Entscheidungsdatum: 06.10.2011
Delan
1. Ein auf das Verbot des Vertriebs eines importierten Pflanzenschutzmittels gerichteter Unterlassungsantrag ist regelmäßig nicht hinreichend bestimmt, wenn er nur allgemein auf eine mangelnde Übereinstimmung des Importmittels mit der Verkehrsfähigkeitsbescheinigung Bezug nimmt; erforderlich ist vielmehr eine Konkretisierung der Abweichungen zwischen Importmittel und Verkehrsfähigkeitsbescheinigung.
2. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen pflanzenschutzrechtliche Zulassungsbestimmungen (hier: § 11 Abs. 1, § 16c Abs. 1 und 2 PflSchG) ist grundsätzlich nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens des Gläubigers nach § 242 BGB ausgeschlossen, weil die Zulassungsbestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes der Gesundheit der Verbraucher dienen.
Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 31. Mai 2010 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist ein Chemieunternehmen. Sie produziert das Pflanzenschutzmittel "Delan WG" mit dem Wirkstoff Dithianon 700 g/kg. Das Mittel ist ein Kontaktfungizid zur Bekämpfung von falschem Mehltau, rotem Brenner und Phomopsis (Schwarzfleckenkrankheit) im Weinbau, Schorf im Kernobst, falschem Mehltau im Hopfen sowie der Sprühfleckenkrankheit in Kirschen. In Deutschland ist es beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (im Weiteren: Bundesamt) unter der Nr. 4424-00 zugelassen.
Die Beklagte handelt mit Pflanzenschutzmitteln. Sie verfügt für den Vertrieb des aus Italien importierten Mittels "Delan WG" der Klägerin unter der Bezeichnung "Realchemie Dithianon 700" in Deutschland über eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung des Bundesamtes mit der Nr. Pl 004424-00/024.
Eine von der Klägerin im Juni 2008 durchgeführte Analyse eines von der Beklagten vertriebenen und mit dieser Pl-Nummer versehenen Produkts ergab, dass dieses Verunreinigungen darstellende Nebenkomponenten in höherer Konzentration aufwies als in den Zulassungsunterlagen für "Delan WG" vorgesehen. Betroffen waren die Komponenten D4 mit der Molekülformel C20H8O4S2 und einem Molekulargewicht von 376,41 und D12 mit der Molekülformel S8 und einem Molekulargewicht von 256,51. Der Vertrieb des Mittels in Deutschland war damit durch die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung Pl 004424-00/024 nicht gedeckt.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,
es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, das Pflanzenschutzmittel "Realchemie Ditheanon 700" bzw. "Realchemie Dithianon 700" mit dem Hinweis "Referenzmittel Delan WG" und der Zulassungs-Nummer 4424-00 der Klägerin anzubieten, zu vertreiben und/oder zu bewerben oder anbieten, vertreiben und bewerben zu lassen, sofern dieses nicht von der durch das BVL erteilten Verkehrsfähigkeitsbescheinigung Pl 004424-00/024 gedeckt ist, wie nachfolgend eingeblendet:
(Es folgt ein Abdruck der Aufmachung, unter der die Beklagte das Produkt vertreibt.)
Weiter hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung darüber begehrt, in welchen Mengen und zu welchen Preisen sie ihr Mittel in von dieser Verkehrsfähigkeitsbescheinigung nicht gedeckter Form angeboten und verkauft hat, sowie insoweit die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten beantragt.
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben.
Im Berufungsverfahren hat die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Klägerin hat zudem hilfsweise beantragt, die Verurteilung für den Fall auszusprechen, dass das Mittel bezüglich der Verunreinigungen D4 (= Molekulargewicht 376,41 und Molekülformel C20H8O4S2) und D12 (= Molekulargewicht 256,51 und Molekülformel S8) so hoch wie aus dem nachfolgend eingeblendeten Gutachten ersichtlich von den beim Bundesamt hinterlegten Werten des Referenzprodukts abweicht:
(Es folgt eine auszugsweise Wiedergabe einer von der Klägerin unternehmensintern durchgeführten Produktanalyse, die zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Gehalt an D4 und D12 beim Produkt der Klägerin 0,2% und 0,05% und beim beanstandeten Produkt der Beklagten 0,5% bzw. 0,45% beträgt.)
Das Berufungsgericht hat der Klage, soweit sie auf Unterlassung gerichtet ist, mit dem Hilfsantrag stattgegeben und sie mit den weiteren Anträgen abgewiesen (OLG Köln, GRUR-RR 2011, 113).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen, und verfolgt mit ihrer Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, ihren Klageabweisungsantrag weiter.
I. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin gestellten Unterlassungshauptantrag als unbestimmt und deshalb unzulässig angesehen. In ihm würden lediglich die gesetzlichen Voraussetzungen aufgegriffen, unter denen der Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln erlaubt sei. Es liege auch keiner der Fälle vor, in denen ein derartig formuliertes Verbot als hinreichend bestimmt angesehen werden könne. Dass die Klägerin mit dem Hauptantrag - wie sie in der letzten mündlichen Verhandlung klargestellt habe - zugleich geltend machen wolle, die Beklagte habe unter der angegebenen Zulassungsnummer ein anderes Mittel als das Referenzmittel "Delan WG" vertrieben, komme in dem Antrag nicht hinreichend bestimmt zum Ausdruck. Es habe insoweit auch kein Anlass bestanden, auf eine Antragskonkretisierung hinzuwirken, weil ein entsprechender Antrag unbegründet gewesen wäre.
Der Hilfsantrag, mit dem die Klägerin auf die konkrete chemische Zusammensetzung des Mittels und dessen Abweichung vom zugelassenen Mittel abstelle, sei demgegenüber hinreichend bestimmt und damit zulässig und auch in der Sache begründet. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, ihr Verhalten habe der fachlichen Sorgfalt entsprochen, weil für sie die Abweichung nicht erkennbar gewesen sei. Es gehe nicht um eine geschäftliche Handlung gegenüber dem Verbraucher. Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken sei nach ihrem Art. 3 Abs. 3 auch deshalb nicht anwendbar, weil die im Streitfall einschlägigen Vorschriften Gesundheitsaspekte beträfen. Die Rechtsverfolgung verstoße zudem nicht gegen Treu und Glauben. Die Beklagte habe nicht zu beweisen vermocht, dass die Klägerin ihr Mittel selbst verunreinigt am Markt abgesetzt habe.
Der Klägerin sei allerdings nicht der für die Ansprüche auf Schadensersatz und Auskunftserteilung erforderliche Beweis gelungen, dass die Beklagte schuldhaft gehandelt habe. Der Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, das von ihr eingeführte Mittel nicht auf seine chemische Zusammensetzung untersucht zu haben.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision und der Anschlussrevision stand. Das Berufungsgericht hat zutreffend den Unterlassungshauptantrag als unzulässig und den Unterlassungshilfsantrag als im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt und damit zulässig sowie mit Recht auch als begründet angesehen (dazu unter II 1 bis 3). Ebenfalls als rechtsfehlerfrei erweist sich die Abweisung der Klage mit den Anträgen auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung (dazu unter II 4). Unbegründet ist schließlich auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe einen Hinweis zur Änderung der Formulierung des Unterlassungshauptantrags zu Unrecht als verzichtbar angesehen (dazu unter II 5).
1. Das von der Klägerin mit dem Hauptantrag verfolgte Verbot ist nicht hinreichend bestimmt und daher unzulässig.
a) Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Verbotsantrag im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe. Aus diesem Grund sind insbesondere Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist, sowie auch dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann jedoch dann hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Geschäftsmethode erforderlich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 46/09, GRUR 2011, 433 Rn. 10 = WRP 2011, 576 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung, mwN).
b) Nach diesen Grundsätzen ist der von der Klägerin gestellte Unterlassungshauptantrag nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. Der in erster Linie verfolgte Unterlassungsantrag ist gegen einen durch die erteilte Verkehrsfähigkeitsbescheinigung nicht gedeckten Vertrieb des reimportierten Pflanzenschutzmittels mit dem Hinweis auf das Referenzmittel "Delan WG" und die dafür vorgesehene Zulassungsnummer 442400 durch die Beklagte gerichtet. In ihm ist der Grund nicht konkret beschrieben, der der Verkehrsfähigkeit des Mittels entgegensteht. Dies ist für eine ausreichende Bestimmtheit des Verbotsantrags im Streitfall aber erforderlich.
aa) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG dürfen Pflanzenschutzmittel in der Formulierung, in der die Abgabe an den Verwender vorgesehen ist, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie vom Bundesamt zugelassen sind. Als zugelassen gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 PflSchG auch ein Pflanzenschutzmittel, für das die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung nach § 16c PflSchG festgestellt ist. Gemäß § 16c Abs. 1 Satz 1 PflSchG darf ein Pflanzenschutzmittel, das in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen ist und mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel übereinstimmt, nur eingeführt und in den Verkehr gebracht werden, wenn derjenige, der die Einfuhr oder das Inverkehrbringen vornehmen will, zuvor beim Bundesamt die Feststellung der Verkehrsfähigkeit beantragt und das Bundesamt diese Feststellung getroffen hat. Die dabei vorausgesetzte Übereinstimmung des paralleleinzuführenden Pflanzenschutzmittels (Importmittel) mit dem entsprechenden zugelassenen Pflanzenschutzmittel (Referenzmittel) liegt, wie sich aus § 16c Abs. 2 Satz 1 PflSchG ergibt, dann vor, wenn das paralleleinzuführende Pflanzenschutzmittel die gleichen Wirkstoffe in vergleichbarer Menge mit entsprechendem Mindestreinheitsgrad und mit bestimmten Verunreinigungen gleicher Art sowie entsprechendem Höchstgehalt enthält wie das Referenzmittel (Nr. 1) und mit diesem in Zusammensetzung und Beschaffenheit übereinstimmt (Nr. 2).
Eine vergleichbare Menge des Wirkstoffs im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PflSchG liegt gemäß § 1c Abs. 3 der Verordnung über Pflanzenschutzmittel und Pflanzenschutzgeräte (Pflanzenschutzmittelverordnung - PflSchMGV) vor, soweit sich der angegebene Wirkstoffgehalt des einzuführenden Mittels nicht von dem Wirkstoffgehalt des Referenzmittels unterscheidet (Nr. 1) oder bei der analytischen Bestimmung des Wirkstoffgehalts die in Anhang VI Teil C der Richtlinie 91/414/EWG unter der Nummer 2.7.2 Buchstabe a in der jeweils geltenden Fassung genannten Kriterien eingehalten wurden (Nr. 2). Nach § 1c Abs. 4 PflSchMGV ist eine Übereinstimmung in Zusammensetzung und Beschaffenheit im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG gegeben, wenn beide Mittel in der Formulierungsart übereinstimmen (Nr. 1) und qualitative oder quantitative Unterschiede in den Beistoffen nicht zu Unterschieden im Hinblick auf die biologische Wirksamkeit, die Auswirkungen auf die zu behandelnden Pflanzen oder die Auswirkungen auf Mensch, Tier oder Naturhaushalt führen (Nr. 2). An einer solchen Übereinstimmung fehlt es nach § 1c Abs. 5 PflSchMGV insbesondere dann, wenn ein nicht bewerteter Beistoff oder eine nicht bewertete Beistoffsubstanz vorliegt (Nr. 1), Beistoffsubstanzen mit wesentlicher Funktion fehlen (Nr. 2), unterschiedliche Nominalkonzentrationen von Beistoffen mit wesentlicher Funktion vorliegen (Nr. 3), Beistoffsubstanzen vorliegen, die toxischer oder ökotoxischer sind als die des Referenzmittels oder die für die Wirksamkeit oder die Stabilität ungünstiger sind als die des Referenzmittels (Nr. 4), oder Beistoffe fehlen, die dem Anwenderschutz dienen oder zum Schutz Dritter Anwendung finden (Nr. 5).
bb) Bei diesen Gegebenheiten liegt es auf der Hand, dass in einem Vollstreckungsverfahren, dem ein dem Hauptantrag entsprechender Verbotstitel zugrunde liegt, das Vollstreckungsgericht beurteilen müsste, ob ein Pflanzenschutzmittel in einer vom vorliegenden Streitfall abweichenden Zusammensetzung die Voraussetzungen der Verkehrsfähigkeit nach § 16c Abs. 2 PflSchG erfüllt. Dies könnte eine Würdigung der komplexen rechtlichen Begriffe des § 16c Abs. 2 PflSchG und des § 1c Abs. 3 bis 5 PflSchMGV im Vollstreckungsverfahren erfordern, die jedoch grundsätzlich dem Erkenntnisverfahren vorbehalten ist. Die vom Gläubiger im Vollstreckungsverfahren geltend gemachte Abweichung der Zusammensetzung des Importpflanzenschutzmittels vom Referenzmittel könnte völlig anders gelagert sein als diejenige, die Grundlage des vorliegenden Verfahrens ist. Das wäre - zumal unter Berücksichtigung dessen, dass die stoffliche Zusammensetzung des Referenzmittels für Außenstehende nicht ohne weiteres und im vollen Umfang erkennbar ist - nach der oben in Randnummer 15 angeführten Rechtsprechung nur dann hinnehmbar, wenn dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf das von der Klägerin beanstandete geschäftliche Verhalten der Beklagten erforderlich wäre. Davon ist jedoch nicht auszugehen. Unlauterem Verhalten der Beklagten kann auch durch ein dem Hilfsantrag entsprechendes Verbot wirksam entgegengewirkt werden (vgl. dazu sogleich unter II 2 und 3). Das Verbot nach dem Hilfsantrag ist nicht auf einen identischen Gehalt der Verunreinigungen D4 und D12 beschränkt, sondern umfasst auch Verunreinigungen der Art D4 und D12 in einer Konzentration, die den Kernbereich des Verbots unberührt lassen.
cc) Der von der Revision herausgestellte Umstand, dass bei gänzlich fehlender Zulassung eines Stoffs ein umfassendes Vertriebsverbot ergeht, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. In solchen Fällen besteht nicht - wie beim von der Klägerin hier gestellten Hauptantrag - das Problem, dass die Reichweite des ergangenen Verbots erst im nachfolgenden Vollstreckungsverfahren zu ermitteln ist. Dementsprechend stellt sich dort der Erlass eines umfassenden Verbots im Hinblick auf seine Bestimmtheit als unproblematisch dar.
dd) Die Beurteilung des in erster Linie verfolgten Unterlassungsantrags als nicht hinreichend bestimmt läuft auch nicht im Ergebnis darauf hinaus, dass der Klägerin Abwehransprüche faktisch versagt werden.
(1) Die Revision, die dies geltend macht, bringt hierzu vor, es sei davon auszugehen, dass die Beklagte in Zukunft das mit immer wieder anderen nachgemachten Mitteln gemischte Originalmittel der Klägerin in den Verkehr bringen werde. Weil diese immer wieder andere Verunreinigungen aufwiesen, ginge eine Verurteilung der Beklagten nach dem hilfsweise verfolgten Unterlassungsantrag letztlich ins Leere.
(2) Die Revision berücksichtigt in diesem Zusammenhang nicht, dass es nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen schon nicht als erwiesen angesehen werden kann, dass das beanstandete Mittel der Beklagten die Nebenkomponenten D4 und D12 deshalb in einer Konzentration enthalten hat, die von der der Beklagten erteilten Verkehrsfähigkeitsbescheinigung nicht abgedeckt war, weil die Beklagte das Originalmittel der Klägerin mit einem von einem anderen Hersteller nachgemachten Mittel gemischt hatte. Außerdem kann nach den getroffenen Feststellungen auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bereits in der Vergangenheit in Deutschland Mittel vertrieben hat, die wegen jeweils unterschiedlicher Abweichungen bei den Nebenkomponenten nicht hätten vertrieben werden dürfen.
2. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin gestellten Unterlassungshilfsantrag entgegen der Ansicht der Anschlussrevision mit Recht als hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO angesehen.
a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, es habe insbesondere keiner weiteren Konkretisierung bedurft, wie das Molekül C20H8O4S2 aufgebaut sei. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Unkenntnis über den Molekülaufbau die Verteidigungsmöglichkeiten der Beklagten in irgendeiner Weise beeinträchtigt habe und dass diese Frage im Vollstreckungsverfahren geklärt werden müsste. Die Verunreinigung D4 sei in den Zulassungsunterlagen aufgeführt, weil sie bei dem Mittel der Klägerin typischerweise oder zumindest in relevantem Umfang auftrete. Dafür, dass eine andere Verunreinigung durch ein Molekül mit gleichen Bestandteilen, aber einem anderen Aufbau auftreten könnte, sei nichts ersichtlich. Außerdem sei diese Möglichkeit im Hinblick auf die Geheimhaltungsinteressen der Klägerin hinzunehmen. Das Pflanzenschutzgesetz erkenne das Interesse des Herstellers an der Geheimhaltung der Zusammensetzung seines Mittels unter anderem dadurch an, dass es ein Verfahren zur Erlangung einer Verkehrsfähigkeitsbescheinigung vorsehe, bei dem der Importeur keine Kenntnis von der Zusammensetzung des Mittels erlange. Zwar müsse der Hersteller, wenn er gegen den Importeur wegen einer chemischen Abweichung des importierten Mittels vorgehe, diese Abweichung bezeichnen. Das sei ihm nach der Wertung des Pflanzenschutzgesetzes aber nur insoweit zuzumuten, als dies zur Beurteilung der Relevanz der Abweichung und zur Vollstreckung des Verbots erforderlich sei. Danach könnten letztlich Unklarheiten hingenommen werden, wenn ihnen keine erkennbare praktische Relevanz zukomme.
b) Die Anschlussrevision rügt, das Berufungsgericht habe insoweit nicht dargelegt, dass es über die für die Beurteilung der Frage erforderliche Sachkunde verfüge, ob der Hinweis auf das Molekül C20H8O4S2 ausreiche, damit sich die Beklagte gegen den geltend gemachten Unterlassungsanspruch verteidigen könne. Außerdem habe das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen, dass die Molekülformel der Verunreinigung D4 völlig unterschiedliche Substanzen erfasse. Dem kann nicht beigetreten werden.
c) Das Berufungsgericht ist zutreffend und insoweit von der Anschlussrevision auch nicht angegriffen davon ausgegangen, die mangelnde Konkretisierung des Aufbaus des Moleküls C20H8O4S2 sei im Hinblick auf das im Pflanzenschutzgesetz anerkannte Interesse des Herstellers an der Geheimhaltung der Zusammensetzung seines Mittels hinzunehmen (vgl. zum Geheimhaltungsinteresse des Zulassungsinhabers auch BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2009 - 20 F 12.08 Rn. 15 f., juris). Diese Sichtweise steht im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung hinzunehmen sein kann, wenn eine weitere Konkretisierung nicht möglich ist und die Antragsformulierung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Geschäftspraxis erforderlich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rn. 17 = WRP 2011, 742 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker, mwN). Dem Erfordernis der fehlenden Möglichkeit weiterer Konkretisierung steht im Streitfall der Umstand gleich, dass der Klägerin die Konkretisierung der Komponente D4 aus Geheimhaltungsinteressen nicht zumutbar ist (vgl. § 18c PflSchG).
d) Dass der Hilfsantrag knapper hätte gefasst werden können als durch die vorgenommene Bezugnahme auf Teile eines Gutachtens, in dem auch die Vorgehensweise bei der Untersuchung und die Abweichungen hinsichtlich aller untersuchten Nebenkomponenten angesprochen und im Spektrum dargestellt sind, hat auf die Bestimmtheit des Antrags keinen Einfluss. Das macht den Klageantrag zwar auslegungsbedürftig. Aus dem Klagevorbringen, das zur Auslegung des Antrags heranzuziehen ist, wird jedoch hinreichend deutlich, worin die Klägerin die konkrete Verletzungsform sieht, und zwar in der beanstandeten Konzentration der Komponenten D4 und D12. Ebenfalls für die Bestimmtheit und damit für die Zulässigkeit des Unterlassungshilfsantrags unerheblich ist der Umstand, dass das Vollstreckungsgericht regelmäßig ein Sachverständigengutachten wird einholen müssen, wenn die Beklagte den von der Klägerin behaupteten Verstoß gegen das Unterlassungsgebot in Abrede stellt. Es handelt sich insoweit um ein Problem, das in der Natur der Materie begründet ist, über die die Parteien streiten.
3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der mit dem Hilfsantrag verfolgte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1, § 16c Abs. 1 und 2 PflSchG zu.
a) Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren auf den Vertrieb des von der Beklagten importierten Pflanzenschutzmittels "Realchemie Dithianon 700" und der in der Analyse von Juni 2008 angeführten Konzentration der Nebenkomponenten D4 und D12 gestützt. Das zur Zeit der von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1414) ist Ende 2008 geändert worden. Die der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dienende Gesetzesänderung ist für den Streitfall ohne Bedeutung, weil die Richtlinie die Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt lässt (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG). Dementsprechend ist nach der Richtlinie die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf Bestimmungen zulässig, die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten in gemeinschaftsrechtskonformer Weise regeln. Das ist hinsichtlich der Bestimmungen der §§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 16c PflSchG der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - I ZR 25/10, GRUR 2011, 843 Rn. 14 = WRP 2011, 1146 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung).
b) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Zulassungsbestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes im Hinblick darauf, dass sie gemäß § 1 Nr. 4 PflSchG dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen, Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 8/09, GRUR 2011, 842 Rn. 20 = WRP 2011, 1144 - RCNetzmittel, mwN). Es hat weiter zutreffend angenommen, dass der Vertrieb des in Rede stehenden Importpflanzenschutzmittels "Realchemie Dithianon 700" gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 16c Abs. 1 und 2 PflSchG verstieß, weil es Konzentrationen der Nebenkomponenten D4 und D12 aufwies, die durch die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung der Beklagten nicht gedeckt waren. Dasselbe gilt für die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, Verstöße gegen diese Bestimmungen seien deshalb auch geeignet, die Interessen der Verbraucher nicht unerheblich bzw. spürbar im Sinne von § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 zu beeinträchtigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 842 Rn. 21 - RCNetzmittel).
c) Das Berufungsgericht hat des Weiteren angenommen, die Klägerin könne, wenn sie das Mittel selbst verunreinigt am Markt abgesetzt habe, einem Händler dessen Vertrieb nicht wegen dieser Verunreinigung als wettbewerbswidrig untersagen lassen. Die Beklagte habe aber den ihr obliegenden Beweis, dass diese Voraussetzung im Streitfall vorgelegen habe, nicht geführt. Das hält im Ergebnis der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Die Anschlussrevision macht in diesem Zusammenhang geltend, das Import und das Referenzmittel seien herstelleridentisch. Auch das Importpflanzenschutzmittel stamme aus der Produktion der Klägerin. Dafür habe die Beklagte ausreichende Indizien vorgetragen.
bb) Mit diesen Angriffen dringt die Anschlussrevision nicht durch. Die Zulassungsbestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes dienen erklärtermaßen dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher (vgl. oben Rn. 31). In Fällen, in denen nicht allein oder weit überwiegend die Interessen des klagenden Mitbewerbers betroffen sind, sind wettbewerbsrechtliche Ansprüche regelmäßig nicht unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens nach § 242 BGB ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1984 - I ZR 227/81, GRUR 1984, 457, 460 = WRP 1984, 382 - Deutsche Heilpraktikerschaft; vgl. auch zum Verwirkungseinwand BGH, Urteil vom 7. November 2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 626, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei). Ausnahmen können allerdings bei provozierten Wettbewerbsverstößen in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 1999 - I ZR 204/96, GRUR 1999, 1017, 1019 = WRP 1999, 1035 - Kontrollnummernbeseitigung; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 11 Rn. 2.37 und 2.41; MünchKomm.UWG/Fritzsche, § 11 Rn. 283-288). Dass im Streitfall ein solcher Ausnahmefall vorliegt, hat die Beklagte nach den getroffenen Feststellungen nicht geltend gemacht. Danach erweist sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Beurteilung jedenfalls im Ergebnis als richtig.
4. Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne von der Beklagten keinen Schadensersatz und keine Auskunftserteilung verlangen, weil sie den ihr insoweit obliegenden Beweis eines schuldhaften Verhaltens der Beklagten nicht geführt habe.
Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang mit Recht davon ausgegangen, dass der Import von Pflanzenschutzmitteln nach der Konzeption des Pflanzenschutzgesetzes nicht unnötig erschwert werden soll und der Importeur deshalb bei einem im Ausland zugelassenen Originalprodukt grundsätzlich lediglich eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung zu erwirken und für eine ordnungsgemäße Kennzeichnung zu sorgen hat. Es hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass die Klägerin ein in diesem Sinne schuldhaftes Verhalten der Beklagten nicht bewiesen hat. Mit Recht hat es der Beklagten insbesondere nicht angelastet, die in Rede stehende Charge nicht selbst einer chemisch-analytischen Untersuchung unterzogen zu haben, zumal die Beklagte ohnehin nur zu Stichproben einzelner Chargen verpflichtet sein konnte und den Grad der zulässigen Verunreinigungen, den die Klägerin allein dem Bundesamt im Zulassungsverfahren für ihr Mittel offenbart hatte, nicht kannte.
Dass der Importeur eines von ihm im Inland in großer Menge vertriebenen Produkts gegebenenfalls schuldhaft handelt, wenn er dieses nicht zu Beginn dieses Vertriebs und sodann immer wieder stichprobenartig darauf untersucht, ob seine Beschaffenheit ordnungsgemäß ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2006 - VI ZR 46/05, NJW 2006, 1589 Rn. 19 ff. mwN, zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m § 3 Abs. 1 Satz 2 GSG aF), rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar stünde der Umstand, dass die Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes gemäß § 1 Nr. 4 PflSchG dem Schutz der Verbraucher, nicht dagegen auch dem Schutz der Interessen der Mitbewerber dienen, einem Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 9 UWG nicht entgegen, wenn die Beklagte sich durch das Unterlassen gebotener Kontrollmaßnahmen einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 189/07, GRUR 2010, 754 Rn. 25 = WRP 2010, 869 - Golly Telly). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Beklagte der Klägerin durch ein in dem genannten Sinne schuldhaftes Verhalten einen danach ersatzfähigen Schaden zugefügt hat. Das Berufungsgericht hat das Bestehen einer Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung von Stichproben durchaus erwogen. Es hat die danach zu beanstandende Nichtvornahme solcher Stichproben durch die Beklagte jedoch zu Recht als nicht ursächlich für einen möglichen Schaden der Klägerin angesehen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte bei entsprechenden Stichproben die von der Klägerin beanstandeten Verunreinigungen des von ihr eingeführten Mittels hätte erkennen können. Mit Recht hat das Berufungsgericht dabei insbesondere auch berücksichtigt, dass der Grad der zugelassenen Verunreinigungen ein allein dem Bundesamt im Zulassungsverfahren offenbartes Betriebsgeheimnis der Klägerin darstellte.
5. Die Revision wendet sich schließlich auch ohne Erfolg gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, es habe auch nicht gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf eine Konkretisierung des Unterlassungshauptantrags hinwirken müssen, soweit die Klägerin mit diesem Antrag zugleich geltend machen will, die Beklagte habe unter der angegebenen Zulassungsnummer ein anderes Mittel als das Referenzmittel "Delan WG" vertrieben. Das Berufungsgericht hat von einem entsprechenden Hinweis abgesehen, weil es einen solchen Antrag als unbegründet angesehen hat. Die Revision macht hierzu geltend, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang die Beweislast verkannt. Ob dies der Fall war, kann dahinstehen. Die Frage, ob ein Verstoß gegen eine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO vorliegt, ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Gerichts, dessen Entscheidung angegriffen wird, aus zu beurteilen, unabhängig davon, ob dieser Standpunkt zutrifft oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1983 - IVa ZR 135/81, BGHZ 86, 218, 221; Urteil vom 30. Mai 2001 - XII ZR 273/98, NJW 2001, 3480, 3481; Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 36/08, NJW 2009, 355 Rn. 7, jeweils mwN). Auf der Grundlage der Beurteilung der Beweislast durch das Berufungsgericht bestand für dieses jedoch kein Anlass, auf die von der Revision für erforderlich erachtete Konkretisierung des Unterlassungshauptantrags hinzuwirken.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Büscher Pokrant Schaffert
Kirchhoff Löffler