Entscheidungsdatum: 09.06.2016
Der Wert eines mit Grundpfandrechten belasteten, vom Insolvenzverwalter freihändig veräußerten Grundstücks ist der Berechnung seiner Vergütung nicht zugrunde zu legen, wenn weder ein Übererlös noch ein Kostenbeitrag zur Masse fließt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 9. März 2015 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.537,27 € festgesetzt.
I.
Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am 30. März 2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Zur Insolvenzmasse gehörte der hälftige Miteigentumsanteil des Schuldners an einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück. Die zweite Miteigentumshälfte stand im Eigentum seiner Ehefrau, über deren Vermögen ebenfalls ein Insolvenzverfahren eröffnet war. Das Grundstück war mit einer Sicherungsgrundschuld zugunsten der Frankfurter S. sowie mit mehreren Zwangssicherungshypotheken zugunsten anderer Gläubiger belastet. Es wurde vom weiteren Beteiligten am 2. Dezember 2011 zu einem Kaufpreis von 205.000 € freihändig veräußert. Der auf den Miteigentumsanteil des Schuldners entfallende Erlösanteil von 102.500 € wurde vollständig zur Abgeltung der Absonderungsrechte der Grundpfandgläubiger verwendet. Die während des Insolvenzverfahrens verwaltete Masse betrug nach der Schlussrechnung unter Einschluss des mit 102.500 € bewerteten Grundstücksanteils 150.290,41 €.
Der weitere Beteiligte hat beantragt, die Vergütung für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter auf 22.184,50 € zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer, insgesamt auf 32.760,44 €, festzusetzen. Ausgehend von der aus einer Masse von 47.790,41 € berechneten Regelvergütung (15.697,60 €) hat er eine Erhöhung um 2.050,00 € nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV (50 v.H. der Feststellungskosten von 4 v.H. aus 102.500 €) und Zuschläge in Höhe von insgesamt 25 v.H. geltend gemacht. Das Insolvenzgericht hat die begehrte Erhöhung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV abgelehnt und die Vergütung unter Zubilligung eines Zuschlags von 15 v.H. auf insgesamt 27.086,21 € festgesetzt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, soweit die Berechnungsgrundlage der Vergütung betroffen ist. Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der weitere Beteiligte die Festsetzung seiner Vergütung auf 30.623,48 €.
II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Allerdings ist die Rechtsbeschwerde uneingeschränkt statthaft (§§ 4, 6 Abs. 1, § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde auf die Bestimmung der Berechnungsgrundlage der Vergütung ist unwirksam.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann wirksam nur auf einen selbständigen Teil des Streitstoffs beschränkt werden, über den unabhängig vom übrigen Streitgegenstand gesondert entschieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 92/09, WuM 2011, 137 Rn. 4 f; vom 12. April 2011 - II ZB 14/10, NJW 2011, 2371 Rn. 5). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Bei dem Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch, dessen Höhe sich nach unselbständigen Berechnungsfaktoren bestimmt. Er stellt ein Produkt aus der Berechnungsgrundlage und dem durch Zu- und Abschläge erhöhten oder verminderten Regelsatz dar. Die Zu- und Abschlagsgründe der Verordnung stehen jedenfalls teilweise (§ 3 Abs. 1 Buchst. a bis c, Abs. 2 Buchst. d InsVV) in Zusammenhang mit Umfang und Entwicklung der Masse, so dass der Vergütungssatz auch nicht unabhängig von der Berechnungsgrundlage bestimmt werden kann (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - IX ZB 11/07, BGHZ 185, 353 Rn. 9 f).
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet.
a) Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Gegenstände, die mit Absonderungsrechten belastet seien, könnten nur insoweit in die Berechnungsgrundlage einbezogen werden, als aus ihnen der Masse ein Überschuss zufließe; das sei hier unstreitig nicht gegeben. Die Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV sei nur bei Massemehrung und nur bei beweglichen Gegenständen einschlägig. Der vom Amtsgericht angenommene Zuschlag zur Regelvergütung sei bei einer Gesamtbetrachtung der vom Verwalter geltend gemachten Erschwernisse angemessen. Diese Ausführungen sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.
b) Mit Recht hat das Beschwerdegericht die Vergütung des weiteren Beteiligten aus einer Berechnungsgrundlage von 47.790,41 € bestimmt. Der Wert des Miteigentumsanteils des Schuldners am Grundstück ist bei der Berechnungsgrundlage nicht zu berücksichtigen.
aa) Gehören zur Insolvenzmasse Gegenstände, die mit Absonderungsrechten belastet sind, zählen zur Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters stets diejenigen Beträge, die nach Befriedigung der Absonderungsrechte als Überschuss der Masse zustehen (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV). Ein solcher Überschuss ist hier nicht zur Masse gelangt.
bb) Nach der Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV wird darüber hinaus der mit einem Absonderungsrecht belastete Gegenstand mit seinem vollen Wert berücksichtigt, wenn er durch den Verwalter verwertet wird. Die dadurch bewirkte Mehrvergütung ist jedoch auf 50 v.H. des Betrags begrenzt, der für die Kosten der Feststellung des belasteten Gegenstands in die Masse geflossen ist. Eine zusätzliche Vergütung nach dieser Norm scheidet im Streitfall aus, weil kein Kostenbeitrag zur Masse gelangt ist.
(1) Feststellungsbeiträge der absonderungsberechtigten Gläubiger sieht das Gesetz nur bei der Verwertung von beweglichen Gegenständen und Forderungen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 InsO) und insoweit vor, als sich die Zwangsversteigerung eines Grundstücks auf bewegliche Gegenstände erstreckt (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG). Für die Verwertung eines Grundstücks durch freihändige Veräußerung gibt es keine entsprechende Regelung. Ob in diesem Fall dennoch eine Sondervergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV beansprucht werden kann, hat der Senat bisher offen gelassen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - IX ZB 157/05, nv Rn. 2; vom 17. April 2013 - IX ZB 141/11, ZInsO 2013, 1104 Rn. 2).
(2) Die Frage braucht auch hier nicht entschieden zu werden. Der Anspruch auf eine Vergütung unter Berücksichtigung des vollen Werts eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Grundstücks setzt jedenfalls voraus, dass die Verwertung durch den Insolvenzverwalter zu einem dem Feststellungsbeitrag vergleichbaren Massezufluss geführt hat (allg. Meinung; vgl. LG Heilbronn, ZInsO 2011, 1958, 1959; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 3. Aufl., Rn. 188a; Haarmeyer/Mock, InsVV, 5. Aufl., § 1 Rn. 61 f; Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, 2015, § 1 InsVV Rn. 43; Graeber/Graeber, InsVV, § 1 Rn. 103 f; BK-InsO/Blersch, 2009, § 1 InsVV Rn. 11 aE; Amberger in Leonhardt/Smid/Zeuner, InsVV, § 1 Rn. 53 f). Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Regelung, die von einem Feststellungsbeitrag spricht, der in die Masse geflossen ist. Auch in der Amtlichen Begründung zu § 1 InsVV (abgedruckt etwa bei Keller, aaO, Anhang III) ist von einem "anfallenden Kostenbeitrag" die Rede. Ein solches Verständnis entspricht dem der Vergütungsverordnung zugrunde liegenden, aus § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO abzuleitenden und in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV zum Ausdruck kommenden Überschussprinzip, wonach die Vergütung des Verwalters nur aus demjenigen Vermögen zu berechnen ist, das auch zur Begleichung der Vergütung zur Verfügung steht (BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - IX ZB 130/10, BGHZ 195, 336 Rn. 26). Die Begrenzung der Vergütung auf 50 v.H. eines erlangten Feststellungsbeitrags in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV bringt zum Ausdruck, dass die Verwertung eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Gegenstands auch den ungesicherten Gläubigern noch einen Nutzen bringen soll, indem die zweite Hälfte des Feststellungsbeitrags nicht für die Vergütung des Verwalters verbraucht werden darf, sondern der Masse vorbehalten bleibt. Wäre der Feststellungsbeitrag, wie von der Rechtsbeschwerde befürwortet, als bloße Rechengröße heranzuziehen, führte die Verwertung des Verwalters hingegen nicht zu einer Vermehrung, sondern zu einer Verkürzung der den Insolvenzgläubigern zur Verfügung stehenden Masse.
(3) Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters im Zuge der Verwertung eines Grundstücks muss gleichwohl nicht unvergütet bleiben. Wird durch die freihändige Veräußerung ein höherer Erlös als im Falle einer Zwangsversteigerung erzielt, ist dies für die Insolvenzgläubiger ungeachtet eines vereinbarten Kostenbeitrags der absonderungsberechtigten Gläubiger dann von Nutzen, wenn sich infolge des Mehrerlöses die zur Tabelle angemeldeten persönlichen Ausfallforderungen dieser Gläubiger verringern und sich dadurch die Befriedigungsquote der ungesicherten Gläubiger erhöht. Dies zu ermöglichen, gehört zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters. Unternimmt er dafür besondere Anstrengungen, können diese durch einen angemessenen Zuschlag zur Vergütung nach § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV berücksichtigt werden (vgl. Graeber/Graeber, aaO Rn. 98 ff, 103).
c) Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht der Festsetzung der Vergütung einen Zuschlag zur Regelvergütung in Höhe von 15 v.H. zugrunde gelegt. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Abweichung von Maßstäben mit sich bringt (st. Rspr., etwa BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 8; vom 11. Juni 2015 - IX ZB 18/13, WM 2015, 1481 Rn. 12).
Die Gefahr einer Maßstabsverschiebung zu Ungunsten des weiteren Beteiligten zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Das Beschwerdegericht hat im Einklang mit den vorstehenden Ausführungen die Voraussetzungen eines Zuschlags nach § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV wegen der bei der Grundstücksverwertung erbrachten Leistungen dem Grunde nach bejaht. Die Bemessung des Zuschlags mit 15 v.H. unter Einbeziehung des obstruktiven Verhaltens des Schuldners lässt keinen falschen Maßstab erkennen.
Kayser Gehrlein Vill
Grupp Schoppmeyer