmelzung der P. auf die Nebenbetroffene zu 5 wurde eine Woche später in das Handelsregister eingetragen.
Die Vertrags- und Lieferbeziehungen der P. , die unter anderem aus etwa 12.000 Gewerbe- und 70.000 Privatkundenverträgen bestanden, führte die P. GmbH & Co. KG nach entsprechender Zustimmung der Vertragspartner ganz überwiegend fort. Zum Zeitpunkt der Verschmelzung umfasste das eigene operative Geschäft der Nebenbetroffenen zu 5 das Tankgasgeschäft mit etwa 3.400 Kunden. Der Wert des auf die Nebenbetroffene zu 5 übergegangenen Kommanditanteils betrug mindestens 100 Millionen Euro und war um ein Vielfaches höher als der Wert des für das Tankgasgeschäft eingesetzten Betriebsvermögens.
b) Die auf § 30 a.F. OWiG gestützte Bußgeldhaftung der Gesamtrechtsnachfolgerin setzt voraus, dass zwischen der früheren und der neuen Vermögensverbindung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Nahezu-Identität besteht. Dies ist der Fall, wenn das "haftende Vermögen" in einer anderen Organisation weiterhin vom Vermögen des gemäß § 30 OWiG Verantwortlichen getrennt, in gleicher oder ähnlicher Weise wie bisher eingesetzt wird und in der neuen juristischen Person einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens ausmacht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 1986 - KRB 8/85, WuW/E BGH 2265, 2267 - Bußgeldhaftung; Beschluss vom 23. November 2004 - KRB 23/04, WuW/E DE-R 1469, 1470 - nicht verlesener Handelsregisterauszug; Beschluss vom 4. Oktober 2007 - KRB 59/07, BGHSt 52, 58 Rn. 7 - Akteneinsichtsgesuch; Beschluss vom 10. August 2011 - KRB 55/10, BGHSt 57, 193 Rn. 16 - Versicherungsfusion; Beschluss vom 10. August 2011 - KRB 2/10, wistra 2012, 152 - Transportbeton II; Beschluss vom 16. Dezember 2014 - KRB 47/13, BGHSt 60, 121 Rn. 12 f. - Maxit; Beschluss vom 27. Januar 2015 - KRB 39/14, WuW/E DE-R 4686 Rn. 3 - Melitta).
c) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die P. war bei ihrer Verschmelzung auf die Nebenbetroffene zu 5 Inhaberin des Kommanditanteils der P. Energie GmbH & Co. KG. Eine Woche vor der mit der Handelsregistereintragung vollzogenen Verschmelzung (vgl. § 20 UmwG) hatte die P. ihren gesamten operativen Geschäftsbetrieb der Kommanditgesellschaft übertragen, die Vertragsbeziehungen etwa zu Kunden vorbehaltlich der Zustimmung der Vertragspartner (UA S. 33). Der Kommanditanteil (nebst den Vertragsbeziehungen der P. ) machte bei wirtschaftlicher Betrachtung einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens der Nebenbetroffenen zu 5 aus. Dies hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei begründet.
aa) Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung behielt eine wirtschaftlich selbständige Stellung und war nach den Feststellungen von herausragender Bedeutung für die Nebenbetroffene zu 5, so dass das übernommene Vermögen sie geprägt hat. Damit handelte es sich um einen wesentlichen Teil ihres Gesamtvermögens (vgl. hierzu BGH, WuW/E DE-R 4686 Rn. 3 - Melitta). Ihr eigenes, regional begrenztes operatives Geschäft blieb weit hinter jenem der P. zurück, dessen wirtschaftliche Bedeutung sich in dem übergegangenen Kommanditanteil (sowie den Vertragsbeziehungen) widerspiegelte. Sein Wert betrug demgemäß ein Vielfaches des Werts, den das Tankgasgeschäft der Nebenbetroffenen zu 5 verkörperte (UA S. 309 f.). Der Umstand, dass die Beteiligung lediglich zu verwalten war, tritt hinter ihrer qualitativen und quantitativen Bedeutung für das Unternehmen der Nebenbetroffenen zu 5 zurück. Deren Prägung durch das übernommene Vermögen wird dadurch erhärtet, dass die gesellschaftsrechtliche Position ihren Zugriff auf die Infrastruktur der P. Energie GmbH & Co. KG sicherte, welche die Nebenbetroffene zu 5 für das eigene Tankgasgeschäft einsetzte (vgl. UA S. 36).
bb) Eine bußgeldrechtliche Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers setzt entgegen der Rechtsbeschwerdebegründung nicht zwingend voraus, dass "operatives Betriebsvermögen" unmittelbar übergeht. Die juristische Person, deren Organ die Ordnungswidrigkeit begangen hat, bleibt nach § 30 Abs. 1 OWiG bußgeldpflichtig, auch wenn sich ihr Vermögensbestand wandelt oder reduziert. Eine Haftung entfällt nicht dadurch, dass der von dem Kartellverstoß betroffene Unternehmensteil übertragen wird (vgl. Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Art. 101 Abs. 1 AEUV Rn. 13 mwN). Für die Bußgeldhaftung der neuen juristischen Person können daher auch Gesellschaftsanteile maßgeblich sein, mit denen die Beherrschung der das operative Geschäft fortsetzenden Tochtergesellschaft einhergeht. Zudem handelt es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um eine (mittelbare) Fortführung des Unternehmens, dessen ursprünglicher und sodann neuer Rechtsträger nach dem Gesellschaftsvertrag die Jahresüberschüsse in voller Höhe vereinnahmt. Dies ist für die Einstandspflicht des Gesamtrechtsnachfolgers ausreichend.
Hierdurch wird keine "Konzernhaftung" begründet, die dem damaligen Ordnungswidrigkeitenrecht fremd war (vgl. BGHSt 57, 193 Rn. 20 - Versicherungsfusion; BGH, wistra 2012, 152, 153 - Transportbeton II). Denn der Nebenbetroffenen zu 5 wird nicht in rechtlich unzulässiger Weise das Vermögen von Schwester- oder Tochtergesellschaften zugerechnet. Anders als in Fällen, in denen die Rechtsnachfolgerin als Muttergesellschaft bereits über die Anteile an den weiteren Gesellschaften verfügte, ging eine solche Beteiligung hier erst über und kann daher in die wirtschaftliche Betrachtung einbezogen werden.
cc) Der Bußgeldverantwortlichkeit der Nebenbetroffenen zu 5 steht ferner - anders als die Rechtsbeschwerde meint - nicht entgegen, dass die vom selben Tag stammenden Einbringungs- und Verschmelzungsverträge Teil einer wirtschaftlich zusammenhängenden Umstrukturierungsmaßnahme waren. Dass die P. zuvor bereits Kommanditistin der neu gegründeten Gesellschaft geworden war, zählte gleichermaßen zu der Umstrukturierung. Die Bußgeldhaftung der nach § 30 Abs. 1 OWiG originär haftenden juristischen Person besteht indes bis zu deren Erlöschen fort (vgl. BGHSt 57, 193 Rn. 15 f. - Versicherungsfusion). Daher kann die wirtschaftliche Betrachtung, ob die Rechtsträger nahezu identisch sind, mit den Ausführungen des Generalbundesanwalts - zumindest auch - an den Zeitpunkt anknüpfen, zu dem die Gesamtrechtsnachfolge eintritt. Denn zu diesem Zeitpunkt wechselt der Rechtsträger, so dass bei einem Übergang von hinreichendem Vermögen die Unternehmenskontinuität aus der maßgeblichen Sicht des Bürgers als des Normadressaten (vgl. BVerfG, WuW/E DE-R 4835, 4837) zu bejahen ist. Der Vermögenszuschnitt der P. vor Beginn der Umstrukturierung war demnach nicht allein maßgebend für den Abgleich mit der neuen juristischen Person. Vielmehr beherrschte die P. schließlich bis zum Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge jene Gesellschaft, die das operative Geschäft fortführte.
Der wirtschaftliche Zusammenhang von Umstrukturierungsmaßnahmen kann zwar dazu führen, dass ein "Durchgangserwerb" von Vermögen durch den übernehmenden Rechtsträger bußgeldrechtlich irrelevant ist (BGHSt 57, 193 Rn. 24 - Versicherungsfusion). Ein solcher Sachverhalt liegt hier aber nicht vor.
IV. Die Rechtsbeschwerden haben hingegen Erfolg, soweit sie sich mit der Sachrüge gegen die Bußgeldaussprüche richten. Auf die Verfahrensrügen, mit denen sich die Rechtsbeschwerden ebenfalls gegen die Geldbußen wenden, kommt es daher nicht an.
1. Die Mehrerlösschätzung, die bei den Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 für die Bußgeldobergrenzen nach § 81 Abs. 2 GWB 1999 entscheidend ist und deren Ergebnisse zudem bußgelderhöhende Berücksichtigung gefunden haben, wird den rechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Denn das Oberlandesgericht hat die Geeignetheit seiner marktinternen Vergleichsanalyse in den Urteilsgründen nicht nachprüfbar dargelegt.
a) Unter Mehrerlös ist der Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen Einnahmen, die aufgrund des Wettbewerbsverstoßes erzielt werden, und den Einnahmen zu verstehen, die das durch die Kartellabsprachen bevorzugte Unternehmen ohne den Wettbewerbsverstoß erzielt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 1991 - KRB 5/90, WuW/E BGH 2718, 2719 - Bußgeldbemessung; Beschluss vom 25. April 2005 - KRB 22/04, WuW/E DE-R 1487, 1488 - steuerfreier Mehrerlös; Beschluss vom 28. Juni 2005 - KRB 2/05, WuW/E DE-R 1567, 1569 - Berliner Transportbeton I; Beschluss vom 19. Juni 2007 - KRB 12/07, BGHSt 52, 1 Rn. 10 - Papiergroßhandel).
Dieser Differenzbetrag kann nur durch Schätzung ermittelt werden, da der hypothetische Wettbewerbspreis nicht beobachtbar ist, sondern allein aufgrund von Anknüpfungstatsachen näherungsweise bestimmt werden kann. Die ökonomische Gültigkeit und rechtliche Brauchbarkeit der Annäherung hängt dabei zum einen von der Genauigkeit und Validität der Beobachtungen ab, die auf einem Vergleichsmarkt oder zu anderen tatsächlichen Umständen wie den Kosten der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen gemacht werden können, die nach der gewählten Methode die Grundlage der Ermittlung des hypothetischen Wettbewerbspreises bilden sollen. Zum anderen hängen sie davon ab, wie genau und wie verlässlich die Unterschiede erfasst werden können, die zwischen dem beobachteten und dem hypothetischen Szenario bestehen.
Der kartellbedingte Mehrerlös kann danach zunächst anhand der Preisentwicklung auf kartellfreien Vergleichsmärkten bestimmt werden (vgl. BGHSt 52, 1 Rn. 13, 19 - Papiergroßhandel; BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - KRB 20/12, BGHSt 58, 158 Rn. 78 - Grauzementkartell I). Soweit strukturelle Unterschiede der verglichenen Märkte dies erfordern, sind Korrekturzuschläge oder -abschläge vorzunehmen, die dazu dienen, den Einfluss der strukturellen Unterschiede auf das Ergebnis der Schätzung möglichst weitgehend auszugleichen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 1976 - KVR 2/76, BGHZ 68, 23, 33 - Valium; Beschluss vom 6. November 1984 - KVR 13/83, WuW/E BGH 2103, 2104 - Favorit; ferner BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - KZR 5/10, WuW/E DE-R 3145 Rn. 18 - Entega II zu § 19 Abs. 4 Nr. 3 a.F. GWB). Ein zwingender Vorrang kommt einem Vergleich mit den Preisen auf einem - zeitlich, räumlich oder sachlich - anderen, kartellfreien Markt gegenüber weiteren Schätzmethoden allerdings nicht zu (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - KVR 51/11, WuW/E DE-R 3632 Rn. 14 - Wasserpreise Calw I; Beschluss vom 14. Juli 2015 - KVR 77/13, BGHZ 206, 229 Rn. 22 ff. - Wasserpreise Calw II). Den Kartellbehörden und -gerichten ist es grundsätzlich unbenommen, stattdessen eine andere, zur Bestimmung des Mehrerlöses ebenfalls geeignete Methode heranzuziehen. So können sie die Wettbewerbspreise auch durch einen kostenbasierten Vergleich anhand einer Überprüfung von Preisbildungsfaktoren bestimmen (vgl. BGH, WuW/E DE-R 3632 Rn. 13 ff. - Wasserpreise Calw I; BGHZ 206, 229 Rn. 22 ff. - Wasserpreise Calw II; Urteil vom 24. Januar 2017 - KZR 2/15, NZKart 2017, 198 Rn. 27 f. - Kabelkanalanlagen; jeweils zu § 19 GWB). Ein anderes Vorgehen als eine Vergleichsmarktanalyse kann vor allem angezeigt sein, wenn - wie hier auch vom Oberlandesgericht bejaht (UA S. 312 ff.) - keine hinreichend ähnlichen Märkte mit wirksamem Wettbewerb existieren.
Von wesentlicher Bedeutung für die Rechtsfehlerfreiheit der Mehrerlösschätzung nach § 81 GWB ist - ebenso wie im Rahmen von § 19 GWB (vgl. BGHZ 206, 229 Rn. 22 - Wasserpreise Calw II) - die Beachtung derjenigen Faktoren, die die Preisbildung im Markt bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können ("anerkannte ökonomische Theorien", vgl. BT-Drucks. 16/5847, S. 11). Die Schätzungsbefugnis räumt dem Tatrichter vor diesem Hintergrund einen erheblichen methodischen Spielraum ein (vgl. BGHZ 206, 229 Rn. 25 - Wasserpreise Calw II). Letztlich ist entscheidend, ob die von dem Tatgericht durchgeführte Mehrerlösschätzung schlüssig ist und zu wirtschaftlich vernünftigen und möglichen Ergebnissen führt (vgl. BGHSt 52, 1 Rn. 12 - Papiergroßhandel; BGH, Beschluss vom 6. April 2016 - 1 StR 523/15, NStZ 2016, 728, 729; Beschluss vom 4. Februar 1992 - 5 StR 655/91, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Steuerschätzung 5). Dabei hat der Tatrichter selbst zu entscheiden, welche Schätzungsmethode dem vorgegebenen Ziel, der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen, am besten gerecht wird (BGHSt 52,1 Rn. 12 - Papiergroßhandel).
In den Urteilsgründen hat das Tatgericht für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbar darzulegen, warum es sich der gewählten Schätzungsmethode bedient hat und weshalb diese geeignet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, 636). Stehen ihm unterschiedliche methodische Vorgehensweisen zur Verfügung, ist der Tatrichter zwar regelmäßig nicht zu einer umfassenden Darstellung sämtlicher Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden gehalten. Das Urteil muss jedoch erkennen lassen, aus welchen Gründen sich der Tatrichter für eine von mehreren möglichen Methoden entschieden hat und dass ihm dabei jedenfalls die wesentlichen Vor- oder Nachteile der in Betracht kommenden Alternativen bewusst waren. Zu diesen Vor- oder Nachteilen gehören insbesondere die mit einer bestimmten Vorgehensweise verbundenen Unsicherheiten, namentlich die Wahrscheinlichkeit und der Umfang systematischer Schätzfehler, die das Schätzungsergebnis in eine bestimmte oder auch in eine nicht bestimmbare Richtung verfälschen können. Darüber hinaus muss die Schätzung den strafprozessualen Vorgaben - etwa dem Zweifelssatz - genügen.
b) Die marktinterne Vergleichsanalyse, wie sie das Oberlandesgericht unter Heranziehung der Preisdaten von Kartellaußenseitern bevorzugt hat, ist nach dem aufgezeigten (begrenzten) Prüfungsmaßstab nicht grundsätzlich zu verwerfen. Entscheidend ist - wie ausgeführt - allein, ob die gewählten Vergleichsparameter im Einzelfall eine sachgerechte Quantifizierbarkeit des Mehrerlöses zulassen (vgl. auch BGH, Urteil vom 12. April 2016 - KZR 31/14, NZKart 2016, 371 Rn. 35 f., 39 f. - Gemeinschaftsprogramme). Bei einem Kundenschutzkartell ist es grundsätzlich nachvollziehbar, dass sich die Preise der Kartellmitglieder ohne die Zuwiderhandlung den niedrigeren Preisen von Kartellaußenseitern angenähert hätten. Denn ohne die protektive Wirkung durch das Kartell hätte sich der Wettbewerbsdruck auf die Kartellmitglieder erhöht, was für eine (hypothetische) Verringerung auch von deren Preisniveau spricht. Das Oberlandesgericht hat jedoch nicht beachtet, dass diese Erwägung noch keine Quantifizierung der hypothetischen Preisentwicklung erlaubt.
Eine marktinterne Vergleichsanalyse gilt vielmehr als mit hohen Schätzunsicherheiten behaftet (vgl. Coppik/Haucap, WuW 2016, 50, 57; siehe auch Stock, Der Schadensnachweis bei Hardcore-Kartellen, S. 115 f.). So sind etwa Einflüsse des Kartells auf die Preissetzung der Kartellaußenseiter zu erwarten (sog. umbrella effect, Preisschirmeffekt). Die Methode zählt denn auch nicht zu den ökonomisch allgemein anerkannten Schätzverfahren (vgl. etwa Europäische Kommission, Praktischer Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen im Zusammenhang mit Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 oder 102 AEUV vom 11. Juni 2013 - SWD (2013) 205, Rn. 26 ff.; Oxera, Quantifying antitrust damages, 2009, S. 42 ff.; Ellger, FS Möschel 2011, 191, 202 ff.; Stock, Der Schadensnachweis bei Hardcore-Kartellen, S. 86 ff.). In aller Regel wird daher die Betrachtung eines kartellfreien Vergleichsmarkts oder ein kostenbasierter Vergleich einer marktinternen Analyse vorzuziehen sein. Vor diesem Hintergrund wäre es erforderlich gewesen, dass das Oberlandesgericht die Geeignetheit der - in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bisher nicht anerkannten - Methode darlegt und dabei auch deren Schwachpunkte im konkreten Fall und den Korrekturbedarf wegen möglicher systematischer Schätzfehler eingehend analysiert und in den Urteilsgründen mitteilt.
c) Das Oberlandesgericht hat jedoch schon ohne eine zureichende Begründung angenommen, dass die Preise der Vergleichsunternehmen nicht durch das Kartell beeinflusst waren (UA S. 17, 312 f., 323). Die Feststellungen legen allerdings einen solchen Preisschirmeffekt (vgl. EuGH, WuW/E EU-R 3030 - Kone) nahe. Insbesondere ein hoher Grad der Marktabdeckung, eine längere Dauer der Zuwiderhandlung und eine Produkthomogenität sprechen dafür, dass sich auch die Preissetzung von Kartellaußenseitern - bewusst oder unbewusst - an den Kartellpreisen orientiert (vgl. Inderst/Thomas, Schadensersatz bei Kartellverstößen, S. 327 ff.; Stühmeier, WuW 2017, 379; Beth/Pinter, WuW 2013, 228, 230 ff.). Die kartellbeteiligten Unternehmen verfügten über große Marktanteile, vermochten die Kartellwirkungen auf die weiteren D. Mitglieder zu erstrecken und praktizierten die Kartellierung über eine lange Zeit. Daher reicht die in den Urteilsgründen allein zu findende bloße Annahme, die zum Vergleich herangezogenen freien Anbieter hätten ihre Preise unabhängig von den Wirkungen der Kartellabsprache festgesetzt, nicht aus, um einen Preisschirmeffekt rechtsfehlerfrei zu verneinen. Beweiswürdigend erörtert das Oberlandesgericht diesen Gesichtspunkt nicht näher.
d) Darüber hinaus steht die Mehrerlösschätzung nicht im Einklang mit den marktimmanenten Umständen und den festgestellten Preissetzungsanreizen der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6. Vielmehr fehlt es an nachprüfbar dargelegten, realistischen Anhaltspunkten für die der Schätzung zugrunde liegende Wahrscheinlichkeitsaussage, dass die Durchschnittspreise der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 unter Wettbewerbsbedingungen jenen der Vergleichsunternehmen entsprochen hätten (vgl. zu den Erfordernissen Bornkamm/Tolkmitt in Langen/Bunte, Kartellrecht, 13. Aufl., § 34 GWB Rn. 13; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 34 GWB Rn. 21). Die Annahmen des Oberlandesgerichts, dass einerseits die freien Anbieter ihre Preise unabhängig von den Preisen der Kartellmitglieder gesetzt, andererseits aber die Kartellmitglieder, hätte es das Kartell nicht gegeben, ihre Preise an den Preisen der freien Anbieter orientiert hätten, sind nicht ohne weiteres miteinander vereinbar. Denn in demselben Markt tätige, rational handelnde Unternehmen werden ihre Preise grundsätzlich nicht vollkommen unabhängig voneinander setzen. Der Ansatz des Oberlandesgerichts lässt besorgen, dass es aus dem Blick verloren hat, die Preise zu ermitteln, die von den Nebenbetroffenen wahrscheinlich gesetzt worden wären, hätte es das Kartell nicht gegeben, und statt dessen auf Preise gezielt hat, die die Nebenbetroffenen in einem idealen Markt nicht hätten überschreiten können. Ein solches Vorgehen ist jedoch mit der - nicht quantifizierbaren - Gefahr einer systematischen Fehleinschätzung kartellbedingter Preiseffekte verbunden.
aa) Auch bei einer marktinternen Vergleichsanalyse sind zur Vermeidung systematischer Schätzfehler wettbewerbsimmanente Gründe für Preisunterschiede zwischen den Nebenbetroffenen und den Vergleichsunternehmen korrigierend zu berücksichtigen (vgl. Coppik/Haucap, WuW 2016, 50, 56 f.). Denn trotz der notwendig identischen Gesamtstruktur des Marktes kann ein unterschiedliches Preisniveau der Unternehmen von marktimmanenten und demnach nicht kartellbedingten Preisdeterminanten abhängen. Dies hat das Oberlandesgericht im Grundsatz auch erkannt. Denn als solche strukturellen Elemente hat es zutreffend (etwa durch schwankende Einkaufspreise verursachte) zeitliche und zudem regionale Preisunterschiede identifiziert und seine Schätzung entsprechend modifiziert.
bb) Mit der Bedeutung der festgestellten Wechselkosten für einen Kartellpreiseffekt hat sich das Oberlandesgericht hingegen nicht hinreichend auseinander gesetzt. Nach den Feststellungen war nicht nur beim Erwerb eines eigenen Tanks, der günstigere Gaspreise nach sich zog, ein Anbieterwechsel für den Kunden mit (objektiven) Wechselkosten verbunden (dazu UA S. 93). Wechselnde Kunden hatten gemäß den Verträgen mit den Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 auch die Kosten für Abbau, Entleerung und Rücktransport des gemieteten Tanks zu tragen (vgl. UA S. 85 f.). Daher war ein "Miettankwechsel" ebenfalls mit Kosten verbunden. Diesen (wie den günstigeren Preisen für Kunden mit einem eigenen Tank) will das Oberlandesgericht dadurch Rechnung tragen, dass es in der Vergleichsberechnung nach "Tankmodellen" (Eigentumstank/Miettank) differenziert.
Für den Miettankbereich ist an diesem Vorgehen nachvollziehbar, dass die Wechselkosten Kunden nicht hinderten, zu einem freien Anbieter zu wechseln. Unberücksichtigt bleiben jedoch die subjektiven Wechselkosten, also die mit einem Anbieterwechsel verbundenen immateriellen Belastungen, wie dem hier womöglich erheblichen Zeit- und Organisationsaufwand. Das Oberlandesgericht führt selbst aus, dass der Wettbewerb auf dem bundesweiten Endverbrauchermarkt für Flüssiggas "ohnedies schon stark gedämpft" war (UA S. 15). Der Hauptgrund war die "Wechselträgheit" der Kunden. Weiter heißt es in den Urteilsgründen: "Der errechnete Preisabstand zu den freien Anbietern ist noch viel zu gering, als dass eine breite Mehrheit der Kunden ihn zum Anlass nehmen würde, einen Anbieter- oder Systemwechsel … in Betracht zu ziehen." (UA S. 357 zum Mengeneffekt). Dies weist darauf hin, dass die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 auch ohne die Zuwiderhandlung über erhebliche Preissetzungsspielräume verfügt hätten und der Preiseffekt des Kartells nur gering gewesen sein könnte. Daher ist zumindest ohne nähere Erläuterung nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 trotz der Wechselträgheit der Kunden hätten veranlasst sehen sollen, ihre (ohnehin heterogenen) Gaspreise "auf breiter Front" niedriger festzusetzen. Dies gilt zumindest für die weit zahlreicheren Kunden mit gemietetem Tank. Dass den Urteilsgründen zufolge ohne die Zuwiderhandlung zugleich von einer höheren Wettbewerbsintensität auszugehen ist, genügt als Erklärung nicht. Erst recht ist es dem Senat verwehrt, auf ein Absinken der kartellfreien Preise noch unter das Preisniveau der Vergleichsunternehmen abzustellen. Dem steht schon der vom Oberlandesgericht verneinte Preisschirmeffekt entgegen.
cc) Darüber hinaus könnte ein höherer Anteil an (wechselträgen) Stammkunden mit teureren Alttarifen bei den Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 zu einer systematischen Differenz in den Durchschnittspreisen der beiden Anbietergruppen geführt haben (vgl. Coppik/Haucap, WuW 2016, 50, 57 Fn. 62). Die Vergleichsunternehmen dürften anteilig über mehr "Wechselkunden" - denen sie aufgrund der Wechselkosten günstige Konditionen bieten mussten - verfügt haben als die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6. Hierfür sprechen das überwiegend späte Eintreten der Vergleichsunternehmen in den Flüssiggasmarkt (UA S. 94 ff.) und der steigende Marktanteil der freien Anbieter (UA S. 91) in dem insgesamt schrumpfenden Markt. Der Anteil an "Landwirtschaftskunden", denen ebenfalls besonders attraktive Preise gewährt wurden, war bei den Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 ohnehin geringer als bei den Vergleichsunternehmen (vgl. UA S. 365). Dass diese Nebenbetroffenen ohne die Zuwiderhandlung über einen vergleichbar hohen Anteil an preissensiblen Kunden mit günstigen Tarifen verfügt hätten, zeigen die Urteilsgründe indes nicht auf. Dass die längere Kundenbindung "auch eine unmittelbare Folge des Kartells" gewesen sei (UA S. 177), ist hierfür keine ausreichende Begründung.
dd) Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht zudem eine Kostenheterogenität der verglichenen Flüssiggasanbieter nicht überprüft (vgl. UA S. 358). Insbesondere Transportkosten in anderer Höhe zählen zu den objektiven Strukturunterschieden (vgl. Barth/Bongard, WuW 2009, 30, 34 mwN), die kartellunabhängig das Preissetzungsverhalten beeinflussen und daher notwendige Abschläge von dem an sich ermittelten Mehrerlös bedingen können. Es ist trotz der von den Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 genutzten Ausfuhrkooperationen keineswegs ausgeschlossen, dass die als Vergleichsunternehmen herangezogenen freien Anbieter geringere Lieferkosten hatten. Denn sie waren zumeist mit regionalen Schwerpunkten tätig, was ebenfalls eine effiziente Transportkostenstruktur nahelegt. Gleiches gilt für die festgestellten Kooperationen mit anderen Flüssiggasanbietern (UA S. 97 f. zur I. ).
ee) Des Weiteren trifft es nicht zu, dass die Frage irrelevant ist (UA S. 358), "ob die Versorgungsunternehmen den Miettank über den Preis des Flüssiggases querfinanzieren (unterschiedliche Mietpreisstrategien)". Denn den Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 ist es auch unter Wettbewerbsbedingungen unbenommen, höhere Gaspreise mit günstigeren Mietpreisen für den Tank zu einem marktfähigen Angebot zu kombinieren. Eine Vergleichsbetrachtung für Kunden mit gemietetem Tank hat daher das "Leistungsbündel" in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 1984 - KVR 13/83, WuW/E BGH 2103, 2105 - Favorit).
e) Durch die aufgezeigten Darlegungsmängel sind die Beschwerdeführer im Ergebnis beschwert. Das Oberlandesgericht hätte den kartellbedingten Mehrerlös allerdings lediglich unterschätzt, sollte es einen positiven, zu einer Preissteigerung der Kartellaußenseiter führenden Preisschirmeffekt außer Acht gelassen haben. Einen negativen Preisschirmeffekt (vgl. dazu Coppik/ Haucap, WuW 2016, 50, 55; Inderst/Maier-Rigaud/Schwalbe, WuW 2014, 1043, 1047 Fn. 10) legen die sonstigen Feststellungen nicht nahe. Indes sind die Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 durch die weiteren (möglichen) Schätzfehler beschwert, denn diese könnten einzeln wie in ihrer Gesamtheit dazu geführt haben, dass das Oberlandesgericht den Mehrerlös zu hoch festgesetzt hat. Dass ein übersehener positiver Preisschirmeffekt diese Schätzunsicherheiten jedenfalls kompensiert, vermag der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Grundlagen in den Urteilsgründen nicht sicher festzustellen. Da der mögliche systematische Schätzfehler nicht quantifizierbar ist, kann daran auch der vom Oberlandesgericht vorgenommene Sicherheitsabschlag nichts ändern.
f) Nicht zu entscheiden braucht der Senat, ob die Datenauswahl - den im Urteil mitgeteilten Absatzmengen zufolge stammen die weitaus meisten Vergleichspreise nur von der H. - und die Datendichte den rechtlichen Anforderungen gerecht werden.
2. Die rechtsfehlerhafte Mehrerlösschätzung nötigt zur Aufhebung der gesamten Bußgeldaussprüche mit den zugehörigen Feststellungen.
a) Bei den Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 hat das Oberlandesgericht die Bußgeldobergrenzen des § 81 Abs. 2 Satz 1 GWB 1999 rechtsfehlerhaft bestimmt. Bei der Nebenbetroffenen zu 6, gegen die es die Geldbuße aus dem umsatzbezogenen Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 GWB 2007 zugemessen hat, ist der Günstigkeitsvergleich (§ 4 Abs. 3 OWiG) nicht rechtsfehlerfrei. Hierauf beruhen die Bußgeldaussprüche (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 337 StPO). Auch die Feststellungen zu den Gesamtumsätzen der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 nach § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005/2007 haben keinen Bestand. Das neue Tatgericht wird - soweit wie für den Günstigkeitsvergleich erforderlich - die Gesamtumsätze dieser Nebenbetroffenen in dem seiner (neuen) Entscheidung vorausgehenden Geschäftsjahr festzustellen haben (§ 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005; vgl. BGHSt 58, 158 Rn. 65, 73 - Grauzementkartell I). Um dem neuen Tatgericht eine insgesamt widerspruchsfreie Beurteilung der wirtschaftlichen Einheiten zu ermöglichen, hat der Senat die Feststellungen ebenfalls aufgehoben, die den Gesamtumsätzen des Jahres 2006 (und des nunmehr bedeutungslosen Jahres 2012) zugrunde liegen.
b) Bei den Betroffenen zu 1 und 5 sowie der Nebenbetroffenen zu 7 hat das Oberlandesgericht bußgelderhöhend die aus seiner Mehrerlösschätzung folgenden "beträchtlichen Schäden" bei den Flüssiggaskunden berücksichtigt, die zugleich die "Schwere der Tat" beeinflussen (UA S. 418 f.). Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Oberlandesgericht ohne diese - von den Rechtsfehlern beeinflusste - Erwägung geringere Geldbußen auch gegen diese Beschwerdeführer verhängt hätte.
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: Aufgrund der komplexen Marktverhältnisse empfiehlt sich die Einschaltung eines Sachverständigen, um den kartellbedingten Mehrerlös der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 6 bestimmen zu können. Angesichts (und trotz) des weiteren Zeitablaufs seit der Verkündung des angefochtenen Urteils wird sich dabei die Frage neu stellen, ob eine zeitliche Vergleichsmarktanalyse die vorzugswürdige Schätzmethode ist. Auch kann als kostenbasiertes Verfahren die "gesamtwirtschaftliche Analyse" (vgl. dazu BGHSt 52, 1 Rn. 19 - Papiergroßhandel) in Betracht zu ziehen sein.
Das neue Tatgericht wird zudem im Rahmen des Verschlechterungsverbots (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 358 StPO) darauf Bedacht nehmen, die Geldbußen in einem gerechten Verhältnis zueinander festzusetzen. In dem angefochtenen Urteil war insoweit zumindest die gegen die Nebenbetroffene zu 6 verhängte Geldbuße - die allein zu Recht auch den wirtschaftlichen Vorteil abschöpfen sollte (vgl. dazu BGHSt 52, 1 Rn. 25 f. - Papiergroßhandel; Kühnen, WuW 2010, 16, 25 f.) - nicht rechtsfehlerfrei zugemessen. Die fast vollständige Ausschöpfung des nach § 17 Abs. 4 Satz 2 OWiG erhöhten Bußgeldrahmens unterliegt schon mit Blick auf die weiteren Geldbußen Bedenken.
V. Von der Aufhebung der Bußgeldaussprüche unberührt bleibt die Entscheidung des Oberlandesgerichts, eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von "knapp drei Monaten" zugunsten der Nebenbetroffenen zu 1 und 3 bis 7 festzustellen (vgl. UA S. 430).
1. Die Urteilsgründe lassen allerdings nicht erkennen, aus welchem Grund es eine solche Feststellung zugunsten der Betroffenen zu 1 und 5 unterlassen hat. Ein durchgreifender Rechtsfehler zu deren Lasten ist gleichwohl zu verneinen, denn die pauschalen Ausführungen zur rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung entziehen sich der rechtlichen Prüfung. Zudem drängt sich eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nach den Urteilsgründen auch nicht auf. Insbesondere liegt in dem Zeitraum, den die Bescheidung von Ablehnungsgesuchen in Anspruch nimmt, keine unzureichende Verfahrensförderung. Der Senat ist daher nicht gehalten, auf die Sachrüge der Betroffenen zu 1 und 5 auch zu deren Gunsten einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK festzustellen.
2. Die Verfahrensrügen, mit denen die Beschwerdeführer eine weitergehende rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung geltend machen, sind unzulässig. Die Rechtsbeschwerden teilen - soweit sie auf diese Verfahrensabschnitte abstellen - die im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen sowie die Geschehnisse in der Hauptverhandlung nicht im Einzelnen mit. Der Senat kann daher entgegen § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht allein aufgrund des Beschwerdevorbringens prüfen, ob das Verfahren in seiner Gesamtheit rechtsstaatswidrig verzögert worden ist. Dies gilt auch, soweit die Ausschöpfung der Urteilsabsetzungsfrist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO und die "verspätete Zustellung des Urteils" als Verstöße gegen das Beschleunigungsgebot beanstandet werden. Hier fehlt es zudem schon am Vortrag zum Umfang des Hauptverhandlungsprotokolls und dessen Fertigstellung, die der Urteilszustellung vorauszugehen hat (vgl. § 71 Abs. 1 OWiG, § 273 Abs. 4 StPO).
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