Entscheidungsdatum: 17.04.2013
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Memmingen vom 12. April 2011 wird auf Kosten der Insolvenzverwalterin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 491.563,70 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 4, 6, 7 aF, § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, Art. 103f EGInsO), aber unzulässig, weil sie keinen Zulässigkeitsgrund aufdeckt (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Sache nach den Darlegungen der Rechtsbeschwerdebegründung grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert hiernach die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
1. Die Vorinstanzen haben entsprechend der Rechtsprechung des Senats von der Berechnungsgrundlage die zur Masse geflossenen Feststellungsbeiträge abgezogen, nachdem die Verwalterin sich für die für sie weitaus günstigere Möglichkeit der Ansetzung einer Sondervergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV entschieden hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - IX ZB 157/05 nv, Rn. 4). Die Rechtsbeschwerdebegründung legt im Hinblick auf diese Rechtsprechung des Senats weder Grundsatzbedeutung noch Rechtsfortbildungsbedarf dar. Die Frage, anhand welcher Parameter die Vergleichsrechnung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV im Einzelnen zu erfolgen hat, ist, wie schon der Vergütungsantrag der Verwalterin zutreffend dargelegt hat, nicht entscheidungserheblich. Die Frage, ob die Vorschrift bei der Vereinbarung und dem Zufluss von Feststellungsbeiträgen bei der freihändigen Verwertung von Grundstücken überhaupt (entsprechend) anwendbar ist, wirft die Rechtsbeschwerde nicht auf. Sie ist im Übrigen von den Vorinstanzen zu ihren Gunsten entschieden worden.
2. Das Beschwerdegericht hat nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, den von der Rechtsprechung des Senats abweichenden Obersatz aufgestellt, dass im Vergütungsfestsetzungsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz nicht gelte. Es hat sich mit der Berechnungsgrundlage vielmehr nicht näher befasst. Hinsichtlich der Frage, ob die bei der Verwertung von mit Absonderungsrechten belasteten Gegenständen der Masse angefallene Umsatzsteuer zur Berechnungsgrundlage zählt, wie erstmals die Rechtsbeschwerde begründungsfrei behauptet, wird ein Zulässigkeitsgrund nicht dargelegt.
3. Die Vorinstanzen haben keinen von der Rechtsprechung des Senats abweichenden Obersatz zu § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. a, § 5 Abs. 1 InsVV aufgestellt.
4. Das Beschwerdegericht hat ebenso wenig wie das freilich in der Wahl der Überschrift ungenau formulierende Amtsgericht einen von der Rechtsprechung des Senats abweichenden Obersatz des Inhalts aufgestellt, dass der Betrag, um den sich die Masse (gemeint: Regelvergütung) nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV erhöhe, im Rahmen der Entscheidung über die Zu- und Abschläge oder jedenfalls zuschlagsmindernd zu berücksichtigen sei.
Die sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV ergebende Sondervergütung ist Teil der im Übrigen nach § 2 Abs. 1 InsVV zu berechnenden Regelvergütung, aus der die Zu- und Abschläge berechnet werden (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204 Rn. 48). Die Höhe der Regelvergütung ist nach der Rechtsprechung des Senats bei der Bemessung der Zu- und Abschläge zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2012 - IX ZB 139/10, ZIP 2012, 2407 Rn. 22), weil nur so festgestellt werden kann, ob ein Arbeitsaufwand vorliegt, der denjenigen eines vergleichbaren Verfahrens übersteigt. Nichts anderes haben die Vorinstanzen zum Ausdruck gebracht.
5. Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Senats für die Berechnung des Ausgleichszuschlags bei Betriebsfortführung liegt nicht vor (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 24. Januar 2008 - IX ZB 120/07, WM 2008, 488 Rn. 7 f; vom 12. Mai 2011 - IX ZB 143/08, ZIP 2011, 1373 Rn. 10 f). Die Vordergerichte haben die erforderliche Vorgehensweise erkennbar berücksichtigt und die allein durch die Massemehrung eingetretene Erhöhung der Regelvergütung errechnet. Freilich haben sie den ohne Berücksichtigung einer Massemehrung angemessenen Zuschlag und den sich dann errechnenden Ausgleichszuschlag nicht beziffert. Dies steht jedoch im Einklang zur Rechtsprechung des Senats. Diese ist seit jeher der in der Literatur vertretenen Auffassung entgegengetreten, dass für alle Zu- und Abschlagstatbestände zunächst gesonderte Zu- und Abschläge festzusetzen sind. Ein solches Vorgehen ist möglich, aber nicht erforderlich. Es genügt bei den einzelnen geltend gemachten oder zu prüfenden Zu- und Abschlagstatbeständen eine Prüfung dem Grunde nach. Maßgebend ist dann in jedem Fall lediglich eine im Ergebnis angemessene Gesamtwürdigung (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757, 1758 f; vom 23. März 2006 - IX ZB 20/05, ZIP 2006, 858 Rn. 5; vom 11. Mai 2006, aaO Rn. 12; vom 20. Mai 2010 - IX ZB 11/07, BGHZ 185, 353 Rn. 9). Diese haben die Vorinstanzen ausreichend vorgenommen.
6. Die Bemessung der Höhe der einzelnen Zu- und Abschläge sowie des Gesamtzuschlags ist Aufgabe des Tatrichters. Ob auch ein höherer Gesamtzuschlag als 80 v.H. (nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, von 60 v.H.) hätte festgesetzt werden können, ist vom Rechtsbeschwerdegericht nicht zu prüfen. Die von diesem lediglich zu prüfende Gefahr der Verschiebung von Maßstäben (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 8 mwN) ist vorliegend nicht gegeben.
7. Die von der Rechtsbeschwerde in verschiedener Hinsicht gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs hat der Senat jeweils geprüft, aber nicht für gegeben erachtet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp