Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 27.01.2011


BGH 27.01.2011 - VII ZR 186/09

Zurechnung der durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebenen Erklärung; Verjährungshemmung durch formlose Übersendung des Antrags auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
27.01.2011
Aktenzeichen:
VII ZR 186/09
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG Frankfurt, 5. November 2009, Az: 3 U 45/08, Urteilvorgehend LG Gießen , 29. Januar 2008, Az: 2 O 388/07, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Der Vertretene, der auf Einladung zu einem Termin zur Verhandlung über einen bereits geschlossenen Vertrag einen Vertreter ohne Vertretungsmacht entsendet, muss sich dessen Erklärungen nach den zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben entwickelten Grundsätzen zurechnen lassen, wenn er den im über die Verhandlung erstellten Protokoll enthaltenen und unterschriebenen Erklärungen des Vertreters nicht unverzüglich nach Zugang des Protokolls widerspricht .

2. Der Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens ist dem Antragsgegner förmlich zuzustellen .

3. Die Verjährung wird auch dann gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB i.V.m. § 189 ZPO gehemmt, wenn der Antragsgegner den Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens lediglich aufgrund einer formlosen Übersendung durch das Gericht erhalten hat. Auf den fehlenden Willen des Gerichts, eine förmliche Zustellung vorzunehmen, kommt es nicht an .

Tenor

Die Revisionen der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. November 2009 werden zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin. Die Streithelferin der Beklagten zu 1 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit der am 28. September 2007 zugestellten Klage nimmt die Klägerin die Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 175.253,52 € nebst Zinsen in Anspruch.

2

Die Klägerin schloss am 5./14. August 1997 über sämtliche Leistungsphasen des § 15 Abs. 2 Nr. 1 - 9 HOAI a.F. betreffend den Neubau eines Verwaltungsgebäudes der Stadtwerke F. einen Architektenvertrag mit der Beklagten zu 2, einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Beklagten zu 3 und 4 sind. In § 18 des Vertrages heißt es unter der Überschrift "Verjährung von Haftungs- und Gewährleistungsansprüchen des Auftraggebers":

"Die Verjährungsfrist für Gewährleistungs- und sonstige Haftungsansprüche beträgt, soweit nicht gesetzlich eine kürzere Frist bestimmt ist und die Parteien keine abweichende Individual-Vereinbarung getroffen haben, 5 Jahre. Sie beginnt mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens mit Abnahme der in Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) zu erbringenden Leistungen (Teilabnahme). Für Leistungen, die noch danach zu erbringen sind, beginnt die Verjährung mit Abnahme der letzten Leistung."

3

Die Klägerin erteilte der Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 21. Juli 1998 auf deren Angebot vom 20. Juli 1998 den Zuschlag für Holzbauarbeiten. Für ihr Angebot verwendete die Beklagte zu 1 Vordrucke, die ihr von der Klägerin zur Verfügung gestellt waren und in denen für die Gewährleistung auf § 13 VOB/B verwiesen wurde. In einem Verhandlungsprotokoll vom 27. Juli 1998, das für die Beklagte zu 1 von deren Mitarbeiter P. unterzeichnet wurde, ist eine Verjährungsfrist von 5 Jahren vorgesehen, beginnend mit der Abnahme durch den Bauherrn. Die Arbeiten der Beklagten zu 1 wurden noch 1998 abgeschlossen. Im Dezember 1998/Frühjahr 1999 begann die Klägerin mit der Nutzung des Gebäudes und nahm die Arbeiten der Beklagten zu 1 ab.

4

Im November 2003 wurden aufgrund von Absenkungen des Flachdachs Feuchtigkeits- und Fäulnisschäden mit Schimmelpilzbefall der hölzernen Dachschalung festgestellt. Mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 7. November 2003 beantragte die Klägerin unter anderem gegen die Beklagten zu 1 und 2 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Erforschung der Schadensursache und des -umfangs sowie der voraussichtlichen Kosten der Beseitigung. Dieser Antrag wurde den Beklagten zu 1 und 2 vom Gericht formlos mitgeteilt. Der Beweisbeschluss in diesem Verfahren, der hinsichtlich der Beweisthemen auf den Antragsschriftsatz vom 7. November 2003 Bezug nimmt, wurde den Beklagten zu 1 und 2 am 29. November 2003 förmlich zugestellt. Das vierte in diesem Beweisverfahren erstattete Ergänzungsgutachten des gerichtlichen Sachverständigen E. ging am 21. Februar 2007 bei Gericht ein. Die letzte Stellungnahme der Verfahrensbeteiligten hierzu ging am 25. April 2007 ein.

5

Das Landgericht hat die Klage gegen alle Beklagten wegen Verjährung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage gegen alle Beklagten in vollem Umfang stattgegeben. Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten ihre Klageabweisungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revisionen sind nicht begründet.

I.

7

Das Berufungsgericht hält die Beklagten nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B, § 634 Abs. 1 und 2, § 635 BGB a.F., § 128 HGB analog, § 421 BGB für schadensersatzpflichtig.

8

Die Ansprüche seien nicht verjährt, weil durch die förmliche Zustellung des Beweisbeschlusses im selbständigen Beweisverfahren die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt worden sei. Der Ratio des § 204 BGB, nämlich der Warnfunktion für den Schuldner, dass der Gläubiger die Verjährung seines Anspruchs verhindern wolle, sei in gleicher Weise genügt, wenn an Stelle des in § 204 BGB erwähnten Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens der hierauf ergangene Beweisbeschluss zugestellt werde.

9

Die Verjährungsfrist betrage im Verhältnis zu allen Beklagten 5 Jahre.

10

Für die Beklagte zu 1 ergebe sich dies aus der Vereinbarung im Verhandlungsprotokoll vom 27. Juli 1998. Die Behauptung der Beklagten zu 1, ihr dieses Protokoll unterzeichnender Mitarbeiter P. habe hierzu keine Vollmacht besessen, entlaste sie nicht, da jedenfalls die Grundsätze der Anscheinsvollmacht zur Anwendung kämen. Die Beklagte zu 1 habe erkennen können, dass die Gewährleistungsfrist im Verhandlungsprotokoll gegenüber ihrem Angebot geändert worden und die Erklärung durch den als Bevollmächtigen auftretenden Mitarbeiter P. im Namen der Beklagten zu 1 abgegeben worden sei.

11

Bezüglich der Beklagten zu 2 habe die vereinbarte Verjährungsfrist von 5 Jahren nach Abnahme aller Leistungen der Leistungsphase 9 nach § 15 Abs. 2 HOAI a.F. beginnen sollen; diese seien noch nicht erbracht. Eine frühere Teilabnahme nach Erbringung der Leistungen der Phase 8 sei nicht vereinbart, weil § 18 des Architektenvertrages eine solche lediglich voraussetze, aber keine dahingehende Vereinbarung enthalte.

12

Die Arbeiten der Beklagten zu 1 seien mangelhaft gewesen, wie der gerichtliche Sachverständige festgestellt habe. Sie habe nicht das erforderliche imprägnierte Schalungsholz eingebaut und die Dampfsperre nach Durchführung eines Rohrdurchbruches nicht wieder ordnungsgemäß abgedichtet. Dagegen habe sich die vertragswidrige Verwendung von rauer Schalung an Stelle der geschuldeten Rauspundschalung bei der Entstehung des Schadens nicht ausgewirkt.

13

Die Beklagte zu 2 sei ihrer Überwachungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Die Beklagten zu 3 und 4 hafteten analog § 128 HGB als deren Gesellschafter.

14

Der Schaden belaufe sich auf die Klagesumme und setze sich aus den Kosten für die Sanierungsarbeiten und das damit beauftragte Architektenbüro zusammen.

II.

15

Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.

16

1. Die Revision der Beklagten zu 1:

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a) Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Parteien im Verhandlungsprotokoll vom 27. Juli 1998 eine fünfjährige Verjährungsfrist vereinbart haben. Das gilt auch dann, wenn in der Revision der Sachvortrag der Beklagten zu 1 unterstellt wird, ihr sei vor diesem Termin seitens der Klägerin mitgeteilt worden, dass der Termin vom 27. Juli 1998 lediglich dazu diene, ein formal notwendiges Verhandlungsprotokoll zu erstellen, mit dem der Vertragsschluss inhaltlich nicht mehr verändert, sondern nur noch einmal bestätigt und bekräftigt werden solle, und die Beklagte daher ihren Mitarbeiter P. zum Termin entsandt habe, der über keine Vollmachten zur inhaltlichen Veränderung der getroffenen Vereinbarungen verfügt habe.

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aa) Wenn zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer nach Erteilung des Zuschlags ein Termin zur Erstellung eines Verhandlungsprotokolls vereinbart wird und der Auftragnehmer dazu einen mit der Sache befassten und sachkundigen Mitarbeiter entsendet, muss er sich die rechtsgeschäftlichen Erklärungen dieses Mitarbeiters jedenfalls im Wege der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen. Einer Erstellung eines Verhandlungsprotokolls geht regelmäßig eine Vertragsverhandlung voraus, in der es erfahrungsgemäß zu Modifizierungen des bereits durch den Zuschlag zustande gekommenen Vertrages kommen kann. Denn es kann sich die Notwendigkeit erweisen, auf veränderte Verhältnisse zu reagieren oder noch offene Fragen zu klären. Entsendet der Auftragnehmer zu dieser Verhandlung einen Mitarbeiter, erzeugt er regelmäßig den Anschein, er werde durch einen Bevollmächtigten vertreten, wenn er das vermeintlich vollmachtlose Verhalten nicht sogar duldet und deshalb eine Duldungsvollmacht anzunehmen wäre. Auf diesen Rechtsschein kann der Auftraggeber vertrauen, weil er nicht damit rechnen muss, dass der Auftragnehmer auf eine Einladung zu einer Vertragsverhandlung über den durch Zuschlag zustande gekommenen Vertrag einen vollmachtlosen Vertreter schickt, wenn nicht besondere Umstände vorliegen oder ihm dies sonst verdeutlicht wird (vgl. auch BGH, Urteil vom 6. März 1986 - VII ZR 235/84, BGHZ 97, 224, 230).

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bb) Die Rechtslage stellt sich allerdings anders dar, wenn die Einladung des Auftraggebers inhaltlich ausschließlich auf eine bloße Formalität gerichtet ist, mit der ein bereits geschlossener Vertrag lediglich urkundlich fixiert werden soll, in der Verhandlung dann jedoch vom Vertrag abweichende Vereinbarungen getroffen werden, für die der erschienene Mitarbeiter keine Vollmacht besitzt, sie aber gleichwohl im Verhandlungsprotokoll unterzeichnet. Diese Willenserklärung gibt der Mitarbeiter als Vertreter ohne Vertretungsmacht ab; eine Zurechnung nach Rechtsscheinsgrundsätzen kommt grundsätzlich nicht in Betracht, weil der Auftragnehmer keinen Rechtsschein für eine über die bloße Bestätigung des bereits geschlossenen Vertrages hinausgehende Bevollmächtigung setzt und der Auftraggeber auch kein dahingehendes Vertrauen bilden konnte.

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cc) Obwohl die Beklagte einen solchen Sachverhalt behauptet, dringt sie in der Sache nicht durch. Denn die Vereinbarung einer fünfjährigen Verjährungsfrist durch ihren Mitarbeiter P. hat aus anderen Gründen Bestand.

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Erhält der Auftragnehmer zeitnah zur Verhandlung über den bereits geschlossenen Vertrag das darüber erstellte Protokoll und ist aus diesem die Abänderung des Vertrages zu erkennen, ist er in gleicher Weise verpflichtet, den Änderungen zu widersprechen, wie er es wäre, wenn er nach der Vertragsverhandlung ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben über das Ergebnis der Vertragsverhandlung erhalten hätte. Er muss der Vereinbarung, die sein Mitarbeiter getroffen hat, nach den zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben entwickelten Grundsätzen unverzüglich widersprechen, um zu verhindern, dass sein Schweigen wie eine nachträgliche konkludente Genehmigung behandelt wird und die Vereinbarung mit diesem Inhalt zustande kommt.

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(1) Dem Grundsatz, dass im Handelsverkehr der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen muss, wenn er den Inhalt nicht gegen sich gelten lassen will, liegt ein Handelsbrauch zugrunde, der zwischenzeitlich zu Gewohnheitsrecht geworden ist und im persönlichen Anwendungsbereich nicht mehr auf Kaufleute beschränkt ist (Erman/Armbrüster, BGB, 12. Aufl., § 147 Rn. 5 f.; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, 38. Aufl., § 346 Rn. 120; BGH, Urteil vom 27. Oktober 1953 - I ZR 111/52, BGHZ 11, 1, 4). Die Pflicht zum sofortigen Widerspruch wird aus im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen und auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abgeleitet (RGZ 54, 176; 95, 96; 129, 347, 349). Innere Rechtfertigung erlangt die Dogmatik vom Schweigen auf kaufmännische Bestätigungsschreiben im Wesentlichen über die Argumentation von Vertrauensschutz bzw. Verkehrsschutz innerhalb der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre (vgl. dazu MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl., § 151 Rn. 19 ff.).

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(2) Persönlich anwendbar sind die Regeln über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auf Kaufleute, aber auch auf Personen, die wie ein Kaufmann selbständig und in größerem Umfang am Rechtsverkehr teilnehmen, sowie Gemeinden und Behörden im fiskalischen Tätigkeitsbereich (Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 147 Rn. 9 f. m.w.N.). Das Bestätigungsschreiben muss sich auf eine getroffene Absprache beziehen, also das Ergebnis der vorausgegangenen Vertragsverhandlungen verbindlich festlegen. Das Bestätigungsschreiben muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen zugegangen sein. Es ist nur dann ohne Wirkung, wenn der Bestätigende so weit von dem Ergebnis der Verhandlungen abweicht, dass er vernünftigerweise nicht mit dem Einverständnis rechnen konnte. Ansonsten hat die widerspruchslose Hinnahme des Schreibens die Wirkung, dass sein Inhalt als Vertragsinhalt gilt (Palandt/Ellenberger, BGB, aaO Rn. 11 ff.). Das gilt auch für einen vom vollmachtlosen Vertreter vorgenommenen Geschäftabschluss (BGH, Urteile vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, NJW 2007, 987 und vom 27. September 1989 - VIII ZR 245/88, WM 1990, 68).

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(3) Diese Grundsätze sind zwar nicht direkt anwendbar, weil ein Protokoll über eine nach Vertragsschluss durchgeführte Verhandlung über den geschlossenen Vertrag kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist. Es kommt einem solchen Schreiben inhaltlich und seinem Zweck nach aber so nahe, dass es gerechtfertigt ist, die Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben entsprechend anzuwenden. Denn das Verhandlungsprotokoll wird gerade zu dem Zweck erstellt, die Vertragsverhandlung und deren Ergebnis zu bestätigen und schriftlich zu dokumentieren. Mit der Unterschrift unter das Protokoll erklären beide Parteien die rechtliche Verbindlichkeit der getroffenen Vereinbarungen. Nimmt an der Verhandlung ein Vertreter des Auftragnehmers teil, so ist der Auftragnehmer nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte gehalten, das ihm zeitnah übersandte Protokoll zu prüfen und dem darin dokumentierten Verhandlungsergebnis zu widersprechen, wenn es die Verhandlungen nicht zutreffend wiedergibt. Das gilt auch dann, wenn er einen Vertreter zu einer Verhandlung entsandt hat, die nach der dazu erfolgten Einladung nur den Zweck hatte, die bereits getroffene Vereinbarung urkundlich zu fixieren. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass es bei solchen Verhandlungen doch noch zu Abänderungen der Vereinbarung kommt. Entfernen sich diese Änderungen inhaltlich nicht zu weit von den ursprünglichen Vereinbarungen, kann der Auftraggeber erwarten, dass der Auftragnehmer eine Prüfung vornimmt und im Falle des fehlenden Einverständnisses widerspricht, andernfalls die getroffenen Vereinbarungen als genehmigt gelten.

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Diese Pflicht überfordert den Auftragnehmer nicht. Sie dient nicht nur seinen eigenen Interessen, sondern entspricht insbesondere den besonderen Anforderungen an ein redliches Verhalten bei der Abwicklung eines Bauvertrages. Denn die Abwicklung solcher Verträge ist häufig durch Änderungen gekennzeichnet, die sich aus ständig neu auftauchenden technischen oder rechtlichen Problemen ergeben können. Solche Änderungen erfolgen in (Nach-) Verhandlungen, Baubesprechungen oder anderen Sitzungen, die dem Zweck dienen, den Vertrag an die veränderten Umstände anzupassen. Es ist üblich, dass über diese Verhandlungen Protokolle erstellt und an die Parteien verschickt werden. Der Senat muss nicht entscheiden, ob ein vom Adressaten noch nicht unterzeichnetes Protokoll wie ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu behandeln ist. Jedenfalls dann, wenn ein solches Protokoll in rechtsgeschäftlicher Vertretung von einem entsandten Mitarbeiter eines Vertragspartners unterzeichnet ist, der über einen bereits geschlossenen Vertrag verhandelt, ist die Anwendung dieser Grundsätze geboten. Will der Vertretene die rechtsgeschäftlichen Erklärungen seines Mitarbeiters nicht gegen sich gelten lassen, muss er unter den dargelegten Voraussetzungen dem zugegangenen Protokoll unverzüglich widersprechen. Tut er das nicht, erlangt die Erklärung ungeachtet einer etwa fehlenden Vertretungsmacht des Mitarbeiters für und gegen ihn Wirksamkeit und die Vereinbarung kommt mit dem protokollierten Inhalt zustande. Bestand schon ein Vertrag, wird er in dem protokollierten Umfang abgeändert oder ergänzt.

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(4) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Beklagte zu 1 nach dem Zuschlag zur Erstellung eines Verhandlungsprotokolls geladen. In diesem Verhandlungsprotokoll sind Ausführungsfristen abgeändert und die Verjährungsfrist ist von zwei auf fünf Jahre verlängert worden. Das Verhandlungsprotokoll wurde von beiden Seiten unterschrieben, auf Seiten der Beklagten zu 1 vom Mitarbeiter P. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Beklagten zu 1 das Protokoll zugegangen ist, was allein dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass es gemeint hat, die Beklagte zu 1 habe die Abänderung der Gewährleistungsfrist im Verhandlungsprotokoll erkennen können. Bei ordnungsgemäßer Überprüfung konnte die Beklagte zu 1 die Abänderung der Gewährleistungsfrist im Verhandlungsprotokoll gegenüber ihrem Angebot erkennen. Unter Anwendung obiger Grundsätze musste die Beklagte zu 1 in dieser Situation dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls unverzüglich widersprechen, sofern sie damit nicht einverstanden war. Die im Verhandlungsprotokoll getroffenen Vereinbarungen verändern den Leistungsinhalt des Vertrages nicht in dem Sinne wesentlich, dass die Klägerin nicht mit einem Einverständnis der Beklagten zu 1 rechnen konnte. Die Anpassung der Ausführungsfristen war durch den Zeitablauf bedingt. Die Vereinbarung der gesetzlichen Verjährungsfrist von fünf Jahren im VOB/B-Vertrag ist nicht ungewöhnlich. Da die Beklagte zu 1 nicht widersprochen hat, muss sie die nachträglich vereinbarte Verlängerung der Verjährungsfrist auf fünf Jahre gegen sich gelten lassen.

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b) Entgegen der Ansicht der Revision sind die Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 nicht verjährt. Die frühestens seit Abnahme im Dezember 1998 laufende fünfjährige Verjährungsfrist wurde durch die Mitteilung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens von Mitte November 2003 bis Oktober 2007 gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 BGB i.V.m. § 189 ZPO. Seit 4. September 2007 ist die Verjährung durch die erhobene Klage gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO.

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aa) Nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB hemmt die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens die Verjährung. In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob damit die förmliche Zustellung im Sinne des § 166 ZPO gemeint ist (OLG Dresden, IBR 2010, 329; LG Darmstadt, IBR 2005, 678; LG Gießen, IBR 2008, 251; Kniffka/Schulze-Hagen, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht Stand 16.7.2010, 634a Rn. 140; Bamberger/Roth/Henrich, BGB, 2. Aufl., § 204 Rn. 30; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 12. Aufl., § 204 Rn. 20; Kapellmann/Messerschmidt-Weyer, VOB, 3. Aufl., § 13 VOB/B Rn. 173; PWW/Kessler, BGB, 4. Aufl., § 204 Rn. 14; Ingenstau/Korbion/Wirth, VOB, 17. Aufl., vor § 13 VOB/B Rn. 342; Klein/Moufang/Koos, BauR 2009, 333, 349 f.; Sterner/Hildebrandt, ZfIR 2006, 349, 350) oder ob auch die formlose Mitteilung des Antrags genügt (OLG Karlsruhe, BauR 2007, 1943 = NZBau 2008, 123 = ZfBR 2007, 787; OLG Naumburg, BauR 2009, 1015 [LS]; LG Marburg, IBR 2006, 372; Seibel, ZfBR 2008, 9).

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Zu Recht hat sich das Berufungsgericht der erstgenannten Meinung angeschlossen. Die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB kann grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens im Sinne von § 166 ZPO förmlich zugestellt worden ist. Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB. Da das Bürgerliche Gesetzbuch keine Legaldefinition des Begriffes "Zustellung" kennt, jedoch beispielsweise in § 132 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Form der Zustellung auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung verweist, gilt wegen des Gesamtzusammenhangs der Rechtsordnung die Definition des § 166 Abs. 1 ZPO: "Zustellung ist die Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person in der in diesem Titel bestimmten Form". Das entspricht auch dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der "zur Klarstellung ausdrücklich auf die nach § 270 ZPO erforderliche Zustellung des Antrags" abstellt (BT-Drucks. 14/6040, S. 114). Danach ist die förmliche Zustellung als Voraussetzung einer Verjährungshemmung gewollt und so auch Gesetz geworden.

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bb) Da eine förmliche Zustellung nicht erfolgt ist, kommt eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 ZPO ohne Rückgriff auf die Heilungsvorschrift des § 189 ZPO nicht in Betracht. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Ansprüche seien deshalb nicht verjährt, weil durch die förmliche Zustellung des Beweisbeschlusses im selbständigen Beweisverfahren die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt worden sei. Das Gesetz knüpft die Hemmung an die Zustellung des Antrags. Damit soll gewährleistet werden, dass der Antragsgegner die Möglichkeit hat, den Antrag zur Kenntnis zu nehmen. Es kann offen bleiben, ob die Zustellung des Beweisbeschlusses dann ausreicht, wenn der Beweisbeschluss den Inhalt des Antrags wiedergibt, so dass der Antragsgegner auf diese Weise von dem Antrag Kenntnis erhält. Eine Zustellung des Beweisbeschlusses kann die gesetzlich vorgesehene Zustellung des Antrags jedenfalls dann nicht ersetzen, wenn der Beweisbeschluss den Antrag nicht wiedergibt, sondern lediglich auf ihn Bezug nimmt. Denn in diesem Fall hat der Antragsgegner durch die Zustellung nicht die Möglichkeit der Kenntnisnahme erhalten.

31

Da der Beweisbeschluss lediglich auf den formlos übersandten Antrag Bezug nahm, kann die Zustellung des Beweisbeschlusses nicht die erforderliche Zustellung des Antrags im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB ersetzen.

32

cc) In der Rechtsprechung (LG Marburg, 1 O 231/03, zitiert nach juris; zweifelnd: OLG Dresden, 1 U 1446/09, zitiert nach juris) und Literatur (Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 204 Rn. 22 und 6; Staudinger/Peters/Jacoby [2009], § 204 Rn. 87) wird die Ansicht vertreten, der nur formlos bekannt gegebene Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens hemme die Verjährung jedenfalls dann, wenn sich der Antragsgegner auf das Beweisverfahren eingelassen habe, ohne den Zustellungsmangel zu rügen. Insoweit wird eine jedenfalls entsprechende Anwendung des § 295 ZPO für richtig gehalten. Ob dieser Auffassung trotz des Umstandes, dass § 295 ZPO eine rügelose Einlassung in einer mündlichen Verhandlung voraussetzt und eine solche im selbständigen Beweisverfahren nicht stattfinden muss, gefolgt werden kann, kann offen bleiben, weil der Senat die Heilung des Zustellungsmangels nach § 189 ZPO bejaht.

33

dd) Nach § 189 ZPO gilt ein Schriftstück, das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

34

Die Voraussetzungen des § 189 ZPO sind erfüllt. Das Schriftstück ist der Beklagten zu 1 unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen (1). Die von der Rechtsprechung für die prozessrechtlichen Wirkungen vorgenommene teleologische Reduktion des § 189 ZPO auf die Fälle, in denen das Schriftstück der Partei ohne den Willen des Gerichts, eine förmliche Zustellung vorzunehmen, tatsächlich zugegangen ist (2), erfasst nicht die Fälle, in denen es um die Hemmung der Verjährung geht (3). Der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens ist dem Beklagten tatsächlich zugegangen (4).

35

(1) Eine zwingende Zustellungsvorschrift im Sinne des § 189 ZPO ist verletzt, wenn die förmliche Zustellung eines Schriftstücks nach dem Gesetz zu erfolgen hat, jedoch nicht stattgefunden hat. Es besteht kein Grund, die zwingenden Zustellungsvorschriften im Sinne des § 189 ZPO auf die Regelungen zu den Förmlichkeiten des Zustellungsverfahrens zu beschränken. Ein Verstoß gegen zwingende Zustellungsvorschriften, wie z.B. § 270 ZPO, liegt also auch vor, wenn die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens deshalb unterbleibt, weil das Gericht sie entgegen den gesetzlichen Vorschriften nicht anordnet.

36

Der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens muss förmlich zugestellt werden. Denn der Antrag ist als Sachantrag im Sinne des § 270 Satz 1 ZPO anzusehen.

37

(a) Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist allerdings anderer Auffassung, weil sie in dem Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens einen reinen Prozessantrag sieht, der nach § 270 Satz 1 ZPO ohne besondere Form mitzuteilen sei (LG Marburg, 1 O 231/03, zitiert nach juris Rn. 175; LG Darmstadt, 22 O 90/05, zitiert nach juris Rn. 30; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl., § 270 Rn. 8 und § 490 Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 270 Rn. 21; PG/Ulrich, ZPO, § 487 Rn. 18; Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB, 17. Aufl., Anh. 3 Rn. 40 und Ingenstau/Korbion/Wirth, 17. Aufl., vor § 13 VOB/B Rn. 342; Weyer, BauR 2001, 1807, 1810; a.M. Kleine-Möller/Merl/Praun, Handbuch des privaten Baurechts, 3. Aufl., § 16 Rn. 68; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 486 Rn. 40).

38

(b) Diese Ansicht greift jedoch zu kurz. Sie berücksichtigt nicht, dass es sich bei diesem Antrag nicht um einen reinen Beweisantrag in einem bereits anhängigen Klageverfahren handelt, sondern dass er neben der amtswegigen Beweiserhebung auch ein selbständiges, neues, kontradiktorisches Verfahren einleitet. Dieses kann zu einer mündlichen Verhandlung führen und mit einem Vergleich enden (§ 491 Abs. 1, § 492 Abs. 3 ZPO). Es handelt sich bei dem selbständigen Beweisverfahren um einen abgekoppelten, eigenständigen und vorweggenommenen Teil eines etwa nachfolgenden Hauptsacheprozesses. Deshalb ist angeordnet, dass seine Ergebnisse im nachfolgenden Hauptsacheverfahren zwingend zu verwerten sind, wenn sich eine der Parteien auf eine Tatsache beruft, über die Beweis erhoben wurde, § 493 Abs. 1 ZPO. Nach seiner Beendigung kann auf Antrag angeordnet werden, dass der Antragsteller Klage in der Hauptsache zu erheben hat. Kommt er dem nicht fristgerecht nach, löst das selbständige Beweisverfahren eigenständige Kostentragungspflichten aus, § 494a Abs. 2 ZPO. Zudem hat das selbständige Beweisverfahren materielle Wirkungen, denn es hemmt die Verjährung der Ansprüche, für deren Nachweis die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Tatsachen von Bedeutung sein können, § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB.

39

Dem Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens kommt somit größere Bedeutung zu als einem reinen Beweisantrag im anhängigen Verfahren. Es ist daher gerechtfertigt, ihn wie einen Sachantrag, der gleich einem Klageantrag ein eigenständiges gerichtliches Verfahren einleitet, zu behandeln und daher in entsprechender Anwendung des § 270 Satz 1 ZPO seine Zustellung an den Antragsgegner als zwingend anzusehen. Diese Auslegung steht mit dem Willen des Gesetzgebers erkennbar in Einklang, der bei Einführung des neuen § 204 Abs. 1 Nr. 7 durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zur Begründung des Zustellungserfordernisses des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zur Hemmung der Verjährung "zur Klarstellung ausdrücklich auf die nach § 270 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche Zustellung des Antrags" abstellt (BT-Drucks. 14/6040, S. 114).

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(2) Eine Heilung nach § 189 ZPO kommt allerdings nach der Rechtsprechung nicht in Betracht, wenn das Gericht eine Zustellung nicht bewirken wollte.

41

(a) Das gilt zunächst für den Fall, dass das Gericht nicht die Absicht hatte, ein Schriftstück in einem betreffenden Verfahren der Partei überhaupt zur Kenntnis zu bringen, so dass diese nur zufällig oder versehentlich von dem Schriftstück Kenntnis erlangt hat (vgl. BVerwG, BVerwGE 104, 301, 314; 29, 321, 323; 85, 213, 215; 16, 165, 166 zur inhaltsgleichen Regelung des § 9 VwZG a.F.). Gleiches gilt, wenn eine Klageschrift in einem Verfahren über ein Armenrechtsgesuch zur Kenntnis übersandt worden war (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1952 - V ZR 159/51, BGHZ 7, 268, 270; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Oktober 1956 - VI ZR 174/55, NJW 1956, 1878, 1879 zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 187 ZPO a.F.). Ähnlich ist für den Fall entschieden worden, dass eine Vollstreckungsgegenklage zusammen mit einem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung formlos an den Gegner übersandt worden war, um eine Stellungnahme zu dem Einstellungsantrag zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 4. November 1992 - XII ZB 130/92, FamRZ 1993, 309 zu § 187 ZPO a.F.). Im Ergebnis konsequent ist auf dieser Grundlage eine Heilung nach § 189 ZPO abgelehnt worden, wenn die Zustellung im Parteibetrieb erfolgt ist, obwohl nach dem Gesetz eine Amtszustellung hätte vorgenommen werden müssen (BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - IV ZR 14/08, FamRZ 2010, 1328, 1329). Allen diesen Fällen ist gemein, dass das Gericht den Zugang eines Schriftstücks nicht zur Förderung des betreffenden Verfahrens veranlasst hat.

42

(b) Aber auch dann, wenn das Gericht das Schriftstück zur Förderung eines Verfahrens zur Kenntnis bringen wollte, kann eine Heilung nach § 189 ZPO nach der Rechtsprechung nicht stattfinden, wenn dem Gericht der Wille fehlte, das Schriftstück förmlich zuzustellen (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 256/99, NJW 2001, 3713, 3714 zu § 187 ZPO a.F.; Beschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06, GuT 2009, 209, 213; BVerwG, DVBl 2010, 1508 ff.; BFH, ZSteu 2009, R1144 f.). Dementsprechend ist z.B. entschieden worden, dass Rechtsmittelfristen nicht laufen, wenn die angefochtenen Entscheidungen nicht förmlich zugestellt worden sind, weil das Gericht die Entscheidungen willentlich lediglich formlos mitgeteilt hatte (BGH, Beschluss vom 26. November 2002 - VI ZB 41/02, NJW 2003, 1192, 1193; Beschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 58/02, WM 2004, 598, 599; BVerwG, 9 C 14/98, in juris; BFH/NV 2009, 777, 778; BAG, NJW 2010, 2748; FamRZ 2009, 687; NJW 2008, 1610, 1611; NJW 2008, 1400; BSG, NVwZ 1990, 1108, 1109; NJW 1971, 2248).

43

(3) Diese Rechtsprechung kann nicht ohne Weiteres zur Beantwortung der Frage herangezogen werden, ob die formlose Übersendung eines Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens die Verjährung hemmt, wenn er zwar entgegen der gesetzlichen Vorschrift nicht förmlich zugestellt wurde, jedoch durch formlose Übersendung mit dem Willen zur Kenntnis gebracht worden ist, das Verfahren einzuleiten und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

44

(a) Soweit die Rechtsprechung hinsichtlich der prozessualen Wirkungen einer Zustellung auf den Zustellungswillen abstellt, hat sie erkennbar den Schutz des Empfängers der jeweiligen Schriftstücke im Auge. Sie legt deshalb die Vorschrift des § 189 ZPO einschränkend aus, ohne dass der Wortlaut der Regelung zwingend dazu Anlass gibt. Dabei liegt es auf der Hand, dass eine Heilung nach Sinn und Zweck der Regelung nicht in Betracht kommt, wenn ein Empfänger ein Schriftstück ohne den Willen des Gerichts erhalten hat, es ihm zur Kenntnis zu geben. Denn das Gesetz geht ohne Weiteres von Zustellungen aus, die mit dem Ziel erfolgen, ein bestimmtes Verfahren in gewisser Weise zu fördern (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S. 14; vgl. auch BVerwG, NJW 1988, 1612, 1613 und NVwZ 2006, 943, 944 zur vergleichbaren und in gleicher Weise auszulegenden Regelung des § 9 VerwZG a.F., GmS-OGB, BGHZ 67, 355, 357).

45

(b) Soweit nach dieser Rechtsprechung zwar ein Bekanntgabewille vorhanden war, das Fehlen des Willens einer förmlichen Zustellung eine Heilung nach § 189 ZPO jedoch verhinderte, fehlt es allerdings bisher an einer eigenständigen Begründung für die einschränkende Auslegung dieser Norm. In den jeweiligen Entscheidungen wird vielmehr lediglich auf diejenigen Entscheidungen Bezug genommen, in denen auf den fehlenden Willen abgestellt wurde, ein Schriftstück in einem bestimmten Verfahren bekannt zu geben. Aber auch in diesen Fällen geht es im Wesentlichen darum, den Empfänger des Schriftstücks vor ungerechtfertigten prozessualen Nachteilen zu schützen, die dadurch entstehen, dass ihm ein Schriftstück nicht förmlich zugestellt worden ist. Die Entscheidungen sind in Fällen ergangen, in denen eine Partei auf den formlos mitgeteilten Antrag oder die formlos übersandte Entscheidung zur Wahrung ihrer Rechte nicht rechtzeitig reagiert hätte, wenn durch die formlose Übersendung Fristen in Gang gesetzt worden wären.

46

(c) Dieses Schutzes bedarf ein Empfänger eines formlos zur Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens zugesandten Antrags nicht, soweit es um die Hemmung der Verjährung geht. Vielmehr entspricht es Sinn und Zweck der Hemmungsvorschriften, § 189 ZPO für diesen Fall dahin auszulegen, dass die formlose Bekanntmachung des Gerichts ausreicht, um eine Fiktion der Zustellung im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB zu erreichen.

47

Allgemein hat § 189 ZPO den Sinn, die förmlichen Zustellungsvorschriften nicht zum Selbstzweck erstarren zu lassen, sondern die Zustellung auch dann als bewirkt anzusehen, wenn der Zustellungszweck anderweitig, nämlich durch tatsächlichen Zugang, erreicht wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1952 - V ZR 159/51, BGHZ 7, 268, 270 zu § 187 ZPO a.F.). Deshalb ist die Vorschrift des § 189 ZPO grundsätzlich weit auszulegen (BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - IV ZR 14/08, FamRZ 2010, 1328, Rn. 16 f.). Der Zweck der Zustellung ist es, dem Adressaten angemessene Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks zu verschaffen und den Zeitpunkt der Bekanntgabe zu dokumentieren (vgl. Begründung zum Zustellungsreformgesetz, BT-Drucks. 14/4554, S. 14). Ist die Gelegenheit zur Kenntnisnahme gewährleistet und steht der tatsächliche Zugang auch ohne die durch die förmliche Zustellung gewährleistete Dokumentation fest, bedarf es besonderer Gründe, die Zustellungswirkung entgegen dem Wortlaut der Regelung in § 189 ZPO nicht eintreten zu lassen. Diese bestehen nicht, soweit es um die materiell-rechtliche Wirkung geht, die Verjährung zu hemmen. Denn ein Antragsgegner ist auch dann, wenn ihm ein Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nicht förmlich zugestellt wird, in ausreichender Weise über dieses Verfahren und vor allem über den Willen des Antragstellers, den Anspruch weiter zu verfolgen, in Kenntnis gesetzt worden. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen immer wieder hervorgehoben, dass an die zur Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung eingeleiteten gerichtlichen Maßnahmen keine überzogenen, mit dem Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften nicht in Einklang zu bringenden Anforderungen gestellt werden dürfen. So reicht eine unzulässige, unschlüssige oder unsubstantiierte Klage zur Hemmung der Verjährung aus, weil mit ihr ausreichend zum Ausdruck gebracht wird, dass der Kläger den Anspruch weiter verfolgen will (BGH, Urteil vom 13. Juli 1959 - III ZR 27/58, NJW 1959, 1819; Urteil vom 22. Mai 1963 - VIII ZR 49/62, BGHZ 39, 287, 291; Urteil vom 3. Juli 1980 - IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 5; Urteil vom 18. November 1982 - VII ZR 118/81, WM 1983, 95; Urteil vom 3. Mai 1999 - II ZR 119/98, NJW 1999, 2115; Urteil vom 28. September 2004 - IX ZR 155/03, NJW 2004, 3772 jeweils m.w.N.). Damit ist der Funktion der Hemmungshandlung, den Schuldner nachhaltig auf den Willen des Gläubigers zur Durchsetzung seines Rechtes hinzuweisen und ihn ausreichend für seine Entscheidung zu informieren, ob er sich gegen die Anspruchstellung zur Wehr setzen will, genüge getan. Er ist hinreichend informiert und entsprechend gewarnt, dass der Gläubiger seine Ansprüche nicht verjähren lassen will (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby [2009], § 204 Rn. 16). Dementsprechend kann sich der Schuldner nicht mehr darauf verlassen, dass der Inhaber des Anspruchs keine Forderungen mehr an ihn stellt, sondern weiß, dass der Anspruch vor Eintritt der Verjährung geltend gemacht werden soll. Dieser Wille kommt auch durch die formlose Übersendung des bei Gericht eingereichten Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ausreichend zum Ausdruck.

48

(d) Zu berücksichtigen ist, dass die Heilungsregelung des § 189 ZPO auch einen Vertrauenstatbestand schafft, der eine Partei davon abhalten kann, weitere Zustellungsmaßnahmen zu fordern, wenn die Zustellung ordnungswidrig nicht erfolgt ist. Dieser Vertrauenstatbestand wirkt sich vor allem im materiellen Verjährungsrecht aus. Im Hinblick darauf ist es geboten, die Regelung, soweit es um die Verjährung geht, möglichst eng am Wortlaut auszulegen und im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommene Beschränkungen des Vertrauenstatbestandes allenfalls unter engen Voraussetzungen zuzulassen (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1994 - XII ZR 150/93, BGHZ 128, 74, 80; Urteil vom 10. Dezember 1972 - VII ZR 21/72, BGHZ 59, 323, 326). Eine Anknüpfung an den Zustellungswillen des Gerichts verhindert Rechtsklarheit und führt zu erheblichen Schwierigkeiten in der forensischen Praxis. Denn die Partei, die die Zustellung benötigt, um für sie vorteilhafte Rechtsfolgen herleiten zu können, hat auf die Zustellung durch das Gericht keinen Einfluss. Sie kann zwar, wie in der Literatur empfohlen wird, auf eine Zustellung dringen und auch einen Zustellungsnachweis erbitten, § 169 Abs. 1 ZPO, kann diese aber nicht selbst bewirken und auch nicht erzwingen. Sie hat vor allem erhebliche Probleme, einen Zustellungswillen zuverlässig festzustellen, der dahin geht, dass eine förmliche Zustellung gewollt war. Denn in allen Fällen, in denen ein Zugang eines Schriftstückes unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften erfolgt ist, stellt sich die Frage, ob das Gericht eine Zustellung beabsichtigt hat oder nicht. Diese Frage lässt sich nicht ohne Weiteres beantworten, weil der Wille zur Zustellung erst erforscht werden müsste. So muss der Umstand, dass ein Schriftstück nicht zugestellt worden ist, nicht ohne Weiteres daran liegen, dass ein Richter, auf dessen Willen es ankommt, wenn er die Mitteilung verfügt (§ 270 Satz 1 ZPO, vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - IV ZR 14/08, FamRZ 2010, 1328, Rn. 17), eine Zustellung nicht gewollt hat, sondern kann auch daran liegen, dass sein Wille im Geschäftsablauf nicht umgesetzt worden ist. Da der Wille zur förmlichen Zustellung ein subjektives Element enthält, kann es auch schwierig sein, diesen - ohne Aufklärung durch Einbeziehung des verfügenden Richters - zuverlässig aufzuklären. So mag die Verfügung "Abschrift an Gegner" allgemein dahin verstanden werden, dass eine förmliche Zustellung nicht erfolgen soll. Es sind aber andere Formulierungen in Verfügungen denkbar, die auch im Zusammenhang mit Gepflogenheiten in der Zusammenarbeit eines Richters mit der Geschäftsstelle die Frage aufwerfen können, ob eine Zustellung gewollt war oder nicht. Zudem kann nur anhand der Akten erkannt werden, ob eine Zustellung verfügt worden ist. Die Akten sind in der Zeit, in der es häufig um die rechtzeitige Hemmung der Verjährung geht, jedoch nicht zwingend verfügbar. Gerade in selbständigen Beweisverfahren befinden sich die Akten nach Erlass des Beweisbeschlusses oftmals für längere Zeit beim Sachverständigen, so dass sie nicht oder nur nach längerer Verzögerung einsehbar sind. Diese Umstände erzeugen erhebliche Schwierigkeiten bei der Feststellung des Verjährungsbeginns, was nach Auffassung des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein kann.

49

(4) Nach den bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist der Antragsschriftsatz auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens der Beklagten zu 1 zugegangen. Das wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt. Nach dem Erledigungsvermerk der Geschäftsstelle des Gerichts des Beweisverfahrens ist die Abschrift des Antrages am 11. November 2003 abgesandt worden. Mangels anders lautender Anhalte ist nach den normalen Postlaufzeiten der Antrag der Beklagten zu 1 somit bis Mitte November 2003 zugegangen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Hemmung der Verjährung, § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB.

50

(5) Die Hemmung endet sechs Monate nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens, § 204 Abs. 2 BGB. Abgeschlossen ist die Beweissicherung mit ihrer sachlichen Erledigung. Diese liegt bei schriftlichen Sachverständigengutachten regelmäßig vor, wenn das Gutachten den Parteien übergeben wird; bei mündlicher Erläuterung des schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen endet die Beweisaufnahme und damit das selbständige Beweisverfahren mit dem Verlesen oder der Vorlage zur Durchsicht des Sitzungsprotokolls über die Vernehmung des Sachverständigen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329; Urteil vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09 in juris). Hat das Gericht in Ausübung des ihm nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eingeräumten Ermessens eine Frist gesetzt oder haben die Parteien dem Gericht nach Erhalt des Gutachtens innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitgeteilt, endet das Beweisverfahren erst mit dem Verstreichen dieser Frist oder der Erledigung der Anträge oder Ergänzungsfragen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 407/99, BauR 2001, 674 = ZfBR 2001, 820; Urteil vom 20. Februar 2002 - VIII ZR 228/00, BGHZ 150, 55; Urteil vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09 in juris). Im vorliegenden Fall endete das selbständige Beweisverfahren somit erst mit der am 25. April 2007 eingegangenen Rücknahme der letzten Eingabe der Beklagten zu 2. Die Hemmung der Verjährung wäre am 25. Oktober 2007 beendet gewesen, § 204 Abs. 2 BGB. Zuvor ist jedoch durch die Klageerhebung der Anspruch weiter gehemmt worden, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

51

c) Die Rüge der Revision, der Klägerin könnten wegen des vertragswidrigen Einbaus einer rauen Schalung statt der vereinbarten Rauspundschalung keine Schadensersatzansprüche zustehen, geht fehl.

52

Die Feststellung des Berufungsgerichts, dieser Mangel habe sich nicht kausal bei der Schadensentstehung ausgewirkt, ist so zu verstehen, dass er sich nicht bei der Entstehung des Feuchtigkeitsschadens ausgewirkt habe. Den durch den Mangel entstandenen Schaden hat die Klägerin nach den mangelbedingten Sanierungskosten berechnet, wozu auch die Kosten für den Austausch der rauen Schalung gehören. Der Austausch war - wie das Berufungsgericht sachverständig beraten festgestellt hat - notwendig, weil die Schalung wegen des verwendeten nicht imprägnierten und dadurch durchfeuchteten Holzes fehlerhaft war. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

53

2. Die Revision der Beklagten zu 2 bis 4:

54

Die Revision der Beklagten zu 2 bis 4 ist nach den vorstehenden Ausführungen ebenfalls unbegründet. Selbst wenn eine Teilabnahme wirksam vereinbart und im Frühjahr 1999 stattgefunden haben sollte, hätte die formlose Zusendung des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens im November 2003 die Verjährung der Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 2 bis 4 gehemmt. Dass der Antrag den Beklagten zu 2 bis 4 tatsächlich im November 2003 zugegangen ist, ergibt sich ebenfalls aus dem Berufungsurteil und ist im Übrigen unstreitig.

55

Es kommt deshalb auf die von der Revision der Beklagten zu 2 bis 4 gestellte Frage, ob eine Teilabnahme wirksam vereinbart worden ist, nicht an. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass mit § 18 Satz 2 des Architektenvertrages eine Teilabnahme entgegen der Auffassung der Revision nicht wirksam vereinbart ist. Der Senat hat für die fast gleichlautende Klausel 6.2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Einheitsarchitektenvertrag für Gebäude (AVA) bereits entschieden, dass diese keine Vereinbarung über eine Teilabnahme enthält (Urteil vom 11. Mai 2006 - VII ZR 300/04, BauR 2006, 1332 = NZBau 2006, 519 = ZfBR 2006, 560). Hieran wird festgehalten; zur Begründung wird auf die dortigen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

56

Der Umstand, dass die hier zu beurteilende Klausel unter der Überschrift der "Verjährung von Haftungs- und Gewährleistungsansprüchen des Auftraggebers" statt "Gewährleistungs- und Haftungsdauer" steht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Auch diese Formulierung lässt für den durchschnittlich verständigen Bauherrn, zu dem auch die Klägerin gehört, nicht erkennen, dass sich hierunter eine Vereinbarung eines Teilabnahmeanspruchs des Architekten verbirgt, für den der Text keinen hinreichenden Anhaltspunkt enthält. Auch in dieser Überschrift wird die Teilabnahme nicht erwähnt. Die Zweifel am Inhalt der Klausel gehen zu Lasten des Verwenders, der Beklagten zu 2.

III.

57

Die Revisionen waren daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.

Kniffka     

        

Kuffer     

        

Dr. Eick kann wegen

Erkrankung nicht

unterschreiben

                                   

Kniffka

        

Halfmeier     

        

Leupertz