Entscheidungsdatum: 12.05.2017
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Im Streit ist die Zahlung weiterer 942,57 Euro für die stationäre Pflege der W (W) im Oktober 2007 als Leistung der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Die im Jahre 1912 geborene und im Januar 2010 verstorbene W lebte bis 5.8.2007 zusammen mit ihrem 1965 geborenen Enkel M (M), dem sie im Jahr 2006 eine General- und Vorsorgevollmacht erteilt hatte, in einer Mietwohnung, deren Mietvertrag sie gemeinsam unterzeichnet hatten. Nach dem Umzug der W in das Pflegeheim, das die Klägerin betreibt, bewohnte M die Wohnung allein; eine Kündigung des Mietvertrags durch ihn erfolgte erst zum 31.1.2009.
Am 3.8.2007 unterrichtete M die Beklagte darüber, dass W am 6.8.2007 in ein Heim aufgenommen werde und die Gewährung von Sozialhilfe erforderlich sei. W unterzeichnete den Heimvertrag am 6.8.2007. Danach war sie verpflichtet, ein tägliches Leistungsentgelt von 90,36 Euro an die Klägerin zu zahlen. Ab August 2007 war W in der sozialen Pflegeversicherung in Pflegestufe I eingestuft; erstmals in diesem Monat wurde über ein dementielles Syndrom berichtet.
W erhielt monatliche Alterseinkünfte in Höhe von insgesamt 942,57 Euro (15,90 Euro Betriebsrente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, 261,15 Euro Versorgungsbezüge durch die Wehrbereichsverwaltung West und 665,52 Euro Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund einschließlich einer Kindererziehungsleistung für ein Kind in Höhe von 26,27 Euro). Diese Beträge wurden ua im Oktober 2007 auf dem Girokonto der W gutgeschrieben. Sie erhielt zudem ein monatliches Pflegewohngeld in Höhe von 492,20 Euro nach dem Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen und Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 1023 Euro. Über weitere Einkünfte verfügte W nicht. Das Konto wies Ende September 2007 einen Negativ-Saldo von 3101,71 Euro und Ende Oktober 2007 von 3533,55 Euro auf, gleichwohl erfolgten auch nach dem Umzug in die Einrichtung diverse Abbuchungen und Barabhebungen. Bis auf Wohnungsgenossenschaftsanteile in Höhe von 1998 Euro verfügte sie auch nicht über Vermögen.
Nachdem die Beklagte zunächst die Übernahme der Kosten für die Unterbringung abgelehnt hatte (bestandskräftiger Bescheid vom 7.10.2008), bewilligte sie im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens rückwirkend Hilfe zur Pflege und weiteren notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen für die Zeit ab August 2007 (Bescheid vom 26.2.2009); für Oktober 2007 wurden 463,35 Euro bewilligt und gezahlt.
Am 11.5.2009 beantragte der zwischenzeitlich eingesetzte Betreuer der W auch die Überprüfung dieses Bescheids nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) mit der Begründung, M habe die Renteneinkünfte der W nicht (vollständig) an die Klägerin weitergeleitet. Deshalb schulde W der Klägerin für die Zeit von August 2007 bis Oktober 2008 noch Heimkosten in Höhe von insgesamt 8539,29 Euro. Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 26.2.2009). Hiergegen erhob noch die W, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, Widerspruch. Nach dem Tod der W im Januar 2010 erklärte die Prozessbevollmächtigte, das Widerspruchsverfahren für die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin nach W fortzuführen. An der Beratung sozial erfahrener Dritter über den Widerspruch nahm von insgesamt fünf geladenen nur eine Person teil. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 21.7.2011).
Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts <SG> Köln vom 16.1.2013; Urteil des Landessozialgerichts
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung ua des § 61 Abs 1 und der §§ 82 ff SGB XII. Die Würdigung der im Oktober 2007 auf dem Konto der W gutgeschriebenen Renteneinkünfte als Einkommen und als bereite Mittel verstoße gegen § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII, weil W aufgrund ihrer rasch fortschreitenden Demenz im Oktober 2007 weder auf ihr Konto habe zugreifen noch einen Missbrauch der Vollmacht durch M habe verhindern können. Zudem hätte die Miete für die frühere Wohnung der W in K einkommensmindernd berücksichtigt werden müssen. Eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wäre, vom Tag der Aufnahme in die Einrichtung an gerechnet, frühestens mit Ablauf des 30.11.2007 möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG und das Urteil des SG sowie den Bescheid vom 19.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.7.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 26.2.2009 zu ändern und der Klägerin weitere 942,57 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 19.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.7.2011 (§ 95 SGG), mit dem es die Beklagte im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X abgelehnt hat, den bestandskräftigen Bescheid vom 26.2.2009 zu ändern und - nachdem die Beteiligten wirksam den Streitgegenstand zeitlich auf Oktober 2007 begrenzt haben - für Oktober 2007 weitere 942,57 Euro zu zahlen. Hiergegen wendet sich die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 19 Abs 6 SGB XII) der während des Widerspruchsverfahrens verstorbenen W zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG), letztere gerichtet auf Zahlung an sich selbst (vgl dazu BSG, Urteil vom 8.3.2017 - B 8 SO 20/15 R - RdNr 13). Die Klägerin ist auch berechtigt, als Sonderrechtsnachfolgerin den Anspruch auf höhere Leistungen geltend zu machen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids vom 26.2.2009, soweit mit diesem (neben der Bewilligung von Leistungen in Höhe von 463,35 Euro) zugleich höhere Leistungen für Oktober 2007 abgelehnt worden sind.
Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen gemäß § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X nach den Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei sind - wie das LSG zutreffend entschieden hat - im Anwendungsbereich des § 19 Abs 6 SGB XII zu Gunsten des Sonderrechtsnachfolgers ua diejenigen Fallkonstellationen von der Anwendung des § 44 SGB X nicht ausgeschlossen, in denen - wie vorliegend - der verstorbene Leistungsberechtigte ein Verfahren zur Überprüfung der Ablehnung von (höheren) Leistungen vor seinem Tod selbst in Gang gesetzt hat, das Verfahren bei seinem Tod noch nicht abgeschlossen war und in das der Sonderrechtsnachfolger kraft Gesetzes nach § 19 Abs 6 SGB XII eingetreten ist (vgl dazu im Einzelnen BSG SozR 4-5910 § 28 Nr 1 RdNr 12 mwN).
Der Bescheid ist formell rechtmäßig ergangen. Insbesondere war die Beklagte die für die Entscheidung über die Rücknahme des Bescheids vom 26.2.2009 zuständige Behörde. Nach § 44 Abs 3 SGB X entscheidet über die Rücknahme eines Verwaltungsakts nach dessen Unanfechtbarkeit die zuständige Behörde. Dies war für die über 65jährige W die nach § 97 Abs 1 SGB XII iVm dem vom LSG bindend festgestellten Landesrecht (§ 163 SGG) sachlich und nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII örtlich leistungszuständige Beklagte. Diese Zuständigkeit blieb vom Eintritt der Sonderrechtsnachfolge im Widerspruchsverfahren unberührt, denn maßgeblich ist im Rahmen des § 19 Abs 6 SGB XII der Anspruch der W, soweit er bis zu ihrem Tod zu erfüllen gewesen wäre (BSG SozR 4-5910 § 28 Nr 1 RdNr 12 f mwN). Dies schließt denknotwendig mit ein, dass ein Anspruch auch gegenüber dem für W zuständigen Träger bestanden haben muss.
Der Bescheid ist auch nicht unter Verletzung des § 116 Abs 2 SGB XII ergangen (zum Charakter der Norm BSGE 106, 62 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6; BSG SozR 4-3500 § 116 Nr 1 RdNr 15). Danach sind, soweit - wie in Nordrhein-Westfalen - Landesrecht nichts anderes bestimmt, vor dem Erlass des Verwaltungsakts über einen Widerspruch gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder gegen die Festsetzung ihrer Art und Höhe sozial erfahrene Dritte beratend zu beteiligen.
Einer beratenden Beteiligung Dritter bedarf es aber nach dem Tod des Sozialleistungsberechtigten bei Fortführung des Widerspruchsverfahrens auf Grundlage des § 19 Abs 6 SGB XII durch die stationäre Einrichtung nach Sinn und Zweck der Regelung nicht. Dieser liegt insbesondere in der Wahrung sozialer Belange des Hilfebedürftigen durch die Beteiligung externen Sachverstands (BSG SozR 4-3500 § 116 Nr 1 RdNr 14). Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist aber nach dem Eintritt der Sonderrechtsnachfolge nicht mehr der Widerspruch des Hilfebedürftigen gegen die Ablehnung von Sozialhilfe oder gegen die Festsetzung ihrer Art und Höhe nach im Wege des Schuldbeitritts (Sachleistungsverschaffung), sondern der Anspruch der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin auf Zahlung (Geldleistung) an sich selbst. Eine Beteiligung Dritter ist insoweit mangels besonderer Schutzbedürftigkeit der Klägerin als Einrichtung nicht geboten (ähnlich zur Geltendmachung von Ansprüchen durch den Nothelfer nach § 25 SGB XII bereits BSGE 114, 161 ff RdNr 14 = SozR 4-5910 § 121 Nr 1). Der Umstand, dass die beratende Beteiligung zumindest eines sozial erfahrenen Dritten dennoch erfolgt ist, führt nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids, denn § 116 Abs 2 SGB XII verpflichtet nur in bestimmten Konstellationen zur Beteiligung, schließt diese in anderen aber nicht aus (so bereits zur inhaltsgleichen Regelung des § 114 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz
Der Zahlung höherer Leistungen für Oktober 2007 steht zudem § 116a SGB XII nicht entgegen, wonach abweichend von § 44 Abs 4 SGB X Sozialleistungen rückwirkend nicht für vier, sondern nur für ein Jahr zu erbringen sind. Dies regelte § 136 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches SGB vom 24.3.2011 - BGBl I 453) bis 31.12.2012 ausdrücklich. Danach ist § 116a SGB XII nicht anwendbar auf Anträge nach § 44 SGB X, die - wie hier - vor dem 1.4.2011 gestellt worden sind. Dass § 136 SGB XII mit Wirkung vom 1.1.2013 vollständig neu gefasst und die Übergangsregelung aufgehoben worden ist, ändert hieran nichts (BSG SozR 4-3500 § 116a Nr 2 RdNr 12).
Der Bescheid vom 26.2.2009 ist materiell rechtmäßig ergangen. Es bestand auch der Sache nach kein den Betrag von 463,35 Euro übersteigender und damit ungedeckter Bedarf an Heimpflegekosten.
Der geltend gemachte Anspruch bestimmt sich nach § 19 Abs 3 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz - vom 20.4.2007 - BGBl I 554) iVm § 61 Abs 1 Satz 1 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung - Pflege-Weiterentwicklungsgesetz - vom 28.5.2008 - BGBl I 874). Danach ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung iS des § 61 Abs 3 SGB XII für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege umfasst dabei ua auch stationäre Pflege (§ 61 Abs 2 Satz 1 SGB XII).
W war leistungsberechtigt nach § 61 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 3 SGB XII. Sie litt an Störungen des Zentralnervensystems iS des § 61 Abs 3 Nr 3 SGB XII (Demenz) und bedurfte deshalb dauerhaft der Hilfe zur stationären Pflege, die in einer Einrichtung der Klägerin erbracht worden ist. Zum 1.10.2007 schuldete die Klägerin für Oktober 2007 nach § 5 Abs 2 iVm § 7 Abs 1 des Heimvertrags, den als Formularvertrag der Senat auszulegen berechtigt ist (vgl dazu nur BSG SozR 3-4220 § 11 Nr 3 S 6 f), Heimpflegekosten in Höhe von insgesamt 2801,16 Euro (kalendertägliches Entgelt von 90,36 Euro x 31 Kalendertage).
Dieser Schuld ist die Beklagte für Oktober 2007 zu Recht (nur) in Höhe von 463,35 Euro beigetreten, denn der sozialhilferechtliche Bedarf der W war im Übrigen durch das auf das Konto zugeflossene Einkommen sowie die der Hilfe zur Pflege vorrangigen Leistungen der Pflegekasse und das Landespflegegeld gedeckt. Weitergehende Leistungen an sich kann damit auch die Klägerin nicht verlangen.
Nach § 19 Abs 3 SGB XII wird Volljährigen ua Hilfe zur Pflege nur geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus den Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist (sog Nettoprinzip).
Nach den bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG sind der W im Oktober 2007 ua Rentenleistungen in Höhe von 942,57 Euro als Einkommen zugeflossen; über ein den Freibetrag von 2600 Euro (§ 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII iVm § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchstabe b der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 Nr 9 des SGB XII in der Fassung des Art 1 und 15 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003, BGBl I 3022) übersteigendes Vermögen verfügte sie dagegen nicht.
Das LSG hat zutreffend entschieden, dass von diesem Einkommen 916,30 Euro nach den § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII bzw §§ 85 ff SGB XII zu berücksichtigen sind.
Wird Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung erbracht, ist bei der Einkommensberücksichtigung zwischen den Kosten für den (darin enthaltenen) Lebensunterhalt (§ 35 SGB XII in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670; seit 1.1.2011 § 27b SGB XII) und den sonstigen Kosten (Heimpflegekosten) zu unterscheiden.
Der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen setzt sich aus dem darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich dem weiteren notwendigen Lebensunterhalt zusammen. Nach § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII umfasst der weitere notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Die Höhe des für den Lebensunterhalt in einer stationären Einrichtung einzusetzenden Einkommens bestimmt sich dabei nach den §§ 82 bis 84 SGB XII unter Berücksichtigung eines Bedarfs, der sich aus § 35 Abs 1 Satz 2 SGB XII iVm § 42 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen - Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung - vom 16.7.2009 - BGBl I 1959) ergibt. Der so ermittelte Betrag ist allerdings nur ein normativer Rechenposten - auch für die Beurteilung der Bedürftigkeit - der in der Einrichtung erbrachten Hilfe zum Lebensunterhalt, unabhängig vom tatsächlichen Wert dieser Leistung (dazu im Einzelnen BSGE 114, 147 ff RdNr 18 mwN = SozR 4-3500 § 92a Nr 1).
Nach Maßgabe dessen bestand bei W für Oktober 2007 ein - normativer - Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt in der Einrichtung von insgesamt 662,26 Euro (Regelsatz nach Regelbedarfsstufe 3
Der Umstand, dass M die bis 5.8.2007 gemeinsam mit W bewohnte Wohnung erst zum 31.1.2009 kündigte und damit Mietzinsforderungen bestanden haben, begründet keinen Anspruch der W auf sonstige Leistungen für den weiteren notwendigen Lebensunterhalt in Höhe (anteiliger) Mietkosten.
Über die in § 35 Abs 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII regelbeispielhaft ("insbesondere") genannten persönlichen Bedarfe hinaus erfasst die Norm die individuellen Bedarfe, die ohne die stationäre Unterbringung als Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten wären und von der Einrichtung selbst nicht erbracht werden (BSG SozR 4-3500 § 35 Nr 3 RdNr 14). Zu solchen Bedarfen können auch Kosten gehören, die im Zusammenhang mit der Aufgabe der bisherigen Wohnung und dem Umzug in eine stationäre Einrichtung anfallen (zu Umzugskosten bereits BSG SozR 4-3500 § 35 Nr 3 RdNr 17 f). Inwieweit im Einzelfall auch Mietkosten für die bisherige, nach einem Umzug in die Einrichtung tatsächlich nicht mehr genutzte Wohnung als Wohnungsbeschaffungskosten (sog Überschneidungskosten) iS des § 29 Abs 1 Satz 7 SGB XII (in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) zu berücksichtigen sein könnten, braucht nicht abschließend entschieden zu werden. Jedenfalls setzt die bedarfserhöhende Berücksichtigung von Mietkosten als Wohnungsbeschaffungskosten als weiterer notwendiger Lebensunterhalt voraus, dass der Hilfebedürftige alles ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um die Aufwendungen für die frühere Wohnung so gering wie möglich zu halten (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.3.2011 - L 15 SO 23/09 - RdNr 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.12.2010 - L 2 SO 2078/10 - RdNr 22; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.2.2010 - L 9 SO 6/08 - RdNr 24; Nguyen in juris Praxiskommentar
Dem Bedarf für den Lebensunterhalt in der Einrichtung von damit 755,95 Euro (notwendiger Lebensunterhalt in der Einrichtung von insgesamt 662,26 Euro; weiterer notwendiger Lebensunterhalt von 93,69 Euro), stand ein nach § 19 Abs 3 SGB XII iVm § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII zu berücksichtigendes Renteneinkommen von 916,30 Euro gegenüber.
Nach § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Zugeflossen sind auf das Konto der W im Oktober 2007 zwar insgesamt 942,57 Euro, nämlich 15,90 Euro Betriebsrente, 261,15 Euro Versorgungsbezüge der Wehrbereichsverwaltung West und 665,52 Euro Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund einschließlich einer Kindererziehungsleistung in Höhe von 26,27 Euro. Letztere ist allerdings nach § 299 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) bei einkommensabhängig zu gewährenden Sozialleistungen - wie hier der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen - von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen.
Der Umstand, dass sich das Girokonto der W im Zeitpunkt des Zuflusses der Leistungen im Soll befand, steht der normativen Wertung der Rentenzahlungen als Einkommen iS des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII nicht entgegen.
Wie die für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zuständigen Senate bereits entschieden haben, ändert die Überweisung eines Geldbetrags auf ein Girokonto, das sich zu diesem Zeitpunkt im Soll befindet, nichts am Zufluss selbst, weil die damit verbundene Schuldentilgung eine Form der Mittelverwendung ist und nicht die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens mindert (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 70 RdNr 32 f mwN, SozR 4-4200 § 22 Nr 60 RdNr 21). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an; Besonderheiten des Sozialhilferechts, die eine abweichende Bewertung im Rahmen der §§ 82 ff SGB XII rechtfertigen könnten, bestehen nicht. Entscheidend ist allein, dass W als Kontoinhaberin nicht in Verfügungen über das Einkommen beschränkt war und die Rentenzahlungen also bereite Mittel darstellten (zur Begrifflichkeit vgl BSG, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - SozR 4-3500 § 82 Nr 3 RdNr 15). Unerheblich ist dagegen, inwieweit M die Renteneinkünfte zweckwidrig verwendet hat.
Dabei zeigt schon der Umstand, dass M - als Vertreter mit Vertretungsmacht - über das Konto im Oktober 2007 ua durch eine Barabhebung von 600 Euro verfügen konnte, dass bereite Mittel vorhanden waren, das Konto also insbesondere nicht gesperrt war und trotz des Negativ-Saldos Verfügungen vorgenommen werden konnten. Der Umstand, dass W selbst, sei es allein wegen der Heimunterbringung oder unter Berücksichtigung ihrer dementiellen Erkrankung, ggf nicht in der Lage war, entsprechende Verfügungen vorzunehmen, rechtfertigt keine andere rechtliche Bewertung. Die dem M erteilte General- und Vorsorgevollmacht erstreckte sich ausdrücklich auch auf die Vertretung gegenüber Banken im Auftrag der W. W muss sich deshalb nach § 164 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 278 BGB das Verhalten des M zurechnen lassen. Soweit die Klägerin einwendet, bei dementen Personen müssten insoweit andere Maßstäbe gelten, berücksichtigt sie nicht ausreichend Sinn und Zweck einer General- und Vorsorgevollmacht, mit der gerade auch für Situationen vorgesorgt werden soll, in denen der Bevollmächtigende selbst keine Entscheidungen mehr treffen kann. Dass schon bei Erteilung der Vollmacht eine nur noch eingeschränkte Geschäftsfähigkeit der W (vgl § 104 Nr 2 BGB) bestanden hat, ergibt sich auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht.
Ein ungedeckter sozialhilferechtlicher Bedarf an Leistungen für die stationäre Unterbringung bestand damit noch in Höhe von 2138,90 Euro (2801,16 Euro Kosten nach dem Heimvertrag, abzüglich 755,95 Euro "normativer Rechenposten" für den notwendigen und weiteren notwendigen Lebensunterhalt). Insoweit sind 492,20 Euro Pflegewohngeld als zweckentsprechende Leistung iS des § 66 Abs 4 Satz 1 SGB XII (in der Fassung vom 27.12.2003, BGBl I 3022) und 1023 Euro als gegenüber der Hilfe zur Pflege vorrangige Leistung (§ 13 Abs 3 Satz 1 Nr 2 und Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung -
Der für die Heimpflegekosten erforderliche Einkommenseinsatz beurteilt sich nach § 19 Abs 3 iVm §§ 85 ff SGB XII. Danach ist nach § 85 Abs 1 SGB XII der nachfragenden Person und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel (dann) nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs ihr monatliches Einkommen zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen des Eckregelsatzes (bis 31.12.2010), den Kosten der Unterkunft, soweit die Aufwendungen hierfür den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen, und einem Familienzuschlag.
Das zu berücksichtigende Einkommen lag mit 160,35 Euro bereits unterhalb des Grundbetrags in Höhe des doppelten Eckregelsatzes und damit unterhalb der Einkommensgrenze des § 85 Abs 1 SGB XII, sodass Maßstab für den Einkommenseinsatz im Übrigen § 88 SGB XII bildet. Danach kann die Aufbringung der Mittel, auch soweit das Einkommen unterhalb der Einkommensgrenze liegt, verlangt werden, soweit von einem anderen Leistungen für einen besonderen Zweck erbracht werden, für den sonst Sozialhilfeleistungen zu leisten wären oder wenn zur Deckung des Bedarfs nur geringfügige Mittel erforderlich sind (Abs 1 Satz 1). Nach § 88 Abs 1 Satz 2 SGB XII soll darüber hinaus in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden, wenn eine Person für voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Nach Sinn und Zweck dieser Norm, die vermeiden soll, dass dem Hilfeempfänger daraus ein wirtschaftlicher Vorteil erwächst, dass er (auf Kosten der Allgemeinheit) in einer seinen Lebensunterhalt und seine umfassende Betreuung und Pflege sichernden Einrichtung untergebracht ist, kann bei einer dauerhaften, umfassenden Heimbetreuung, wie sie W seit August 2007 erfuhr, die volle Heranziehung des Einkommens angemessen sein, wenn der Barbetrag (weiterer notwendiger Lebensunterhalt) ausreicht, um die persönlichen Bedürfnisse zu befriedigen und der Hilfeempfänger keine besonderen finanziellen Belastungen zu tragen hat, die eine (teilweise) Freilassung seines Einkommens erforderlich machen bzw rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 6.4.1995 - 5 C 5/93 - noch zur Vorgängerregelung § 85 Nr 3 Satz 2 BSHG).
Dies ist hier nicht der Fall. Es liegen weder besondere Gesichtspunkte für eine höhere Bemessung des Barbetrags im Einzelfall vor (siehe oben) noch bestanden nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) besondere finanzielle Belastungen der W, denen durch die Freilassung zumindest eines Teils des Einkommens hätte Rechnung getragen werden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG. Da die Klägerin als Rechtsnachfolgerin iS von § 19 Abs 6 SGB XII Ansprüche geltend macht, gehört sie zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 8 RdNr 5 und 8).