Entscheidungsdatum: 02.03.2010
1. Eine sechsmonatige, vorsorglich anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten durch private Diensteanbieter, wie sie die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (ABl L 105 vom 13. April 2006, S. 54; im Folgenden: Richtlinie 2006/24/EG) vorsieht, ist mit Art. 10 GG nicht schlechthin unvereinbar; auf einen etwaigen Vorrang dieser Richtlinie kommt es daher nicht an.
2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die gesetzliche Ausgestaltung einer solchen Datenspeicherung dem besonderen Gewicht des mit der Speicherung verbundenen Grundrechtseingriffs angemessen Rechnung trägt. Erforderlich sind hinreichend anspruchsvolle und normenklare Regelungen hinsichtlich der Datensicherheit, der Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes.
3. Die Gewährleistung der Datensicherheit sowie die normenklare Begrenzung der Zwecke der möglichen Datenverwendung obliegen als untrennbare Bestandteile der Anordnung der Speicherungsverpflichtung dem Bundesgesetzgeber gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG. Demgegenüber richtet sich die Zuständigkeit für die Schaffung der Abrufregelungen selbst sowie für die Ausgestaltung der Transparenz- und Rechtsschutzbestimmungen nach den jeweiligen Sachkompetenzen.
4. Hinsichtlich der Datensicherheit bedarf es Regelungen, die einen besonders hohen Sicherheitsstandard normenklar und verbindlich vorgeben. Es ist jedenfalls dem Grunde nach gesetzlich sicherzustellen, dass sich dieser an dem Entwicklungsstand der Fachdiskussion orientiert, neue Erkenntnisse und Einsichten fortlaufend aufnimmt und nicht unter dem Vorbehalt einer freien Abwägung mit allgemeinen wirtschaftlichen Gesichtspunkten steht.
5. Der Abruf und die unmittelbare Nutzung der Daten sind nur verhältnismäßig, wenn sie überragend wichtigen Aufgaben des Rechtsgüterschutzes dienen. Im Bereich der Strafverfolgung setzt dies einen durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdacht einer schweren Straftat voraus. Für die Gefahrenabwehr und die Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste dürfen sie nur bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für eine gemeine Gefahr zugelassen werden.
6. Eine nur mittelbare Nutzung der Daten zur Erteilung von Auskünften durch die Telekommunikationsdiensteanbieter über die Inhaber von Internetprotokolladressen ist auch unabhängig von begrenzenden Straftaten- oder Rechtsgüterkatalogen für die Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und die Wahrnehmung nachrichtendienstlicher Aufgaben zulässig. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten können solche Auskünfte nur in gesetzlich ausdrücklich benannten Fällen von besonderem Gewicht erlaubt werden.
1. Die §§ 113a und 113b des Telekommunikationsgesetzes in der Fassung des Artikel 2 Nummer 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3198) verstoßen gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.
2. § 100g Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung in der Fassung des Artikel 1 Nummer 11 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3198) verstößt, soweit danach Verkehrsdaten nach § 113a des Telekommunikationsgesetzes erhoben werden dürfen, gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist insoweit nichtig.
3. Die aufgrund der einstweiligen Anordnung vom 11. März 2008 im Verfahren 1 BvR 256/08 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 659), wiederholt und erweitert mit Beschluss vom 28. Oktober 2008 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 2239), zuletzt wiederholt mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3704), von Anbietern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste im Rahmen von behördlichen Auskunftsersuchen erhobenen, aber einstweilen nicht nach § 113b Satz 1 Halbsatz 1 des Telekommunikationsgesetzes an die ersuchenden Behörden übermittelten, sondern gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten sind unverzüglich zu löschen. Sie dürfen nicht an die ersuchenden Stellen übermittelt werden.
4. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen aus den Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
A.
Gegenstand der Verfassungsbeschwerden sind Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes (im Folgenden: TKG) und der Strafprozessordnung (im Folgenden: StPO), die eine vorsorgliche Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten seitens der Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste für sechs Monate sowie die Verwendung dieser Daten regeln.
I.
Die angegriffenen Vorschriften wurden durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3198; im Folgenden: Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung) eingefügt oder geändert und sind nach dessen Art. 16 Abs. 1 am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Sie dienen der Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt und verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl L 105 vom 13. April 2006, S. 54; im Folgenden: Richtlinie 2006/24/EG).
1. Alle Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen die §§ 113a und 113b TKG, die durch Art. 2 Nr. 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung in das Telekommunikationsgesetz eingefügt worden sind. Die Verfassungsbeschwerden in den Verfahren 1 BvR 263/08 und 1 BvR 586/08 wenden sich darüber hinaus unmittelbar gegen § 100g StPO in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung, soweit er die Erhebung von nach § 113a TKG gespeicherten Daten zulässt.
a) § 113a TKG zielt darauf ab, hinsichtlich aller öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienste Verkehrsdaten, die Auskunft geben über die an einer Telekommunikationsverbindung beteiligten Anschlüsse, über die Zeit, zu der die Telekommunikation stattgefunden hat, und über die Orte, von denen aus kommuniziert worden ist, für sechs Monate zu speichern und für die staatliche Aufgabenwahrnehmung verfügbar zu halten. Das Gesetz greift damit seit längerem erhobene Forderungen des Bundesrates auf (vgl. BTDrucks 14/9801, S. 8; BRDrucks 755/03
§ 113a Abs. 1 Satz 1 TKG verpflichtet die Betreiber öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste, die in § 113a Abs. 2 bis 5 TKG einzeln aufgeführten Telekommunikationsverkehrsdaten zu Festnetz-, Internet- und Mobilfunktelefonaten, zum Versand von SMS-, MMS- und ähnlichen Nachrichten, zu E-Mail-Verbindungen und zum Internetzugang für einen Zeitraum von sechs Monaten zu speichern. Derjenige, der solche Dienste erbringt, ohne selbst Verkehrsdaten zu erzeugen, hat nach § 113a Abs. 1 Satz 2 TKG sicherzustellen, dass die Daten gespeichert werden, und der Bundesnetzagentur mitzuteilen, wer die Daten speichert. Wer Telekommunikationsdienste erbringt und dabei nach § 113a TKG zu speichernde Daten verändert, ist darüber hinaus gemäß § 113a Abs. 6 TKG zur Speicherung der ursprünglichen und der veränderten Angaben verpflichtet. Nach Ablauf der Speicherungsfrist sind die Daten gemäß § 113a Abs. 11 TKG binnen eines Monats zu löschen. Der Inhalt der Kommunikation und Daten über aufgerufene Internetseiten dürfen nach § 113a Abs. 8 TKG nicht gespeichert werden. Für die Datensicherheit verweist § 113a Abs. 10 TKG auf die im Bereich der Telekommunikation erforderliche Sorgfalt und verlangt, dass der Zugang zu den Daten nur hierzu besonders ermächtigten Personen vorbehalten bleibt.
Neben der Speicherung nach § 113a TKG besteht für die Anbieter von Telekommunikationsdiensten nach Maßgabe von § 96 TKG auch weiterhin die Möglichkeit, Telekommunikationsverkehrsdaten zu speichern und zu verwenden, soweit dies zu den dort genannten Zwecken erforderlich ist. Nach dem Ende einer Telekommunikationsverbindung dürfen diese Daten dabei nach § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG im Wesentlichen verwendet werden, soweit sie zur Ermittlung des Entgelts und zur Abrechnung mit den Teilnehmern benötigt werden (§ 97 Abs. 1 Satz 1 TKG), zur Erstellung eines Einzelverbindungsnachweises (§ 99 Abs. 1 Satz 1 TKG), soweit dies zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen oder Fehlern an Telekommunikationsanlagen erforderlich ist (§ 100 Abs. 1 TKG), und zur Erteilung von Auskünften über die Inhaber von Anschlüssen, von denen bedrohende oder belästigende Anrufe ausgingen (§ 101 Abs. 1 Satz 1 TKG).
§ 113a TKG lautet:
§ 113a
Speicherungspflichten für Daten
(1) Wer öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste für Endnutzer erbringt, ist verpflichtet, von ihm bei der Nutzung seines Dienstes erzeugte oder verarbeitete Verkehrsdaten nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 sechs Monate im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu speichern. Wer öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste für Endnutzer erbringt, ohne selbst Verkehrsdaten zu erzeugen oder zu verarbeiten, hat sicherzustellen, dass die Daten gemäß Satz 1 gespeichert werden, und der Bundesnetzagentur auf deren Verlangen mitzuteilen, wer diese Daten speichert.
(2) Die Anbieter von öffentlich zugänglichen Telefondiensten speichern:
1. die Rufnummer oder andere Kennung des anrufenden und des angerufenen Anschlusses sowie im Falle von Um- oder Weiterschaltungen jedes weiteren beteiligten Anschlusses,
2. den Beginn und das Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone,
3. in Fällen, in denen im Rahmen des Telefondienstes unterschiedliche Dienste genutzt werden können, Angaben zu dem genutzten Dienst,
4. im Fall mobiler Telefondienste ferner:
a) die internationale Kennung für mobile Teilnehmer für den anrufenden und den angerufenen Anschluss,
b) die internationale Kennung des anrufenden und des angerufenen Endgerätes,
c) die Bezeichnung der durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzten Funkzellen,
d) im Fall im Voraus bezahlter anonymer Dienste auch die erste Aktivierung des Dienstes nach Datum, Uhrzeit und Bezeichnung der Funkzelle,
5. im Fall von Internet-Telefondiensten auch die Internetprotokoll-Adresse des anrufenden und des angerufenen Anschlusses.
Satz 1 gilt entsprechend bei der Übermittlung einer Kurz-, Multimedia- oder ähnlichen Nachricht; hierbei sind anstelle der Angaben nach Satz 1 Nr. 2 die Zeitpunkte der Versendung und des Empfangs der Nachricht zu speichern.
(3) Die Anbieter von Diensten der elektronischen Post speichern:
1. bei Versendung einer Nachricht die Kennung des elektronischen Postfachs und die Internetprotokoll-Adresse des Absenders sowie die Kennung des elektronischen Postfachs jedes Empfängers der Nachricht,
2. bei Eingang einer Nachricht in einem elektronischen Postfach die Kennung des elektronischen Postfachs des Absenders und des Empfängers der Nachricht sowie die Internetprotokoll-Adresse der absendenden Telekommunikationsanlage,
3. bei Zugriff auf das elektronische Postfach dessen Kennung und die Internetprotokoll-Adresse des Abrufenden,
4. die Zeitpunkte der in den Nummern 1 bis 3 genannten Nutzungen des Dienstes nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone.
(4) Die Anbieter von Internetzugangsdiensten speichern:
1. die dem Teilnehmer für eine Internetnutzung zugewiesene Internetprotokoll-Adresse,
2. eine eindeutige Kennung des Anschlusses, über den die Internetnutzung erfolgt,
3. den Beginn und das Ende der Internetnutzung unter der zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone.
(5) Soweit Anbieter von Telefondiensten die in dieser Vorschrift genannten Verkehrsdaten für die in § 96 Abs. 2 genannten Zwecke auch dann speichern oder protokollieren, wenn der Anruf unbeantwortet bleibt oder wegen eines Eingriffs des Netzwerkmanagements erfolglos ist, sind die Verkehrsdaten auch nach Maßgabe dieser Vorschrift zu speichern.
(6) Wer Telekommunikationsdienste erbringt und hierbei die nach Maßgabe dieser Vorschrift zu speichernden Angaben verändert, ist zur Speicherung der ursprünglichen und der neuen Angabe sowie des Zeitpunktes der Umschreibung dieser Angaben nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone verpflichtet.
(7) Wer ein Mobilfunknetz für die Öffentlichkeit betreibt, ist verpflichtet, zu den nach Maßgabe dieser Vorschrift gespeicherten Bezeichnungen der Funkzellen auch Daten vorzuhalten, aus denen sich die geografischen Lagen der die jeweilige Funkzelle versorgenden Funkantennen sowie deren Hauptstrahlrichtungen ergeben.
(8) Der Inhalt der Kommunikation und Daten über aufgerufene Internetseiten dürfen auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden.
(9) Die Speicherung der Daten nach den Absätzen 1 bis 7 hat so zu erfolgen, dass Auskunftsersuchen der berechtigten Stellen unverzüglich beantwortet werden können.
(10) Der nach dieser Vorschrift Verpflichtete hat betreffend die Qualität und den Schutz der gespeicherten Verkehrsdaten die im Bereich der Telekommunikation erforderliche Sorgfalt zu beachten. Im Rahmen dessen hat er durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass der Zugang zu den gespeicherten Daten ausschließlich hierzu von ihm besonders ermächtigten Personen möglich ist.
(11) Der nach dieser Vorschrift Verpflichtete hat die allein auf Grund dieser Vorschrift gespeicherten Daten innerhalb eines Monats nach Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist zu löschen oder die Löschung sicherzustellen.
b) § 113b TKG regelt die Zwecke, zu denen die nach § 113a TKG gespeicherten Daten verwendet werden dürfen. Er unterscheidet dabei zwischen der Übermittlung an Behörden, um diesen eine Verwendung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, und einer Verwendung durch die Telekommunikationsdiensteanbieter selbst zur Erteilung von Auskünften nach § 113 TKG, insbesondere über die Inhaber von Internetanschlüssen.
aa) § 113b Satz 1 Halbsatz 1 TKG regelt die Zwecke, zu denen die Telekommunikationsunternehmen die Daten an Behörden übermitteln dürfen. Die Voraussetzungen, unter denen diese ihrerseits die Daten nutzen dürfen, sollen durch bundes- oder landesrechtliche Bestimmungen des jeweiligen Fachrechts geregelt werden. § 113b Satz 1 Halbsatz 1 TKG sieht vor, dass der zur Speicherung Verpflichtete diejenigen Daten, die allein aufgrund der Speicherungsverpflichtung nach § 113a TKG gespeichert werden, ausschließlich zur Verfolgung von Straftaten (Nr. 1), zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit (Nr. 2) und zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben (Nr. 3) an die zuständigen Stellen übermitteln darf.
Die Übermittlung der Daten an die jeweils zuständige Stelle darf auf deren Verlangen nach § 113b Satz 1 Halbsatz 1 TKG nur erfolgen, soweit dies in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Fachrechts unter Bezugnahme auf § 113a TKG ausdrücklich vorgesehen und im Einzelfall angeordnet ist.
Die fachrechtliche Ermächtigungsgrundlage zur Nutzung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten zur Strafverfolgung ist der von den Beschwerdeführern in den Verfahren 1 BvR 263/08 und 1 BvR 586/08 angegriffene § 100g StPO. Für die Gefahrenabwehr und die Aufgabenwahrnehmung der Nachrichtendienste verweisen mittlerweile § 20m des Bundeskriminalamtgesetzes (im Folgenden: BKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt vom 25. Dezember 2008 (BGBl I S. 3083) sowie verschiedene landesrechtliche Bestimmungen auf § 113a TKG und ermöglichen so den behördlichen Rückgriff auf die nach dieser Bestimmung gespeicherten Daten.
In zulässiger Weise gespeicherte Telekommunikationsverkehrsdaten konnten allerdings auch vor Inkrafttreten von § 113a TKG schon zur Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr oder zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben herangezogen werden. So sah § 100g Abs. 1 StPO in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3879; im Folgenden: § 100g StPO a.F.) bei Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer mittels einer Endeinrichtung der Telekommunikation begangenen Straftat auf der Grundlage richterlicher Anordnung eine Verpflichtung der Diensteanbieter zur Erteilung von Auskünften über Telekommunikationsverbindungsdaten vor. Ebenso ermächtigten etwa Art. 34b Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz; im Folgenden: BayPAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes vom 24. Dezember 2005 (GVBl S. 641) oder § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz; im Folgenden: BVerfSchG) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 5. Januar 2007 (BGBl I S. 2) dazu, zur Gefahrenabwehr oder zur Erfüllung von Verfassungsschutzaufgaben Auskünfte über vorhandene Telekommunikationsverbindungsdaten einzuholen.
bb) § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG schließt die Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten zu anderen als den in § 113b Satz 1 Halbsatz 1 TKG genannten Zwecken zwar grundsätzlich aus. Er lässt aber eine Ausnahme in der Weise zu, dass sie von den Diensteanbietern auch zur Erteilung von Auskünften nach § 113 TKG verwendet werden dürfen.
§ 113 Abs. 1 TKG erlaubt Behörden die Abfrage von sogenannten Kunden- und Bestandsdaten gemäß §§ 95 und 111 TKG, insbesondere von Rufnummern, Anschlusskennungen sowie Namen und Anschriften von Anschlussinhabern. § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG ermöglicht es damit den Diensteanbietern, Auskünfte über die Inhaber von sogenannten "dynamischen" Internetprotokolladressen (im Folgenden: IP-Adressen) zu erteilen. IP-Adressen werden nach dem derzeitigen Stand der Entwicklung einem Anschluss in der Regel nicht als sogenannte "statische" IP-Adressen fest zugeordnet, sondern dem Internetnutzer jeweils nur für die Dauer des jeweiligen Zugangs zum Internet als dynamische IP-Adressen zugewiesen. Über den Inhaber des Anschlusses, von dem aus eine bestimmte dynamische IP-Adresse zu einer bestimmten Zeit genutzt worden ist, kann deshalb nur Auskunft erteilt werden, wenn die Verkehrsdaten ausgewertet werden können, die Aufschluss darüber geben, welchem Anschluss die betreffende IP-Adresse zur maßgeblichen Zeit zugewiesen war. Dies ermöglicht § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG für die nach § 113a TKG gespeicherten Daten.
Nach überwiegender Auffassung durften Verkehrsdaten zur Erteilung von Auskünften über Inhaber von dynamischen IP-Adressen nach §113 Abs. 1 TKG auch schon vor Inkrafttreten der §§ 113a und 113b TKG verwendet werden (vgl. etwa LG Stuttgart, Beschluss vom 4. Januar 2005 - 13 Qs 89/04 -, NJW 2005, S. 614 <614 f.>; LG Hamburg, Beschluss vom 23. Juni 2005 - 1 Qs 43/05 -, MMR 2005, S. 711 <712 f.>; Sankol, MMR 2006, S. 361 <365>; a.A. LG Bonn, Beschluss vom 21. Mai 2004 - 31 Qs 65/04 -, DuD 2004, S. 628 <628 f.>; OLG Karlsruhe, Urteil vom 4. Dezember 2008 - 4 U 86/07 -, MMR 2009, S. 412 <413 f.>; Bär, Handbuch zur EDV-Beweissicherung, 2007, S. 148, Rn. 212; Bock, in: Geppert/Piepenbrock/Schütz/Schuster, Beck'scher Kommentar zum TKG, 3. Aufl. 2006, § 113 Rn. 23 f.). Zurückgegriffen werden konnte dabei allerdings nur auf nach Maßgabe von § 96 TKG gespeicherte Verkehrsdaten. Die Möglichkeit einer Identifizierung des Inhabers einer dynamischen IP-Adresse über eine Auskunft nach § 113 Abs. 1 TKG war daher davon abhängig, ob solche Daten zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens noch gespeichert waren.
Bedeutung hat die Identifizierung des Inhabers von IP-Adressen etwa für den Urheberrechtsschutz. Gelingt es den Rechteinhabern, die IP-Adressen festzuhalten, unter denen Urheberrechtsverletzungen im Internet begangen werden, können die Strafverfolgungsbehörden durch Auskunftsersuchen nach § 113 Abs. 1 TKG die jeweiligen Anschlussinhaber ermitteln, gegen die die Rechteinhaber nach Einsicht in die Strafakten dann zivilrechtlich vorgehen können. Zwar räumt § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Urheberrechtsgesetzes (im Folgenden: UrhG) in der Fassung des Art. 6 Nr. 10 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl I S. 1191) den in ihren Urheberrechten Verletzten inzwischen unter bestimmten Voraussetzungen auch einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber den Telekommunikationsdiensteanbietern ein. Diese dürfen die Auskunft nach § 101 Abs. 9 UrhG auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung auch unter Verwendung von Telekommunikationsverkehrsdaten erteilen. Jedoch ist dabei ein Rückgriff auf die nach § 113a TKG gespeicherten Daten ausgeschlossen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 11 W 21/09 -, MMR 2009, S. 542 <544> m.w.N.; Hoeren, NJW 2008, S. 3099 <3101>; Bäcker, in: Rensen/Brink, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 2009, S. 99 <111 f.>, Fn. 49).
Auskünfte nach § 113 Abs. 1 Satz 1 TKG sind zu erteilen, soweit dies für die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder für die Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben erforderlich ist.
cc) § 113b TKG lautet:
§ 113b
Verwendung der nach § 113a gespeicherten Daten
Der nach § 113a Verpflichtete darf die allein auf Grund der Speicherungsverpflichtung nach § 113a gespeicherten Daten
1. zur Verfolgung von Straftaten,
2. zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder
3. zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen Abschirmdienstes
an die zuständigen Stellen auf deren Verlangen übermitteln, soweit dies in den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf § 113a vorgesehen und die Übermittlung im Einzelfall angeordnet ist; für andere Zwecke mit Ausnahme einer Auskunftserteilung nach § 113 darf er die Daten nicht verwenden. § 113 Abs. 1 Satz 4 gilt entsprechend.
Die von § 113b TKG in Bezug genommene Regelung des § 113 TKG lautet auszugsweise:
§ 113
Manuelles Auskunftsverfahren
(1) Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, hat im Einzelfall den zuständigen Stellen auf deren Verlangen unverzüglich Auskünfte über die nach den §§ 95 und 111 erhobenen Daten zu erteilen, soweit dies für die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes erforderlich ist. Auskünfte über Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder in diesen oder im Netz eingesetzte Speichereinrichtungen geschützt wird, insbesondere PIN oder PUK, hat der nach Satz 1 Verpflichtete auf Grund eines Auskunftsersuchens nach § 161 Abs. 1 Satz 1, § 163 Abs. 1 der Strafprozessordnung, der Datenerhebungsvorschriften der Polizeigesetze des Bundes oder der Länder zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, § 8 Abs. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, der entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungsschutzgesetze, § 2 Abs. 1 des BND-Gesetzes oder § 4 Abs. 1 des MAD-Gesetzes zu erteilen; an andere öffentliche oder nicht öffentliche Stellen dürfen diese Daten nicht übermittelt werden. Ein Zugriff auf Daten, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, ist nur unter den Voraussetzungen der hierfür einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zulässig. Über die Auskunftserteilung hat der Verpflichtete gegenüber seinen Kundinnen und Kunden sowie Dritten gegenüber Stillschweigen zu wahren.
(2) ...
c) § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO regelt die Erhebung der Telekommunikationsverkehrsdaten zu Zwecken der Strafverfolgung. Die Strafverfolgungsbehörden können danach zunächst wie schon nach § 100g StPO a.F. auf Verkehrsdaten zugreifen, die die Telekommunikationsunternehmen auf der Grundlage von § 96 TKG gespeichert haben. Darüber hinaus gestattet § 100g StPO nun auch die Erhebung der nach § 113a TKG vorsorglich gespeicherten Daten. Hiergegen richten sich die Verfassungsbeschwerden in den Verfahren 1 BvR 263/08 und 1 BvR 586/08.
Im Einzelnen gestattet es § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO unter Bezugnahme auf § 113a TKG den Strafverfolgungsbehörden, ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten zu erheben, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten erforderlich ist. Dies gilt allerdings nur, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 StPO bezeichnete Straftat, begangen hat, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat oder dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat.
Die Datenerhebungen dürfen nach § 100g Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 100b Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO außer bei Gefahr im Verzug nur durch den Richter angeordnet werden. Die Anordnung darf sich gemäß § 100g Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 100a Abs. 3 StPO nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten, von denen aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss benutzt.
Bei mittels Telekommunikation begangenen Straftaten ist die Verkehrsdatenerhebung nach § 100g Abs. 1 Satz 3 StPO nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Diese Einschränkung hielt der Gesetzgeber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für erforderlich, weil die Verkehrsdatenerhebung durch die mit der Speicherungspflicht nach § 113a TKG verbundene Ausweitung des Datenvolumens insgesamt an Eingriffsintensität gewonnen habe (vgl. BTDrucks 16/5846, S. 52).
Von den Maßnahmen nach § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO ist der Betroffene gemäß § 101 Abs. 4 Satz 1 StPO zu benachrichtigen. Ihre gerichtliche Überprüfung kann er innerhalb von zwei Wochen nach der Benachrichtigung beantragen (§ 101 Abs. 7 Satz 2 StPO). In bestimmten Fällen kann eine Benachrichtigung unterbleiben (§ 101 Abs. 4 StPO), in anderen Fällen kann sie zurückgestellt werden (§ 101 Abs. 5 StPO). Eine langfristige Zurückstellung nach § 101 Abs. 5 StPO bedarf anders als das Absehen von einer Benachrichtigung nach § 101 Abs. 4 StPO der gerichtlichen Bestätigung.
§ 100g StPO lautet:
§ 100g
1. (1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand als Täter oder Teilnehmer
2. 1. eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat oder
3. 2. eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat,
4. so dürfen auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1, § 113a des Telekommunikationsgesetzes) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des Satzes 1 Nr. 1 zulässig.
5. (2) § 100a Abs. 3 und § 100b Abs. 1 bis 4 Satz 1 gelten entsprechend. Abweichend von § 100b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 genügt im Falle einer Straftat von erheblicher Bedeutung eine räumlich und zeitlich hinreichend bestimmte Bezeichnung der Telekommunikation, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
6. (3) Erfolgt die Erhebung von Verkehrsdaten nicht beim Telekommunikationsdiensteanbieter, bestimmt sie sich nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs nach den allgemeinen Vorschriften.
7. (4) Über Maßnahmen nach Absatz 1 ist entsprechend § 100b Abs. 5 jährlich eine Übersicht zu erstellen, in der anzugeben sind:
8. 1. die Anzahl der Verfahren, in denen Maßnahmen nach Absatz 1 durchgeführt worden sind;
9. 2. die Anzahl der Anordnungen von Maßnahmen nach Absatz 1, unterschieden nach Erst- und Verlängerungsanordnungen;
10. 3. die jeweils zugrunde liegende Anlassstraftat, unterschieden nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2;
11. 4. die Anzahl der zurückliegenden Monate, für die Verkehrsdaten nach Absatz 1 abgefragt wurden, bemessen ab dem Zeitpunkt der Anordnung;
12. 5. die Anzahl der Maßnahmen, die ergebnislos geblieben sind, weil die abgefragten Daten ganz oder teilweise nicht verfügbar waren.
2. Die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, deren Umsetzung die angegriffenen Regelungen, soweit sie die Strafverfolgung betreffen, dienen, wurde vom Rat auf der Grundlage von Art. 95 EGV gegen die Stimmen Irlands und der Slowakei angenommen (vgl. Ratsdokument 6598/06 ADD 1 vom 27. Februar 2006, S. 4), nachdem das Europäische Parlament einen von Frankreich, Irland, Schweden und Großbritannien vorgelegten Entwurf eines auf Art. 31 Abs. 1 Buchstabe c und Art. 34 Abs. 2 Buchstabe b EUV - in der bis zum Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon gültigen Fassung (im Folgenden: EUV a.F.) - gestützten Rahmenbeschlusses über die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten (vgl. Ratsdokument 8958/04 vom 28. April 2004) abgelehnt hatte (vgl. Parlamentsdokument P 6 TA[2005]0348).
a) Die Richtlinie knüpft daran an, dass Telekommunikationsverkehrsdaten ein wertvolles Instrument bei der Verfolgung von Straftaten insbesondere in den Bereichen der organisierten Kriminalität und des Terrorismus seien (vgl. Erwägungsgründe 7 bis 10 der Richtlinie 2006/24/EG) und dass einige Mitgliedstaaten Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung von solchen Daten erlassen hätten, die stark voneinander abwichen (vgl. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2006/24/EG). Die dadurch geschaffenen rechtlichen und technischen Unterschiede beeinträchtigten den Binnenmarkt für die elektronische Telekommunikation, weil die Anbieter von Telekommunikationsdiensten mit unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich der zu speichernden Daten und der Speicherungsdauer konfrontiert seien (vgl. Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 2006/24/EG).
b) Die Gültigkeit der Richtlinie 2006/24/EG wird sowohl hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Gemeinschaftsgrundrechten (vgl. Klesczewski, in: Festschrift für Gerhard Fezer zum 70. Geburtstag, 2008, S. 19 <24 f.>; Klug/Reif, RDV 2008, S. 89 <91 ff.>; Rusteberg, VBlBW 2007, S. 171 <176>; Westphal, EuZW 2006, S. 555 <558 f.>; Zöller, GA 2007, S. 393 <410 ff.>; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 18. Juli 2007 - Rs. C-275/06 -, Slg. 2008, I-271 <276>, Rn. 82 - Promusicae -) als auch in Bezug auf die in Anspruch genommene Kompetenzgrundlage der Europäischen Gemeinschaft in Zweifel gezogen (vgl. Gitter/Schnabel, MMR 2007, S. 411 <412 f.>; Jenny, CR 2008, S. 282 <285>; Klesczewski, in: Festschrift für Gerhard Fezer zum 70. Geburtstag, 2008, S. 19 <22 ff.>; Klug/Reif, RDV 2008, S. 89 <91>; Leutheusser-Schnarrenberger, ZRP 2007, S. 9 <11 ff.>; Rusteberg, VBlBW 2007, S. 171 <173 f.>; Westphal, EuZW 2006, S. 555 <557 f.>; Zöller, GA 2007, S. 393 <407 ff.>).
Mit Urteil vom 10. Februar 2009 wies der Europäische Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage Irlands gemäß Art. 230 EGV ab (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Februar 2009 - Rs. C-301/06 -), die sich darauf stützte, dass vorherrschender Zweck der Richtlinie die Erleichterung der Verfolgung von Straftaten sei und deshalb als Rechtsgrundlagen nur die Einstimmigkeit voraussetzenden Regelungen des EU-Vertrages alte Fassung über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, insbesondere Art. 30, Art. 31 Abs. 1 Buchstabe c und Art. 34 Abs. 2 Buchstabe b EUV a.F. in Betracht kämen (vgl. Klage vom 6. Juli 2006 - Rs. C-301/06 -, ABl C 237 vom 30. September 2006, S. 5). Dabei stellte der Gerichtshof ausdrücklich klar, dass die Entscheidung nicht eine etwaige Verletzung von Gemeinschaftsgrundrechten zum Gegenstand habe (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Februar 2009 - Rs. C-301/06 -, Rn. 57).
c) Nach Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 2006/24/EG zielt die Richtlinie auf die Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Pflichten der Anbieter öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder von Betreibern eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten, um sicherzustellen, dass die Daten zum Zwecke der Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten, wie sie von jedem Mitgliedstaat in seinem nationalen Recht bestimmt werden, zur Verfügung stehen. Anlässlich der Annahme der Richtlinie erklärte der Rat dazu, die Mitgliedstaaten hätten bei der Definition des Begriffs "schwere Straftat" die in Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses des Rates über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (2002/584/JI) vom 13. Juni 2002 (ABl L 190 vom 18. Juli 2002, S. 1) genannten Straftaten sowie Straftaten unter Einsatz von Telekommunikationseinrichtungen angemessen zu berücksichtigen (vgl. Ratsdokument 6598/06 ADD 1, S. 4). Eine Verwendung der Daten für Aufgaben der Gefahrenabwehr oder der Nachrichtendienste regelt die Richtlinie nicht.
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2006/24/EG haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass die in Art. 5 Richtlinie 2006/24/EG im Einzelnen aufgeführten Daten auf Vorrat gespeichert werden, wobei nach Art. 6 Richtlinie 2006/24/EG ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren vom Zeitpunkt der Kommunikation an festzulegen ist. Nach Art. 4 Richtlinie 2006/24/EG müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die auf Vorrat gespeicherten Daten nur in bestimmten Fällen und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht an die zuständigen nationalen Behörden weitergegeben werden. Jeder Mitgliedstaat legt dabei das Verfahren und die Bedingungen fest, die für den Zugang zu den Daten nach den Anforderungen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit einzuhalten sind.
Art. 7 Richtlinie 2006/24/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass in Bezug auf die auf Vorrat zu speichernden Daten bestimmte Mindestanforderungen der Datensicherheit eingehalten werden. Daneben bleiben die Regelungen der Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG anwendbar (vgl. Erwägungsgründe 15 und 16 der Richtlinie 2006/24/EG). Nach Art. 8 Richtlinie 2006/24/EG gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die gespeicherten Daten und alle sonstigen erforderlichen Informationen unverzüglich auf Anfrage an die zuständigen Behörden weitergeleitet werden können. Gemäß Art. 13 Richtlinie 2006/24/EG stellen die Mitgliedstaaten außerdem sicher, dass die Maßnahmen zur Umsetzung der Regelungen von Kapitel III der Richtlinie 95/46/EG über Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen auch im Hinblick auf die Datenverarbeitung nach der Richtlinie 2006/24/EG vollständig umgesetzt werden. Keine Regelung trifft die Richtlinie darüber, wer die Kosten der Datenspeicherung zu tragen hat.
3. § 100g StPO hat darüber hinaus für das Übereinkommen des Europarats über Computerkriminalität (BGBl II S. 1242; im Folgenden: Übereinkommen über Computerkriminalität) Bedeutung (vgl. BTDrucks 16/5846, S. 27 f. und 50). Das Übereinkommen verpflichtet nicht nur zur Schaffung materiellen Strafrechts zur Bekämpfung der Computerkriminalität, sondern auch zu bestimmten strafverfahrensrechtlichen Regelungen. Insbesondere sind nach Art. 16 des Übereinkommens die zuständigen Behörden zu ermächtigen, die umgehende Sicherung von Verkehrsdaten anzuordnen. Personen, in deren Kontrolle sich solche Daten befinden, müssen verpflichtet werden können, diese kurzfristig und unversehrt zu sichern, um den zuständigen Behörden zu ermöglichen, deren Weitergabe zu erwirken (sogenanntes Quick Freezing). Eine entsprechende Regelung hielt der Gesetzgeber allerdings für entbehrlich, weil die einzufrierenden Daten aufgrund der umfassenden Speicherung nach § 113a TKG ohnehin aufbewahrt werden müssten (vgl. BTDrucks 16/5846, S. 53).
4. Auf Antrag der Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 256/08 hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 11. März 2008 eine einstweilige Anordnung erlassen, nach der § 113b Satz 1 Nr. 1 TKG bis zur Entscheidung in der Hauptsache nur eingeschränkt angewendet werden durfte (vgl. BVerfGE 121, 1). Mit Beschluss vom 28. Oktober 2008 hat es diese einstweilige Anordnung dahingehend erweitert, dass auch von § 113b Satz 1 Nr. 2 und 3 TKG bis zur Hauptsacheentscheidung nur mit Einschränkungen Gebrauch gemacht werden konnte (vgl. BVerfGE 122, 120). Außerdem wurde der Bundesregierung aufgegeben, jeweils für aufeinanderfolgende mehrmonatige Zeiträume über die praktischen Auswirkungen der in § 113a TKG vorgesehenen Datenspeicherungen und der einstweiligen Anordnung für die Strafverfolgung zu berichten. Die Bundesregierung ist dem für die Zeiträume vom 1. Mai 2008 bis 31. Juli 2008, vom 1. August 2008 bis 1. März 2009 und vom 1. März 2009 bis 1. September 2009 nachgekommen.
1. Die Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 256/08 wenden sich gegen die §§ 113a und 113b TKG. Sie rügen die Verletzung von Art. 10 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Dem haben sich mit gleichem Vorbringen in dem unter dem Aktenzeichen 1 BvR 508/08 geführten Verfahren rund 34.000 weitere Beschwerdeführer angeschlossen.
a) Die Verfassungsbeschwerden seien zulässig.
aa) Die Beschwerdeführer zu 1) bis 3) und zu 5) bis 8) nutzten als Hochschullehrer, Rechtsanwälte, Geschäftsführer, Steuerberater und vereidigter Buchprüfer sowie investigativ tätiger Journalist privat und geschäftlich verschiedene Telekommunikationsdienste wie Festnetzanschlüsse, Mobiltelefone, Internetzugangsdienste und E-Mail-Postfächer. Es sei ihnen nicht zumutbar, zunächst vor den Fachgerichten gegen die Telekommunikationsunternehmen zu klagen.
Die Beschwerdeführerin zu 4) entwickle und vertreibe die Software für einen kommerziellen Internet-Anonymisierungsdienst. Der Dienst werde im Zusammenwirken mit anderen unabhängigen Betreibern erbracht, auf deren Servern ihre Software genutzt werde. Dabei betreibe die Beschwerdeführerin auch selbst einen öffentlich zugänglichen Anonymisierungsserver. Der Anonymisierungsdienst sei infolge der angegriffenen Normen nicht mehr wirtschaftlich zu erbringen. Auch drohe ihr der Verlust ihrer Kunden, weil diese wegen der Vorratsdatenspeicherung nicht mehr darauf vertrauen könnten, anonym zu bleiben. Faktisch komme die Speicherungspflicht einem Berufsverbot gleich. Die Speicherungspflicht betreffe sie selbst, gegenwärtig und unmittelbar, da ihr nicht zugemutet werden könne, durch deren Nichtbeachtung das Risiko eines Bußgeld- oder Strafverfahrens einzugehen.
bb) Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden stehe nicht entgegen, dass die angegriffenen Regelungen der Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG dienten. Der Bundesgesetzgeber gehe über die Richtlinie 2006/24/EG hinaus, soweit die nach § 113a TKG gespeicherten Daten nicht nur bei schweren Straftaten, sondern auch zur Gefahrenabwehr und zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben verwendet werden dürften.
Die Bundesrepublik Deutschland sei darüber hinaus zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG nicht verpflichtet. Diese verstoße gegen Art. 95 EGV und gegen Gemeinschaftsgrundrechte. Sie verletze das Recht auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz nach Art. 8 EMRK und führe zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 10 EMRK gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung. Die Richtlinie dürfe daher in Deutschland nicht angewendet werden. Zumindest sei die Verfassungsbeschwerde deshalb zulässig, weil die angegriffenen Normen nach einer Nichtigerklärung durch den Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 EGV (jetzt: Art. 267 AEUV), dessen Durchführung beantragt werde, in vollem Umfang anhand der Grundrechte des Grundgesetzes geprüft werden könnten. Halte der Gerichtshof die Richtlinie 2006/24/EG nicht für ungültig, habe das Bundesverfassungsgericht sie als kompetenzwidrig für unanwendbar zu erklären und die angegriffenen §§ 113a und 113b TKG zu verwerfen.
b) Die Verfassungsbeschwerden seien begründet. Es handele sich um eine Speicherung von Daten auf Vorrat, die verfassungswidrig sei. Es werde erstmals möglich, sämtliche Kommunikationspartner einer Person in den letzten sechs Monaten festzustellen. Die Speicherung der Funkzellen, in deren Bereich telefoniert werde, ermögliche nahezu lückenlose Bewegungsprofile. Die Speicherung der IP-Adresse gestatte es künftig, das Internetnutzungsverhalten der vergangenen sechs Monate nachzuvollziehen. Demgegenüber sei nicht ersichtlich, dass sich die Speicherung messbar auf Aufklärungsquote oder Kriminalitätsrate auswirke.
aa) Die angegriffenen Vorschriften verletzten Art. 10 Abs. 1 GG. Die zu speichernden Daten fielen in den Schutzbereich des Telekommunikationsgeheimnisses. Das Internet unterfalle Art. 10 Abs. 1 GG dabei auch, soweit es als Medium der Massenkommunikation genutzt werde. Der mit den §§ 113a, 113b TKG begründete Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis sei nicht gerechtfertigt.
(1) Die Gewährleistung einer geordneten Strafrechtspflege könne die Vorratsdatenspeicherung nicht rechtfertigen. Im Bereich der Netzkriminalität gehe es in erster Linie um Vermögenswerte. Soweit Telekommunikationsmittel nur als Hilfsmittel bei der Begehung herkömmlicher Straftaten genutzt würden, seien Rechtsgüter aller Art betroffen. Die Eignung der Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung organisierter Kriminalität oder zur Verhütung terroristischer Anschläge sei als äußerst gering einzuschätzen.
Generalpräventive Wirkungen der Vorratsdatenspeicherung seien nicht ernsthaft zu erwarten. Im Bereich der Strafverfolgung seien nur entschieden mildere Eingriffsbefugnisse angemessen als bei der Abwehr konkreter Gefahren. Daten, die zur Abwehr von Gefahren für höchste Rechtsgüter gewonnen worden seien, dürften nicht zur Verfolgung geringfügiger Straftaten genutzt werden. Eine Zweitverwendung sei nur zulässig, wenn die Erhebung der Daten auch zu dem Zweck, zu dem die Zweitverwendung erfolge, verhältnismäßig sei. Dem werde nicht Rechnung getragen. Erweiterte Ermittlungsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden könnten die Aufklärungsquote allenfalls geringfügig steigern. Ob dies zu einer Verringerung der Kriminalitätsrate führe, sei äußerst fragwürdig.
Die Eignung der Vorratsdatenspeicherung zum Rechtsgüterschutz sei zweifelhaft. Zwar verhindere sie, dass Kommunikationsvorgänge sich deshalb nicht nachvollziehen ließen, weil ihre Umstände nicht gespeichert seien. Es sei jedoch unklar, inwieweit Bedarf an Vorratsdaten bestehe. Ohnehin werde eine Vielzahl von Kommunikationsdaten zu Abrechnungs- und Beweiszwecken bis zu sechs Monate lang gespeichert. Kriminelle Kreise nutzten demgegenüber Möglichkeiten anonymer Telekommunikation wie Prepaid-Tarife oder Internetcafés.
(2) Als im Vergleich zur Vorratsdatenspeicherung milderes Mittel komme das Quick-Freezing-Verfahren in Betracht, das die Sicherung aller noch gespeicherten Verkehrsdaten einer Person betreffe. In besonderen Ausnahmefällen sei auch die Anordnung der Speicherung sämtlicher zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbaren Verkehrsdaten denkbar (Global Freezing).
(3) Die Schwere des Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG ergebe sich daraus, dass alle Personen betroffen seien, die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit in Anspruch nähmen. Die Speicherung erfolge verdachtsunabhängig. Die bloße Möglichkeit, dass Daten zu Zwecken der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr benötigt werden könnten, rechtfertige den Eingriff nicht. Die Vorratsdatenspeicherung ermögliche die Erstellung von Telekommunikations- und Bewegungsprofilen und habe große Streubreite. Dies sei umso gewichtiger, als Telekommunikation in der Erwartung vollkommener Vertraulichkeit stattfinde.
Eine globale und pauschale Überwachung in Form einer flächendeckenden Erfassung der Telekommunikationsverbindungen, wie sie die Vorratsdatenspeicherung darstelle, sei selbst zur Abwehr größter Gefahren verfassungswidrig. Die Wahrscheinlichkeit, dass die gespeicherten Daten später zu Gefahrenabwehr- oder Strafverfolgungszwecken benötigt würden, sei verschwindend gering und könne so schwerwiegende Eingriffe nicht rechtfertigen. Die Vorratsdatenspeicherung ermögliche Persönlichkeitsbilder mit einer noch nie dagewesenen Genauigkeit. Die Kommunikationsdaten seien inhaltlich äußerst aussagekräftig. Der Zugriff auf die näheren Umstände der Telekommunikation wiege nicht weniger schwer als der auf den Kommunikationsinhalt. Er ermögliche umfassende Persönlichkeits- und Verhaltensprofile. Verkehrsdaten lieferten eine Vielzahl von Informationen über soziale Beziehungen.
Die Vorratsdatenspeicherung erhöhe außerdem das Risiko, zu Unrecht Ermittlungsmaßnahmen ausgesetzt oder unschuldig verurteilt zu werden, und die Gefahr des Datenmissbrauchs. Verkehrsdaten könnten gezielt gegen missliebige Personen eingesetzt werden und eigneten sich zur Kontrolle von Personen und Gruppierungen ebenso wie zur Wirtschaftsspionage. Nur das Absehen von der Datenspeicherung schütze wirksam vor Missbrauch.
Die Vorratsdatenspeicherung beeinträchtige die für die Demokratie unerlässliche Unbefangenheit der Kommunikation. Der Schutz der Menschenwürde verlange ein gewisses Maß an unbeobachteter Kommunikation insbesondere auch im Rahmen besonderer Vertrauensverhältnisse. Der Schaden, der durch die Überwachung des Bürgers entstehe, werde durch den damit verbundenen Effizienzgewinn nicht aufgewogen. Die Vorratsdatenspeicherung habe die Entwicklung von Gegenmaßnahmen zur Folge und könne damit letztlich die Menge der verfügbaren Telekommunikationsdaten sogar verringern. Anderseits gleiche die zunehmende Digitalisierung die Abnahme der zu Abrechnungszwecken gespeicherten Verkehrsdaten auch ohne die Vorratsdatenspeicherung mehr als aus.
Diese sei unverhältnismäßig, weil der zu erwartende Nutzen in einem deutlichen Missverhältnis zu ihren Nachteilen für die Betroffenen und die Gesellschaft insgesamt stehe. Der Rechtsgüterschutz werde nur in wenigen Fällen verbessert. Mit einer Senkung des Kriminalitätsniveaus sei nicht zu rechnen. Im Hinblick auf die Bedeutung auch anderer personenbezogener Daten für die Strafverfolgung drohe ein Dammbruch.
bb) Die angegriffenen Vorschriften verstießen auch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die §§ 113a und 113b TKG griffen unverhältnismäßig in die Berufsausübungsfreiheit der kommerziellen Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und in die Berufsfreiheit der Angehörigen von Vertrauensberufen ein.
So berühre es das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant, wenn durch Auswertung von Telekommunikationsverkehrsdaten das Mandatsverhältnis aufgedeckt werden könne. Auch schrecke die Vorratsdatenspeicherung von der telekommunikativen Kontaktaufnahme mit spezialisierten Beratern ab, weil daraus weitreichende Schlüsse auf Gesundheit und Geisteszustand, Religion oder finanzielle Verhältnisse gezogen werden könnten. Journalisten drohe der Verlust von Informanten. Diesen negativen Auswirkungen stehe kein messbares öffentliches Interesse gegenüber. Angesichts der geringen Zahl von Verfahren, in denen es auf die Kommunikation von und mit Berufsgeheimnisträgern ankomme, seien die Belange des Rechtsgüterschutzes auch ohne Vorratsdatenspeicherung gewährleistet.
Auch hinsichtlich der Diensteanbieter verletze die Vorratsdatenspeicherung das Verhältnismäßigkeitsgebot. Eine Regelung, nach der die dadurch bedingten Investitionskosten zu erstatten seien, existiere nicht. In Ermangelung ausreichender Kostenerstattungsregelungen auch hinsichtlich der Kosten der Verwaltung, Aufarbeitung und Übermittlung der Vorratsdaten an die zuständigen Behörden sei die Inpflichtnahme der Telekommunikationsunternehmen aber unzumutbar. Ohne ausreichende Entschädigung dürfe ihnen die Wahrnehmung von Aufgaben der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr als Kernaufgaben des Staates nicht aufgebürdet werden.
cc) Soweit bisher genutzte Einrichtungen von den Telekommunikationsdienstleistern infolge der Vorratsdatenspeicherung nicht mehr genutzt werden könnten, griffen die §§ 113a und 113b TKG auch enteignungsähnlich in die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ein. Dies sei ohne ausreichende Entschädigung mit Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren.
dd) Die §§ 113a und 113b TKG verstießen ferner gegen Art. 5 Abs. 1 GG. Sie verletzten die Meinungs-, die Informations- und die Rundfunkfreiheit. Die Vorratsdatenspeicherung verteuere die Telekommunikation. Dies zwinge weniger finanzkräftige Bürger, Unternehmen und Organisationen zu Einschränkungen. Außerdem würden Anbieter und Nutzer insbesondere von staatskritischen Informationen abgeschreckt. Der Beeinträchtigung der Informationsfreiheit stehe dabei nicht entgegen, dass aufgerufene Internetseiten aufgrund von § 113a TKG nicht gespeichert werden dürften. Anbieter von Telemedien speicherten häufig unter Verstoß gegen das Telemediengesetz die IP-Adressen von Nutzern. Darauf hätten die staatlichen Behörden nach § 15 Abs. 5 Satz 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 TMG Zugriff. Meinungs-, Informations- und Rundfunkfreiheit seien konstituierend für eine freiheitliche Demokratie. Angesichts der Beeinträchtigung des gesamtgesellschaftlichen Informationsaustausches und ihres nur geringen Nutzens greife die Vorratsdatenspeicherung unverhältnismäßig in Art. 5 Abs. 1 GG ein.
ee) Die §§ 113a und 113b TKG verletzten schließlich den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG in mehrfacher Hinsicht.
Dies gelte zunächst, soweit nur für den Informationsaustausch über Telekommunikationsnetze, nicht aber für den räumlich-unmittelbaren Informationsaustausch eine Speicherung der Kommunikationsdaten erfolge. Angesichts der hohen Eingriffsintensität der Vorratsdatenspeicherung sei diese Differenzierung insbesondere nicht deshalb gerechtfertigt, weil sich im Bereich der räumlich-unmittelbaren Kommunikation häufig andere Beweismittel fänden.
Auch verletze es Art. 3 Abs. 1 GG, dass zwar die Nutzung von Informationsangeboten im Internet, nicht aber diejenige traditioneller Massenmedien wie Zeitschriften, Bücher und Fernsehen festgehalten werde. Dafür, dass Massenkommunikation über die Telekommunikationsnetze besonders schadensträchtig sei, gebe es keine stichhaltigen Anhaltspunkte. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung sei auch, dass die Vorratsdatenspeicherung die nicht telekommunikative Computerbenutzung nicht erfasse. Gleichfalls sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil der Gesetzgeber ungerechtfertigt von der Wahl milderer Mittel wie technischer, struktureller und aufklärender Präventionsmaßnahmen oder des Quick-Freezing-Verfahrens abgesehen habe.
Ebenso wenig seien die Ungleichbehandlung zwischen der Telekommunikation als elektronischem Informationsaustausch und dem Postwesen als distanziertem Austausch verkörperter Informationen, die Ungleichbehandlung von Telekommunikationsunternehmen gegenüber Postunternehmen, die Ungleichbehandlung der Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten gegenüber der Inanspruchnahme sonstiger Leistungen und die Ungleichbehandlung von Telekommunikationsunternehmen gegenüber anderen Unternehmen wie Banken und Fluggesellschaften verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Ferner verletze die Gleichbehandlung kleiner Telekommunikationsunternehmen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil dadurch eine Gruppe typischer Fälle ohne ausreichende Gründe wesentlich stärker belastet werde.
Vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigen sei schließlich die entschädigungslose Indienstnahme privater Telekommunikationsunternehmen zu öffentlichen Zwecken. Die Kriterien für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion seien nicht erfüllt. Die Abwehr von Gefahren und die Ahndung von Straftaten seien Aufgaben der Allgemeinheit, die aus Steuermitteln finanziert werden müssten und nicht den betroffenen Unternehmen und ihren Kunden auferlegt werden dürften.
2. Die Beschwerdeführer im Verfahren1 BvR 263/08wenden sich außer gegen die §§ 113a und 113b TKG auch gegen § 100g StPO, soweit er die Erhebung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten betrifft. Sie rügen eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 2 GG.
a) Die Verfassungsbeschwerden seien zulässig.
aa) Die Beschwerdeführer sind Rechtsanwälte, ein Hochschullehrer, eine Publizistin, ein Finanzgerichtspräsident a.D., ein Student und Mitglieder des Deutschen Bundestages oder eines Landesparlaments. Die Beschwerdeführerin zu 3) ist mittlerweile Bundesministerin der Justiz.
Jeder von ihnen nehme mehrere Provider in Anspruch. Sie nutzten privat, freiberuflich oder in ihrer politischen Tätigkeit Festnetzanschlüsse, Mobiltelefone, Internetzugänge und E-Mail-Postfächer und seien deshalb von der Speicherung ihrer Telekommunikationsdaten betroffen.
bb) Dass die Speicherung selbst durch Private erfolge, stehe der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden nicht entgegen. Denn sie werde unmittelbar durch die gesetzliche Regelung der §§ 113a und 113b TKG angeordnet.
cc) Es sei den Beschwerdeführern auch nicht zumutbar, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerden jeweils den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten.
dd) Die Verfassungsbeschwerden seien jedenfalls zulässig, soweit der Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG gegen nationales Verfassungsrecht verstoße, obwohl der ihm verbleibende Umsetzungsspielraum dessen Beachtung zulasse, oder soweit er über die in der Richtlinie vorgeschriebenen Regelungen hinausgehe. Dies sei hinsichtlich der Speicherungszwecke, der die Datenverwendung rechtfertigenden Straftaten, des Verzichts auf präzise Verfahrensregeln und der verwendungsberechtigten Stellen der Fall.
ee) Darüber hinaus sei die Richtlinie 2006/24/EG ultra vires ergangen und könne in Deutschland keine Rechtswirkungen entfalten. Außerdem entscheide darüber, ob ein Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft gegen Art. 1 GG verstoße und daher im innerdeutschen Recht keine Geltung beanspruchen könne, ausschließlich das Bundesverfassungsgericht. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei nicht veranlasst. Soweit sich das Bundesverfassungsgericht nicht für berechtigt halte, über die Rechtswirksamkeit der Richtlinie 2006/24/EG selbst zu entscheiden, werde eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angeregt. Die Richtlinie 2006/24/EG sei ohne Rechtsgrundlage ergangen und mit Gemeinschaftsgrundrechten, insbesondere mit Art. 8 EMRK, unvereinbar.
b) Die Verfassungsbeschwerden seien begründet.
aa) Die Richtlinie 2006/24/EG sei unwirksam. Sie sei auf der Grundlage von Art. 95 EGV erlassen worden, obwohl sie nicht die Errichtung oder das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand habe, sondern Maßnahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit im Sinne der Art. 29 ff. EUV a.F.
bb) Die Vorratsdatenspeicherung nach den §§ 113a und 113b TKG verletze die Menschenwürde. In einer freien Gesellschaft dürfe nicht jeder, der ein Kommunikationsmittel benutze, wie ein potentieller Straftäter oder Störer behandelt werden. Eine freie Gesellschaft ohne das Vertrauen in eine vertrauliche Kommunikation gebe es nicht. Es müsse ein Kernbereich der persönlichen Lebensführung belassen werden, in dem der Einzelne frei von staatlicher Beobachtung, Kontrolle oder Beeinflussung sei. Mit der Vorratsdatenspeicherung errichte der Staat eine Infrastruktur, die das Vertrauen der Bürger in eine freie Kommunikation zerstöre und zukünftig weitere Überwachungen ermöglichen könne. Dies verstoße gegen die Menschenwürde und die Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats.
cc) Die §§ 113a und 113b TKG griffen unverhältnismäßig in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein.
Die Speicherung nach § 113a TKG erfolge verdachtslos und generell. Die gespeicherten Daten ermöglichten es, Persönlichkeitsprofile zu erstellen. Der Aufenthalt des Nutzers eines Handys lasse sich für die letzten sechs Monate nachvollziehen. Es sei keine Vorsorge für die Löschung den Kernbereich der privaten Lebensführung betreffender Daten getroffen. Die Provider seien nicht verpflichtet, die Datenübermittlung zu dokumentieren und den übermittelten Datenbestand zu kennzeichnen.
§ 113b TKG genüge dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Als Verwendungszwecke seien nur pauschal die Verfolgung von Straftaten, die Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und die Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben genannt. Es reiche nicht, dass die nähere Spezifizierung des Eingriffszwecks in den jeweiligen fachrechtlichen Zugriffsnormen erfolge. Denn der Grundrechtseingriff erfolge bereits mit der Speicherung der Daten. Nach dem Gebot der Normenklarheit müsse der Speicherungszweck präzise bestimmt sein. Da die Länder für die Zugriffsregelungen allein zuständig seien, sei die Verwendung der Daten völlig unüberschaubar.
Der Eingriff stehe angesichts seiner Schwere in keinem Verhältnis zu dem erzielbaren Nutzen. Die Vorratsdatenspeicherung lasse einen nennenswerten Gewinn für die Kriminalitätsbekämpfung nicht erwarten.
dd) Die angefochtenen Bestimmungen verletzten darüber hinaus das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG in seinem Wesensgehalt.
ee) Die Entscheidungsspielräume, die die Richtlinie 2006/24/EG lasse, seien nicht verfassungskonform ausgefüllt. § 113b TKG gehe über die Zweckbestimmung der Richtlinie hinaus, soweit die gespeicherten Daten zu sämtlichen nachrichtendienstlichen Zwecken zur Verfügung gestellt würden. § 100g StPO definiere den Kreis der Straftaten, die den Abruf von Vorratsdaten rechtfertigen könnten, nicht eindeutig. Es bleibe offen, wann eine Straftat auch im Einzelfall von erheblicher Bedeutung sei. Demgegenüber komme es - sofern man das Gemeinschaftsrecht überhaupt für maßgeblich halte - darauf an und sei für jede künftige Befugnisnorm gesondert zu klären, ob ihre Zweckbestimmung europarechtlich zwingend vorgegeben sei und ob sie dem nationalen Verfassungsrecht entspreche. § 100g StPO lasse den Abruf von Verbindungsdaten für jede mittels Telekommunikation begangene Straftat zu und gehe damit weit über die Zweckbestimmung der Richtlinie hinaus, terroristische Straftaten abzuwehren.
3. Auch die Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 586/08 wenden sich gegen die §§ 113a und 113b TKG und § 100g StPO. Sie rügen die Verletzung von Art. 10 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
a) Die Verfassungsbeschwerden seien zulässig. Die Beschwerdeführer - Abgeordnete des Deutschen Bundestages und Mitglieder der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, die teilweise außerdem nebenberuflich als Rechtsanwalt oder Arzt tätig sind - seien selbst, unmittelbar und gegenwärtig in ihrem Recht aus Art. 10 Abs. 1 GG sowie ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen.
Auch könne die Regelung, da die Richtlinie 2006/24/EG erhebliche Umsetzungsspielräume belasse, in großem Umfang anhand der deutschen Grundrechte überprüft werden. Zwingend festgelegt seien lediglich die zu speichernden Datenkategorien und -typen sowie die Mindestspeicherungsdauer von sechs Monaten. Umsetzungsspielräume bestünden bezüglich der Speicher- und Verwendungszwecke, der zugriffsberechtigten Stellen, der Zugriffsvoraussetzungen und -verfahren, der Zweckbindung sowie der Anforderungen an die Datensicherheit. Soweit die Mitgliedstaaten in den Grenzen von Art. 15 Abs. 1 Richtlinie 2002/58/EG mit der Gefahrenabwehr und der Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste andere Verwendungszwecke als den der Strafverfolgung vorsähen, unterlägen sie uneingeschränkter verfassungsrechtlicher Kontrolle. Die Bestimmung der schweren Straftaten, zu deren Verfolgung die Vorratsdatenspeicherung erfolge, liege in der Hand der Mitgliedstaaten. Art. 7 der Richtlinie 2006/24/EG lege Mindestanforderungen fest, die weiterreichende datenschutzrechtliche Anforderungen im nationalen Verfassungsrecht nicht blockierten. Schließlich sei auch die Finanzierung der Vorratsdatenspeicherung in der Richtlinie nicht geregelt.
Eine vollständige verfassungsrechtliche Prüfung der Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung sei außerdem möglich, wenn die Richtlinie 2006/24/EG nichtig sei, der Europäische Gerichtshof die Ungültigkeit der Richtlinie feststelle oder wenn man eine Überprüfung der Kompetenz der Europäischen Gemeinschaft zum Erlass der Richtlinie ausnahmsweise durch das Bundesverfassungsgericht selbst in Betracht ziehe. Eine Gültigkeitsvorlage könne insbesondere auf einen Verstoß gegen Gemeinschaftsgrundrechte gestützt werden.
b) Die Verfassungsbeschwerden seien auch begründet. Die angegriffenen Vorschriften verletzten Art. 10 Abs. 1 GG. Dieser schütze die Vertraulichkeit der näheren Umstände des Kommunikationsvorgangs. In seinen Schutzbereich fielen deshalb die nach § 113a Abs. 2 TKG zu speichernden Telefonverkehrsdaten und die nach § 113a Abs. 3 und 4 TKG zu speichernden E-Mail-Verkehrs- und Internetzugangsdaten. Dass im Internet auch Massenkommunikation stattfinde, die herkömmlich der Rundfunkfreiheit zugeordnet worden sei, stehe dem nicht entgegen. Dass auch Individualkommunikation vermittelt werden könne, reiche aus, um den Grundrechtsschutz auszulösen.
Die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung griffen in den Schutzbereich von Art. 10 GG ein. Der staatliche Eingriff beginne mit der Verkehrsdatenspeicherungspflicht gemäß § 113a TKG. Er setze sich fort mit der in § 113b TKG zugelassenen Übermittlung von Verkehrsdaten an staatliche Behörden. Weitere Eingriffsakte seien die Auswertung und Verwendung der Daten durch die auskunftsberechtigten Behörden und die Weitergabe der Daten an andere Behörden oder Private.
Hinreichend bestimmt sei § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO, weil er auf Straftaten von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung abstelle und konkretisierend auf die in § 100a Abs. 2 StPO bezeichneten Straftaten verweise. Kritischer zu beurteilen sei § 100g Abs. 1 Nr. 2 StPO im Hinblick auf § 100g Abs. 1 Satz 2 StPO. Wann die Datenerhebung in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehe, sei für den Bürger nicht in der gebotenen Klarheit erkennbar. Problematisch sei auch die Bestimmtheit von § 113b TKG. Für den Bereich der Gefahrenabwehr und der Nachrichtendienste sei nicht absehbar, in welchem Umfang die ermächtigten Behörden auf die Vorratsdaten zugreifen dürften.
Die Vorratsdatenspeicherung verstoße außerdem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine wirksame Strafverfolgung sei zwar ein legitimer Zweck. Auch ließen sich die Eignung und Erforderlichkeit der Vorratsdatenspeicherung nicht verneinen. Das Quick-Freezing-Verfahren sei nicht gleich gut geeignet, weil es ins Leere gehe, wenn Verkehrsdaten nicht oder nicht mehr vorhanden seien. Die Vorratsdatenspeicherung sei allerdings unangemessen. Verkehrsdaten ließen erhebliche Rückschlüsse auf das Kommunikations- oder Bewegungsverhalten zu. Aufgrund ihrer automatischen Auswertbarkeit seien sie für Rasterfahndungsmethoden und strategische Überwachungen durch die Nachrichtendienste besonders geeignet. Sie lieferten Ermittlungsansätze und erlaubten, soziale, politische oder wirtschaftliche Beziehungsnetzwerke zu rekonstruieren. Umfassende Persönlichkeitsprofile könnten erstellt werden. Besonders belastend wirkten die Verdachtslosigkeit der Speicherung und ihre außergewöhnliche Streubreite. Zu berücksichtigen seien darüber hinaus die Rückwirkung auf gesamtgesellschaftliche Verhaltensmuster und den demokratischen Diskurs sowie Missbrauchsbefürchtungen.
§ 100g StPO gehe über das zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG erforderliche Maß hinaus, weil der Abruf der nach § 113a TKG gespeicherten Daten generell auch wegen mittels Telekommunikation begangener Straftaten erfolgen könne. Bereits mittlere Kriminalität reiche für den Zugriff auf die Vorratsdaten aus. Dies steigere das Risiko, einem unberechtigten Verdacht ausgesetzt und dadurch zum Gegenstand belastender Ermittlungsmaßnahmen zu werden. Die Datenerhebungen erfolgten heimlich. § 100g Abs. 2 in Verbindung mit § 100b und § 101 StPO gewähre nur nachträglichen, durch eine restriktive Benachrichtigungspraxis geschwächten Rechtsschutz. Die Effektivität des Richtervorbehalts sei umstritten. Die bisherigen Zugriffsmöglichkeiten seien meist ausreichend gewesen. Bei Berücksichtigung alternativer Ermittlungsmethoden wie des Quick-Freezing-Verfahrens falle die Angemessenheitsprüfung negativ aus.
§ 113b Satz 1 Nr. 2 TKG eröffne den Zugriff auf die anlasslos gespeicherten Daten bereits für erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Nachrichtendienstliche Überwachungsmaßnahmen erfolgten im Vorfeld konkreter Gefahren bei deutlich reduzierten Rechtsschutzmöglichkeiten. Beschränkungen für die Telekommunikationsüberwachung von Abgeordneten gebe es nicht. Angesichts ihrer Vorwirkungen auf das Verhalten der Bürger und den demokratischen Diskurs seien die Regelungen in § 113b Satz 1 Nr. 2 und 3 TKG unangemessen.
Berufsgeheimnisträger seien nicht gesondert geschützt. Besonders beeinträchtigend wirke sich dies bei Ärzten und nicht ausschließlich als Strafverteidiger tätigen Anwälten aus. Es fehlten außerdem hinreichende Datensicherungsstrukturvorgaben für die Diensteanbieter. Dies berge erhebliche Missbrauchsgefahren. Erst recht unangemessen sei die Nutzung der Daten durch Private zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, wie sie § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG ermögliche. Da auf diese Weise nur die Inhaber von Anschlüssen ermittelt werden könnten, der Anschlussinhaber aber nicht zwangsläufig mit dem Internetnutzer übereinstimme, sei in erheblichem Umfang mit einer Verfolgung Unbeteiligter zu rechnen.
Die Verpflichtungen nach § 113a Abs. 10 TKG, die in der Telekommunikation erforderliche Sorgfalt zu beachten und durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die gespeicherten Daten nur besonders ermächtigten Personen zugänglich seien, werde nicht näher konkretisiert. Die Datensicherheit werde so nicht hinreichend gewährleistet. Das Gewicht des Eingriffs werde nicht durch seinen Mehrwert aufgewogen. Gerade bei der organisierten Kriminalität und dem Terrorismus sei er am geringsten, da hier die Täter die Energie aufbrächten, die Speicherung zu unterlaufen, was ohne weiteres möglich sei. Die Rückwirkungen der Speicherung auf den demokratischen Diskurs und die Gefahren des Datenmissbrauchs könnten nicht hinreichend durch eine Begrenzung der Verwendungszwecke verringert werden.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben die Bundesregierung, das Bundesverwaltungsgericht, der Bundesgerichtshof, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und namens der Datenschutzbeauftragten der Länder der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellung genommen.
1. Die Bundesregierung hält die Verfassungsbeschwerden teils für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
a) Unzulässig seien die Verfassungsbeschwerden, soweit sie sich allein gegen die §§ 113a und 113b TKG richteten.
aa) Diese unterlägen nicht der Prüfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts, soweit sie den verpflichtenden Vorgaben der Richtlinie 2006/24/EG entsprächen. Soweit Regelungsspielräume bestünden, orientiere sich die bundesgesetzliche Umsetzung an dem in der Richtlinie 2006/24/EG vorgesehenen Regelungsminimum. Ein ausbrechender Rechtsakt liege nicht vor, weil es nicht um die Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, sondern lediglich um diejenige innerhalb der Europäischen Union gehe. Auf europäischer Ebene bestehe schließlich ausreichender Grundrechtsschutz. Ein Verstoß gegen die Menschenwürde sei ebenfalls nicht ersichtlich.
bb) Die Beschwerdeführer seien wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht beschwerdebefugt. § 113b Satz 1 Nr. 1 TKG und § 100g StPO gingen nicht über den durch die Richtlinie 2006/24/EG vorgegebenen Speicherungszweck hinaus. Bei der Definition schwerer Straftaten seien auch mittels Telekommunikationseinrichtungen begangene Straftaten angemessen zu berücksichtigen. Die Richtlinie 2006/24/EG lasse die Erstreckung des Speicherungszwecks auf die Verwendung zur Gefahrenabwehr und zur nachrichtendienstlichen Aufgabenerfüllung zu. § 113b Satz 1 Nr. 2 und 3 TKG enthalte insoweit lediglich eine weitere gesetzliche Verwendungsbestimmung. Diese allein sei im Verfassungsbeschwerdeverfahren allerdings nicht rügefähig, weil sie keinen grundrechtlichen Belang berühre, der über die durch die Richtlinie 2006/24/EG selbst angeordnete Beschwer hinausgehe. Eine zusätzliche Beschwer könne sich nur aus Befugnisnormen ergeben, die zu einer Weiterverwendung der gespeicherten Daten ermächtigten. § 113b TKG enthalte solche Regelungen nicht. Die dort geregelten Zweckbestimmungen schränkten vielmehr lediglich die möglichen Datenverwendungen ein. Die §§ 113a und 113b TKG hätten ferner keine berufsregelnde Tendenz hinsichtlich der von den Beschwerdeführern ausgeübten Berufe etwa als Rechtsanwalt oder Journalist. Art. 14 GG sei nicht tangiert. Die Speicherungspflicht verkürze nicht die Verfügungsrechte der betroffenen Unternehmen, sondern statuiere eine eigenständige Verhaltenspflicht. Ein Verstoß gegen die Meinungsfreiheit sei von vornherein ausgeschlossen. Die Speicherung gemäß § 113a TKG sei meinungsneutral.
cc) Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 4) im Verfahren 1 BvR 256/08 scheitere am Grundsatz der Subsidiarität. Es werde nicht deutlich, dass Rechtsschutz durch die Fachgerichte nicht möglich sei.
b) Jedenfalls seien die Verfassungsbeschwerden unbegründet.
aa) § 113a TKG sei verfassungsrechtlich unbedenklich.
(1) Die Regelung greife in den Schutzbereich von Art. 10 GG ein. Es gehe allerdings lediglich um eine Pflicht für Private zur Aufbewahrung bestimmter Daten mit dem Ziel, einen späteren Zugriff darauf zu ermöglichen. Damit unterscheide sich § 113a TKG kategorial von Befugnisnormen zur staatlichen Verwendung der aufbewahrten Daten. § 113a TKG stelle einen mittelschweren Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG dar. Er bewirke lediglich, dass die Daten für ein halbes Jahr einem Löschungsanspruch der Betroffenen entzogen seien. Die gespeicherten Daten beträfen keine Kommunikationsinhalte. Sie gelangten nur aufgrund einer weiteren qualifizierten Befugnisnorm in den Kenntnisbereich des Staates. Schließlich erfolge die Speicherung nicht heimlich. Die zu speichernden Daten und die Dauer der Speicherung seien eindeutig und abschließend definiert.
Zweck des § 113a TKG sei es, die Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität an die Bedingungen moderner Kommunikationstechniken anzupassen. § 113a TKG sei dazu geeignet. Er verhindere, dass § 100g StPO durch die Zunahme von Flatrate-Tarifen und den damit verbundenen Rückgang von gemäß § 96 TKG gespeicherten Daten sowie durch die stetige Zunahme der Nutzung des Internet durch Straftäter seine Grundlage verliere.
Die Auswertung von Verkehrsdaten sei für die Strafverfolgung unverzichtbar. Insbesondere könnten daraus Anhaltspunkte zu Tatzeitpunkt, zu Aufenthalten von Verdächtigen in Tatortnähe, zum Vor- und Nachtatverhalten von Tatverdächtigen, zu Verbindungen der Tatverdächtigen untereinander, zum Verlauf von Fluchtwegen und zur Ermittlung weiterer Tatverdächtiger gewonnen werden. Speziell für die Verfolgung der Betäubungsmittelkriminalität sei die Bestimmung der Standortdaten bedeutsam. Verkehrsdaten komme bei der Verifizierung von Beschuldigteneinlassungen oder bei der Ermittlung des Aufenthaltsorts von Beschuldigten Bedeutung zu. Die Aufklärung der Verbreitung kinderpornografischer Darstellungen im Internet könne praktisch nur anhand von Verkehrsdaten erfolgen. Bei banden- oder gewerbsmäßig begangenen Straftaten sei die Kenntnis des Kommunikationsverhaltens für die Aufklärung von Organisationsstrukturen und Serientaten unerlässlich. Gegen die Geeignetheit der Datenspeicherung spreche auch nicht die Möglichkeit, sie zu umgehen.
§ 113a TKG sei außerdem erforderlich. Das Quick-Freezing-Verfahren sei nicht gleich wirksam. Es könne nur diejenigen Daten festhalten, die in irgendeiner Weise gespeichert seien. Sinnvoll sei es nur, wenn es sich auf einen gegenwartsnahen Sachverhalt beziehe.
Schließlich sei § 113a TKG auch angemessen. Die Anlasslosigkeit schließe die Angemessenheit der Speicherung nicht von vornherein aus. Ihre Streubreite sage nichts über die konkret damit verbundene Belastung. Die Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat sei nicht automatisch verfassungswidrig. Die Daten würden von privaten Unternehmen zu einem bestimmten Zweck gespeichert und erst aufgrund weiterer Befugnisnormen vom Staat zur Kenntnis genommen. Die nach § 113a TKG gespeicherten Daten ließen zwar Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der Betroffenen zu, seien aber nur begrenzt sensibel. Sie beträfen nicht den Inhalt der Kommunikation und gingen hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsrelevanz nicht über nach anderen bestehenden Regelungen zu speichernde Daten hinaus. Die Speicherung erfolge zudem offen. Die Pflicht zur Aufbewahrung von Daten sei dem deutschen Recht etwa aus dem Handelsgesetzbuch, der Abgabenordnung oder dem Kreditwesengesetz bekannt. Verfassungsrechtliche Grenzen habe das Bundesverfassungsgericht nur für die Abfragetatbestände entwickelt. Die Speicherung als solche sei im Übrigen aber wohl auch nicht unangemessen. Allerdings müsse die Datenabfrage in qualifizierter Weise begrenzt werden. Die Speicherungsdauer von sechs Monaten lasse sich durch die Bedingungen der Verfolgung konkreter Straftaten rechtfertigen. Ein Einschüchterungseffekt werde durch § 113a TKG nicht erzeugt. Maßgeblich sei nicht das subjektive Empfinden der Normadressaten, sondern ein zutreffendes Normverständnis.
(2) Die mit der Speicherung für die Telekommunikationsdienstleister verbundenen Kosten verletzten weder Art. 12 noch Art. 14 GG. Art. 14 GG gewähre keinen allgemeinen Schutz des Betriebsvermögens. § 113a TKG betreffe aber weder die Substanz noch die Ausgestaltung der Rechte der Beschwerdeführer an ihren Unternehmen. Die zur Entwertung technischer Einrichtungen gemachten Angaben seien unsubstantiiert. Auch die Berufsfreiheit werde nicht berührt. Die Beschwerdeführer würden ihren Beruf ohne die angegriffene Regelung nicht anders ausüben. Lediglich die Diensteanbieter würden mit zusätzlichen Pflichten belastet. Die Heranziehung zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe an sich löse noch keinen Entschädigungsanspruch aus.
(3) Die Regelung sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Telekommunikation und unmittelbare Kommunikation seien nicht miteinander vergleichbar. Unmittelbare Kommunikation und elektronische Kommunikation könnten nicht im gleichen Maß gespeichert werden. Die Ungleichbehandlung zwischen Telekommunikation und Postwesen sei gerechtfertigt. Langsame postalische Kommunikation sei für eine Nutzung zu kriminellen Handlungen weniger geeignet als Telekommunikation. Große und kleine Telekommunikationsunternehmen würden nicht ungleich behandelt. Vor ungleichen wirtschaftlichen Auswirkungen schützten die einschlägigen Freiheitsrechte, nicht der allgemeine Gleichheitssatz. Eine gleichheitswidrige Sonderabgabe liege nicht vor.
(4) Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Datensicherheit seien erfüllt. § 109 Abs. 1 TKG verpflichte die Diensteanbieter, angemessene technische Vorkehrungen oder sonstige Maßnahmen zu treffen, um den Datenschutz, den Schutz des Fernmeldegeheimnisses und den Schutz der Telekommunikations- und Datenverarbeitungssysteme gegen unerlaubte Zugriffe durch Mitarbeiter und Dritte zu gewährleisten. Betreiber von Telekommunikationsanlagen seien nach § 109 Abs. 3 TKG verpflichtet, der Bundesnetzagentur ein Sicherheitskonzept vorzulegen, das die technischen Vorkehrungen und sonstigen Schutzmaßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen zur Datensicherheit beschreibe. Es sei fortzuschreiben und auf Verlangen der Bundesnetzagentur nachzubessern. Die Diensteanbieter hätten nach § 113a Abs. 10 TKG die im Bereich der Telekommunikation erforderliche Sorgfalt zu beachten und den Zugang zu den Daten durch besondere Ermächtigungen zu beschränken. Verstöße gegen das Fernmeldegeheimnis und datenschutzrechtliche Vorgaben seien nach § 148 TKG straf- oder nach § 149 Abs. 1 Nr. 16 bis 18 TKG bußgeldbewehrt. § 115 TKG erlaube der Bundesnetzagentur die Durchsetzung der datenschutzrechtlichen Regelungen. Schließlich unterlägen die Unternehmen den Kontrollen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.
bb) Auch § 113b TKG sei verfassungsgemäß. Er begrenze den Speicherungszweck und sei hinreichend bestimmt. Die Verwendung der Daten richte sich nach anderen gesetzlichen Normen, deren Bestimmtheit einer gesonderten Prüfung bedürfe. Als im Vergleich zur inhaltlichen Überwachung der Telekommunikation geringerer Eingriff sei die Verwendung der Daten zur Gefahrenabwehr nach § 113b Satz 1 Nr. 2 TKG nicht an die Schwelle dringender Gefahren für höchstrangige Rechtsgüter zu knüpfen. Richtervorbehalte seien in den jeweiligen Ermächtigungsnormen zu regeln. Die Übermittlung der Daten zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben nach § 113b Satz 1 Nr. 3 TKG sei nicht zu beanstanden. In bestimmten Grenzen sei sogar eine anlasslose Kontrolle von Telekommunikationsinhalten zu nachrichtendienstlichen Zwecken verfassungsrechtlich als zulässig beurteilt worden (Verweis auf BVerfGE 100, 313 <358 ff.>).
cc) Verfassungsgemäß sei auch § 100g StPO. Die Möglichkeit einer strafprozessualen Verkehrsdatenabfrage in der bisherigen Form sei anerkannt. Ein im Vergleich dazu intensiverer Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis liege im Zugriff auf nach § 113a TKG gespeicherte Verkehrsdaten auch nicht deshalb, weil mehr Daten zur Verfügung stünden. Angesichts des verglichen mit der inhaltlichen Überwachung der Telekommunikation geringeren Gewichts der Verkehrsdatenerhebung sei es folgerichtig, wenn § 100g StPO weniger strenge Anforderungen an die Zulässigkeit der Datenerhebung stelle als § 100a StPO.
Soweit § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO an den Straftatenkatalog des §100a Abs. 2 StPO anknüpfe und eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung verlange, habe das Bundesverfassungsgericht dies als hinreichend bestimmt anerkannt. Auch § 100g Abs. 1 Nr. 2 StPO sei unbedenklich. Die Wahl der Mittel der Strafverfolgung hänge von der Möglichkeit ab, die betreffenden Straftaten überhaupt aufklären zu können. Dem trügen § 100g Abs. 1 Nr. 2 und § 100g Abs. 1 Satz 2 StPO Rechnung, indem sie bei mittels Telekommunikation begangenen Straftaten den Verkehrsdatenabruf unter den Vorbehalt fehlender Ermittlungsalternativen und einer weiteren Verhältnismäßigkeitsprüfung stellten. Eine noch weitergehende Einschränkung der Zugriffsmöglichkeiten stelle einen ganzen Bereich von Kommunikation von Strafverfolgung frei, obwohl die Strafrechtspflege Verfassungsrang genieße. § 100g StPO verletze auch nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung. Die Telekommunikationsverkehrsdaten beträfen diesen ungeachtet der Möglichkeit, mit ihrer Hilfe Kommunikations- und Bewegungsprofile zu erstellen, nicht in intensiver Weise.
2. Das Bundesverwaltungsgericht sieht in den angegriffenen Vorschriften einen Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG, dessen Rechtfertigung zweifelhaft sei. Die in § 113b Satz 1 TKG genannten Verwendungszwecke seien so weit gefasst, dass im Zeitpunkt der Speicherung nicht vorhersehbar sei, zu welchem Zweck die Daten verwendet werden dürften. Darin könne ein Verstoß gegen das Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken liegen. Die Grundrechtsbeschränkung sei auch von nicht unerheblichem Gewicht. Die Speicherungspflicht umfasse Daten mit hoher Persönlichkeitsrelevanz, die erhebliche Rückschlüsse auf die Persönlichkeit und persönliche Verhältnisse des Nutzers, sein soziales Umfeld und sein Bewegungsverhalten sowie die Art der jeweiligen Kommunikationsinhalte zuließen. Möglich sei die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen. Die Datenspeicherung könne im Falle von Strafverfahren gravierende Folgen für den Einzelnen haben. Datenmissbrauch sei möglich. Die Speicherung habe eine immense Breitenwirkung. Ihre Streubreite könne einen erheblichen Einschüchterungseffekt bewirken. Anderseits würden die Daten in vielen Fällen gelöscht, ohne an staatliche Stellen übermittelt worden zu sein. Die Verwendungszwecke seien nicht auf den Schutz hochrangiger Rechtsgüter beschränkt. § 113b Satz 1 Nr. 2 TKG sei nicht zu entnehmen, welche Rechtsgüter die Datenverwendung rechtfertigen könnten. § 113b Satz 1 Nr. 3 TKG verweise auf eine Vielzahl bundes- und landesrechtlicher Aufgabenbeschreibungen. Möglicherweise dienten die Daten daher dem Schutz von Belangen, die den in ihrer Speicherung liegenden Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis nicht rechtfertigen könnten.
3. Der Bundesgerichtshof weist durch den Vorsitzenden des 1. Strafsenats und einen der Ermittlungsrichter darauf hin, dass bei mittels Telekommunikation begangenen Straftaten Daten, die eine Identifizierung des Täters ermöglicht hätten, bisher zur Zeit des Auskunftsersuchens regelmäßig bereits gelöscht gewesen seien. Bei der Internetnutzung seien Rückschlüsse auf die Inhalte der Nutzung ausgeschlossen. Wegen der Üblichkeit von Flatrate-Verträgen werde die Datenleitung häufig 24 Stunden täglich aufrechterhalten. In diesem Fall seien aus den gespeicherten Daten in aller Regel nicht einmal mehr Informationen über Häufigkeit und Dauer der Internetnutzung ableitbar. Im Bereich des E-Mail-Verkehrs sei vor allem die Speicherung der IP-Adresse erforderlich, die vor Einführung der Vorratsdatenspeicherung nur unter bestimmten Voraussetzungen über das Ende der Verbindung hinaus habe gespeichert werden dürfen. Da die IP-Adressen in den letzten Jahren bereits nach ein bis zwei Tagen gelöscht gewesen seien, sei eine Strafverfolgung von Vermögensdelikten oder kinderpornografischen Taten zumeist nicht mehr möglich gewesen. Ohne Vorratsdatenspeicherung bestehe für Straftäter im Internet kaum noch ein Entdeckungsrisiko. Es entstehe ein rechtsfreier Raum. Der Präsident des Bundesgerichtshofs weist darauf hin, dass die Verkehrsdaten nur Indizwirkung hätten und der Untermauerung durch weitere Ermittlungsergebnisse bedürften. Bereiche sozialen Verhaltens seien nicht schon deshalb rechtsfreie Räume, weil von ihrer präventiven Überwachung abgesehen werde.
4. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hält die anlasslose Datenspeicherung nach § 113a TKG für verfassungswidrig. Aus ihrer Verfassungswidrigkeit folge auch die der Übermittlungsregelungen des § 113b TKG. § 100g StPO sei verfassungswidrig, weil die Verwendungsschwelle unangemessen niedrig definiert sei. Gleichzeitig verstießen die Regelungen damit gegen Art. 8 und 10 EMRK.
Die Ermächtigungsgrundlage für die Vorratsdatenspeicherung sei nicht hinreichend bestimmt. Die Verwendungszwecke seien nicht präzise eingegrenzt und nur bedingt zu erreichen. Die Verfolgung von Straftaten im Bereich des Terrorismus und der organisierten Kriminalität werde nicht nachhaltig verbessert, weil die betroffenen Tätergruppen vielfältige Möglichkeiten hätten, die Vorratsdatenspeicherung zu umgehen.
Verkehrsdaten bildeten das Kommunikationsverhalten immer intensiver ab. Besonders sensibel seien Daten, die die Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern beträfen und für die es deshalb differenzierender Regelungen bedürfe. Die Sensibilität der zu speichernden Daten nehme aufgrund technischer Innovationen weiter zu. Verkehrsdaten ermöglichten Rückschlüsse auf Verhaltensweisen und Interessen sowie weitreichende Einblicke in das Bewegungs- und Kommunikationsverhalten. Sie spiegelten das soziale Netz des Betroffenen wider. Die Zugehörigkeit zu Parteien, Gewerkschaften oder Bürgerinitiativen könne deutlich werden. Zusammen mit Informationen über den Beruf oder die geschäftliche Betätigung des Gesprächspartners würden aus Verkehrsdaten Rückschlüsse auf Gesprächsinhalte möglich. Zeit und Häufigkeit der Verbindungen erlaubten Schlussfolgerungen auf die Intensität von Kontakten. Es könnten umfassende Persönlichkeitsbilder und Soziogramme erstellt werden. Das Vertrauen in die Nutzung moderner Kommunikationsmittel werde durch die Vorratsdatenspeicherung nachhaltig beeinträchtigt. Missbrauchsgefahren müssten durch gesetzliche Vorgaben so weit wie möglich ausgeschlossen werden. Das Telekommunikationsgesetz verpflichte aber weder zu einer separierten Speicherung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten noch zu einer sicheren Verschlüsselung. Es enthalte keine Vorgaben zur Vergabe von Zugriffsberechtigungen, zur Protokollierung von Zugriffen und zur Prüfung von Protokolldaten über einzelne Zugriffe.
Unangemessen weit sei auch die Nutzung der Daten zum Zwecke der Strafverfolgung. Der Zugriff auf Vorratsdaten dürfe allenfalls zur Verfolgung von schweren Straftaten in Betracht kommen. Auch die Voraussetzungen, unter denen von einer Benachrichtigung abgesehen werden könne, seien zu unbestimmt und gewährleisteten nicht die erforderliche Einzelfallabwägung. Ferner sei eine gerichtliche Überprüfung des Absehens von Benachrichtigungen nicht hinreichend vorgesehen. Hinsichtlich der Verwendung der Vorratsdaten zur Gefahrenabwehr und zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben bestehe die Gefahr einer zu niedrigen Abrufschwelle. Unangemessen sei auch, dass § 113b TKG die Verwendung von nach § 113a TKG gespeicherten IP-Adressen zur Ermittlung der dahinter stehenden Person nach § 113 TKG ermögliche, weil dies auch zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig sei.
5. Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit sieht durch die §§ 113a und 113b TKG das Fernmeldegeheimnis in seinem Wesensgehalt verletzt. Außerdem verstießen diese Regelungen gegen das Verbot der Vorratsspeicherung zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken. Jedenfalls ermöglichten sie aber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Fernmeldegeheimnisses. Außerdem fehle es an einer präzisen Zweckbestimmung. § 113 Satz 1 Halbsatz 2 TKG ermögliche die Verwendung der gespeicherten Verkehrsdaten für eine Auskunftserteilung nach § 113 TKG an sämtliche Ordnungsbehörden. Ein Missbrauch von Daten durch Private sei kaum zu verhindern. § 113a Abs. 6 TKG hindere die Nutzer, sich mit Hilfe von Anonymisierungsdiensten im Internet anonym zu bewegen. Der Schutz besonderer Vertrauensverhältnisse bleibe unberücksichtigt. Angesichts der Schwere des Grundrechtseingriffs habe das Quick-Freezing-Verfahren als Alternative geprüft werden müssen. Auch sei das Gebot der grundrechtsschonenden Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG missachtet, wenn die Nutzung der gespeicherten Daten bereits für die Verfolgung von einfachen Straftaten sowie zur Abwehr von Gefahren für geringwertige Schutzgüter zugelassen werde. § 100g StPO sei unverhältnismäßig. § 100g Abs. 2 Satz 2 StPO lasse bei Straftaten von erheblicher Bedeutung eine räumlich und zeitlich hinreichend bestimmte Bezeichnung der Telekommunikation ausreichen, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder erheblich erschwert sei. Damit seien weitreichende Verkehrsdatenabrufe möglich, die die Rechte Tausender Bürger berühren könnten. Verfassungsrechtlich problematisch sei auch, dass der Gesetzgeber in § 101 Abs. 4 und 5 StPO benachrichtigungsfreie Räume schaffe.
6. Die sachkundigen Auskunftspersonen Constanze Kurz, Prof. Dr. Felix Freiling, Prof. Dr. Andreas Pfitzmann, Prof. Dr. Alexander Roßnagel, Prof. Dr. Christoph Ruland, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, das Bundesministerium der Justiz unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums des Innern, die Beschwerdeführer in den Verfahren 1 BvR 256/08 und 1 BvR 263/08 sowie der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM), der Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. (eco) und der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM) haben sich zu technischen, tatsächlichen und rechtlichen Fragen des Gerichts geäußert. Diese betrafen die Telekommunikationsverkehrsdaten, die zur Vorratsdatenspeicherung Verpflichteten, die mittels Telekommunikation begangenen Straftaten, die Auskunftserteilung nach § 113 TKG, die Sicherung der Vorratsdaten gegen unbefugte Zugriffe und die mögliche rechtliche Ausgestaltung der Nutzung dieser Daten. An der Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz haben dabei über das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die Bundesnetzagentur und über das Bundesministerium des Innern das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Generalbundesanwältin mitgewirkt.
7. Darüber hinaus haben der Verband der Anwender geschäftlicher Telekommunikation e.V. (TELECOM e.V.), der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. und der Bundesverband Musikindustrie e.V. Stellung genommen.
IV.
In der mündlichen Verhandlung haben sich geäußert: die Beschwerdeführer, die Bundesregierung, das Bundeskriminalamt, die Bundesnetzagentur, die Bayerische Staatsregierung, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, als sachkundige Auskunftspersonen Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jörg Albrecht, Constanze Kurz, Prof. Dr. Felix Freiling, Prof. Dr. Andreas Pfitzmann, Prof. Dr. Alexander Roßnagel, Prof. Dr. Christoph Ruland, der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM), der Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. (eco), der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM), der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. und der Bundesverband Musikindustrie e.V.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
I.
1. Die Beschwerdeführer rügen zulässigerweise eine Verletzung von Art. 10 Abs. 1 GG. Sie nutzen privat und geschäftlich verschiedene Telekommunikationsdienste wie insbesondere Telefondienste, Dienste der elektronischen Post und Internet, und machen geltend, durch die Speicherung und vorgesehene Verwendung ihrer Verbindungsdaten in ihrem Grundrecht auf Wahrung des Telekommunikationsgeheimnisses verletzt zu sein. Da Art.10 Abs. 1 GG auch die Vertraulichkeit der Umstände von Telekommunikationsvorgängen schützt (vgl. BVerfGE 67, 157 <172>; 85, 386 <396>; 120, 274 <307>; stRspr), ist eine solche Verletzung durch die angegriffenen Vorschriften möglich.
Die angegriffenen Vorschriften betreffen die Beschwerdeführer auch unmittelbar, selbst und gegenwärtig. Zwar richtet sich die Speicherungspflicht des § 113a TKG nicht an die als Nutzer betroffenen Beschwerdeführer, sondern an die Diensteanbieter. Jedoch sind diese ohne jeden Entscheidungsfreiraum (vgl. BVerfGE 107, 299 <313 f.>) unbedingt zur Speicherung der Daten der Beschwerdeführer verpflichtet. § 113a TKG führt damit unmittelbar und gegenwärtig zu einer Speicherung von Daten der Beschwerdeführer für die in § 113b Satz 1 TKG vorgesehenen Zwecke.
An einer unmittelbaren Selbstbetroffenheit fehlt es in Bezug auf § 113b TKG und § 100g StPO auch nicht deshalb, weil diese Vorschriften erst auf der Grundlage weiterer Vollzugsakte Wirkungen entfalten und noch nicht feststeht, ob und wieweit gerade Daten der Beschwerdeführer hiervon betroffen sein werden. Wenn der Betroffene keine Kenntnis von den Vollzugsakten erlangt, reicht die Darlegung, mit einiger Wahrscheinlichkeit von solchen Maßnahmen berührt zu werden. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, ob die Maßnahmen eine große Streubreite haben und Dritte auch zufällig erfassen können (vgl. BVerfGE 109, 279 <307 f.>; 113, 348 <363>; 120, 378 <396 f.>). Danach haben die Beschwerdeführer ihre eigene und unmittelbare Betroffenheit hinreichend dargelegt. Angesichts der erheblichen Speicherungsdauer von sechs Monaten und der großen Streubreite der erfassten Daten ist es nicht unwahrscheinlich, dass bei der Übermittlung und Verwendung der Daten nach § 113b TKG und § 100g StPO auch Personen betroffen werden, die keinen Anlass zu entsprechenden Maßnahmen gegeben haben. Darlegungen, durch die sich die Beschwerdeführer selbst einer Straftat bezichtigen müssten, sind damit zum Beleg der Selbstbetroffenheit nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 109, 279 <308>; 113, 348 <363>; 120, 378 <396 f.>). Ebenso wenig müssen sie dartun, für erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit verantwortlich zu sein oder Aktivitäten zu entfalten, die den Aufgabenkreis der Nachrichtendienste berühren.
2. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 4) im Verfahren 1 BvR 256/08 ist auch hinsichtlich Art. 12 Abs. 1 GG zulässig, soweit sie sich gegen die mit den Speicherungspflichten verbundenen technischen und finanziellen Belastungen wendet. Als Anbieterin eines Anonymisierungsdienstes, die zugleich auch einen öffentlich zugänglichen Server betreibt, treffen sie grundsätzlich die Pflichten des § 113a TKG, ohne dass insoweit Entschädigungs- oder Ausgleichsregeln vorgesehen sind. Da die Nichtbeachtung dieser Pflichten mit einer Geldbuße bewehrt ist (vgl. § 149 Abs. 1 Nr. 36, Abs. 2 TKG), ist ihr auch nicht zuzumuten, unter Verstoß gegen § 113a TKG zunächst Vollzugsakte abzuwarten und dann hiergegen fachgerichtlichen Rechtsschutz zu suchen (vgl. BVerfGE 81, 70 <82>). Sie ist damit durch die Speicherungspflicht unmittelbar, selbst und gegenwärtig in ihrer Berufsfreiheit betroffen.
II.
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht unzulässig, soweit die angegriffenen Vorschriften in Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG ergangen sind.
Allerdings übt das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von Gemeinschafts- oder nunmehr Unionsrecht, das als Grundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, grundsätzlich nicht aus und überprüft dieses Recht nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäischen Gemeinschaften (beziehungsweise heute die Europäische Union), insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 f.>). Diese Grundsätze gelten auch für innerstaatliche Rechtsvorschriften, die zwingende Vorgaben einer Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Anwendung von in diesem Sinne verbindlichem Recht der Europäischen Union richten, sind grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 118, 79 <95>; 121, 1 <15>).
Die Beschwerdeführer können sich auf die Grundrechte des Grundgesetzes jedoch insoweit berufen, als der Gesetzgeber bei der Umsetzung von Unionsrecht Gestaltungsfreiheit hat, das heißt durch das Unionsrecht nicht determiniert ist (vgl. BVerfGE 121, 1 <15>). Darüber hinaus sind die Verfassungsbeschwerden vorliegend aber auch insoweit zulässig, als die angegriffenen Vorschriften auf Richtlinienbestimmungen beruhen, die einen zwingenden Inhalt haben. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass es der Richtlinie 2006/24/EG an einer gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzgrundlage fehle und sie gegen europäische Grundrechtsverbürgungen verstoße. Sie erstreben deshalb unter anderem, ohne dass sie dies angesichts ihrer unmittelbar gegen das Umsetzungsgesetz gerichteten Verfassungsbeschwerden vor den Fachgerichten geltend machen konnten, eine Vorlage durch das Bundesverfassungsgericht an den Europäischen Gerichtshof, damit dieser im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV (vormals Art. 234 EGV) die Richtlinie für nichtig erkläre und so den Weg frei mache für eine Überprüfung der angegriffenen Vorschriften am Maßstab der deutschen Grundrechte. Jedenfalls ist auf diesem Weg eine Prüfung der angegriffenen Vorschriften am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes nach dem Begehren der Beschwerdeführer nicht von vornherein ausgeschlossen.
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind im Wesentlichen begründet. Die angegriffenen Vorschriften verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof kommt nicht in Betracht, da es auf einen möglichen Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht ankommt. Die grundrechtlichen Gewährleistungen des Grundgesetzes stehen einer - anders gestalteten - Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG nicht entgegen.
Unbegründet ist die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 4) im Verfahren 1 BvR 256/08, soweit diese eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG rügt.
I.
Die Verfassungsbeschwerden geben keinen Anlass für ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV. Zwar könnte eine entsprechende Vorlage durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 37, 271 <282>) insbesondere in Betracht kommen, wenn die Auslegung oder die Wirksamkeit von Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht in Frage stehen, das Vorrang vor innerstaatlichem Recht beansprucht und dessen Umsetzung vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes geprüft wird. Jedoch kann eine solche Vorlage nur dann zulässig und geboten sein, wenn es auf die Auslegung beziehungsweise Wirksamkeit des Unionsrechts ankommt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Die Wirksamkeit der Richtlinie 2006/24/EG und ein sich hieraus möglicherweise ergebender Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor deutschen Grundrechten sind nicht entscheidungserheblich. Der Inhalt der Richtlinie belässt der Bundesrepublik Deutschland für die Gestaltung der in ihr vorgeschriebenen Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten einen weiten Entscheidungsspielraum. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar dazu, Betreibern von öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsnetzen und Kommunikationsdiensten die Speicherung von praktisch allen Telekommunikationsverkehrsdaten für eine Dauer von mindestens sechs Monaten vorzuschreiben (Art. 1, 3, 5 und 6 Richtlinie 2006/24/EG). Ihre Regelungen sind dabei aber im Wesentlichen auf die Speicherungspflichten selbst beschränkt und regeln nicht den Zugang zu den Daten oder deren Verwendung durch die Behörden der Mitgliedstaaten. Insbesondere harmonisieren sie weder die Frage des Zugangs zu den Daten durch die zuständigen nationalen Strafverfolgungsbehörden noch die Frage der Verwendung und des Austausches dieser Daten zwischen diesen Behörden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Februar 2009 - Rs. C-301/06 -, Rn. 83). Ausgehend von den Mindestanforderungen der Richtlinie (Art. 7 und 13 Richtlinie 2006/24/EG) liegt es ebenfalls bei den Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Datensicherheit, Transparenz und Rechtsschutz zu ergreifen.
Mit diesem Inhalt kann die Richtlinie ohne Verstoß gegen die Grundrechte des Grundgesetzes umgesetzt werden. Das Grundgesetz verbietet eine solche Speicherung nicht unter allen Umständen. Vielmehr kann sie auch unabhängig von einem etwaigen Vorrang des Gemeinschaftsrechts nach den Maßgaben der Grundrechte des Grundgesetzes zulässig angeordnet werden (siehe unten IV). Eine Prüfung der angegriffenen Vorschriften insgesamt am Maßstab der deutschen Grundrechte gerät damit nicht in Konflikt mit der Richtlinie 2006/24/EG, so dass es auf deren Wirksamkeit und Vorrang nicht ankommt.
II.
Die angegriffenen Vorschriften greifen in Art. 10 Abs. 1 GG ein.
1. Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet das Telekommunikationsgeheimnis, welches die unkörperliche Übermittlung von Informationen an individuelle Empfänger mit Hilfe des Telekommunikationsverkehrs (vgl. BVerfGE 106, 28 <35 f.>; 120, 274 <306 f.>) vor einer Kenntnisnahme durch die öffentliche Gewalt schützt (vgl. BVerfGE 100, 313 <358>; 106, 28 <37>). Dieser Schutz erfasst dabei nicht nur die Inhalte der Kommunikation. Geschützt ist vielmehr auch die Vertraulichkeit der näheren Umstände des Kommunikationsvorgangs, zu denen insbesondere gehört, ob, wann und wie oft zwischen welchen Personen oder Telekommunikationseinrichtungen Telekommunikationsverkehr stattgefunden hat oder versucht worden ist (vgl. BVerfGE 67, 157 <172>; 85, 386 <396>; 100, 313 <358>; 107, 299 <312 f.>; 115, 166 <183>; 120, 274 <307>).
Der Schutz durch Art. 10 Abs. 1 GG gilt nicht nur dem ersten Zugriff, mit dem die öffentliche Gewalt von Telekommunikationsvorgängen und -inhalten Kenntnis nimmt. Seine Schutzwirkung erstreckt sich auch auf die Informations- und Datenverarbeitungsprozesse, die sich an die Kenntnisnahme von geschützten Kommunikationsvorgängen anschließen, und auf den Gebrauch, der von den erlangten Kenntnissen gemacht wird (vgl. BVerfGE 100, 313 <359>). Ein Grundrechtseingriff ist jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von Kommunikationsdaten sowie jede Auswertung ihres Inhalts oder sonstige Verwendung durch die öffentliche Gewalt (vgl. BVerfGE 85, 386 <398>; 100, 313 <366>; 110, 33 <52 f.>). In der Erfassung von Telekommunikationsdaten, ihrer Speicherung, ihrem Abgleich mit anderen Daten, ihrer Auswertung, ihrer Selektierung zur weiteren Verwendung oder ihrer Übermittlung an Dritte liegen damit je eigene Eingriffe in das Telekommunikationsgeheimnis (vgl. BVerfGE 100, 313 <366 f.>). Folglich liegt in der Anordnung gegenüber Kommunikationsunternehmen, Telekommunikationsdaten zu erheben, zu speichern und an staatliche Stellen zu übermitteln, jeweils ein Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 107, 299 <313>).
Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende Recht auf informationelle Selbstbestimmung kommt neben Art. 10 GG nicht zur Anwendung. Bezogen auf die Telekommunikation enthält Art. 10 GG eine spezielle Garantie, die die allgemeine Vorschrift verdrängt und aus der sich besondere Anforderungen für die Daten ergeben, die durch Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis erlangt werden. Insoweit lassen sich allerdings die Maßgaben, die das Bundesverfassungsgericht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG entwickelt hat, weitgehend auf die speziellere Garantie des Art. 10 GG übertragen (vgl. BVerfGE 100, 313 <358 f.>).
2. a) Die in § 113a Abs. 1 TKG den Diensteanbietern auferlegte Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten greift in das Telekommunikationsgeheimnis ein. Dies gilt zunächst für die Speicherungspflichten bezüglich der Telekommunikationsdienste gemäß § 113a Abs. 2 bis 5 TKG und in Verbindung hiermit gemäß § 113a Abs. 6 und 7 TKG. Die insoweit zu speichernden Angaben geben Auskunft darüber, ob, wann, wo und wie oft zwischen welchen Telekommunikationseinrichtungen Verbindungen aufgenommen oder aufzunehmen versucht wurden. Insbesondere gilt dies auch für die Speicherung der Daten zu Diensten der elektronischen Post gemäß § 113a Abs. 3 TKG, deren Vertraulichkeit gleichfalls durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützt wird (vgl. BVerfGE 113, 348 <383>; 120, 274 <307>). Dass sich E-Mails technisch leicht abfangen lassen, ändert an deren vertraulichem Charakter und ihrer Schutzwürdigkeit nichts. Einen Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG begründet dabei auch die Speicherung der den Internetzugang betreffenden Daten gemäß § 113a Abs. 4 TKG. Zwar ermöglicht der Internetzugang nicht nur die Aufnahme von Individualkommunikation, die dem Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses unterfällt, sondern auch die Teilnahme an Massenkommunikation. Da eine Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation ohne eine der Schutzfunktion des Grundrechts zuwiderlaufende Anknüpfung an den Inhalt der jeweils übermittelten Information nicht möglich ist, ist bereits in der Speicherung der den Internetzugang als solchen betreffenden Daten ein Eingriff zu sehen, auch wenn sie Angaben über die aufgerufenen Internetseiten nicht enthalten (vgl. Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 5. Aufl. 2005, Art. 10 Rn. 44; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 10 Rn. 39).
Die Eingriffsqualität des § 113a TKG wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die in dieser Vorschrift vorgeschriebene Speicherung nicht durch den Staat selbst, sondern durch private Diensteanbieter erfolgt. Denn diese werden allein als Hilfspersonen für die Aufgabenerfüllung durch staatliche Behörden in Anspruch genommen. § 113a TKG verpflichtet die privaten Telekommunikationsunternehmen zur Datenspeicherung allein für die Aufgabenerfüllung durch staatliche Behörden zu Zwecken der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben gemäß § 113b TKG. Dabei ordnet der Staat die mit der Speicherung verbundene Grundrechtsbeeinträchtigung unmittelbar an, ohne dass den speicherungspflichtigen Unternehmen insoweit ein Handlungsspielraum verbleibt; die Daten sind so zu speichern, dass Auskunftsersuchen der berechtigten öffentlichen Stellen nach § 113a Abs. 9 TKG unverzüglich erfüllt werden können. Unter diesen Voraussetzungen ist die Speicherung der Daten rechtlich dem Gesetzgeber als unmittelbarer Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG zuzurechnen (vgl. BVerfGE 107, 299 <313 f.>).
b) Grundrechtseingriffe in Art. 10 Abs. 1 GG liegen auch in den Regelungen zur Datenübermittlung in § 113b Satz 1 Halbsatz 1 TKG. Zwar eröffnet diese Vorschrift für sich genommen noch keine Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten, sondern verweist auf weitere gesetzlich eigens zu schaffende Abrufnormen. Jedoch liegt in ihr die grundlegende Bestimmung, für welche Zwecke die Daten verwendet werden dürfen. Sie befreit diesbezüglich die Telekommunikationsunternehmen von ihrer im Übrigen geltenden Geheimhaltungspflicht. Dass die Datenverwendung letztlich endgültig erst im gestuften Ineinandergreifen von Vorschriften auf verschiedenen Normebenen ihre Gesamtregelung findet, ändert nichts daran, dass die Definition der Verwendungszwecke und die Erlaubnis zur Datenübermittlung Teil der Verwendungsregelung sind und insoweit Eingriffscharakter haben. Auch hier ist es unerheblich, dass § 113b TKG eine Übermittlung der Daten seitens privater Diensteanbieter betrifft. Die vorgesehene Übermittlung beruht auf einer gesetzlichen Regelung und damit unmittelbar auf einem Akt der nach Art. 1 Abs. 3 GG grundrechtsgebundenen öffentlichen Gewalt, setzt eine hoheitliche Anordnung im Einzelfall voraus und erfolgt an Behörden. Sie ist damit rechtlich als Eingriff des Staates anzusehen.
c) Einen Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG begründet auch § 113b Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 TKG. Danach können Behörden von den Diensteanbietern Auskünfte über Bestands- und Kundendaten gemäß §§ 95, 111 TKG verlangen, die die Diensteanbieter nur unter Nutzung der nach § 113a Abs. 4 TKG gespeicherten Daten ermitteln können. Unabhängig von der Frage, ob und wieweit in Auskünften gemäß § 113 TKG allgemein ein Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG liegt beziehungsweise ob insoweit grundsätzlich allein das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG einschlägig ist, ist jedenfalls für Auskünfte gemäß § 113b Satz 1 Halbsatz 2, § 113 Abs. 1 TKG ein Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG zu bejahen. Denn es wird hier die Nutzung der gemäß § 113a TKG gespeicherten und damit durch einen Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG gewonnenen Daten geregelt. Jede Folgeverwendung von Daten, die einmal in Form eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG erhoben worden sind, bleibt stets an diesem Grundrecht zu messen (vgl. BVerfGE 100, 313 <359>; 110, 33 <68 f.>; 113, 348 <365>). Auch hier kann es nicht darauf ankommen, dass diese gesetzlich vorgeschriebene Nutzung nicht durch die öffentliche Hand selbst, sondern - in Erfüllung des Auskunftsverlangens - durch private Anbieter erfolgt.
d) Einen Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG begründet schließlich auch § 100g StPO. Er ermöglicht den Strafverfolgungsbehörden, sich die nach § 113a TKG gespeicherten Daten von den zur Speicherung Verpflichteten übermitteln zu lassen und zu nutzen. § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO selbst sowie das Gebrauchmachen von dieser Ermächtigung greifen als Akte der öffentlichen Gewalt daher gleichfalls in den Schutzbereich von Art. 10 Abs. 1 GG ein.
III.
In formeller Hinsicht begegnen die angegriffenen Vorschriften keinen Bedenken. Sie genügen dem Gesetzesvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG und sind durch eine Kompetenz des Bundes gedeckt.
1. Beschränkungen des Telekommunikationsgeheimnisses dürfen gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG nur aufgrund eines Gesetzes angeordnet werden. Keinen Zweifeln unterliegen insoweit zunächst § 113b TKG und § 100g StPO, die - gegebenenfalls im Zusammenwirken mit weiteren Vorschriften - eine gesetzliche Grundlage für den Erlass einzelfallbezogener Anordnungen darstellen, aufgrund deren der Zugriff auf die Daten erfolgt. Verfassungsrechtlich unbedenklich ist insoweit auch § 113a TKG, der für die Speicherung der Daten nicht auf einzelfallbezogene Anordnungen verweist, sondern diese unmittelbar selbst vorschreibt. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG steht Beschränkungen des Telekommunikationsgeheimnisses auch unmittelbar durch Gesetz nicht entgegen (vgl. BVerfGE 85, 386 <396 ff.>).
2. Dem Bund fehlt es nicht an einer Gesetzgebungskompetenz. Die §§ 113a, 113b TKG finden ihre Kompetenzgrundlage in Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG, § 100g StPO findet sie in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, Art. 72 Abs. 1 GG.
Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG berechtigt unmittelbar allerdings nur zur Regelung der technischen Seite der Errichtung einer Telekommunikationsinfrastruktur und der Informationsübermittlung mit Hilfe von Telekommunikationsanlagen. Von der Norm nicht umfasst sind Regelungen, die auf die übermittelten Inhalte oder die Art der Nutzung der Telekommunikation gerichtet sind (vgl. BVerfGE 113, 348 <368>; 114, 371 <385>) und etwa eine Telekommunikationsüberwachung zum Zwecke der Erlangung von Informationen für Aufgaben der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr vorsehen. Solche Regelungen sind im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz jeweils dem Rechtsbereich zuzuordnen, für dessen Zwecke die Überwachung erfolgt (vgl. BVerfGE 113, 348 <368>).
Die §§ 113a und 113b TKG sind von der Kompetenz zur Regelung des Telekommunikationsrechts jedoch als Bestandteil der hiermit zu verbindenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen kraft Sachzusammenhangs miterfasst. Mangels ausdrücklicher Kompetenzzuweisung fällt das Recht des Datenschutzes zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit der Länder. Eine bundesgesetzliche Zuständigkeit für dessen Regelung besteht kraft Sachzusammenhangs jedoch insoweit, als der Bund eine ihm zur Gesetzgebung zugewiesene Materie verständigerweise nicht regeln kann, ohne dass die datenschutzrechtlichen Bestimmungen mitgeregelt werden (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>; 98, 265 <299>; 106, 62 <115>; 110, 33 <48>; stRspr; zum Datenschutzrecht vgl. Simitis, in: Simitis, BDSG, 6. Aufl. 2006, § 1 Rn. 4). Dies ist für die §§ 113a, 113b TKG der Fall. Diese stehen im Zusammenhang mit den Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes zum Datenschutz und normieren in Anknüpfung an die Regelung der technischen Bedingungen der Informationsübermittlung die jeweils zu beachtenden Anforderungen an den Umgang mit den bei der Erbringung von Telekommunikationsdiensten erzeugten oder verarbeiteten Daten. Sie knüpfen damit unmittelbar an Sachverhalte an, die in den Bereich der Gesetzgebungsmaterie der Telekommunikation fallen. Wegen dieses engen Zusammenhangs zwischen technischem Übermittlungsvorgang und den dabei anfallenden Daten kann die erforderliche datenschutzrechtliche Regelung ihrer Verwendung nur einheitlich durch den Bundesgesetzgeber erfolgen, der über die Kompetenz zur Regelung des Übermittlungsvorgangs verfügt. Andernfalls bestünde die Gefahr eines Inkongruenzen verursachenden Auseinanderfallens der technischen und datenschutzrechtlichen Regelungen der Datenverarbeitung. Dementsprechend enthält das Telekommunikationsgesetz neben den Regelungen der §§ 113a und 113b TKG und über das Fernmeldegeheimnis in den §§ 88 ff. TKG auch in den §§ 91 bis 107 TKG umfangreiche bereichsspezifische Regelungen zum Datenschutz, deren kompetenzielle Rechtmäßigkeit bisher - soweit ersichtlich - nicht ernsthaft in Zweifel gezogen wurde.
Der Reichweite nach kann der Bund auf dieser Kompetenzgrundlage diejenigen Regelungen treffen, die zu einer grundrechtskonformen Regelung der Datenverwendung erforderlich sind. Insbesondere kann er die Bestimmungen vorsehen, die notwendig sind, damit die in § 113a TKG vorgesehene Datenspeicherung und die Übermittlung der Daten an Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrbehörden sowie Nachrichtendienste und ihre Verwendung zur Erteilung von Auskünften nach § 113 TKG den grundrechtlichen Anforderungen von Art. 10 Abs. 1 GG genügen. Da Eingriffe in Art. 10 Abs. 1 GG voraussetzen, dass ihr Zweck bereichsspezifisch, präzise und normenklar bestimmt ist (vgl. BVerfGE 100, 313 <359 f.>; 110, 33 <53>; 115, 320 <365>; 118, 168 <187 f.>), beinhaltet dies die Kompetenz zur bereichsspezifischen, präzisen und normenklaren Regelung des Zwecks der Speicherung. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes reicht diesbezüglich freilich nur so weit, wie dies nach datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten und den hiermit verbundenen verfassungsrechtlichen Anforderungen geboten ist. Die Ermächtigungen zum Datenabruf selbst kann der Bund deshalb nicht auf Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG stützen. Er bedarf dafür eines eigenen Kompetenztitels oder muss die Entscheidung hierüber den Ländern überlassen.
§§ 113a, 113b TKG tragen dem vom Grundsatz her Rechnung. Sie beschränken sich allein darauf, durch Speicherungspflichten und Übermittlungsregelungen die Voraussetzungen für einen staatlichen Zugriff auf die Daten zu schaffen. Deren Ausfüllung bleibt demgegenüber eigenen Regelungen zum Datenabruf überlassen. Unbeschadet der materiellrechtlichen Frage, ob der Bund die Verwendungszwecke hierbei sachlich hinreichend begrenzt hat (siehe unten C V 5 und VI 3 b), sind hiergegen kompetenzrechtlich keine Einwände zu erheben.
IV.
Materiell verfassungsgemäß sind die Eingriffe in das Telekommunikationsgeheimnis, wenn sie legitimen Gemeinwohlzwecken dienen und im Übrigen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. BVerfGE 100, 313 <359>), das heißt zur Erreichung der Zwecke geeignet, erforderlich und angemessen sind (vgl. BVerfGE 109, 279 <335 ff.>; 115, 320 <345>; 118, 168 <193>; 120, 274 <318 f.>; stRspr).
Eine sechsmonatige anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten für qualifizierte Verwendungen im Rahmen der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Aufgaben der Nachrichtendienste, wie sie die §§ 113a, 113b TKG anordnen, ist danach mit Art. 10 GG nicht schlechthin unvereinbar. Der Gesetzgeber kann mit einer solchen Regelung legitime Zwecke verfolgen, für deren Erreichung eine solche Speicherung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geeignet und erforderlich ist. Einer solchen Speicherung fehlt es auch in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne nicht von vornherein an einer Rechtfertigungsfähigkeit. Bei einer Ausgestaltung, die dem besonderen Gewicht des hierin liegenden Eingriffs hinreichend Rechnung trägt, unterfällt eine anlasslose Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten nicht schon als solche dem strikten Verbot einer Speicherung von Daten auf Vorrat im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 65, 1 <46 f.>; 115, 320 <350>; 118, 168 <187>).
1. Die Effektivierung der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste sind legitime Zwecke, die einen Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis grundsätzlich rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 100, 313 <373, 383 f.>; 107, 299 <316>; 109, 279 <336>; 115, 320 <345>). Dabei liegt eine illegitime, das Freiheitsprinzip des Art. 10 Abs. 1 GG selbst aufhebende Zielsetzung nicht schon darin, dass die Telekommunikationsverkehrsdaten anlasslos vorsorglich gesichert werden sollen. Art. 10 Abs. 1 GG verbietet nicht jede vorsorgliche Erhebung und Speicherung von Daten überhaupt, sondern schützt vor einer unverhältnismäßigen Gestaltung solcher Datensammlungen und hierbei insbesondere vor entgrenzenden Zwecksetzungen. Strikt verboten ist lediglich die Speicherung von personenbezogenen Daten auf Vorrat zu unbestimmten und noch nicht bestimmbaren Zwecken (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>; 100, 313 <360>). Eine vorsorglich anlasslose Datenspeicherung ist allerdings nur ausnahmsweise zulässig. Sie unterliegt sowohl hinsichtlich ihrer Begründung als auch hinsichtlich ihrer Ausgestaltung, insbesondere auch in Bezug auf die vorgesehenen Verwendungszwecke, besonders strengen Anforderungen.
2. Eine vorsorglich anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten zur späteren anlassbezogenen Übermittlung an die für die Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr zuständigen Behörden beziehungsweise an die Nachrichtendienste darf der Gesetzgeber zur Erreichung seiner Ziele als geeignet ansehen. Es werden hierdurch Aufklärungsmöglichkeiten geschaffen, die sonst nicht bestünden und angesichts der zunehmenden Bedeutung der Telekommunikation auch für die Vorbereitung und Begehung von Straftaten in vielen Fällen erfolgversprechend sind. Unerheblich ist, ob die vom Gesetzgeber geschaffenen Regelungen in der Lage sind, lückenlos alle Telekommunikationsverbindungen zu rekonstruieren. Auch wenn eine solche Datenspeicherung nicht sicherstellen kann, dass alle Telekommunikationsverbindungen verlässlich bestimmten Anschlussnehmern zugeordnet werden können, und etwa Kriminelle die Speicherung durch die Nutzung von Hotspots, Internetcafés, ausländischen Internettelefondiensten oder unter falschen Namen angemeldeten Prepaid-Handys unterlaufen können, kann dies der Geeignetheit einer solchen Regelung nicht entgegenhalten werden. Diese erfordert nicht, dass das Regelungsziel in jedem Einzelfall tatsächlich erreicht wird, sondern verlangt lediglich, dass die Zweckerreichung gefördert wird (vgl. BVerfGE 63, 88 <115>; 67, 157 <175>; 96, 10 <23>; 103, 293 <307>).
3. Der Gesetzgeber darf eine sechsmonatige Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten auch als erforderlich beurteilen. Weniger einschneidende Mittel, die ebenso weitreichende Aufklärungsmaßnahmen ermöglichen, sind nicht ersichtlich. Eine vergleichbar effektive Aufklärungsmöglichkeit liegt insbesondere nicht im sogenannten Quick-Freezing-Verfahren, bei dem an die Stelle der anlasslos-generellen Speicherung der Telekommunikationsdaten eine Speicherung nur im Einzelfall und erst zu dem Zeitpunkt angeordnet wird, zu dem dazu etwa wegen eines bestimmten Tatverdachts konkreter Anlass besteht. Ein solches Verfahren, das Daten aus der Zeit vor der Anordnung ihrer Speicherung nur erfassen kann, soweit sie noch vorhanden sind, ist nicht ebenso wirksam wie eine kontinuierliche Speicherung, die das Vorhandensein eines vollständigen Datenbestandes für die letzten sechs Monate gewährleistet.
4. Eine sechsmonatige Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten in einem wie in § 113a TKG vorgesehenen Umfang ist auch nicht von vornherein unverhältnismäßig im engeren Sinne.
a) Allerdings handelt es sich bei einer solchen Speicherung um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt: Erfasst werden über den gesamten Zeitraum von sechs Monaten praktisch sämtliche Telekommunikationsverkehrsdaten aller Bürger ohne Anknüpfung an ein zurechenbar vorwerfbares Verhalten, eine - auch nur abstrakte - Gefährlichkeit oder sonst eine qualifizierte Situation. Die Speicherung bezieht sich dabei auf Alltagshandeln, das im täglichen Miteinander elementar und für die Teilnahme am sozialen Leben in der modernen Welt nicht mehr verzichtbar ist. Grundsätzlich ist keine Form der Telekommunikation prinzipiell von der Speicherung ausgenommen. Zwar lässt die Regelung im Ergebnis vereinzelt Lücken, die verhindern, dass ausnahmslos jede Telekommunikationsverbindung individualisierend rekonstruiert werden kann, wie unter Umständen bei Nutzung von Hotspots, unübersichtlichen privaten Netzwerken oder Diensteanbietern im nichteuropäischen Ausland. Eine reguläre Ausweichmöglichkeit für den Bürger eröffnet dies jedoch nicht. Der Gesetzgeber versucht vielmehr, grundsätzlich alle Telekommunikationsverbindungen so zu erfassen, dass die Nutzer möglichst flächendeckend ermittelt werden können.
Die Aussagekraft dieser Daten ist weitreichend. Je nach Nutzung von Telekommunikationsdiensten seitens der Betroffenen lassen sich schon aus den Daten selbst - und erst recht, wenn diese als Anknüpfungspunkte für weitere Ermittlungen dienen - tiefe Einblicke in das soziale Umfeld und die individuellen Aktivitäten eines jeden Bürgers gewinnen. Zwar werden mit einer Telekommunikationsverkehrsdatenspeicherung, wie in § 113a TKG vorgesehen, nur die Verbindungsdaten (Zeitpunkt, Dauer, beteiligte Anschlüsse sowie - bei der Mobiltelefonie - der Standort) festgehalten, nicht aber auch der Inhalt der Kommunikation. Auch aus diesen Daten lassen sich jedoch bei umfassender und automatisierter Auswertung bis in die Intimsphäre hineinreichende inhaltliche Rückschlüsse ziehen. Adressaten (deren Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen, Institutionen oder Interessenverbänden oder die von ihnen angebotenen Leistungen), Daten, Uhrzeit und Ort von Telefongesprächen erlauben, wenn sie über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, in ihrer Kombination detaillierte Aussagen zu gesellschaftlichen oder politischen Zugehörigkeiten sowie persönlichen Vorlieben, Neigungen und Schwächen derjenigen, deren Verbindungsdaten ausgewertet werden. Einen Vertraulichkeitsschutz gibt es insoweit nicht. Je nach Nutzung der Telekommunikation und künftig in zunehmender Dichte kann eine solche Speicherung die Erstellung aussagekräftiger Persönlichkeits- und Bewegungsprofile praktisch jeden Bürgers ermöglichen. Bezogen auf Gruppen und Verbände erlauben die Daten überdies unter Umständen die Aufdeckung von internen Einflussstrukturen und Entscheidungsabläufen.
Eine Speicherung, die solche Verwendungen grundsätzlich ermöglicht und in bestimmten Fällen ermöglichen soll, begründet einen schwerwiegenden Eingriff. Von Gewicht ist hierbei auch, dass unabhängig von einer wie auch immer geregelten Ausgestaltung der Datenverwendung das Risiko von Bürgern erheblich steigt, weiteren Ermittlungen ausgesetzt zu werden, ohne selbst Anlass dazu gegeben zu haben. Es reicht etwa aus, zu einem ungünstigen Zeitpunkt in einer bestimmten Funkzelle gewesen oder von einer bestimmten Person kontaktiert worden zu sein, um in weitem Umfang Ermittlungen ausgesetzt zu werden und unter Erklärungsdruck zu geraten. Auch die Missbrauchsmöglichkeiten, die mit einer solchen Datensammlung verbunden sind, verschärfen deren belastende Wirkung. Das gilt insbesondere wegen der Vielzahl verschiedener privater Anbieter, bei denen die Telekommunikationsdaten gespeichert werden. Schon angesichts der Anzahl der Speicherungsverpflichteten ist die Zahl derjenigen groß, die Zugriff auf solche Daten haben und haben müssen. Da die Speicherungspflicht kleinere Diensteanbieter mitbetrifft, stößt die Sicherung vor Missbrauch ungeachtet aller möglichen und erforderlichen Anstrengungen des Gesetzgebers auch in Blick auf deren Leistungsfähigkeit auf strukturelle Grenzen. Verstärkt wird dies dadurch, dass die Anforderungen an die Datenverwaltung und die Übermittlung der Daten an die Behörden ein hohes Maß an Technikbeherrschung sowie anspruchsvolle Software voraussetzen, womit sich zwangsläufig die Gefahr von Schwachstellen und das Risiko von Manipulationen durch interessierte Dritte verbinden. Besonderes Gewicht bekommt die Speicherung der Telekommunikationsdaten weiterhin dadurch, dass sie selbst und die vorgesehene Verwendung der gespeicherten Daten von den Betroffenen unmittelbar nicht bemerkt werden, zugleich aber Verbindungen erfassen, die unter Vertraulichkeitserwartungen aufgenommen werden. Hierdurch ist die anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten geeignet, ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann.
b) Trotz der außerordentlichen Streubreite und des mit ihr verbundenen Eingriffsgewichts ist dem Gesetzgeber die Einführung einer sechsmonatigen Speicherungspflicht, wie in § 113a TKG vorgesehen, verfassungsrechtlich nicht schlechthin verboten. Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass dem Staat eine Sammlung von personenbezogenen Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken verfassungsrechtlich strikt untersagt ist (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>; 100, 313 <360>; 115, 320 <350>; 118, 168 <187>). Um eine solche von vornherein verbotene Form der Datensammlung handelt es sich bei einer vorsorglich anlasslosen Speicherung der Telekommunikationsverbindungsdaten nicht in jedem Fall. Erfolgt sie zu bestimmten Zwecken, kann eine solche Speicherung eingebunden in eine dem Eingriff adäquate gesetzliche Ausgestaltung (siehe unten V) vielmehr auch den Verhältnismäßigkeitsanforderungen im engeren Sinne genügen.
aa) Maßgeblich ist hierfür zunächst, dass die vorgesehene Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten nicht direkt durch den Staat, sondern durch eine Verpflichtung der privaten Diensteanbieter verwirklicht wird. Die Daten werden damit bei der Speicherung selbst noch nicht zusammengeführt, sondern bleiben verteilt auf viele Einzelunternehmen und stehen dem Staat unmittelbar als Gesamtheit nicht zur Verfügung. Dieser hat insbesondere, was durch entsprechende Regelungen und technische Vorkehrungen sicherzustellen ist, keinen direkten Zugriff auf die Daten. Der Abruf der Daten seitens staatlicher Stellen erfolgt erst in einem zweiten Schritt und nunmehr anlassbezogen nach rechtlich näher festgelegten Kriterien. Die Ausgestaltung der zum Abruf und zur weiteren Verwendung der gespeicherten Daten ermächtigenden Bestimmungen kann dabei sicherstellen, dass die Speicherung nicht zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken erfolgt. So kann und muss bei Anordnung einer solchen Speicherungspflicht gewährleistet werden, dass eine tatsächliche Kenntnisnahme und Verwendung der Daten in normenklarer Form in einer Weise begrenzt bleibt, die dem Gewicht der weitreichenden Datenerfassung Rechnung trägt und den Abruf sowie die tatsächliche Verwendung der Daten auf den unbedingt erforderlichen Teil der Datensammlung beschränkt. Die Trennung von Speicherung und Abruf fördert strukturell zugleich die - durch gesetzliche Ausgestaltung näher zu gewährleistende - Transparenz und Kontrolle der Datenverwendung.
bb) Eine sechsmonatige Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten hebt auch nicht bereits aus sich heraus das Prinzip des Art. 10 Abs. 1 GG als solches auf; sie verletzt weder dessen Menschenwürdekern (Art. 1 Abs. 1 GG) noch dessen Wesensgehalt (Art. 19 Abs. 2 GG). Sie bleibt trotz ihrer außerordentlichen Weite noch wirksam begrenzt. So wird der Inhalt der Telekommunikation von der auf die Verkehrsdaten beschränkten Speicherung ausgespart. Auch bleibt die Speicherungsdauer zeitlich begrenzt. Zwar ist eine Speicherungsdauer von sechs Monaten angesichts des Umfangs und der Aussagekraft der gespeicherten Daten sehr lang und liegt an der Obergrenze dessen, was unter Verhältnismäßigkeitserwägungen rechtfertigungsfähig ist. Nach ihrem Ablauf kann sich der Bürger jedoch darauf verlassen, dass seine Daten - sofern sie nicht aus gewichtigem Anlass ausnahmsweise abgerufen wurden - gelöscht werden und für niemanden mehr rekonstruierbar sind.
cc) Eine Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten für sechs Monate stellt sich auch nicht als eine Maßnahme dar, die auf eine Totalerfassung der Kommunikation oder Aktivitäten der Bürger insgesamt angelegt wäre. Sie knüpft vielmehr in noch begrenzt bleibender Weise an die besondere Bedeutung der Telekommunikation in der modernen Welt an und reagiert auf das spezifische Gefahrenpotential, das sich mit dieser verbindet. Die neuen Telekommunikationsmittel überwinden Zeit und Raum in einer mit anderen Kommunikationsformen unvergleichbaren Weise und grundsätzlich unter Ausschluss öffentlicher Wahrnehmung. Sie erleichtern damit zugleich die verdeckte Kommunikation und Aktion von Straftätern und ermöglichen es auch verstreuten Gruppen von wenigen Personen, sich zusammenzufinden und effektiv zusammenzuarbeiten. Durch die praktisch widerstandsfreie Kommunikation wird eine Bündelung von Wissen, Handlungsbereitschaft und krimineller Energie möglich, die die Gefahrenabwehr und Strafverfolgung vor neuartige Aufgaben stellt. Manche Straftaten erfolgen unmittelbar mit Hilfe der neuen Technik. Eingebunden in ein Konglomerat von nurmehr technisch miteinander kommunizierenden Rechnern und Rechnernetzen entziehen sich solche Aktivitäten weithin der Beobachtung. Zugleich können sie - etwa durch Angriffe auf die Telekommunikation Dritter - auch neuartige Gefahren begründen. Eine Rekonstruktion gerade der Telekommunikationsverbindungen ist daher für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung.
Hinzu kommt, dass es hinsichtlich der Telekommunikationsdaten mangels öffentlicher Wahrnehmbarkeit auch kein gesellschaftliches Gedächtnis gibt, das es wie in anderen Bereichen erlaubte, zurückliegende Vorgänge auf der Grundlage zufälliger Erinnerung zu rekonstruieren: Telekommunikationsdaten werden entweder gelöscht und sind dann ganz verloren oder werden gespeichert und sind damit voll verfügbar. Daher darf der Gesetzgeber bei der Entscheidung, wie weit solche Daten zu löschen oder zu speichern sind, einen Interessenausgleich vornehmen und die Belange staatlicher Aufgabenwahrnehmung berücksichtigen. Hierbei kann er auch in seine Erwägungen einbeziehen, dass die Verbreitung bestimmter Vertragsgestaltungen der Telekommunikationsdiensteanbieter (wie die Zunahme von Flatrates) bei Geltung einer strikten Löschungspflicht für Telekommunikationsverkehrsdaten, die für die Vertragsabwicklung nicht benötigt werden, die Verfügbarkeit solcher Daten reduziert. Auch insoweit kann sich die vorsorgliche Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten auf Gesichtspunkte stützen, die in Besonderheiten der modernen Telekommunikation einen spezifischen Grund haben.
Umgekehrt darf die Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten nicht als Schritt hin zu einer Gesetzgebung verstanden werden, die auf eine möglichst flächendeckende vorsorgliche Speicherung aller für die Strafverfolgung oder Gefahrenprävention nützlichen Daten zielte. Eine solche Gesetzgebung wäre, unabhängig von der Gestaltung der Verwendungsregelungen, von vornherein mit der Verfassung unvereinbar. Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer vorsorglich anlasslosen Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten setzt vielmehr voraus, dass diese eine Ausnahme bleibt. Sie darf auch nicht im Zusammenspiel mit anderen vorhandenen Dateien zur Rekonstruierbarkeit praktisch aller Aktivitäten der Bürger führen. Maßgeblich für die Rechtfertigungsfähigkeit einer solchen Speicherung ist deshalb insbesondere, dass sie nicht direkt durch staatliche Stellen erfolgt, dass sie nicht auch die Kommunikationsinhalte erfasst und dass auch die Speicherung der von ihren Kunden aufgerufenen Internetseiten durch kommerzielle Diensteanbieter grundsätzlich untersagt ist. Die Einführung der Telekommunikationsverkehrsdatenspeicherung kann damit nicht als Vorbild für die Schaffung weiterer vorsorglich anlassloser Datensammlungen dienen, sondern zwingt den Gesetzgeber bei der Erwägung neuer Speicherungspflichten oder -berechtigungen in Blick auf die Gesamtheit der verschiedenen schon vorhandenen Datensammlungen zu größerer Zurückhaltung. Dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf, gehört zur verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland (vgl. zum grundgesetzlichen Identitätsvorbehalt BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. -, juris, Rn. 240), für deren Wahrung sich die Bundesrepublik in europäischen und internationalen Zusammenhängen einsetzen muss. Durch eine vorsorgliche Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten wird der Spielraum für weitere anlasslose Datensammlungen auch über den Weg der Europäischen Union erheblich geringer.
dd) Zusammenfassend ist eine sechsmonatige Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten in dem vom Gesetzgeber in § 113a Abs. 1 bis 8 TKG vorgesehenen Umfang unter den gegenwärtigen Umständen nicht von vornherein unverhältnismäßig. Für ihre verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit ist allerdings Voraussetzung, dass die Ausgestaltung der Speicherung und der Verwendung der Daten dem besonderen Gewicht einer solchen Speicherung angemessen Rechnung trägt.
V.
Die Ausgestaltung einer vorsorglichen Telekommunikationsverkehrsdatenspeicherung, wie sie in § 113a TKG vorgesehen ist, unterliegt besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Datensicherheit, des Umfangs der Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes. Nur wenn diesbezüglich hinreichend anspruchsvolle und normenklare Regelungen getroffen sind, ist der in einer solchen Speicherung liegende Eingriff verhältnismäßig im engeren Sinne.
1. Eine Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten im Umfang des § 113a TKG bedarf der gesetzlichen Gewährleistung eines besonders hohen Standards der Datensicherheit.
Angesichts des Umfangs und der potentiellen Aussagekraft der mit einer solchen Speicherung geschaffenen Datenbestände ist die Datensicherheit für die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Vorschriften von großer Bedeutung. Dieses gilt besonders, weil die Daten bei privaten Diensteanbietern gespeichert werden, die unter den Bedingungen von Wirtschaftlichkeit und Kostendruck handeln und dabei nur begrenzte Anreize zur Gewährleistung von Datensicherheit haben. Sie handeln grundsätzlich privatnützig und sind nicht durch spezifische Amtspflichten gebunden. Zugleich ist die Gefahr eines illegalen Zugriffs auf die Daten groß, denn angesichts ihrer vielseitigen Aussagekraft können diese für verschiedenste Akteure attraktiv sein. Geboten ist daher ein besonders hoher Sicherheitsstandard, der über das allgemein verfassungsrechtlich gebotene Maß für die Aufbewahrung von Daten der Telekommunikation hinausgeht. Solche Anforderungen der Datensicherheit gelten dabei sowohl für die Aufbewahrung der Daten als auch für deren Übermittlung; ebenso bedarf es effektiver Sicherungen zur Gewährleistung der Löschung der Daten.
In den Äußerungen in der mündlichen Verhandlung sowie in den schriftlichen Stellungnahmen zu diesem Verfahren wurde von sachverständiger Seite ein weites Spektrum von Instrumenten zur Erhöhung der Datensicherheit aufgezeigt. Genannt wurden etwa eine getrennte Speicherung der nach § 113a TKG zu speichernden Daten auf auch physisch getrennten und vom Internet entkoppelten Rechnern, eine asymmetrische kryptografische Verschlüsselung unter getrennter Verwahrung der Schlüssel, die Vorgabe des Vier-Augen-Prinzips für den Zugriff auf die Daten verbunden mit fortschrittlichen Verfahren zur Authentifizierung für den Zugang zu den Schlüsseln, die revisionssichere Protokollierung des Zugriffs auf die Daten und deren Löschung sowie der Einsatz von automatisierten Fehlerkorrektur- und Plausibilitätsverfahren. Ergänzend zu solch technisch orientierten Instrumenten ist auch die Schaffung von Informationspflichten bei Datenschutzverletzungen, die Einführung einer verschuldensunabhängigen Haftung oder eine Stärkung der Ausgleichsansprüche für immaterielle Schäden genannt worden, um so Anreiz für die Implementierung eines wirksamen Datenschutzes zu schaffen.
Die Verfassung gibt nicht detailgenau vor, welche Sicherheitsmaßgaben im Einzelnen geboten sind. Im Ergebnis muss jedoch ein Standard gewährleistet werden, der unter spezifischer Berücksichtigung der Besonderheiten der durch eine vorsorgliche Telekommunikationsverkehrsdatenspeicherung geschaffenen Datenbestände ein besonders hohes Maß an Sicherheit gewährleistet. Dabei ist sicherzustellen, dass sich dieser Standard - etwa unter Rückgriff auf einfachgesetzliche Rechtsfiguren wie den Stand der Technik (vgl. Heibey, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, S. 575, Rn. 19, S. 598, Rn. 145; Tinnefeld/Ehrmann/Gerling, Einführung in das Datenschutzrecht, 4. Aufl. 2005, S. 628) - an dem Entwicklungsstand der Fachdiskussion orientiert und neue Erkenntnisse und Einsichten fortlaufend aufnimmt. Entsprechend ist vorzusehen, dass die speicherpflichtigen Unternehmen - zum Beispiel auf der Grundlage von in regelmäßigen Abständen zu erneuernden Sicherheitskonzepten - ihre Maßnahmen hieran nachprüfbar anpassen müssen. Das Gefährdungspotential, das sich aus den in Frage stehenden Datenbeständen ergibt, erlaubt es nicht, die beschriebenen Sicherheitsanforderungen einer freien Abwägung mit allgemeinen wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu unterwerfen. Wenn der Gesetzgeber eine flächendeckende Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten ausnahmslos vorschreibt, gehört es zu den erforderlichen Voraussetzungen, dass die betroffenen Anbieter nicht nur ihre Pflicht zur Speicherung, sondern auch die korrespondierenden Anforderungen zur Datensicherheit erfüllen können. Anknüpfend an die sachverständigen Stellungnahmen liegt es nahe, dass nach dem gegenwärtigen Stand der Diskussion grundsätzlich eine getrennte Speicherung der Daten, eine anspruchsvolle Verschlüsselung, ein gesichertes Zugriffsregime unter Nutzung etwa des Vier-Augen-Prinzips sowie eine revisionssichere Protokollierung sichergestellt sein müssen, um die Sicherheit der Daten verfassungsrechtlich hinreichend zu gewährleisten.
Erforderlich sind gesetzliche Regelungen, die einen solchen besonders hohen Sicherheitsstandard in qualifizierter Weise jedenfalls dem Grunde nach normenklar und verbindlich vorgeben. Dabei steht es dem Gesetzgeber frei, die technische Konkretisierung des vorgegebenen Maßstabs einer Aufsichtsbehörde anzuvertrauen. Der Gesetzgeber hat dabei jedoch sicherzustellen, dass die Entscheidung über Art und Maß der zu treffenden Schutzvorkehrungen nicht letztlich unkontrolliert in den Händen der jeweiligen Telekommunikationsanbieter liegt. Die zu stellenden Anforderungen sind entweder durch differenzierte technische Vorschriften - möglicherweise gestuft auf verschiedenen Normebenen - oder in allgemeingenereller Weise vorzugeben und dann in transparenter Weise durch verbindliche Einzelentscheidung der Aufsichtsbehörden gegenüber den einzelnen Unternehmen zu konkretisieren. Verfassungsrechtlich geboten sind weiterhin eine für die Öffentlichkeit transparente Kontrolle unter Einbeziehung des unabhängigen Datenschutzbeauftragten (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>) sowie ein ausgeglichenes Sanktionensystem, das auch Verstößen gegen die Datensicherheit ein angemessenes Gewicht beimisst.
2. Eine Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten, wie in § 113a TKG vorgesehen, setzt weiterhin gesetzliche Regelungen zur Verwendung dieser Daten voraus. Die verhältnismäßige Ausgestaltung dieser Verwendungsregeln entscheidet damit nicht nur über die Verfassungsmäßigkeit dieser einen eigenen Eingriff begründenden Bestimmungen selbst, sondern wirkt auf die Verfassungsmäßigkeit schon der Speicherung als solcher zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen die Voraussetzungen für die Datenverwendung und deren Umfang in den betreffenden Rechtsgrundlagen umso enger begrenzt werden, je schwerer der in der Speicherung liegende Eingriff wiegt. Anlass, Zweck und Umfang des jeweiligen Eingriffs sowie die entsprechenden Eingriffsschwellen sind dabei durch den Gesetzgeber bereichsspezifisch, präzise und normenklar zu regeln (vgl. BVerfGE 100, 313 <359 f.>; 110, 33 <53>; 113, 29 <51>; 113, 348 <375>; 115, 166 <191>; 115, 320 <365>; 118, 168 <186 f.>).
Die Verwendung der durch eine anlasslos systematische Speicherung praktisch aller Telekommunikationsverkehrsdaten gewonnenen Datenbestände unterliegt dementsprechend besonders hohen Anforderungen. Insbesondere ist diese nicht in gleichem Umfang verfassungsrechtlich zulässig wie die Verwendung von Telekommunikationsverkehrsdaten, die die Diensteanbieter in Abhängigkeit von den jeweiligen betrieblichen und vertraglichen Umständen - von den Kunden teilweise beeinflussbar - nach § 96 TKG speichern dürfen. Angesichts der Unausweichlichkeit, Vollständigkeit und damit gesteigerten Aussagekraft der über sechs Monate systematisch vorsorglich erhobenen Verkehrsdaten hat ihr Abruf ein ungleich größeres Gewicht. Da eine Auswertung dieser Daten tief in das Privatleben eindringende Rückschlüsse und unter Umständen detaillierte Persönlichkeits- und Bewegungsprofile ermöglicht, kann insoweit nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Rückgriff auf diese Daten grundsätzlich geringer wiegt als eine inhaltsbezogene Telekommunikationsüberwachung (zur Abfrage nach altem Recht vgl. BVerfGE 107, 299 <322>). Vielmehr kann auch die Verwendung solcher Daten nur dann als verhältnismäßig angesehen werden, wenn sie besonders hochrangigen Gemeinwohlbelangen dient. Eine Verwendung der Daten kommt deshalb nur für überragend wichtige Aufgaben des Rechtsgüterschutzes in Betracht, das heißt zur Ahndung von Straftaten, die überragend wichtige Rechtsgüter bedrohen oder zur Abwehr von Gefahren für solche Rechtsgüter.
a) Für die Strafverfolgung folgt hieraus, dass ein Abruf der Daten zumindest den durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdacht einer schweren Straftat voraussetzt. Welche Straftatbestände hiervon umfasst sein sollen, hat der Gesetzgeber abschließend mit der Verpflichtung zur Datenspeicherung festzulegen. Ihm kommt hierbei ein Beurteilungsspielraum zu. Er kann dabei entweder auf bestehende Kataloge zurückgreifen oder einen eigenen Katalog schaffen, etwa um Straftaten, für die die Telekommunikationsverkehrsdaten besondere Bedeutung haben, zu erfassen. Die Qualifizierung einer Straftat als schwer muss aber in der Strafnorm - insbesondere etwa durch deren Strafrahmen - einen objektivierten Ausdruck finden (vgl. BVerfGE 109, 279 <343 ff., insbesondere 347 f.>). Eine Generalklausel oder lediglich die Verweisung auf Straftaten von erheblicher Bedeutung reichen hingegen nicht aus.
Über die abstrakte Festlegung eines entsprechenden Straftatenkatalogs hinaus hat der Gesetzgeber sicherzustellen, dass ein Rückgriff auf die vorsorglich gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten nur dann zulässig ist, wenn auch im Einzelfall die verfolgte Straftat schwer wiegt (vgl. BVerfGE 121, 1 <26>; zu Straftaten von erheblicher Bedeutung vgl. BVerfGE 107, 299 <322>; zu besonders schweren Straftaten im Sinne von Art. 13 Abs. 3 GG vgl. BVerfGE 109, 279 <346>) und die Verwendung der Daten verhältnismäßig ist.
b) Für die Gefahrenabwehr ist die Verwendung der in Frage stehenden Daten gleichermaßen wirksam zu begrenzen. Den Datenzugriff unter Bezugnahme auf Kataloge von bestimmten Straftaten zu eröffnen, deren Verhinderung die Datenverwendung dienen soll (vgl. BVerfGE 122, 120 <142>), ist hier keine geeignete Regelungstechnik. Sie nimmt den Anforderungen an den Grad der Rechtsgutgefährdung ihre Klarheit und führt zu Unsicherheiten, wenn schon die Straftatbestände selbst Vorbereitungshandlungen und bloße Rechtsgutgefährdungen unter Strafe stellen. Stattdessen bietet sich an, gesetzlich unmittelbar die Rechtsgüter in Bezug zu nehmen, deren Schutz eine Verwendung der Daten rechtfertigen soll, sowie die Intensität der Gefährdung dieser Rechtsgüter, die als Eingriffsschwelle hierfür erreicht sein muss. Eine solche Regelung entspricht dem Charakter der Gefahrenabwehr als Rechtsgüterschutz und gewährleistet eine unmittelbare Anknüpfung an das maßgebliche Ziel, das den Grundrechtseingriff rechtfertigen soll.
Die Abwägung zwischen dem Gewicht des in der Datenspeicherung und Datenverwendung liegenden Eingriffs und der Bedeutung einer wirksamen Gefahrenabwehr führt dazu, dass ein Abruf der vorsorglich gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten nur zur Abwehr von Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder zur Abwehr einer gemeinen Gefahr zugelassen werden darf (vgl. BVerfGE 122, 120 <141 ff.>). Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage muss diesbezüglich zumindest tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für die zu schützenden Rechtsgüter verlangen. Dieses Erfordernis führt dazu, dass Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze nicht ausreichen, um den Zugriff auf die Daten zu rechtfertigen. Vielmehr müssen bestimmte Tatsachen festgestellt sein, die die Prognose einer konkreten Gefahr tragen. Es bedarf insoweit einer Sachlage, bei der im Einzelfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ohne Eingreifen des Staates ein Schaden für die Schutzgüter der Norm durch bestimmte Personen verursacht wird. Die diesbezüglichen Ausführungen des Senats zu den Anforderungen an Online-Durchsuchungen gelten hier entsprechend (vgl. BVerfGE 120, 274 <328 f.>). Die konkrete Gefahr wird durch drei Kriterien bestimmt: den Einzelfall, die zeitliche Nähe des Umschlagens einer Gefahr in einen Schaden und den Bezug auf individuelle Personen als Verursacher. Die Abfrage der vorsorglich gespeicherten Daten kann allerdings schon gerechtfertigt sein, wenn sich noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Gefahr schon in näherer Zukunft eintritt, sofern bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall drohende Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut hinweisen. Die Tatsachen müssen zum einen den Schluss auf ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen zulassen, zum anderen darauf, dass bestimmte Personen beteiligt sein werden, über deren Identität zumindest so viel bekannt ist, dass die Maßnahme gezielt gegen sie eingesetzt und auf sie konzentriert werden kann. Dagegen wird dem Gewicht des Grundrechtseingriffs nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn der tatsächliche Eingriffsanlass noch weitgehend in das Vorfeld einer im Einzelnen noch nicht absehbaren konkreten Gefahr für die Schutzgüter der Norm verlegt wird.
c) Die verfassungsrechtlichen Anforderungen für die Verwendung der Daten zur Gefahrenabwehr gelten für alle Eingriffsermächtigungen mit präventiver Zielsetzung. Sie gelten damit auch für die Verwendung der Daten durch die Nachrichtendienste. Da die Beeinträchtigung durch den Eingriff in allen diesen Fällen für die Betroffenen die gleiche ist, besteht hinsichtlich dieser Anforderungen kein Anlass zu behördenbezogenen Differenzierungen, etwa zwischen Polizeibehörden und anderen mit präventiven Aufgaben betrauten Behörden wie Verfassungsschutzbehörden. Dass Polizei- und Verfassungsschutzbehörden unterschiedliche Aufgaben und Befugnisse haben und in der Folge Maßnahmen mit unterschiedlicher Eingriffstiefe vornehmen können, ist für die Gewichtung einer Verwendung von vorsorglich flächendeckend und langfristig gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten grundsätzlich ohne Belang (vgl. BVerfGE 120, 274 <329 f.>). Zwar können Differenzierungen zwischen den Ermächtigungen der verschiedenen Behörden mit präventiven Aufgaben vor der Verfassung Bestand haben (vgl. BVerfGE 100, 313 <383>; 120, 274 <330>). Jedoch ist der Gesetzgeber auch bei der Regelung der einzelnen Befugnisse von Sicherheitsbehörden, deren Aufgabe in der Vorfeldaufklärung besteht, an die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebunden, die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben (vgl. BVerfGE 120, 274 <330 f.>). Diese führen vorliegend dazu, dass sowohl hinsichtlich der zu schützenden Rechtsgüter als auch hinsichtlich der hierbei zu beachtenden Eingriffsschwelle besondere Anforderungen an die Datenverwendung zu stellen sind.
Es gibt keinen Grund, warum diese Anforderungen für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste nicht gelten sollten. Zwar beschränken sich die Aufgaben der Nachrichtendienste grundsätzlich auf die Sammlung von Informationen zur Unterrichtung der Regierung. Das vermindert das Gewicht des Eingriffs insoweit, als sich damit für den einzelnen Bürger über die Gefahr des Beobachtetwerdens hinaus nicht auch die Gefahr von hieran anknüpfenden weiteren Maßnahmen verbindet. Zugleich verringert sich hierdurch aber auch das Gewicht zur Rechtfertigung solcher Eingriffe, denn durch bloße Informationen der Regierung können Rechtsgutverletzungen nicht verhindert werden. Dies ist erst möglich durch Folgemaßnahmen der für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden, deren verfassungsrechtliche Begrenzungen bei der Datenverwendung nicht durch weitergehende Verwendungsbefugnisse im Vorfeld unterlaufen werden dürfen. Eine besondere Belastungswirkung solcher Eingriffe gegenüber den Bürgern liegt im Übrigen darin, dass nicht nur der jeweilige Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis als solcher in der Regel verdeckt geschieht, sondern praktisch die gesamten Aktivitäten der Nachrichtendienste geheim erfolgen. Befugnisse dieser Dienste zur Verwendung der vorsorglich flächendeckend gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten befördern damit das Gefühl des unkontrollierbaren Beobachtetwerdens in besonderer Weise und entfalten nachhaltige Einschüchterungseffekte auf die Freiheitswahrnehmung.
Der Senat verkennt nicht, dass damit eine Verwendung der vorsorglich gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten von Seiten der Nachrichtendienste in vielen Fällen ausscheiden dürfte. Dies liegt jedoch in der Art ihrer Aufgaben als Vorfeldaufklärung und begründet keinen verfassungsrechtlich hinnehmbaren Anlass, die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden Voraussetzungen für einen Eingriff der hier vorliegenden Art abzumildern (vgl. BVerfGE 120, 274 <331>).
d) Die Begrenzung der Datenverwendung auf bestimmte Zwecke muss auch für die Verwendung der Daten nach deren Abruf und Übermittlung an die abrufenden Behörden sichergestellt und verfahrensmäßig flankiert werden. Insoweit ist gesetzlich zu gewährleisten, dass die Daten nach Übermittlung unverzüglich ausgewertet werden und, sofern sie für die Erhebungszwecke unerheblich sind, gelöscht werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <387 f.>). Im Übrigen ist vorzusehen, dass die Daten vernichtet werden, sobald sie für die festgelegten Zwecke nicht mehr erforderlich sind, und dass hierüber ein Protokoll gefertigt wird (vgl. BVerfGE 100, 313 <362>; 113, 29 <58>).
Die Telekommunikationsverkehrsdaten verlieren ihren durch Art. 10 GG vermittelten Schutz nicht dadurch, dass bereits eine staatliche Stelle von ihnen Kenntnis erlangt hat. Die Anforderungen des Grundrechts an eine klare Zweckbindung beziehen sich deshalb auch auf die Weitergabe der Daten und Informationen an weitere Stellen. Dies schließt Zweckänderungen indes nicht aus. Sie bedürfen jedoch einer eigenen gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügt (vgl. BVerfGE 100, 313 <360>; 109, 279 <375 f.>). Eine Weitergabe der übermittelten Telekommunikationsverkehrsdaten an andere Stellen darf gesetzlich dementsprechend nur vorgesehen werden, soweit sie zur Wahrnehmung von Aufgaben erfolgt, deretwegen ein Zugriff auf diese Daten auch unmittelbar zulässig wäre (vgl. BVerfGE 100, 313 <389 f.>; 109, 279 <375 f.>; 110, 33 <73>). Dies ist von der weiterleitenden Stelle zu protokollieren (vgl. BVerfGE 100, 313 <395 f.>). Dabei lässt sich die Zweckbindung nur gewährleisten, wenn auch nach der Erfassung erkennbar bleibt, dass es sich um Daten handelt, die vorsorglich anlasslos gespeichert wurden. Der Gesetzgeber hat dementsprechend für diese Daten eine Kennzeichnungspflicht anzuordnen (vgl. BVerfGE 100, 313 <360 f.>).
e) Verfassungsrechtliche Grenzen können sich schließlich auch hinsichtlich des Umfangs der abzurufenden Daten ergeben. So lassen sich unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten vielfältige Abstufungen zwischen den verschiedenen Auskunftsbegehren ausmachen, etwa danach, ob sie nur eine einzelne Telekommunikationsverbindung betreffen, sie auf die Übermittlung der Daten aus allein einer Funkzelle zu einem bestimmten Zeitpunkt zielen, sie bezogen sind nur auf die Kommunikation zwischen einzelnen Personen - begrenzt möglicherweise auf einen bestimmten Zeitraum oder eine bestimmte Form der Kommunikation - und hierbei auch die Standortdaten ein- oder ausschließen beziehungsweise ob sie auf eine vollständige Übermittlung der Daten einer Person zur Erstellung eines möglichst detaillierten Bewegungs- oder Persönlichkeitsprofils zielen. Auch kann es in Blick auf das Eingriffsgewicht einen Unterschied machen, ob bei der Datenübermittlung Filter zwischengeschaltet werden, mit denen bestimmte Telekommunikationsverbindungen zum Schutz von besonderen Vertrauensbeziehungen ausgesondert werden.
Angesichts der hohen Schwellen, die nach den vorstehenden Maßgaben schon grundsätzlich für die Verwendung vorsorglich gespeicherter Telekommunikationsverkehrsdaten gelten, hat der Gesetzgeber bei der näheren Regelung des Umfangs der Datenverwendung allerdings einen Gestaltungsspielraum. Insbesondere steht es ihm grundsätzlich auch frei, solche Verhältnismäßigkeitserwägungen dem zur Entscheidung über die Anordnung eines Datenabrufs berufenen Richter bei der Prüfung im Einzelfall zu überlassen. Verfassungsrechtlich geboten ist als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedoch, zumindest für einen engen Kreis von auf besondere Vertraulichkeit angewiesenen Telekommunikationsverbindungen ein grundsätzliches Übermittlungsverbot vorzusehen. Zu denken ist hier etwa an Verbindungen zu Anschlüssen von Personen, Behörden und Organisationen in sozialen oder kirchlichen Bereichen, die grundsätzlich anonym bleibenden Anrufern ganz oder überwiegend telefonische Beratung in seelischen oder sozialen Notlagen anbieten und die selbst oder deren Mitarbeiter insoweit anderen Verschwiegenheitsverpflichtungen unterliegen (vgl. § 99 Abs. 2 TKG).
3. Verhältnismäßig ist eine vorsorglich anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten und deren Verwendung weiterhin nur, wenn der Gesetzgeber hinreichende Vorkehrungen zur Transparenz der Datenverwendung sowie zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes und effektiver Sanktionen trifft.
a) Zu den Voraussetzungen der verfassungsrechtlich unbedenklichen Verwendung von durch eine solche Speicherung gewonnenen Daten gehören Anforderungen an die Transparenz. Soweit möglich muss die Verwendung der Daten offen erfolgen. Ansonsten bedarf es grundsätzlich zumindest nachträglich einer Benachrichtigung der Betroffenen. Unterbleibt ausnahmsweise auch diese, bedarf die Nichtbenachrichtigung einer richterlichen Entscheidung.
aa) Eine vorsorglich anlasslose Speicherung aller Telekommunikationsverkehrsdaten über sechs Monate ist unter anderem deshalb ein so schwerwiegender Eingriff, weil sie ein Gefühl des ständigen Überwachtwerdens hervorrufen kann; sie erlaubt in unvorhersehbarer Weise tiefe Einblicke in das Privatleben, ohne dass der Rückgriff auf die Daten für den Bürger unmittelbar spürbar oder ersichtlich ist. Der Einzelne weiß nicht, was welche staatliche Behörde über ihn weiß, weiß aber, dass die Behörden vieles, auch Höchstpersönliches über ihn wissen können.
Der Gesetzgeber muss die diffuse Bedrohlichkeit, die die Datenspeicherung hierdurch erhalten kann, durch wirksame Transparenzregeln auffangen. Regelungen zur Information der von Datenerhebungen oder -nutzungen Betroffenen gehören allgemein zu den elementaren Instrumenten des grundrechtlichen Datenschutzes (vgl. BVerfGE 100, 313 <361>; 109, 279 <363 f.>; 118, 168 <207 f.>; 120, 351 <361 f.>). Für die Verwendung der umfangreichen und vielfältig aussagekräftigen Datenbestände einer vorsorglich anlasslosen Telekommunikationsverkehrsdatenspeicherung sind insoweit hohe Anforderungen zu stellen. Sie haben zum einen die Aufgabe, eine sich aus dem Nichtwissen um die tatsächliche Relevanz der Daten ergebende Bedrohlichkeit zu mindern, verunsichernden Spekulationen entgegenzuwirken und den Betroffenen die Möglichkeit zu schaffen, solche Maßnahmen in die öffentliche Diskussion zu stellen. Zum anderen sind solche Anforderungen auch aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 10 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG herzuleiten. Ohne Kenntnis können die Betroffenen weder eine Unrechtmäßigkeit der behördlichen Datenverwendung noch etwaige Rechte auf Löschung, Berichtigung oder Genugtuung geltend machen (vgl. BVerfGE 100, 313 <361>; 109, 279 <363>; 118, 168 <207 f.>; 120, 351 <361>).
bb) Zu den Transparenzanforderungen zählt der Grundsatz der Offenheit der Erhebung und Nutzung von personenbezogenen Daten. Eine Verwendung der Daten ohne Wissen des Betroffenen ist verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn andernfalls der Zweck der Untersuchung, dem der Datenabruf dient, vereitelt wird. Für die Gefahrenabwehr und die Wahrnehmung der Aufgaben der Nachrichtendienste darf der Gesetzgeber dies grundsätzlich annehmen. Demgegenüber kommt im Rahmen der Strafverfolgung auch eine offene Erhebung und Nutzung der Daten in Betracht (vgl. § 33 Abs. 3 und 4 StPO). Ermittlungsmaßnahmen werden hier zum Teil auch sonst mit Kenntnis des Beschuldigten und in seiner Gegenwart durchgeführt (vgl. zum Beispiel §§ 102, 103, 106 StPO). Dementsprechend ist der Betroffene vor der Abfrage beziehungsweise Übermittlung seiner Daten grundsätzlich zu benachrichtigen. Eine heimliche Verwendung der Daten darf nur vorgesehen werden, wenn sie im Einzelfall erforderlich und richterlich angeordnet ist.
Soweit die Verwendung der Daten heimlich erfolgt, hat der Gesetzgeber die Pflicht einer zumindest nachträglichen Benachrichtigung vorzusehen. Diese muss gewährleisten, dass diejenigen, auf die sich eine Datenabfrage - sei es als Beschuldigte, Polizeipflichtige oder Dritte - unmittelbar bezogen hat, wenigstens im Nachhinein grundsätzlich in Kenntnis zu setzen sind. Ausnahmen kann der Gesetzgeber in Abwägung mit verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern Dritter vorsehen. Sie sind jedoch auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken (vgl. BVerfGE 109, 279 <364>). Denkbar sind Ausnahmen von den Benachrichtigungspflichten im Zusammenhang mit der Strafverfolgung etwa, wenn die Kenntnis des Eingriffs in das Telekommunikationsgeheimnis dazu führen würde, dass dieser seinen Zweck verfehlt, wenn die Benachrichtigung nicht ohne Gefährdung von Leib und Leben einer Person geschehen kann oder wenn ihr überwiegende Belange einer betroffenen Person entgegenstehen, etwa weil durch die Benachrichtigung von einer Maßnahme, die keine weiteren Folgen gehabt hat, der Grundrechtseingriff noch vertieft würde (vgl. BVerfGE 100, 313 <361>; 109, 279 <364 ff.>). Liegen zwingende Gründe vor, die auch eine nachträgliche Benachrichtigung ausschließen, ist dieses richterlich zu bestätigen und in regelmäßigen Abständen zu prüfen (vgl. BVerfGE 109, 279 <367 f.>). In entsprechender Weise bedarf es einer Ausgestaltung der Benachrichtigungspflichten auch hinsichtlich der Verwendung der Daten für Zwecke der Gefahrenabwehr oder der Aufgaben der Nachrichtendienste.
Verfassungsrechtlich nicht geboten sind demgegenüber vergleichbar strenge Benachrichtigungspflichten gegenüber Personen, deren Telekommunikationsverkehrsdaten nur zufällig miterfasst wurden und die selbst nicht im Fokus des behördlichen Handelns standen. Solche Beteiligte kann es bei der Auswertung von Telekommunikationsverkehrsdaten in großem Umfang geben, ohne dass das kurzfristige Bekanntwerden ihrer Daten Spuren hinterlassen oder Folgen für den Betroffenen haben muss. Eine Benachrichtigung kann ihnen gegenüber im Einzelfall den Eingriff vielmehr vertiefen (vgl. BVerfGE 109, 279 <365>; BVerfGK 9, 62 <81>). In diesen Fällen kann eine Benachrichtigung grundsätzlich schon dann unterbleiben, wenn die Betroffenen von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurden und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an der Benachrichtigung haben. Einer richterlichen Bestätigung dieser Abwägungsentscheidung bedarf es nicht.
b) Die verhältnismäßige Ausgestaltung einer vorsorglichen Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten und ihrer Verwendung verlangt weiterhin die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes und adäquater Sanktionen.
aa) Für die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist eine Abfrage oder Übermittlung dieser Daten grundsätzlich unter Richtervorbehalt zu stellen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann bei Ermittlungsmaßnahmen, die einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff bewirken, verfassungsrechtlich eine vorbeugende Kontrolle durch eine unabhängige Instanz geboten sein. Dies gilt insbesondere, wenn der Grundrechtseingriff heimlich erfolgt und für den Betroffenen unmittelbar nicht wahrnehmbar ist (vgl. BVerfGE 120, 274 <331>). Für die Abfrage und Übermittlung von Telekommunikationsverkehrsdaten kann dies der Fall sein. Angesichts des Gewichts des hierin liegenden Eingriffs reduziert sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass solche Maßnahmen grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sind. Richter können aufgrund ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und ihrer ausschließlichen Bindung an das Gesetz die Rechte des Betroffenen im Einzelfall am besten und sichersten wahren (vgl. BVerfGE 77, 1 <51>; 103, 142 <151>; 120, 274 <332>). Eine Ausnahme gilt nach Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG für die Kontrolle von Eingriffen in die Telekommunikationsfreiheit durch die Nachrichtendienste. Hier kann an die Stelle einer vorbeugenden richterlichen Kontrolle die - gleichfalls spezifisch auf die jeweilige Maßnahme bezogene - Kontrolle durch ein von der Volksvertretung bestelltes Organ oder Hilfsorgan treten (vgl. BVerfGE 30, 1 <21>).
Der Gesetzgeber hat das Gebot vorbeugender richterlicher Kontrolle in spezifischer und normenklarer Form mit strengen Anforderungen an den Inhalt und die Begründung der gerichtlichen Anordnung zu verbinden (vgl. BVerfGE 109, 279 <358 f.>). Hieraus folgt zugleich das Erfordernis einer hinreichend substantiierten Begründung und Begrenzung der Abfrage der begehrten Daten, die es dem Gericht erst erlaubt, eine effektive Kontrolle auszuüben (vgl. BVerfGE 103, 142 <160 f.>). Erst auf dieser Grundlage kann und muss das anordnende Gericht sich eigenverantwortlich ein Urteil darüber bilden, ob die beantragte Verwendung der Daten den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht. Dazu gehört eine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen einschließlich insbesondere der gesetzlich vorgeschriebenen Eingriffsschwelle. Der Anordnungsbeschluss des Gerichts muss gehaltvoll begründet werden. Überdies sind die zu übermittelnden Daten nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend selektiv und in klarer Weise zu bezeichnen (vgl. BVerfGE 103, 142 <151>), so dass die Diensteanbieter eine eigene Sachprüfung nicht vornehmen müssen. Diese dürfen nur auf der Grundlage klarer Anordnungen zur Datenübermittlung verpflichtet und berechtigt sein.
Zur Wirksamkeit der Kontrolle gehört es auch, dass die Daten aufgrund der Anordnung von den Telekommunikationsunternehmen als speicherungsverpflichteten Dritten herausgefiltert und übermittelt werden, das heißt den Behörden also nicht ein Direktzugriff auf die Daten eröffnet wird. Auf diese Weise wird die Verwendung der Daten auf das Zusammenwirken verschiedener Akteure verwiesen und damit in sich gegenseitig kontrollierende Entscheidungsstrukturen eingebunden.
bb) Von Verfassungs wegen geboten ist auch die Eröffnung eines Rechtsschutzverfahrens zur nachträglichen Kontrolle der Verwendung der Daten. Sofern ein Betroffener vor Durchführung der Maßnahme keine Gelegenheit hatte, sich vor den Gerichten gegen die Verwendung seiner Telekommunikationsverkehrsdaten zur Wehr zu setzen, ist ihm eine gerichtliche Kontrolle nachträglich zu eröffnen.
cc) Schließlich setzt eine verhältnismäßige Ausgestaltung wirksame Sanktionen bei Rechtsverletzungen voraus. Würden auch schwere Verletzungen des Telekommunikationsgeheimnisses im Ergebnis sanktionslos bleiben mit der Folge, dass der Schutz des Persönlichkeitsrechts, auch soweit er in Art. 10 Abs. 1 GG eine spezielle Ausprägung gefunden hat, angesichts der immateriellen Natur dieses Rechts verkümmern würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. November 2009 - 1 BvR 2853/08 -, juris, Rn. 21; BGHZ 128, 1 <15>), widerspräche dies der Verpflichtung der staatlichen Gewalt, dem Einzelnen die Entfaltung seiner Persönlichkeit zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 35, 202 <220 f.>; 63, 131 <142 f.>; 96, 56 <64>) und ihn vor Persönlichkeitsrechtsgefährdungen durch Dritte zu schützen (vgl. BVerfGE 73, 118 <210>; 97, 125 <146>; 99, 185 <194 f.>; BVerfGK 6, 144 <146>). Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn unberechtigt gewonnene Daten weitgehend ungehindert verwendet werden dürften oder eine unberechtigte Verwendung der Daten mangels materiellen Schadens regelmäßig ohne einen der Genugtuung der Betroffenen dienenden Ausgleich bliebe.
Der Gesetzgeber hat diesbezüglich allerdings einen weiten Gestaltungsspielraum. Dabei kann er insbesondere in den Blick nehmen, inwieweit sich entsprechende Regelungen in die allgemeine Systematik des Strafprozessrechts oder des geltenden Haftungsrechts einfügen. Insoweit darf er auch berücksichtigen, dass bei schweren Verletzungen des Persönlichkeitsrechts bereits nach geltender Rechtslage sowohl Verwertungsverbote auf der Grundlage einer Abwägung (vgl. BVerfGE 34, 238 <248 ff.>; 80, 367 <375 f.>; 113, 29 <61>; BVerfGK 9, 174 <196>; BGHSt 34, 397 <401>; 52, 110 <116>) als auch eine Haftung für immaterielle Schäden begründet sein können (vgl. BVerfGE 34, 269 <282, 285 f.>; BVerfGK 6, 144 <146 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. November 2009 - 1 BvR 2853/08 -, juris, Rn. 21; BGHZ 128, 1 <12>). Für die Entscheidung, ob es diesbezüglich weitergehender Regelungen bedarf, ist er deshalb nicht gehindert, zunächst zu beobachten, ob der besonderen Schwere der Persönlichkeitsverletzung, die in der unberechtigten Erlangung oder Verwendung der hier in Frage stehenden Daten regelmäßig liegt, schon auf der Grundlage des geltenden Rechts von der Rechtsprechung in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise Rechnung getragen wird.
4. Weniger strenge verfassungsrechtliche Maßgaben gelten für eine nur mittelbare Verwendung der vorsorglich gespeicherten Daten in Form von behördlichen Auskunftsansprüchen gegenüber den Diensteanbietern hinsichtlich der Anschlussinhaber bestimmter IP-Adressen, die diese unter Nutzung der vorgehaltenen Daten zu ermitteln haben. Die Schaffung von solchen Auskunftsansprüchen ist unabhängig von begrenzenden Rechtsgüter- oder Straftatenkatalogen insgesamt weitergehend zulässig als die Abfrage und Verwendung der Telekommunikationsverkehrsdaten selbst.
a) Für Auskünfte über die Inhaber bestimmter IP-Adressen, für deren Ermittlung auf vorsorglich gespeicherte Telekommunikationsverkehrsdaten zurückgegriffen werden muss, müssen nicht von Verfassungs wegen die sonst für die Verwendung solcher Daten geltenden besonders strengen Voraussetzungen gegeben sein.
Von Bedeutung ist hierfür zum einen, dass die Behörden selbst keine Kenntnis der vorsorglich zu speichernden Daten erhalten. Die Behörden rufen im Rahmen solcher Auskunftsansprüche nicht die vorsorglich anlasslos gespeicherten Daten selbst ab, sondern erhalten lediglich personenbezogene Auskünfte über den Inhaber eines bestimmten Anschlusses, der von den Diensteanbietern unter Rückgriff auf diese Daten ermittelt wurde. Dabei bleibt die Aussagekraft dieser Daten eng begrenzt: Die Verwendung der vorsorglich gespeicherten Daten führt allein zu der Auskunft, welcher Anschlussinhaber unter einer bereits bekannten, etwa anderweitig ermittelten IP-Adresse im Internet angemeldet war. Eine solche Auskunft hat ihrer formalen Struktur nach eine gewisse Ähnlichkeit mit der Abfrage des Inhabers einer Telefonnummer. Ihr Erkenntniswert bleibt punktuell. Systematische Ausforschungen über einen längeren Zeitraum oder die Erstellung von Persönlichkeits- und Bewegungsprofilen lassen sich allein auf Grundlage solcher Auskünfte nicht verwirklichen.
Maßgeblich ist zum anderen, dass für solche Auskünfte nur ein von vornherein feststehender kleiner Ausschnitt der Daten verwendet wird, deren Speicherung für sich genommen unter deutlich geringeren Voraussetzungen angeordnet werden könnte. Eine Speicherung allein der für solche Auskünfte erforderlichen Internetzugangsdaten zur Identifizierung dynamischer IP-Adressen hätte ein erheblich weniger belastendes Gewicht als die nahezu vollständige Speicherung der Daten sämtlicher Telekommunikationsverbindungen. Aus dem Zusammenwirken dieser Gesichtspunkte ergibt sich, dass die für die Verwendung von vorsorglich gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten ansonsten maßgeblichen Anforderungen für solche Auskünfte nicht gleichermaßen gelten.
b) Allerdings hat auch die Begründung von behördlichen Auskunftsansprüchen zur Identifizierung von IP-Adressen erhebliches Gewicht. Mit ihr wirkt der Gesetzgeber auf die Kommunikationsbedingungen im Internet ein und begrenzt den Umfang ihrer Anonymität. Auf ihrer Grundlage kann in Verbindung mit der systematischen Speicherung der Internetzugangsdaten in weitem Umfang die Identität von Internetnutzern ermittelt werden. Sofern Privatpersonen, die sich im Internet geschädigt sehen, die entsprechenden IP-Adressen registrieren und Anzeige erstatten oder soweit die Behörde selbst IP-Adressen ermittelt, können diese bestimmten Anschlussinhabern zugeordnet und die dahinter stehenden Kommunikationsvorgänge mit erheblicher Wahrscheinlichkeit individualisiert werden.
Dabei kann die Zuordnung einer IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber vom Gewicht für den Betroffenen her auch trotz einer gewissen Ähnlichkeit mit der Identifizierung einer Telefonnummer nicht gleichgesetzt werden. Telefonnummern werden als auf Dauer vergebene Kennungen unter den Nutzern ausgetauscht, so dass eine Abfrage von deren Inhaber auch unabhängig von konkreten Telekommunikationsakten möglich ist. Demgegenüber enthält eine Auskunft über den Anschlussinhaber einer dynamischen IP-Adresse in sich notwendig zugleich die Information, dass und von welchem Anschluss aus diese IP-Adresse zu einer bestimmten Zeit genutzt wurde. Darüber hinaus kann die Telefonnummer gegenüber Privaten ohne weitere Schwierigkeiten unterdrückt werden, während die IP-Adresse grundsätzlich nur unter Nutzung von Anonymisierungsdiensten verschleiert werden kann. Auch ist die mögliche Persönlichkeitsrelevanz einer Abfrage des Inhabers einer IP-Adresse eine andere als die des Inhabers einer Telefonnummer: Schon vom Umfang der Kontakte her, die jeweils durch das Aufrufen von Internetseiten neu hergestellt werden, ist sie aussagekräftiger als eine Telefonnummernabfrage. Auch hat die Kenntnis einer Kontaktaufnahme mit einer Internetseite eine andere inhaltliche Bedeutung: Da der Inhalt von Internetseiten anders als das beim Telefongespräch gesprochene Wort elektronisch fixiert und länger wieder aufrufbar ist, lässt sich mit ihr vielfach verlässlich rekonstruieren, mit welchem Gegenstand sich der Kommunizierende auseinander gesetzt hat. Die Individualisierung der IP-Adresse als der "Telefonnummer des Internet" gibt damit zugleich Auskunft über den Inhalt der Kommunikation. Die für das Telefongespräch geltende Unterscheidung von äußerlichen Verbindungsdaten und Gesprächsinhalten löst sich hier auf. Wird der Besucher einer bestimmten Internetseite mittels der Auskunft über eine IP-Adresse individualisiert, weiß man nicht nur, mit wem er Kontakt hatte, sondern kennt in der Regel auch den Inhalt des Kontakts.
Freilich besteht umgekehrt auch ein gesteigertes Interesse an der Möglichkeit, Kommunikationsverbindungen im Internet zum Rechtsgüterschutz oder zur Wahrung der Rechtsordnung den jeweiligen Akteuren zuordnen zu können. Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Internet für die verschiedenartigsten Bereiche und Abläufe des alltäglichen Lebens erhöht sich auch die Gefahr seiner Nutzung für Straftaten und Rechtsverletzungen vielfältiger Art. In einem Rechtsstaat darf auch das Internet keinen rechtsfreien Raum bilden. Die Möglichkeit einer individuellen Zuordnung von Internetkontakten bei Rechtsverletzungen von einigem Gewicht bildet deshalb ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers. Soweit für entsprechende Auskünfte seitens der Diensteanbieter unter den derzeitigen technischen Bedingungen, nach denen IP-Adressen überwiegend nur für die jeweilige Sitzung ("dynamisch") vergeben werden, Telekommunikationsverkehrsdaten ausgewertet werden müssen, wirft dieses folglich keine prinzipiellen Bedenken auf. Auch kann der Gesetzgeber zur Gewährleistung einer verlässlichen Zuordnung dieser Adressen über einen gewissen Zeitraum die Vorhaltung der entsprechenden Daten beziehungsweise einen weitgehenden Rückgriff auf insoweit vorgehaltene Daten seitens der Diensteanbieter vorsehen. Er hat hierbei einen Gestaltungsspielraum.
c) Dementsprechend darf der Gesetzgeber solche Auskünfte auch unabhängig von begrenzenden Rechtsgüter- oder Straftatenkatalogen für die Verfolgung von Straftaten, für die Gefahrenabwehr und die Aufgabenwahrnehmung der Nachrichtendienste auf der Grundlage der allgemeinen fachrechtlichen Eingriffsermächtigungen zulassen (vgl. Bock, in: Geppert/Piepenbrock/Schütz/Schuster, Beck'scher Kommentar zum TKG, 3. Aufl. 2006, § 113 Rn. 7; Graulich, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, 2008, § 113 Rn. 8). Hinsichtlich der Eingriffsschwellen ist allerdings sicherzustellen, dass eine Auskunft nicht ins Blaue hinein eingeholt werden, sondern nur aufgrund eines hinreichenden Anfangsverdachts oder einer konkreten Gefahr auf einzelfallbezogener Tatsachenbasis erfolgen darf. Das Erfordernis einer auf Anhaltspunkte im Tatsächlichen gestützten konkreten Gefahr gilt dabei für die Nachrichtendienste ebenso wie für alle zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden. Die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen entsprechender Auskunftsbegehren sind aktenkundig zu machen. Ein Richtervorbehalt muss demgegenüber für solche Auskünfte nicht vorgesehen werden.
Das erhebliche Gewicht des Eingriffs solcher Auskünfte erlaubt es indessen nicht, diese allgemein und uneingeschränkt auch zur Verfolgung oder Verhinderung jedweder Ordnungswidrigkeiten zuzulassen. Die Aufhebung der Anonymität im Internet bedarf zumindest einer Rechtsgutbeeinträchtigung, der von der Rechtsordnung auch sonst ein hervorgehobenes Gewicht beigemessen wird. Dies schließt entsprechende Auskünfte zur Verfolgung oder Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten nicht vollständig aus. Es muss sich insoweit aber um - auch im Einzelfall - besonders gewichtige Ordnungswidrigkeiten handeln, die der Gesetzgeber ausdrücklich benennen muss.
Auch gibt es keinen Grund, für die Identifizierung von IP-Adressen den Grundsatz der Transparenz (siehe oben C V 3) zurückzunehmen. Der Betroffene, der in der Regel davon ausgehen kann, das Internet anonym zu nutzen, hat prinzipiell das Recht zu erfahren, dass und warum diese Anonymität aufgehoben wurde. Dementsprechend hat der Gesetzgeber jedenfalls Benachrichtigungspflichten vorzusehen, soweit und sobald hierdurch der Zweck der Auskunft nicht vereitelt wird oder sonst überwiegende Interessen Dritter oder des Betroffenen selbst nicht entgegenstehen. Soweit von einer Benachrichtigung nach Maßgabe entsprechender gesetzlicher Regelungen ausnahmsweise abgesehen wird, ist der Grund hierfür aktenkundig zu machen. Einer richterlichen Bestätigung des Absehens von der Benachrichtigung bedarf es hier demgegenüber nicht.
5. Die verfassungsrechtlich gebotene Gewährleistung der Datensicherheit sowie einer den Verhältnismäßigkeitsanforderungen genügenden normenklaren Begrenzung der Datenverwendung ist ein untrennbarer Bestandteil der Anordnung der Speicherungsverpflichtung und obliegt deshalb dem die Verpflichtung auferlegenden Bundesgesetzgeber. Demgegenüber richtet sich die Verantwortung für die Schaffung der Abrufregelungen selbst sowie für die Ausgestaltung der Transparenz- und Rechtsschutzbestimmungen nach den jeweiligen Sachkompetenzen.
a) Soweit im Zusammenhang mit der Verpflichtung der Diensteanbieter zu einer vorsorglich anlasslosen Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten Fragen der Datensicherheit zu regeln sind, obliegt dies als unmittelbarer Bestandteil der Speicherungspflicht und der hiermit rechtlich verbundenen Folgen dem Bund gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG. Hierzu gehören neben den Regelungen zur Sicherheit der gespeicherten Daten auch die Regelungen zur Sicherheit der Übermittlung der Daten sowie hierbei die Gewährleistung des Schutzes der Vertrauensbeziehungen (siehe oben C V 1 und C V 2 e).
Dem Bund obliegt darüber hinaus auch die Sicherstellung einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden, hinreichend präzisen Begrenzung der Verwendungszwecke der Daten, die mit der Speicherung verfolgt werden. Seinen Grund hat dies in dem unaufhebbaren verfassungsrechtlichen Zusammenhang von Datenspeicherung und Verwendungszweck, wie es gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht: Daten dürfen von vornherein nur zu bestimmten, bereichsspezifischen, präzise und normenklar festgelegten Zwecken gespeichert werden, so dass bereits bei der Speicherung hinreichend gewährleistet ist, dass die Daten nur für solche Zwecke verwendet werden, die das Gewicht der Datenspeicherung rechtfertigen. Eine Speicherung kann nicht als solche abstrakt gerechtfertigt werden, sondern nur insoweit, als sie hinreichend gewichtigen, konkret benannten Zwecken dient (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>; 118, 168 <187 f.>). Demgegenüber ist es unzulässig, unabhängig von solchen Zweckbestimmungen einen Datenpool auf Vorrat zu schaffen, dessen Nutzung je nach Bedarf und politischem Ermessen der späteren Entscheidung verschiedener staatlicher Instanzen überlassen bleibt. In einem solchen Fall könnte die Verfassungsmäßigkeit der Speicherung mangels hinreichend vorhersehbarer und begrenzter Zwecke zum Zeitpunkt des in der Speicherung liegenden Eingriffs noch nicht beurteilt werden. Auch wäre ihre Tragweite für den Bürger weder vorhersehbar noch nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begrenzt. Diese materielle Verknüpfung von Speicherung und Verwendungszweck der Daten als maßgebliches Bindeglied zwischen Eingriff und Rechtfertigung darf auch im Zusammenspiel von Bund und Ländern nicht aufgebrochen werden. Die Kompetenz, diese Verknüpfung zu gewährleisten, erwächst dem Bund aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG kraft Sachzusammenhangs (siehe oben C III 2).
Zu den vom Bund in Anknüpfung an die Speicherung demnach zu treffenden Regelungen gehört die Festlegung der qualifizierten Voraussetzungen für eine Verwendung der Daten zum Zwecke der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr oder der Gefahrenprävention durch die Nachrichtendienste nach den oben entwickelten Maßgaben. Auch zählen hierzu die notwendigen Regelungen zur Aufrechterhaltung der Zweckbindung bei der weiteren Verwendung der Daten, insbesondere in Form von Kennzeichnungs- und Protokollierungspflichten.
b) Demgegenüber fällt dem Bund mit der Anordnung der Speicherungspflicht nicht ohne weiteres auch die Verantwortung darüber zu, ob und wieweit auf die Daten im Rahmen der von ihm festzulegenden Zwecke tatsächlich zurückgegriffen werden darf. Der Erlass von Bestimmungen, die den Datenabruf selbst regeln, ist nicht mehr grundsätzlich Sache des Bundes, sondern richtet sich nach den allgemeinen Gesetzgebungskompetenzen. Danach kann die Ermächtigung zum Abruf der Daten nicht auf Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden, sondern ist auf der Grundlage jeweils derjenigen Kompetenznorm zu schaffen, die die Gesetzgebung für die mit der Datenverwendung verfolgten Aufgaben regelt (vgl. BVerfGE 113, 348 <368>; 114, 371 <385>). Im Bereich der Gefahrenabwehr und der Aufgaben der Nachrichtendienste liegt die Zuständigkeit damit weithin bei den Ländern. Anders als die Gewährleistung der verfassungsrechtlich gebotenen Begrenzung der Verwendungszwecke, die wegen der datenschutzrechtlichen Verklammerung von Eingriff und Rechtfertigung uno actu mit der Speicherung geregelt werden muss, kann und muss neben der Abrufermächtigung auch die Wahrung der weiteren verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung der Datenverwendung wie insbesondere die Regelungen zur Benachrichtigung der Betroffenen und die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes nachfolgenden Gesetzgebungsakten der Länder überlassen bleiben. Die Verantwortung für die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen obliegt diesen insoweit unmittelbar selbst.
VI.
Die angegriffenen Vorschriften genügen diesen Anforderungen nicht. Zwar widerspricht § 113a TKG nicht schon deshalb dem Grundrecht auf Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG, weil die Reichweite der Speicherungspflicht gemäß § 113a Abs. 1 bis 7, 11 TKG von vornherein unverhältnismäßig wäre. Jedoch entsprechen die Regelungen zur Datensicherheit, zu den Zwecken und zur Transparenz der Datenverwendung sowie zum Rechtsschutz nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Damit fehlt es an einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden Ausgestaltung der Regelung insgesamt. §§ 113a, 113b TKG und § 100g StPO, soweit dieser den Abruf der nach § 113a TKG zu speichernden Daten erlaubt, sind deshalb mit Art. 10 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
1. § 113a TKG ist nicht schon wegen seiner Reichweite verfassungswidrig. Der Gesetzgeber darf die mit ihm angeordnete Speicherungspflicht, die sich gemäß Absatz 1 bis 7 anlasslos auf annähernd alle Verkehrsdaten öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste erstreckt, für die Effektivierung der Strafverfolgung und Gefahrenprävention als geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne beurteilen (siehe oben C IV). Trotz ihrer Reichweite bleibt die Regelung vom Umfang der erfassten Daten her noch hinreichend begrenzt. Der Inhalt von Telefongesprächen, Telefaxen und E-Mails darf, wie § 113a Abs. 8 TKG ausdrücklich klarstellt, ebenso wenig gespeichert werden wie die Internetseiten oder Diensteanbieter, die ein Nutzer im Internet kontaktiert hat. Auch hat der Gesetzgeber gemäß § 113a Abs. 1, 11 TKG mit sechs Monaten und einer sich hieran anschließenden Löschungsfrist von einem Monat eine verfassungsrechtlich noch vertretbare Speicherungsdauer bestimmt. Ebenfalls lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht feststellen, dass die Regelung im Zusammenwirken mit anderen Vorschriften darauf zielt oder hinausläuft, eine allgemein umfassende Datensammlung zur weitestmöglichen Rekonstruierbarkeit jedweder Aktivitäten der Bürger zu schaffen. Von Bedeutung sind insoweit die Geltung des das Datenschutzrecht sonst weithin durchziehenden Grundsatzes der Datensparsamkeit sowie zahlreiche Löschungspflichten, mit denen der Gesetzgeber das Entstehen vermeidbarer Datensammlungen grundsätzlich zu verhindern sucht. Maßgeblich für diese Beurteilung sind insoweit insbesondere etwa die §§ 11 ff. TMG, die die Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz grundsätzlich zur Löschung von nicht für die Abrechnung erforderlichen Daten verpflichten (vgl. § 13 Abs. 4 Nr. 2, § 15 TMG) und so auch gegenüber privatwirtschaftlichen Anreizen verhindern, dass die Internetnutzung inhaltlich in allgemeinen kommerziellen Datensammlungen festgehalten wird und damit rekonstruierbar bleibt. § 113a TKG kann damit nicht als Ausdruck einer allgemeinen öffentlichen Datenvorsorge für Zwecke der Strafverfolgung und Gefahrenprävention verstanden werden, sondern bleibt trotz seiner Weite eine begrenzte Ausnahme, die den besonderen Herausforderungen der modernen Telekommunikation für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr Rechnung zu tragen versucht.
2. Demgegenüber fehlt es an der für eine solche Datensammlung verfassungsrechtlich gebotenen Gewährleistung eines besonders hohen Sicherheitsstandards. § 113a Abs. 10 TKG statuiert insoweit allein die unbestimmt bleibende Pflicht, durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass der Zugang zu den gespeicherten Daten ausschließlich besonders ermächtigten Personen möglich ist, und verweist ansonsten nur auf die im Bereich der Telekommunikation allgemein erforderliche Sorgfalt. Damit fehlt es an einer Vorschrift, die den besonders hohen Anforderungen an die Sicherheit der umfangreichen und aussagekräftigen Datensammlung nach § 113a TKG Rechnung trägt. Die der Sache nach in Bezug genommenen §§ 88 und 109 TKG gewährleisten einen solchen besonders hohen Sicherheitsstandard nicht, sondern erlauben, ihrem weiten Anwendungsbereich entsprechend, vielfältige Relativierungen. Das gilt insbesondere für § 109 TKG. So hat nach § 109 Abs. 1 TKG jeder Diensteanbieter angemessene technische Vorkehrungen oder sonstige Maßnahmen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses und der Telekommunikations- und Datenverarbeitungssysteme gegen unerlaubte Zugriffe zu treffen. Zur Bestimmung der Angemessenheit wird dabei auf § 109 Abs. 2 Satz 4 TKG zurückgegriffen (vgl. Klesczewski, in: Säcker, Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl. 2009, § 109 Rn. 12). Danach sind die Maßnahmen angemessen, wenn der dafür erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der zu schützenden Rechte steht. Ausgehend von den oben entwickelten Maßstäben sind hierdurch die spezifischen Anforderungen an den Schutz der gemäß § 113a TKG gespeicherten Daten nicht hinreichend gewährleistet. Der gesetzlich vorgegebene Standard der "angemessenen technischen Vorkehrungen oder sonstigen Maßnahmen" verlangt lediglich, den Stand der technischen Entwicklung zu "berücksichtigen" (vgl. § 109 Abs. 2 Satz 2 TKG; Klesczewski, in: Säcker, Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl. 2009, § 109 Rn. 13), und relativiert die Sicherheitsanforderungen in unbestimmt bleibender Weise um allgemeine Wirtschaftlichkeitserwägungen im Einzelfall. Überdies bleibt die nähere Konkretisierung dieses Standards den einzelnen Telekommunikationsdienstleistern überlassen, die ihrerseits ihre Dienste unter den Bedingungen von Konkurrenz und Kostendruck anbieten müssen.
Eine Konkretisierung dieser Anforderungen wird auch nicht in Form von Rechtsverordnungen oder durch Verfügungen der Aufsichtsbehörden sichergestellt. Insbesondere gewährleistet § 110 TKG die Geltung hinreichender Sicherheitsstandards nicht. Zwar können im Rahmen der nach dieser Norm zu schaffenden untergesetzlichen Regelwerke (vgl. § 110 Abs. 2 und 3 TKG) Aspekte der Datensicherheit miterfasst werden. Jedoch enthält diese - primär durch technische Zielsetzungen bestimmte - Norm diesbezüglich weder inhaltliche Standards noch greift sie den Aspekt der Datensicherheit sonst auf. Im Übrigen ist auch zwei Jahre nach Inkrafttreten der Speicherungspflicht des § 113a TKG eine der Neuregelung Rechnung tragende Anpassung der Telekommunikationsüberwachungsverordnung nicht erfolgt. Entsprechend wird auch die - im Dezember 2009 gemäß § 110 Abs. 3 Satz 3 TKG auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlichte (vgl. Bundesnetzagentur, Amtsblatt 2009, S. 4706) - technische Richtlinie zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation und zum Auskunftsersuchen für Verkehrsdaten (TR-TKÜV) gemäß § 110 Abs. 3 TKG erst ein Jahr nach dieser Anpassung wirksam werden (Inhaltsangabe 1
Eine hinreichende Datensicherheit gewährleistet auch nicht § 109 Abs. 3 TKG. Zwar schreibt die Norm vor, dass Betreiber von Telekommunikationsanlagen Sicherheitsbeauftragte zu benennen und ein Sicherheitskonzept zu erstellen haben, das der Bundesnetzagentur vorzulegen ist. Auch ist danach das Konzept, wenn sich die ihm zugrunde liegenden "Gegebenheiten" ändern, anzupassen und erneut vorzulegen. Jedoch ist damit ein besonders hoher Sicherheitsstandard nicht verlässlich gewährleistet. So erfasst die Vorschrift allein Anlagenbetreiber, nicht jedoch den gesamten Adressatenkreis des § 113a TKG, der auch andere Diensteanbieter einbezieht. Darüber hinaus verweist § 109 Abs. 3 TKG materiell nur auf die unzureichenden Anforderungen des § 109 Abs. 1 und 2 TKG. Auch ist nicht in hinreichend normenklarer Form eine kontinuierliche und kontrollierbare Anpassung der Sicherheitsstandards an den Stand der technischen Entwicklung gewährleistet. Nicht eindeutig ist insoweit, ob § 109 Abs. 3 Satz 4 TKG auch eine Anpassung an die technische Entwicklung von Schutzvorkehrungen und an sich fortentwickelnde rechtliche Sicherheitsstandards fordert. Jedenfalls fehlt es an der Verpflichtung zu einer periodisierten Fortschreibung des Sicherheitskonzepts, die diesbezüglich eine effektive Kontrolle ermöglichen könnte.
Das Fehlen hinreichender Sicherheitsstandards im Telekommunikationsgesetz kann auch § 9 BDSG in Verbindung mit der zugehörigen Anlage nicht ausgleichen. Unbeschadet ihrer zum Teil abstrakt hohen Standards bleibt diese Norm, die ohnehin nur subsidiär anwendbar ist (vgl. Fetzer, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, 2008, vor § 91 Rn. 10; Klesczewski, in: Säcker, Berliner Kommentar zum TKG, 2. Aufl. 2009, § 91 Rn. 15), zu allgemein, um in hinreichend spezifischer und verlässlicher Weise die besonders hohen Sicherheitsstandards bezüglich der nach § 113a TKG zu speichernden Daten sicherzustellen.
Insgesamt ist damit ein besonders hoher Sicherheitsstandard für die nach § 113a TKG zu speichernden Daten nicht in verbindlicher und normenklarer Form gewährleistet. Weder sind den Speicherungspflichtigen die von den sachkundigen Auskunftspersonen in vorliegendem Verfahren als Kernelemente genannten Instrumente (getrennte Speicherung, asymmetrische Verschlüsselung, Vier-Augen-Prinzip verbunden mit fortschrittlichen Verfahren zur Authentifizierung für den Zugang zu den Schlüsseln, revisionssichere Protokollierung von Zugriff und Löschung) durchsetzbar vorgegeben, noch sind ihnen anderweitige Vorkehrungen auferlegt, die ein vergleichbares Sicherheitsniveau garantieren. Auch fehlt es an einem ausgeglichenen Sanktionensystem, das Verstößen gegen die Datensicherheit kein geringeres Gewicht beimisst als Verstößen gegen die Speicherungspflichten selbst. Der Bußgeldrahmen für die Nichtbeachtung der Speicherungspflichten ist deutlich weiter als derjenige für die Verletzung der Datensicherheit (vgl. § 149 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 149 Abs. 1 Nr. 36 und 38 TKG). Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Sicherheit einer Datensammlung, wie sie durch § 113a TKG geschaffen wird, genügt die geltende Rechtslage damit nicht.
3. Die Bestimmungen zur Übermittlung und Nutzung der Daten gemäß § 113b Satz 1 Halbsatz 1 TKG genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.
a) Mit den aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entwickelten Maßstäben unvereinbar sind zunächst die Regelungen zur Verwendung der Daten für die Strafverfolgung.
aa) § 113b Satz 1 Nr. 1 TKG in Verbindung mit § 100g StPO genügt nicht den besonders engen Voraussetzungen, unter denen allein auf die nach § 113a TKG gespeicherten Daten zurückgegriffen werden darf. Zwar hat der Gesetzgeber mit diesen Vorschriften eine in ihrem Zusammenwirken differenzierte und nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 72 Abs. 1 GG abschließende Zweckbestimmung der Datenverwendung für die Strafverfolgung getroffen. Der Gesetzgeber lässt dabei für die Verwendung der Daten jedoch ähnliche Anforderungen genügen wie sie bisher für die Erhebung von Telekommunikationsverkehrsdaten galten, die die Diensteanbieter nach Maßgabe ihrer betrieblichen und vertraglichen Erfordernisse in begrenzterem Umfang und für den Einzelnen durch Vertragsgestaltung teilweise vermeidbar gemäß § 96 TKG speichern dürfen. Dies trägt dem besonders schweren Eingriff, der in der vorsorglich anlasslosen und systematischen Datenspeicherung des §113a TKG liegt, nicht hinreichend Rechnung.
Schon § 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO stellt nicht sicher, dass allgemein und auch im Einzelfall nur schwerwiegende Straftaten Anlass für eine Erhebung der entsprechenden Daten sein dürfen, sondern lässt - unabhängig von einem abschließenden Katalog - generell Straftaten von erheblicher Bedeutung genügen. Erst recht bleibt § 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 StPO hinter den verfassungsrechtlichen Maßgaben zurück, indem er unabhängig von deren Schwere jede mittels Telekommunikation begangene Straftat nach Maßgabe einer allgemeinen Abwägung im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung als möglichen Auslöser einer Datenabfrage ausreichen lässt. Mit dieser Regelung werden die nach § 113a TKG gespeicherten Daten praktisch in Bezug auf alle Straftatbestände nutzbar. Ihre Verwendung verliert damit angesichts der fortschreitenden Bedeutung der Telekommunikation im Lebensalltag ihren Ausnahmecharakter. Der Gesetzgeber beschränkt sich hier nicht mehr auf die Verwendung der Daten für die Verfolgung schwerer Straftaten, sondern geht hierüber - und damit auch über die europarechtlich vorgegebene Zielsetzung der Datenspeicherung, die sich auch ihrerseits allein auf die Verfolgung von schweren Straftaten ohne Einschluss der Gefahrenprävention beschränkt - weit hinaus. Zwar kann eine Verwendung dieser Daten gerade für die Verfolgung von mittels Telekommunikation begangenen Straftaten sehr nützlich sein, so dass ihre Einschränkung die Aufklärung in manchen Fällen erschweren oder auch verhindern kann. Es liegt indes in der Natur der Garantie des Art. 10 Abs. 1 GG und der hiermit verbundenen Verhältnismäßigkeitsanforderungen, dass nicht jede Maßnahme, die für die Strafverfolgung nützlich und im Einzelfall auch erforderlich sein kann, verfassungsrechtlich zulässig ist. Umgekehrt wird in der Konsequenz der hier maßgeblichen Anforderungen die Telekommunikation auch im Bereich weniger bedeutender Straftaten nicht insgesamt zum rechtsfreien Raum: Auskünfte nach § 113 Abs. 1 TKG kann der Gesetzgeber - auch unter mittelbarer Nutzung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten - für die Aufklärung aller Straftaten vorsehen (siehe oben C V 4 c). Ebenso bleibt hierdurch ein Rückgriff gemäß § 100g StPO auf anderweitig als nach § 113a TKG gespeicherte Telekommunikationsverkehrsdaten möglich.
bb) Nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht § 100g StPO weiterhin insoweit, als er einen Datenabruf grundsätzlich auch ohne Wissen des Betroffenen zulässt (§ 100g Abs. 1 Satz 1 StPO). Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Transparenz der Datenverwendung erlauben eine geheime Erhebung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten nur, wenn dies aus überwiegenden, gesetzlich näher zu konkretisierenden Gründen erforderlich und richterlich angeordnet ist.
cc) Auch die Ausgestaltung der Benachrichtigungspflicht genügt nicht in jeder Hinsicht den oben entwickelten Maßgaben. Allerdings ist der Umfang der vorgesehenen Benachrichtigungspflichten als solcher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. § 101 Abs. 1, 4 und 5 StPO sieht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 109, 279 <363 ff.>) differenzierte Regelungen vor, die den Grundsatz einer nachträglichen Benachrichtigung des Betroffenen verfassungsrechtlich tragfähig in Ausgleich bringen mit im Einzelfall ausnahmsweise entgegenstehenden überwiegenden Belangen. Nicht zu beanstanden ist insoweit insbesondere auch, dass Betroffene, auf die sich die Datenabfrage nicht bezogen hat, gemäß § 101 Abs. 4 Satz 4 StPO nicht in jedem Fall, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung zu benachrichtigen sind. Im Rahmen dieser Abwägung kann und muss den Interessen von mittelbar Betroffenen hinreichend Rechnung getragen werden.
Unzureichend sind demgegenüber die Regeln zur richterlichen Kontrolle für Fälle, in denen eine Benachrichtigung unterbleiben kann. § 101 Abs. 6 StPO sieht eine gerichtliche Kontrolle nur für die Zurückstellung der Benachrichtigung gemäß § 101 Abs. 5 StPO vor, nicht jedoch für das Absehen von einer Benachrichtigung gemäß § 101 Abs. 4 StPO. Dies trägt dem hohen Stellenwert der Benachrichtigung für eine transparente Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten nicht hinreichend Rechnung. Soweit sich eine Datenabfrage unmittelbar auf Verkehrsdaten einer bestimmten Person bezieht, darf auf deren nachträgliche Benachrichtigung nur nach einer gerichtlichen Kontrolle der entsprechenden Ausnahmegründe verzichtet werden. An einer solchen Kontrolle fehlt es in den Fällen, in denen von einer Benachrichtigung gemäß § 101 Abs. 4 Satz 3 StPO wegen überwiegender Belange einer betroffenen Person abgesehen werden soll.
dd) Demgegenüber ist die gerichtliche Kontrolle der Datenabfrage und Datennutzung selbst in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Weise gewährleistet. Die Erhebung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten bedarf gemäß § 100g Abs. 2 Satz 1, § 100b Abs. 1 Satz 1 StPO der Anordnung durch den Richter. Die richterliche Anordnung ermächtigt die Behörden auch nicht zu einem Direktzugriff auf die Daten, sondern verpflichtet die Diensteanbieter, diese in einem eigenen Zwischenschritt nach den Maßgaben der Anordnung herauszufiltern und zu übermitteln. Des Weiteren besteht gemäß § 101 Abs. 1, Abs. 7 Satz 2 bis 4 StPO die Möglichkeit, nachträglich eine gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme herbeizuführen. Dass diese Vorschriften einen effektiven Rechtsschutz insgesamt nicht gewährleisten, ist nicht ersichtlich.
Nicht hinreichend normenklar geregelt sind allerdings die gesetzlichen Bestimmungen zu den formalen Anforderungen an die richterliche Anordnung. § 100g Abs. 2 in Verbindung mit § 100b Abs. 2 StPO regelt lediglich Mindestanforderungen an die Entscheidungsformel; im Übrigen gilt die allgemeine Begründungspflicht für Entscheidungen gemäß § 34 StPO. Der Gesetzgeber sollte bei einer Neuregelung erwägen, ob es sachdienlich wäre, den strengen Anforderungen an eine substantiierte Begründung richterlicher Anordnungen (vgl. BVerfGE 103, 142 <151>; 107, 299 <325>; 109, 279 <358 f.>) durch eine spezielle und differenzierte Vorschrift Nachdruck zu verleihen. Jedenfalls ist gesetzlich sicherzustellen, dass der Umfang der zu übermittelnden Daten in der Anordnung in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden Weise hinreichend selektiv und für die Diensteanbieter eindeutig beschrieben wird.
b) Die angegriffenen Vorschriften entsprechen den verfassungsrechtlichen Anforderungen auch nicht im Hinblick auf den Abruf und die Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten für die Gefahrenabwehr und für die Aufgaben der Nachrichtendienste. § 113b Satz 1 Nr. 2 und 3 TKG genügt den Anforderungen an eine hinreichende Begrenzung der Verwendungszwecke schon seiner Anlage nach nicht. Der Bundesgesetzgeber begnügt sich hier damit, in lediglich generalisierender Weise die Aufgabenfelder zu umreißen, für die ein Datenabruf möglich sein soll, ohne konkret die Verwendungszwecke zu benennen. Deren Konkretisierung überlässt er vielmehr späterer Gesetzgebung, insbesondere auch der Gesetzgebung durch die Länder. Damit kommt er seiner Verantwortung für die verfassungsrechtlich gebotene Begrenzung der Verwendungszwecke nicht nach. Wenn er die Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten anordnet, obliegt es ihm zugleich, auch die für deren verfassungsrechtliche Rechtfertigung erforderlichen Verwendungszwecke und Eingriffsschwellen sowie die zur Gewährleistung der Zweckbindung erforderlichen Folgeregelungen verbindlich festzulegen. Solche Festlegungen enthält § 113b Halbsatz 1 TKG nicht. Vielmehr wird durch die Pflicht der Diensteanbieter zur vorsorglichen Speicherung aller Telekommunikationsverkehrsdaten und gleichzeitig die Freigabe dieser Daten für die Verwendung durch die Polizei und die Nachrichtendienste im Rahmen annähernd deren gesamter Aufgabenstellung ein für vielfältige und unbegrenzte Verwendungen offener Datenpool geschaffen, auf den - nur durch grobe Zielsetzungen beschränkt - jeweils aufgrund eigener Entscheidungen der Gesetzgeber in Bund und Ländern zugegriffen werden kann. Die Bereitstellung eines solchen seiner Zwecksetzung nach offenen Datenpools hebt den notwendigen Zusammenhang zwischen Speicherung und Speicherungszweck auf und ist mit der Verfassung nicht vereinbar (siehe oben C V 5 a).
Nicht zu beanstanden ist demgegenüber, dass in § 113b TKG keine übergreifenden Regelungen zu Benachrichtigungspflichten oder zur gerichtlichen Kontrolle für den Fall der Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten zu Zwecken der Gefahrenabwehr und der Aufgabenwahrnehmung durch die Nachrichtendienste enthalten sind. Zwar sind solche Regelungen verfassungsrechtlich unverzichtbar. Der Bundesgesetzgeber durfte diese mit dem Abruf der Daten im Zusammenhang stehenden Regelungen aber der jeweiligen Ausgestaltung durch die Fachgesetze und damit gegebenenfalls auch durch Landesgesetze überlassen.
c) Die Ausgestaltung der Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten ist auch insoweit unverhältnismäßig, als für die Übermittlung keinerlei Schutz von Vertrauensbeziehungen vorgesehen ist. Zumindest für einen engen Kreis von auf besondere Vertraulichkeit angewiesenen Telekommunikationsverbindungen ist ein solcher Schutz grundsätzlich geboten (siehe oben C V 2 e am Ende).
4. Schließlich genügt auch § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG, der eine mittelbare Nutzung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten für Auskünfte der Diensteanbieter gemäß § 113 Abs. 1 TKG vorsieht, nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit.
Nach den oben entwickelten Maßstäben unterliegt es allerdings keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber in § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG Auskünfte über die Anschlussinhaber bestimmter, den Behörden bereits bekannter IP-Adressen nicht unter die besonders strengen Voraussetzungen stellt, die für einen unmittelbaren Abruf der nach § 113a TKG gespeicherten Daten beachtet werden müssen. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, dass gemäß § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG in Verbindung mit § 113 Abs. 1 TKG solche Auskünfte ohne vorherige richterliche Anordnung für die Verfolgung von Straftaten aller Art und allgemein für die Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Nachrichtendienste zulässig sind. Nicht ganz eindeutig ist die Regelung jedoch hinsichtlich der erforderlichen Eingriffsschwellen. Bei verfassungskonformer Auslegung lässt sie sich jedoch dahingehend verstehen, dass § 113 Abs. 1 TKG auf die jeweiligen fachgesetzlichen Eingriffsgrundlagen verweist und für den Zugriff auf die Daten zumindest einen hinreichenden Anfangsverdacht gemäß §§ 161, 163 StPO oder eine konkrete Gefahr im Sinne der polizeilichen Generalklauseln voraussetzt (vgl. Bock, in: Geppert/Piepenbrock/Schütz/Schuster, Beck'scher Kommentar zum TKG, 3. Aufl. 2006, § 113 Rn. 7; Graulich, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, 2008, § 113 Rn. 8). Die Eingriffsschwelle der konkreten Gefahr muss der Vorschrift in verfassungskonformer Auslegung auch für Auskunftsverlangen der Nachrichtendienste entnommen werden.
Gleichfalls im Wege der verfassungskonformen Auslegung kann einem etwaigen Missbrauch der Vorschrift zur Umgehung des § 100g StPO begegnet werden. § 113b Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 TKG ermächtigt bei verfassungsgemäßem Verständnis nicht zu offenen Abfragen der Behörden zu Anschlussinhabern, deren Telekommunikationsverbindungen diesen nicht bekannt sind. Vielmehr erlaubt er entsprechend seiner in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Zielrichtung nur Auskünfte zu einzelnen, den Behörden bereits vorher bekannten IP-Adressen (vgl. BTDrucks 16/6979, S. 46). Der Gesetzgeber mag im Rahmen der notwendigen Neuregelung prüfen, ob er Anlass sieht, dies gesetzlich klarzustellen. Eine Verfassungswidrigkeit des § 113b Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 TKG ist insoweit jedoch nicht festzustellen.
Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zu weitgehend ist § 113b Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 TKG jedoch insoweit, als er allgemein auch die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten für solche Abfragen ausreichen lässt. Zwar ist dem Gesetzgeber nach den oben entwickelten Maßgaben nicht grundsätzlich verwehrt, solche Auskünfte in besonders wichtigen Fällen auch im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts einzusetzen (siehe oben C V 4 c). Es bedarf hierfür jedoch normenklarer spezieller Regelungen, an denen es vorliegend fehlt. Verfassungswidrig ist § 113b Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 TKG darüber hinaus auch insoweit, als es an Regelungen zu einer Benachrichtigung der Betroffenen fehlt. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 TKG haben die Auskunftsverpflichteten gegenüber den Betroffenen Stillschweigen zu wahren, und auch seitens der auskunftsersuchenden Behörden ist keinerlei Benachrichtigung gewährleistet. Dies genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine transparente Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten nicht (siehe oben C V 3 a).
5. Zusammenfassend genügen weder die gesetzlichen Vorgaben für die Datensicherheit noch die Vorschriften zur Verwendung der Daten gemäß § 113b Satz 1 Nr. 1 TKG in Verbindung mit § 100g StPO, § 113b Satz 1 Nr. 2 und 3 TKG und § 113b Satz 1 Halbsatz 2 TKG den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Damit fehlt es zugleich auch der Speicherungspflicht gemäß § 113a TKG selbst an einer verfassungsrechtlich tragfähigen Rechtfertigung. Die angegriffenen Vorschriften sind folglich insgesamt mit Art. 10 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
VII.
Demgegenüber sind die angegriffenen Vorschriften hinsichtlich Art. 12 Abs. 1 GG, soweit in diesem Verfahren hierüber zu entscheiden ist, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Die Beschwerdeführerin zu 4) im Verfahren 1 BvR 256/08 wird durch die angegriffenen Vorschriften und die hiermit verbundene finanzielle Belastung nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.
1. Die Auferlegung von Speicherungspflichten, die die Beschwerdeführerin zumindest insoweit betreffen, als sie auch selbst einen öffentlich zugänglichen Anonymisierungsserver betreibt, stellt allerdings einen Eingriff in ihre Berufsfreiheit dar. Als kommerzielle Anbieterin eines Anonymisierungsdienstes kann sie sich auf die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Auch hat die Regelung objektiv berufsregelnde Tendenz. Die Speicherungspflichten richten sich an solche Diensteanbieter, die öffentlich zugänglich Telekommunikationsdienste in der Regel gegen Entgelt für Endnutzer erbringen (vgl. § 113a Abs. 1, § 3 Nr. 24 TKG) und damit an Dienstleister, die die Dienste jedenfalls typischerweise zu Erwerbszwecken anbieten.
Bei dem Eingriff handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung. Geregelt wird in § 113a TKG eine Speicherungs- und in § 113b Satz 1 Halbsatz 1 TKG eine Übermittlungspflicht, die sich als technische Maßgaben für die Erbringung von Telekommunikationsdiensten darstellen. Fehl geht dagegen das Vorbringen, die Speicherungspflicht wirke gegenüber Anonymisierungsdiensten als Berufswahlregelung, weil eine endgültige Anonymisierung nicht mehr angeboten werden könne. Zwar kommt eine Berufswahlregelung nicht nur dann in Betracht, wenn der Zugang zu einem Beruf rechtlich beschränkt wird, sondern auch dann, wenn die sinnvolle Ausübung eines Berufs faktisch unmöglich gemacht wird (vgl. BVerfGE 30, 292 <313>). Jedoch führt die Speicherungspflicht nach § 113a Abs. 6 TKG nicht dazu, dass Anonymisierungsdienste grundsätzlich nicht mehr betrieben werden können. Die Anonymisierungsdienste können ihren Nutzern weiterhin anbieten, ohne Identifizierungsmöglichkeit der IP-Adresse durch Private im Internet zu surfen. Sie ermöglichen damit Nutzern, die eine statische (und folglich offene) IP-Adresse haben, ihre Identität zu verbergen und schützen andere Nutzer vor Hackern oder sonstigem illegalen Zugriff. Aufgehoben wird die Anonymität nur gegenüber den staatlichen Behörden und dabei auch nur dann, wenn nach den engen Voraussetzungen für die unmittelbare Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Verkehrsdaten ein Datenabruf ausnahmsweise erlaubt ist. Abgehalten werden damit folglich allein Kunden, deren Anonymisierungsinteresse sich gegen die in solchen besonders schwerwiegenden Fällen ermittelnden Behörden richtet. Das Angebot eines Anonymisierungsdienstes wird dadurch nicht insgesamt hinfällig.
2. Der durch die Auferlegung der Speicherungspflichten begründete Eingriff ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Er ist weder hinsichtlich des technischen Aufwands noch hinsichtlich der damit verbundenen finanziellen Belastungen unverhältnismäßig.
Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 94, 372 <390>; 101, 331 <347>; 121, 317 <346>). Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus (vgl. BVerfGE 7, 377 <405 f.>; 16, 286 <297>; 81, 156 <189>; stRspr). Auch hier gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, das heißt der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
a) Die Speicherungs- und Übermittlungspflichten legitimieren sich auch hinsichtlich des Eingriffs in die Berufsfreiheit aus der Zielsetzung einer Effektivierung der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Aufgaben der Geheimdienste. Sie stützen sich damit auf vernünftige Gründe des Allgemeinwohls, für deren Förderung sie geeignet sind. Eine weniger eingreifende Regelung, die ebenso effektiv und für die öffentliche Hand kostengünstig ist, ist nicht ersichtlich. Da die Telekommunikationsverkehrsdaten seit der Privatisierung des Telekommunikationssektors nicht mehr beim Staat anfallen, ist dieser seinerseits zu einer direkten Speicherung nicht in der Lage. Eine Übermittlung aller Verbindungsdaten an den Staat, damit dieser die Speicherung selbst vornimmt, scheidet schon wegen der damit verbundenen Risiken sowohl für den Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses als auch für die Sicherheit und Vollständigkeit der Daten aus. Auch entfällt die Erforderlichkeit bei Beeinträchtigungen der Berufstätigkeit durch die Auferlegung von Kostenlasten beziehungsweise kostenträchtigen Pflichten nicht schon deshalb, weil eine Finanzierung der betreffenden Aufgabe aus Steuermitteln für die Betroffenen ein milderes Mittel wäre (vgl. BVerfGE 81, 156 <193 f.>; 109, 64 <86>). Mildere Mittel sind nicht solche, die eine Kostenlast lediglich verschieben (vgl. BVerfGE 103, 172 <183 f.>; 109, 64 <86>).
b) Die Auferlegung der Speicherungspflicht wirkt gegenüber den betroffenen Diensteanbietern typischerweise nicht übermäßig belastend.
aa) Die Speicherungspflicht überschreitet die Grenze der Zulässigkeit nicht durch den technischen Aufwand, den sie den Diensteanbietern abverlangt. Da sich die betreffenden Diensteanbieter auf dem Telekommunikationsmarkt bewegen, müssen sie ohnehin ein hohes Maß an Technikbeherrschung im Bereich der Telekommunikationsdatenerfassung, -speicherung und -verarbeitung aufweisen. Über diese Fähigkeiten müssen auch kleine Unternehmen in diesem Sektor verfügen. Überdies wird jedenfalls ein Großteil der nach § 113a TKG zu speichernden Daten ohnehin von den betreffenden Telekommunikationsunternehmen vorübergehend für eigene Zwecke gespeichert. Anspruchsvolle organisatorische Anforderungen zur Gewährleistung von Datensicherheit entstehen nicht erst aus der Speicherungspflicht des § 113a TKG, sondern unabhängig davon schon aus dem Gegenstand der von den betreffenden Unternehmen angebotenen Dienste. Insoweit ist die Auferlegung der spezifischen Pflichten gemäß § 113a TKG in technisch-organisatorischer Hinsicht nicht unverhältnismäßig.
bb) Unverhältnismäßig ist die Speicherungspflicht auch nicht in Bezug auf die finanziellen Lasten, die den Unternehmen durch die Speicherungspflicht nach § 113a TKG und die hieran knüpfenden Folgeverpflichtungen wie die Gewährleistung von Datensicherheit erwachsen. Unzumutbar ist dieses insbesondere nicht deshalb, weil dadurch private Unternehmen unzulässig mit Staatsaufgaben betraut würden. Eine kategorische Trennung von "Staatsaufgaben" und "privaten Aufgaben" mit der Folge der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer Indienstnahme für Gemeinwohlzwecke von Privaten auf deren Kosten lässt sich der Verfassung nicht entnehmen. Vielmehr hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, welche Pflichten zur Sicherstellung von Gemeinwohlbelangen er Privaten im Rahmen ihrer Berufstätigkeit auferlegt (vgl. BVerfGE 109, 64 <85>). Grundsätzlich kann er Lasten und Maßnahmen zur Wahrung von Gemeinwohlbelangen, die als Folge kommerzieller Aktivitäten regelungsbedürftig sind, den entsprechenden Marktakteuren auferlegen, um die damit verbundenen Kosten auf diese Weise in den Markt und den Marktpreis zu integrieren. Dabei ist der Gesetzgeber nicht darauf beschränkt, Private nur dann in Dienst zu nehmen, wenn ihre berufliche Tätigkeit unmittelbar Gefahren auslösen kann oder sie hinsichtlich dieser Gefahren unmittelbar ein Verschulden trifft. Vielmehr reicht insoweit eine hinreichende Sach- und Verantwortungsnähe zwischen der beruflichen Tätigkeit und der auferlegten Verpflichtung (vgl. BVerfGE 95, 173 <187>).
Danach bestehen gegen die den Speicherungspflichtigen erwachsenden Kostenlasten keine grundsätzlichen Bedenken. Der Gesetzgeber verlagert auf diese Weise die mit der Speicherung verbundenen Kosten entsprechend der Privatisierung des Telekommunikationssektors insgesamt in den Markt. So wie die Telekommunikationsunternehmen die neuen Chancen der Telekommunikationstechnik zur Gewinnerzielung nutzen können, müssen sie auch die Kosten für die Einhegung der neuen Sicherheitsrisiken, die mit der Telekommunikation verbunden sind, übernehmen und in ihren Preisen verarbeiten. Die den Unternehmen auferlegten Pflichten stehen in engem Zusammenhang mit den von ihnen erbrachten Dienstleistungen und können als solche nur von ihnen selbst erbracht werden. Auch werden hierbei nicht einzelnen Diensteanbietern einzelfallbezogen Sonderopfer auferlegt, sondern in allgemeiner Form die Rahmenbedingungen für die Erbringung von Telekommunikationsdiensten ausgestaltet. Es ist damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Unternehmen hierfür dann auch die anfallenden Kosten grundsätzlich zu tragen haben. Allein die gemeinwohlbezogene Zielsetzung gebietet es nicht, hierfür einen Kostenersatz vorzusehen (vgl. BVerfGE 30, 292 <311>). Ein Gesetz, das die Berufsausübung in der Weise regelt, dass es Privaten bei der Ausübung ihres Berufs Pflichten auferlegt und dabei regelmäßig eine Vielzahl von Personen betrifft, ist nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn es einzelne Betroffene unzumutbar belastet, sondern erst dann, wenn es bei einer größeren Betroffenengruppe das Übermaßverbot verletzt (vgl. BVerfGE 30, 292 <316>). Dass die Kostenlasten in dieser Weise erdrosselnde Wirkungen haben, ist weder substantiiert vorgebracht noch erkennbar.
Insofern ist nicht weiter zu prüfen, ob hinsichtlich besonderer Fallgruppen (vgl. BVerfGE 30, 292 <327>) oder Sondersituationen aus dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit Härteregelungen geboten sind. Denn jedenfalls ergibt sich hierfür aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu 4) im Verfahren 1 BvR 256/08 nichts. Insbesondere hat sie auch in Bezug auf Anonymisierungsdienste eine über die bei den sonstigen Telekommunikationsunternehmen hinausgehende Belastung weder für sich noch für andere Anbieter solcher Dienste hinreichend nachvollziehbar durch konkrete Zahlen belegt. Nur unter dieser Voraussetzung ließe sich aber eine Überschreitung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bei der Indienstnahme der Anonymisierungsdienste feststellen. Solange die Einschätzung des Gesetzgebers nur durch Vermutungen und Behauptungen in Frage gestellt wird, kann das Bundesverfassungsgericht dieser Frage nicht nachgehen (vgl. BVerfGE 114, 196 <248>).
Keinen grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich möglicher verbleibender Kostenlasten unterliegt auch die Übermittlungspflicht gemäß § 113b Satz 1 Nr. 1 TKG in Verbindung mit § 100g StPO, für die der Gesetzgeber eine Entschädigungsregelung vorgesehen hat (vgl. § 23 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz). Die hier vorgesehenen Ausgleichsansprüche sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
VIII.
Auch im Übrigen ergeben sich aus den Grundrechten, soweit deren Verletzung zulässig gerügt ist, keine weitergehenden Anforderungen an die angegriffenen Vorschriften.
IX.
Der Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG führt zur Nichtigkeit der §§ 113a und 113b TKG sowie von § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO, soweit danach Verkehrsdaten gemäß § 113a TKG erhoben werden dürfen. Die angegriffenen Normen sind daher unter Feststellung der Grundrechtsverletzung für nichtig zu erklären (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 und § 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG). Dementsprechend müssen die aufgrund der einstweiligen Anordnung vom 11. März 2008 und 28. Oktober 2008 von den Diensteanbietern im Rahmen von Auskunftsersuchen erhobenen aber einstweilen nicht an die ersuchenden Behörden übermittelten, sondern gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten unverzüglich gelöscht werden. Sie dürfen nicht mehr an die ersuchenden Stellen übermittelt werden.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Die Entscheidung ist hinsichtlich der europarechtlichen Fragen, der formellen Verfassungsmäßigkeit und der grundsätzlichen Vereinbarkeit der vorsorglichen Telekommunikationsverkehrsdatenspeicherung mit der Verfassung im Ergebnis einstimmig ergangen. Hinsichtlich der Beurteilung der §§ 113a und 113b TKG als verfassungswidrig ist sie im Ergebnis mit 7:1 Stimmen und hinsichtlich weiterer materiellrechtlicher Fragen, soweit aus den Sondervoten ersichtlich, mit 6:2 Stimmen ergangen.
Dass die Vorschriften gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG für nichtig und nicht nur für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären sind, hat der Senat mit 4:4 Stimmen entschieden. Demzufolge können die Vorschriften auch nicht in eingeschränktem Umfang übergangsweise weiter angewendet werden, sondern verbleibt es bei der gesetzlichen Regelfolge der Nichtigerklärung.
Ich kann der Entscheidung im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung aus den nachfolgend skizzierten Erwägungen nicht zustimmen.
Der Speicherung der Verkehrsdaten schreibt der Senat die Wirkung eines besonders schweren Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 10 GG zu. Nach meinem Dafürhalten ist einem solchen Eingriff zwar besonderes Gewicht beizumessen; er erweist sich aber im Vergleich zu inhaltsbezogenen Überwachungsmaßnahmen als von deutlich geringerer Schwere (dazu I.). Ich halte den durch die Speicherung der Verkehrsdaten und die strafprozessrechtliche Zugriffsregelung bedingten Eingriff darüber hinaus angesichts der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele, namentlich der Aufklärung auch von Straftaten, die im Einzelfall von erheblicher Bedeutung sind oder mittels Telekommunikation begangen, indessen schwer aufklärbar sind, verfassungsrechtlich im Grundsatz für gerechtfertigt. Die zugrundeliegenden Vorschriften halten nach meinem Erachten der Verhältnismäßigkeitsprüfung im engeren Sinne, insbesondere einer Angemessenheits- und Zumutbarkeitsprüfung im Wesentlichen stand (dazu II.). Davon ausgenommen sind lediglich die inhaltlichen Anforderungen an die Gewährleistung der Datensicherheit der zu speichernden und zu übermittelnden Telekommunikationsverkehrsdaten; insoweit stimme ich der Senatsmehrheit zu, ohne dies im Folgenden nochmals aufzugreifen. Im Rechtsfolgenausspruch wäre auf der Grundlage der Würdigung der Senatsmehrheit von der Nichtigerklärung der angegriffenen Regelungen nach meinem Dafürhalten abzusehen gewesen; diese hätten entsprechend den vom Senat getroffenen einstweiligen Anordnungen bis zu einer Neuregelung für weiter anwendbar erachtet werden sollen (dazu III.).
I.
Die Senatsmehrheit sieht in der Speicherung der Verkehrsdaten für die Dauer von sechs Monaten bei den Diensteanbietern einen besonders schweren Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG. Diese Gewichtung teile ich nicht.
Das Telekommunikationsgeheimnis schützt die Inhalte und die näheren Umstände des Kommunikationsvorgangs vor einer Kenntnisnahme durch die öffentliche Gewalt (vgl. BVerfGE 100, 313 <358>; 106, 28 <37>; 107, 299 <312 f.>). Schreibt man der Verpflichtung der privaten Diensteanbieter zur Speicherung (§ 113a TKG) Eingriffsqualität zu, weil die Anbieter "Hilfspersonen des Staates" seien und diesem mithin die Speicherung zuzurechnen sei, so gewinnt für die Bewertung der Intensität des Eingriffs der Umstand besondere Bedeutung, dass vor einem etwaigen Zugriff durch staatliche Stellen die Verkehrsdaten ausschließlich in der Sphäre der privaten Dienstanbieter verbleiben. Sie befinden sich in den Händen des Vertragspartners, dem der die Dienste in Anspruch Nehmende das bei Vertragsschlüssen solcher Art vorauszusetzende Grundvertrauen entgegenbringt, dieser werde die ohnehin zunächst aus betriebs- und abrechnungstechnischen Gründen anfallenden Daten strikt vertraulich behandeln und ihren Schutz gewährleisten. Ist zudem das nach dem Stand der Technik mögliche angemessene Niveau der Datensicherheit gewährleistet, fehlt damit auch jede objektivierbare Grundlage für die Annahme eines eingriffsintensivierenden Einschüchterungseffekts oder eines - wie das Urteil formuliert - "Gefühls des ständigen Überwachtwerdens" und der "diffusen Bedrohlichkeit". Darüber hinaus erfolgt die Speicherung nicht heimlich, sondern aufgrund bekanntgemachten Gesetzes. Ihr Gegen- stand ist nicht der Inhalt von Telekommunikationsvorgängen. Soweit die Verkehrsdaten in begrenztem Umfang Rückschlüsse auch auf solche Inhalte zulassen oder gar die Erstellung von Bewegungsbildern und Sozialprofilen ermöglichen, betrifft dies die Frage der Verhältnismäßigkeit der entsprechenden Zugriffsregelungen sowie der Wahrung der Verhältnismäßigkeitsanforderungen auf der Rechtsanwendungsebene. Dass solche im Einzelfall eingriffsintensiven Nutzungen bei Vorliegen entsprechend gewichtiger Gründe erfolgen können, rechtfertigt es nicht, ihnen als Ausnahmefällen, als die sie sich aufs Ganze gesehen erweisen, ausschlaggebende Bedeutung bei der Gewichtung der Speicherung beizumessen und sie dieser uneingeschränkt zugrunde zu legen.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 12. März 2003 (BVerfGE 107, 299 <322>) zur Herausgabe von Verbindungsdaten der Telekommunikation, die sich auf Telefongespräche bezogen, hervorgehoben, dass das Gewicht des Eingriffs - dort durch den Abruf - hinter dem der auf Kommunikationsinhalte bezogenen Telefonüberwachung zurückbleibe, freilich aber dennoch groß sei. Zwar ist vorliegend im Blick auf die Breitenwirkung der Speicherungsverpflichtung und ihre Vorsorglichkeit eine besondere Fallgestaltung gegeben. Allerdings muss bei der Gewichtung des Eingriffs immer noch eine wahrnehmbare Distanz zu solchen besonders schweren Eingriffen gewahrt werden, wie sie etwa bei der akustischen Wohnraumüberwachung oder bei der Online-Durchsuchung informationstechnischer Systeme, aber auch bei der Inhaltsüberwachung und Auswertung der Telekommunikation durch unmittelbaren Zugriff staatlicher Organe vorliegen und bei denen überdies - anders als hier - in besonderem Maße das Risiko besteht, dass der absolut geschützte Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen wird. Die Erfassung der Verkehrsdaten aller Telekommunikationskontakte bei den privaten Anbietern ohne Kenntnisnahme durch die öffentliche Gewalt und die unter engen materiellen Voraussetzungen gesondert vorgesehene Möglichkeit ihrer - regelhaft auf der Rechtsanwendungsebene durch den anordnenden Richter überprüften und strikt eingeschränkten - Abfrage unter prozeduralen, sichernden Vorkehrungen - wie sie etwa für die Erhebung nach § 100g StPO vorgesehen sind - begründet hingegen aus Sicht des einzelnen betroffenen Grundrechtsträgers keinen solchermaßen gewichtigen Grundrechtseingriff, dass es gerechtfertigt wäre, diesen als "besonders schwer" zu bewerten und damit als einen der größtdenkbaren Eingriffe in das Grundrecht zu klassifizieren. Danach bleibt ein Eingriff aufgrund der Speicherung beim privaten Anbieter, der sich als besonders gewichtig charakterisieren lässt. Diese Differenzierung gewinnt ihre weitere Bedeutung bei der Prüfung der Angemessenheit der angegriffenen Regelungen.
II.
Die angegriffenen Regelungen über die Speicherungspflicht und die Erhebung der Verkehrsdaten zum Zwecke der Strafverfolgung sind - abweichend von der Würdigung der Senatsmehrheit - nicht unangemessen; sie sind den Betroffenen auch zumutbar und damit verhältnismäßig im engeren Sinne.
1. Die Regelungen tragen dem Gebot der Angemessenheit und der Zumutbarkeit als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips hinreichend Rechnung. Auf der Grundlage einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe erweist sich, dass der Gesetzgeber die sich aus diesem Gebot ergebenden Grenzen gewahrt hat.
Das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verlangt, dass die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen darf (vgl. BVerfGE 90, 145 <173>; 92, 277 <327>; 109, 279 <349 ff.>; 115, 320 <345>). In dem Spannungsverhältnis zwischen der Pflicht des Staates zum Rechtsgüterschutz und dem Interesse des Einzelnen an der Wahrung seiner von der Verfassung verbürgten Rechte ist es zunächst Aufgabe des Gesetzgebers, in abstrakter Weise einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu erreichen (vgl. BVerfGE 109, 279 <350>; 115, 320 <346>). Ihm kommt dabei - wovon im Ansatz auch die Senatsmehrheit terminologisch ausgeht - ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu.
Bei der verfassungsrechtlichen Würdigung der Angemessenheit der Regelung ist im Ausgangspunkt in Betracht zu ziehen, dass die Grundrechte sich nicht darin erschöpfen, Eingriffe des Staates abzuwehren. Kraft ihrer objektiv-rechtlichen Dimension folgt aus ihnen die Pflicht des Staates, die Bürger vor Übergriffen zu schützen. Diese Schutzpflicht schließt die Aufgabe ein, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Verletzung von Rechtsgütern zu vermeiden, sie gegebenenfalls aufzuklären, die Verantwortung für sie zuzuweisen und den Rechtsfrieden wieder herzustellen (vgl. Jutta Limbach, AnwBl 2002, S. 454). In diesem Sinne zählt die Gewährleistung des Schutzes der Bürger und ihrer Grundrechte sowie der Grundlagen des Gemeinwesens und die Verhinderung wie die Aufklärung bedeutsamer Straftaten zugleich zu den Voraussetzungen eines friedlichen Zusammenlebens und des unbeschwerten Gebrauchs der Grundrechte durch den Bürger. Effektive Aufklärung von Straftaten und wirksame Gefahrenabwehr sind daher nicht per se eine Bedrohung für die Freiheit der Bürger, indessen nicht ohne Maß und Grenze statthaft. Sie sind im Rahmen des Angemessenen und Zumutbaren geboten, um die Inanspruchnahme auch der Grundrechte abzusichern und die Rechtsgüter des Einzelnen zu schützen. Der Bürger muss sich im Rechtsstaat auf effektiven Schutz durch den Staat ebenso verlassen können, wie auf den Schutz gegen den Staat (vgl. Di Fabio, NJW 2008, S. 421 <422>). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht den Staat als verfasste Friedens- und Ordnungsmacht beschrieben und die von ihm zu gewährleistende Sicherheit seiner Bürger als Verfassungswert anerkannt, der mit anderen im gleichen Rang steht und unverzichtbar ist, weil die Institution Staat auch davon ihre Rechtfertigung herleitet (vgl. BVerfGE 49, 24 <56 f.>; 115, 320 <346>).
Bei dem Ausgleich der widerstreitenden Interessen durch den Gesetzgeber, der die rechtlichen Grundlagen für die Aufklärung von Straftaten und die Gefahrenabwehr zu schaffen hat, ist zudem zu berücksichtigen, dass dem Einzelnen in seiner Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit gewisse Beeinträchtigungen zuzumuten sind, die dem Rechtsgüterschutz und Grundrechtsschutz anderer Bürger, aber auch seinem eigenen Schutz dienen (vgl. BVerfGE 4, 7 <15>; 33, 303 <334>; 50, 166 <175>). Auch im Blick darauf muss dem Gesetzgeber ein Gestaltungsraum für den ihm obliegenden Ausgleich eingeräumt werden, um einerseits die Freiheitsrechte der Grundrechtsträger zu schützen, andererseits aber diejenigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen effektiven Schutz der Grundrechte und Rechtsgüter der Bürger vor Verletzungen und die Aufklärung von Straftaten mit angemessenen und zumutbaren Mitteln wirksam ermöglichen.
2. Der Gesetzgeber hat sich mit der Pflicht zur Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten für die Dauer von sechs Monaten, der Verwendungszweckregelung und der strafprozessrechtlichen Erhebungsregelung in dem ihm von Verfassungs wegen zukommenden Gestaltungsrahmen gehalten. Die von den angegriffenen Vorschriften ausgehende Beeinträchtigung für die von der Verkehrsdatenspeicherung betroffenen Telekommunikationsteilnehmer ist in Ansehung der zu schützenden Grundrechte und Rechtsgüter nicht unangemessen und unzumutbar; auf der Gegenseite des zu findenden Ausgleichs steht die gesetzgeberische Gewichtung des Schutzes der durch Straftaten verletzten Rechtsgüter Einzelner und der Allgemeinheit und die Abwehr entsprechender Gefahren im Zeitalter sehr weit gehenden Ausbaus der elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten, die oft kaum Spuren hinterlassen. Das sieht im Grundsatz auch die Senatsmehrheit so, berücksichtigt diesen Gesichtspunkt jedoch lediglich bei der Würdigung der Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Regelungen, stellt ihn indessen nicht ausdrücklich in eine Angemessenheitsprüfung ein, die die betroffenen Belange wirklich "in ein Verhältnis zueinander" setzt.
a) Der dem Gesetzgeber beim abstrakten Ausgleich zwischen den in Rede stehenden Rechtsgütern und Interessen im Spannungsverhältnis von "Freiheit und Sicherheit" zunächst zukommende Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 109, 279 <350>; 115, 320 <346>) wird durch die Eigenart der Regelungsgegenstände und die Realität, der die Regelung gerecht werden soll, mit geprägt. Deshalb sind Zweck und Wirksamkeit der Regelungen auch bei der Beurteilung der Angemessenheit und Zumutbarkeit mit in den Blick zu nehmen.
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG das System der strafprozessualen verdeckten Ermittlungsmethoden grundlegend reformiert. Dabei hat er sich in sehr sorgfältiger Weise auf eingeholte Gutachten, eine ausgiebige Diskussion in der Rechtswissenschaft, aber auch Erfahrungsberichte der staatsanwaltlichen und polizeilichen Praxis gestützt (vgl. Gesetzentwurf BTDrucks 16/5846, S. 1). Im parlamentarischen Verfahren ist eine ausführliche Anhörung von Sachverständigen erfolgt (vgl. die Protokolle der 73. und 74. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, 16. Wahlperiode, am 19. und 21. September 2007). Das Bestreben war es zudem, die bis dahin vorliegende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Das Gesetz wurde schließlich mit einer sehr breiten Mehrheit beschlossen (vgl. Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages, 16. Wahlperiode, 124. Sitzung am 9. November 2007, S. 13009 (D); siehe auch die Einbringungsrede von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, a.a.O., Plenarprotokoll S. 12994 f.). Der Gesetzgeber wollte neuen technischen Entwicklungen Rechnung tragen, da er zur Aufklärung insbesondere von schwer ermittelbarer Kriminalität, Transaktions- und Wirtschaftskriminalität sowie von Straftaten, die unter Nutzung moderner Kommunikationstechnologien begangen werden (vgl. Gesetzentwurf BTDrucks 16/5846, S. 2), gerade den hier in Rede stehenden Regelungen große Wirkung beigemessen hat. Dabei war es weiter das erklärte Ziel, den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen, rechtsstaatlichen Strafrechtspflege Rechnung zu tragen, deren Aufgabe es ist, in den ihr gesetzten Grenzen Gerechtigkeit und Rechtsfrieden zu schaffen. Dieses Ziel setzt die Ermittelbarkeit der zur Aufklärung erforderlichen Tatsachen grundsätzlich voraus (a.a.O. S. 22). Dabei ist der Gesetzgeber auch davon ausgegangen, dass gerade Telekommunikationsverkehrsdaten aufgrund der technischen Entwicklung hin zu Flatrates - anders als in zurückliegender Zeit, als gerade die Verbindungsdaten der Telefonie noch viele Monate verfügbar waren - oftmals entweder überhaupt nicht gespeichert werden oder bereits wieder gelöscht sind, bevor eine richterliche Anordnung zur Auskunftserteilung erwirkt werden kann oder auch nur die für einen entsprechenden Antrag erforderlichen Informationen zuvor ermittelt sind (a.a.O. S. 27). Zudem ist allgemein bekannt, dass auch im und über das Internet selbst Straftaten begangen werden. Die gesellschaftliche Realität, die das Vorhandensein von Kriminalität einschließt, bildet sich auch hier im Bereich der verschiedenen Sparten der Telekommunikation ab. Wenn der Gesetzgeber hierauf reagiert, das nach seiner Einschätzung Erforderliche aber nur dann effektiv möglich ist, wenn die entsprechenden Verkehrsdaten für eine gewisse Dauer einer Aufbewahrungs- und Speicherungspflicht unterliegen, die er den Diensteanbietern auferlegt, so ist dies im Grundsatz nicht unangemessen und den Grundrechtsträgern, um deren Daten es geht, zuzumuten. Solche Vorsorge kennt die Rechtsordnung auch auf anderen Feldern, so etwa - ohne dass dies unmittelbar vergleichbar wäre - im Bereich der Einwohnermeldepflichten oder auch beim Vorhalten der sogenannten Kontostammdaten durch die Banken (vgl. dazu § 24c KWG; BVerfGE 118, 168).
Dass der vom Gesetzgeber gewählte Ansatz nicht unausgewogen ist, findet eine gewisse Bestätigung auch in dem Tätigkeitsbericht 2008/2009 der Bundesnetzagentur, der die Entwicklung der Zahl der verschiedenen Zugänge zur Sprach- und sonstigen Datenkommunikation in den letzten Jahren ausweist. Der Bericht belegt eindrucksvoll die exorbitanten Steigerungsraten hinsichtlich der Zahl der Anschlüsse, vor allem aber auch der im Netz ausgetauschten Sprach- und Datenvolumina. Er verdeutlicht, dass sich das Kommunikationsverhalten der Menschen in den letzten Jahren grundlegend verändert hat (vgl. a.a.O. etwa S. 38 zu den DSL-Anschlüssen, S. 50 zur Teilnehmerentwicklung in den Mobilfunknetzen, S. 53 zum Sprachvolumen im Mobilfunk sowie den Steigerungsraten bei der Flatrate-Abrechnung, S. 59 zum Verkehrsvolumen über Breitbandanschlüsse).
Unter diesen Umständen kann es dem Gesetzgeber im Grundsatz nicht versagt sein, zum Zwecke des Schutzes der Rechtsgüter der Opfer von Straftaten auf die Wirksamkeit der von ihm vorzusehenden Mittel Bedacht zu nehmen und sich auf die veränderte Situation - auch durch die Verpflichtung der Diensteanbieter, in ihrer Sphäre Verkehrsdaten für eine gewisse Dauer aufzubewahren und vorzuhalten - einzustellen. Das Schritthalten der staatlichen Organe mit dem technischen Fortschritt kann dabei auch nicht lediglich als sinnvolle Abrundung des Arsenals kriminalistischer Ermittlungsmethoden begriffen werden, die weiterhin wirkungsvolle herkömmliche Ermittlungsmaßnahmen ergänzt, sondern ist vor dem Hintergrund der Verlagerung herkömmlicher Kommunikationsformen hin zum elektronischen Nachrichtenverkehr einschließlich der anschließenden digitalen Verarbeitung und Speicherung zu sehen. Für eine wirksame Strafverfolgung und Gefahrenabwehr nicht nur im Bereich der schweren Kriminalität, sondern auch für die Aufklärung von Straftaten, die im Einzelfall von erheblicher Bedeutung sind oder mittels Telekommunikation begangen werden, aber ohne einen Zugriff auf Verkehrsdaten schwer aufklärbar sind, ist die Verfügbarkeit der Verkehrsdaten für die Dauer von sechs Monaten nach nicht zu beanstandender Einschätzung des Gesetzgebers von großer Bedeutung (vgl. BVerfGE 115, 166 <192 ff.>; siehe auch BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 22. August 2006 - 2 BvR 1345/03 -, NJW 2007, S. 351 <355>).
Auch die Senatsmehrheit erkennt entsprechend an, dass die vermehrte Nutzung elektronischer oder digitaler Kommunikationsmittel und deren Vordringen in nahezu alle Lebensbereiche die Strafverfolgung ebenso wie auch die Gefahrenabwehr erschwert und moderne Kommunikationstechniken bei der Begehung unterschiedlichster Straftaten zunehmend eingesetzt werden und dort zur Effektivierung auch krimineller Handlungen beitragen. Sie gewichtet diese Entwicklung aber bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im engeren Sinne nicht in dem nach meinem Erachten gebotenen Maße.
b) Die Senatsmehrheit schränkt überdies den Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, auf dem Felde der Straftatenaufklärung und der Gefahrenabwehr zum Schutz der Menschen angemessene und zumutbare Regelungen zu treffen, im praktischen Ergebnis nahezu vollständig ein. Damit trägt sie auch dem Gebot verfassungsrichterlicher Zurückhaltung ("judicial self-restraint") gegenüber konzeptionellen Entscheidungen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers nicht hinreichend Rechnung. Sie gibt dem Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung bis in die Einzelheiten nach Art einer Handlungsanleitung vor, die ihm keinen nennenswerten Raum für eine Lösung belässt, welche den gegebenen, fortentwickelten Verhältnissen im Bereich der Telekommunikation nach seiner Einschätzung gerecht wird.
Das Urteil gibt eine Speicherdauer von sechs Monaten - also dem durch die EG-Richtlinie geforderten Mindestmaß - als an der Obergrenze liegend und allenfalls verfassungsrechtlich rechtfertigungsfähig vor, schreibt dem Gesetzgeber regelungstechnisch vor, dass die Verwendungszweckregelung zugleich die Zugriffsvoraussetzungen enthalten muss, beschränkt ihn auf eine Katalogtatentechnik im Strafrecht und schließt die Möglichkeit der Nutzung der Verkehrsdaten auch zur Aufklärung von mittels Telekommunikationsmitteln begangenen schwer aufklärbaren Straftaten aus und erweitert die Benachrichtigungspflichten sowie die Rechtsschutzmindestvoraussetzungen in bestimmter Art. Danach bleibt dem Gesetzgeber kein nennenswerter Spielraum mehr für eine Ausgestaltung in eigener politischer Verantwortung. Er ist im Wesentlichen darauf beschränkt, im Randbereich den Katalog für den strafprozessrechtlichen Abruf geringfügig anzupassen und zu verändern. Er muss das Urteil umsetzen, will er nicht gemeinschaftsrechtswidrig von einer Neuregelung absehen. Damit ersetzt das Urteil im praktischen Ergebnis die Gesetzgebung bis hin zu den Details einer vom Senat für verfassungsrechtlich allein statthaft erachteten Regelung.
3. Die Senatsmehrheit fordert, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Verwendungszweckbestimmung zugleich Klarheit über die Zugriffsvoraussetzungen und verfahrenssichernde Anforderungen zu schaffen hat. Damit nimmt sie dem Gesetzgeber die regelungstechnische Möglichkeit, mit einem System komplementärer Rechtsgrundlagen zu arbeiten, wie dies auf anderen Gebieten bislang unbeanstandet geblieben ist. So hat es der Senat etwa in der sogenannten Kontostammdatenentscheidung verfassungsrechtlich nicht beanstandet, dass der Abruf für die Erfüllung anderweitig geregelter gesetzlicher Aufgaben erforderlich sein muss, Abrufanlass und -voraussetzungen jedoch in einem anderen Gesetz umschrieben sind (vgl. BVerfGE 118, 168 <191>). Verwendungszweckangaben für unzureichend erachtet hat der Senat hingegen in der Entscheidung zur sogenannten automatischen Kennzeichenerfassung, wo im angegriffenen Gesetz allerdings keine Aussage zum Verwendungszweck getroffen worden und daher alle denkbaren Verwendungszwecke eingeschlossen waren (vgl. BVerfGE 120, 378 <409>). Das verhält sich hier indessen anders (§ 113b TKG). Es dient daher gerade der Normenklarheit und Übersichtlichkeit, wenn diejenigen rechtlichen Voraussetzungen und Maßgaben, die zu der wesentlichen Intensivierung des Eingriffs durch Abruf der Daten führen, bereichsspezifisch in einem jeweils rechtsgebietsbezogenen eigenständigen Normengefüge geregelt sind. Beide Regelungen unterliegen selbstverständlich - gegebenenfalls auch in ihrem Zusammenwirken - den verfassungsrechtlichen Anforderungen und der verfassungsgerichtlichen Überprüfung. Selbst wenn im Verhältnis zu einem Landesgesetzgeber der Bundesgesetzgeber die Verantwortung für die Speicherung der Verkehrsdaten trägt, muss die ergänzende etwaige landesrechtliche Regelung ebenfalls der Verfassung genügen. Ein Rechtschutzdefizit kann deshalb nicht entstehen.
Dementsprechend bestand hier kein Grund, neben der strafrechtlichen Zugriffsnorm des § 100g StPO, die mit den Verfassungsbeschwerden teilweise mit angegriffen worden ist, auch auf die näheren Voraussetzungen für die Nutzung der Verkehrsdaten zum Zwecke der Gefahrenabwehr und für Zwecke der Nachrichtendienste einzugehen.
4. Der Senat verwehrt dem Gesetzgeber schließlich die Abrufbarkeit der Verkehrsdaten für die Aufklärung von Straftaten, die nicht im derzeitigen Katalog des § 100a Abs. 2 StPO bezeichnet sind, aber im Einzelfall dennoch von erheblicher Bedeutung sind, sowie von solchen Taten, die mittels Telekommunikation begangen sind (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 StPO). Dabei berücksichtigt er ebenfalls nicht hinreichend das Gewicht der in Betracht kommenden Straftaten und - soweit der Gesetzgeber sie als schwer aufklärbar erachtet - deren Bedeutung für eine wirksame Aufklärung von Straftaten. Im Fall der Nr. 1 des § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO hat der Gesetzgeber sich an Kriterien orientiert, die der Senat in seinem Urteil vom 12. März 2003 (BVerfGE 107, 299 <322>) zur Herausgabe von Verbindungsdaten der Telekommunikation gebilligt hat. Dort hat der Senat hervorgehoben, dass jener Eingriff nur bei Straftaten gerechtfertigt ist, denen der Gesetzgeber allgemein ein besonderes Gewicht beimisst und die im konkreten Fall auch erhebliche Bedeutung haben, etwa aufgrund des angerichteten Schadens und des Grads der Bedrohung der Allgemeinheit. Ich sehe nicht, dass die vom Senat dort nicht beanstandete Eingriffsschwelle beim Zugriff auf sogenannte Vorrats-Verkehrsdaten grundlegend anders zu gewichten wäre. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall obliegt bei der in Rede stehenden Fallgestaltung dem anordnenden Richter, der auch das Gewicht des Zugriffs auf die Verkehrsdaten im jeweiligen Fall in eine Abwägung mit einzubeziehen und durch die Fassung seiner Anordnung zu begrenzen hat.
Hinsichtlich der mittels Telekommunikation begangenen Taten, für die der Senat den Zugriff auf die nach § 113a TKG gespeicherten Verkehrsdaten ebenfalls ausgeschlossen wissen will, wird nicht genügend gewichtet, dass der Gesetzgeber hier von erheblichen Aufklärungsschwierigkeiten ausgeht. Auch diese können neben dem besonderen Gewicht der aufzuklärenden Tat den Abruf von vorgehaltenen Verkehrsdaten als angemessen erscheinen lassen, zumal wenn - wie hier - der Gesetzgeber die Abrufvoraussetzungen mit einer strengen Subsidiaritätsklausel ausgestattet hat, derzufolge die Maßnahme nur zulässig ist, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten - auch im Einzelfall - in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht (§ 100g Abs. 1 Satz 2 StPO).
Da es Sache des Gesetzgebers ist, eine wirksame Strafverfolgung zu gewährleisten und keine beträchtlichen Schutzlücken entstehen zu lassen, kann es ihm nicht verwehrt sein, auch diesseits besonders schwerer Straftaten in Ansehung des immerhin noch besonderen Gewichts eines geschädigten Rechtsguts den Zugriff auf die Verkehrsdaten zu eröffnen, weil er in seiner Einschätzung meint, nur so das Entstehen faktisch weitgehend rechtsfreier Räume und ein weitgehendes Leerlaufen der Aufklärung ausschließen zu können. Beispielhaft hinzuweisen ist insoweit etwa auf den Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB, "Cyber-Stalking"), wo zur Verifizierung bei einer "Aussage gegen Aussage-Konstellation", aber auch zur Identifizierung eines zunächst unbekannten Täters die Verkehrsdaten oft einziger Ermittlungsansatz sind. Auch die Möglichkeit einer Fangschaltung führt hier nur begrenzt weiter, weil sie nicht etwa den E-Mail-Verkehr erfasst und letztlich auch auf den Goodwill der Diensteanbieter angewiesen ist. Ähnliches gilt für den Tatbestand der Bedrohung, vor allem aber auch für den Bereich des Betruges im Internet, bei dem ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik beträchtliche Fallzahlen in Rede stehen. In Betracht kommen schließlich auch weitere Delikte (§ 202a bis 202c StGB, Ausspähen und Abfangen von Daten; siehe auch §§ 269, 303a, 303b StGB, Fälschung beweiserheblicher Unterlagen, Datenveränderung, Computersabotage; § 38 Abs. 1 WpHG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG, sogenannte Insidergeschäfte, § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 WpHG, unerlaubte Marktmanipulationen; § 86 StGB, Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen).
Es erscheint zwar vorstellbar, dass der Gesetzgeber einzelne dieser Tatbestände in den vom Senat geforderten Katalog schwerer Straftaten aufnimmt. Dabei wird er allerdings an die Grenzen einer dem Schuldprinzip verpflichteten angemessenen Strafdrohung stoßen, die dies zu rechtfertigen vermag. Delikte, die etwa nicht gewerbsmäßig begangen werden oder keinen besonders hohen Schaden im Einzelfall auslösen, werden so kaum in einen solchen Katalog aufgenommen werden dürfen, wie er dem Senat vorschwebt. Auch der Rückgriff auf lediglich betriebstechnisch noch vorhandene "Nicht-Vorratsdaten" wird die Aufklärungsdefizite kaum zu mildern vermögen. Hier gibt es zwischen den Anbietern erfahrungsgemäß große Unterschiede. Teils werden die Daten nicht festgehalten, teils bereits nach wenigen Stunden oder Tagen gelöscht. Schon die Ermittlungsmaßnahmen, die zur Beantragung einer richterlichen Anordnung führen und dann einen solchen Antrag vorbereiten, sowie die Entscheidung über den Antrag werden oft einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, als die Verkehrsdaten aus betriebstechnischen Gründen beim Diensteanbieter verfügbar sind.
5. Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der vom Senat gesetzten Zugriffsschwelle für Zwecke der Gefahrenabwehr. Die vom Senat für hinreichend gewichtig gehaltenen Rechtsgüter, um die Verkehrsdaten als abrufbar und nutzbar zu erachten, hätte die Abwehr einer nicht zugleich gemeinen Gefahr für Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, mit einbeziehen müssen. Es erscheint mir nicht nachvollziehbar, bedeutende Sachwerte in diesem Sinne auszunehmen, sind diese doch auch grundrechtlich geschützt (vgl. Art. 14 Abs. 1 GG). Die Einbeziehung auch dieses Schutzguts ist mindestens dann nicht unangemessen, wenn die Verkehrsdatenerhebung - wie etwa in § 20m BKAG - überdies eine Subsidiaritätsklausel vorsieht ("...auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.").
6. Soweit die Senatsmehrheit schließlich eine Ausweitung der Benachrichtigungspflichten für den Fall des Zugriffs auf Verkehrsdaten postuliert und für das Strafprozessrecht grundsätzlich nicht nur einen sogenannten offenen Zugriff, sondern eine " vor der Abfrage beziehungsweise Übermittlung" erfolgende Benachrichtigung verlangt, wenn nicht der Schutz des Untersuchungszwecks entgegensteht, verlässt auch diese Anforderung das gesetzgeberische Konzept und greift so in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers über. Das Konzept des Gesetzgebers ging dahin, alle " verdeckten Ermittlungsmaßnahmen" zu regeln, wozu er ausdrücklich auch die Verkehrsdatenerhebung gerechnet hat (Gesetzentwurf BTDrucks 16/5846, S. 2). Auch § 100g StPO sieht vor, dass Verkehrsdaten (zunächst) "ohne Wissen des Betroffenen" erhoben werden dürfen. Dies hat auch seinen guten Grund. Denn Ermittlungen sind regelmäßig von einer beachtlichen Dynamik gekennzeichnet und beschleunigt zu führen. Aufwände, die verfahrenssichernden und rechtsschützenden Zwecken nicht zwingend zeitnah geschuldet sind, sollen zunächst in Grenzen gehalten werden. Der Gesetzgeber hat dementsprechend auch für die Verkehrsdatenerhebung eine differenzierte Regelung über die Benachrichtigung getroffen (vgl. § 101 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 5, Abs. 5 StPO), die eine vorherige Benachrichtigung nicht vorschreibt. Zudem hat er mit der Gestattung, zunächst auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten zu erheben, erkennbar eine Typisierung vorgenommen, die darauf zurückgeht, dass zumeist der Untersuchungszweck, das Nichtbekanntsein des Aufenthaltsortes des Betroffenen oder die notwendige Beschleunigung der Sachaufklärung einer Vorab-Benachrichtigung entgegenstehen. Das ist ersichtlich nicht unangemessen, dem Betroffenen zumutbar und infolgedessen dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen unbenommen.
III.
Die vom Senat ausgesprochene Nichtigerklärung der angegriffenen Vorschriften ist zwar die gesetzliche Folge der von der Mehrheit getragenen Unvereinbarkeitserklärung. Allerdings hätte es hier auch auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Würdigung der Mehrheit unter Rückgriff auf eine ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nahe gelegene, dem Gesetzgeber eine Frist für eine Neuregelung zu setzen und die bestehenden Vorschriften in Anlehnung an die Maßgaben der vom Senat erlassenen einstweiligen Anordnungen für vorübergehend weiter anwendbar zu erklären. Denn der Senat räumt dem Gesetzgeber die Möglichkeit ein, eine Verkehrsdatenspeicherungspflicht für sechs Monate vorzusehen und unter den im Urteil genannten Voraussetzungen auch Zugriffsregelungen zu schaffen, die im Wesentlichen den Vorgaben der einstweiligen Anordnungen entsprechen. Die Maßgaben des Urteils unterscheiden sich von denjenigen in den einstweiligen Anordnungen vornehmlich lediglich dadurch, dass höhere Anforderungen an die Datensicherheit gestellt werden und weitergehende Benachrichtigungspflichten eingefordert werden. Das legt es nahe, in der Abwägung - der häufigen Praxis des Bundesverfassungsgerichts gemäß - von einer Nichtigerklärung zunächst abzusehen und es nicht für zwingend zu erachten, vorübergehend nur noch den Zugriff auf Daten der Diensteanbieter zu gestatten, die aus betriebstechnischen oder abrechnungstechnischen Gründen noch vorhanden sind. So werden nun einstweilen bis zu einer Neuregelung erhebliche Defizite für die Gefahrenabwehr und bei der Aufklärung auch schwerer Straftaten zu besorgen sein und in Kauf genommen. Auf die Gründe der vom Senat erlassenen einstweiligen Anordnungen und die dort vorgenommenen Abwägungen sei verwiesen. Hinzu kommt, dass die Diensteanbieter ihre Vorkehrungen für die Umsetzung der angegriffenen Regelung aussetzen müssen und den alten Zustand herzustellen haben, um im Falle des schon gemeinschaftsrechtlich geforderten neuen, geänderten Gesetzes mit erheblichem Aufwand die Voraussetzungen erneut zu schaffen.
Ich stimme der Entscheidung der Senatsmehrheit in Teilen des Urteilsergebnisses und in wesentlichen Begründungselementen nicht zu. Ich teile im Grundsatz die Kritik des Richters Schluckebier hieran, dessen Meinung ich mich im Ergebnis und in der Begründung ganz überwiegend anschließe. Ich kann mich daher im Folgenden auf eine knappe Zusammenfassung der für meinen Standpunkt tragenden Erwägungen beschränken:
1. Auch nach meiner Überzeugung ist die gesetzliche Anordnung der Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten angesichts ihrer personell und sachlich umfassenden Weite, ihrer Anlasslosigkeit und der beträchtlichen Dauer der vorgeschriebenen Datenvorhaltung ein gewichtiger Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG. Da sich die Verpflichtung zur Speicherung jedoch auf die Verkehrsdaten beschränkt und nicht die Inhalte der Telekommunikationsvorgänge erfasst, und weil sie dezentral bei den privaten Diensteanbietern erfolgt, hat der mit der Speicherung einhergehende Eingriff nicht das überragende Gewicht, das die Senatsmehrheit ihm generell zuschreibt. Die Befürchtung der Senatsmehrheit vom Einschüchterungseffekt auf das Kommunikationsverhalten der Bevölkerung halte ich angesichts der gesetzgeberischen Konzeption der Datenspeicherung, die einen freien Zugriff staatlicher Behörden auf die dezentral bei privaten Diensteanbietern lagernden Verkehrsdaten ausschließt und strenge inhaltliche und verfahrensrechtliche Hürden - insbesondere einen substantiellen Richtervorbehalt - für einen Datenabruf vorsieht oder auch nach meiner Auffassung um solche gesetzlichen Vorgaben noch zu ergänzen ist, für unbegründet, jedenfalls für empirisch nicht belegt.
Die wesentliche Belastungswirkung für das Schutzgut von Art. 10 Abs. 1 GG, die von der Anordnung der Datenspeicherung für den Bürger ausgeht, liegt daher nach meiner Überzeugung denn auch in erster Linie in dem von dieser großen Datensammlung ausgehenden Gefährdungspotential durch Missbrauch seitens der Diensteanbieter selbst, durch unbefugte Dritte oder durch eine übermäßige Nutzung von Strafverfolgungs- oder Polizeibehörden. Hiergegen muss Vorsorge getroffen werden. Deshalb teile ich uneingeschränkt den Standpunkt der Senatsmehrheit zu den Vorgaben für eine anspruchsvolle Datensicherung, die den Diensteanbietern vom Gesetzgeber vorzuschreiben sind. Auch einem Großteil der weiteren verfahrensrechtlichen Sicherungen für die Datenspeicherung, den Datenabruf und bei der Weiterverwendung der Daten (Löschungs- und Protokollierungspflichten, Transparenz- und Rechtsschutzvorgaben), die die Senatsmehrheit für geboten hält, stimme ich im Grundsatz zu; allerdings fallen die im Urteil von der Senatsmehrheit dem Gesetzgeber in diesem Zusammenhang gemachten Vorgaben nach meiner Einschätzung über weite Strecken zu kleinteilig aus und berücksichtigen nicht hinreichend den Gestaltungsspielraum, den die Verfassung dem Gesetzgeber auch in diesem Zusammenhang einräumt.
2. Im Unterschied zur Senatsmehrheit und in Übereinstimmung mit dem Richter Schluckebier bin ich der Auffassung, dass die den §§ 113a, 113b TKG zugrunde liegende gesetzgeberische Konzeption einer gestuften legislativen Verantwortung für Speicherungsanordnung und Datenabruf im Grundsatz mit der Verfassung in Einklang steht. Im Rahmen dieser Konzeption begründet § 113b TKG keinen eigenständigen, über die Anordnung der Datenspeicherung in § 113a TKG hinausgehenden Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG. Die Vorschrift enthält vielmehr die von Verfassungs wegen gebotene Zweckbestimmung für die Speicherung der Verkehrsdaten. Erst die in § 113b Satz 1 TKG vorgesehene anderweitige gesetzliche Ermächtigung zum Abruf der Verkehrsdaten führt zu einem erneuten, über die Bedeutung der bis dahin erfolgten Datenspeicherung hinausgehenden Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG. Auf diese Weise belässt der Bundesgesetzgeber mit § 113b TKG dem für den jeweiligen Sachbereich zuständigen Gesetzgeber des Bundes oder der Länder die ihm kraft seiner verfassungsrechtlichen und demokratischen Legitimation zukommende Befugnis, zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er zum Zwecke der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr oder für die Belange der Nachrichtendienste auf die Telekommunikationsverkehrsdaten zugreifen soll. Hierbei hat der jeweilige Gesetzgeber selbstverständlich in eigener Verantwortung die verfassungsrechtlichen Grenzen eines verhältnismäßigen Zugriffs auf die Verkehrsdaten zu wahren.
Eine verfassungsrechtlich unzulässige Anordnung einer Datensammlung auf Vorrat für unbestimmte Zwecke liegt hierin nicht. Der Bundesgesetzgeber hat in § 113b TKG zugleich mit der in § 113a TKG vorgenommenen Verpflichtung der Diensteanbieter zur Datenspeicherung die Zwecke benannt, zu denen die gespeicherten Daten genutzt werden dürfen. Die vom Bundesgesetzgeber mit der Anordnung der Datenspeicherung übernommene Verantwortung für das dadurch zu Lasten der Bürger begründete Gefährdungspotential verlangt allerdings auch nach meiner Auffassung - insoweit stimme ich dem Standpunkt der Senatsmehrheit im Ausgangspunkt zu - neben der grundsätzlichen Umschreibung des Verwendungszwecks die Festlegung jedenfalls einer Mindesteingriffsschwelle, wie sie in § 113b Satz 1 Nr. 1 TKG in Verbindung mit dem zeitgleich erlassenen § 100g Abs. 1 StPO für die Strafverfolgung und mit dem Begriff der "erheblichen Gefahren" in § 113b Satz 1 Nr. 2 TKG für die Gefahrenabwehr umschrieben, nicht aber vergleichbar in § 113b Satz 1 Nr. 3 TKG für die Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste vorgesehen ist. Dies bedürfte der entsprechenden Ergänzung. Eine detaillierte und abschließende Bestimmung der Verwendungszwecke, wie sie die Senatsmehrheit vom Bundesgesetzgeber zugleich mit der Anordnung der Datenspeicherung verlangt, halte ich von Verfassungs wegen hingegen nicht für geboten.
3. Schließlich und vor allem kann ich dem Abwägungsergebnis der Senatsmehrheit nicht zustimmen, soweit es die in § 100g StPO geregelte Verwendung der nach § 113a TKG gespeicherten Daten zu Zwecken der Strafverfolgung für verfassungswidrig hält. Dies hat seine Ursache zunächst darin, dass die Senatsmehrheit schon im Ausgangspunkt dem durch die Anordnung der Datenspeicherung bewirkten Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG nach meiner Überzeugung ein zu großes Gewicht und den berechtigten Belangen der Allgemeinheit wie auch der einzelnen Bürger an einer effektiven Strafverfolgung und einer wirksamen Gefahrenabwehr demgegenüber eine zu geringe Bedeutung beimisst. Außerdem achtet sie den dem Gesetzgeber bei der Bewertung der kollidierenden Schutzgüter und der Ausgestaltung der Regelung zukommenden Spielraum zu gering. Hierzu verweise ich auf die von mir geteilten Ausführungen in der abweichenden Meinung des Richters Schluckebier.
Die Verhältnismäßigkeitsprüfung der Senatsmehrheit leidet zudem daran, dass sie bei ihrer Abwägung stets von dem größtmöglichen Eingriff eines umfassenden, letztlich auf ein Bewegungs- oder Sozialprofil des betroffenen Bürgers abzielenden Datenabrufs ausgeht. Hierin kann in der Tat ein Eingriff liegen, der in seiner Schwere dem eines gewichtigen Zugriffs auf die Telekommunikationsinhalte des Bürgers gleichkommt. Diese Sichtweise lässt jedoch außer Betracht, dass eine Vielzahl von Datenabfragen einzelne Ereignisse, kurze Zeiträume und die Telekommunikationsbeziehungen nur einer oder weniger Personen (etwa die Telekommunikationsverbindungen einer Person an einem Tag oder auch nur in einer bestimmten Stunde) zum Gegenstand haben können. Einer solchen Datenabfrage kommt ersichtlich ein nur geringes, jedenfalls nicht mit dem Zugriff auf Kommunikationsinhalte vergleichbares Eingriffsgewicht zu, ungeachtet dessen, dass sie aus der umfassend angelegten Datensammlung beantwortet wird. Indem die Senatsmehrheit in jedwedem Datenabruf einen besonders schweren Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG sieht, ohne Rücksicht auf seinen konkreten Umfang im Einzelfall, und deshalb den Gesetzgeber generell von Verfassungs wegen zu sehr hohen Eingriffsschwellen für verpflichtet hält, gerät sie, auch wenn sie dies bestreitet, nach meiner Überzeugung zudem in einen Wertungswiderspruch dazu, dass gleichartige Daten, vom Senat unbeanstandet, durch die Behörden abgefragt werden dürfen, sofern sie nicht nach § 113a TKG, sondern von dem Diensteanbieter aus betrieblichen Gründen gespeichert sind.
Ausgehend hiervon kann ich trotz der unterschiedlichen Gewichtung im Ausgangspunkt die von der Senatsmehrheit maßstäblich formulierten Voraussetzungen einer zulässigen Verwendung der Verkehrsdaten aus Gründen der Gefahrenabwehr und zu nachrichtendienstlichen Zwecken (C V 2 b und c) noch mittragen, nicht aber deren Anforderungen für die Datenverwendung zur Verfolgung von Straftaten (C V 2 a und C VI 3 a aa). Insoweit halte ich das vom Gesetzgeber in § 100g StPO geschaffene differenzierte Konzept der Datenerhebung und -verwendung zur Strafverfolgung für verfassungsgemäß. Es ist Aufgabe des in jedem Einzelfall zur Entscheidung über die Zulässigkeit einer Datenabfrage berufenen Richters, den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen aus Art. 10 Abs. 1 GG unter Berücksichtigung des Gewichts des jeweiligen Eingriffs angemessen Rechnung zu tragen, wie dies namentlich für die mittels Telekommunikation begangenen Straftaten in § 100g Abs. 1 Satz 2 StPO vom Gesetzgeber auch ausdrücklich gefordert wird.
4. Selbst vom Standpunkt der Senatsmehrheit aus wäre nach meiner Überzeugung lediglich die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Bestimmungen festzustellen und entsprechend den in dieser Sache erlassenen einstweiligen Anordnungen zumindest die zwischenzeitliche Datenerhebung und -speicherung bis zur Schaffung einer verfassungsgemäßen Neuregelung anzuordnen gewesen. Mit der übergangslosen Nichtigerklärung der Bestimmungen und der Verpflichtung zur Löschung der auf der Grundlage der einstweiligen Anordnungen gewonnenen Verkehrsdaten nimmt die Senatsmehrheit Nachteile für die Strafverfolgung, vor allem aber das Risiko nicht auszuschließender Gefährdungen wichtiger Schutzgüter in Kauf, obgleich sie Datenabfragen, die den in den einstweiligen Anordnungen formulierten Anforderungen genügen, im Grundsatz für verfassungsgemäß hält und eine entsprechende gesetzliche Regelung zu erwarten ist. Eine solche Lösung kann ich nicht mittragen.