Entscheidungsdatum: 07.12.2010
Entega II
1. Eine Preisspaltung kann sachlich gerechtfertigt sein, wenn ein beherrschendes Unternehmen seine Tätigkeit auf einen anderen Markt ausdehnen will, auf dem ein erfolgversprechender Marktzutritt anders als durch eine vorübergehende, signifikante Unterbietung des dort vorzufindenden Preisniveaus nicht möglich erscheint, weil funktionierender Wettbewerb auf diesem Markt bisher nicht besteht .
2. Welchen Zeitraum die Marktzutrittsphase umfasst und welche Preisdifferenz gerechtfertigt sein kann, richtet sich nach den Wettbewerbsverhältnissen auf dem Zweitmarkt .
3. Ein Missbrauch i.S.v. § 19 Abs. 1 GWB liegt auch dann vor, wenn ein Normadressat auf dem von ihm beherrschten Markt Endkunden durch Preisspaltung diskriminiert .
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Januar 2010 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, es zu unterlassen, von den Klägern Entgelte für Erdgaslieferungen zu fordern, die die Entgelte um mehr als 5% übersteigen, die die e. GmbH & Co. KG von Standardlastprofilkunden oder Haushaltskunden fordert, die an die Erdgasverteilnetze der E. GmbH & Co. KG oder der G. AG angeschlossen sind.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. März 2007 teilweise abgeändert. Die Klage wird auch im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 11/15 die Kläger und zu 4/15 die Beklagte.
Von Rechts wegen
Die Kläger beziehen für ihr Einfamilienhaus in L. Erdgas von der Beklagten, einer Vertriebsgesellschaft für Erdgas und Elektrizität im Netzgebiet der H. AG (H.) und der Stadtwerke M. AG. Die Gesellschaftsanteile der Beklagten werden mehrheitlich von der H. und im Übrigen von der Stadtwerke M. AG gehalten. Die H. ist auch alleinige Gesellschafterin der e. GmbH & Co. KG (im Folgenden: e.), die ebenfalls Erdgas und Elektrizität vertreibt, wobei sich ihr Vertriebsgebiet in der Region um Bürstadt mit demjenigen der Beklagten deckt und im Übrigen auf die Netze der G. AG (G.) und der E. GmbH & Co. KG (E.) beschränkt.
Die Kläger beziehen jährlich ca. 22.000 kWh Erdgas von der Beklagten. Sie haben behauptet, die Beklagte habe dafür zwischen dem 1. Juli 2006 und dem 31. Dezember 2007 5,21 ct/kWh und ab dem 1. Januar 2008 5,56 ct/kWh verlangt. Demgegenüber betrug der Abgabepreis von e. bei einer Jahresabnahme von ebenfalls 22.000 kWh zwischen dem 1. Juli 2006 und dem 30. April 2008 4,54 ct/kWh. Die Kläger halten dies für eine missbräuchliche Preisspaltung gemäß § 19 Abs. 1 i.V. mit Abs. 4 Nr. 3 GWB. Sie haben beantragt,
der Beklagten zu verbieten, von den Klägern ungünstigere Entgelte für Erdgaslieferungen zu fordern, als sie die e. GmbH & Co. KG von gleichartigen Abnehmern fordert, die an das Erdgasverteilnetz der E. GmbH & Co. KG, der G. oder der H. in B. angeschlossen sind.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Frankfurt, RdE 2008, 139). Auf die Revision der Kläger hat der Bundesgerichtshof das Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 23. Juni 2009 - KZR 21/08, WuW/E DE-R 2739 - Entega). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt (OLG Frankfurt, WuW/E DE-R 2860),
es zu unterlassen, von den Klägern Entgelte für Erdgaslieferungen zu fordern, die die Entgelte um mehr als 5% übersteigen, die die e. von Standardlastprofilkunden oder Haushaltskunden im Sinne des § 3 Nr. 22 EnWG fordert, die an die Erdgasverteilnetze der E. GmbH & Co. KG, der G. oder der H., gepachtet durch die V. (V.) GmbH & Co. KG, in B. angeschlossen sind.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
A. Das Berufungsgericht hat die Klage als überwiegend begründet angesehen und dazu ausgeführt:
Die Beklagte sei Normadressatin des § 19 GWB. Sie verfüge auf dem regionalen Markt für die leitungsgebundene Gasversorgung von Endkunden über eine beherrschende Stellung. Räumlich sei dieser Markt auf das Netzgebiet der H. beschränkt, weil die Kunden von Wechselmöglichkeiten kaum Gebrauch machten. Ende 2006 habe der Marktanteil der Beklagten im Netzgebiet der H. über 90% betragen. Derzeit belaufe er sich noch auf mindestens 70%.
Für die Annahme von Wiederholungsgefahr genüge, dass die Beklagte zumindest in der Vergangenheit von den Klägern ungünstigere Preise gefordert habe als die ihr zuzurechnende e. auf vergleichbaren Märkten von ver-gleichbaren Abnehmern. Die Beklagte habe eingeräumt, dass ihr Vergleichspreis im Jahre 2006 netto 5,14 ct/kWh betragen habe. Dies reiche für die Feststellung einer Preisspaltung aus. Auf die streitige Behauptung der Kläger, der ihnen abverlangte Preis habe sich auf 5,21 ct/kWh und ab 1. Januar 2008 sogar auf 5,56 ct/kWh belaufen, komme es danach nicht mehr an.
Die in der Vergangenheit auf vergleichbaren Märkten und gegenüber gleichartigen Abnehmern erfolgte Preisspaltung sei sachlich nicht gerechtfertigt gewesen. Zwar sei es auch einem Anbieter leitungsgebundener Energie unbenommen, neben seinem herkömmlichen Vertriebsweg eine günstigere Bezugsmöglichkeit über eine andere eigene Vertriebsgesellschaft anzubieten. Der Missbrauchsvorwurf ergebe sich in einem solchen Fall jedoch aus der räumlichen Beschränkung des Angebots.
Die niedrigeren Preise der e. seien auch nicht als vorübergehende Marktzutrittspreise eines neuen Anbieters gerechtfertigt gewesen. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich bei dem Angebot der e. um ein kurzfristiges Markteinführungsangebot gehandelt habe. Der Umstand, dass e. ihre durchweg günstigeren Preise längere Zeit beibehalten habe, deute vielmehr auf eine langfristig angelegte Preisstrategie zur Eröffnung einer günstigeren Bezugsmöglichkeit hin.
Der Beklagten sei jedoch zumindest für die Zukunft ein Erheblichkeitszuschlag zuzubilligen, da nicht bereits jeder Preisunterschied auf vergleichbaren Märkten Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung sei. Das Unwerturteil des Missbrauchs sei nur bei einem deutlichen Abstand der Preise gerechtfertigt. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass es um die Preise ein- und desselben Unternehmens gehe. Weil der sachliche Markt von einer natürlichen Monopolsituation geprägt sei, sei ein Missbrauch jedoch bereits bei einem geringeren Zuschlag zu bejahen als unter normalen Marktgegebenheiten. Im Hinblick auf die mangels Wechselbereitschaft derzeit noch schwach entwickelte Wettbewerbssituation erscheine es danach angemessen, den Zuschlag auf lediglich 5% zu bemessen.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage, soweit die Kläger der Beklagten untersagt wissen wollen, ungünstigere Entgelte zu fordern, als sie e. von Kunden fordert, die an die Erdgasverteilnetze der E. oder der G. angeschlossen sind (nachstehend I.). Dagegen hat die Revisi-on keinen Erfolg, soweit das Berufungsgericht der Beklagten Entgeltforderungen untersagt hat, die die Preise der e. im Netz der H. in B. um mehr als 5% übersteigen (nachstehend II.).
I. Der Umstand, dass e. in den Netzgebieten der G. und der E. niedrigere Preise verlangt hat als die Beklagte in ihrem Versorgungsgebiet, begründet entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die sachlich nicht gerechtfertigte Forderung ungünstigerer Entgelte, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert (§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 3 GWB). Die Preisunterschiede waren jedenfalls aufgrund des Markteintritts der e. sachlich gerechtfertigt.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht als sachlich maßgeblichen Markt den Markt für die leitungsgebundene Gasversorgung von Endkunden angesehen (BGH, WuW/E DE-R 2739, 2742 - Entega; Beschluss vom 10. Dezember 2008 - KVR 2/08, WuW/E DE-R 2538 Rn. 12 - Stadtwerke Uelzen) und angenommen, dass sich dieser Markt räumlich - solange keine Veränderung der konkreten Wettbewerbsverhältnisse eintritt - auf das durch das Netz der H. versorgte Gebiet beschränkt. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht auf dieser Grundlage von einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten sowohl im Jahr 2006 als auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ausgegangen.
a) Für die räumliche Marktabgrenzung kommt es nicht darauf an, dass das Vertriebsgebiet der Beklagten außer dem Netz der H., das diese an ihre Tochtergesellschaft V. GmbH & Co. KG (V.) verpachtet hat, auch das Netzgebiet der E. GmbH (mittelbare Tochtergesellschaft der Stadtwerke M.) umfasst. Solange keine Veränderung der konkreten Wettbewerbsverhältnisse eintritt, wird der räumlich relevante Markt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch das Versorgungsgebiet des - bis zur rechtlichen Öffnung des Gasmarkts für Endverbraucher - einzigen örtlichen Anbieters leitungsgebundener Versorgung mit Gas bestimmt (vgl. BGH, WuW/E DE-R 2538 Rn. 13 - Stadtwerke Uelzen). Anders als die Revision annimmt, ist damit aber keineswegs gemeint, dass ein Gasversorgungsunternehmen den für die Belieferung von Endkunden in seinem Netzgebiet räumlich relevanten Markt ohne weiteres erweitern und seine marktbeherrschende Stellung verlieren könnte, indem es sein Vertriebsgebiet auf benachbarte Netze ausdehnt und dort gegebenenfalls Grundversorger i.S. des § 36 Abs. 2 EnWG wird. Vielmehr ist die Entscheidung "Stadtwerke Uelzen", wie sich aus dem entsprechenden Verweis ergibt, im Sinne des Senatsurteils vom 4. November 2003 (KZR 16/02, BGHZ 156, 379, 384 ff. - Strom und Telefon I) zu verstehen. Danach kommt es für die räumliche Marktabgrenzung im Bereich leitungsgebundener Gasversorgung von Endverbrauchern entscheidend auf die typischerweise weiterbestehende Verfügungsmacht eines einzigen Anbieters über das lokale Gasversorgungsnetz und die Nachwirkungen ehemaliger Monopolstrukturen an, insbesondere in Form fortbestehender Endkundenverträge. Maßgeblich ist, ob die tatsächlichen Marktverhältnisse weiterhin davon bestimmt werden, dass das Gasversorgungsunternehmen in seinem herkömmlichen Versorgungsgebiet über ein natürliches Monopol an der Netzstruktur verfügt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2005 - KVR 13/05, WuW/E DE-R 1726, 1729 - Stadtwerke Dachau). Der räumliche Markt umfasst dann allein das Netz desjenigen Gasnetzbetreibers, an das der jeweils maßgebliche Nachfrager angeschlossen ist. Nachdem das Einfamilienhaus der Kläger im Netzgebiet der H. bzw. des mit ihr verbundenen Pächters V. liegt, ist der Markt - sofern die konkreten Wettbewerbsverhältnisse keine Veränderung belegen - räumlich auf dieses Netz beschränkt. Da es auf das herkömmliche Versorgungsgebiet des Netzbetreibers ankommt, ist es unerheblich, ob das Vertriebsgebiet einer von ihm gegründeten Vertriebstochtergesellschaft schon anfänglich darüber hinausgeht. Ebenso wenig ist für die räumliche Marktabgrenzung von Bedeutung, ob die in mehreren Netzen tätige Vertriebsgesellschaft einheitliche Preise anwendet, in die dann auch die Kosten aller Netze einfließen.
b) Veränderungen der Marktverhältnisse, die eine auf das Netz der H. begrenzte räumliche Marktabgrenzung rechtsfehlerhaft erscheinen ließen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Nach seinen Feststellungen verfügte die Beklagte im Netzgebiet der H. Ende 2006 über einen Marktanteil von mehr als 90%, der sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz - auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten behaupteten Wechselquote nach der rechtlichen Öffnung des Endkundenmarktes für Gas - jedenfalls nicht unter 70% verringert hatte. Zu Marktanteilen der Wettbewerber hat die Beklagte nichts vorgetragen. Unter diesen Umständen musste das Berufungsgericht bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht zu dem Schluss gelangen, die tatsächlichen Wettbewerbsverhältnisse würden nicht mehr von dem natürlichen Netzmonopol der H. in ihrem herkömmlichen Versorgungsgebiet bestimmt. Dass das Berufungsgericht nicht, wie geboten, klar zwischen der für die Abgrenzung des räumlichen Marktes erheblichen Würdigung der Wettbewerbsverhältnisse im Netzgebiet der H. und der erst daran anschließenden Bestimmung der Marktanteile der Beklagten unterscheidet, hat sich auf sein Ergebnis nicht ausgewirkt. Revisionsrechtlich ist damit nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Beklagte als im Netzgebiet der H. marktbeherrschend und damit als Normadressatin des § 19 GWB angesehen hat.
2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts berechnet die Beklagte gleichartigen Abnehmern auf vergleichbaren Märkten unterschiedliche Preise. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
a) Die Preisgestaltung der e. ist der Beklagten zuzurechnen (vgl. Rn. 15 ff. des ersten Revisionsurteils). Nach den nicht gerügten Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Abhängigkeitsvermutung (§ 36 Abs. 2 GWB i.V.m. § 17 Abs. 2 AktG) weder für die Beklagte noch für e. widerlegt.
b) Das Tatbestandsmerkmal der Vergleichbarkeit hat in § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB nur die Funktion, eine grobe Sichtung unter den als Vergleichsmärkte in Betracht kommenden Märkten zu ermöglichen. Es entspricht damit dem Tatbestandsmerkmal der Gleichartigkeit in § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB 1990. Die zu dieser Vorschrift vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze können daher auch im Rahmen des § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB herangezogen werden. Vergleichbarkeit ist danach schon dann anzunehmen, wenn zwischen den verglichenen Märkten auf erste Sicht keine so signifikanten Unterschiede bestehen, dass sich ihre Einordnung als vergleichbar verbietet. Danach sind bei der leitungsgebundenen Gasversorgung von Endkunden zwei Märkte jedenfalls dann vergleichbar, wenn zwischen ihnen hinsichtlich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine wesentlichen Unterschiede bestehen, die aus der Sicht der Endkunden gemäß der Zielsetzung einer möglichst sicheren und preiswürdigen Gasversorgung von vornherein eine deutlich unterschiedliche Beurteilung der Preisgestaltung rechtfertigen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 1995 - KVR 4/94, BGHZ 129, 37, 46 f. - Weiterverteiler; Beschluss vom 2. Februar 2010 - KVR 66/08, BGHZ 184, 168 Rn. 29 f. - Wasserpreise Wetzlar). Einzelne Unterschiede der Struktur der verglichenen Versorgungsgebiete sind für die Vergleichbarkeit ohne Bedeutung; sie können jedoch bei der Prüfung der sachlichen Rechtfertigung ungünstigerer Preise Berücksichtigung finden (BGHZ 129, 37, 47 - Weiterverteiler).
Nach diesen Grundsätzen konnte das Berufungsgericht das Netzgebiet der H. ohne Rechtsfehler als mit dem Vertriebsgebiet der e. vergleichbar ansehen. Das für den Preisvergleich als Erstmarkt herangezogene Netzgebiet der H. umfasst nicht die Großstadt M., sondern große Teile Südhessens. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten hatte das Berufungsgericht keinen Anlass, zwischen diesem Gebiet und dem Versorgungsgebiet der e. die Vergleichbarkeit von vornherein ausschließende, signifikante Unterschiede anzunehmen. Anders als bei der Wasserversorgung kommt den Vertriebskosten bei der Gasversorgung nur geringere Bedeutung zu. Es ist daher hier nicht erforderlich, schon auf der Ebene der Vergleichbarkeit Feststellungen zu den Vertriebs-, insbesondere den Netznutzungskosten oder den aus einer Grundversorgungspflicht (§ 36 Abs. 2 EnWG) folgenden Zusatzkosten zu treffen (vgl. BGHZ 184, 168 Rn. 30, 32 - Wasserpreise Wetzlar). Dabei handelt es sich um Kosten, denen erst bei der Prüfung der sachlichen Rechtfertigung des Preisunterschieds Rechnung zu tragen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 1999 - KVR 12/98, BGHZ 142, 239, 245 - Flugpreisspaltung).
3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe in den Netzgebieten der G. und der E. ungünstigere Preise als e. ohne sachliche Rechtfertigung verlangt, hält jedoch den Rügen der Revision nicht stand.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass e. zwischen dem 1. Juli 2006 und dem 30. April 2008 einen Nettopreis von 4,54 ct/kWh gefordert hat, während der Vergleichspreis der Beklagten im Jahr 2006 5,14 ct/kWh betragen hat. Festgestellt ist damit lediglich eine Preisdifferenz von 0,6 ct/kWh während eines Zeitraums von sechs Monaten (1. Juli bis 31. Dezember 2006). Für weitere Zeiträume hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den Preisen der Beklagten getroffen. Für die revisionsrechtliche Prüfung kommt es daher nur darauf an, ob in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 eine ungerechtfertigte Preisspaltung vorgelegen hat. Das war indes in Bezug auf die Netzgebiete der G. und der E. nicht der Fall.
a) Nach § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 3 GWB liegt ein verbotener Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vor, wenn das beherrschende Unternehmen ungünstigere Entgelte fordert, als es selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern verlangt, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist.
aa) Ob für unterschiedliche Preise eine sachliche Rechtfertigung besteht, ist aufgrund einer Abwägung aller beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu beantworten. Dieser Beurteilungsmaßstab, den der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für den Diskriminierungstatbestand des § 20 GWB anwendet (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. September 1962 - KZR 6/61, BGHZ 38, 90, 100, 102 - Grote Revers; Urteil vom 19. März 1996 - KZR 1/95, WuW/E 3058, 3063 - Pay-TV-Durchleitung; Urteil vom 13. Juli 2004 - KZR 40/02, BGHZ 160, 67, 76 f. - Standard-Spundfass), beansprucht auch für Fälle des Ausbeutungsmissbrauchs Geltung (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 1982 - KVR 9/81, WuW/E 1965, 1966 f. - Gemeinsamer Anzeigenteil).
Der Tatbestand der Preisspaltung nach § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 3 GWB vereint Elemente des Ausbeutungsmissbrauchs und der Diskriminierung (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft vom 21. Februar 1980, BT-Drucks. 8/3690 - nachfolgend Bericht 1980, S. 25; Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 19 Rn. 170). Eine Preisspaltung kann darauf hindeuten, dass der höhere Preis allein wegen des Versagens der Wettbewerbskräfte auf dem beherrschten Markt zu Lasten der Kunden durchgesetzt werden kann, während das Unternehmen auf dem vergleichbaren Markt durch den hier bestehenden Wettbewerbsdruck zur Zurückhaltung bei der Ausübung seiner Marktmacht gezwungen ist (vgl. BGHZ 142, 239, 246 - Flugpreisspaltung). Zugleich soll dieser Tatbestand einer Preis- und Konditionendiskriminierung insbesondere privater Endverbraucher entgegenwirken, die von § 20 GWB nicht erfasst wird (Bericht 1980, aaO). Diese Überschneidung der Schutzzwecke rechtfertigt es, die zu § 20 GWB im Zusammenhang mit Preisdifferenzierungen entwickelten Grundsätze im Rahmen des § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB heranzuziehen (Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 19 Rn. 161; Wiedemann/Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl., § 23 Rn. 62).
Das Verbot einer sachlich nicht gerechtfertigten Preisspaltung ist danach nicht in dem Sinne auszulegen, dass es eine allgemeine Meistbegünstigungsklausel enthält, die das marktbeherrschende Unternehmen generell zwingen soll, allen seinen Kunden gleich günstige Bedingungen, insbesondere Preise, einzuräumen. Auch dem marktbeherrschenden Unternehmen ist es nicht verwehrt, auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert zu reagieren. Unterschiede, die die Wettbewerbsbedingungen auf dem Vergleichsmarkt beeinflussen können, sind zu berücksichtigen (Bericht 1980, aaO).
bb) Eine Preisdifferenzierung kann daher sachlich gerechtfertigt sein, wenn ein beherrschendes Unternehmen seine Tätigkeit auf einen anderen Markt ausdehnen will, auf dem ein erfolgversprechender Marktzutritt anders als durch eine vorübergehende, signifikante Unterbietung des dort vorzufindenden Preisniveaus nicht möglich erscheint, weil funktionierender Wettbewerb auf diesem Markt bisher nicht besteht. Namentlich kommen solche Preisvorstöße zur Überwindung von Marktzutrittshürden auf dem im Streitfall betroffenen Gasversorgungsmarkt in Betracht, auf dem sie der Schaffung wirksamen Wettbewerbs auf den räumlichen Märkten förderlich sind, die typischerweise jeweils durch den vormaligen Monopolversorger beherrscht werden.
Der Marktzutritt auf einen von einem angestammten Versorger beherrschten Kleinkundenmarkt erscheint nur erfolgversprechend, wenn die mangelnde Wechselbereitschaft der Kunden überwunden werden kann. Dies ist bei einem homogenen Gut wie Erdgas in erster Linie durch einen signifikant günstigeren Preis möglich. Der neue Anbieter muss den etablierten Versorger deutlich unterbieten, um hinreichend Kunden akquirieren zu können. Da als konkurrierende Anbieter nicht zuletzt Gasversorger aus benachbarten Versorgungsgebieten in Betracht kommen, hieße es, bestehende Marktzutrittsschranken zu verfestigen, wollte man diesen von vornherein untersagen, in dem Zweitmarkt vorübergehend günstigere Preise zu verlangen als in ihrem angestammten Versorgungsgebiet (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten "Strom und Gas 2009" Rn. 512). Der Anreiz für Marktzutritte benachbarter Energieversorger und damit der Kreis möglicher Wettbewerber würde dadurch verringert, was angesichts der erheblichen Hürden für Wettbewerb im Gaskleinkundenbereich den Zielen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen widersprechen würde.
In dieser Situation ist es als wettbewerbskonform anzusehen, wenn ein neu in einen regionalen Gasmarkt eintretendes Versorgungsunternehmen vorübergehend Preise anbietet, die sich in gewissem Umfang unterhalb der Preise bewegen, die das Unternehmen von gleichartigen Abnehmern in seinem traditionellen Versorgungsgebiet fordert. Der Versuch, in dem neuen Markt durch günstigere Preise Kunden zu gewinnen und sich als neuer Anbieter zu etablieren, lässt nicht den Schluss auf eine Ausbeutung der Kunden im angestammten Versorgungsgebiet zu, sofern der Preisunterschied verhältnismäßig ist und auf die Phase des Marktzutritts beschränkt bleibt.
Welchen Zeitraum die Marktzutrittsphase umfasst und welche Preisdifferenz gerechtfertigt sein kann, richtet sich nach den Wettbewerbsverhältnissen auf dem Zweitmarkt. Das Ende der Markteintrittsphase hängt maßgeblich davon ab, wie viel Zeit das hinzutretende Versorgungsunternehmen benötigt, um auf dem Zweitmarkt Kunden zu gewinnen und sich dauerhaft als Anbieter zu etablieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Schaffung wirksamen Wettbewerbs angesichts der typischerweise langfristigen Vertragsbeziehungen und der noch gering ausgebildeten Kundenbereitschaft, den Gasversorger zu wechseln, voraussetzt, dass die Verbraucher die von dem vorstoßenden Unternehmen verlangten Entgelte nicht lediglich als Lockangebot wahrnehmen, das ihnen nur einen sehr kurzfristigen Preisvorteil verschafft und daher den Wechsel des Versorgers als nicht lohnend erscheinen lässt.
Die Interessen der Kunden des Versorgungsunternehmens auf dem von ihm beherrschten, angestammten Markt sind insoweit für die Abwägung erheblich, wie die ihnen berechneten Preise durch die auf dem Zweitmarkt gewährten Markteintrittspreise ungünstig beeinflusst werden, wobei der Grad der Interessenbeeinträchtigung maßgeblich auch davon abhängt, inwieweit diese Kunden auf andere Bezugsmöglichkeiten ausweichen können. Den Interessen der Altkunden stehen die Interessen der Verbraucher im Zweitmarkt gegenüber, die von günstigeren Preisen profitieren wollen. Bei der erforderlichen Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes fällt ferner das Interesse an der Schaffung funktionsfähigen Wettbewerbs in bisher durch monopolistische Versorgungsstrukturen gekennzeichneten Versorgungsgebieten ins Gewicht, dem grundsätzlich auch durch den Marktzutritt eines Unternehmens Rechnung getragen werden kann, das auf einem Nachbarmarkt marktbeherrschend ist. Würde ein solches Unternehmen gezwungen, den für einen Zweitmarkt vorgesehenen günstigen Preis auf seinen Heimatmarkt auszudehnen, wären Preisvorstöße für dieses Unternehmen mit so erheblichen Kosten verbunden, dass sie kaum zu erwarten wären. Eine andere Bewertung kommt in Betracht, wenn der mit einer Preisspaltung verbundene Preisangriff auf dem Zweitmarkt gezielt auf die Verdrängung eines dort neu in den Markt eingetretenen, nicht mit dem herkömmlichen Netzbetreiber dieses Marktes verbundenen Wettbewerbers gerichtet ist.
Unter den beschriebenen, besonderen Umständen wird regelmäßig selbst ein gegenüber dem beherrschten Markt um bis zu 15% günstigerer Preis auf dem Zweitmarkt noch keinen Anlass zu kartellrechtlichen Bedenken geben.
cc) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ist bei § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB im Rahmen der Prüfung der sachlichen Rechtfertigung des Preisunterschieds zudem ein Erheblichkeitszuschlag anzusetzen, weil der mit einem Unwerturteil verbundene Missbrauchsvorwurf einen deutlichen Abstand zwischen den Preisen auf den verglichenen Märkten voraussetzt (vgl. BGHZ 142, 239, 251 f. - Flugpreisspaltung; BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - KVR 17/04, BGHZ 163, 282, 295 - Stadtwerke Mainz) und völlig identische Märkte, bei denen auch eine geringfügige Preisdifferenz nicht ohne konkrete sachliche Rechtfertigung hingenommen werden könnte, praktisch niemals vorliegen werden. Die Bemessung des Erheblichkeitszuschlags obliegt in erster Linie dem Tatrichter, der die Umstände des konkreten Falls bewertet. Dabei kann dann, wenn der sachliche Markt von einer natürlichen Monopolsituation geprägt ist, unter Umständen ein Missbrauch schon bei einem geringeren Zuschlag anzunehmen sein als unter normalen Marktgegebenheiten (vgl. BGHZ 163, 282, 296 - Stadtwerke Mainz).
Das Berufungsgericht hat in Anwendung dieser Grundsätze in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Erheblichkeitszuschlag auf 5% bemessen. Rechtsfehlerhaft hat es jedoch diesen Zuschlag nur für die Zukunft gewährt und nicht schon bei der Feststellung des Missbrauchs berücksichtigt.
b) Nach diesen Maßstäben war die festgestellte Preisdifferenzierung im zweiten Halbjahr 2006 in den über e. in das Vertriebsgebiet der H. neu einbezogenen Netzgebieten der G. und der E. unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse auf dem Endkundenmarkt für Gas sachlich gerechtfertigt.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts betrug der Abgabepreis der im Sommer 2006 neu gegründeten e. in der zweiten Jahreshälfte 2006 4,54 ct/kWh. Im gleichen Zeitraum belief sich der Preis der Beklagten für vergleichbare Abnahmeverhältnisse nach deren Vorbringen auf 5,14 ct/kWh. Das entspricht einer festgestellten Preisdifferenz von 11,67% bezogen auf den beherrschten Erstmarkt.
aa) Die zweite Jahreshälfte 2006 kann unter den im Gasmarkt herrschenden Umständen ohne weiteres als Markteintrittsphase angesehen werden, in der e. versuchte, in den Netzen der G. sowie der E. und damit in Gebieten außerhalb des Netzes der H. Fuß zu fassen.
In dieser Zeit hat auf dem Gasmarkt insbesondere im Bereich der Haushaltskunden trotz der durch den Wegfall der früheren Demarkations- und Konzessionsverträge bewirkten rechtlichen Öffnung Wettbewerb kaum in nennenswertem Umfang stattgefunden. Gründe hierfür waren hohe Markteintrittsbarrieren für Unternehmen ohne eigenes Leitungsnetz sowie eine niedrige Wechselbereitschaft der Haushaltskunden. Die durch jahrzehntelange Gebietsmonopole gefestigte Bindung an einen regionalen Gasanbieter, der häufig auch gleichzeitig Stromlieferant ist, war in der Regel sehr hoch. Entsprechend hoch war auch die Schwelle, einen Wechsel des Versorgers vorzunehmen (Monopolkommission, Sondergutachten "Strom und Gas 2007: Wettbewerbsdefizite und zögerliche Regulierung", BT-Drucks. 16/7087 Rn. 577; Sondergutachten "Strom und Gas 2009 - Energiemärkte im Spannungsfeld von Politik und Wettbewerb", BT-Drucks. 16/14060 Rn. 128 ff., 137 ff., 143; BGH, Urteil vom 4. November 2003 - KZR 16/02, BGHZ 156, 379, 384 ff. - Strom und Telefon I).
bb) Um erstmals Kunden in den Netzgebieten der G. und der E. zu gewinnen, durfte e. in Anbetracht der schwach ausgeprägten Wechselbereitschaft der Gaskunden jedenfalls im zweiten Halbjahr 2006 Preise anbieten, die deutlich unter den Preisen der Netzbetreiber im Zweitmarkt lagen.
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Gaspreis im Netz der G. oder der E. bei Markteintritt der e. höher als der von der Beklagten im H.-Netz verlangte Preis war. Die Revisionsbeklagten machen auch nicht geltend, dass sie in den Tatsacheninstanzen entsprechenden Vortrag gehalten hätten. Der von der Revision in Bezug genommene Beklagtenvortrag zu einer im Vergleich zum H.-Netz günstigeren Kostenstruktur in den Netzgebieten von G. und E., dem die Kläger nicht substantiiert widersprochen haben, lässt (wesentlich) höhere Preise als ausgeschlossen erscheinen.
Haben die Preise auf den Zweitmärkten aber denjenigen im Netz der Beklagten zumindest im Wesentlichen entsprochen oder sie gar unterschritten, kann die vom Berufungsgericht festgestellte Preisdifferenz von 11,67% bereits ohne Berücksichtigung des tatrichterlich rechtsfehlerfrei mit 5% bemessenen Erheblichkeitszuschlags nicht als unverhältnismäßig hoch angesehen werden.
Dass die Beklagte mittels der Preisspaltung in den Zweitmärkten neu hinzutretende, außenstehende Wettbewerber durch Kampfpreise verdrängen wollte, ist gleichfalls weder festgestellt noch vorgetragen.
cc) Ob ein günstigerer Preis für einen gewissen Zeitraum als Markteinführungspreis gerechtfertigt ist, bestimmt sich allein nach objektiven Gesichtspunkten. Daher ist es, anders als die Revisionserwiderung meint, auch ohne Bedeutung, dass die Beklagte die Preisdifferenz zur e. zu Beginn des Rechtsstreits nicht unter dem Gesichtspunkt des Marktzutritts, sondern ausschließlich mit strukturellen Unterschieden der Versorgungsgebiete gerechtfertigt hat, die eine günstigere Kalkulation der e. erlaubten.
dd) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es für die Rechtfertigung der Preisdifferenz unter dem Gesichtspunkt des Markteinführungsangebots im Jahre 2006 nicht darauf an, ob die e. ihre günstigeren Preise für längere Zeit beibehalten hat. Bleibt ein Einführungspreis über die Markteintrittsphase hinaus unverändert, könnte dies nach einer Würdigung der dann bestehenden Wettbewerbssituation allenfalls dazu führen, dass der sachliche Grund für die Preisspaltung in der Zukunft entfallen könnte. Für die Rechtfertigung im Zeitpunkt der Markteinführung ist das aber ohne Bedeutung.
c) Danach erreicht die vom Berufungsgericht festgestellte Preisdifferenz von 11,67% bei der gebotenen Berücksichtigung der Markteintrittssituation, in der sich e. befand, keine Höhe, die unter den hier gegebenen Umständen eine wettbewerbswidrige Preisspaltung begründen könnte.
Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es sich auf eine Preisspaltung in Bezug auf die Netzgebiete der G. und der E. bezieht. Eine Teilaufhebung ist möglich, weil die Kläger durch die alternative Bezugnahme ihres Antrags auf drei verschiedene Erdgasverteilnetze drei prozessual selbständige Streitgegenstände in das Verfahren eingeführt haben.
4. Im Umfang der Aufhebung bedarf es keiner Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind (§ 563 Abs. 3 ZPO).
a) Für die Jahre 2006 und 2007 kann sich auch nach dem Vorbringen der Kläger unter dem Aspekt des Markteinführungspreises keine abweichende Beurteilung ergeben. Die Preisdifferenz lag danach bei einem behaupteten Preis der Beklagten von 5,21 ct/kWh mit 0,67 ct/kWh (12,86%) nicht in entscheidungserheblicher Weise über dem von der Beklagten zugestandenen Wert (11,67%). Im Ergebnis nichts anderes gilt auch für das Jahr 2008. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. April 2008 haben die Kläger zwar eine Preisdifferenz von 1,02 ct/kWh (18,35%) behauptet, zum 1. Mai 2008 soll die Differenz jedoch infolge der Erhöhung des von e. verlangten Entgelts bereits wieder auf 0,69 ct/kWh (12,41%) gesunken sein. Daraus ergibt sich jedenfalls unter Berücksichtigung des gebotenen Erheblichkeitszuschlags auch für das Jahr 2008 keine Preisdifferenz, die auf eine wettbewerbswidrige Preisspaltung schließen lässt.
b) Angesichts der beschriebenen Wettbewerbsverhältnisse auf dem Gasmarkt sind auch die Jahre 2007 und 2008, auf die der Unterlassungsanspruch ebenfalls gestützt ist, noch der Markteintrittsphase zuzurechnen. Für die Bestimmung von deren Dauer ist im Bereich leitungsgebundener Dauerversorgungsverhältnisse auch zu berücksichtigen, dass die Wechselbereitschaft der Endkunden nach der Lebenserfahrung gering sein wird, wenn sie Grund dazu haben, eine baldige Erhöhung des angebotenen günstigen Preises zu befürchten. Dieser - den Versorgungsunternehmen bekannte - Zusammenhang würde dazu führen, dass wünschenswerte Wettbewerbsvorstöße in den Zweitmarkt als nicht lohnend erschienen und unterblieben, wären attraktive Markteinführungspreise nur kurzfristig zulässig. Im Übrigen kommt den gegen die Preisspaltung gerichteten Interessen der Endverbraucher im H.-Netz - unabhängig von einer noch fortbestehenden geringen Wechselbereitschaft - um so weniger Gewicht zu, je mehr zumutbare anderweitige Bezugsmöglichkeiten für Gas tatsächlich eröffnet sind.
Unter diesen Umständen kann ausgeschlossen werden, dass eine erhebliche Preisdifferenz über die Dauer der Markteintrittsphase in die Netzgebiete der G. und der E. hinaus bestanden hat, die für die Jahre 2007 oder 2008 einen Missbrauchsvorwurf begründen könnte.
c) Danach kommt es auf das - vom Berufungsgericht nicht geprüfte - Vorbringen der Beklagten, zwischen den betroffenen Märkten bestünden für die sachliche Rechtfertigung einer Preisspaltung beachtliche Unterschiede (vgl. BGHZ 142, 239, 245 - Flugpreisspaltung), nicht mehr an. Dahinstehen kann deshalb auch, ob und in welchem Umfang in diesem Zusammenhang im Rahmen des § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB ein unabhängig vom Erheblichkeitszuschlag zusätzlich anzusetzender Sicherheitszuschlag in Betracht kommt (vgl. BGHZ 142, 239, 251 - Flugpreispaltung).
II. Ohne Erfolg bleibt die Revision dagegen, soweit das Berufungsgericht, das rechtsfehlerfrei das Rechtsschutzbedürfnis der Kläger für den Unterlassungsanspruch bejaht hat, der Beklagten untersagt hat, höhere Entgelte zu fordern, als sie e. im Netz der H. in B. verlangt.
1. Die Region um B. gehörte während des gesamten für den vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Zeitraums zum Netzgebiet der H. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass das Netz in B. in diesem Zeitraum an die E. als neue Konzessionärin herausgegeben worden ist. Die Beklagte hat deshalb, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, innerhalb des von ihr beherrschten räumlichen Marktes von gleichartigen Abnehmern, nämlich Endverbrauchern in B. einerseits und Verbrauchern im sonstigen Netzgebiet der H. wie den Klägern andererseits, unterschiedliche Preise für dieselbe Leistung gefordert, indem sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2006 ein um 13,22% höheres Entgelt als e. verlangt hat.
Zwar ist es auch einem Anbieter leitungsgebundener Gasversorgung unbenommen, neben seinem herkömmlichen Vertriebsweg eine günstigere Bezugsmöglichkeit über eine andere eigene Vertriebsgesellschaft - ähnlich einer Zweitmarkenstrategie bei Konsumgütern oder der im Stromvertrieb bereits etablierten "Billigmarken" - anzubieten. Ein Missbrauchsvorwurf kann sich in diesem Fall aber aus der räumlichen Beschränkung eines derartigen Zweitmarkenangebots ergeben (BGH, WuW/E DE-R 2739 Rn. 20 - Entega) und dann für die Teile des Versorgungsgebiets des marktbeherrschenden Unternehmens begründet sein, in denen die Zweitmarke nicht verfügbar ist.
§ 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB erfasst allerdings nach seinem Wortlaut nur Preisspaltungen zwischen einem Erstmarkt und einem vergleichbaren Zweitmarkt. Es kann dahinstehen, ob Vergleichsmarkt im Sinne dieser Vorschrift aufgrund einer an Sinn und Zweck orientierten Auslegung gleichwohl auch ein Teil des Erstmarkts sein kann (in diesem Sinne BGH, WuW/E DE-R 2739 Rn. 20 - Entega - und ihm folgend das Berufungsurteil). Jedenfalls liegt ein Missbrauch i.S. von § 19 Abs. 1 GWB vor, wenn ein Normadressat auf dem von ihm beherrschten Markt Endkunden durch Preisspaltung diskriminiert.
Da § 20 Abs. 1 GWB nur gegen Unternehmen gerichtete Diskriminierungen erfasst, würde sich bei einer anderen Auslegung eine nicht hinnehmbare Schutzlücke ergeben. Die Verbraucher sind vor ungerechtfertigten Preisspaltungen durch marktbeherrschende Unternehmen nicht weniger schutzwürdig, wenn sie durch willkürliche Segmentierung eines Erstmarkts erfolgen, als wenn sie im Vergleich zu einem Zweitmarkt bestehen. Das Verbot der ungerechtfertigten Preisspaltung in § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB hat auch verbraucherschützende Funktion. Der Tatbestand soll insbesondere einer Preis- und Konditionendiskriminierung privater Endverbraucher entgegenwirken, die von § 20 GWB nicht erfasst wird (Bericht 1980, aaO). Wegen der Parallelität der Verbraucherinteressen ist es geboten, mit dem Grundtatbestand des § 19 Abs. 1 GWB gegen Endverbraucher gerichtete Preisspaltungen durch den Normadressaten auf dem beherrschten Markt als Missbrauch zu erfassen. Dadurch wird zudem ein Gleichlauf mit dem Unionsrecht gewährleistet. Art. 102 Abs. 1 AEUV findet auch auf gegen Endverbraucher gerichtete Diskriminierungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 1979 - Rs. 85/76, Slg. 1979, 461 Rn. 125 - Hoffmann La Roche; Möschel in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht EG, 4. Aufl. 2007, Art. 82 EGV Rn. 255; Jung in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 82 EGV Rn. 167, 254 [Stand: November 2008]).
Gegen die Anwendung des § 19 Abs. 1 GWB auf Diskriminierungen durch Preisspaltung innerhalb des vom Normadressaten beherrschten Markts bestehen auch keine aus der Gesetzessystematik begründeten Bedenken. Die Tatbestände der §§ 19 und 20 GWB sind nicht in der Weise voneinander abgegrenzt, dass Diskriminierungstatbestände ausschließlich von letzterer Vorschrift erfasst werden. Das Gegenteil folgt schon aus der Regelung des § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB, die insbesondere Endverbraucher vor Diskriminierungen im Verhältnis zu Zweitmärkten schützt. Da § 19 Abs. 4 GWB Anwendungsfälle des in § 19 Abs. 1 GWB geregelten Verbots aufzählt, kann die Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB auch unmittelbar bei Diskriminierungstatbeständen Anwendung finden.
2. Die Ungleichbehandlung gleichartiger Abnehmer durch den Normadressaten im beherrschten Markt spricht prima facie für eine unzulässige Diskriminierung. Wie im Fall des § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB obliegt es deshalb dem Normadressaten, eine Preisspaltung sachlich zu rechtfertigen. Eine solche Rechtfertigung hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.
a) Die Region um B. gehörte bereits vor dem Markteintritt der e. zum Netz der H., so dass in dieser Region für die Beklagte kein Grund bestand, Einführungspreise anzuwenden, um sich Zutritt zu einem ihr bislang verschlossenen Markt zu verschaffen. Da während des entscheidungserheblichen Zeitraums keine Übertragung des Netzes an die E. erfolgt ist, kommt auch eine Rechtfertigung der Preisspaltung unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung der Marktposition der Beklagten im Gebiet B. nicht in Betracht. Es kann deshalb dahinstehen, wie es zu bewerten ist, wenn der herkömmliche Netzbetreiber nach dem Verlust der Konzession versucht, die bisherigen Kunden zu halten, indem er gezielt nur in diesem Gebiet einen niedrigeren Preis entsprechend einem Markteinführungspreis anwendet. Allerdings erscheint eine solche Verhaltensweise grundsätzlich geeignet, die durch den Konzessionärswechsel bewirkte Marktöffnung aufzuheben und die bisherige Marktbeherrschung aufrechtzuerhalten.
b) Da die Region um B. in den Jahren 2006 bis 2008 zum Netz der H. gehörte, kann die Preisspaltung auch nicht durch Unterschiede zwischen den objektiven Gegebenheiten im H.-Netz einerseits und in den Netzen von E. und G. andererseits, auf die sich die Beklagte in den Tatsacheninstanzen berufen hat und auf die sich die Revision bezieht, gerechtfertigt werden.
c) Andere sachliche Rechtfertigungsgründe für die Preisspaltung zwischen B. und dem restlichen Netzgebiet der H. sind weder festgestellt noch macht die Revision hierfür etwas geltend.
d) Die festgestellte Preisdifferenz von 11,7% (bezogen auf den gegenüber den Klägern geforderten Preis) wird auch weder durch einen Erheblichkeitszuschlag noch durch einen Sicherheitszuschlag gerechtfertigt. Ein höherer Erheblichkeitszuschlag als die vom Berufungsgericht der Beklagten zugebilligten 5% kommt keinesfalls in Betracht. Es bedarf deshalb hier keiner Entscheidung, ob in Fällen der Preisspaltung innerhalb des beherrschten Markts dem Normadressaten überhaupt ein Erheblichkeitszuschlag zuzubilligen ist. Da es sich um die Beurteilung des Verhaltens eines konkreten Unternehmens auf einem bestimmten Markt handelt, ist auch für einen auf den Unwägbarkeiten bei der Vergleichbarkeit von Märkten oder Unternehmen beruhenden zusätzlichen Sicherheitszuschlag von vornherein kein Raum.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Bergmann Kirchhoff
Löffler Bacher