Entscheidungsdatum: 19.02.2013
Ein listenübergreifendes Nachrücken von Ersatzmitgliedern in den Personalrat findet nicht statt; dies gilt auch dann, wenn die Erschöpfung des betreffenden Wahlvorschlages darauf zurückzuführen ist, dass der Wahlvorschlag den - nicht zwingenden - Anforderungen des § 8 Abs. 1 BPersVWO an die Zahl der Bewerber nicht entsprochen hat.
I.
In der Zeit vom 6. bis 8. Mai 2008 fand die Wahl zum Bezirkspersonalrat beim Streitkräfteunterstützungskommando, dem Beteiligten zu 1, statt. Zu wählen waren 59 Personalratsmitglieder, von denen 19 auf die Gruppe der Arbeitnehmer, 6 auf die Gruppe der Beamten und 34 auf die Gruppe der Soldaten entfielen. Nach dem am 16. Mai 2008 bekanntgemachten Wahlergebnis waren in der Gruppe der Soldaten 23 Bewerber der Liste "Deutscher Bundeswehrverband", 9 Bewerber der Liste "Soldaten der SKB" und 2 Bewerber der Liste "ver.di" gewählt.
Die Liste "Soldaten der SKB" umfasste ursprünglich 10 Bewerber. Durch Ausscheiden sank die Zahl der Personalratsmitglieder dieser Liste auf 4. Ausscheidende Personalratsmitglieder dieser Liste konnten nicht mehr durch Nachrücker aus der Liste ersetzt werden. In seiner Sitzung vom 16. bis 19. März 2009 beschloss der Beteiligte zu 1, in der Gruppe der Soldaten listenübergreifendes Nachrücken zuzulassen. In der Folgezeit wurden ausscheidende und zeitweilig verhinderte Personalratsmitglieder der Liste "Soldaten der SKB" durch Bewerber der Liste "Deutscher Bundeswehrverband" ersetzt.
Die Antragsteller sind Mitglieder des Beteiligten zu 1 in der Gruppe der Arbeitnehmer. Das von ihnen angerufene Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Beschluss des Beteiligten zu 1 vom 16. bis 19. März 2009, für die Gruppe der Soldaten ein listenübergreifendes Nachrücken zuzulassen, rechtswidrig ist, und dem Beteiligten zu 1 untersagt, ein listenübergreifendes Nachrücken von Ersatzmitgliedern zukünftig zuzulassen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beschwerde sei jedenfalls unbegründet. Ein Nachrücken von Ersatzmitgliedern beim Ausscheiden von Personalratsmitgliedern aus dem Personalrat sei nicht möglich, wenn die ausscheidenden Personalratsmitglieder auf einer Liste kandidiert hätten, die ausgeschöpft sei. Dass eine Vorschlagsliste nicht die in § 8 Abs. 1 BPersVWO geforderte Zahl an Bewerbern aufweise, rechtfertige nicht ein listenübergreifendes Nachrücken von Ersatzmitgliedern. Ein Rückgriff auf die in § 26 Abs. 2 BPersVWO enthaltene Regelung scheide aus. Nach dieser Bestimmung fielen bei der Ermittlung der gewählten Gruppenvertreter bei Gruppenwahl für den Fall, dass eine Vorschlagsliste weniger Bewerber enthalte, als ihr nach den Höchstzahlen Sitze zustehen würden, die überschüssigen Sitze den übrigen Vorschlagslisten in der Reihenfolge der nächsten Höchstzahlen zu. Unmittelbar könne diese Vorschrift keine Anwendung finden, weil sie allein die vom Wahlvorstand vorzunehmende Bestimmung der gewählten Gruppenvertreter nach einer Wahl des Personalrats regele. Einer entsprechenden Anwendung stehe entgegen, dass es an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke fehle. Denn die das Nachrücken von Ersatzmitgliedern regelnde Vorschrift des § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG sei eine abschließende - weder ergänzungsfähige noch ergänzungsbedürftige - gesetzliche Bestimmung.
Der Beteiligte zu 1 trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Es gebe keine Grundlage für die Annahme, dass dem Wähler eine vollständige Vertretung seiner eigenen Statusgruppe im Plenum des Personalrats weniger wichtig sei als die Wahrung des Listenproporzes innerhalb der eigenen Statusgruppe. Für die Zulassung des listenübergreifenden Nachrückens spreche, dass das Gruppenprinzip ein gesetzlich fixiertes Strukturprinzip der Personalratsarbeit sei, das Fraktionsprinzip jedoch nicht. Eine Vorschlagsliste gefährde dadurch, dass sie entgegen § 8 Abs. 1 BPersVWO nicht mindestens doppelt so viele Bewerber aufstelle, wie Sitze im Wahlgang zu vergeben seien, selbst die vollzählige Vertretung der eigenen Gruppe im Personalrat. Keine Vorschlagsliste habe einen gesetzlichen Anspruch darauf, eine Tätigkeit des Personalrats in unvollständiger Besetzung zu erzwingen. Soweit die Regelung in § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG für den Fall der Listenerschöpfung eine Lücke enthalte, sei diese durch entsprechende Anwendung des § 26 Abs. 2 BPersVWO zu schließen. Soweit dieser Weg nicht gangbar sei, dürfe der Personalrat die Regelungslücke im Wege der Geschäftsordnung nach § 42 BPersVG schließen.
Der Beteiligte zu 1 beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Anträge abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie äußern bereits Zweifel, ob die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den erstinstanzlichen Beschluss zulässig gewesen sei; im Übrigen verteidigen sie - ebenso wie der Beteiligte zu 2 und der Vertreter des Bundesinteresses - den angefochtenen Beschluss.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der in der Sitzung vom 16. bis 19. März 2009 gefasste Beschluss des Beteiligten zu 1, in der Gruppe der Soldaten ein listenübergreifendes Nachrücken zuzulassen, ist rechtswidrig. Dem Beteiligten zu 1 ist es daher untersagt, ein listenübergreifendes Nachrücken von Ersatzmitgliedern künftig zuzulassen.
1. Das Bundespersonalvertretungsgesetz ist hier anzuwenden. Zwar zählt das Streitkräfteunterstützungskommando als militärische Dienststelle nicht zur Bundesverwaltung im Sinne von § 1 BPersVG. Doch bestimmt § 91 Abs. 1 Soldatengesetz, dass für die bei militärischen Dienststellen der Bundeswehr beschäftigten Beamten und Arbeitnehmer das Bundespersonalvertretungsgesetz gilt. Für Soldaten gilt nach Maßgabe der §§ 48 bis 51 Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG) das Bundespersonalvertretungsgesetz (§ 48 Satz 1 SBG). Insoweit werden die Streitkräfte der Verwaltung gleichgestellt (§ 48 Satz 2 SBG). Das Streitkräfteunterstützungskommando gehört zu denjenigen Dienststellen der Streitkräfte, in welchen die Soldaten Personalvertretungen wählen (§ 49 Abs. 1 Satz 1 SBG i.V.m. Nr. 1 des Verzeichnisses der Dienststellen und Einrichtungen der Streitkräfte im Sinne von § 49 SBG, ZDv 10/2 Anl. 4, abgedr. bei Gronimus, Die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der Bundeswehr, 7. Aufl. 2012, Anhang zu § 49 SBG).
2. Der Senat kann offen lassen, ob die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 bereits deswegen unbegründet ist, weil dessen Beschwerde gegen den stattgebenden erstinstanzlichen Beschluss unzulässig war. Wäre dies so, so wäre der stattgebende erstinstanzliche Beschluss aus diesem Grunde zu bestätigen und erlangte Rechtskraft. Nichts anderes aber gilt, wenn der Senat - im Einklang mit dem Oberverwaltungsgericht - die erstinstanzliche Entscheidung in der Sache bestätigt.
3. Das als Antrag zu 1 gestellte Feststellungsbegehren ist zulässig.
a) Bei diesem Begehren handelt es sich nicht um einen Fortsetzungsfeststellungsantrag, für welchen im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren kein Raum ist (vgl. Beschlüsse vom 9. Juli 2007 - BVerwG 6 P 9.06 - Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 30 Rn. 13, vom 14. Dezember 2009 - BVerwG 6 P 16.08 - BVerwGE 135, 384 Rn. 8, insoweit bei Buchholz 250 § 13 BPersVG Nr. 4 nicht abgedruckt, und vom 13. Juli 2011 - BVerwG 6 P 16.10 - BVerwGE 140, 134 = Buchholz 250 § 25 BPersVG Nr. 16 Rn. 12). Die in der Sitzung vom 16. bis 19. März 2009 getroffene Entscheidung des Beteiligten zu 1 zum listenübergreifenden Nachrücken hat sich mit dem Ende der Amtsperiode und der Neuwahl im Mai 2012 nicht erledigt. Vielmehr ist diese Entscheidung Grundlage einer bis heute praktizierten Verfahrensweise, die der Beteiligte zu 1 im vorliegenden Verfahren folgerichtig verteidigt.
b) Die Antragsteller sind antragsbefugt. Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition betroffen werden kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht. Die Antragsteller können in ihrer Eigenschaft als Personalratsmitglieder die Verletzung der Regelung zum Nachrücken von Ersatzmitgliedern in § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG als Verletzung eines eigenen Rechts geltend machen. Hat der Personalrat dazu mit Mehrheit eine Entscheidung getroffen, so entspricht es nicht seinem Interesse, die Einhaltung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies ist vielmehr Sache der in der Minderheit gebliebenen und folglich überstimmten Personalratsmitglieder (vgl. Beschlüsse vom 10. Juni 1998 - BVerwG 6 P 7.97 - BVerwGE 107, 45 <46 f.> = Buchholz 250 § 27 BPersVG Nr. 4 S. 13 f. und vom 4. Oktober 2005 - BVerwG 6 P 12.04 - Buchholz 251.95 § 24 MBGSH Nr. 1 Rn. 18).
4. Der Antrag zu 1 ist begründet. Die Entscheidung des Beteiligten zu 1, listenübergreifendes Nachrücken zuzulassen, steht mit dem Gesetz nicht in Einklang.
§ 31 Abs. 1 BPersVG sieht vor, dass in den Fällen, in denen ein Personalratsmitglied aus dem Personalrat ausscheidet oder zeitweilig verhindert ist, ein Ersatzmitglied eintritt. Daran knüpft die hier maßgebliche Regelung in § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG an. Danach werden die Ersatzmitglieder der Reihe nach aus den nicht gewählten Beschäftigten denjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören.
a) § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ist eine erschöpfende, weder ergänzungsfähige noch ergänzungsbedürftige Regelung. Die Vorschrift lässt nicht die Frage offen, wie zu verfahren ist, wenn die Liste des ausgeschiedenen oder verhinderten Personalratsmitgliedes erschöpft ist (so aber Daniels, PersR 2009, 285 f.). Indem sie positiv vorschreibt, dass die Ersatzmitglieder aus denjenigen Vorschlagslisten entnommen werden, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören, verbietet sie zugleich jegliches listenübergreifende Nachrücken. Hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit einer anderen als die dem klaren Gesetzeswortlaut entsprechende Ersatzmitgliedschaft zulassen wollen, dann hätte er dies in unmissverständlicher Weise zum Ausdruck bringen müssen. Hierzu hätte umso mehr Anlass bestanden, weil es dann noch der Klarstellung bedurft hätte, in welcher Reihenfolge die Vorschlagslisten für den Fall zum Zuge kommen sollen, dass nur noch Vorschlagslisten anderer Gruppen zur Verfügung stehen. Im Lichte des klaren Wortlauts der der Ersatzmitgliedschaft gewidmeten Regelung in § 31 BPersVG ist § 27 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG in der Weise auszulegen, dass auch beim Ausscheiden eingetretener Ersatzmitglieder die Voraussetzungen einer vorzeitigen Neuwahl nicht erfüllt sein können, ehe nicht "sämtliche" auf den Vorschlagslisten der ausgeschiedenen Mitglieder stehenden Beschäftigten herangezogen worden sind. Der Wählerwille wird in erkennbarer Weise verfälscht, wenn ein Ersatzmitglied aus einer anderen als derjenigen Vorschlagsliste entnommen werden kann, der das ausgeschiedene Mitglied angehörte. Außerdem wird beim Rückgriff auf eine gruppenfremde Liste das Gruppenprinzip verletzt (vgl. Beschlüsse vom 16. Juli 1963 - BVerwG 7 P 10.62 - BVerwGE 16, 230 = Buchholz 238.3 § 29 PersVG Nr. 1 und vom 30. November 2010 - BVerwG 6 PB 16.10 - Buchholz 251.95 § 23 MBGSH Nr. 1 Rn. 3 f.; OVG Koblenz, Beschluss vom 22. April 2010 - 5 A 10379/10 - juris Rn. 5 f.; Schlatmann, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 27 Rn. 26, § 31 Rn. 26 und 32; Kröll, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. 2011, § 27 Rn. 11a, § 31 Rn. 11; Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 27 Rn. 18, § 31 Rn. 19; Schwarze, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 31 Rn. 30).
b) Eine abweichende Beurteilung ist nicht mit Blick auf die Regelung zum Nachrücken von Betriebsratsmitgliedern in § 25 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gerechtfertigt. Danach ist in den Fällen, in denen die Vorschlagsliste erschöpft ist, das Ersatzmitglied denjenigen Vorschlagslisten zu entnehmen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde. Diese Regelung war bereits in der ursprünglichen Fassung des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 vom 15. Januar 1972, BGBl I S. 13, enthalten. Sie ist auf Initiative des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ins Gesetz aufgenommen worden. Ausweislich seines Berichtes vom 14. Oktober 1971 hat der Ausschuss die Frage eines listenfremden Nachrückens bei Erschöpfung einer Vorschlagsliste als in Rechtsprechung und Rechtslehre umstritten betrachtet und deswegen eine gesetzliche Regelung im Interesse der Kontinuität der Betriebsratsarbeit für notwendig gehalten (BTDrucks 6/2729 S. 12 und 22). In dem über zwei Jahre später ergangenen Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974, BGBl I S. 693, findet sich eine vergleichbare Regelung nicht. Dem Bundesgesetzgeber war daher nicht daran gelegen, für die Personalvertretungen im Bundesdienst zum Nachrücken von Ersatzmitgliedern eine Rechtslage zu schaffen, die mit derjenigen in der Betriebsverfassung in jeder Hinsicht übereinstimmte. Er hat damit Auslegung und Verständnis der Regelung in § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG der Klärung durch die Verwaltungsgerichte überlassen, welche damals in Gestalt der zitierten Entscheidung des beschließenden Gerichts vom 16. Juli 1963 zur nahezu wortgleichen Vorgängerregelung in § 29 Abs. 2 Satz 1 PersVG bereits vorlag (vgl. Beschluss vom 30. November 2010 a.a.O. Rn. 3 f.).
c) Dass § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG für ein listenübergreifendes Nachrücken von Ersatzmitgliedern offen ist, ergibt sich ferner nicht aus § 17 Abs. 1 Satz 3 BPersVG. Danach verliert eine Gruppe (§ 5 BPersVG), die von ihrem Recht, im Personalrat vertreten zu sein, keinen Gebrauch macht, ihren Anspruch auf Vertretung. Da die Zahl der zu verteilenden Sitze bereits durch § 16 BPersVG festgelegt ist, kann der Verlust des Vertretungsanspruchs nicht zur Verringerung der Sitzzahl, sondern nur dazu führen, dass die nach § 16 BPersVG zu ermittelnden Sitze auf die anderen Gruppen verhältnismäßig verteilt werden (vgl. Beschlüsse vom 23. Oktober 1970 - BVerwG 7 P 3.70 - juris Rn. 22, insoweit bei BVerwGE 36, 170 und Buchholz 238.3 § 22 PersVG Nr. 7 nicht abgedruckt, und vom 20. Juni 1990 - BVerwG 6 P 2.90 - Buchholz 250 § 17 BPersVG Nr. 3 S. 4). Damit ist aber nur gesagt, dass die "Wahlmüdigkeit" einer Gruppe nicht von vornherein zur Reduzierung der Zahl der Personalratsmitglieder führt. Daraus ist jedoch nicht herzuleiten, dass die gesetzliche Stärke des Personalrats in jedem Fall erreicht und im Verlauf der Amtsperiode um jeden Preis erhalten bleiben muss. Im Gegenteil zeigt die Regelung in § 27 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG, wonach nicht jede Verminderung der Gesamtzahl der Mitglieder des Personalrats eine vorzeitige Neuwahl zu Folge hat, dass der Gesetzgeber eine gesunkene Mitgliederzahl bis zu einer bestimmten Schwelle hinnimmt. Zudem verhindert diese Regelung nicht, dass ein Personalrat - wenn auch mit reduzierter Stärke - überhaupt zustande kommt (vgl. Beschluss vom 20. Juni 1990 a.a.O. S. 8 f.).
d) Schließlich erlaubt § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ein listenübergreifendes Nachrücken nicht in den Fällen, in denen der betreffende Wahlvorschlag nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 1 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVWO) entsprach und die Erschöpfung der Liste darauf zurückzuführen ist (so aber Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 31 Rn. 24a ff.; wie hier: Altvater, a.a.O. § 26 WO Rn. 4 f.; unklar: Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O. § 31 Rn. 19). § 8 Abs. 1 Nr. 1 BPersVWO sieht für die grundsätzlich stattfindende und auch im vorliegenden Fall durchgeführte Gruppenwahl (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BPersVG) vor, dass jeder Wahlvorschlag doppelt so viele Bewerber enthalten soll, wie Gruppenvertreter zu wählen sind. Im sachlichen Zusammenhang damit steht die Regelung in § 26 Abs. 2 BPersVWO. Danach fallen, wenn eine Vorschlagsliste weniger Bewerber enthält als ihr nach den Höchstzahlen Sitze zustehen würden, die überschüssigen Sitze den übrigen Vorschlagslisten in der Reihenfolge der nächsten Höchstzahlen zu.
aa) Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG um eine erschöpfende und zugleich zwingende Regelung (vgl. Schlatmann, a.a.O. § 31 Rn. 2; Kröll, a.a.O. § 31 Rn. 1; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 31 Rn. 2; Schwarze, a.a.O. § 31 Rn. 2). Folgerichtig ist die Vorschrift keiner Konkretisierung oder Modifikation durch die Wahlordnung zugänglich. Die Verordnungsermächtigung in § 115 BPersVG bezieht sich nur auf die dort genannten wahlrechtlichen Gesetzesbestimmungen - insbesondere die §§ 12 bis 25 BPersVG - und die dort aufgezählten Vorgänge des Wahlverfahrens, nicht aber auf das davon zeitlich und sachlich zu trennende Nachrückverfahren während der Amtszeit des Personalrats. Es ist daher systemwidrig, aus Bestimmungen der Wahlordnung Rückschlüsse zu ziehen für das Verständnis der abschließenden gesetzlichen Regelung in § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG. Dafür wäre ohnehin von vornherein kein Raum gewesen, wenn der Verordnungsgeber, was in seinem normativen Gestaltungsspielraum gelegen hätte, von den Regelungen in § 8 Abs. 1 und § 26 Abs. 2 BPersVWO abgesehen hätte.
bb) Es ist nicht widersprüchlich, dass der Gesetzgeber einerseits dem Verordnungsgeber unausgesprochen Spielraum dafür belässt, in der Wahlordnung ein listenfremdes Auffüllen leer gebliebener Personalratssitze vorzusehen, andererseits aber in § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ein listenübergreifendes Nachrücken verbietet. § 26 Abs. 2 BPersVWO wirkt dahin, dass die gesetzliche Personalratsstärke bei Beginn der Amtsperiode weitgehend gewahrt bleibt. Dagegen verschafft § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG für die Zeit während der Amtsperiode der Beachtung des Wählerwillens Vorrang. Es liegt in der Gestaltungsmacht des Gesetzgebers, für die Bekanntgabe des Wahlergebnisses (§ 23 BPersVWO) einerseits und beim Nachrücken während der Amtsperiode andererseits den Grundsätzen der gesetzlichen Personalratsstärke, der Kontinuität der Amtsführung und der Beachtung des Wählerwillens jeweils unterschiedliches Gewicht beizumessen.
cc) Das strikte Verbot eines listenübergreifenden Nachrückverfahrens verliert seinen Sinn nicht in den Fällen, in den der betreffende Wahlvorschlag den nicht zwingenden Anforderungen an die Zahl der Bewerber in § 8 BPersVWO nicht entsprochen hat. Die Verfälschung des Wählerwillens kann nicht mit der Erwägung verneint werden, in den vorbezeichneten Fällen habe der Beschäftigte mit der Erschöpfung des von ihm unterstützten Wahlvorschlages rechnen müssen. Mit der Wahl einer bestimmten Liste hat sich der Beschäftigte zugleich gegen alle anderen - konkurrierenden - Listen entschieden. Der dadurch verlautbarte Wählerwille wird verzerrt, wenn bei Erschöpfung des unterstützten Wahlvorschlages der vakant gewordene Sitz im Personalrat der konkurrierenden Liste zugeschlagen wird. In diesem Fall kommt zum Mandatsverlust für die unterstützte Liste noch ein Gewinn für die abgelehnte konkurrierende Liste hinzu. Ein solches Ergebnis entfernt sich weiter vom Wählerwillen als eine Vakanz für den Rest der Amtsperiode. Dieser Umstand wird nicht von der Frage berührt, ob und inwieweit Beschäftigte bei der Wahl mit einer Listenerschöpfung rechnen müssen. Den Zielkonflikt zwischen der Kontinuität der Personalratsarbeit und der Beachtung des Wählerwillens durch eine sprachlich eindeutige Lösung zu entscheiden, ist Sache des Gesetzgebers (vgl. Beschluss vom 30. November 2010 a.a.O. Rn. 9). Nach dessen eindeutiger Entscheidung gegen ein listenübergreifendes Nachrücken setzt sich der Schutz des Wählerwillens gegen die gruppenbezogene Zusammensetzung des Personalrats durch. Das Gruppenprinzip wird nicht verletzt, wenn die in § 17 BPersVG vorgegebene Sitzverteilung aus speziellem Anlass zeitweilig nicht eingehalten wird. § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG dient dem Schutz des Wählerwillens, nicht dem Schutz der Vorschlagslisten. Die auf deren "Ansprüche" bezogenen Ausführungen des Beteiligten zu 1 sind daher nicht erheblich.
5. Der Antrag zu 2 ist ebenfalls begründet. Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ist es dem Personalrat verwehrt, ein listenübergreifendes Nachrücken zuzulassen. Damit korrespondiert der Anspruch des Personalratsmitglieds darauf, dass der Personalrat ein Zuwiderhandeln gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 BPersVG unterlässt (vgl. in diesem Zusammenhang zum Anspruch des Personalrats auf Einleitung bzw. Fortführung eines Mitbestimmungsverfahrens: Beschluss vom 11. Mai 2011 - BVerwG 6 P 4.10 - Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr. 6 Rn. 36 m.w.N.).