Entscheidungsdatum: 15.12.2016
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 16. Februar 2016 aufgehoben, soweit dieses die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Gestalt von Jahresentgeldprämien für die Jahre 1970 bis 1979 betrifft.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 3. Juli 2012 wird insoweit zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner außergerichtlichen Kosten im Klage- und Berufungsverfahren zu erstatten.
Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Gestalt jährlicher Jahresendprämien (JEP) für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech).
Der im Jahre 1947 geborene Kläger ist seit dem 26.7.1969 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Ab dem 1.9.1969 war er als Programmierer und später als Projektant im Volkseigenen Betrieb G. beschäftigt. Von September 1970 bis November 1975 absolvierte er ein Fernstudium an der Technischen Hochschule I. und erwarb den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" für Informationstechnik. Nachdem die Beklagte die Einbeziehung des Klägers in das Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs 1 AAÜG zunächst abgelehnt hatte, stellte sie nach Abschluss eines Vergleichs im Klageverfahren vor dem SG Chemnitz - S 23 R 593/05 - mit Feststellungsbescheid vom 18.7.2006 die Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech für den Zeitraum 1.9.1969 bis 30.6.1990 sowie in diesem Zeitraum erzielte Arbeitsentgelte fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 16.9.2010 begehrte der Kläger die Feststellung höherer Entgelte unter Einbeziehung von Prämien, Neuerervergütungen, Überstunden und sonstiger Überverdienste. Zum Nachweis legte er private Aufzeichnungen in Form von Arbeits- und Stundenbüchern zur Einsicht vor. Nachdem eine Recherche der Beklagten bei dem Archivunternehmen "R." erfolglos verlaufen war, lehnte diese mit Bescheid vom 30.8.2011 die Feststellung höherer Entgelte ab, weil der Zufluss weiterer Einkünfte weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 28.12.2011).
Im Klageverfahren vor dem SG Chemnitz hat der Kläger insgesamt 20 594,33 Mark zusätzliche Verdienste geltend gemacht und sich zum Nachweis hierfür auf von ihm chronologisch geführte Notizen sowie Erklärungen seines ehemaligen Vorgesetzten H. J. und seiner damaligen Arbeitskollegin G. V. berufen. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3.7.2012 abgewiesen.
Mit der von ihm eingelegten Berufung hat der Kläger zunächst insgesamt 33 035,33 Mark an zusätzlich zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten geltend gemacht, von denen 21 654 Mark auf JEP (9994 Mark für die Jahre 1970 bis 1979 und 11 660 Mark für die Jahre 1980 bis 1990), 1020 Mark auf Treuegeld für die Jahre 1973 bis 1990, 1793,80 Mark auf Brigadezuschläge für die Jahre 1971 bis 1990, 7731,28 Mark auf Vergütungen aus Neuerervereinbarungen für die Jahre 1970 bis 1985 und 836,25 Mark auf weitere Zuschläge für die Jahre 1972 bis 1989 entfallen. Zum Nachweis hierfür hat er sich auf das von ihm seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses geführte Stundenbuch sowie die Aussagen seines ehemaligen Vorgesetzten H. J. und seiner damaligen Arbeitskollegin G. V. berufen.
In der mündlichen Verhandlung vom 16.2.2016 hat der Kläger sein Begehren nur hinsichtlich der JEP aufrechterhalten und im Übrigen die Berufung zurückgenommen. Mit Urteil vom selben Tag hat das LSG die Beklagte unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Bescheid vom 18.7.2006 zu ändern und zu Gunsten des Klägers für die Zuflussjahre 1970 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte in Gestalt von JEP im Rahmen der bereits festgestellten Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech in bestimmter jährlicher (im Tenor bezifferter Höhe) festzustellen. Zur Begründung hat des Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe einen Anspruch auf Feststellung der JEP als weitere Arbeitsentgelte in dem tenorierten Umfang. JEP seien Arbeitsentgelte iS von § 14 SGB IV und damit iS von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG. Gemäß § 117 Abs 1 AGB-DDR habe ein Anspruch auf JEP bestanden, wenn deren Zahlung für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehört habe, im Betriebskollektivvertrag vereinbart worden sei, der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hätten und der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs gewesen sei. Um eine Feststellung von JEP als zusätzliche Entgelte beanspruchen zu können, müsse der jeweilige Antragsteller nachweisen oder glaubhaft machen, dass diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt worden seien und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, dh tatsächlich gezahlt worden sei. Gemäß § 128 Abs 1 S 1 SGG entscheide das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, dh der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, sei auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte in Gestalt von JEP gegeben. Dies könne aus der Vorschrift des § 6 Abs 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach werde, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht werde, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt. Der Kläger habe zwar nicht nachgewiesen, aber glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen des § 117 Abs 1 bzw Abs 2 S 1 Buchst d Halbs 2 AGB-DDR für den Bezug einer JEP in den geltend gemachten Beschäftigungsjahren 1969 bis 1989 (Zuflussjahre 1970 bis 1990) vorgelegen hätten und ihm jeweils eine JEP tatsächlich gezahlt worden sei. Die Höhe der JEP habe er ebenfalls nicht nachgewiesen, für die Zuflussjahre 1980 bis 1990 jedoch glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Höhe der in den Jahren 1970 bis 1979 zugeflossenen JEP, die der Kläger nicht habe glaubhaft machen können, mache der Senat von der Möglichkeit der Schätzung Gebrauch.
Die Befugnis hierzu ergebe sich aus § 202 SGG iVm § 287 Abs 2, Abs 1 S 1 Altern 2 ZPO, wie der Senat ua in seinen Urteilen vom 4.2.2014 - L 5 RS 462/13 - und 12.5.2015 - L 5 RS 382/14 - entschieden habe. Die Voraussetzungen dieser Normen seien hier gegeben: Bei der Feststellung weiterer Arbeitsentgelte handele es sich zumindest mittelbar um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Zwar sei der prozessuale Anspruch unmittelbar nicht auf Geld, sondern auf die Feststellung erzielter Arbeitsentgelte gerichtet. Eine vermögensrechtliche Streitigkeit liege jedoch auch dann vor, wenn der prozessuale Anspruch auf einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis beruhe, das auf Gewinn oder Erhaltung von Geld oder geldwerten Gegenständen gerichtet sei. Dies sei hier der Fall. Die von der Beklagten festzustellenden Entgelte seien Grundlage für die Höhe des Anspruchs auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und damit einer Geldforderung (vgl § 8 Abs 1 AAÜG). Auch sei die vollständige Aufklärung der für die Berechnung der konkret zugeflossenen JEP maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden, die zur Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stünden.
Bei der gebotenen Schätzung lege das Gericht als jährlichen Basiswert der Prämienhöhe den jeweils im Planjahr erzielten durchschnittlichen Bruttomonatslohn des Klägers zugrunde, der im Bescheid der Beklagten vom 18.7.2006 festgestellt sei. Diese Anknüpfung sei vor allem deshalb gerechtfertigt, weil auch die staatlichen Prämienverordnungen für die Höhe der JEP an den durchschnittlichen Monatsverdienst anknüpften. Von diesem Wert mache das Gericht einen Abschlag in Höhe von 30 %, weil die Höhe der jeweils an den Werktätigen ausgezahlten JEP von einer Vielzahl verschiedener Faktoren abhängig gewesen sei, die im konkreten Einzelfall nicht mehr nachvollziehbar seien. Von dem danach geschätzten Betrag sei ein weiterer Abschlag in Höhe eines Sechstels sachlich gerechtfertigt, weil der Kläger bereits den Zufluss der JEP lediglich habe glaubhaft machen können. Dies folge aus dem Rechtsgedanken des § 6 Abs 6 AAÜG, wonach der glaubhaft gemachte Teil eines Verdienstes nur in dieser Höhe berücksichtigt werde. Dies müsse erst recht gelten, wenn lediglich der Zufluss des Verdienstes glaubhaft gemacht werde. Auf der Grundlage dieser Schätzung ergäben sich für die Jahre 1969 bis 1978 (und damit für die Zuflussjahre 1970 bis 1979) die tenorierten JEP-Zahlungen.
Mit der vom Senat für die Jahre 1970 bis 1979 zugelassenen Revision (Beschluss vom 30.6.2016 - B 5 RS 20/16 B) rügt die Beklagte im Wesentlichen die Verletzung von § 6 Abs 1 S 1, § 8 Abs 1 S 2 AAÜG. Ob das Gericht im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) von seiner ihm von Gesetzes wegen zustehenden Schätzbefugnis und damit von einer Beweiserleichterung Gebrauch mache, sei eine Entscheidung, die es nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen habe. Im vorliegenden Fall sei dem LSG ein Ermessensfehlgebrauch unterlaufen. Es habe die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung verletzt. Das LSG habe die Höhe der JEP nicht schätzen dürfen. Ein Rückgriff auf die Vorschrift des § 287 Abs 2 ZPO im geschlossenen System des Nachweises bzw der Glaubhaftmachung von Entgelten in der gesetzlichen Rentenversicherung sei systemwidrig. Eine Schätzung sei deshalb von vornherein ausgeschlossen, wie auch das LSG Mecklenburg-Vorpommern ua im Urteil vom 2.3.2016 - L 7 R 311/12 - entschieden habe. Das Berufungsgericht habe Arbeitsentgelt beweiserleichternd geschätzt, obwohl nach seiner eigenen Bewertung die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale des § 117 Abs 1 AGB-DDR für diese Art von Geldleistungen nicht nachgewiesen, sondern lediglich glaubhaft gemacht worden seien. Für das LSG stehe also nicht fest, dass der Kläger einen Anspruch auf JEP dem Grunde nach gehabt habe. Es halte dieses nur für überwiegend wahrscheinlich bzw sehe eine gute Möglichkeit dafür, dass ein solcher Anspruch an sich bestanden habe. Bei der Feststellung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale sei jedoch nur der Beweismaßstab des Vollbeweises (Gewissheit, an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit) anzulegen. Auch im Sozialrecht müssten alle anspruchsbegründenden Tatsachen zur Überzeugung des Richters erwiesen sein, dh ohne vernünftige Zweifel oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, bevor eine gesetzliche Beweiserleichterung (Schätzung der Höhe eines Anspruchs) zum Tragen kommen könne (vgl BSG Beschluss vom 10.6.1992 - 4 BA 22/92 - RdNr 4). Das Beweismaß der Glaubhaftmachung in § 6 Abs 6 AAÜG gelte nur für die Höhe von Arbeitsentgelt. Der Überzeugungsgrad der Glaubhaftmachung betreffe dagegen nicht diejenigen Tatsachen, die den Zahlungsanspruch als solchen begründeten. In diesem Sinne verhalte sich auch die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 28.4.2016 - L 33 R 6/15. Entsprechendes habe das BSG bereits im Urteil vom 4.5.1999 (B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr 3) ausgeführt. Nur wenn und soweit die Höhe des tatsächlich gewährten Arbeitsentgelts nicht nachgewiesen werden könne, komme nach dieser Entscheidung hilfsweise eine Glaubhaftmachung und Schätzung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts in Betracht. Von einer Beweiserleichterung bei der den Rechtsgrund betreffenden Tatsachenermittlung sei in dieser Entscheidung keine Rede. Darüber hinaus habe das LSG den Ausführungen des BSG im sog "Jahresendprämien-Urteil" vom 23.8.2007 (B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr 4) keine Beachtung geschenkt. Die Beklagte sei der Auffassung, dass durch diese Entscheidung der Vollbeweis für die anspruchsbegründenden Tatsachen gefordert werde. Dort sei explizit herausgestellt, dass bei der Feststellung von Zusatzversorgungszeiten für die Versorgungsberechtigten der DDR die Einzelfallprüfung anzuwenden sei und für die Feststellung von JEP-Beträgen die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR durch den Anspruchsteller nachzuweisen seien. Das BSG habe damit in seiner JEP-Entscheidung aus dem Jahr 2007 jedweden Beweiserleichterungen im Hinblick auf die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale eine eindeutige Absage erteilt. Dies habe das Berufungsgericht verkannt.
Schließlich seien dem LSG bei der Art und Weise, wie es den Schätzungsvorgang gestalte, Verfahrensfehler unterlaufen. Sein "Schätzprocedere" sei unter verschiedenen Gesichtspunkten weder plausibel noch aus sich heraus verständlich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 16. Februar 2016 aufzuheben, soweit dieses die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Gestalt von Jahresentgeldprämien für die Jahre 1970 bis 1979 betrifft, und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 3. Juli 2012 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet, so dass der Senat in der Sache selbst zu entscheiden hat (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Das LSG hat der Berufung des Klägers gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid des SG unter Verletzung von Bundesrecht (§ 162 SGG) stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Die Beklagte ist deshalb nicht verpflichtet, unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 18.7.2006 zusätzlich geschätzte JEP als weitere Arbeitsentgelte für die Jahre 1970 bis 1979 vorzumerken. Dem Kläger steht kein entsprechender Anspruch auf Feststellung höherer Arbeitsverdienste zu.
Der Kläger begehrt im Wege der Kombination (§ 56 SGG) einer Anfechtungs- und mehrerer Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 S 1 Var 1 und 3 SGG), den Bescheid vom 30.8.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 28.12.2011 (§ 95 SGG) aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, die bestandskräftigen (§ 77 SGG) Verwaltungsakte (§ 31 S 1 SGB X) über die Festsetzung der Arbeitsentgelte für die Jahre 1970 bis 1979 im Bescheid vom 18.7.2006 zurückzunehmen und höhere Arbeitsentgelte unter Einbeziehung von JEP festzusetzen.
1. Die insoweit erstrebte Rücknahme richtet sich nach § 44 SGB X, der auch im Rahmen des AAÜG anwendbar ist (§ 8 Abs 3 S 2 AAÜG; vgl auch Senatsurteil vom 15.6.2010 - B 5 RS 6/09 R - Juris RdNr 13 und ausführlich BSGE 77, 253, 257 = SozR 3-8570 § 13 Nr 1 S 5). Danach ist ein (iS von § 45 Abs 1 SGB X) nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er (anfänglich) rechtswidrig ist. Der Verwaltungsakt ist immer mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Abs 2 S 1 aaO), soweit er noch Rechtswirkungen hat, also noch nicht iS von § 39 Abs 2 SGB X erledigt ist. Die Rücknahme hat (gebundene Entscheidung) für die Vergangenheit zu erfolgen, wenn wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes "Sozialleistungen" zu Unrecht nicht erbracht oder "Beiträge" zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs 1 S 1 SGB X). Das Gebot zur rückwirkenden Rücknahme gilt nicht in bestimmten Fällen der Bösgläubigkeit (Abs 1 S 2 aaO). Im Übrigen "kann" (Ermessen) der anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakt auch in sonstigen Fällen, also über die Fälle des Abs 1 S 1 aaO hinaus, für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs 2 S 2 aaO).
Da sich § 44 Abs 1 SGB X nur auf solche bindenden Verwaltungsakte bezieht, die - anders als die feststellenden Verwaltungsakte im Bescheid vom 18.7.2006 - unmittelbar Ansprüche auf nachträglich erbringbare "Sozialleistungen" (§ 11 S 1 SGB I) iS der §§ 3 ff und 18 ff SGB I betreffen (BSGE 69, 14, 16 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3), kann sich der Rücknahmeanspruch des Klägers nur aus Abs 2 aaO ergeben. Nach dieser Vorschrift ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar (und damit zugleich bindend) geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (S 1). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (S 2). Die Feststellungen über die Höhe der erzielten Arbeitsentgelte im Bescheid vom 18.7.2006, die jeweils einzelne feststellende Verwaltungsakte iS des § 31 S 1 SGB X sind und die in Bezug auf die geltend gemachten JEP keinen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt haben (nicht begünstigender Verwaltungsakt iS von § 45 Abs 1 SGB X), waren jedoch im Zeitpunkt ihres Erlasses (Bekanntgabe iS von § 37 SGB X) rechtmäßig. Denn die geltend gemachten JEP sind nicht als tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt festzustellen.
2. Als Anspruchsgrundlage für die begehrten rechtlichen Feststellungen kommt allein § 8 Abs 2, Abs 3 S 1 und Abs 4 Nr 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs 3 S 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträgerin für das Zusatzversorgungssystem der Anl 1 (§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs 2 aaO bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat ua "das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" (= Arbeitsverdienste) zu enthalten.
3. Maßstabsnorm, nach der sich bestimmt, welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem (Zusatz-)Versorgungssystem der DDR zuzuordnen sind, ist § 6 Abs 1 S 1 AAÜG. Danach ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl § 5 aaO) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Der Begriff des Arbeitsentgelts iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG bestimmt sich nach § 14 SGB IV, wie der erkennende Senat (BSG SozR 4-8570 § 6 Nr 6 RdNr 15) im Einklang mit dem 4. Senat des BSG (SozR 4-8570 § 6 Nr 4 RdNr 24 ff), der früher für das Recht der Rentenüberleitung zuständig gewesen ist, bereits entschieden hat. Dabei ist durch die Rechtsprechung des 4. Senats, der sich der erkennende Senat anschließt, gleichermaßen geklärt, dass die JEP einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IV waren und diese bundesrechtliche Qualifizierung nicht durch § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV iVm § 1 ArEV vom 18.12.1984 (BGBl I 1642) ausgeschlossen ist (BSG SozR 4-8570 § 6 Nr 4 RdNr 27, 33). Gleichzeitig folgt für die Feststellung von Bezug und Höhe dieser einmaligen Einkünfte aus der Formulierung "erzieltes Arbeitsentgelt" in § 6 Abs 1 S 1 AAÜG im Zusammenhang mit § 5 Abs 1 S 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also in bestimmter Höhe tatsächlich gezahlt worden ist (BSG SozR 4-8570 § 6 Nr 4 RdNr 19).
4. Für den Zufluss von Entgeltbestandteilen wie der JEP trägt der Zahlungsempfänger die Feststellungs- bzw objektive Beweislast (BSG SozR 4-8570 § 6 Nr 4 RdNr 42), dh das Risiko bzw den Nachteil, dass sich diese Tatsache nicht beweisen und feststellen lässt (non liquet). Der Tatbestand öffentlich-rechtlicher Normen ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn ein einschlägiger Sachverhalt nach Ausschöpfung grundsätzlich aller zur Verfügung stehenden Erkenntnisgrundlagen bis zur Grenze der Zumutbarkeit (Senatsbeschluss vom 2.3.2010 - B 5 R 208/09 - Juris RdNr 9; BVerwG Urteil vom 26.8.1983 - 8 C 76.80 - Buchholz 310 § 86 Abs 1 VwGO Nr 147 S 9 und Beschluss vom 18.2.2015 - 1 B 2/15 - Juris RdNr 4; vgl auch BVerfG Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 = Juris RdNr 67) mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl zB BSG Urteil vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291, 293 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7) im Vollbeweis, dh zur vollen Überzeugung des hierzu berufenen Anwenders im Sinne einer subjektiven Gewissheit feststeht. Für das sozialgerichtliche Verfahren ergibt sich dies aus § 103 S 1 Halbs 1, § 128 Abs 1 S 1 SGG. Abweichungen (Gewissheit, hinreichende Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftmachung) von diesem Regelbeweismaß bedürfen einer gesetzlichen Grundlage (BSG SozR 3-3900 § 15 Nr 4 = Juris RdNr 4, vgl auch BSG Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R - BSGE 98, 48 = SozR 4-5075 § 1 Nr 3; BVerwG Beschluss vom 3.8.1988 - 9 B 257.88 - NVwZ-RR 1990, 165; Bolay in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 128 RdNr 13 ff; Höfling/Rixen in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 108 RdNr 87; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl 2016, § 108 RdNr 5; Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 118 RdNr 3 ff). Nur dann ist gewährleistet, dass normativ angeordnete Rechtsfolgen allein Fällen der gesetzlich vorgesehenen Art zugeordnet werden und im Streitfall effektiver Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) gewährleistet ist. Die in § 6 Abs 6 AAÜG normierten Beweiserleichterungen verhelfen der Klage indessen nicht zum Erfolg.
5. Zwar hat das LSG auf dieser Grundlage für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass dem Kläger in den jeweils ausgeurteilten Jahren tatsächlich JEP zugeflossen sind, weil dies zwar nicht (im Vollbeweis) nachgewiesen, aber glaubhaft gemacht, dh "überwiegend wahrscheinlich" sei (vgl dazu § 23 Abs 1 S 2 SGB X; § 202 S 1 SGG iVm § 294 ZPO). Dabei geht das LSG zu Recht davon aus, dass dieser - im Vergleich zum Regelbeweismaß - abgesenkte Beweisgrad ausreicht, um im Einzelfall den tatsächlichen Zufluss von Arbeitsentgelt anzunehmen und festzustellen (so auch Bayerisches LSG Urteil vom 23.6.2015 - L 1 RS 3/14 - Juris LS; LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 18.2.2015 - L 7 R 147/11 - Juris RdNr 42 ff; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.10.2014 - L 33 R 151/13 - Juris RdNr 37; Thüringer LSG Urteil vom 27.5.2014 - L 6 R 1280/12 - Juris RdNr 19 ff; offen gelassen LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 12.2.2014 - L 1 RS 28/13 - Juris RdNr 25 ff). Dies ergibt die Auslegung des § 6 Abs 6 AAÜG. Danach wird der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird. Die Formulierungen "der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes" und "der andere Teil" sind prinzipiell weit und ermöglichen es, die Glaubhaftmachung dieses Verdienstteils sowohl auf dessen Höhe als auch auf dessen Zufluss oder auf beides zu beziehen, während der Nachweis des übrigen Verdienstteils schon logisch Zufluss und Höhe erfassen muss. Angesichts der klaren gesetzlichen Differenzierung des Gesamtverdienstes in einen glaubhaft gemachten und einen nachgewiesenen Teil liegt es indes fern, die Glaubhaftmachung auf die Höhe des Verdienstes bei nachgewiesenem Zufluss zu beschränken. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Norm mit dem Erfordernis, dass Zufluss und Höhe eines Verdienstteils im Vollbeweis nachgewiesen sein müssen, bereits ausdrücklich das strenge Regelbeweismaß anlegt und damit einen starken Anker schafft, was spiegelbildlich Abstriche beim Beweismaß für Höhe und Zufluss des anderen Verdienstteils legitimiert und ggf Rückschlüsse aufgrund zuvor oder anschließend erzielten Arbeitsentgelts erlaubt (vgl dazu BSG Urteil vom 28.10.1996 - 8 RKn 19/95 - SozR 3-2600 § 123 Nr 1 S 4; Spegel, MittLVA Württ 1996, 164 jeweils zu § 256c SGB VI). Zudem findet die einschneidende Rechtsfolge, die einen erheblichen Abschlag in Höhe eines Sechstels vorsieht, auch und gerade in Fällen ihre Rechtfertigung, in denen neben der Höhe auch der Zufluss von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nur glaubhaft gemacht werden kann und damit die Verdienstfeststellung in ihrer anteiligen Gänze auf Wahrscheinlichkeitsüberlegungen beruht.
6. Ebenso für das Revisionsgericht verbindlich hat das Berufungsgericht aber auch (negativ) festgestellt, dass die Höhe der einschlägigen Zahlungen weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht ist. Insofern ist unerheblich, dass das angegriffene Urteil möglicherweise nicht auf diesen Feststellungen beruht (vgl dazu BSG Urteil vom 10.11.1993 - 11 RAr 47/93 - BSGE 73, 195 = SozR 3-4100 § 249e Nr 3; Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 15). Soweit das LSG die Höhe der JEP jedoch auf 58,33 % eines im jeweiligen Beschäftigungsvorjahr erzielten monatlichen Bruttodurchschnittsbetrages geschätzt hat, ist der Senat an diese weitergehenden Feststellungen (§ 163 SGG) nicht gebunden. Denn das Berufungsgericht geht insofern von rechtlich unzutreffenden Annahmen hinsichtlich des Beweismaßes aus, die der sachlichen Prüfung durch das BSG unterliegen. Das AAÜG enthält jedenfalls für Fälle der vorliegend zur Entscheidung stehenden Art abschließende Regelungen zu Möglichkeiten und Folgen einer Beweiserleichterung hinsichtlich der Höhe des zugrunde zu legenden Verdienstes. Zusätzliche Beweiserleichterungen des materiellen (a) oder des sog formellen Rechts (b) greifen daneben nicht ein.
a) § 6 Abs 6 AAÜG erlaubt es dem Versicherten ausnahmsweise, die Höhe eines Verdienstteils glaubhaft zu machen, wenn der andere Teil des Verdienstes nachgewiesen ist und eröffnet insoweit zu seinen Gunsten im beschränkten Umfang eine Beweismaßreduzierung, allerdings auf Kosten eines Abschlags in Höhe eines Sechstels des glaubhaft gemachten Teils des Verdienstes. Eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat.
Auch aus § 6 Abs 5 AAÜG iVm § 256b Abs 1 und § 256c Abs 1 und 3 S 1 SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Insofern kann offenbleiben, ob Abs 5 überhaupt neben Abs 6 zur Anwendung kommen kann (idS BT-Drucks 13/2590 S 33).
b) Die prozessuale Schätzbefugnis gemäß § 287 ZPO, die nach § 202 S 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist (vgl zB BSG Urteile vom 14.7.1988 - 11/7 RAr 41/87 - SozR 4100 § 115 Nr 2, vom 20.5.1987 - 10 RKg 12/85 - BSGE 62, 5 = SozR 1750 § 287 Nr 1, vom 15.3.1979 - 9 RVs 16/78 - SozR 3870 § 3 Nr 5, vom 27.7.1978 - 2 RU 37/78 - Juris RdNr 21), greift hier von vornherein nicht ein. Denn § 6 Abs 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen, ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene Schätzung scheidet damit aus. Andernfalls käme es zu unauflösbaren Widersprüchen, wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt: Bei der Schätzmethode des LSG handelt es sich um ein in sich geschlossenes Konstrukt, in das mit einer nachträglichen Kürzung des Schätzergebnisses derart intensiv eingegriffen würde, dass von einer Schätzung nicht mehr die Rede sein kann. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter ausgestalten und festlegen müssen, ob und ggf wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung in § 6 Abs 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept.
Aber selbst wenn man § 287 ZPO in Fällen der vorliegenden Art für anwendbar hält, scheidet eine Schätzung gemäß § 287 Abs 1 ZPO schon mangels "Schadens" von vornherein aus. Schließlich sind auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 287 Abs 2 ZPO nicht erfüllt. Denn diese Norm greift - als Ausnahme von den Grundsätzen in § 286 ZPO und § 128 Abs 1 S 1 SGG - nur ein, wenn eine "Forderung" dem Grunde nach mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit besteht, dh im Vollbeweis belegt ist, und nur noch ihre "Höhe … streitig ist" (vgl BSG Urteil vom 28.5.2003 - B 3 P 6/02 R - SozR 4-3300 § 15 Nr 1 RdNr 12; BGH Urteile vom 17.12.2014 - VIII ZR 88/13 - Juris RdNr 45 und vom 25.10.1984 - IX ZR 76/83 - MDR 1985, 494 Juris RdNr 13; Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 2015, § 63 RdNr 85; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl 2016, § 287 RdNr 11; Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 287 RdNr 1; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl 2008, § 287 RdNr 11 und 29; Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl 2016, § 287 RdNr 20; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl 2016, § 287 RdNr 7; Saenger, ZPO, 6. Aufl 2015, § 287 RdNr 11). Die Schätzbefugnis und die damit verbundene Beweismaßreduzierung beschränkt sich somit auf die Höhe nachgewiesener Forderungen; nur wenn und soweit allein die Forderungshöhe streitig ist, darf der Richter insofern Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen anstellen. Andernfalls käme es zu doppelten Wahrscheinlichkeitsüberlegungen und zu dem Problem, dass hinsichtlich des "Ob" des Zuflusses (Glaubhaftmachung im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit) und mit Blick auf die Höhe der Forderung (Schätzungswahrscheinlichkeit) unterschiedliche Erwägungen zu unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsgraden anzustellen wären. Damit würde aber das rechtswidrige Ergebnis in Kauf genommen, dass beide Faktoren in ihrer Überlagerung bzw Kombination nicht mehr wahrscheinlich, sondern lediglich möglich wären. Eine derart weite Loslösung von der Wirklichkeit und die damit verbundene Aufweichung der Feststellungslast sieht § 287 Abs 2 ZPO nicht vor; die bloße Möglichkeit, dass dem Versicherten Arbeitsentgelt in geschätzter Höhe zugeflossen ist, genügt keinesfalls (vgl zB BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4). Schließlich erscheint es methodisch ausgeschlossen, die Schätzbefugnis nach § 287 Abs 1 S 1 ZPO erst nach mehrfacher entsprechender Anwendung dieser Vorschrift zu eröffnen: Über die Verweisung in § 202 S 1 SGG ist § 287 ZPO überhaupt nur "entsprechend anzuwenden" und innerhalb dieser zivilprozessualen Norm ist die Schätzbefugnis in § 287 Abs 1 S 1 SGG über Abs 2 aaO ihrerseits ebenfalls nur "entsprechend anzuwenden", und zwar vorliegend erst, nachdem dessen Regelungsbereich zuvor auf Fallkonstellationen mit ungeklärter Haftungsgrundlage erweitert worden ist, obgleich die insofern einschlägigen tatsächlichen Umstände gerade zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen müssen (§ 286 ZPO).
Fragestellungen zur Ermittlung und Feststellung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts in Kalenderjahren mit Arbeitsausfalltagen, die der Entscheidung des 4. Senats in seinem Urteil vom 4.5.1999 (B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr 3) zugrunde liegen, waren vorliegend nicht zu beantworten. In diesem Fall ebenso wie in dem Urteil vom 23.8.2007 (B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr 4) ging es dem Grunde nach um nachgewiesene Zahlungen.
c) Da die Höhe der glaubhaft erzielten JEP weder im Vollbeweis noch im Wege der Glaubhaftmachung belegt ist und der Kläger insofern die Feststellungslast trägt, hat er keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Rücknahme der bisherigen Regelung weitere Arbeitsentgelte unter Einbeziehung geschätzter JEP festsetzt.