Entscheidungsdatum: 21.03.2018
Der zuständigen Verwaltungsbehörde steht hinsichtlich der familiengerichtlichen Anhörung eines Antragstellers im Verfahren über die Änderung eines Vornamens nach §§ 11, 2 NamÄndG kein Beschwerderecht nach § 59 FamFG zu (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014, XII ZB 406/13, FamRZ 2015, 42).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 26. Juli 2017 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 5.000 €
I.
Die Beteiligte zu 1 möchte als untere Verwaltungsbehörde im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Verfahrens über die Änderung eines Vornamens das Familiengericht zu einer isolierten Anhörung des Betroffenen verpflichten.
Der Betroffene wird durch seine alleinsorgeberechtigte Mutter vertreten. Bei der Beteiligten zu 1 beantragte er nach §§ 11, 1 NamÄndG die Änderung seines Vornamens Alaattin in Murat.
Die Beteiligte zu 1 hat daraufhin beim Amtsgericht beantragt, den Betroffenen nach § 2 NamÄndG anzuhören. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht verworfen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie nach § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil das Oberlandesgericht sie in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat. Der Senat ist an die Zulassung gebunden. Indessen ist die Rechtsbeschwerde in der Sache nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es könne dahinstehen, ob es sich bei der Entscheidung des Amtsgerichts um eine Endentscheidung im Sinne des § 58 FamFG handele, weil der Beteiligten zu 1 jedenfalls die Beschwerdeberechtigung gemäß § 59 FamFG fehle. Soweit - wie hier - eine anderweitige gesetzliche Regelung im Sinne des § 59 Abs. 3 FamFG fehle, setze eine Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG voraus, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung in eigenen Rechten beeinträchtigt ist. Eine solche Beeinträchtigung liege hier nicht vor, weil eine bloße Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Erfüllung der der Behörde übertragenen öffentlichen Aufgaben insoweit nicht genüge. Eine unterbliebene Anhörung würde auch nicht zu einem fehlerhaften Verwaltungsakt führen, da es der Beteiligten zu 1 unbenommen bliebe, einen nach ihrer Ansicht fehlerhaften Verwaltungsakt nicht zu erlassen.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Das Oberlandesgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beteiligten zu 1 die Beschwerdeberechtigung im Verfahren der (Erst-)Beschwerde fehlt.
aa) Die Regelung in § 59 Abs. 2 FamFG für nur auf Antrag zu erlassende Beschlüsse vermag hier für die Beteiligte zu 1 keine eigenständige Beschwerdeberechtigung zu begründen, weil sie lediglich eine Begrenzung einer grundsätzlich bestehenden Beschwerdeberechtigung auf die Person des Antragstellers enthält (Senatsbeschluss vom 18. April 2012 - XII ZB 624/11 - FamRZ 2012, 1131 Rn. 8 mwN).
bb) Eine Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1 kann auch nicht auf eine Sonderregelung für Behörden gemäß § 59 Abs. 3 FamFG gestützt werden. Denn über den Fall einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung hinaus räumt diese Vorschrift Behörden nur bei entsprechender besonderer gesetzlicher Anordnung eine Beschwerdeberechtigung ein (Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 11 und vom 18. April 2012 - XII ZB 624/11 - FamRZ 2012, 1131 Rn. 8 mwN).
Eine solche Sonderregelung ergibt sich entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 nicht aus Nrn. 60, 7 Abs. 2, 17 lit. h NamÄndVwV, wonach die Verwaltungsbehörde bei einem Antrag auf Änderung eines Vornamens, der für einen beschränkt Geschäftsfähigen gestellt wird, der das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat, einen Nachweis über das Ergebnis der familiengerichtlichen Anhörung verlangt. Denn eine allgemeine Verwaltungsvorschrift ist keine gesetzliche Regelung. Sie bindet daher zwar die Verwaltung, nicht aber die Gerichte (vgl. Staudinger/Habermann BGB [2013] § 12 Rn. 214 mwN).
Über den Antrag auf Änderung eines Vornamens entscheidet nach §§ 13 a Satz 1, 11, 6 Satz 1 NamÄndG iVm § 6 Nr. 2 lit. a ZustV BY (GVBl. 2015, 184) die Kreisverwaltungsbehörde, gegen deren Entscheidung der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (vgl. §§ 68 ff. VwGO). Für einen beschränkt Geschäftsfähigen wird der Antrag nach §§ 11, 2 Abs. 1 Satz 1 NamÄndG durch den gesetzlichen Vertreter gestellt; dazu bedarf ein Vormund oder Pfleger der Genehmigung des Familiengerichts und ein Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Gemäß § 2 Abs. 2 NamÄndG hat das Gericht in diesen Fällen den beschränkt Geschäftsfähigen zu hören, wenn er das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat. Unabhängig davon, ob diese Regelung das Familiengericht auch dann zu einer Anhörung des beschränkt Geschäftsfähigen verpflichtet, wenn - wie hier - der Antrag eines alleinsorgeberechtigten Elternteils der familiengerichtlichen Genehmigung nicht bedarf (dafür: OLG München StAZ 2014, 114; LG Bremen StAZ 1982, 332; aA AG Buxtehude FamRZ 2012, 71, vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 485), ergibt sich aus § 2 NamÄndG jedenfalls aber keine eigenständige Beschwerdeberechtigung der zuständigen Verwaltungsbehörde.
cc) Zwar kann sich für Behörden auch beim Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung gemäß § 59 Abs. 3 FamFG eine Beschwerdeberechtigung aus § 59 Abs. 1 FamFG ergeben. Dies setzt indessen voraus, dass die Behörde durch die angefochtene Entscheidung in ihren Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt (nur) vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtigter Interessen genügt dagegen nicht (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 13 f. mwN). Dabei hat der Senat ausdrücklich bereits entschieden, dass sich für eine Behörde aus § 59 Abs. 1 FamFG eine Beschwerdeberechtigung nur dann ergeben kann, wenn sie durch eine gerichtliche Entscheidung in gesetzlich eingeräumten eigenen Rechten unmittelbar betroffen ist. Eine bloße Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Erfüllung der einer Behörde übertragenen öffentlichen Aufgabe genügt dagegen nicht. Dies ergibt sich auch aus der Regelung des § 59 Abs. 3 FamFG. Aus dieser Vorschrift lässt sich schließen, dass einer Behörde nur dann zur Wahrung des von ihr vertretenen öffentlichen Interesses eine Beschwerdeberechtigung zustehen soll, wenn ihr eine solche spezialgesetzlich eingeräumt ist (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 15 mwN).
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Oberlandesgericht eine Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1 zu Recht verneint. Die Beteiligte zu 1 ist danach entgegen ihrer Auffassung nicht befugt, zur Wahrung des öffentlichen Interesses an der Erfüllung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben Beschwerde einzulegen.
Dass die Beteiligte zu 1 durch die angefochtene Entscheidung daran gehindert wäre, den ihr durch Gesetz übertragenen Aufgaben nachzukommen, kann im Übrigen wohl kaum angenommen werden, nachdem sich aus dem von der Beteiligten zu 1 selbst vorgelegten Schreiben des Bayrischen Staatsministeriums des Innern als oberster Aufsicht über die Namensänderungsbehörden in Bayern ergibt, dass dort keine Veranlassung gesehen wird, gegen eine die Anhörung ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts Rechtsmittel einzulegen.
b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Beteiligten zu 1, das Oberlandesgericht habe ihr unter Verstoß gegen § 84 FamFG die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Dass die Beteiligte zu 1 die Beschwerde im Interesse des Betroffenen eingelegt hat, kann unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats nicht angenommen werden.
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