Entscheidungsdatum: 08.04.2016
1a. Die Zuweisung im Gemeinschaftseigentum stehender Flächen an einzelne Wohnungseigentümer zur ausschließlichen Nutzung begründet auch dann ein Sondernutzungsrecht und erfordert daher eine Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG, wenn alle Wohnungseigentümer eine gleichwertige Fläche zur alleinigen Nutzung erhalten (Fortführung von Senat, Beschluss vom 20. September 2000, V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 167 f.).
1b. Eine Regelung, die im Interesse eines geordneten Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums dessen turnusmäßige Nutzung durch einzelne Wohnungseigentümer vorsieht, führt dagegen grundsätzlich nicht zu einem (befristeten) Sondernutzungsrecht; sie kann daher durch (Mehrheits-) Beschluss getroffen werden.
2. Eine Vereinbarung kann durch eine gerichtliche Entscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG ersetzt werden, wenn einem Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ein Anspruch auf ihren Abschluss zusteht, die übrigen Wohnungseigentümer diesen nicht erfüllen und bei ihrer inhaltlichen Ausgestaltung Spielraum besteht.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - Zivilkammer XI - vom 30. Juli 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Nutzung des Gartens regelt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung mit einem Miteigentumsanteil von 26/100; die Beklagten sind Eigentümer der anderen Wohnung mit einem Miteigentumsanteil von 74/100. Nach der Teilungserklärung steht jeder der beiden Sondereigentumseinheiten eine Stimme zu.
Auf dem Grundstück ist ein Garten angelegt; Sondernutzungsrechte insoweit bestehen nicht. Der Garten wird überwiegend von den Beklagten genutzt, die dort Brennholz lagern und Teilbereiche für sich allein beanspruchen.
Die Kläger haben - soweit hier noch von Interesse - zunächst die Feststellung verlangt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihnen den Mitgebrauch des Gartens in der Weise zu gewähren, dass beiden Wohnungseigentümern eine gleichwertige Nutzung ermöglicht wird. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung haben die Kläger zuletzt eine Nutzungsregelung für den Garten im Wege einer Beschlussersetzung erstrebt. Das Landgericht hat die Nutzung dahingehend geregelt, dass die Kläger den Garten an geraden, die Beklagten an ungeraden Tagen nutzen dürfen. Mit der zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung des Antrags auf Beschlussersetzung erreichen. Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision.
I.
Das Berufungsgericht meint, die Kläger hätten einen Anspruch auf Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Gartens unabhängig von der Größe ihres Miteigentumsanteils. Da die Parteien aufgrund ihres zerrütteten Verhältnisses nicht in der Lage seien, eine Regelung über den gemeinsamen Gebrauch des Gartens zu treffen, könnten die Kläger eine solche im Wege der Beschlussersetzung durch das Gericht verlangen. Nicht möglich sei allerdings die Zuweisung von Teilflächen des Gartens an jeweils eine Partei zur alleinigen Nutzung. Hierdurch entstünden nämlich Sondernutzungsrechte an den Teilflächen; solche könnten nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet werden. Anders sei dies für die getroffene Rotationsregelung. Die faktische Einräumung eines zeitlich begrenzten Sondernutzungsrechts liege darin nicht. Die Rotationsregelung führe dazu, dass sich die Parteien im Garten aus dem Wege gehen könnten. Konkret sei von einem tageweisen Wechsel auszugehen, um Perioden von gutem und schlechtem Wetter möglichst gleichmäßig auf die Parteien zu verteilen.
II.
Dies hält rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit der Beschlussersetzungsklage aus.
a) Die Kläger machen einen Anspruch auf interessengerechte Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 3 WEG geltend, der - sofern die Wohnungseigentümer über die verlangte Regelung durch Beschluss entscheiden können (§ 15 Abs. 2 WEG) - mit einer Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG durchgesetzt werden kann (vgl. nur Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl. § 15 Rn. 49). Für die Bestimmtheit des Klageantrages ist ausreichend, dass das Rechtsschutzziel hinreichend deutlich wird (vgl. Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 Rn. 23). Dies ist der Fall. Die Kläger erstreben eine möglichst gleichmäßige Nutzung des Gartens durch alle Wohnungseigentümer.
b) Der vorherigen Befassung der Eigentümerversammlung mit der Angelegenheit bedurfte es nicht. Kann - wie hier im Hinblick auf die tiefgreifende Zerstrittenheit der Parteien und die Stimmengleichheit - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ein dem Klageziel entsprechender Antrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, ist die Vorbefassung der Versammlung ausnahmsweise entbehrlich (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 14 f.).
2. Die von dem Berufungsgericht für die Gartennutzung getroffene Rotationsregelung entspricht jedoch nicht billigem Ermessen im Sinne von § 15 Abs. 3 WEG und kann daher keinen Bestand haben.
a) Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass es keine Gebrauchsregelung des Inhalts treffen durfte, dass bestimmte Flächen des Gartens bestimmten Wohnungseigentümern zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden.
aa) Nach § 15 Abs. 3 WEG kann ein Wohnungseigentümer zwar den Abschluss einer interessegerechten Gebrauchsregelung über die Nutzung des Gemeinschaftseigentums verlangen, soweit sich, wie hier, aus Gesetz, Vereinbarungen oder Beschlüssen keine Regelung ergibt. Solche Gebrauchsregelungen können Bestimmungen zur Nutzungsart und -zweck enthalten. Möglich sind auch Nutzungsbeschränkungen bis hin zu einem Nutzungsverbot. Nicht unter § 15 WEG fällt aber eine Regelung, die im Gemeinschaftseigentum stehende Flächen an einem Wohnungseigentümer zum ausschließlichen Gebrauch zuweist. Eine solche Regelung stellt wegen des damit verbundenen vollständigen Ausschlusses der anderen Wohnungseigentümer von dem Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums keine Konkretisierung des Gebrauchs im Sinne von § 15 WEG dar. Sie ändert vielmehr § 13 Abs. 2 WEG ab und führt zu einem Sondernutzungsrecht des begünstigten Wohnungseigentümers (Senat, Beschluss vom 20. September 2000 - V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 167; vgl. auch Schultzky in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 5).
bb) Das gilt auch dann, wenn allen Wohnungseigentümern eine gleichwertige Fläche des Gemeinschaftseigentums zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird.
(1) Allerdings wird verschiedentlich unter Rückgriff auf den Kompensationsgedanken eine gleichmäßige räumliche Zuweisung von Gemeinschaftseigentum zur alleinigen Nutzung durch die einzelnen Wohnungseigentümer als eine mögliche Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 WEG angesehen. So handele es sich beispielsweise nicht um einen Ausschluss vom Mitgebrauch, sondern um eine Konkretisierung des gemeinschaftlichen Gebrauchs, wenn jedem Wohnungseigentümer ein bestimmter Stellplatz zur dauerhaften oder befristeten Nutzung zugewiesen werde. Für jeden Wohnungseigentümer werde der Ausschluss vom Mitgebrauch an den übrigen Stellplätzen durch das Recht zum Alleingebrauch an einem bestimmten Stellplatz ausgeglichen. Es mache wertungsmäßig keinen Unterschied, ob der Ausschluss vom Mitgebrauch - wie im Fall der Vermietung - durch einen entsprechenden Anteil an den Nutzungen oder durch den unmittelbaren ausschließlichen Eigengebrauch an einer Teilfläche des Gemeinschaftseigentums kompensiert werde (Becker/Kümmel, ZWE 2001, 128, 136; Wenzel ZWE 2001, 226, 230 f.; Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 15 Rn. 22 - anders allerdings § 13 Rn. 109; ähnlich unter Hinweis auf § 14 Nr. 1 WEG: BeckOK WEG/Dötsch, 26. Edition, § 15 Rn. 48). Hieran anknüpfend wird auch eine räumliche Aufteilung einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenfläche im Rahmen einer Gebrauchsregelung für möglich gehalten. Diese sei nicht zu beanstanden, wenn sie von der gleichrangigen Nutzungsberechtigung aller Miteigentümer an der Gesamtfläche ausgehe und sich auf eine räumliche Abgrenzung der Nutzungsberechtigung beschränke, die in dem gleichen Maße, in dem sie bestimmte Miteigentümer von der Nutzung einer Teilfläche ausschließe, diesen hinsichtlich des ihnen zugewiesenen Teilstücks zugutekomme (OLG Hamm, FGPrax 2005, 113 f.; Schmidt, ZWE 2007, 446, 447; vgl. auch KG, NJW-RR 1991, 1117, 1118 zu Kellerräumen).
(2) Richtigerweise handelt es sich aber auch bei einer gleichmäßigen Zuweisung verschiedener im Gemeinschaftseigentum stehender Flächen zur alleinigen Nutzung, die alle Wohnungseigentümer einbezieht, nicht um eine Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 WEG. Eine derartige räumliche Aufteilung führt zu einem gänzlichen Ausschluss der Wohnungseigentümer von dem Mitgebrauch des einem anderen Wohnungseigentümer zugewiesenen Teils des Gemeinschaftseigentums sowie gleichzeitig zu einem ausschließlichen Nutzungsrecht an einer anderen Teilfläche. Damit handelt es sich um gegenständlich begrenzte Sondernutzungsrechte (ebenso OLG München, ZMR 2008, 560, 561; OLG Düsseldorf, NZM 2004, 107, 108; OLG Düsseldorf, NZM 2003, 767; OLG Karlsruhe, MDR 1983, 672; LG Köln, ZWE 2012, 187 f.; Hügel/Elzer, WEG, § 15 Rn. 10; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 14a; Bornemann, Der Erwerb von Sondernutzungsrechten im Wohnungseigentumsrecht, 2000, S. 132 f.; Schweiger, Sondernutzungsrechte im Wohnungseigentum, 1987, S. 128 f.; wohl auch Schultzky in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 13 Rn. 68; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 13 Rn. 29; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003, S. 200 f.); sie können nur durch eine Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG begründet werden (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 10; Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 75/15, ZfIR 2016, 459 Rn. 22 mwN).
Dass der jeweilige Wohnungseigentümer eine gleichwertige Fläche zur alleinigen Nutzung als Kompensation des Ausschlusses vom Mitgebrauch an anderen Flächen zugewiesen erhalten hat, rechtfertigt keine andere Bewertung. Mit der Überlassung einer gleichwertigen Fläche zur Alleinnutzung wird die Entziehung der Mitgebrauchsberechtigung an den übrigen Flächen nur ideell und wirtschaftlich, nicht aber - worauf es entscheidend ankommt - rechtlich kompensiert (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 - V ZB 32/82, BGHZ 91, 343, 347 f.; Bornemann, Der Erwerb von Sondernutzungsrechten im Wohnungseigentumsrecht, 2000, S. 132 f.; Schweiger, Sondernutzungsrechte im Wohnungseigentum, 1987, S. 129). Darin besteht auch der wesentliche Unterschied zur Vermietung von Flächen, die im Gemeinschaftseigentum stehen. Die Vermietung entzieht den Wohnungseigentümern nicht das Recht zum Mitgebrauch, sondern setzt es weiterhin voraus und regelt nur die Art und Weise der Ausübung, indem er die Möglichkeit des unmittelbaren (Eigen-)Gebrauchs durch die des mittelbaren (Fremd-)Gebrauchs ersetzt und an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs den Anteil an den Mieteinnahmen treten lässt (§ 13 Abs. 2 Satz 2, § 16 Abs. 1 WEG; vgl. Senat, Beschluss vom 29. Juni 2000 - V ZB 46/99, BGHZ 144, 386, 388). Hinzu kommt, dass die Feststellung, ob der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit einer Fläche in gleichwertiger Weise durch die Zuweisung einer anderen Fläche kompensiert wird, erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. Dies gilt gerade für Regelungen in Bezug auf die Gartennutzung, bei der die Lage der zuzuweisenden Teilflächen von entscheidender Bedeutung ist. Angesichts dieser Schwierigkeiten ist die Berücksichtigung einer ausreichenden Kompensation bei der Abgrenzung zwischen Gebrauchsregelung und Sondernutzungsrecht auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht angezeigt.
b) Rechtsfehlerfrei ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass die von ihm getroffene Rotationsregelung für die Gartennutzung kein Sondernutzungsrecht begründet und damit Gegenstand einer Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 WEG sein kann.
aa) Ganz überwiegend wird eine Turnusregelung grundsätzlich nur als eine Konkretisierung des gemeinschaftlichen Gebrauchs angesehen, da hierdurch eine gleichwertige Mitbenutzung des Gemeinschaftseigentums gewährleistet werde. Daher könne eine Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer erfolgen (BayObLG, WuM 1991, 301 f. zu Wasch- und Trockenräumen; OLG Karlsruhe, MDR 1983, 672 zur Gartennutzung nach Wochentagen; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 13 Rn. 109; Jennißen/Schultzky, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 5; Hügel/Elzer, WEG, § 15 Rn. 11; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 13 Rn. 29; Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 15 Rn. 48; Hogenschurz, Das Sondernutzungsrecht nach dem WEG, 2008, § 2 Rn. 115; vgl. auch OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2008, 320 zu einer Parkplatznutzung für bestimmte Wohnungseigentümer in dem Zeitraum von 18 Uhr bis 8 Uhr; aA Bärmann/Seuß/Schneider, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl., C. Rn. 276; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 2909a; Ganten, PiG 15, 71, 81). Etwas anderes soll gelten, wenn die zeitabschnittsweise alleinige Nutzung länger andauert. Je länger diese sei, desto eher sei von einem (befristeten) Sondernutzungsrecht auszugehen (Schweiger, Sondernutzungsrechte im Wohnungseigentum, 1987, S. 50 f.; Bornemann, Der Erwerb von Sondernutzungsrechten im WEG, 2000, S. 56 f.; Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, 2003, S. 6 f.; vgl. auch BeckOK WEG/Dötsch, 25. Edition, § 15 Rn. 43).
bb) Der Senat sieht ebenfalls nicht in jedwedem Zeitraum, für den ein Wohnungseigentümer von der Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums wegen der Zuweisung der Nutzung an einen anderen Wohnungseigentümer ausgeschlossen ist, einen Entzug der Befugnis zum Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums. Das kann, anders als einzelne Stimmen in der Literatur meinen (vgl. Hügel/Elzer, WEG, § 15 Rn. 11), auch dem Beschluss des Senats vom 20. Februar 2014 (V ZB 116/13, NJW 2014, 1879 Rn. 16) nicht entnommen werden. Richtigerweise führt eine Regelung, die im Interesse eines geordneten Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums dessen turnusmäßige Nutzung durch einzelne Wohnungseigentümer vorsieht, grundsätzlich nicht zu einem befristeten Sondernutzungsrecht; sie kann daher durch (Mehrheits-) Beschluss getroffen werden.
Sondernutzungsrechte sind dadurch gekennzeichnet, dass einem oder mehreren Wohnungseigentümern unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer das Recht zur Nutzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums zugewiesen wird (Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 10). Bei einer Turnusregelung kann ein Wohnungseigentümer das Gemeinschaftseigentum zu den ihm zugewiesenen Zeiten zwar ausschließlich nutzen. Dient die Regelung dem geordneten, weil nicht gleichzeitig möglichen oder zweckmäßigen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums, wie etwa bei einem Wasch- und Trockenraum, bedeutet dies aber nur eine Einschränkung, nicht dagegen einen Entzug des Mitgebrauchs.
Auch bei der hier getroffenen Rotationsregelung handelt es sich nicht um ein befristetes Sondernutzungsrecht. Sie soll einen konfliktfreien Gebrauch des gemeinschaftlichen Gartens ermöglichen und beschränkt infolge des täglichen Wechsels des Nutzungsrechts die Ausschließlichkeit der Nutzung des Gartens für einen Wohnungseigentümer auf einen derart kurzen Zeitraum, dass ein gänzlicher Entzug der Nutzungsmöglichkeit für den anderen Wohnungseigentümer nicht gegeben ist.
c) Die von dem Berufungsgericht getroffene Turnusregelung entspricht aber nicht billigem Ermessen im Sinne von § 15 Abs. 3 WEG.
aa) Das Gericht hat die im Rahmen von § 21 Abs. 8 WEG festzulegende Regelung nach denselben Maßstäben zu treffen, wie sie das Wohnungseigentumsgesetz den Wohnungseigentümern vorgibt (vgl. Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 21 Rn. 214), im Fall der Ersetzung eines Beschlusses über eine interessengerechte Gebrauchsregelung gemäß § 15 Abs. 3 WEG also nach billigem, das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer berücksichtigende Ermessen.
bb) Die Ausübung dieses Ermessens ist von dem Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob alle wesentlichen Umstände Beachtung gefunden haben, die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten sind und in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise von dieser Gebrauch gemacht wurde (vgl. Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 Rn. 24; siehe auch Senat, Urteil vom 24. November 1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054, 1055 zu § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Einer solchen Überprüfung hält die Regelung des Berufungsgerichts nicht stand.
Die Revision verweist zutreffend darauf, dass die Parteien (wie auch das Berufungsgericht im Rahmen seiner Vergleichsbemühungen) stets und ausschließlich eine räumliche Aufteilung des Gartens angestrebt haben. Grund ist das Anliegen der Parteien, im Rahmen ihrer Nutzung den Garten auch zu gestalten und zu pflegen. Die von dem Gericht getroffene Rotationsregelung widerspricht dieser Vorstellung der Parteien und lässt eine sinnvolle gärtnerische Nutzung nicht zu. Das Anlegen von Beeten oder etwa das Pflanzen von Zier- oder Nutzsträuchern sowie deren Pflege ist bei der Rotationslösung nicht gewährleistet. Besteht insoweit zwischen den Parteien kein Einvernehmen über die Lage der entsprechenden Flächen und deren Bepflanzung, könnte - im Extremfall - täglich eine Umgestaltung durch den jeweils nutzungsberechtigten Wohnungseigentümer erfolgen. Entsprechendes gilt, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, für die Nutzung des Gartens zur Brennholzlagerung durch die Beklagten. Angesichts der Zerrüttung des Verhältnisses zwischen den Parteien konnte das Berufungsgericht diese auch nicht darauf verweisen, diesbezüglich eine Übereinkunft zu finden. Ist aber davon auszugehen, dass die täglich wechselnde Nutzung des Gartens den Wünschen aller Beteiligten widerspricht und zudem neue Konflikte hervorrufen wird, stellt sie keine interessengerechte und damit billigem Ermessen entsprechende Gebrauchsregelung dar.
III.
1. Das Urteil kann daher, soweit es die Nutzung des Gartens betrifft, keinen Bestand haben; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil bislang nicht gesehen worden ist, dass Gegenstand einer Regelung nach § 21 Abs. 8 WEG auch eine - hier für die Zuweisung von Gartenflächen zur alleinigen Nutzung notwendige - Vereinbarung sein kann, wenn dem klagenden Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ein Anspruch auf Abschluss einer solchen Vereinbarung zusteht.
a) Nach § 21 Abs. 8 WEG kann das Gericht in einem Rechtsstreit gemäß § 43 WEG nach billigem Ermessen entscheiden, wenn die Wohnungseigentümer eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht treffen, soweit sich diese nicht aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss ergibt. Der Begriff der Maßnahme umfasst beide Handlungsalternativen der Wohnungseigentümer und nicht lediglich Beschlüsse (Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 21 Rn. 203; aA wohl Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 87). Eine Vereinbarung stellt sich nämlich dann als eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme dar, wenn ein Wohnungseigentümer auf ihren Abschluss nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG einen Anspruch hat. Erfüllen die übrigen Wohnungseigentümer diesen Anspruch nicht, kann auch eine Vereinbarung durch eine gerichtliche Entscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG ersetzt werden, wenn bei ihrer inhaltlichen Ausgestaltung Spielraum besteht (vgl. Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 21 Rn. 203; Becker, ZWE 2011, 172, 173; siehe auch KG, ZWE 2002, 324, 326 unter 6.; Jennißen in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 15 Rn. 144; aA Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 3. Aufl., § 15 Rn. 38; ders., Das neue WEG, 2007, § 2 Rn. 103). Wie bei einer Beschlussersetzung wird der konkrete Inhalt der Vereinbarung durch eine gerichtliche Ermessensentscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG festgelegt, so dass im Klageantrag nur das Regelungsziel der verlangten Vereinbarung umschrieben werden muss. Anders ist es allerdings, wenn die Vereinbarung einen feststehenden Inhalt haben muss; in diesem Fall muss die Klage auf die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu einem bestimmten Vertragstext gerichtet sein (vgl. Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 10 Rn. 153, § 15 Rn. 49).
b) Die Voraussetzungen eines Anspruchs der Kläger gegen die Beklagten nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auf Abschluss einer Vereinbarung, die die flächenmäßige Aufteilung des Gartens zur Nutzung zum Gegenstand hat, sind nach den bislang von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen gegeben. Die Vorschrift begründet einen (Individual-)Anspruch jedes Wohnungs- oder Teileigentümers gegen die anderen Miteigentümer auf Abschluss einer Vereinbarung, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer unbillig erscheint (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 131/10, ZWE 2011, 170, 171).
aa) Da die Parteien bislang keine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Regelung getroffen haben, ist für die Nutzung des im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartens § 13 Abs. 2 S. 1 WEG maßgebend. Danach ist jeder Wohnungseigentümer zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14, 15 WEG berechtigt. Mitgebrauch in diesem Sinn ist das aus der Gemeinschaft der Eigentümer herzuleitende Recht der Eigentümer, persönliche Gebrauchsvorteile aus der gemeinschaftlichen Sache zu ziehen, d.h. an dieser den Mitbesitz im Sinne des § 866 BGB auszuüben, der seiner Natur nach nicht in Bruchteilen bestehen kann. Die Gebrauchsbefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers ist also persönlichkeitsbezogen und unteilbar und nicht etwa quotal entsprechend seinem Miteigentumsanteil beschränkt. Sie findet ihre Grenzen entsprechend dem Gesetzeswortlaut nur in der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und zum ordnungsgemäßen Gebrauch (§§ 14, 15 WEG; vgl. BayObLGZ 1972, 109, 112 f.; OLG Hamm, ZWE 2001, 122, 123).
bb) Dieses Recht auf einen allseits gleichen Gebrauch des Gartens kann infolge der tiefgreifenden Zerrüttung des Verhältnisses der Parteien nicht verwirklicht werden. Sie lässt eine konfliktfreie Nutzung des Gartens, die hier auch in der Gartenpflege und der gärtnerischen Gestaltung durch die Wohnungseigentümer selbst liegen soll, nicht zu; eine solche kann, wie dargelegt, auch nicht durch eine Gebrauchsregelung erreicht werden. Damit liegen schwerwiegende Gründe vor, die ein Festhalten an der gesetzlichen Regelung unbillig erscheinen lassen. Um das beiderseitige Anliegen der Parteien zu gewährleisten, ist eine flächenmäßige Aufteilung des Gartens mit der Zuweisung von Flächen zur ausschließlichen Nutzung durch jeweils eine Partei erforderlich, die nur auf der Grundlage einer Vereinbarung erfolgen kann. Im Hinblick darauf, dass die Vereinbarung den Anspruch auf gleichen Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums verwirklichen soll, spricht im Rahmen der Abwägung der Rechte und Interessen der Parteien im Grundsatz nichts dagegen, eine flächenmäßige Aufteilung mit dem Ziel einer in etwa hälftigen Aufteilung des Gartens vorzunehmen; hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung dieses Regelungsziels besteht dabei ein - die Anwendung des § 21 Abs. 8 WEG rechtfertigender - Spielraum hinsichtlich der konkreten Lage der Flächen.
Sofern die Kläger - wie von ihnen in der Revisionserwiderung mitgeteilt - zwischenzeitlich aus der Anlage ausgezogen sind und ihre Wohnung vermietet haben, kann es allerdings an dem Vorliegen schwerwiegender Gründe im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG fehlen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mieter tatsächlich kein Interesse an der Nutzung des Gartens hat.
c) Steht den Klägern ein Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung mit einer flächenmäßig gleichwertigen Aufteilung des Gartens zur ausschließlichen Nutzung durch die jeweilige Partei zu, kann die zu ersetzende Vereinbarung nur schuldrechtlicher Natur sein. Wegen des mit § 21 Abs. 8 WEG verbundenen Eingriffs in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer dürfen Maßnahmen nämlich nur insoweit angeordnet werden, als dies zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist (Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 Rn. 31). Eine Eintragung im Grundbuch und die damit nach § 10 Abs. 3 WEG einhergehende Wirkung der Vereinbarung auch gegen Sonderrechtsnachfolger der Parteien ist nicht veranlasst, weil die zu treffende Gebrauchsregelung durch das Zerwürfnis der gegenwärtigen Wohnungseigentümer begründet ist und die Notwendigkeit einer solchen Regelung bei einer Veränderung der personellen Zusammensetzung anders zu beurteilen sein kann.
2. Das Berufungsgericht wird vor einer neuen Entscheidung auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken und zu klären haben, ob und auf welche Weise eine flächenmäßige Zuweisung des Gartens zur Nutzung im Rahmen einer vereinbarungsersetzenden gerichtlichen Entscheidung vorzunehmen ist.
Stresemann Brückner Weinland
Kazele Haberkamp