Entscheidungsdatum: 29.08.2013
1. NV: Es ist geklärt, dass ein "rechtswirksamer Abschluss eines obligatorischen Erwerbsvertrags oder gleichstehenden Rechtsakts" i.S.v. § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG erst mit Annahme des (notariellen) Kaufvertragsangebots des Käufers durch den Voreigentümer vorliegt .
2. NV: Die Frage, ob im Rahmen des Feststellungsverfahrens auch das Vorliegen eines Neubaus zu klären ist, stellt sich nicht, wenn ausweislich der Verfügungssätze des maßgebenden Feststellungsbescheids lediglich die Anschaffungskosten und deren Aufteilung auf Grund und Boden, Altbausubstanz und Sanierungskosten gesondert festgestellt sind .
3. NV: Bei im Klageverfahren durch einen sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beteiligten stellt das Unterlassen eines (von ihnen angeforderten und nach ihrer Ansicht notwendigen) Hinweises i.S.d. § 76 Abs. 2 FGO regelmäßig keinen Verfahrensmangel dar .
4. NV: Ein Verstoß gegen die in § 75 FGO geregelte Pflicht, den Beteiligten die Unterlagen der Besteuerung mitzuteilen, liegt nicht vor, wenn die der Entscheidung des FG (und der Finanzbehörde) zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen dem Kläger bereits bekannt waren .
5. NV: Ein Verstoß gegen § 78 Abs. 1 FGO liegt nur dann vor, wenn dem Kläger Akteneinsicht ausdrücklich verwehrt wurde .
6. NV: Ein für eine Terminsänderung erforderlicher erheblicher Grund i.S.d. § 227 Abs. 1 ZPO kann nicht in dem --vom Kläger zu vertretenden-- fehlenden Kontakt des Prozessbevollmächtigten zum Kläger wegen dessen Umzugs gesehen werden .
Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die aufgeworfene Rechtsfrage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist durch die Rechtsprechung geklärt. § 7i Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verlangt den "rechtswirksamen Abschluss eines obligatorischen Erwerbsvertrags oder gleichstehenden Rechtsakts", also eine beidseitige Bindung von Voreigentümer und Erwerber (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Februar 2013 IX R 32/12, BFHE 240, 322, BStBl II 2013, 482). Danach hat das Finanzgericht (FG) einen solchen Vertrag zu Recht (§ 152 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erst mit Annahme des (notariellen) Kaufvertragsangebots des Klägers durch den Voreigentümer am 24. Oktober 2003 als erfüllt angesehen. Daher bedarf es auch keiner Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO.
2. Die Frage, ob im Rahmen des Feststellungsverfahrens auch das Vorliegen eines Neubaus zu klären ist, stellt sich im Streitfall nicht. Nach Aktenlage und den insoweit bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) wurden im --nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO und § 7i EStG-- durchgeführten Verfahren ausweislich der Verfügungssätze (vgl. BFH-Urteil vom 29. Februar 2012 IX R 21/10, BFH/NV 2012, 1297) des maßgebenden Feststellungsbescheids (i.d.F. des Einspruchsbescheids vom 23. November 2010) lediglich die Anschaffungskosten und deren Aufteilung auf Grund und Boden, Altbausubstanz und Sanierungskosten gesondert festgestellt. Nur in diesem Umfang bestimmte sich zulässigerweise der Gegenstand des Klageverfahrens. Daher geht auch die erhobene Rüge (IV.6.) der unterlassenen Sachaufklärung zur Frage eines Neubaus ins Leere.
3. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO) ist nicht erforderlich. Denn die Frage des Neubaus stellt sich schon aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht (s. vorstehend zu 2.); das FG brauchte daher auf diese Frage nicht weiter einzugehen. Die gerügte Divergenz zu den BFH-Urteilen vom 25. Mai 2004 VIII R 6/01 (BFHE 206, 266, BStBl II 2004, 783) und vom 24. Juni 2009 X R 8/08 (BFHE 225, 431, BStBl II 2009, 960) sowie den Urteilen des Hessischen FG vom 12. Dezember 2011 8 K 1754/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 828; Revision X R 4/12) und des Sächsischen FG vom 11. Januar 2012 2 K 1416/11 (EFG 2012, 1633; die dagegen erhobene Revision wurde durch Erledigung der Hauptsache mit BFH-Beschluss vom 29. August 2012 X R 5/12, BFH/NV 2013, 53 erledigt) liegt aber auch angesichts unterschiedlicher Sachverhalte nicht vor. Die BFH-Urteile mit Sachverhalten, in denen kein gesondertes Feststellungsverfahren vorgeschaltet war, stehen schon deshalb nicht entgegen, weil im Streitfall die Frage eines (steuerrechtlichen/bautechnischen) Neubaus eben aus verfahrensrechtlichen Gründen noch offen ist. Anders als im Streitfall geht es im Urteil des Hessischen FG in EFG 2012, 828 um einen hier unstreitig nicht vorliegenden "völligen Neubau".
4. Die gerügten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.
a) Die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch das FG als (verzichtbaren) Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in Gestalt einer unterlassenen Amtsermittlung (zu den Anforderungen: z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43) oder in Gestalt des Übergehens von --in der mündlichen Verhandlung gestellten-- Beweisanträgen (zu den Anforderungen: z.B. BFH-Beschluss vom 15. September 2006 IX B 209/05, BFH/NV 2007, 80) greift nicht durch. Das FG hat sich mit den insoweit gestellten Beweisanträgen auseinandergesetzt und eine weitere Sachaufklärung (durch Zeugenvernehmung) für nicht erforderlich erachtet. Der auch dem Kläger bekannte Akteninhalt --so das FG-- liege der Entscheidung zugrunde, die Höhe der Aufwendungen sei aus Rechnungen ersichtlich, die danach erbrachten Leistungen wurden nicht substantiiert bestritten, auch seien ansonsten insoweit keine konkreten Umstände für Zweifel an diesen Feststellungen dargetan. Zudem habe der Kläger die von ihm geleisteten Abschlagszahlungen, aus denen Schlüsse hätten gezogen werden können, nicht vorgelegt. Entsprechend seien die angebotenen Beweise jedenfalls im Ergebnis nicht erheblich. Angesichts des aus der Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde sich ergebenden Sanierungsanteils erübrige sich die Beiziehung der entsprechenden Akten. Diese Würdigung des FG wäre auch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Im Übrigen begründen Sachaufklärungsfehler der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren keinen Verfahrensmangel im Sinne des Revisionszulassungsrechts (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. März 2010 X B 165/09, BFH/NV 2010, 1461; vom 13. Januar 2010 IX B 109/09, BFH/NV 2010, 917).
b) Der Kläger macht zu Unrecht geltend, das FG habe eine Überraschungsentscheidung erlassen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen. Indes ist das Gericht nicht verpflichtet, den Beteiligten die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte anzudeuten, sie mit den Beteiligten umfassend zu erörtern (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2012 I B 131/11, BFH/NV 2012, 1815) oder der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 2008 2 BvR 2062/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2008, 1056; BFH-Beschluss vom 11. Mai 2011 V B 113/10, BFH/NV 2011, 1523).
Bei im Klageverfahren durch einen sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beteiligten stellt das Unterlassen eines (von ihnen angeforderten und nach ihrer Ansicht notwendigen) Hinweises gemäß § 76 Abs. 2 FGO regelmäßig keinen Verfahrensmangel dar (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. August 2011 II B 144/10, BFH/NV 2011, 1915; vom 24. Juli 2006 IX B 48/06, BFH/NV 2006, 2269, m.w.N.). Zudem muss ein --zumindest sachkundig vertretener-- Beteiligter gerade bei umstrittener Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. August 2011 IX B 89/11, BFH/NV 2012, 11; vom 14. Oktober 2009 IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222, m.w.N.).
c) Das FG hat auch nicht gegen § 75 FGO verstoßen. Die dort geregelte Pflicht, den Beteiligten die Unterlagen der Besteuerung mitzuteilen, hat als spezielle Ausprägung des Rechts auf Gehör lediglich klarstellende Bedeutung und den Zweck, Überraschungsentscheidungen zu vermeiden (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Februar 2010 V B 14/09, BFH/NV 2010, 1286; BFH-Urteil vom 22. Mai 2007 X R 26/05, BFH/NV 2007, 1817, m.w.N.). Eine solche Überraschungsentscheidung liegt nicht vor; denn die der Entscheidung des FG (und der Finanzbehörde) zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen waren dem Kläger bekannt.
d) Die Rüge des Klägers, das FG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör durch Verweigerung der Akteneinsicht (§ 78 Abs. 1 FGO) verletzt, greift nicht durch. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs begründet zwar das Recht der Beteiligten, Einsicht in den gesamten Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorliegenden Akten zu nehmen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 2012 IX B 67/12, BFH/NV 2012, 1637; vom 30. Januar 2007 VII B 3/06, BFH/NV 2007, 1324). Ein Verstoß gegen § 78 Abs. 1 FGO liegt aber nur dann vor, wenn dem Kläger Akteneinsicht ausdrücklich verwehrt wurde. Dies macht der Kläger selbst nicht geltend; hingegen rügt er, die Akteneinsicht sei ihm "nicht vollständig" gewährt worden (z.T. fehlten Seiten, Unterlagen z.T. geschwärzt, z.T. Seiten nicht paginiert); diese "Bereinigung" sei zudem erst durch das FG veranlasst worden. Zu Recht hat das FG die "vollständige" Einsicht in "unbereinigte" Akten verwehrt, weil dies durch den Schutz des Steuergeheimnisses der anderen Feststellungsbeteiligten geboten war. Zudem wurden dem Kläger mit dem gesonderten Feststellungsbescheid (i.d.F. des Einspruchsbescheids vom 23. November 2010) gemäß § 6 Abs. 4 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO "nur die ihn betreffenden Besteuerungsgrundlagen" bekannt gegeben.
e) Den Antrag auf Terminsänderung hat das FG im Ergebnis verfahrensfehlerfrei abgelehnt. Ein für eine Terminsänderung erforderlicher erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann jedenfalls --unabhängig von der vom FG angenommenen mangelnden Vorbereitung-- nicht in dem fehlenden Kontakt des Prozessbevollmächtigten zum Kläger wegen dessen Umzugs gesehen werden (vgl. Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 8. Juni 1988 IVb ZB 68/88, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1988, 2672, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1989, 447; vom 5. November 2002 VI ZB 54/01, NJW 2003, 903, HFR 2003, 734). Diesen Mangel hat allein der Kläger zu vertreten. Daran ändern auch die vergeblichen Versuche des Prozessbevollmächtigten, den Kontakt zum Kläger wieder herzustellen, nichts. Zudem war der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht geladen und sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden.