Entscheidungsdatum: 02.12.2011
Der teilende Eigentümer kann sich in der Teilungserklärung ermächtigen lassen, bei Verkauf der Wohnungseigentumseinheiten dem jeweiligen Erwerber das Sondernutzungsrecht an bestimmten Flächen einzuräumen und dessen Inhalt näher zu bestimmen.
Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10. März 2011 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Teilungserklärung der teilenden Eigentümerin enthält verschiedene Regelungen über die Ausgestaltung und Zuweisung von Sondernutzungsrechten. Die Eigentümerin wollte sich die Möglichkeit erhalten, über die Verwendung und Zuteilung der Außenstellplätze je nach Bedarf und Interesse zu entscheiden.
Daher behielt sie sich vor, "durch Nachtragsurkunde dem jeweiligen Eigentümer einer Sondereigentumseinheit das Sondernutzungsrecht an den Außenstellplätzen … einzuräumen." Bis dahin waren die Sondereigentümer - mit Ausnahme der teilenden Eigentümerin - von Gebrauch und Nutzen dieser Außenstellplätze ausgeschlossen. Die teilende Eigentümerin war nach einer Anlage zur Teilungserklärung zudem ermächtigt und bevollmächtigt, die Ausgestaltung der noch nicht verkauften Einheiten sowie auch die Teilungserklärung zu ändern.
Der Beklagte erwarb 2009 seine Eigentumswohnung von der teilenden Eigentümerin, die dabei von der Ermächtigung Gebrauch machte und Sondernutzungsrechte für drei Flächen zuwies, für die Fläche A als Stellplatz, die Fläche B als Garten und Terrasse nach genauer Maßgabe der Gestaltung und Abgrenzung und für die Fläche C als Terrasse mit Pflanzkübeln.
Die Fläche A nutzt der Beklagte als Stellplatz, die Fläche B nach Herrichtung als Terrasse. Das hält der Kläger - jedenfalls hinsichtlich der Fläche B - für rechtswidrig und verlangt Beseitigung der Terrassenanlage und Wiederherstellung in den vorigen Zustand.
In den Tatsacheninstanzen ist seine Klage ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
I.
Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, die Nutzung des Beklagten halte sich im Rahmen des wirksam begründeten Sondernutzungsrechts. Die in der Teilungserklärung enthaltene Vollmacht sei wirksam. Nach dem klaren Wortlaut erfasse sie Änderungen "ohne jede Einschränkung" und sei daher hinreichend bestimmt. Einer Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer habe es nicht bedurft, weil diese aufgrund der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung von der Mitwirkung bei der Einräumung und Veränderung von Sondernutzungsrechten bereits ausgeschlossen gewesen seien. Da sich die Gestaltung des Beklagten innerhalb des von der geänderten Teilungserklärung vorgegebenen Rahmens halte, sei auch eine Zustimmung unter dem Blickwinkel einer baulichen Veränderung entbehrlich gewesen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht Ansprüche des Klägers nach § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG verneint.
1. Die Terrasse mit der vorgenommenen Gestaltung hält sich innerhalb des von der geänderten Teilungserklärung gesteckten Rahmens. Zwar bedürfen bauliche Veränderungen nach § 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Eine solche Zustimmung ist jedoch bereits in der Zuweisung des Sondernutzungsrechts enthalten, soweit bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden und der Wohnungseigentumsanlage dadurch kein anderes Gepräge verleihen (ähnlich Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 13 WEG Rn. 18 mwN; vgl. auch Merle in Bärmann, WEG, 11. Auflage, § 22 Rn. 20). Gemessen daran war vorliegend eine gesonderte Zustimmung nach § 22 Abs. 1 WEG entbehrlich.
a) Die Gestaltung und Nutzung der dem Sondereigentum des Beklagten zur Sondernutzung zugewiesenen Flächen ist schon aufgrund der ursprünglichen Fassung der Teilungserklärung, die durch die Änderung der Teilungserklärung lediglich konkretisiert worden ist, nicht zu beanstanden.
aa) Sondernutzungsrechte sind dadurch gekennzeichnet, dass einem oder mehreren Wohnungseigentümern unter Ausschluss der übrigen (negative Komponente) das Recht zur Nutzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums zugewiesen wird (positive Komponente). Wegen des Entzugs der Befugnis zum Mitgebrauch nach § 13 Abs. 2 WEG kann es nur durch Vereinbarung (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WEG) oder durch den teilenden Eigentümer nach § 8 Abs. 2, § 5 Abs. 4 i.V.m. § 10 Abs. 2 WEG begründet oder geändert werden (vgl. nur Senat, Beschluss vom 20. September 2000, V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 163; Klein in Bärmann, aaO, § 13 Rn. 74).
Vorliegend sind die in Rede stehenden und damals noch als Außenstellplätze bezeichneten Flächen unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer allein der Verkäuferin als teilender Eigentümerin zugewiesen worden. Es ist allgemein anerkannt, dass eine solche Gestaltung rechtlich unbedenklich ist (vgl. nur KG, ZMR 2007, 384, 387 mwN; Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 8 Rn. 56), sofern und solange der dadurch Begünstigte - wie hier - Eigentümer einer Wohnungs- oder Teileigentümereinheit ist (Senat, Beschluss vom 3. Juli 2008 - V ZR 20/07, NZM 2008, 732, 734; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, S. 276 f., 279 ff.; vgl. auch Klein in Bärmann, aaO, § 13 Rn. 88 mwN und unter Hinweis darauf, dass ein bei Ausscheiden des teilenden Eigentümers aus der Gemeinschaft noch bestehendes Zuweisungsrecht in die geborene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft fällt).
bb) Die Verkäuferin war bei nächstliegender Auslegung der Teilungserklärung nicht darauf beschränkt, die Flächen Erwerbern von Wohnungseigentum zur Nutzung als Außenstellplätze zuzuweisen. Es ist dort von der Zuweisung positiver Nutzungsrechte die Rede. Spätestens in Verbindung mit der in Bezug genommenen Anlage ergibt sich klar die Befugnis zu einer einseitigen Änderung auch des Nutzungsinhalts. Anders als bei der Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum oder umgekehrt (dazu Senat, Urteil vom 4. April 2003 - V ZR 322/02, NJW 2003, 2165, 2166) betrifft eine Konkretisierung oder Änderung der positiven Komponente eines Sondernutzungsrechts nicht den Gegenstand, sondern lediglich den Inhalt des Eigentums. Als Ausdruck der Privatautonomie kann die Befugnis hierzu - wie hier - durch eine Ermächtigung in der Teilungserklärung erteilt werden (Armbrüster, ZMR 2005, 244, 247; Klein in Bärmann, aaO, § 13 Rn. 85 f. mwN; vgl. auch BayObLG, NJW 2005, 444, 445); auf das Bestehen einer wirksamen Vollmacht zum Handeln im Namen sämtlicher übrigen Wohnungseigentümer kommt es dann nicht an.
cc) Allerdings muss eine solche Ermächtigung - soll sie im Wege der Grundbucheintragung nach § 10 Abs. 3 WEG verdinglicht werden - dem sachen- und grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen. Das ist hier jedoch der Fall, weil sich die Abänderungsbefugnis auf in einer weiteren Anlage gekennzeichnete Flächen bezieht und die Befugnisse klar umrissen sind.
dd) Die Ermächtigung hält einer Inhaltskontrolle stand, und zwar gleichgültig, ob man in der Teilungserklärung getroffene Regelungen an dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder - was zweifelhaft erscheint - an den für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften der §§ 305 ff. BGB (ggf. in entsprechender Anwendung) misst (zweifelnd bereits Senat, Beschluss vom 20. Juni 2002 - V ZB 39/01, BGHZ 151, 164, 173 f. mwN auch zum Streitstand; offengelassen auch in dem Senatsurteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, NJW 2007, 213, 215).
(1) Bei einer an den rechtlichen Maßstäben von § 242 BGB ausgerichteten Inhaltskontrolle ist zunächst zu berücksichtigen, dass die teilende Eigentümerin die Bedürfnisse von Erwerbern nicht abschließend beurteilen kann. Gerade bei Flächen, die vor oder hinter einer Eigentumswohnung liegen, kann sie nicht zuverlässig abschätzen, ob dem Erwerber an einem oder mehreren Stellplätzen oder zumindest auch an einem Gartennutzungsrecht mit Terrasse gelegen ist. Dem trägt die Ermächtigung Rechnung. Demgegenüber fallen Vertrauensschutzgesichtspunkte der Erwerber schon deshalb nicht ins Gewicht, weil diese von vornherein von dem Mitgebrauch der in Rede stehenden Flächen ausgeschlossen waren und sie auch klar sehen konnten, dass eine Zuweisung nicht nur zum Zwecke des Abstellens von Fahrzeugen, Fahrrädern etc. in Betracht kam.
Die Ermächtigung ist zeitlich nicht unbegrenzt. Auch ohne ausdrückliche Regelung versteht es sich, dass die Ermächtigung, die nur der teilenden Eigentümerin zugewiesen ist, mit der letzten Veräußerung von Wohnungseigentum an einen Erwerber endet. Zeitlich nachfolgende Konkretisierungen oder Änderungen des Sondernutzungsinhalts wären nicht mehr von der Ermächtigung gedeckt. Auch mit der jeweiligen Zuweisung von Sondernutzungsrechten endet insoweit die Abänderungsbefugnis der teilenden Eigentümerin.
Davon abgesehen ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer nicht jedwede inhaltliche Ausgestaltung der teilenden Eigentümerin hinnehmen müssen, so dass nicht die Gefahr besteht, dass die Rechtsposition der Erwerber unzumutbar ausgehöhlt wird. Diese sind insoweit nach § 315 BGB vor einem Missbrauch der Gestaltungsmacht der teilenden Eigentümerin geschützt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 8. November 1985 - V ZR 113/84, NJW 1986, 845), der eine Art Treuhänderfunktion gegenüber den (zukünftigen) Miteigentümern zukommt (Ulmer in Festgabe für Weitnauer, 1980, S. 205, 206 u. 217) und die bei der Ausübung ihres Gestaltungsermessens die Belange der übrigen Wohnungseigentümer angemessen zu berücksichtigen hat (Häublein, aaO, S. 306 f. mwN).
(2) Im Ergebnis ergibt sich nichts anderes, wenn man die Ermächtigung an der Regelung des § 308 Nr. 4 BGB oder an der Generalklausel des § 307 BGB misst. Denn mit Blick auf die zuerst genannte Bestimmung ist die Ermächtigung den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung der Interessen der teilenden Wohnungseigentümerin - wie dargelegt - zumutbar. Das strahlt auch auf die im Rahmen von § 307 BGB vorzunehmende Gesamtabwägung aus.
ee) Die Zuteilung des Sondernutzungsrechts mit dem hier in Rede stehenden Inhalt hält sich innerhalb des der teilenden Eigentümerin nach § 315 BGB zustehenden Gestaltungsermessens (zu Letzterem vgl. auch Senat, Beschluss vom 8. November 1985, aaO). Soweit der Kläger in tatsächlicher Hinsicht darauf verweist, er habe mit Nichtwissen bestritten, dass die nach der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen notwendige Zahl von Stellplätzen auch nach der vorgenommenen Änderung noch eingehalten werde, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Denn es liegt auf der Hand, dass der Kläger für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 1004 BGB die Darlegungslast trägt.
ff) Soweit die Revision geltend macht, der Beklagte habe sich nicht an die gestalterischen Vorgaben des zugewiesenen Sondernutzungsrechts gehalten, führt das nicht zu einer zumindest teilweise rechtswidrigen Nutzung. Allerdings sieht die Nutzungszuweisung durch die teilende Eigentümerin als Begrenzung der Terrassenfläche eine Hecke in Pflanzkästen aus Holz vor, während der Beklagte unter anderem einen Stahlgitterzaun und Begrenzungssteine verwendet hat. Die Beseitigung einer solchen baulichen Änderung kann der Kläger indes nur dann verlangen, wenn sie ihn über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG. Eine solche Beeinträchtigung haben die Tatgerichte - der Sache nach - rechtsfehlerfrei verneint.
2. Vor dem Hintergrund der genannten Vermutungswirkung scheitert eine wirksame Zuweisung des Sondernutzungsrechts schließlich auch nicht daran, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob dingliche Gläubiger der Zuweisung zugestimmt haben. Da der Kläger auf kein diesbezügliches Parteivorbringen verweist, kommt es nicht mehr darauf an, dass eine Zustimmung nach § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG schon deshalb entbehrlich sein dürfte, weil durch den Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer bereits die negative Komponente des Sondernutzungsrechts dinglicher Inhalt der Wohnungs- und Teileigentumsrechte geworden ist und daher die Rechtstellung dinglicher Gläubiger durch die nachfolgende Zuweisung eines Sondernutzungsrechts an Erwerber unter Konkretisierung oder Änderung des Nutzungszwecks zumindest im Regelfall keine Verschlechterung mehr erfahren dürfte (vgl. auch BayObLG, NJW 2005, 444, 445; KG, ZMR 2007, 384, 387; Riecke/Schmid/Schneider, aaO, § 5 Rn. 100 mwN).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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