Entscheidungsdatum: 02.06.2017
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
I. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24.1.2017 hat das LSG wie vor ihm das SG und der Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Gewährung eines höheren Berufsschadensausgleichs und einer höheren Beschädigtengrundrente wegen eines als Schädigung anerkannten Gewahrsams in der ehemaligen DDR abgelehnt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 24.2.2017 Beschwerde zum BSG eingelegt. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten ist die Frist zur Begründung der Beschwerde mit Verfügung vom 14.3.2017 bis zum 27.4.2017 verlängert worden. An diesem Tag hat der Prozessbevollmächtigte die Beschwerde damit begründet, das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt, sei von der Rechtsprechung des BSG abgewichen und habe Verfahrensfehler begangen. Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte eine weitere Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Monate beantragt wegen eines Krankenhausaufenthalts des Klägers.
II. Der Antrag auf eine zweite Verlängerung der Begründungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde ist abzulehnen. Die nochmalige Verlängerung einer bereits verlängerten Beschwerdebegründungsfrist ist nicht statthaft, da § 160a Abs 2 SGG nur eine Verlängerung einmal bis zu einem Monat erlaubt (BSG Beschluss vom 29.3.2010 - B 13 R 519/09 B - Juris mwN). Die gleichzeitig beantragte Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist nach § 67 SGG ist gleichfalls ausgeschlossen. Es erschließt sich bereits nicht, warum der Kläger iS von § 67 Abs 1 SGG ohne sein Verschulden verhindert gewesen sein sollte, die bereits einmal verlängerte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Dagegen spricht, dass sein Prozessbevollmächtigter die Beschwerde fristgemäß am 27.4.2017 begründet hat. Er war vom Kläger bereits am 24.2.2017 mandatiert worden, während dessen Krankenhausaufenthalt ausweislich der übersandten Bescheinigungen erst am 28.3.2017 begonnen hat. In der Zwischenzeit hätte ausreichend Zeit für eine Rücksprache bestanden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, warum für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gleichwohl eine (weitere) Rücksprache mit dem Kläger unabdingbar war. Neuer Tatsachenvortrag wäre im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ohnehin grundsätzlich unerheblich (vgl § 163 SGG). Rechtliche Ausführungen auf der Grundlage des relevanten, in den Akten festgehaltenen Prozessstoffs oblagen dem Prozessbevollmächtigten.
Die am 26.5.2017 nach Ablauf der Begründungsfrist des § 160a Abs 2 S 1 SGG vom Prozessbevollmächtigten des Klägers nachgeschobene weitere Begründung ist daher verfristet und schon deshalb unbeachtlich. Unabhängig davon verfehlt sein Schriftsatz auch deshalb die Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 S 1 SGG, weil der Prozessbevollmächtigte damit lediglich seinerseits einen vom Kläger verfassten Schriftsatz weitergeleitet hat. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegt als Prozesshandlung aber nach § 73 Abs 4 S 1 SGG dem Vertretungszwang. Dieser soll eine eigenständige Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs durch einen qualifizierten Prozessbevollmächtigten sicherstellen. Der Prozessbevollmächtigte muss dafür mit seiner Unterschrift die volle Verantwortung übernehmen. Dafür genügt es nicht, wenn er - wie hier - ohne erkennbare eigene Prüfung lediglich ein vom Beteiligten selbst verfasstes Schreiben an das BSG weiterreicht (vgl BSG Beschluss vom 20.2.2017 - B 12 KR 65/16 B - Juris; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 73 RdNr 57 mwN).
Mit der fristgerecht übersandten Begründung ist die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ebenfalls unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder der behauptete Verfahrensmangel (1.), noch eine grundsätzliche Bedeutung (2.) oder eine Divergenz (3.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall des Klägers darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit seines Antrags zu prüfen und gegebenenfalls seine Ablehnung iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ausreichend zu begründen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 96 mwN). Unbestimmte bzw unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahe zu legen (vgl BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R - NZS 2012, 230; BSG Beschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 303/09 B - Beck RS 2010, 65789 = Juris RdNr 12).
Einen solchen hinreichend substantiierten Beweisantrag hat der Kläger nicht bezeichnet. Der von der Beschwerde wiedergegebene Antrag auf |
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Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger den angestrebten Beruf als mindestens leitender Oberarzt aufgrund der Schädigungsfolgen nicht habe erreichen können, |
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bezeichnet zum einen, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, bereits nicht hinreichend genau, welche der bei ihm festgestellten Schädigungsfolgen genau den Kläger bei seiner weiteren beruflichen Entwicklung behindert haben sollen. Zudem umreißt der Beweisantrag jedenfalls nicht hinreichend genau das hypothetische Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere nicht die Art des unter Beweis gestellten Zusammenhangs zwischen der - nicht hinreichend genau bezeichneten - Schädigungsfolge und dem Verfehlen des angestrebten Berufs. |
Zum zweiten von ihr erwähnten Antrag des Klägers auf Beiziehung einer Akte vom werksärztlichen Dienst der B. GmbH macht die Beschwerde gar keine näheren Ausführungen; insbesondere führt sie nicht aus, warum dieser Antrag das LSG hätte zu weiteren Ermittlungen drängen sollen, obwohl das Berufungsgericht ihn entsprechend § 244 Abs 3 S 2 Alt 3 Strafprozessordnung (StPO) als für die Entscheidung unerheblich abgelehnt hat.
2. Ebenfalls nicht dargelegt hat die Beschwerde eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Sie besteht nur, wenn die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 50 mwN).
Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Soweit die Beschwerde es für klärungsbedürftig hält, |
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ob im sozialen Entschädigungsrecht das Vorliegen von Schädigungsfolgen mit dem Argument verneint werden könne, dass der geschädigte Antragsteller gearbeitet hat, |
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fehlt es bereits an der Angabe des konkreten Tatbestandsmerkmals einer gesetzlichen bzw einer untergesetzlichen Norm, deren Bedeutungsgehalt grundsätzlich klärungsbedürftig sein soll. Ebenso wenig ist dargelegt, warum es sich nicht um eine vorrangig den Einzelfall des Klägers betreffende Tatfrage handeln sollte. Letztlich wendet sich der Kläger mit seinem Vortrag gegen die Beweiswürdigung des LSG, die § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG indes der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160 RdNr 58 mwN). |
3. Die für eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) notwendigen Voraussetzungen legt der Kläger ebenfalls nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN).
Insoweit hat die Beschwerde bereits keinen Rechtssatz des BSG herausgearbeitet und dargelegt, wo dieser zu finden wäre. Die prozessuale Konstellation und den Inhalt der von ihr lediglich beispielhaft mit der Wendung "vgl etwa" zitierten Entscheidung B 5 R 228/14 B hat die Beschwerde nicht näher dargestellt oder mit derjenigen im vorliegenden Rechtsstreit abgeglichen. Ebenso wenig legt die Beschwerde dar, warum die Rechtsansicht des LSG, eine Zurückverweisung nach § 159 SGG dürfe nur erfolgen, wenn diese das Verfahren noch fördern könne, überhaupt entscheidungserheblich ist. Denn unabhängig von dieser rechtlichen Erwägung hat das LSG die Voraussetzungen einer Zurückverweisung an das SG aus anderen Gründen verneint. Schließlich verfolgt der Kläger die vom SG als unzulässig behandelten Anträge ausweislich des angefochtenen Beschlusses ohnehin nicht mehr weiter.
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).