Bundessozialgericht

Entscheidungsdatum: 12.09.2018


BSG 12.09.2018 - B 14 AS 4/18 R

Gericht:
Bundessozialgericht
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsdatum:
12.09.2018
Aktenzeichen:
B 14 AS 4/18 R
ECLI:
ECLI:DE:BSG:2018:120918UB14AS418R0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend SG Berlin, 13. November 2017, Az: S 61 AS 4057/17, Urteil

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2017 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, über den Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. April bis 30. September 2016 erneut abschließend zu entscheiden.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten sind eine abschließende Entscheidung nach § 41a SGB II und die Erstattung von Leistungen.

2

Der 1990 geborene, alleinstehende Kläger bezog als Selbständiger aufstockende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die ihm vom beklagten Jobcenter für den streitbefangenen Zeitraum von April bis September 2016 vorläufig bewilligt worden waren. Nach dessen Beendigung forderte der Beklagte ihn mit Schreiben vom 18.11.2016 zur Vorlage der Anlage EKS bis zum 30.11.2016 auf und belehrte ihn über Folgen bei Nichtvorlage, des Weiteren erneut mit Schreiben vom 20.1.2017 mit Fristsetzung bis zum 15.2.2017. Nachdem der Kläger nicht reagiert hatte, stellte der Beklagte ihm gegenüber fest, dass im streitbefangenen Zeitraum kein Leistungsanspruch bestanden habe, und forderte die Erstattung von 3445,19 Euro (Bescheid vom 2.3.2017). Der Kläger legte am 14.3.2017 Widerspruch ein und reichte eine teilweise ausgefüllte Anlage EKS ein; die Unterlagen seien unvollständig, weil bei ihm eingebrochen worden sei. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück, weil die Unterlagen nicht innerhalb der gesetzten Frist eingereicht worden seien (Widerspruchsbescheid vom 17.3.2017).

3

Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Beklagten zurückverwiesen (Urteil vom 13.11.2017): Die gesetzten Fristen seien unangemessen kurz gewesen, da sie deutlich unter einem Monat gelegen hätten. Zudem genügten die Belehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil nicht auf die Erstattungspflicht hingewiesen worden sei.

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Mit der vom SG zugelassenen und mit Zustimmung des Klägers eingelegten Sprungrevision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 41a Abs 3 SGB II. Die gesetzten Fristen seien nicht zu kurz gewesen, da der Aufwand für die Mitwirkung bei einem Umsatz von 100 Euro pro Monat gering sei. Ebenso sei die Belehrung nicht zu beanstanden, weil eine Erstattung nicht die zwangsläufige Rechtsfolge sei, sondern allenfalls eine mittelbare Folge.

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Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die vom Kläger beanspruchten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind nicht deshalb abschließend abzulehnen, weil er die geforderten Nachweise über die Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Arbeit erst im Widerspruchsverfahren vorgelegt hat. Ob die vom Beklagten gesetzten Fristen zu ihrer Vorlage unangemessen kurz waren und seine Belehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten, kann deshalb offen bleiben.

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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben dem Urteil des SG der Bescheid vom 2.3.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.3.2017, durch den der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von April bis September 2016 gestützt auf § 41a Abs 3 Satz 3 und 4 SGB II idF des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (9. SGB II-ÄndG) vom 26.7.2016 (BGBl I 1824) mit der Festsetzung des Leistungsanspruchs auf null Euro ("Nullfeststellung") der Sache nach abschließend abgelehnt und den Kläger zur Erstattung vorläufig erbrachter Leistungen in Höhe von 3445,19 Euro verpflichtet hat.

9

Mit der Klage hiergegen beansprucht der Kläger eine Korrektur der Entscheidung des Beklagten über die abschließend festzustellenden und die zu erstattenden vorläufigen Leistungen. Demgemäß richtet sich das Klageziel neben der Änderung der Bescheide darauf, den Beklagten zu verpflichten auszusprechen, dass ihm abschließend höhere Leistungen zustehen als mit dem Bescheid vom 2.3.2017 festgesetzt. Für eine isolierte Anfechtung des abschließenden Leistungsbescheids mit dem Ziel, die vorläufig bewilligten Leistungen weiter behalten zu dürfen, fehlt dagegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Beklagte die eingeleitete abschließende Feststellung des Leistungsanspruchs für den streitbefangenen Zeitraum durch Verwaltungsakt abzuschließen hat (arg § 41a Abs 5 Satz 1 SGB II) und daher die Aufhebung der Nullfeststellungen allein den Rechtsstreit nicht dauerhaft beenden könnte (vgl zum fehlenden Rechtsschutzinteresse an der isolierten Anfechtung eines Leistungsbescheids etwa BSG vom 3.10.1973 - 1 RA 61/72 - BSGE 36, 181, 183 = SozR Nr 4 zu § 1613 RVO S 5; BSG vom 18.9.2012 - B 2 U 15/11 R - SozR 4-5671 § 3 Nr 6 RdNr 16; Bieresborn in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 54 RdNr 127 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 54 RdNr 4a mwN; vgl dagegen zur isolierten Anfechtbarkeit einer endgültigen Elterngeldfestsetzung BSG vom 8.3.2018 - B 10 EG 8/16 R - vorgesehen für SozR 4-7837 § 2c Nr 3 RdNr 18).

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Zutreffende Klageart hierfür ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG), soweit das Klagebegehren auf weitere Zahlungen über die vorläufig erbrachten Leistungen hinaus zielt, und ansonsten die (kombinierte) Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 und 2, § 56 SGG; vgl dazu BSG vom 8.2.2017 - B 14 AS 22/16 R - NJW 2017, 2493 RdNr 10 f). Dabei beschränkt sich der Streitstoff hier aufgrund der Zurückverweisungsentscheidung des SG nach § 131 Abs 5 SGG auf die Frage, ob dem Kläger - ähnlich der Situation beim Grundurteil im Höhenstreit (§ 130 Abs 1 SGG; vgl nur BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 81/12 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 2 RdNr 10) - im streitbefangenen Zeitraum voraussichtlich existenzsichernde Leistungen abschließend zuzuerkennen sein werden und ihre Bemessung weitere Sachverhaltsermittlungen erfordert.

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2. Die Sprungrevision ist zulässig. Nach § 161 Abs 1 Satz 1 SGG steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und sie vom SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird; nach § 161 Abs 1 Satz 3 SGG ist die Zustimmung des Gegners der Revisionsschrift beizufügen, wenn die Revision im Urteil zugelassen ist. Das SG hat die Sprungrevision im Urteil vom 13.11.2017 zugelassen, der Kläger hat ihr zugestimmt.

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3. Die Zurückverweisungsentscheidung nach § 131 Abs 5 SGG begründet keinen Verfahrensmangel.

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a) Nach § 131 Abs 5 Satz 1 und 5 SGG kann das Gericht, hält es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten seit Eingang der Behördenakten aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Das gilt nach § 131 Abs 5 Satz 2 Halbsatz 1 SGG auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs 4 SGG.

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b) Die nach der Rechtsprechung des BSG zunächst auf die Fälle der reinen Anfechtungsklage beschränkt gewesene (BSG vom 17.4.2007 - B 5 RJ 30/05 R - BSGE 98, 198 = SozR 4-1500 § 131 Nr 2, RdNr 8 ff) und durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) ausdrücklich auf Anfechtungs- und Leistungsklagen sowie Verpflichtungsklagen erstreckte Regelung des § 131 Abs 5 SGG begründet eine Ausnahme von der Verpflichtung der Gerichte, die bei ihnen anhängigen Sachen grundsätzlich selbst spruchreif zu machen (hierzu vgl nur Hauck in Hennig, SGG, § 131 SGG, RdNr 114 mwN, Stand August 2011). In Anlehnung an die Vorschriften des § 113 Abs 3 Satz 1 VwGO und § 100 Abs 3 Satz 1 FGO soll sie den Gerichten im Interesse einer zügigen Erledigung des Rechtsstreits eigentlich der Behörde obliegende zeit- und kostenintensive Sachverhaltsaufklärungen ersparen und einer sachwidrigen Aufwandsverlagerung entgegenwirken, wenn die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist (vgl BT-Drucks 15/1508 S 29).

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c) Hiernach ist die fristgerechte (§ 131 Abs 5 Satz 5 SGG) Zurückverweisungsentscheidung des SG im Rahmen seines Ermessens nach § 131 Abs 5 SGG ("kann es ... den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben") nicht zu beanstanden. Vielmehr durfte es die weiteren Ermittlungen für die zu treffende abschließende Entscheidung (dazu 4. und 5.) nach Art und Umfang als erheblich und den Beklagten dafür als besser ausgestattet ansehen. Hinzu kommt, dass der Beklagte die Unterlagen des Klägers bislang ganz ungeprüft gelassen hat und sie deshalb zur sachgerechten Prozessvertretung genauso durchzuarbeiten hätte, wenn das SG die Sachen selbst spruchreif machen würde. Dass die damit intendierte Entlastung des Gerichts mit den Interessen des Klägers nicht vereinbar wäre, ist ebenfalls weder ersichtlich noch von ihm geltend gemacht. Jedenfalls bei einer derart vollständig unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung (vgl dazu etwa BGH vom 14.7.2015 - KVR 77/13 - BGHZ 206, 229 RdNr 13) ist der Ausnahmecharakter des § 131 Abs 5 SGG (vgl BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R - SozR 4-3500 § 43 Nr 3 RdNr 14 f) mit der Zurückverweisung in die Verwaltung nicht verkannt.

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4. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass für die abschließende Entscheidung weitere Ermittlungen erforderlich sind.

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a) Rechtsgrundlage des vorläufigen Leistungsbescheids für den Bewilligungszeitraum von April bis September 2016 war § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II (in der ab 1.4.2011 geltenden und insoweit bis zur Aufhebung durch das 9. SGB II-ÄndG unveränderten Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) iVm § 328 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III. Hiernach konnte das Jobcenter über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entscheiden, wenn - wie hier wegen der ungewissen Einnahmen und Ausgaben des Klägers aus selbständiger Tätigkeit - zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich war, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorlagen und der Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Dies zielte ebenso wie die hierfür nunmehr vorgesehene gebundene Entscheidung nach § 41a Abs 1 Satz 1 SGB II auf eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage. Vorläufig bewilligte Leistungen bilden daher ein aliud gegenüber endgültigen Leistungen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (vgl zusammenfassend BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 23 mwN) und die daher zur Beseitigung der Unklarheit über die den Leistungsberechtigten endgültig zustehenden Leistungen auf eine abschließende Entscheidung über deren ursprünglichen Leistungsantrag angelegt sind (zur neuen Rechtslage vgl nur BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4 RdNr 30 f).

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b) Rechtsgrundlage der für den hier streitbefangenen Bewilligungszeitraum noch zu treffenden abschließenden Entscheidung ist in materiell-rechtlicher Hinsicht § 19 iVm §§ 7 ff und §§ 20 ff SGB II idF, die das SGB II insoweit vor dem streitbefangenen Zeitraum zuletzt durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) sowie ab dem 1.8.2016 durch das 9. SGB II-ÄndG erhalten hat (vgl Art 4 Abs 1 9. SGB II-ÄndG); denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15 mwN).

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c) Danach erlauben die bislang getroffenen Ermittlungen des Beklagten noch keine abschließende Entscheidung über die dem Kläger endgültig zuzuerkennenden Leistungen. Der Kläger erfüllt die Grundvoraussetzungen, um Alg II zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II); ein Ausschlusstatbestand lag ebenfalls nicht vor. Ebenso spricht nach den Feststellungen zu seinen Angaben im Widerspruchsverfahren über die betrieblichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum nichts dafür, dass er in dieser Zeit nicht hilfebedürftig war (§ 9 Abs 1 SGB II); darauf stellt auch der Beklagte nicht ab. Das ist schließlich nicht deshalb unbeachtlich, weil der Kläger für diesen Zeitraum mit den erst im Widerspruchsverfahren vorgelegten Angaben nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II vom Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen wäre. Zwar ist diese Regelung auf die hier zu treffende abschließende Entscheidung anzuwenden, weil der streitbefangene Bewilligungszeitraum vor dem 1.8.2016 noch nicht beendet war (zur Maßgeblichkeit der alten Rechtslage für zuvor beendete Bewilligungszeiträume vgl BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4 RdNr 28 ff). Jedoch reicht die Vorlage der nach § 41a Abs 3 Satz 2 SGB II vorzulegenden Unterlagen im Widerspruchsverfahren (dazu sogleich 5.). In welcher Höhe existenzsichernde Leistungen abschließend zuzuerkennen und inwieweit vorläufig erbrachte Leistungen zu erstatten sind, erfordert daher weitere Ermittlungen insbesondere zu den Einnahmen und den davon abzusetzenden betrieblichen Ausgaben des Klägers.

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5. Im Widerspruchsverfahren vorgelegte Unterlagen zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen sind bei abschließenden Entscheidungen nach § 41a Abs 3 SGB II zu berücksichtigen.

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a) Richtet sich die abschließende Entscheidung über eine vorläufig bewilligte Leistungen nach § 41a SGB II (zum zeitlichen Anwendungsbereich vgl BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4 RdNr 21 ff), gelten dafür nach dessen Absatz 3 ergänzend zu den allgemeinen Vorschriften besondere Vorgaben zu den Mitwirkungsobliegenheiten der Leistungsberechtigten sowie zu den Folgen ihrer Verletzung. Danach ist in Konkretisierung von § 60 SGB I ausdrücklich geregelt, dass die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet sind, die von den Grundsicherungsträgern zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen (Satz 2 Halbsatz 1). Kommen sie dem "bis zur abschließenden Entscheidung nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß nach", ist der Leistungsanspruch nur für die Monate und in der Höhe abschließend festzusetzen, in welcher seine Voraussetzungen nachgewiesen wurden (Satz 3). Ansonsten ist festzustellen, "dass ein Leistungsanspruch nicht bestand" (Satz 4).

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b) Welche Rechtsfolgen diesen Regelungen im Einzelnen zukommen, ist hier nicht abschließend zu klären. Offen bleiben kann ua, ob und ggf inwieweit ihnen materielle Präklusionswirkung zukommt, obschon sie jedenfalls dem Wortlaut nach verglichen mit typischen Präklusionsvorschriften wie etwa § 106a Abs 3 SGG, § 87b VwGO, § 79b FGO oder § 296 ZPO eine Präklusionsregelung nicht erkennen lassen. Nicht zu entscheiden ist ebenfalls, welche - aus den Regelungswirkungen abzuleitenden - Anforderungen an die Fristsetzung und die Belehrung nach § 41a Abs 3 Satz 3 SGB II zu stellen sind. Denn jedenfalls tragen weder Wortlaut (dazu c) noch Regelungszweck (dazu d) noch Entstehungsgeschichte (dazu e) den Schluss, dass erstmals im Widerspruchsverfahren vorgelegte Unterlagen bei abschließenden Entscheidungen nach dem Regime des § 41a SGB II unberücksichtigt zu bleiben haben; das lässt die Regelung auch nicht funktionslos werden (dazu f).

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c) Anderes folgt bereits aus dem Wortlaut nicht zweifelsfrei. Danach ist zwar für eine Nullfeststellung nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II ("Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand.") gemäß § 41a Abs 3 Satz 3 SGB II einerseits beachtlich, dass die nachweis- und auskunftsverpflichteten Personen der Aufforderung zum Nachweis der leistungserheblichen Tatsachen "nicht fristgemäß" nachgekommen sind. Voraussetzung dieser Feststellung ist dem Wortlaut nach andererseits aber auch, dass die Auskunftspflicht "bis zur abschließenden Entscheidung" nicht erfüllt worden ist. Dass unter diesen zwei Zeitvorgaben - der datumsmäßig gesetzten Frist und dem Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung -, der gesetzten Frist Vorrang zukäme, ist nicht zu erkennen.

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d) Das kann auch dem Regelungszweck nicht entnommen werden. § 41a Abs 3 Satz 2 bis 4 SGB II zielt - wie der ergänzende Verweis auf die §§ 60, 61, 65 und 65a SGB I (§ 41a Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB II) und die Materialien (vgl BT-Drucks 18/8041 S 53) verdeutlichen - auf ein besonderes Regime von Mitwirkungsobliegenheiten im Anschluss an den Bezug vorläufig bewilligter Leistungen (vgl nur Formann, SGB 2016, 615, 618: § 41a Abs 3 Satz 2 SGB II ist spezielle Ausprägung des § 60 Abs 1 Satz 1 SGB I). Soweit sich dies in Übereinstimmung mit den allgemeinen Regularien der §§ 60 ff SGB I zunächst darauf richtet, den Jobcentern Kenntnis von denjenigen (der Sphäre der Leistungsbezieher zuzuordnenden) Tatsachen zu vermitteln, welche die Grundlage für die Entscheidung über den endgültigen Leistungsanspruch bilden, und sie überhaupt erst in die Lage zu versetzen, ihrer Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nachzukommen (vgl zu § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB I nur BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 42/12 R - BSGE 113, 177 = SozR 4-1200 § 60 Nr 3, RdNr 16 mwN), ist dem mit der Vorlage der angeforderten leistungserheblichen Unterlagen "bis zur abschließenden Entscheidung" (§ 41a Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB II) genügt. Soweit die Regelung weiterhin insbesondere mit der Nullfeststellung nach Satz 4 eine Verfahrensvereinfachung bei fehlender Mitwirkung bewirken soll, kommt es auf die gesetzte Frist (ebenso) nicht an, wenn die Mitwirkung vollständig verweigert wird und die geforderten Unterlagen auch bis zur abschließenden Entscheidung nicht vorliegen; insofern wirkt die Vorschrift auch dann in erheblichem Maße verfahrensvereinfachend und -beschleunigend, wenn sie beim Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung ansetzt (dazu unter f). Dass mit ihr darüber hinaus eine Verfahrensbeschleunigung auch bei Vorlage der angeforderten Unterlagen nach Ablauf der gesetzten Frist, aber vor der abschließenden Entscheidung bezweckt wäre, ist hingegen nicht zu erkennen.

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Dagegen spricht schon, dass - anders als bei Präklusionsnormen von Verfassungs wegen vorausgesetzt - die Fristvorgabe des § 41a Abs 3 Satz 3 SGB II nicht hinreichend eindeutig ist (vgl nur BVerfG vom 19.3.2003 - 2 BvR 1540/01 - NJW 2003, 3545, 3546 mwN: Präklusionsvorschriften müssen sich durch ein besonderes Maß an Klarheit auszeichnen). Zudem müsste bei einer ausschließlich an den Fristablauf anknüpfenden Nullfeststellung sichergestellt sein, dass nicht zu vertretende Fristversäumnisse keine nachteiligen Rechtsfolgen auslösen (vgl nur BVerfG vom 21.2.1990 - 1 BvR 1117/89 - BVerfGE 81, 264, 269 ff mwN). Eine solche Vorgabe ist indes weder der Norm selbst zu entnehmen - etwa in der Art von § 106a Abs 3 SGG - noch folgt sie aus der Wiedereinsetzungsregelung des § 27 SGB X (so aber die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 41a SGB II, RdNr 41a.26), weil diese nur die Versäumung gesetzlicher Fristen betrifft (§ 27 Abs 1 Satz 1 SGB X; vgl nur Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, K § 27 SGB X RdNr 5 ff, Stand der Kommentierung April 2012). Dass anstelle dessen nach der gesetzlichen Konzeption allein auf die Möglichkeit der rückwirkenden Verlängerung behördlich gesetzter Fristen nach § 26 Abs 7 Satz 2 SGB X abgestellt werden sollte, erscheint demgegenüber angesichts der unbestimmten Voraussetzungen dafür einerseits ("insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen") und der Beschleunigungsintention des Gesetzgebers andererseits nicht als naheliegend.

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e) Dafür geben auch die - insoweit allerdings knappen - Gesetzesmaterialien keinen Anhalt. Sie deuten im Gegenteil darauf hin, dass für die Konzeption der Regelung vor allem der Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung maßgeblich war. Dafür spricht insbesondere, dass die Vorschrift in der maßgeblichen Drucksache allein mit der Wendung erläutert worden ist, danach bleibe Vorbringen unberücksichtigt, sofern die leistungsberechtigte Person trotz angemessener Fristsetzung ihren Nachweisobliegenheiten "bis zur abschließenden Entscheidung" nicht oder nicht vollständig nachkomme (vgl BT-Drucks 18/8041 S 53). Das deckt sich mit der - unter Hinweis auf die Amtsermittlungspflichten der Jobcenter formulierten - Einschränkung, dass der Leistungsanspruch in diesem Fall so festzustellen sei, wie "dies ohne die Mitwirkung der Leistungsberechtigten möglich ist" (ebenda); das lässt sich nur so verstehen, dass die Berücksichtigung von nach Fristablauf ermittelten Tatsachen nicht ausgeschlossen sein soll. Dass Unterlagen der Leistungsberechtigten selbst dabei wegen Fristversäumnis unberücksichtigt zu bleiben hätten, ist dem nicht zu entnehmen.

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f) Gleichwohl ist § 41a Abs 3 Satz 2 bis 4 SGB II nicht funktionslos, wenn verspätet vorgelegte Nachweise bei der abschließenden Entscheidung nach § 41a Abs 3 Satz 1 SGB II ebenfalls zu berücksichtigen sind. Machten Selbständige bis zum Inkrafttreten des 9. SGB II-ÄndG keine Angaben über ihre betrieblichen Einkünfte und Ausgaben, konnte das Einkommen im Bewilligungszeitraum für die abschließende Entscheidung geschätzt werden, wenn das tatsächliche Einkommen nicht innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten nach Ende des Bewilligungszeitraums nachgewiesen wurde (§ 3 Abs 6 Alg II-V in der bis zur Aufhebung durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 26.7.2016, BGBl I 1858 zum 1.8.2016 geltenden Fassung). Hatten die Jobcenter danach bei fehlender Mitwirkung von Amts wegen Ermittlungen zu den Grundlagen einer Schätzung nach § 3 Abs 6 Alg II-V anzustellen und die dazu maßgeblichen Überlegungen im Bescheid über die abschließende Bewilligung im Einzelnen wiederzugeben (zu den Anforderungen an Schätzungen im Rahmen der Bedarfsbemessung vgl nur BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 54 RdNr 23 mwN; zu § 3 Abs 6 Alg II-V vgl nur LSG Baden-Württemberg vom 24.5.2016 - L 13 AS 5120/14 - juris, RdNr 37 ff mwN; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 11 RdNr 60: Schätzung muss so genau wie möglich den zu ermittelnden Umständen entsprechen), so hat sich dies durch die Einführung von § 41a Abs 3 SGB II grundlegend geändert. Liegen die Voraussetzungen für eine Nullfeststellung nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II vor, können die Jobcenter nach dem Bezug vorläufig bewilligter Leistungen abschließende Entscheidungen ohne jeden weiteren Ermittlungs- und Begründungsaufwand treffen. Dadurch ist auch der Anreiz zu einer Mitwirkung an der Einkommensfeststellung auf Seiten der Leistungsbezieher erheblich verstärkt, ohne dass er entfällt, wenn nach Ablauf der vom Jobcenter gesetzten Frist vorgelegte leistungserhebliche Nachweise bei der abschließenden Entscheidung noch zu berücksichtigen sind.

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g) Hiernach kann das Tatbestandsmerkmal "Kommen die leistungsberechtigte Person oder die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihrer Nachweis- oder Auskunftspflicht … nicht fristgemäß nach" nicht dahin verstanden werden, dass es die Berücksichtigung von nach Fristablauf vorgelegten Nachweisen im Verwaltungsverfahren ausschließt. Vielmehr kann der von dem Grundsicherungsträger gesetzten Frist nur die Bedeutung beigemessen werden, dass vor ihrem Ablauf eine abschließende Entscheidung nicht ergeht und die Leistungsberechtigten sie zur Vorlage der angeforderten Unterlagen ausnutzen können. Gehen bis zur letzten Verwaltungsentscheidung und damit bis zum Abschluss eines Widerspruchsverfahrens noch Unterlagen ein, sind sie aber vom Grundsicherungsträger ungeachtet des Fristablaufs zu berücksichtigen, weil nach den insoweit zu berücksichtigenden verfassungsrechtlichen Maßgaben im Zweifel der schonenderen Auslegung der Fristbestimmung der Vorzug zu geben ist (im Ergebnis ebenso Apel in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 41a SGB II RdNr 62, Stand Mai 2018; dahin tendierend auch O. Loose in Hohm, GK-SGB II, VI-1 § 41a RdNr 88, Stand November 2017; ähnlich Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 41a RdNr 49 f: ablehnende Entscheidung nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II hat keine materielle Wirkung und schließt Nachholung im Widerspruchsverfahren nicht aus).

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.