Entscheidungsdatum: 06.11.2013
1. Die materielle Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG findet keine analoge Anwendung auf die Rückforderung überzahlter Betreuervergütung durch die Staatskasse.
2. Einer Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn eine Abwägung ergibt, dass dem Vertrauen des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist.
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 87. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 18. Januar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: bis 900 €
Das Verfahren betrifft die gerichtliche Festsetzung der Betreuervergütung nach §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 Satz 4 FamFG zum Zweck der Rückforderung überzahlter Beträge.
I.
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuerin) wurde 2006 als Berufsbetreuerin der mittellosen Betroffenen bestellt. Während die Betreuerin im ersten Betreuungsjahr (27. November 2006 bis 26. November 2007) für die Betreuungsführung Vergütungen aus der Landeskasse auf der Grundlage eines Stundensatzes von 27 € beantragt hatte, machte sie im zweiten, dritten und vierten Betreuungsjahr (27. November 2007 bis 26. November 2010) einen Stundensatz von 33,50 € geltend. Den erhöhten Stundensatz begründete sie damit, dass sie seit 2001 als Berufsbetreuerin arbeite, zahlreiche Betreuungen führe, die dazu erforderlichen Kenntnisse im Selbststudium und durch praktische Anwendung gefestigt und darüber hinaus an verschiedenen Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen habe. Im Wege der Verwaltungsanweisung wurden der Betreuerin jeweils antragsgemäß Vergütungen aus der Landeskasse bewilligt und für den Betreuungszeitraum vom 27. November 2007 bis 26. November 2010 im Dezember 2008, Januar 2010 und Januar 2011 in Höhe von insgesamt 4.130,55 € ausgezahlt.
Auf Anregung des Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Bezirksrevisor) hat das Amtsgericht gemäß § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Vergütung für die Betreuerin für den Zeitraum vom 27. November 2007 bis 26. November 2010 auf der Grundlage eines Stundensatzes von 27 € auf insgesamt 3.329,10 € festgesetzt. Zugleich hat es die Erstattung der während dieses Zeitraums zu viel ausgezahlten Vergütung in Höhe von 801,45 € an die Landeskasse angeordnet. Weiter hat es angekündigt, dass der überzahlte Betrag mit dem nächsten Vergütungsantrag der Betreuerin verrechnet werde, sofern keine Erstattung erfolge.
Die Beschwerde der Betreuerin hat das Landgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Aufforderung zur Erstattung der zu viel ausgezahlten Vergütung in Höhe von 801,45 € an die Landeskasse entfalle. In der Sache habe das Amtsgericht allerdings zutreffend angenommen, dass der Betreuerin für die berufsmäßige Betreuung nur eine Vergütung nach einem Stundesatz in Höhe von 27 € zustehe.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Betreuerin die Festsetzung ihrer Betreuervergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 €.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist die Betreuerin durch die gerichtliche Festsetzung der Betreuervergütung beschwert, weil diese eine Beitreibung des überzahlten Betrags im Wege des Justizbeitreibungsverfahrens nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrO vorbereitet (vgl. OLG Köln FGPrax 2006, 116; LG Braunschweig Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 8 T 955/07 - juris Rn. 17).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
a) Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Das Amtsgericht sei in dem auf Anregung des Bezirksrevisors eingeleiteten gerichtlichen Festsetzungsverfahren nach § 292 Abs. 1 FamFG iVm § 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG nicht an die zuvor erfolgten Anweisungen der Vergütungen im Verwaltungsverfahren gebunden gewesen. Zutreffend sei das Amtsgericht auch davon ausgegangen, dass eine erstmalige förmliche Festsetzung der Betreuervergütung für die Zeit vom 27. November 2007 bis zum 26. November 2010 noch habe ergehen können. Zwar werde von Teilen der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Frist des § 2 VBVG auf die Rückforderung überzahlter Betreuervergütung entsprechend anwendbar sei. Danach wäre eine Rückforderung der Vergütungen für die bis zum 27. Februar 2010 erbrachten Betreuerleistungen angesichts des erst am 22. Juni 2011 bei Gericht eingegangenen Antrags des Bezirksrevisors ausgeschlossen gewesen. Dieser Ansicht sei nicht zu folgen. Zweck der Ausschlussfrist des § 2 VBVG sei es zu verhindern, dass ein Betreuer durch säumige Abrechnung erhebliche Ansprüche anhäufe, so dass er nach § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG die Staatskasse in Anspruch nehmen könne, wenn der Betreute jedenfalls zur vollständigen Begleichung der Betreuervergütung nicht in der Lage sei und deshalb als mittellos gelte. Schon diese Zielrichtung der Vorschrift verbiete es, einen Rückforderungsanspruch der Staatskasse wegen überzahlter Vergütung der Ausschlussfrist des § 2 VBVG zu unterstellen. Der Rückforderungsanspruch unterliege lediglich der dreijährigen Verjährungsfrist des § 2 Abs. 4 JVEG, die aber im Zeitpunkt der Antragstellung durch den Bezirksrevisor noch nicht abgelaufen gewesen sei.
b) Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Allerdings ist es nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht keinen erhöhten Stundensatz für die Tätigkeit der Betreuerin festgesetzt hat. Die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts, nach der die Betreuerin nicht über besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die sie durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule, eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat, hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats zur Höhe des dem Berufsbetreuer gemäß § 4 VBVG zu vergütenden Stundensatzes (Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 2012 - XII ZB 409/10 - FamRZ 2012, 629 Rn. 11; vom 4. April 2012 - XII ZB 447/11 - NJW-RR 2012, 774 Rn. 16 ff. und vom 22. August 2012 - XII ZB 319/11 - NJW-RR 2012, 1475 Rn. 16 ff.) in nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass das von der Betreuerin abgeschlossene Hochschulstudium im Studiengang Chemie keine besonderen, für die Führung der Betreuung nutzbaren Kenntnisse vermittelt und die von ihr absolvierten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ohne staatlich reglementierten Abschluss einer abgeschlossenen Lehre nicht vergleichbar sind (Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 2012 - XII ZB 461/10 - FamRB 2012, 119 Rn. 11 f. und vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 312/11 - FamRZ 2012, 113 Rn. 14 ff.).
bb) Ebenso hat das Beschwerdegericht zutreffend eine analoge Anwendung des § 2 VBVG auf die amtswegige gerichtliche Festsetzung nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG mit dem Ziel der Rückforderung überzahlter Betreuervergütung abgelehnt.
Gemäß § 292 Abs. 1 FamFG iVm § 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG setzt das Amtsgericht auf Antrag des Betreuers oder des Betreuten oder von Amts wegen in einem gerichtlichen Festsetzungsverfahren die dem Betreuer zu bewilligende Vergütung fest. Schließt sich das gerichtliche Festsetzungsverfahren - wie hier - an eine Festsetzung und Auszahlung der Betreuervergütung im vereinfachten Justizverwaltungsverfahren nach § 292 Abs. 1 FamFG iVm § 168 Abs. 1 Satz 4 FamFG durch den Kostenbeamten des Gerichts an, ist das Gericht nicht an die vorherige Festsetzung gebunden; es kann diese über- oder unterschreiten. Mit der gerichtlichen Entscheidung wird die Anweisung des Kostenbeamten des Gerichts wirkungslos (OLG Köln FGPrax 2006, 116; Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 168 Rn. 5; Deinert/Lütgens Die Vergütung des Betreuers 6. Aufl. Rn. 1495; Jürgens/Kretz Betreuungsrecht 4. Aufl. § 168 Rn. 5; Zöller/Lorenz ZPO 29. Aufl. § 168 FamFG Rn. 3; Jurgeleit/Maier Betreuungsrecht 2. Aufl. § 168 FamFG Rn. 9; vgl. auch Senatsbeschluss vom 27. Februar 2013 - XII ZB 492/12 - FamRZ 2013, 781 Rn. 7 mwN).
Ist die Tätigkeit des Betreuers gemäß § 4 VBVG entsprechend seiner Ausbildung tatsächlich mit einem geringeren als dem bei der Anweisung im vereinfachten Justizverwaltungsverfahren zugrunde gelegten Stundensatz zu vergüten, kann die Staatskasse den überzahlten Betrag grundsätzlich zurückfordern. Ihr steht insoweit ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu (OLG Köln FGPrax 2006, 116; LG Braunschweig Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 8 T 955/07 - juris Rn. 13; vgl. zur Rückforderung zu viel gezahlter Sachverständigenvergütung Bach/Meyer/Höver JVEG 25. Aufl. § 2 JVEG Rn. 2.10), welcher im Wege des Justizbeitreibungsverfahrens nach § 1 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 JBeitrO nach vorheriger Festsetzung im gerichtlichen Festsetzungsverfahren beizutreiben ist.
In der Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob die Rückforderung der im vereinfachten Justizverwaltungsverfahren zu viel gezahlten Betreuervergütung einer zeitlichen Begrenzung durch § 2 VBVG unterliegt. Gemäß § 2 Satz 1 VBVG erlischt der Vergütungsanspruch des Betreuers, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim Familiengericht geltend gemacht wird.
(1) Von Teilen der Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass im umgekehrten Fall der Rückforderung überzahlter Betreuervergütung entsprechend § 2 VBVG ebenfalls eine Frist von 15 Monaten ab dem Schluss der jeweiligen Abrechnungsperiode des § 9 VBVG gilt (LG Braunschweig Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 8 T 995/07 - juris Rn. 19; LG Münster FamRZ 2011, 1689; LG Dessau-Roßlau BtPrax 2012, 173; Knittel Betreuungsgesetz [Stand: 1. September 2011] § 2 VBVG Rn. 30). Eine nachträgliche Festsetzung der Betreuervergütung im gerichtlichen Verfahren nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG mehr als 15 Monate nach der Entstehung des Anspruchs wäre nach dieser Ansicht ausgeschlossen.
(2) Nach anderer Ansicht unterliegt die Rückerstattung jedenfalls nicht der Ausschlussfrist des § 2 VBVG (LG Detmold NJW-RR 2012, 390, 391; Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl. 2010 § 2 VBVG Rn. 3; jurisPK-BGB/Jaschinski 6. Aufl. § 2 VBVG Rn. 20; Palandt/Götz 72. Aufl. § 2 VBVG Rn. 1), so dass eine gerichtliche Festsetzung nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch nach Ablauf von 15 Monaten nach der Entstehung des Anspruchs möglich wäre.
(3) Der letztgenannten Ansicht ist zu folgen. § 2 VBVG richtet sich nach seiner Stellung im Gesetz ausschließlich an den Vormund bzw. Betreuer. Für den Fall der Rückforderung zu viel gezahlter Betreuervergütung findet sich hingegen keine ausdrückliche Regelung.
Einer analogen Anwendung des § 2 VBVG steht jedenfalls entgegen, dass eine vergleichbare Interessenlage nicht gegeben ist. Sinn und Zweck der mit § 2 VBVG geregelten fünfzehnmonatigen Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs ab dessen Entstehung ist es, den Betreuer zur zügigen Geltendmachung seiner Ansprüche anzuhalten. Damit soll verhindert werden, dass Ansprüche in einer Höhe auflaufen, die die Leistungsfähigkeit des Betreuten überfordert, dessen Mittellosigkeit begründet und damit eine Einstandspflicht der Staatskasse auslöst, die bei rechtzeitiger Inanspruchnahme des Betreuten nicht begründet gewesen wäre. Die Inanspruchnahme der Staatskasse soll in allen Fällen vermieden werden, in denen die Vergütungsansprüche bei fristgerechter Geltendmachung aus dem einzusetzenden Einkommen und Vermögen des Betroffenen befriedigt werden können. Die Obliegenheit zur fristgerechten Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs dient wesentlich dem Interesse der Staatskasse; sie kann nach ihrem Sinn und Zweck nicht die Staatskasse selbst treffen (BT-Drucks. 13/7158 S. 27 und S. 22 f. zur Vorgängervorschrift § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB).
Soweit die Rechtsbeschwerde demgegenüber einwendet, auch die Staatskasse sei zur zügigen Geltendmachung ihrer Rückforderungsansprüche anzuhalten, um der Gefahr zu begegnen, dass ein Rückforderungsanspruch ins Leere gehe, wenn der Betreuer seinerseits zwischenzeitlich mittellos werde, ist dem nicht zu folgen. Sonst würde nach Ablauf der materiellen Ausschlussfrist des § 2 VBVG auch ein noch realisierbarer Rückforderungsanspruch erlöschen und damit ein Rechtsverlust der Staatskasse eintreten, der dem Sinn und Zweck der Vorschrift erkennbar zuwiderläuft.
cc) Allerdings hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft nicht erwogen, ob eine nachträgliche Herabsetzung der Betreuervergütung im gerichtlichen Festsetzungsverfahren zum Zweck der Rückforderung überzahlter Betreuervergütung nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ausgeschlossen sein könnte.
Zwar ist die Staatskasse dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet, so dass ihr Interesse darauf gerichtet sein muss, eine ohne Rechtsgrund eingetretene Vermögensverschiebung zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Nachdem das Gericht in dem Festsetzungsverfahren nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht an die vorangegangene Anweisung der Betreuervergütung im Wege des vereinfachten Justizverwaltungsverfahrens gebunden ist, kann die zu viel gezahlte Betreuervergütung grundsätzlich zurückgefordert werden.
Allerdings kann einer (Neu-)Festsetzung der Betreuervergütung, welche eine Rückforderung überzahlter Beträge zur Folge hätte, im Einzelfall der Vertrauensgrundsatz entgegenstehen, wenn das Vertrauen des Betreuers auf die Beständigkeit einer ihm in der Vergangenheit rechtswidrig gewährten Vergütung schutzwürdig ist. Der Vertrauensschutz ist bereits bei der Festsetzung der Betreuervergütung im gerichtlichen Verfahren nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu prüfen, denn mit der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung wird im Falle bereits zuviel erhaltener Leistungen zugleich der Rechtsgrund für deren Rückforderung geschaffen. Das nachfolgende Verfahren der Justizbeitreibungsordnung lässt keinen Raum für Einwendungen der vorbezeichneten Art, denn es dient lediglich dem Vollzug der Rückforderung. Dies folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO, wonach im Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrO (Ansprüche gegen Betreuer auf Erstattung von zuviel gezahlten Beträgen; vgl. insoweit BR-Drucks. 960/96 S. 41) solche Einwendungen, die den beizutreibenden Anspruch selbst betreffen, nach den Vorschriften über die Feststellung des Anspruchs gerichtlich geltend zu machen sind. Dabei ist der Begriff der Einwendung i.S.d. § 8 JBeitrO weit zu verstehen; er umfasst sämtliche Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch (vgl. LG Braunschweig Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 8 T 955/07 - juris Rn. 18 unter Hinweis auf BFH Beschluss vom 25. Februar 2003 - VII K 1/03 - juris Rn. 3). Denn der Streit über die Frage, ob eine Leistungs- oder Duldungspflicht besteht, ist nicht im Vollstreckungsverfahren auszutragen (vgl. BT-Drucks. 2/2545 S. 211; App MDR 1996, 769, 770). Das gilt auch für Rückforderungsansprüche gegen Betreuer auf Erstattung zuviel gezahlten Leistungen der Staatskasse. Zwar sind Vormünder, Betreuer, Pfleger und Verfahrenspfleger in § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO nicht ausdrücklich erwähnt. Hierbei handelt es sich jedoch um ein offensichtliches Redaktionsversehen des Gesetzgebers, der die Rückforderung zuviel gezahlter Leistungen in diesen Fällen wie bei den übrigen in § 1 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrO aufgeführten Personengruppen regeln wollte (vgl. BR-Drucks. 960/96 S. 41) und bei der Änderung des § 1 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrO übersah, auch den korrespondierenden Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO entsprechend anzupassen. Nach der Systematik des § 8 JBeitrO sollen besondere Rechtsbehelfe außerhalb des den Rechtsgrund für die Beitreibung schaffenden Festsetzungsverfahrens nämlich nur dort eröffnet sein, wo der Prüfungsumfang des Festsetzungsverfahrens besonderen inhaltlichen Beschränkungen unterliegt, insbesondere im Bereich der Kostenfestsetzung, wo nur Einwendungen erhoben werden können, die dem Kostenrecht entnommen sind (vgl. BT-Drucks. 2/2545 S. 211).
Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch auf Rückforderung überzahlter Betreuervergütung kann entfallen, wenn eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass dem Vertrauen des Berufsbetreuers auf die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen ist (OLG Köln FGPrax 2006, 116 unter Berufung auf BVerwG NJW 1985, 2436, 2437; LG Braunschweig Beschluss vom 20. Dezember 2007 - 8 T 955/07 - juris Rn. 21; LG Detmold Beschluss vom 12. Mai 2010 - 3 T 8/10 - juris Rn. 3; Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 168 Rn. 5; Jürgens/Kretz Betreuungsrecht 4. Aufl. § 168 Rn. 5; Zöller/Lorenz ZPO 30. Aufl. § 168 FamFG Rn. 3; vgl. auch zur Rückforderung zu viel gezahlter Sachverständigenvergütung OLG Karlsruhe Justiz 1991, 208). In diesem Fall wäre schon eine abweichende Festsetzung im gerichtlichen Festsetzungsverfahren ausgeschlossen.
Die Betreuerin hat sich im Festsetzungsverfahren nach §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 FamFG darauf berufen, dass sie sich auf die Beständigkeit der Auszahlung ihrer im Verwaltungsverfahren erfolgten Vergütung verlassen habe. Auch entstehe ihr ein finanzieller Schaden, weil sie auf der Grundlage der Einkünfte Einkommen- und Gewerbesteuer entrichtet sowie Krankenkassenbeiträge abgeführt habe. Dies stelle eine unbillige Härte dar. Das Beschwerdegericht hätte daher prüfen müssen, ob dieses Vorbringen einen die Rückforderung ganz oder teilweise ausschließenden Vertrauenstatbestand begründet.
3. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil der von der Betreuerin geltend gemachte Vertrauenstatbestand einer tatrichterlichen Beurteilung bedarf, die der Senat nicht ersetzen kann.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Bei der Beurteilung, ob im Rahmen der Herabsetzung der Betreuervergütung das Vertrauen der Betreuerin in die Beständigkeit der eingetretenen Vermögenslage schützenswert ist, wird einerseits zu berücksichtigen sein, dass die schlichte Anweisung der Vergütung im Justizverwaltungsverfahren wirkungslos wird, wenn in einem Verfahren auf Festsetzung der Vergütung nach § 168 Abs. 1 FamFG eine Entscheidung ergeht. In dem förmlichen Festsetzungsverfahren ist das Gericht nicht an die vorherige formlose Verwaltungsanordnung (§ 168 Abs. 2 Satz 4 FamFG) gebunden; es kann diese überschreiten oder - wie vorliegend - unterschreiten (Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 230/11 - juris Rn. 14 f.; vgl. auch OLG Köln FGPrax 2006, 116). Damit muss ein Betreuer, der die förmliche Festsetzung seiner Vergütung auch selbst zunächst nicht beantragt hatte, grundsätzlich rechnen.
Andererseits ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Berufsbetreuer seinen Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus den Einnahmen der Betreuervergütung bestreitet und die formlos festgesetzten und ausgezahlten Beträge im Zeitpunkt der späteren förmlichen Festsetzung regelmäßig bereits verbraucht sind. Daher kann eine Zumutbarkeitsschwelle überschritten sein, wenn bereits ausgezahlte Vergütungen für einen übermäßig langen Zeitraum rückgefordert werden.
Das Kostenrecht hat den Vertrauensschutzgesichtspunkt aufgegriffen, indem es für einen Fall mit vergleichbarer Interessenlage, nämlich der Nachforderung ursprünglich zu niedrig festgesetzter Kosten, in § 20 Abs. 1 GNotKG (früher: § 20 Abs. 1 GKG) eine Regelung getroffen hat, wonach diese nur nachgefordert werden dürfen, wenn der berichtigte Ansatz dem Zahlungspflichtigen vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Absendung der den Rechtszug abschließenden Kostenrechnung (Schlusskostenrechnung) mitgeteilt worden ist; dies gilt nur dann nicht, wenn die Nachforderung auf vorsätzlich oder grob fahrlässig falschen Angaben des Kostenschuldners beruht oder wenn der ursprüngliche Kostenansatz unter einem bestimmten Vorbehalt erfolgt ist. Hierdurch wird dem Bezirksrevisor auferlegt, die kostenrechtlichen Interessen der Staatskasse binnen der genannten Fristen zur Geltung zu bringen, andernfalls das gutgläubige Vertrauen in die verwaltungsmäßig getroffene Regelung Vorrang genießt.
Zwar ist die in § 20 Abs. 1 GNotKG bestimmte Ausschlussfrist auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar anzuwenden, da es sich hier nicht um eine Kostennachforderung, sondern um die Rückerstattung überzahlter Beträge handelt. Die in der Vorschrift zum Ausdruck gekommene Wertung, dass das Kosteninteresse der Staatskasse zurücktreten kann, wenn es von der zuständigen Stelle nicht innerhalb angemessener Frist verfolgt wird und sich das Gegenüber auf die getroffene Regelung gutgläubig eingerichtet hat, kann jedoch auch bei der Beurteilung des schutzwürdigen Vertrauens des Betreuers in die Beständigkeit seiner Vermögenslage berücksichtigt werden (vgl. bereits OLG Stuttgart BtPrax 2011, 134). Für eine entsprechende zeitliche Begrenzung der Rückforderungsmöglichkeit spricht auch, dass das vereinfachte Verfahren der Festsetzung der Betreuervergütung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gezielt erhalten blieb, um gerichtliche Entscheidungen entbehrlich zu machen und damit erheblichen Verwaltungsaufwand bei den Gerichten einzusparen (BT-Drucks. 13/10709 S. 2). Es würde indessen der Stellung eines berufsmäßigen Betreuers nicht gerecht und entspricht auch nicht der erkennbaren Intention des Gesetzgebers, diese gerichtliche Aufwandsersparnis mit einer auf Jahre rückwirkenden erheblichen Rechtsunsicherheit der Betreuer in die Beständigkeit ihrer Vermögenslage zu erkaufen.
Dose Schilling Günter
Nedden-Boeger Botur