Entscheidungsdatum: 20.09.2012
Fraktionszeitung
1. Für die Zuweisung einer Druckschrift zum Universaldienst im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV kommt es lediglich auf den formalen Zweck der Publikation an, die Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit- oder Fachfragen zu unterrichten. Dies gilt auch, wenn die in Rede stehende Publikation einseitig politisch ausgerichtet ist und durch eine entsprechende Berichterstattung den Zielen einer bestimmten politischen Richtung dient.
2. Ein periodisches Erscheinen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 PUDLV liegt vor, wenn die Druckschrift nach ihrer Aufmachung nicht nur zur gelegentlichen Informationskundgabe bestimmt, sondern auf das für eine Zeitung oder Zeitschrift übliche periodische Erscheinen angelegt ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie trotz dieser Aufmachung gleichwohl nur gelegentlich publiziert werden soll.
3. Die fehlende Adressierung der Druckschrift steht der Zugehörigkeit zum Universaldienst im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV, § 4 Nr. 1 Buchst. c PostG nicht entgegen.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. Mai 2011 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Leipzig - 1. Zivilkammer - vom 22. Dezember 2010 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der Klägerin dem Abschluss eines Rahmenvertrags über die Beförderung der Publikation „Klartext“ zur Verteilung „an alle Haushalte mit Tagespost“ der Stadt Leipzig gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten („Postwurfsendung“) zuzustimmen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag. Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, auf Zustimmung zum Abschluss eines Rahmenvertrags über Transportdienstleistungen in Anspruch.
Die Klägerin gibt eine Druckschrift mit dem Titel „Klartext“ heraus, in der über ihre Fraktionsarbeit, aktuelle politische und gesellschaftliche Probleme sowie Stellungnahmen ihrer Landtagsabgeordneten und der Abgeordneten anderer Fraktionen im Sächsischen Landtag berichtet wird. Die Publikation soll in einer Auflage von 200.000 Stück im Stadtgebiet von Leipzig an alle Haushalte mit Tagespost verteilt werden.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei gemäß § 3 der Postdienstleistungsverordnung (PDLV) verpflichtet, mit ihr einen Rahmenvertrag über die Beförderung und Verteilung ihrer Druckschrift abzuschließen, da es sich bei der nachgefragten Beförderung um eine Universaldienstleistung der Beklagten im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) handele. Eine Kontrahierungspflicht der Beklagten ergebe sich aber auch aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 242 BGB sowie aus dem Umstand, dass die Beklagte in Bezug auf die nachgefragte Beförderung eine marktbeherrschende Stellung innehabe. Es gebe für die Beklagte keine sachlichen Gründe, die es rechtfertigten, sich einer Verteilung der Publikation „Klartext“ zu entziehen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der Klägerin dem Abschluss eines Rahmenvertrags über die Beförderung der Publikation „Klartext“ zur Verteilung „an alle Haushalte mit Tagespost“ der Stadt Leipzig gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten („Postwurfsendung“) zuzustimmen.
Die Beklagte hat demgegenüber insbesondere geltend gemacht, bei der von der Klägerin nachgefragten Beförderung handele es sich nicht um eine Postdienstleistung im Sinne von § 4 Abs. 1 Buchst. c PostG, weil die zu verteilende Publikation nicht konkret adressiert werde. Demzufolge stehe der Klägerin kein Anspruch aus § 3 PDLV auf Beförderung oder auf Abschluss eines Rahmenvertrags zu. Bei dem Druckwerk der Klägerin handele es sich mangels konkreter Adressierung um eine Postwurfsendung, deren Verteilung keiner Regulierung unterliege. Eine Verpflichtung, mit der Klägerin einen Rahmenvertrag über die Beförderung und Verteilung ihrer Publikation abzuschließen, ergebe sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 242 BGB, weil die Beklagte keine Pflicht zur Gleichbehandlung ihrer Kunden treffe. Aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten könne die Klägerin ebenfalls keinen Kontrahierungszwang herleiten, weil die darin enthaltenen Regelungen ihre Privatautonomie nicht einschränkten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Dresden, Urteil vom 26. Mai 2011 - 8 U 147/11, juris).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr bislang erfolgloses Klagebegehren weiter.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Abschluss eines Rahmenvertrags über die Beförderung und Verteilung ihrer Publikation „Klartext“ an alle Haushalte mit Tagespost in Leipzig. Dazu hat es ausgeführt:
Die Klägerin könne die von ihr begehrte Zustimmung zum Vertragsschluss nicht mit Erfolg auf § 3 PDLV stützen, weil die Beförderung der Druckschrift keine Universaldienstleistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV darstelle. Ungeachtet der Frage, ob Gegenstand von Universaldienstleistungen nur adressierte Sendungen sein könnten, handele es sich bei der Druckschrift der Klägerin jedenfalls nicht um eine Zeitung oder Zeitschrift im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV. Die in Rede stehende Publikation habe nicht allein die Information der Öffentlichkeit über Tagesereignisse sowie Zeit oder Fachfragen zum Ziel.
Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 2 PDLV, weil die von der Klägerin begehrte Beförderung und Verteilung ihrer Publikation keine Postdienstleistung im Sinne von § 4 Nr. 1 und 2 PostG darstelle, sondern eine nicht adressierte Postwurfsendung betreffe, die nicht unter das Postgesetz falle. Als privates Unternehmen unterliege die Beklagte nicht der unmittelbaren Grundrechtsbindung, so dass die Klägerin auch keine Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG beanspruchen könne. Der Anspruch könne schließlich auch nicht auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gestützt werden, weil die darin enthaltenen Regelungen nicht zu einer Selbstverpflichtung der Beklagten führten, die von ihr angebotenen Leistungen im Einzelfall auch tatsächlich zu erbringen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zum Vertragsschluss ist gemäß § 3 PDLV, § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV begründet.
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Klage als zulässig angesehen und dabei angenommen, dass die Klägerin parteifähig im Sinne von § 50 Abs. 1 ZPO ist. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 des Sächsischen Fraktionsrechtsstellungsgesetzes sind die Fraktionen des Sächsischen Landtags als unabhängige und rechtlich selbständige Gliederungen des Landtags mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattete Vereinigungen des Parlamentsrechts mit originärem Rechtscharakter, die unter ihrem Namen klagen und verklagt werden können.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zum Vertragsschluss ergebe sich nicht aus § 3 PDLV, weil es sich bei der von der Klägerin nachgefragten Dienstleistung, ihre Publikation zu befördern und in Leipzig an alle Haushalte mit Tagespost zu verteilen, nicht um einen Universaldienst im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV handele, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Bestimmung des § 3 PDLV hält sich in den Grenzen der Ermächtigung in § 18 Abs. 1 PostG, auf die die Postdienstleistungsverordnung zurückgeht. Soweit in der Literatur angenommen wird, der mit § 3 PDLV verbundene Eingriff in die Rechte des Unternehmens halte dem Bestimmtheitserfordernis des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht stand und auch die Wesentlichkeitstheorie sowie der Parlamentsvorbehalt stünden einer Regelung durch den Verordnungsgeber entgegen (vgl. Stern in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., Einl. PDLV Rn. 4 ff. und § 4 PDLV Rn. 18), kann dem nicht beigetreten werden.
aa) Die Ermächtigung in § 18 Abs. 1 PostG räumt dem Verordnungsgeber in Satz 2 ausdrücklich die Befugnis ein, Rahmenvorschriften über den - auch in § 3 PDLV geregelten - Vertragsabschluss zu erlassen. Dem Verordnungsgeber steht damit zwar nicht das Recht zu, die unmittelbaren Leistungsbeziehungen zwischen den Beteiligten zu regeln; die Ausgestaltung der unmittelbaren Vertragspflichten ist vielmehr der Vereinbarung der Parteien oder den übrigen Regelungen des Postgesetzes oder auch - soweit Universaldienstleistungen betroffen sind - der Post-Universaldienstleistungsverordnung vorzubehalten (vgl. Stern in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., Einl. PDLV Rn. 9). Diesem Erfordernis wird die Regelung in § 3 PDLV jedoch dadurch gerecht, dass sie das Recht des Kunden auf Erbringung von Universaldienstleistungen nur im Rahmen der Gesetze und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des verpflichteten Unternehmens gewährt und die Bestimmung dessen, was zum Universaldienst zählt, selbst nicht trifft. Auch hat der Gesetzgeber die Ermächtigung zum Erlass des Kontrahierungszwangs für Universaldienstleistungen nicht anderweitig geregelt. Die Regelung in § 11 Abs. 2 PostG, die den Verordnungsgeber dazu ermächtigt, Inhalt und Umfang des Universaldienstes festzulegen, erfasst den Vertragsabschluss nicht.
bb) Trotz der besonderen Bedeutung des Kontrahierungszwangs für das den Universaldienst erbringende Unternehmen und den Kunden bestehen auch keine Bedenken gegen eine Regelung im Wege der Rechtsverordnung anstelle einer gesetzlichen Bestimmung. Das Universaldienstkonzept ist das wesentliche Element des staatlichen Grundversorgungsauftrags gemäß Art. 87f Abs. 1 GG (vgl. Möstl in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, 60. Ergänzungslieferung [2010], Art. 87f Rn. 80). Es betrifft den Kernbereich der unionsrechtlichen Harmonisierung der Postdienste durch die Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (im Folgenden: Richtlinie 97/67/EG). Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie soll allen Nutzern der Zugang zum Universaldienst offenstehen. Dem entspricht die gesetzliche Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 1 PostG, wonach Universaldienstleistungen flächendeckend zu erbringen sind. Dies erfordert, dass alle Universaldienstleistungen für alle Bürger verfügbar sein müssen (vgl. v. Danwitz in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 11 PostG Rn. 40). Das in § 3 PDLV normierte Recht des Kunden auf Inanspruchnahme des Universaldienstes ist demzufolge nichts anderes als die Konkretisierung eines insoweit bereits höherrangig normativ verankerten Grundsatzes. Durch die Bestimmung des § 3 PDLV erfolgt weder eine maßgebliche Änderung noch eine wesentliche Ergänzung, die über die Befugnisse des Verordnungsgebers hinausgeht.
b) Die Vorschrift des § 3 PDLV regelt den Kontrahierungszwang bei Universaldienstleistungen. Nach der genannten Bestimmung hat der Kunde gegen ein Unternehmen, das Postdienstleistungen aufgrund einer Verpflichtung zum Universaldienst gemäß § 13, § 14 oder nach § 56 PostG erbringt, im Rahmen der Gesetze und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Anspruch auf Erbringung der entsprechenden Leistungen. Welche Postdienstleistungen zu den Universaldienstleistungen gehören, ist in der Post-Universaldienstleistungsverordnung geregelt, die der Umsetzung der Richtlinie 97/67/EG dient.
In § 1 Abs. 1 Nr. 1 PUDLV ist bestimmt, dass es sich bei der Beförderung von Briefsendungen im Sinne des § 4 Nr. 2 PostG um eine Universaldienstleistung handelt, sofern deren Gewicht 2.000 Gramm und deren Maße die im Weltpostvertrag und den entsprechenden Vollzugsverordnungen festgelegten Maße nicht überschreiten. Gleiches gilt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV für die Beförderung von Zeitungen und Zeitschriften im Sinne des § 4 Nr. 1 Buchst. c PostG. Dabei muss es sich allerdings um periodisch erscheinende Druckschriften handeln, die zu dem Zweck herausgegeben werden, die Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit oder Fachfragen durch presseübliche Berichterstattung zu unterrichten.
c) Das Berufungsgericht hat angenommen, bei der Druckschrift der Klägerin handele es sich nicht um eine Zeitung oder Zeitschrift im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV. Die in Rede stehende Publikation habe nicht allein die Information der Öffentlichkeit über Tagesereignisse sowie Zeit oder Fachfragen zum Ziel. Es würden zwar aktuell politische Themen aufgegriffen, die jedoch ganz überwiegend mit der Arbeit der Klägerin im Sächsischen Landtag in Zusammenhang gestellt würden. Die Publikation diene zumindest auch - wenn nicht sogar in erster Linie - der Werbung für die Politik und die Arbeit der Klägerin im Sächsischen Landtag. Dieser Zweck gehe über die bloße Information der Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit oder Fachfragen deutlich hinaus. Der mit der Druckschrift verfolgte Zweck, über Positionen und Arbeit der Klägerin zu berichten, werde nicht vom Begriff der Zeitung - wie er der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV in Verbindung mit § 4 Nr. 1 Buchst. c PostG zugrundeliege - umfasst. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden.
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts fehlt der Publikation der Klägerin nicht der für die Einordnung als Universaldienstleistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 PUDLV erforderliche Zweck, die Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit oder Fachfragen zu unterrichten. Bei diesem Zweck muss es sich allerdings um den einzigen Herausgabezweck handeln, damit eine Publikation vom Universaldienst erfasst wird. Druckschriften, die (auch) zu dem Zweck herausgegeben werden, den geschäftlichen Interessen ihrer Bezieher oder der Werbung für bestimmte Produkte zu dienen, werden grundsätzlich nicht vom Begriff der Universaldienstleistung erfasst, soweit das Vorhandensein von Werbung nicht nur der Finanzierung der Publikation dient (vgl. v. Danwitz in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 1 PUDLV Rn. 16 f.). Mit der Herausgabe ihrer Druckschrift verfolgt die Klägerin keine eigenen oder fremden geschäftlichen Interessen.
bb) Der vom Berufungsgericht festgestellte Umstand, dass die Publikation der Klägerin neben der Darstellung aktuell-politischer Themen zumindest auch - wenn nicht sogar in erster Linie - der Werbung für die Politik und Arbeit der Klägerin im Sächsischen Landtag dient, steht dem für die Zulassung zum Universaldienst erforderlichen Herausgabezweck nicht entgegen.
(1) Bei der Beurteilung, inwieweit der außerhalb geschäftlicher Interessen liegende Herausgabezweck die Zuweisung einer Druckschrift zum Universaldienst begründet, sind dieselben Wertungen heranzuziehen, die schon vor der Reform des Postwesens durch das Postgesetz vom 22. Dezember 1997 von der Rechtsprechung und Literatur zu § 5 Postzeitungsordnung (im Weiteren: PostZtgO) berücksichtigt worden sind, da § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 PUDLV an die vorgenannte Bestimmung anknüpft (vgl. v. Danwitz in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 1 PUDLV Rn. 15 f.). Mit dem Postzeitungsdienst gemäß § 5 PostZtgO wurde von der damaligen Deutschen Bundespost das Ziel verfolgt, zur Förderung der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Pressefreiheit Erzeugnisse der Presse dem Empfänger so günstig wie möglich zuzuführen, da zur Pressefreiheit auch die Möglichkeit gehört, den Empfänger zu möglichst günstigen Bedingungen zu erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1967 - 7 C 142/66, BVerwGE 28, 36, 50; Urteil vom 15. April 1983 - 7 C 40/80, BVerwGE 67, 117, 120). Gemäß § 5 PostZtgO waren die Vergünstigungen des Postzeitungsdienstes daher auf solche periodisch erscheinenden Druckschriften beschränkt, deren Herausgabezweck darauf gerichtet war - ebenso wie bei § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV - über Tagesereignisse, Zeit oder Fachfragen zu unterrichten. Die Beurteilung der Frage, ob eine Druckschrift vom Begriff der Universaldienstleistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV erfasst wird, hat sich daher maßgeblich an der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Pressefreiheit zu orientieren (vgl. BVerwGE 28, 36, 50; 67, 117, 120; Busch, DÖV 1969, 623, 624).
Das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG begründet zwar keinen Anspruch auf staatliche Presseförderung (vgl. Herzog in Maunz/Dürig aaO Art. 5 Rn. 144a mwN). Entschließt sich der Staat jedoch zur Regelung von Vertriebserleichterungen für Presseunternehmen, wie es mit der Aufnahme in den postalischen Universaldienst der Fall ist, verlangt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, dass jede Einflussnahme auf Inhalt und Gestalt einzelner Presseerzeugnisse sowie Verzerrungen des publizistischen Wettbewerbs insgesamt vermieden werden. Staatliche Förderungen dürfen bestimmte Meinungen oder Tendenzen weder begünstigen noch benachteiligen. Die Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG begründet im Förderungsbereich für den Staat vielmehr eine inhaltliche Neutralitätspflicht, die jede Differenzierung nach Meinungsinhalten verbietet (vgl. BVerfGE 80, 124, 134; Herzog in Maunz/Dürig aaO Art. 5 Rn. 144a).
(2) Dementsprechend kommt es für die Zuweisung einer Druckschrift zum Universaldienst gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV lediglich auf den anhand inhaltlich neutraler Betrachtung festzustellenden formalen Zweck an, die Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit oder Fachfragen zu unterrichten. Dies gilt auch dann, wenn die in Rede stehende Publikation einseitig politisch ausgerichtet ist und durch eine entsprechende Berichterstattung den Zielen einer bestimmten politischen Richtung dient. Die inhaltliche Ausrichtung einer Druckschrift ist erst im Rahmen der Ausschlussgründe gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 PUDLV von Bedeutung.
(3) Druckschriften, die zu dem Zweck herausgegeben werden, den ideellen Zielen von Vereinen, Verbänden oder sonstigen Körperschaften zu dienen, zählen zwar regelmäßig nicht mehr zum postalischen Universaldienst (vgl. v. Danwitz in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 1 PUDLV Rn. 18). Diese Einschränkung erstreckt sich jedoch nicht auf die Förderung parteipolitischer Ziele, wenn sich die Begünstigung als Reflex aus einer einseitigen Berichterstattung ergibt. Andernfalls wäre auch die Betätigung von politischen Parteien in Gestalt der Parteipresse vom postalischen Universaldienst ausgeschlossen. Der grundrechtliche Schutz der Parteipresse durch Art. 5 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG steht indes außer Frage (vgl. Klein in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, 64. Ergänzungslieferung [2012], Art. 21 Rn. 286).
d) Das Berufungsgericht hat des Weiteren angenommen, aufgrund des Umstands, dass nahezu alle Nachrichten allein und unreflektiert in den Kontext der dazu vertretenen Auffassung der Klägerin gestellt würden, fehle es bei der Berichterstattung in der Publikation der Klägerin auch am Erfordernis der Presseüblichkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 PUDLV. Dieser Beurteilung kann ebenfalls nicht beigetreten werden.
Voraussetzung für eine presseübliche Berichterstattung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 PUDLV ist die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit oder Fachfragen, die keine Züge werblichen Inhalts aufweisen darf (vgl. OVG Münster, NJW 1992, 1340). Dieses Erfordernis ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der Druckschrift der Klägerin erfüllt. Der vom Berufungsgericht festgestellte Umstand, dass die Inhalte einseitig in eine bestimmte politische Richtung weisen, muss bei der gebotenen inhaltlich neutralen Betrachtung der Publikation außer Betracht bleiben.
e) Der in Rede stehenden Publikation kann auch nicht deshalb der von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV vorausgesetzte Herausgabezweck abgesprochen werden, weil sie von einer Landtagsfraktion herausgegeben wird.
aa) Als Landtagsfraktion ist die Klägerin zwar Teil organisierter Staatlichkeit (vgl. BVerfGE 20, 56, 104; 62, 194, 202; 80, 188, 231; Klein in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, 60. Ergänzungslieferung [2010], Art. 38 Rn. 249). Für die Einordnung als Druckschrift im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV kommt es hierauf aber ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Klägerin aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung den Schutz aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beanspruchen kann. Denn der geltend gemachte Anspruch auf Erbringung der Universaldienstleistung beruht nicht unmittelbar auf der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit, sondern ist einfachgesetzlich gegeben, wenn eine Druckschrift im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV befördert werden soll. Die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV hängt nicht davon ab, wer Herausgeber der Druckschrift ist. Daher ist die allein formale Betrachtung des Herausgabezwecks nicht nur in den Fällen maßgeblich, in denen die Druckschrift privater Presseunternehmen als Universaldienstleistung befördert werden soll, sondern auch dann, wenn es sich um die Publikation einer öffentlich-rechtlichen Stelle handelt.
bb) Der Fraktionsstatus der Klägerin steht auch nicht dem Erfordernis der Presseüblichkeit der Berichterstattung entgegen. Die Aufgaben der Presse können zwar nicht von der organisierten staatlichen Gewalt erfüllt werden (vgl. Burghart in Leibholz/Rinck/Hesselberger, Grundgesetz, 56. Ergänzungslieferung 2011, Art. 5 Rn. 186). Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 des Sächsischen Fraktionsrechtsstellungsgesetzes üben die Fraktionen des Landtags jedoch keine staatliche Gewalt aus. Sie sind nicht Teil der Verwaltung und unterliegen keiner Staatsaufsicht. Das verfassungsrechtliche Gebot, die Presse von staatlichen Einflüssen freizuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 - I ZR 129/10, GRUR 2012, 728 Rn. 9 = WRP 2012, 935 - Einkauf Aktuell), gebietet es daher nicht, der Publikation der Klägerin das Erfordernis der presseüblichen Berichterstattung abzusprechen.
f) Die Publikation der Klägerin erfüllt auch das für § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 PUDLV notwendige Erfordernis des periodischen Erscheinens.
aa) Periodisch erscheint eine Druckschrift, wenn eine bestimmte Zahl von Zeitungs- bzw. Zeitschriftennummern regelmäßig innerhalb eines bestimmten Zeitraums, der längstens ein Jahr betragen darf, erscheint (vgl. v. Danwitz in Beck’scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 1 PUDLV Rn. 16). Maßgebend ist hierfür, dass die Druckschrift nach ihrer Aufmachung - anders als ein Flugblatt - nicht nur zur gelegentlichen Informationskundgabe bestimmt, sondern auf das für eine Zeitung oder Zeitschrift übliche periodische Erscheinen angelegt ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie trotz dieser Aufmachung gleichwohl nur gelegentlich publiziert werden soll. Ob die Druckschrift in der Vergangenheit tatsächlich regelmäßig erschienen ist, ist hingegen ohne Belang. Andernfalls wäre solchen Zeitungen oder Zeitschriften, die erstmals oder nach längerer Zeit des Nichterscheinens wieder herausgegeben werden, der Zugang zum Universaldienst versagt. Das in der Verordnungsbegründung erklärte Ziel des § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV, dem Grundbedürfnis nach Information Rechnung zu tragen und ein entsprechendes Angebot zu erschwinglichen Preisen flächendeckend zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 14/1696 S. 7), wäre hinsichtlich solcher Publikationen nicht erreicht.
bb) Danach ist auch die Publikation der Klägerin eine periodisch erscheinende Druckschrift im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 PUDLV. Die dem Berufungsgericht vorgelegten Ausgaben mit den Nummern 19 und 26 sind ihrer Aufmachung nach auf ein regelmäßiges Erscheinen ausgelegt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass gleichwohl ein nur gelegentliches Erscheinen geplant sein könnte. Die aufgrund der Weigerung der Beklagten begründeten Schwierigkeiten bei der Verteilung können nicht dafür angeführt werden, den Charakter der Publikation als Periodikum zu verneinen.
g) Die fehlende Adressierung der Druckschrift steht der Zugehörigkeit zum Universaldienst im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV, § 4 Nr. 1 Buchst. c PostG ebenfalls nicht entgegen.
aa) Nicht adressierte Sendungen stellen zwar keine Briefsendungen im Sinne von § 4 Nr. 1 Buchst. a PostG dar und fallen als solche nicht in den Regelungsbereich des Postgesetzes, weil § 4 Nr. 2 Satz 1 PostG für Briefsendungen das Adressierungserfordernis ausdrücklich festlegt. Auch zählt die Beförderung von Paketen nach § 4 Nr. 1 Buchst. b PostG nur dann zu den Postdienstleistungen, wenn die Sendung adressiert ist.
bb) Ein vergleichbares Adressierungserfordernis stellt § 4 Nr. 1 Buchst. c PostG für die Beförderung von Zeitungen und Zeitschriften jedoch nicht auf. Ein derartiges Erfordernis ergibt sich auch nicht aus dem in § 1 PostG festgelegten Zweck des Postgesetzes, im Bereich des Postwesens den Wettbewerb zu fördern und flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten. Soweit der Empfängerkreis der in § 4 Nr. 1 Buchst. c PostG genannten Bücher, Kataloge, Zeitungen und Zeitschriften hinreichend bestimmt ist, unterliegt die Beförderung nicht adressierter Sendungen keinen für die Beklagte unzumutbaren Schwierigkeiten und trägt dem Bedürfnis Rechnung, auch die Beförderung von Massendrucksachen zu ermöglichen, die sich an eine Vielzahl von Empfängern richten.
cc) Der Umstand, dass in Art. 2 Nr. 6 der Richtlinie 97/67/EG als Postsendung nur eine adressierte Sendung zählt, ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn die Begriffsbestimmung in Art. 2 Nr. 6 dieser Richtlinie ist auf deren Regelungsbereich beschränkt. Dieser hat nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 97/67/EG sowie ihrem Erwägungsgrund 11 im Bereich des Universaldienstes lediglich eine Mindestanpassung, nicht aber die vollständige Harmonisierung zum Ziel (vgl. v. Danwitz in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 11 PostG Rn. 11). Die Mitgliedstaaten können den Universaldienst mithin auch auf weitere Dienstleistungen ausdehnen, soweit sie sich damit nicht in Widerspruch zum Grundansatz der Richtlinie setzen, einen Beitrag zur fortschreitenden Liberalisierung der Postmärkte zu leisten (vgl. v. Danwitz in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 1 PUDLV Rn. 34).
h) Die Beklagte erbringt Universaldienstleistungen und ist damit verpflichtetes Unternehmen im Sinne von § 3 PDLV. Als nach § 1 Abs. 2 Satz 1 des Sächsischen Fraktionsrechtsstellungsgesetzes rechtlich selbständige Vereinigung ist die Klägerin rechts- und geschäftsfähig und damit Kundin im Sinne von §§ 3, 1 Abs. 1 PDLV (vgl. Stern in Beck'scher PostG-Kommentar, 2. Aufl., § 3 PDLV Rn. 9).
3. Ausgeschlossen wäre die Beförderung wegen des Inhalts der Druckschrift allerdings dann, wenn die besonderen Ausschlussgründe von § 1 Abs. 3 PUDLV vorlägen, etwa weil der Inhalt gegen strafrechtliche Bestimmungen verstieße (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 PUDLV) oder die Sendung rassendiskriminierendes Gedankengut enthielte (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 PUDLV). Dass die in der Druckschrift der Klägerin veröffentlichten Beiträge in diese Kategorie fallen, hat das Berufungsgericht - in Ermangelung eines entsprechenden Vortrags - nicht festgestellt.
4. Die Beklagte unterliegt daher in Bezug auf die Beförderung und Verteilung der Publikation der Klägerin dem Kontrahierungszwang gemäß § 3 PDLV. Nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin soll die Beförderung gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für Postwurfsendungen erfolgen, die als Voraussetzung den mit dem Klageantrag beanspruchten Abschluss eines entsprechenden Rahmenvertrags vorsehen.
III. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Beklagte in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung antragsgemäß zu verurteilen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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