Entscheidungsdatum: 16.03.2016
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats Familiensenat des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17. September 2015 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen.
Beschwerdewert: bis 500 €
I.
Der Antragsteller macht gegen die Antragsgegnerin aus übergegangenem Recht im Wege des Stufenantrags Ansprüche auf Elternunterhalt geltend.
Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin durch Teilbeschluss verpflichtet,
"1. ... dem Antragsteller Auskunft zu erteilen über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch die Vorlage einer umfassenden, systematischen Aufstellung und Übersicht über:
a) die Höhe der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit durch Vorlage der Jahresverdienstbescheinigung für das Jahr 2013 sowie durch Vorlage der Monatsverdienstbescheinigungen 01 - 07/2014; im Fall der Arbeitslosigkeit oder Krankheit durch Vorlage der Arbeitslosengeld- bzw. Krankengeldbescheide sowie für den Fall des Rentenbezugs der entsprechenden Rentenbescheide,
b) die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Tätigkeit sowie Land- und Forstwirtschaft unter Beifügung der Einkommensteuererklärungen nebst aller gesetzlichen Anlagen (Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen mit Bestandsverzeichnis) für die Jahre 2011 bis 2013,
c) die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Vermögen im Zeitraum 01.01. bis 31.12.2013 unter Beifügung einer detaillierten Aufstellung über die einzelnen Einnahmepositionen sowie des diesbezüglichen Steuerbescheides für das Jahr 2013,
d) die Höhe des Vermögens (inklusive Grundvermögen) per 01.09.2013,
2. … ihre persönlichen Verhältnisse bekanntzugeben, durch Nachweis des Familienstandes, der Anzahl und des Alters der unterhaltsberechtigten Kinder, sowie im Falle des Getrenntlebens bzw. der Scheidung einer Ehe durch Vorlage des Scheidungsurteils sowie evtl. vorhandener Unterhaltsvereinbarungen,
soweit die Antragsgegnerin verheiratet und nicht getrennt lebend ist …, vollständig Auskunft über die Höhe des Einkommens des Ehemanns zu erteilen."
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht verworfen, weil der erforderliche Beschwerdewert von 600 € nicht erreicht sei. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Die nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), noch die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Bei einer Verpflichtung zur Auskunft bemesse sich das der Wertfestsetzung zugrundeliegende Abwehrinteresse des Rechtsmittelführers in erster Linie nach dem Aufwand an Kosten und Zeit, der mit der Auskunftserteilung verbunden sei. Der erforderliche Aufwand betrage hier allenfalls 120 €. Für die Anfertigung der Aufstellung und die Zusammenstellung der Belege seien höchstens fünf Stunden erforderlich, für die nach § 22 JVEG maximal 21 € pro Stunde anzusetzen seien. Hinzu kämen Kosten für die Anfertigung von Fotokopien. Kosten für die Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson seien dagegen nicht zu berücksichtigen, weil die Antragsgegnerin selbst in der Lage sei, die Auskunft zu erteilen. Dass ihr Ehemann zur Erteilung der Auskunft über sein Einkommen nicht bereit sei und sie diesen deshalb erst auf Auskunft verklagen müsste, was zur Folge hätte, dass der Kostenaufwand für eine entsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen der Beschwer zu berücksichtigen sei, werde nicht vorgetragen.
2. Damit bewegt sich das Oberlandesgericht im Rahmen der Rechtsprechung des Senats.
a) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht beanstandet ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ-GSZ-128, 85 = NJW 1995, 664 f.; Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 2012 - XII ZB 354/11 FamRZ 2012, 1555 Rn. 5 mwN und vom 28. Oktober 2015 - XII ZB 524/14 FamRZ 2016, 116 Rn. 11).
b) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist im Fall einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Beschwerdegericht von dem ihm eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstands maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 139 ZPO) nicht festgestellt hat (Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 2012 - XII ZB 354/11 FamRZ 2012, 1555 Rn. 6 mwN; vom 31. März 2010 - XII ZB 130/09 FamRZ 2010, 881 Rn. 10 und vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 FamRZ 2007, 714 Rn. 5 mwN).
c) Zur Bewertung des Zeitaufwands des Auskunftspflichtigen kann grundsätzlich auf die Stundensätze zurückgegriffen werden, die der Auskunftspflichtige als Zeuge im Zivilprozess nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) erhalten würde (Senatsbeschlüsse vom 28. Oktober 2015 - XII ZB 524/14 FamRZ 2016, 116 Rn. 12 und vom 23. März 2011 - XII ZB 436/10 FamRZ 2011, 882 Rn. 9 mwN). Diese belaufen sich auf einen Betrag zwischen 3,50 € (§ 20 JVEG) und höchstens 21 € (§ 22 JVEG) (Senatsbeschlüsse vom 28. Oktober 2015 - XII ZB 524/14 FamRZ 2016, 116 Rn. 12 und vom 28. November 2012 - XII ZB 620/11 FamRZ 2013, 105 Rn. 10 mwN).
Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung der Beschwer nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist. Dies ist vom Auskunftspflichtigen substantiiert vorzutragen (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2015 - XII ZB 524/14 FamRZ 2016, 116 Rn. 13 mwN).
d) Der Einwand der Rechtsbeschwerde, nach diesen Maßstäben liege ein Ermessensfehlgebrauch vor, so dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei, ist nicht gerechtfertigt.
aa) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Verpflichtung der Antragsgegnerin, "vollständig Auskunft über das Einkommen des Ehemanns zu erteilen", weise mangels hinreichender Bestimmtheit keinen vollstreckungsfähigen Inhalt auf. Im Hinblick darauf seien die zur Abwehr der Zwangsvollstreckung notwendigen Kosten, zu denen auch diejenigen eines Rechtsanwalts gehörten, zusätzlich zu berücksichtigen.
Dieser Einwand hat jedenfalls im Ergebnis keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde zeigt bereits nicht auf, dass die Voraussetzungen, unter denen die Antragsgegnerin zur Auskunftserteilung über das Einkommen eines Ehemanns verpflichtet worden ist, vorliegen (vgl. zur Notwendigkeit der Mitwirkung des Beschwerdeführers durch entsprechenden Vortrag Prütting/Helms/Abramenko FamFG 3. Aufl. § 61 Rn. 4; Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 61 Rn. 11). Das ist nur dann der Fall, wenn die Antragsgegnerin verheiratet und nicht getrennt lebend ist. Andernfalls genügt zur Erfüllung der Auskunftspflicht die bloße Mitteilung, dass die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Abgesehen davon ist - auch zur Bemessung der Beschwer - durch Auslegung zu ermitteln, ob das Amtsgericht die Antragsgegnerin, wie die Rechtsbeschwerde meint, hinsichtlich des Einkommens ihres Ehemanns verpflichten wollte, Auskunft zu erteilen, ohne den maßgebenden Zeitraum zu bezeichnen oder den Umfang der Auskunftspflicht inhaltlich einzugrenzen, ihr also eine inhaltlich unbestimmte Auskunftsverpflichtung auferlegen wollte. Nur in diesem Fall wäre das Rechtsmittelinteresse zusätzlich nach den Kosten zu bemessen, die notwendig sind, um mit anwaltlicher Hilfe ungerechtfertigte Vollstreckungsversuche abzuwehren (vgl. Senatsbeschluss vom 2. September 2015 - XII ZB 132/15 FamRZ 2015, 2142 Rn. 13 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 FamRZ 2002, 666, 667 jeweils mwN). Nachdem der Antragsgegnerin hinsichtlich ihres eigenen Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit aufgegeben worden ist, Auskunft für die Zeit von Januar 2013 bis Juli 2014 zu erteilen, und hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Tätigkeit, Land- und Forstwirtschaft, Vermietung und Verpachtung und aus Vermögen für die Jahre 2011 bis 2013, erscheint es naheliegend, dass diese Maßgaben auch für das Einkommen des Ehemannes gelten sollten.
Letztlich kann das aber dahinstehen. Denn auch die Einbeziehung von Kosten zur Abwehr einer auf eine unbestimmte Leistung gerichteten Zwangsvollstreckung würde unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht angesetzten Kosten der Auskunftserteilung im Übrigen von 120 € nicht zu einer den Betrag von 600 € übersteigenden Beschwer führen. Ausgehend von einem maximalen Streitwert der Zwangsvollstreckung von 14.690,96 € (Unterhaltsrückstand: 2 x 509,09 € + 10 x 621,49 €; laufender Unterhalt: 621,49 € x 12) fielen für die anwaltliche Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren lediglich 255,85 € an (3/10 einer vollen Gebühr von 650 € gemäß Nr. 3309 der Anl. 1 zum RVG zuzüglich Auslagen und zuzüglich Mehrwertsteuer), so dass sich eine Beschwer von rund 376 € errechnen würde.
bb) Die Rechtsbeschwerde wendet weiter ein, die Auskunft über das Vermögen sei im Gegensatz zu derjenigen über das Einkommen mit einem höheren Aufwand verbunden. So müsse bei Geldanlagen und Lebensversicherungen der jeweilige Wert zum Stichtag erfragt werden. Bei Lebensversicherungen sei zusätzlich zu berücksichtigen, ob für sie der Fortführungswert oder der Rückkaufswert in Ansatz zu bringen sei. Ferner sei zu klären, ob Vermögenswerte überhaupt zum unterhaltsrechtlich relevanten Vermögen gehörten. Hinsichtlich der Abgrenzung sei in vielen Fällen anwaltliche Beratung unerlässlich.
Auch damit wird ein Ermessensfehler des Beschwerdegerichts nicht aufgezeigt. Selbst wenn die Antragsgegnerin über Vermögen in Form von Geldanlagen und Lebensversicherungen verfügen würde, was die Rechtsbeschwerde allerdings nicht konkret geltend macht, bestünde nicht die Notwendigkeit, zur Erteilung der Auskunft in der behaupteten Weise Nachforschungen anzustellen. Die Antragsgegnerin darf sich darauf beschränken, vorhandene Geldanlagen zu dem vorgegebenen Stichtag (1. September 2013) konkret zu bezeichnen, also etwa anzugeben, über eine Lebensversicherung mit einem bestimmten Guthaben oder im Einzelnen zu benennende Geldanlagen verfügt zu haben. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Vermögenswert unterhaltsrechtlich einsetzbar ist, kann im Rahmen der Auskunftserteilung offenbleiben; hierüber ist erst bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit, also in der nächsten Stufe des Stufenantrags, zu entscheiden. Weitere Kosten als diejenigen, die das Beschwerdegericht berücksichtigt hat, sind deshalb zu Recht außer Betracht geblieben.
cc) Der abschließende Einwand der Rechtsbeschwerde, die Antragsgegnerin sei zur Wahrung ihrer Rechte gleichzeitig mit der Auskunftserteilung gehalten, zu Umständen vorzutragen, die ihre Leistungsfähigkeit einschränkten, was auch der von dem Antragsteller vorgelegte Fragebogen vorsehe, gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass. Die genannten Umstände sind nicht Gegenstand der Auskunftsverpflichtung und müssen demzufolge bei der Bewertung des Abwehrinteresses unberücksichtigt bleiben.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Günter Guhling