Entscheidungsdatum: 23.03.2018
1. Die dauerhafte Änderung des Inhalts eines Sondernutzungsrechts und die dauerhafte Aufhebung eines solchen Rechts können die übrigen Wohnungseigentümer gegen den Willen des Sondernutzungsberechtigten nur nach Maßgabe von § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG und auf dem darin geregelten Weg einer Anpassung oder Änderung der Gemeinschaftsordnung herbeiführen.
2. Aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG kann sich auch ein Anspruch auf ersatzlose Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ergeben, allerdings nur als ultima ratio, etwa wenn die Sondernutzungsfläche zwingend benötigt wird, um unabwendbaren behördlichen Auflagen nachzukommen, und regelmäßig nur gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung.
3. Selbst wenn die übrigen Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts verlangen können, ist der Sondernutzungsberechtigte nicht verpflichtet, seine Sondernutzungsfläche im Vorgriff auf eine solche Aufhebung zur Verfügung zu stellen.
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 9. Februar 2017 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 10. November 2015 in der Fassung des Ergänzungsurteils vom 15. Januar 2016 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Nebenintervenientin selbst trägt.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Mitglied die Beklagte ist. In der von der Stadt im Jahre 2004 erteilten Baugenehmigung ist vorgesehen, die an der Straße gelegenen Stellplätze parallel zum Gebäude zu errichten, unter anderem auf der Fläche vor der Wohnung der Beklagten. Davon abweichend wurden die Stellplätze in einem rechten Winkel zu dem Gebäude ausgerichtet. Vor der Wohnung der Beklagten befindet sich eine abgezäunte Terrassen- und Gartenfläche. In der Gemeinschaftsordnung wird dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung der Beklagten ein entsprechendes unentgeltliches Sondernutzungsrecht an dieser Fläche eingeräumt, welches in das Grundbuch eingetragen wurde. Die Stadt, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten ist, lehnt die nachträgliche Genehmigung der tatsächlichen Bauausführung ab und verlangt die Errichtung der Stellplätze parallel zum Gebäude, u.a. auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu dulden, dass die Klägerin die Terrasse, den Rasen und die Pflanzen sowie den die Sondernutzungsfläche umgebenden Zaun entfernt und auf der Fläche zwei Stellplätze errichtet, die dauerhaft durch die Wohnungseigentümer oder Bewohner genutzt werden können. Weiterhin verlangt die Klägerin von der Beklagten die Duldung der Nutzung ihrer Sondernutzungsfläche als Zufahrt zu weiteren Stellplätzen. In der Eigentümerversammlung vom 24. November 2010 wurde die gerichtliche Durchsetzung der Duldung der Umbaumaßnahmen beschlossen.
Das Amtsgericht hat der Klage Zug um Zug gegen eine Entschädigungszahlung in Höhe von 38.000 € stattgegeben. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte sei nach § 242 BGB verpflichtet, der Klägerin die Sondernutzungsfläche zur Verfügung zu stellen und die baulichen Maßnahmen sowie die dauerhafte Nutzung der Fläche für Stellplätze und Zufahrten zu dulden. Dies folge daraus, dass die Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche erforderlich sei, um den öffentlich-rechtlichen Vorgaben der bestandskräftigen Baugenehmigung zu genügen. Die Stadt habe den Antrag auf nachträgliche „Legalisierung“ der tatsächlichen Bauausführung abgelehnt, sodass nunmehr die Vorgaben der Baugenehmigung umzusetzen seien. Den Einwand der Beklagten, dass die Stellplätze an einer anderen Stelle des Grundstücks errichtet werden könnten, habe das Amtsgericht zu Recht als unsubstantiiert zurückgewiesen.
Einer vorherigen Änderung der Gemeinschaftsordnung, in der der Beklagten das Sondernutzungsrecht eingeräumt worden sei, bedürfe es nicht. Zwar sei davon auszugehen, dass die in der Gemeinschaftsordnung festgelegten rechtlichen Verhältnisse den tatsächlichen Gegebenheiten nach Abschluss der Bauarbeiten zur Erstellung eines baugenehmigungskonformen Zustands angepasst werden sollten, es sei aber nicht ersichtlich, warum die Gemeinschaftsordnung vorrangig geändert werden müsse. Eine Rechtsverkürzung der Beklagten trete dadurch nicht ein, da die übrigen Miteigentümer gegen sie einen Anspruch auf Zustimmung zu der Änderung hätten. Deren gerichtliche Durchsetzung führte daher lediglich zu einer zeitlichen Verzögerung.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Anders als das Berufungsgericht meint, muss ein sondernutzungsberechtigter Wohnungseigentümer den umfassenden Mitgebrauch seiner Sondernutzungsfläche durch alle Wohnungseigentümer nicht dauerhaft dulden. Etwas anderes lässt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus § 242 BGB ableiten.
a) Jeder Wohnungseigentümer ist zwar gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14 und 15 WEG berechtigt. Das gilt aber nach § 15 Abs. 1 WEG nicht für die Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, an denen einzelnen Wohnungseigentümern Sondernutzungsrechte zugewiesen sind. Wesensmerkmal von Sondernutzungsrechten ist, dass sie dem begünstigten Wohnungseigentümer unter Ausschluss der übrigen (negative Komponente) das Recht zur Nutzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums zuweisen (positive Komponente). Sie schränken damit die gesetzliche Befugnis jedes Wohnungseigentümers zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 13 Abs. 2 WEG ein (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2017 - V ZR 96/16, ZWE 2017, 224 Rn. 31; Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 78/16, NJW-RR 2017, 712 Rn. 10; Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 191/15, ZfIR 2017, 12 Rn. 14; Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 10). Es widerspräche daher dem Sinn und Zweck eines Sondernutzungsrechts, wenn der Sondernutzungsberechtigte dauerhaft den Mitgebrauch seiner Sondernutzungsfläche durch andere Wohnungseigentümer dulden müsste.
b) Allerdings wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertreten, ein Sondernutzungsberechtigter könne unabhängig von einer Änderung der Gemeinschaftsordnung oder Vereinbarung nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB aus dem Gemeinschaftsverhältnis verpflichtet sein, seine Sondernutzungsfläche - gegebenenfalls gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung - auf Dauer zum Mitgebrauch der Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen und die Nutzung dieser Fläche auch durch andere Wohnungseigentümer zu dulden. Eine solche Verpflichtung wird etwa angenommen, wenn die Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen, etwa für einen Stellplatznachweis oder einen Kinderspielplatz zwingend erforderlich ist (vgl. KG, ZWE 2000, 138, 139; BayObLG, WuM 2002, 225). Dem folgen Teile der Literatur (Grziwotz in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 5 Rn. 60a; Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 13 Rn. 43). Auch das Berufungsgericht stützt sich auf diese Ansicht.
c) Richtigerweise kommt § 242 BGB aber jedenfalls seit dem Inkrafttreten der WEG-Novelle des Jahres 2007 am 1. Juli 2007 als Anspruchsgrundlage für den dauerhaften umfassenden Mitgebrauch einer Sondernutzungsfläche durch andere Wohnungseigentümer nicht mehr in Betracht.
aa) Der Gesetzgeber hat mit § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG den zuvor aus § 242 BGB abgeleiteten Anspruch eines Wohnungseigentümers auf eine von dem Gesetz dauerhaft abweichende Vereinbarung oder - hier - auf dauerhafte Anpassung einer bestehenden Vereinbarung kodifiziert. Dabei hat er nicht nur die bisherige hohe Schwelle für einen solchen Änderungs- oder Anpassungsanspruch gesenkt. Es bedarf keiner „außergewöhnlichen“ Umstände mehr, sondern nur „schwerwiegender“; das Festhalten an der geltenden Regelung muss nicht mehr „grob unbillig“ sein, sondern nur „unbillig“ (BT-Drucks. 16/887, S. 18 f.; zum bisherigen Recht: Senat, Beschluss vom 13. Juli 1995 - V ZB 6/94, BGHZ 130, 304, 312). Mit der Einführung eines gesetzlichen Änderungs- oder Anpassungsanspruchs einerseits und der Ausweitung der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft in § 16 Abs. 3 und 4 WEG andererseits hat sich der Gesetzgeber vielmehr auch für die Beibehaltung des bisherigen Verfahrens entschieden, wonach ein von den gesetzlichen Regelungen und den geltenden Vereinbarungen abweichendes Verhalten erst verlangt werden kann, wenn die Änderung erfolgt ist (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Juli 1995 - V ZB 6/94, aaO S. 312 f.; Urteil vom 28. März 2018 - V ZR 307/16, juris Rn. 17).
bb) Diese Entscheidung des Gesetzgebers ändert allerdings nichts daran, dass auch die Durchsetzung von Vereinbarungen wie bisher unter dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) steht und im Einzelfall unzulässig sein kann (Senat, Beschluss vom 4. Mai 1995 - V ZB 5/95, BGHZ 129, 329, 334 f. für die Durchsetzung eines Hundehaltungsverbots gegenüber einem blinden Wohnungseigentümer mit Blindenhund; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 330). Sie lässt im Grundsatz auch die Befugnis der Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 1 WEG unberührt, neben Regelungen zum Gebrauch des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums auch Regelungen zum Gebrauch von Sondernutzungsflächen zu beschließen (vgl. OLG Hamm, OLGR 2009, 750, 751; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 15 Rn. 355).
cc) Die dauerhafte Änderung des Inhalts eines Sondernutzungsrechts und die dauerhafte Aufhebung eines solchen Rechts können die übrigen Wohnungseigentümer gegen den Willen des Sondernutzungsberechtigten aber nur nach Maßgabe von § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG und auf dem darin geregelten Weg einer Anpassung oder Änderung der Gemeinschaftsordnung herbeiführen. Ein Sondernutzungsrecht gibt dem begünstigten Wohnungseigentümer das Recht, die übrigen Wohnungseigentümer von dem an sich nach § 13 Abs. 2 WEG gegebenen Mitgebrauch auch der Sondernutzungsfläche auszuschließen und diesen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums allein zu gebrauchen. Die mit der Einräumung eines Sondernutzungsrechts getroffene Grundlagenentscheidung für den ausschließlichen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums durch einzelne Wohnungseigentümer und gegen dessen Mitgebrauch durch alle kann nur durch Vereinbarung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG oder durch den teilenden Eigentümer nach § 8 Abs. 2, § 5 Abs. 4 i.V.m. § 10 Abs. 2 WEG begründet oder geändert werden (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2017 - V ZR 96/16, ZWE 2017, 224 Rn. 31; Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 78/16, NJW-RR 2017, 712 Rn. 10; Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 10). Ebenso kann es schuldrechtlich nur durch eine Abänderung der Vereinbarung verändert oder als „actus contrarius“ aufgehoben werden (vgl. Senat, Beschluss vom 13. September 2000 - V ZB 14/00, BGHZ 145, 133, 136). Dies gilt auch, wenn das Sondernutzungsrecht - wie hier - in der Teilungserklärung bzw. in der Gemeinschaftsordnung begründet wurde, weil diese ab dem Zeitpunkt, von dem an sie von dem teilenden Eigentümer nicht mehr einseitig geändert werden kann, einer Vereinbarung gleichsteht (Senat, Beschluss vom 13. September 2000 - V ZB 14/00, aaO; Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 78/16, aaO Rn. 25).
2. Die von dem Berufungsgericht angenommene Verpflichtung der Beklagten, ihre Sondernutzungsfläche dauerhaft zum Mitgebrauch durch alle Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen, lässt sich auch nicht aus § 10 Abs. 2 Satz 3, § 15 Abs. 3 WEG herleiten.
a) Die von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ergeben schon einen Aufhebungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG nicht.
aa) Nach dieser Bestimmung kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Gegenstand einer solchen „Anpassung“ könnte jede Veränderung der bestehenden Vereinbarungen sein, die die Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG durch (Änderungs-)Vereinbarung treffen könnten, damit im Grundsatz auch die Aufhebung eines bestehenden Sondernutzungsrechts. Daran änderte es nichts, wenn das Sondernutzungsrecht - wie hier - gemäß § 10 Abs. 3 WEG im Grundbuch eingetragen ist. Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG könnte zwar keine Veränderung der sachenrechtlichen Grundlagen verlangt werden (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 189/11, NJW-RR 2012, 1036 Rn. 9). Zu den sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft zählt das Sondernutzungsrecht aber auch nicht, und zwar selbst dann nicht, wenn es im Grundbuch eingetragen ist. Die Eintragung ändert den Charakter des Sondernutzungsrechts nicht, sondern stellt nur sicher, dass die Vereinbarung auch gegenüber dem Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers gilt (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 189/11, aaO, Rn. 9; Beschluss vom 21. Dezember 1989 - V ZB 22/89, BGHZ 109, 396, 399). Daher kann sich aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auch ein Anspruch auf ersatzlose Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ergeben, allerdings nur als ultima ratio, etwa wenn die Sondernutzungsfläche zwingend benötigt wird, um unabwendbaren behördlichen Auflagen nachzukommen, und regelmäßig nur gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung (vgl. BeckOK WEG/Dötsch, 33. Ed. [1.1.2018], § 15 Rn. 301; Grziwotz, MietRB 2008, 276, 277 f.; Häublein/Ott in: Köhler, Anwalts-Handbuch, WEG, 3. Aufl., Teil 17 Rn. 190; Hogenschurz, Das Sondernutzungsrecht nach dem WEG, § 5 Rn. 18).
bb) Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht festgestellt. Der gegenwärtige Zustand der Wohnungseigentumsanlage entspricht zwar nicht den Festsetzungen der Baugenehmigung. Die Nebenintervenientin verlangt auch die Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche der Beklagten. Das allein rechtfertigt es aber nicht, der Beklagten das Sondernutzungsrecht nahezu vollständig zu entziehen. Eine derart weitgehende Maßnahme setzt vielmehr voraus, dass andere Möglichkeiten nicht bestehen oder fehlgeschlagen sind. Feststellungen hierzu, insbesondere zu den Gründen dafür, dass die verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Stellplatzauflage nicht weiterverfolgt wurde, und zu der Frage, ob die Stellplätze an anderer Stelle (auf dem gemeinschaftlichen oder einem anderen Grundstück) errichtet werden könnten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Sie sind entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte entsprechende Alternativen nicht substantiiert dargelegt hat. Das oblag ihr nämlich nicht. Die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts kann zur Herstellung eines den bauordnungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums nur verlangt werden, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Das Fehlen solcher Möglichkeiten ist deshalb Tatbestandsvoraussetzung sowohl des Aufhebungs-, als auch des Anspruchs auf einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums zu dem bauordnungsrechtlich vorgesehenen Zweck. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft nach den allgemeinen Regeln denjenigen, der diesen Anspruch geltend macht. Das ist hier die Klägerin, nicht die Beklagte. Es ist deshalb Aufgabe der Klägerin darzulegen und zu beweisen, dass die Vorgaben der Baugenehmigung zu den Stellplätzen nicht auf andere Weise erfüllt werden können und die Änderung dieser Vorgaben öffentlich-rechtlich nicht in Betracht kommt. Mangels entsprechender Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass solche Möglichkeiten nicht bestehen.
b) Selbst wenn die übrigen Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts verlangen können, ist der Sondernutzungsberechtigte - hier die Beklagte - zudem nicht verpflichtet, seine Sondernutzungsfläche im Vorgriff auf eine solche Aufhebung zur Verfügung zu stellen.
aa) Zwar hat der Senat einen unmittelbaren Anspruch auf ein der vorzunehmenden Änderung oder Regelung entsprechendes Verhalten bei der Anpassung eines Vertrages nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 30. September 2011 - V ZR 17/11, BGHZ 191, 139 Rn. 33 f.) und bei der Regelung der Benutzung eines gemeinschaftlichen Gegenstandes gemäß § 745 Abs. 2 BGB (Senat, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 164/07, NJW 2008, 3703 Rn. 26) bejaht. In diesen Fällen ist es auch nicht erforderlich, die förmliche Regelung oder Änderung später nachzuholen.
bb) Diese Rechtsprechung lässt sich aber auf die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht übertragen, weil sie auf den Besonderheiten des § 313 BGB und des § 745 Abs. 2 BGB beruht und das Wohnungseigentumsgesetz eine auf die Besonderheiten des Wohnungseigentums zugeschnittene abweichende Sonderregelung trifft.
(1) Die wechselseitigen Ansprüche auf Anpassung des Vertrags, die den Vertragsparteien nach dem Wegfall der Geschäftsgrundlage zustehen, haben dienende Funktion. Ihr Zweck erschöpft sich darin, den mit dem Vertrag angestrebten Leistungsaustausch unter den veränderten Umständen zur Durchführung zu bringen (vgl. Senat, Urteil vom 30. September 2011 - V ZR 17/11, BGHZ 191, 139 Rn. 25, 34; J. Schmidt-Räntsch in: Artz/Gsell/Lorenz [Hrsg.], Zehn Jahre Schuldrechtsmodernisierung, S. 141, 166 f.; dies., ZJS 2012, 301, 309 f.). Diesem begrenzten Zweck entspricht es, den Vertragsparteien die Möglichkeit zu geben, gleich den Leistungsaustausch zu verlangen, um dessen Verwirklichung es bei der Anpassung nach § 313 Abs. 1 BGB geht. Demgegenüber zielt der Regelungsanspruch nach § 745 Abs. 2 BGB zwar auf eine Regelung des Mitgebrauchs des gemeinschaftlichen Gegenstands durch die Teilhaber. Der Anspruch besteht aber nur, wenn der Mitgebrauch weder durch Vereinbarung noch durch einen Mehrheitsbeschluss geregelt ist, und gewinnt praktische Bedeutung nur, wenn keiner der Teilhaber seinen Aufhebungsanspruch nach § 749 BGB geltend gemacht hat (Staudinger/Eickelberg, BGB [2015], § 749 Rn. 51 f.).
(2) Das ist bei der Wohnungseigentümergemeinschaft grundlegend anders. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach § 11 WEG unauflöslich. Schon deshalb haben Vereinbarungen über den Gebrauch und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums für eine solche Gemeinschaft eine ähnlich grundlegende Bedeutung wie die Satzung für einen Verein. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und der Gebrauch des gemeinschaftlichen und des Sondereigentums richten sich nämlich gemäß § 15 Abs. 3, § 21 Abs. 4 WEG in erster Linie nach den getroffenen Vereinbarungen. Solche Vereinbarungen müssen deshalb, anders als nach den §§ 741 ff. BGB über die Gemeinschaft, gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG einstimmig getroffen werden, wenn entsprechende Regelungen nicht bei der Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum nach § 8 WEG vorgesehen worden sind. Sie können daher nur durch eine allseitige Vereinbarung geändert werden. Gegen den Willen einzelner Wohnungseigentümer kann eine solche Änderung nur durchgesetzt werden, wenn ein Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG einen gesetzlichen Anspruch darauf hat. Diese Hürden sind bewusst höher als bei der Gemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB und haben den Sinn, den Wohnungseigentümern gerade wegen der Unauflöslichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft eine dauerhafte Grundlage für Verwaltung und Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums zu geben. Es soll und muss Klarheit darüber herrschen, ob und in welchem Umfang hierfür die gesetzlichen Bestimmungen oder davon abweichende Vereinbarungen maßgeblich sind (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16, juris Rn. 17). Das lässt sich nicht erreichen, ohne dass die Änderungen der Vereinbarungen auch dann in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden, wenn ein Wohnungseigentümer Anspruch darauf hat.
(3) Das Ziel, dauerhaft klare Verhältnisse unter den Wohnungseigentümern zu gewährleisten, würde verfehlt, wenn einem Wohnungseigentümer das Recht eingeräumt würde, von den übrigen Wohnungseigentümern einen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums zu verlangen, der einer erst noch vorzunehmenden Änderung der Vereinbarungen entspricht. Ähnlich wie die einredeweise Geltendmachung des Änderungsanspruchs nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG (dazu Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16, juris) führte ein Anspruch auf einen der zu beanspruchenden Änderung der Vereinbarungen entsprechenden Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums auf der Sondernutzungsfläche eines Wohnungseigentümers dazu, dass der Alleingebrauch dieser Fläche eingeschränkt oder - wie hier - größtenteils aufgegeben würde, ohne dass es zu einer förmlichen Änderung der Gemeinschaftsordnung und, bei einer Eintragung der Vereinbarung nach § 10 Abs. 3 WEG im Grundbuch, zu deren Änderung kommt. Für Sondernachfolger des betroffenen Wohnungseigentümers stellt sich der Inhalt des Sondereigentums aber so dar, wie er sich aus der Gemeinschaftsordnung ergibt. Daran änderte es auch nichts, wenn über die Nutzung der Sondernutzungsfläche ein Rechtsstreit geführt würde. An dessen Entscheidung wären Sondernachfolger zwar nach § 10 Abs. 4 WEG gebunden. Die Rechtskraft des Urteils erstreckte sich aber nicht auf die Vorfrage nach dem Inhalt und der Ausgestaltung des Änderungsanspruchs, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - nur inzident geprüft und nicht zum Gegenstand eines eigenständigen Klage- oder Widerklageantrags gemacht würde (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16, juris Rn. 17). Die Folge wäre eine erhebliche Unsicherheit über die geltenden Vereinbarungen, die mit dem Fortschreiten der Zeit immer größer würde und den Gemeinschaftsfrieden gefährdete.
(4) Deshalb kann einem Wohnungseigentümer auch dann nicht das Recht eingeräumt werden, sich ohne Vornahme einer solchen Änderung auf Dauer und nicht nur im Einzelfall so zu verhalten, als wären sie geändert, wenn er eine entsprechende Änderung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG beanspruchen könnte. Auch ein in diesem Sinne anspruchsberechtigter Wohnungseigentümer ist an die bestehenden Vereinbarungen gebunden, bis er ihre Änderung rechtskräftig durchgesetzt hat. Eine Ausnahme hat der Senat nur in dem Sonderfall anerkannt, dass ein Wohnungseigentümer die Beseitigung eines den Vereinbarungen nicht entsprechenden Zustands verlangt, den er hinzunehmen und an den er im Zusammenwirken mit den übrigen Wohnungseigentümern die Vereinbarungen anzupassen hat (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 - V ZR 447/01, WM 2004, 1551, 1556; Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 78/16, NJW-RR 2017, 712 Rn. 29). Ansonsten muss sich jeder Wohnungseigentümer an die bestehenden Vereinbarungen halten, bis sie geändert oder ein darin vorgesehener anderer Gebrauch von Gemeinschafts- oder Sondereigentum genehmigt ist (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 204/11, ZfIR 2012, 744 Rn. 9 f. für eine genehmigungsfähige, aber nicht genehmigte gewerbliche Nutzung einer Wohnung; Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 78/16, NJW-RR 2017, 712 Rn. 28 für eine änderungsbedürftige Bestimmung von Sondernutzungsrechten in der Gemeinschaftsordnung). Den faktischen Entzug seines Sondernutzungsrechts, der mit einem dauerhaften Mitgebrauch der Sondernutzungsfläche durch andere Wohnungseigentümer einherginge, muss der Sondernutzungsberechtigte bis dahin nicht hinnehmen; er könnte vielmehr seinerseits gemäß § 15 Abs. 3 WEG die Unterlassung bzw. Beseitigung einer entsprechenden Beeinträchtigung verlangen.
3. Der geltend gemachte Duldungsanspruch folgt auch nicht aus dem Erstherstellungsanspruch gemäß § 21 Abs. 4 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Zwar kann danach jeder Wohnungseigentümer im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung grundsätzlich verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum erstmals in einen der Teilungserklärung entsprechenden Zustand versetzt wird. Dazu können auch Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen gehören, wie etwa die Schaffung baurechtlich vorgesehener Stellplätze oder eines zweiten Rettungswegs (vgl. Senat, Urteil vom 26. Februar 2016 - V ZR 250/14, NJW 2016, 2181 Rn. 10 ff.; Urteil vom 9. Dezember 2016 - V ZR 84/16, ZWE 2017, 177 Rn. 13). Den primären Maßstab für die Bestimmung des herzustellenden Zustands des Gemeinschaftseigentums bilden aber weder die Vorgaben des Bauordnungsrechts noch die Festlegungen in der Baugenehmigung, sondern die Teilungserklärung. Sie gibt den Rahmen vor, der allerdings, soweit die Teilungserklärung keine Aussagen trifft, durch die bauordnungsrechtlichen Vorschriften und die Baugenehmigung auszufüllen ist (vgl. Senat, Urteil vom 26. Februar 2016 - V ZR 250/14, NJW 2016, 2181 Rn. 12). Hier weicht die Teilungserklärung bei der Anordnung der Parkplätze und der Festlegung der Sondernutzungsflächen von der Baugenehmigung ab. Dem entspricht die Ausführung des Gebäudes, das sich damit, soweit hier von Interesse, in einem teilungserklärungskonformen Zustand befindet. Es geht deshalb nicht um den Erstherstellungsanspruch, sondern um die Frage, ob die durch die Nebenintervenientin angedrohte Stilllegung der Parkplätze nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung hingenommen werden muss und ob eine sachgerechte Lösung nur durch die Änderung der Gemeinschaftsordnung im Sinne einer ersatzlosen Aufhebung des Sondernutzungsrechts der Beklagten erreicht werden kann. Da sich die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums aber gemäß § 21 Abs. 4 WEG vorrangig nach den bestehenden Vereinbarungen richtet, könnte die Einrichtung von Parkplätzen und einer Zufahrt auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten nur erreicht werden, wenn diese Vereinbarungen zuvor geändert worden sind.
III.
Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der geltend gemachte Duldungsanspruch besteht nicht. Der Klägerin muss auch nicht Gelegenheit gegeben werden, den bisher nicht geltend gemachten Anspruch aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auf Zustimmung zur Änderung der Gemeinschaftsordnung geltend zu machen. Dieser Anspruch ist ein Individualanspruch des jeweiligen einzelnen Wohnungseigentümers, den dieser selbst geltend machen muss und den die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG an sich ziehen kann (Senat, Urteil vom 13. Oktober 2017 - V ZR 305/16, GE 2018, 269 Rn. 10 ff.).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
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