Entscheidungsdatum: 20.08.2013
Anspruchsabhängige Anmeldegebühr
Die Bemessung der für eine Patentanmeldung zu zahlenden Gebühr richtet sich nach der in den Anmeldeunterlagen vom Anmelder angegebenen Anzahl von Patentansprüchen und nicht dem sachlichen Gehalt der Ansprüche.
1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Juni 2012 aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Die Anmelderin meldete am 24. März 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter Inanspruchnahme der Priorität von zwei US-amerikanischen Anmeldungen vom 25. März 2009 und vom 19. März 2010 eine Erfindung mit der Bezeichnung „Control Module Chassis-integrated Slot Antenna“ zum Patent an. Die hierfür eingereichten Anmeldeunterlagen waren in englischer Sprache verfasst und enthielten 13 Seiten Beschreibung, eine Seite Zusammenfassung, drei Blatt Zeichnungen mit insgesamt fünf Figuren sowie zehn Patentansprüche. Die Patentansprüche waren in der Weise abgefasst, dass ausgehend von einem maschinengeschriebenen Text mit 20 Ansprüchen, durch handschriftliche Änderungen, insbesondere durch Kombinieren von mehreren Ansprüchen, ein Satz von 10 Ansprüchen entstanden ist. Die Anmelderin erteilte eine Einzugsermächtigung für die Anmeldegebühr in Höhe von 60 € und die Prüfungsantragsgebühr in Höhe von 350 €. Mit Schreiben vom 22. Juni 2010 reichte die Anmelderin eine deutsche Übersetzung der englischsprachigen Anmeldeunterlagen ein. Diese enthielten neben der Zusammenfassung (eine Seite) und der Beschreibung (15 Seiten) zehn Patentansprüche in einer konsolidierten Fassung der ursprünglich eingereichten englischsprachigen Ansprüche.
Mit Prüfungsbescheid vom 24. Januar 2012 teilte die Prüfungsstelle für Klasse H 01 Q der Anmelderin mit, dass in den Ansprüchen 5, 8 und 9 jeweils mehrere wesensfremde Merkmale miteinander gekoppelt seien, so dass die ursprüngliche Anmeldung inhaltlich nicht nur zehn, sondern insgesamt 22 Patentansprüche umfasse. Die damit noch ausstehende Anmeldegebühr in Höhe von 360 € sei nach § 6 Abs. 1 PatKostG innerhalb von drei Monaten nach Zugang des Prüfungsbescheids nachzuentrichten. Ansonsten gelte die Anmeldung gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als zurückgenommen. Im Übrigen erscheine die Erteilung des angemeldeten Patents wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit bei derzeitiger Sachlage ausgeschlossen. Auf den Prüfungsbescheid reichte die Anmelderin mit Schreiben vom 26. April 2012 eine überarbeitete Fassung der Seiten 1, 5, 6 und 15 der Beschreibung sowie einen geänderten Anspruchssatz mit sieben Patentansprüchen ein.
Mit Beschluss vom 1. Juni 2012 hat die Prüfungsstelle für Klasse H 01 Q festgestellt, dass die am 24. März 2010 beim DPMA eingegangene Patentanmeldung als zurückgenommen gilt. Die Anmelderin habe am 24. März 2010 zehn Patentansprüche eingereicht, die durch handschriftliche Änderungen von ursprünglich 15 maschinengeschriebenen Ansprüchen entstanden seien (Der angefochtene Beschluss spricht an dieser Stelle von 15 Ansprüchen, wobei die zehn Patentansprüche in den ursprünglich eingereichten Unterlagen aber tatsächlich auf der Basis von 20 maschinengeschriebenen Ansprüchen formuliert wurden.). Die ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 seien wie die Ansprüche 9 und 10 und die Ansprüche 19 und 20, jeweils durch ein Komma zusammengefasst worden, wobei die Zusätze aufgrund der Einfügung von „in particular“ = „insbesondere“ nur fakultativ hinzugefügt worden seien, was einer Streichung dieser nicht schutzrechtsbeschränkenden Merkmale gleichkomme. Die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 6 und 7 sowie der Ansprüche 11, 12, 13, 14 und 15 seien mit „and/or“ = „und/oder“ kombiniert worden. Mit diesen redaktionellen Änderungen habe die Zahl der Ansprüche offensichtlich nur formal, nicht aber sachlich auf zehn Ansprüche reduziert werden sollen. Besonders auffällig sei dies bei Patentanspruch 5, in dem wesensfremde, uneinheitliche Merkmale der Ansprüche 6 und 7 in der ursprünglichen Version zusammengefasst worden seien. Für die Gebührenbemessung sei nicht nur die formale Anzahl, sondern der sachliche Gehalt der Ansprüche maßgeblich. Denn § 2 Abs. 1 PatKostG und das in dieser Vorschrift in Bezug genommene Gebührenverzeichnis nähmen auf § 34 PatG und Art. III § 4 Abs. 2 Satz 1 IntPatÜG Bezug, die nicht nur die formale, sondern auch die sachliche Prüfung einer Patentanmeldung regelten. Die Anmeldegebühr werde nach § 3 Abs. 1 PatKostG mit der Einreichung der Anmeldung und nicht erst nach Änderung eines Antrags gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG fällig. Die Anmelderin habe trotz des eindeutigen Hinweises im Prüfungsbescheid die ab Zugang des Bescheids laufende Frist von drei Monaten zur Nachzahlung der vollständigen Anmeldegebühr verstreichen lassen. Da die Anmeldung der Sache nach mehr als zehn Ansprüche umfasse und die für die weiteren Ansprüche angefallenen Gebühren nicht fristgemäß entrichtet worden seien, müsse die Anmeldung gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als zurückgenommen gelten. Der Beschluss enthält am Ende außer dem Dienstsiegel die Angabe „Prüfungsstelle für Klasse H01Q“, die maschinengeschriebene Wiedergabe des Namens des Bearbeiters sowie den Hinweis: „Dieses Dokument wurde elektronisch signiert und ist ohne Unterschrift gültig.“ Die Signaturdatei in der elektronischen Akte des DPMA bezieht sich auf zwei identische Exemplare des Beschlusses vom 1. Juni 2012.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie beantragt,
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 Q vom 1. Juni 2012 aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Antrags vom 26. April 2012 zu erteilen,
2. hilfsweise, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 Q vom 1. Juni 2012 aufzuheben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Die Anmelderin macht geltend, dass die Prüfungsstelle nicht ermächtigt sei, unter Fristsetzung die Nachzahlung von Anmeldegebühren zu verlangen. § 6 Abs. 1 PatKostG regle lediglich die Fälligkeit der Anmeldegebühr in der Weise, als danach die Gebühr innerhalb von drei Monaten ab Anmeldung oder gegebenenfalls ab Änderung einer Anmeldung zu zahlen sei. Die Vorschrift sehe aber nicht nur nicht vor, dass die Fälligkeit der Gebühr durch einen Amtsbescheid in Gang gesetzt werden könnte, sondern biete keinerlei Grundlage der Nachzahlung von fällig gewordenen Anmeldegebühren, wenn diese nicht innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der Anmeldung vollständig gezahlt worden seien. Insoweit bestehe allenfalls die Möglichkeit der Wiedereinsetzung.
Die Anmelderin ist ferner der Auffassung, dass sich die Höhe der Anmeldegebühr entgegen der Annahme der Prüfungsstelle nach der nummerischen Anzahl der Patentansprüche und nicht nach dem sachlichen Inhalt der Ansprüche richte. Das Gebührenverzeichnis in der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG beziehe sich auf die nummerische Anzahl der Patentansprüche. Da bei der Beurteilung, ob die in einem Patentanspruch enthaltene Lehre sachlich aus einem oder aus mehreren Unteransprüchen bestehen könnten, die Auffassungen regelmäßig divergierten, könne eine Überprüfung des sachlichen Inhalts der Patentansprüche und damit ein Rückschluss auf die „sachliche Anzahl“ der Patentansprüche im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung nach § 42 PatG nicht vorgenommen werden. Ebenso wenig stehe es der Prüfungsstelle zu, im späteren Prüfungsverfahren eine Feststellung darüber zu treffen, ob und in welchem Umfang eine von der formellen Anspruchszahl abweichende Zahl von Ansprüchen ursprünglich angemeldet worden sei. Nachdem eine gesetzliche Grundlage für das Nachfordern von Anmeldegebühren fehle, müsse sich die Kompetenz der Prüfungsstelle darauf beschränken, im Prüfungsverfahren die Formulierung der Patentansprüche beispielsweise unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Klarheit zu beanstanden und dem Anmelder die Möglichkeit zu geben, durch entsprechende Umformulierungen die Beanstandungen zu beseitigen. Sollte der Anmelder es danach für erforderlich halten, eine gegenüber der ursprünglichen Fassung größere Anzahl von Patentansprüchen aufzunehmen, gebe ihm § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG die Möglichkeit, die entsprechenden Gebühren nachzuentrichten. Entsprechendes gelte, soweit die Prüfungsstelle beanstande, dass die Anmelderin uneinheitliche Merkmale in einem Anspruch zusammengefasst habe. Es stehe zunächst im Belieben des Anmelders, welche Merkmale er bei Einreichung der Anmeldung in einem Anspruch zusammenfasse. Die Prüfungsstelle könne die Missachtung des Grundsatzes der Einheitlichkeit zwar im Prüfungsverfahren rügen. Für die Ermittlung der zu zahlenden Anmeldegebühr könne das Prinzip der Einheitlichkeit jedoch keine Rolle spielen.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr hat die Anmelderin in das pflichtgemäße Ermessen des Senats gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache insoweit Erfolg, als der angefochtene Feststellungsbeschluss aufzuheben und die Sache an das Patentamt zurückzuverweisen ist (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG).
1.
Der Beschluss vom 1. Juni 2012 ist zwar nicht bereits deshalb aufzuheben, weil es in der elektronischen Verfahrensakte des DPMA an einer ordnungsgemäßen, vom zuständigen Prüfer unterzeichneten, d. h. elektronisch signierten Urschrift des Beschlusses fehlte (vgl. BPatG, Beschluss vom 10. Juni 2013 – 20 W (pat) 24/12; Beschluss vom 18. März 2013 – 19 W (pat) 16/12 – Elektrischer Winkelstecker; Beschluss vom 5. März 2013 – 20 W (pat) 28/12). Der im Rahmen der elektronischen Aktenführung erstellte Beschluss vom 1. Juni 2012 ist mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Zwar bezieht sich die Signaturdatei nicht nur auf ein Exemplar des Beschlusses, sondern umfasst ein weiteres, in der elektronischen Akte enthaltenes, identisches Exemplar. So wie es jedoch im Falle einer Papierakte unschädlich ist, wenn neben der Urschrift eines Beschlusses auch dessen Ausfertigung unterschrieben wird, steht bei der elektronischen Akte der Umstand, dass die Signaturdatei sich auf mehrere Exemplare des Beschlusses bezieht, der Wirksamkeit eines Beschlusses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn – wie im Streitfall insbesondere wegen der Kürze des Beschlusses - ohne Zweifel festgestellt werden kann, dass alle signierten Beschlussexemplare übereinstimmen. Zur Vermeidung von Unsicherheiten in weniger übersichtlichen Fällen erschiene es allerdings als angebracht, wenn die elektronische Signatur ausschließlich das maßgebliche Beschlussexemplar – und damit nicht zugleich weitere Texte – erfasst.
2.
Der angefochtene Beschluss ist jedoch aufzuheben, weil die Prüfungsstelle zu Unrecht festgestellt hat, dass die Anmeldung wegen nicht vollständiger Zahlung der Anmeldegebühr als zurückgenommen gilt. Die Anmelderin hat die Anmeldegebühr mit der Einreichung der Anmeldung am 24. März 2010 durch die gleichzeitig hierfür erteilte Einzugsermächtigung in Höhe von 60 € vollständig gezahlt.
Nach § 2 Abs. 1 PatKostG werden die Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis in der Anlage zum Patentkostengesetz erhoben. Das Gebührenverzeichnis unterscheidet dabei für das Anmeldeverfahren sowohl bei der elektronischen Anmeldung als auch bei der Anmeldung in Papierform zwischen Anmeldungen, die bis zu zehn Patentansprüche umfassen, und solchen, die mehr als zehn Patentansprüche enthalten.
Allein aus dem Wortlaut des Patentkostengesetzes und des danach maßgeblichen Gebührenverzeichnisses ergibt sich nichts Näheres dazu, ob für die Gebührenbemessung die vom Anmelder jeweils angegebene Zahl der Ansprüche maßgeblich ist, oder ob es auf den sachlichen Inhalt der Patentansprüche ankommt.
In Anbetracht der Systematik der Regelungen im Patentkostengesetz sind die Gebührentatbestande in Nr. 311 050 und Nr. 311 100 des Gebührenverzeichnisses nach § 2 Abs. 1 PatKostG jedoch dahingehend auszulegen, dass sich die Bemessung der bei der Anmeldung zu zahlenden Gebühr nach der im Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung nummerisch angegebenen Zahl von Patentansprüchen richtet. Die Bezugnahme auf § 34 PatG im Gebührenverzeichnis des Patentkostengesetzes ist entgegen der Auffassung der Prüfungsstelle nicht in der Weise zu verstehen, dass die Zahl der Patentsprüche, nach der sich die Bemessung der bei der Anmeldung zu zahlenden Gebühr richtet, nach dem sachlichen Inhalt der Anmeldung zu ermitteln sei, weil § 34 PatG auch eine sachliche Prüfung der Anmeldung umfasse. Vielmehr stellt die Angabe des § 34 PatG lediglich einen formalen Hinweis auf die Verfahrensart und den Verfahrensabschnitt (Patentanmeldeverfahren) dar, für die eine Gebühr zu entrichten ist.
Die Anmeldegebühr wird gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 PatKostG mit der Einreichung der Anmeldung fällig. Da der Anmelder ab Fälligkeit zur Zahlung der Gebühr verpflichtet ist und die Anmeldung nach § 6 Abs. 2 PatKostG bei nicht rechtzeitiger Zahlung der Anmeldegebühr als zurückgenommen gilt, muss die Höhe der zu zahlenden Gebühr auch bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eindeutig feststellbar und für den Anmelder klar erkennbar sein. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit steht jedoch nur die nominelle Zahl der in der Anmeldung enthaltenen Patentansprüche eindeutig fest.
Zwar kann die Anmeldegebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG, da eine Patentanmeldung keine fristgebundene Handlung darstellt, noch bis zu drei Monate nach Fälligkeit gezahlt werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit klar sein muss, welche Gebühr zu zahlen ist. Denn der Anmelder kann durchaus ein Interesse daran haben, die Anmeldegebühr bereits vor Ablauf der ihm durch § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG eingeräumten Zahlungsfrist zu entrichten. So soll das DPMA die Bearbeitung einer Anmeldung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 PatKostG grundsätzlich erst nach Zahlung der hierfür angefallenen Gebühr aufnehmen. Auch diese Regelung zeigt unmittelbar, dass es für die Bemessung der Anmeldegebühr nicht auf den sachlichen Inhalt der Patentansprüche ankommen kann.
Schließlich spricht auch der zeitliche Ablauf des Prüfungsverfahrens gegen die Annahme, dass sich die Höhe der Anmeldegebühr nach dem sachlichen Inhalt der Patentansprüche richtet. Wäre für die Bemessung der Gebühren der sachliche Inhalt der Patentansprüche zugrundezulegen, stünde die Höhe der Gebühr frühestens bei Erlass des Prüfungsbescheids endgültig fest. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die dreimonatige Zahlungsfrist für die Anmeldegebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG, selbst wenn das DPMA entgegen der Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 PatKostG die Prüfung der Anmeldung sogleich mit Einreichung der Anmeldung aufnehmen würde, regelmäßig verstrichen sein und die Anmeldung gälte gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als zurückgenommen, wenn die Prüfungsstelle zum Ergebnis gekommen sein sollte, dass in der Sache mehr Ansprüche beansprucht wurden als in der Anmeldung angegeben waren. So liegen selbst im Streitfall, in dem die Anmelderin den Prüfungsantrag zugleich mit Einreichung der Anmeldung gestellt hat, zwischen der Einreichung der Anmeldung und dem Erlass des Prüfungsbescheids 22 Monate. Die nach der Auffassung der Prüfungsstelle mögliche Konsequenz, dass die inhaltliche Prüfung zum Ergebnis führen kann, dass eine Anmeldung wegen nicht rechtzeitiger Zahlung der vollständigen Anmeldegebühr als zurückgenommen zu gelten hat, steht damit insbesondere im Widerspruch zu dem der Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 PatKostG zugrunde liegenden Prinzip der Vorauszahlung, das sicherstellen soll, dass der Fiskus die Gebühren für eine Amtshandlung auch erhält (vgl. Schulte, 8. Aufl., PatG mit EPÜ, § 5 PatKostG Rn. 2).
Entgegen der Auffassung der Prüfungsstelle kann die Rücknahmefiktion des § 6 Abs. 2 PatKostG nicht im Rahmen des Prüfungsverfahrens dadurch abgewendet werden, dass die Prüfungsstelle dem Anmelder eine Nachfrist für nach ihrer Ansicht noch ausstehende Gebühren setzt, die mit Zustellung eines entsprechenden Amtsbescheids zu laufen begänne. § 6 Abs. 1 PatKostG sieht diese Möglichkeit nicht vor, sondern regelt – wie die Anmelderin zutreffend ausführt – ausschließlich die Fälligkeit zu zahlender Gebühren. Werden diese nicht innerhalb der hierfür bestimmten Fristen entrichtet, bestimmt § 6 Abs. 2 PatKostG, dass eine Anmeldung als zurückgenommen oder eine sonstige gebührenpflichtige Handlung als nicht vorgenommen gilt. Der Eintritt dieser Rechtsfolge kann nur unter den Voraussetzungen des § 123 PatG im Wege einer Wiedereinsetzung in die versäumte Zahlungsfrist beseitigt werden.
Die Nacherhebung einer höheren Anmeldegebühr kommt nur unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG in Betracht, die im Streitfall indessen nicht gegeben sind. Nach dieser Bestimmung stellt die Änderung einer Anmeldung eine sonstige Handlung dar, wenn sich dadurch eine höhere Gebühr für das Verfahren ergibt. Da das DPMA an den Antrag des Anmelders gebunden ist, kann die Prüfungsstelle eine Anmeldung nicht von sich aus ändern. Kommt die Prüfungsstelle im Rahmen des Prüfungsverfahrens zum Ergebnis, dass das beantragte Patent nur erteilt werden kann, wenn die Patentansprüche anders gefasst werden und führte dies zu einer höheren Zahl an Patentansprüchen, liegt es beim Anmelder, den Vorschlag der Prüfungsstelle aufzugreifen und die Anmeldung entsprechend zu ändern. Tut er dies und führt die nachträgliche Änderung zu einer höheren Zahl an Ansprüchen, als im Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung für die Bemessung der Gebühr maßgeblich waren, so hat dies nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG die Erhöhung der Gebühr zur Folge. In diesem Fall tritt die Fälligkeit des Differenzbetrags zwischen der bei Einreichung fällig gewordenen Gebühr und des durch die Erhöhung der Anspruchszahl angefallenen Gebührenbetrages - anders als die Prüfungsstelle meint – allerdings erst im Zeitpunkt der Änderung der Anmeldung durch den Anmelder ein (vgl. Begründung zur Änderung des § 3 PatKostG, Bundestags-Drs. 16/11339, S. 30). Ändert der Anmelder die Anmeldung dagegen nicht entsprechend der Anregung der Prüfungsstelle, ist sie gegebenenfalls gemäß §§ 48, 45 Abs. 1 PatG insgesamt zurückzuweisen. Eine Feststellung dahingehend, dass die Anmeldung wegen nicht rechtzeitiger Zahlung der vollständigen Anmeldegebühr als zurückgenommen gelte, kommt dagegen in diesem Fall nicht in Betracht.
3.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beruht auf § 80 Abs. 3 PatG. Danach ist die Rückzahlung anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Eine Rückzahlung aus Billigkeitsgründen gemäß § 80 Abs. 3 PatG kommt dann in Betracht, wenn eine sachliche Fehlbeurteilung vorliegt und diese entweder völlig neben der Sache liegt, nicht nachvollziehbar ist oder von einer gefestigten Amtspraxis oder ständigen Rechtsprechung abweicht (vgl. Schulte, a. a. O., § 73 Rn. 129 f.). Im vorliegenden Fall beruht die angefochtene Entscheidung auf einer mit der Systematik des Patentkostengesetzes, insbesondere der § 6 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und § 5 Abs. 1 Satz 1 PatKostG, gänzlich unvereinbaren Gesetzesauslegung, weshalb die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt erscheint.