Entscheidungsdatum: 12.09.2018
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. September 2017 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, über den Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Dezember 2014 bis August 2016 erneut abschließend zu entscheiden.
Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Im Streit stehen abschließende Entscheidungen über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zwischen Dezember 2014 und August 2016 und die Erstattung von 22 370,73 Euro.
Das beklagte Jobcenter bewilligte dem 1968 geborenen, nach einer Darmkrebserkrankung mit einem GdB von 60 als schwerbehindert anerkannten Kläger für die Bewilligungszeiträume von Dezember 2014 bis Mai 2015, Juni bis November 2015, Dezember 2015 bis Mai 2016 sowie Juni bis November 2016 vorläufig aufstockendes Alg II sowie einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Zugrundelegung eines geschätzten Einkommens aus selbständiger Tätigkeit als Dozent und EDV-Berater zwischen 40,50 Euro und 150,01 Euro monatlich; aufgrund eines vom Kläger zum 1.9.2016 angezeigten Beschäftigungsverhältnisses hob der Beklagte die letzte Bewilligung ab diesem Zeitpunkt auf. Nachdem die von ihm mit Schreiben vom 8.2.2017 angeforderten Unterlagen zum Nachweis der in den streitbefangenen Bewilligungszeiträumen angefallenen Betriebseinnahmen und -ausgaben bis zur hierfür gesetzten Frist am 20.3.2017 nicht eingegangen waren, setzte er die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II abschließend auf null Euro fest und forderte den Kläger zur Erstattung erbrachter Leistungen in Höhe von 22 370,73 Euro auf; mangels Nachweis bestehe kein Leistungsanspruch (Bescheide vom 28.3.2017).
In den Widerspruchsverfahren legte der Kläger Unterlagen über Betriebseinnahmen und -ausgaben vor, wonach er in den streitbefangenen Bewilligungszeiträumen Gewinne von 2812,75 Euro, 1496,04 Euro und 869,01 Euro bzw einen Verlust von 16,81 Euro erzielt habe. Die Verspätung sei auf seine Beanspruchung durch das im September 2016 aufgenommene Beschäftigungsverhältnis mit langen Anfahrtszeiten, den Abschluss eines Privatinsolvenzverfahrens sowie auf Nachwirkungen zurückliegender Operationen zurückzuführen. Der Beklagte wies die Widersprüche zurück. Mangels fristgerechter Nachweise habe kein Leistungsanspruch bestanden; Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren, da die angeführten Gründe die Nichteinhaltung der Frist nicht rechtfertigten (Widerspruchsbescheide vom 26.4.2017).
Das SG hat nach Verbindung der Verfahren (§ 113 Abs 1 SGG) die angefochtenen Bescheide in Gestalt der Widerspruchsbescheide aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Beklagten zurückverwiesen (Urteil vom 25.9.2017). Hinsichtlich der Bewilligungszeiträume, die vor dem Inkrafttreten der hier herangezogenen Bestimmung des § 41a Abs 3 SGB II zum 1.8.2016 abgelaufen gewesen seien, sei die Regelung schon nicht anwendbar. Unbeschadet dessen sei der Kläger mit seinem Vorbringen im Widerspruchsverfahren nicht ausgeschlossen, weil § 41a Abs 3 SGB II keine Präklusionsvorschrift sei.
Mit der vom SG zugelassenen und mit Zustimmung des Klägers eingelegten Sprungrevision rügt der Beklagte sinngemäß die Verletzung von § 80 Abs 2 und § 41a Abs 3 Satz 3 und 4 SGB II. Die Regelung gelte auch für Bewilligungszeiträume, die vor dem 1.8.2016 beendet waren. Die Vorlage von Einkommensnachweisen erst im Widerspruchsverfahren sei verspätet gewesen; daher seien die Angaben zu Einnahmen und Ausgaben nicht mehr zu prüfen gewesen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. September 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht deshalb abschließend abzulehnen sind, weil der Kläger die geforderten Nachweise über die Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Arbeit erst im Widerspruchsverfahren vorgelegt hat. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist unter diesen Umständen seine Entscheidung, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an den Beklagten zurückzuverweisen.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben dem Urteil des SG die Bescheide vom 28.3.2017 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.4.2017, durch die der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Dezember 2014 bis August 2016 gestützt auf § 41a Abs 3 Satz 3 und 4 SGB II idF des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (9. SGB II-ÄndG) vom 26.7.2016 (BGBl I 1824) mit der Festsetzung des Leistungsanspruchs auf null Euro ("Nullfeststellung") der Sache nach abschließend abgelehnt und den Kläger zur Erstattung vorläufig erbrachter Leistungen in Höhe von 22 370,73 Euro verpflichtet hat.
Mit der Klage hiergegen und dem Vorbringen, ihm stünden höhere endgültige Leistungen zu, beansprucht der Kläger eine Korrektur der Entscheidungen des Beklagten über die abschließend festzustellenden und die zu erstattenden vorläufigen Leistungen. Demgemäß richtet sich das Klageziel neben der Änderung der Bescheide darauf, den Beklagten zu verpflichten auszusprechen, dass ihm abschließend höhere Leistungen zustehen als mit den Bescheiden vom 28.3.2017 festgesetzt. Für eine isolierte Anfechtung der abschließenden Leistungsbescheide mit dem Ziel, die vorläufig bewilligten Leistungen weiter behalten zu dürfen, fehlt dagegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Beklagte die eingeleitete abschließende Feststellung des Leistungsanspruchs für den streitbefangenen Zeitraum durch Verwaltungsakt abzuschließen hat (arg § 41 Abs 5 Satz 1 SGB II, vgl unten 6. c) und daher die Aufhebung der Nullfeststellungen allein den Rechtsstreit nicht dauerhaft beenden könnte (vgl zum fehlenden Rechtsschutzinteresse an der isolierten Anfechtung eines Leistungsbescheids etwa BSG vom 3.10.1973 - 1 RA 61/72 - BSGE 36, 181, 183 = SozR Nr 4 zu § 1613 RVO Aa 5; BSG vom 18.9.2012 - B 2 U 15/11 R - SozR 4-5671 § 3 Nr 6 RdNr 16; Bieresborn in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 54 RdNr 127 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 54 RdNr 4a mwN; vgl dagegen zur isolierten Anfechtbarkeit einer endgültigen Elterngeldfestsetzung BSG vom 8.3.2018 - B 10 EG 8/16 R - vorgesehen für SozR 4-7837 § 2c Nr 3 RdNr 18).
Zutreffende Klageart hierfür ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG), soweit das Klagebegehren auf weitere Zahlungen über die vorläufig erbrachten Leistungen hinaus zielt, und ansonsten die (kombinierte) Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 und 2, § 56 SGG; vgl dazu BSG vom 8.2.2017 - B 14 AS 22/16 R - NJW 2017, 2493 RdNr 10 f). Dabei beschränkt sich der Streitstoff hier aufgrund der Zurückverweisungsentscheidung des SG nach § 131 Abs 5 SGG auf die Frage, ob dem Kläger - ähnlich der Situation beim Grundurteil im Höhenstreit (§ 130 Abs 1 SGG; vgl nur BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 81/12 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 2 RdNr 10) - im streitbefangenen Zeitraum voraussichtlich existenzsichernde Leistungen abschließend zuzuerkennen sein werden und ihre Bemessung weitere Sachverhaltsermittlungen erfordert.
2. Die Sprungrevision ist zulässig. Nach § 161 Abs 1 Satz 1 SGG steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und sie vom SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird; nach § 161 Abs 1 Satz 3 SGG ist die Zustimmung des Gegners der Revisionsschrift beizufügen, wenn die Revision im Urteil zugelassen ist. Das SG hat die Sprungrevision im Urteil vom 25.9.2017 zugelassen. Wegen der Vorlage der schriftlichen Zustimmung des Klägers erst nach Ablauf der Revisionsfrist hat der Senat dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt (vgl dazu BSG vom 2.3.1994 - 1 RK 58/93 - SozR 3-1500 § 137 Nr 1 S 3).
a) Nach § 131 Abs 5 Satz 1 und 5 SGG kann das Gericht, hält es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten seit Eingang der Behördenakten aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Das gilt nach § 131 Abs 5 Satz 2 Halbsatz 1 SGG auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs 4 SGG.
b) Die nach der Rechtsprechung des BSG zunächst auf die Fälle der reinen Anfechtungsklage beschränkt gewesene (BSG vom 17.4.2007 - B 5 RJ 30/05 R - BSGE 98, 198 = SozR 4-1500 § 131 Nr 2, RdNr 8 ff) und durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) ausdrücklich auf Anfechtungs- und Leistungsklagen sowie Verpflichtungsklagen erstreckte Regelung des § 131 Abs 5 SGG begründet eine Ausnahme von der Verpflichtung der Gerichte, die bei ihnen anhängigen Sachen grundsätzlich selbst spruchreif zu machen (hierzu vgl nur Hauck in Hennig, SGG, § 131 SGG, RdNr 114 mwN, Stand August 2011). In Anlehnung an die Vorschriften des § 113 Abs 3 Satz 1 VwGO und § 100 Abs 3 Satz 1 FGO soll sie den Gerichten im Interesse einer zügigen Erledigung des Rechtsstreits eigentlich der Behörde obliegende zeit- und kostenintensive Sachverhaltsaufklärungen ersparen und einer sachwidrigen Aufwandsverlagerung entgegenwirken, wenn die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist (vgl BT-Drucks 15/1508 S 29).
c) Hiernach ist die fristgerechte (§ 131 Abs 5 Satz 5 SGG) Zurückverweisungsentscheidung des SG im Rahmen seines Ermessens nach § 131 Abs 5 SGG ("kann es ... den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben") nicht zu beanstanden. Vielmehr durfte es die weiteren Ermittlungen für die zu treffende abschließende Entscheidung (dazu 4. bis 7.) nach Art und Umfang als erheblich und den Beklagten dafür als besser ausgestattet ansehen. Hinzu kommt, dass er die Unterlagen des Klägers bislang ganz ungeprüft gelassen hat und sie deshalb zur sachgerechten Prozessvertretung genauso durchzuarbeiten hätte, wenn das SG die Sachen selbst spruchreif machen würde. Dass die damit intendierte Entlastung des Gerichts mit den Interessen des Klägers nicht vereinbar wäre, ist ebenfalls weder ersichtlich noch von ihm geltend gemacht. Jedenfalls bei einer derart vollständig unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung (vgl dazu etwa BGH vom 14.7.2015 - KVR 77/13 - BGHZ 206, 229 RdNr 13) ist der Ausnahmecharakter des § 131 Abs 5 SGG (vgl BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R - SozR 4-3500 § 43 Nr 3 RdNr 14 f) mit der Zurückverweisung in die Verwaltung nicht verkannt.
4. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass für die abschließende Entscheidung weitere Ermittlungen erforderlich sind.
a) Rechtsgrundlage der vorläufigen Leistungsbescheide für die Bewilligungszeiträume von Dezember 2014 bis August 2016 war § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II (in der ab 1.4.2011 geltenden und insoweit bis zur Aufhebung durch das 9. SGB II-ÄndG unveränderten Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) iVm § 328 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III. Hiernach konnte das Jobcenter über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entscheiden, wenn - wie hier wegen der ungewissen Einnahmen und Ausgaben des Klägers aus selbständiger Tätigkeit - zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich war, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorlagen und der Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Dies zielte ebenso wie die hierfür nunmehr vorgesehene gebundene Entscheidung nach § 41a Abs 1 Satz 1 SGB II auf eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage. Vorläufig bewilligte Leistungen bilden daher ein aliud gegenüber endgültigen Leistungen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (vgl zusammenfassend BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 23 mwN) und die daher zur Beseitigung der Unklarheit über die den Leistungsberechtigten endgültig zustehenden Leistungen auf eine abschließende Entscheidung über deren ursprünglichen Leistungsantrag angelegt sind (dazu unter 6. a).
b) Rechtsgrundlage der für die hier streitbefangenen Bewilligungszeiträume noch zu treffenden abschließenden Entscheidung ist in materiell-rechtlicher Hinsicht § 19 iVm §§ 7 ff und §§ 20 ff SGB II idF, die das SGB II insoweit vor dem streitbefangenen Zeitraum zuletzt durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) sowie ab dem 1.8.2016 durch das 9. SGB II-ÄndG erhalten hat (vgl Art 4 Abs 1 9. SGB II-ÄndG); denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15 mwN).
c) Danach erlauben die bislang getroffenen Ermittlungen des Beklagten noch keine abschließende Entscheidung über die dem Kläger endgültig zuzuerkennenden Leistungen. Der Kläger erfüllt die Grundvoraussetzungen, um Alg II zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II); ein Ausschlusstatbestand lag ebenfalls nicht vor. Ebenso spricht nach den Feststellungen zu seinen Angaben im Widerspruchsverfahren über die betrieblichen Einnahmen und Ausgaben in den jeweiligen Bewilligungszeiträumen nichts dafür, dass er in dieser Zeit nicht hilfebedürftig war (§ 9 Abs 1 SGB II); darauf stellt auch der Beklagte nicht ab. Das ist schließlich nicht deshalb unbeachtlich, weil der Kläger mit den erst im Widerspruchsverfahren vorgelegten Angaben nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II für die betroffenen Zeiträume vom Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen wäre. Diese mit dem 9. SGB II-ÄndG eingeführte Regelung findet auf vor dem 1.8.2016 beendete Bewilligungszeiträume noch keine Anwendung (dazu 5. und 6.) und soweit sie gilt, reicht die Vorlage der Unterlagen im Widerspruchsverfahren (dazu 7.); das hat das SG zutreffend entschieden. In welcher Höhe existenzsichernde Leistungen abschließend zuzuerkennen und inwieweit vorläufig erbrachte Leistungen zu erstatten sind, erfordert daher weitere Ermittlungen insbesondere zu den von den Einnahmen abzusetzenden betrieblichen Ausgaben des Klägers.
5. Auf vor dem 1.8.2016 beendete Bewilligungszeiträume findet § 41a Abs 3 SGB II keine Anwendung.
a) Nach der am 1.8.2016 in Kraft getretenen Regelung des § 41a Abs 1 Satz 1 SGB II (Art 4 Abs 1 9. SGB II-ÄndG) hat das Jobcenter unter denselben Voraussetzungen über die Erbringung ua von Geldleistungen vorläufig zu entscheiden wie zuvor gemäß § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II in der bis zur Aufhebung durch das 9. SGB II-ÄndG geltenden Fassung iVm § 328 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III im Rahmen des seinerzeit eröffneten Ermessens ("Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden."). Daran anknüpfend bestimmt Abs 3: "Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. Die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sind nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet, die von den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen; die §§ 60, 61, 65 und 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Kommen die leistungsberechtigte Person oder die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihrer Nachweis- oder Auskunftspflicht bis zur abschließenden Entscheidung nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß nach, setzen die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende den Leistungsanspruch für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend fest, in welcher seine Voraussetzungen ganz oder teilweise nachgewiesen wurden. Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand."
b) Dass dieser Neuregelung Geltungswirkung für Bewilligungszeiträume zukäme, die vor dem 1.8.2016 bereits beendet waren, lässt sich nicht feststellen. Zwar kann den Materialien zum 9. SGB II-ÄndG die Vorstellung entnommen werden, dass § 41a SGB II als Ganzes auch für vor dem Inkrafttreten beendete Bewilligungszeiträume gelten soll, sofern für sie noch keine abschließenden Entscheidungen getroffen waren (vgl BT-Drucks 18/8041 S 62). Das hat in der Übergangsregelung zum 9. SGB II-ÄndG mit der Bestimmung "Für die abschließende Entscheidung über zunächst vorläufig beschiedene Leistungsansprüche für Bewilligungszeiträume, 1. die vor dem 1. August 2016 beendet waren, gilt § 41a Absatz 5 Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Jahresfrist mit dem 1. August 2016 beginnt; 2. die vor dem 1. August 2016 noch nicht beendet sind, ist § 41a anzuwenden" (§ 80 Abs 2 SGB II idF des 9. SGB II-ÄndG) allerdings keinen hinreichenden Niederschlag gefunden.
c) Dem ist mit hinreichender Deutlichkeit nur zu entnehmen, dass § 41a SGB II in seiner Gesamtheit für alle Bewilligungszeiträume gilt, die bei Inkrafttreten der Regelung am 1.8.2016 noch nicht beendet waren. Für alle bereits vorher beendeten Bewilligungszeiträume ist zudem zweifelsfrei angeordnet, dass die Jahresfrist nach § 41a Abs 5 Satz 1 SGB II ("Ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung nach Absatz 3, gelten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt.") für sie mit dem 1.8.2016 beginnt. Das legt nach Wortlaut und Binnensystematik der Regelung entgegen der Auffassung des Beklagten bereits für sich nahe, den weiteren Vorgaben des § 41a SGB II und damit auch § 41a Abs 3 SGB II für vor dem 1.8.2016 beendete Bewilligungszeiträume keine Geltung beizumessen; zumindest der Bestimmung des § 80 Abs 2 Nr 2 SGB II hätte es nicht bedurft, wenn § 41a SGB II ohnehin für alle noch nicht abschließend geregelten Verfahren gelten würde (so auch Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 80 RdNr 10; ebenso im Ergebnis Conradis in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 80 RdNr 3).
d) Jedenfalls stehen einem anderen Verständnis die Grundsätze entgegen, die insoweit durch das intertemporale Recht und verfassungsrechtliche Anforderungen für die Fassung von Übergangsbestimmungen vorgegeben sind. Sind die Bemessungsvorschriften des § 41a Abs 3 Satz 3 und 4 SGB II dem materiellen Recht zuzuordnen, gelten sie für bereits zurückliegende Zeiträume - hier: die Bedarfsdeckung in den vor Inkrafttreten des § 41a SGB II zeitlich bereits abgeschlossenen Bewilligungszeiträumen - nach diesen Grundsätzen ausnahmsweise nur dann, wenn das Gesetz seine zeitliche Geltung hierauf erstreckt (zum SGB II und dem hierfür maßgebenden Geltungszeitraumprinzip vgl nur BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f mwN; zum Sozialrecht allgemein vgl nur BSG vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - RdNr 42 mwN). Gleiches gilt abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Verfahrensrechts (vgl nur BSG vom 30.9.2015 - B 3 KR 2/15 R - SozR 4-2500 § 125 Nr 8 RdNr 28 mwN: neues Verfahrensrecht erfasst auch anhängige Verfahren, soweit Anderes nicht geregelt ist) nach der Rechtsprechung des BVerfG für Verfahrensrechtsänderungen, die eine verfahrensrechtliche Lage in wesentlicher Hinsicht umgestalten und deshalb einem Eingriff in materiell-rechtliche Gewährleistungen gleichkommen; auch wenn das Vertrauen in den Fortbestand verfahrensrechtlicher Regelungen von Verfassungs wegen grundsätzlich weniger geschützt ist als das in die Aufrechterhaltung materieller Rechtspositionen, können verfahrensrechtliche Regelungen im Einzelfall im gleichen Maße schutzwürdig sein wie Positionen des materiellen Rechts (vgl BVerfG vom 7.7.1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 - BVerfGE 87, 48, 63). Daraus hat das BVerfG als Auslegungsregel abgeleitet, dass Beschränkungen von Rechtsmitteln für bereits anhängige Verfahren nur gelten, wenn dies im Übergangsrecht klar zum Ausdruck kommt (ebenda S 65 ff).
e) Daran ist auch das Übergangsrecht zu § 41a SGB II zu messen. Soweit die Nullfeststellungsregelung des § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II ("Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand.") wegen der Einwirkung auf mit Antragstellung zunächst entstandene (wenn auch noch nicht abschließend zuerkannte) Ansprüche (§ 37 SGB II iVm § 40 Abs 1 SGB I) nicht ohnehin einen materiell-rechtlichen Gehalt hat, gestaltet sie jedenfalls das Verfahrensrechtsverhältnis zwischen den Beziehern vorläufig bewilligter Leistungen nach dem SGB II und den Grundsicherungsträgern grundlegend um. Während das Einkommen bis zum Inkrafttreten des 9. SGB II-ÄndG bei fehlender Vorlage von Nachweisen über Einkommen aus selbständiger Arbeit nur geschätzt werden durfte (§ 3 Abs 6 Alg II-V, hier idF der Fünften Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 21.6.2011, BGBl I 1175), soll die fehlende Beibringung von Nachweisen nunmehr verbreiteter Auffassung zufolge die vollständige Ablehnung des ursprünglichen und bis dahin nur vorläufig beschiedenen Leistungsantrags mindestens ermöglichen (zum unterschiedlichen Verständnis der Regelungswirkungen von § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II vgl nur Apel in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 41a SGB II RdNr 54 ff, Stand Februar 2018; Formann, SGb 2016, 615, 618 f; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 41a SGB II RdNr 85 ff, Stand März 2017; Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 41a RdNr 49; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, VI-§ 41a RdNr 82 ff, Stand November 2017). Unbeschadet der damit verbundenen Wirkungen im Einzelnen kann eine derartige Ausgestaltung des von Verfassungs wegen zu gewährleistenden Existenzminimums (grundlegend BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) aus Gründen der Rechtssicherheit Geltung für Zeiträume vor ihrem Inkrafttreten nur beanspruchen, sofern dies dem Übergangsrecht zum 9. SGB II-ÄndG zweifelsfrei zu entnehmen ist.
f) So liegt es jedoch nicht. Selbst wenn § 80 Abs 2 SGB II über den Wortlaut der Nr 1 und 2 hinaus weitere Übergangsregelungen beizumessen sein sollten (so etwa SG Dortmund vom 8.12.2017 - S 58 AS 2170/17 - RdNr 24; ebenso Grote-Seifert in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 80 RdNr 9; wohl auch Karl in Estelmann, SGB II, § 80 RdNr 8, Stand Mai 2018; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, VI-§ 80 RdNr 6, Stand November 2017), hat die Vorschrift keine Fassung erhalten, der die Erstreckung des § 41a SGB II auf vor seinem Inkrafttreten (zeitlich) abgeschlossene Bewilligungszeiträume ohne Zweifel entnommen werden könnte. Das bestätigen neben der unterschiedlichen Spruchpraxis der Sozialgerichte (vgl neben der Ausgangsentscheidung stellvertretend etwa SG Chemnitz vom 19.7.2017 - S 35 AS 651/17 - RdNr 52 ff; SG Leipzig vom 20.11.2017 - S 17 AS 1746/17 - RdNr 21; SG Dresden vom 14.6.2018 - S 52 AS 4307/17 - RdNr 71: Geltung nur für Neufälle, und dagegen etwa SG Dortmund vom 8.12.2017 - S 58 AS 2170/17 - RdNr 24; SG Augsburg vom 12.3.2018 - S 8 AS 95/18 - RdNr 21 ff; SG Leipzig vom 29.5.2018 - S 7 AS 2665/17 - RdNr 57 ff: Geltung auch für abgeschlossene Zeiträume) und den divergierenden Literaturauffassungen auch die dort verschiedentlich geäußerten Zweifel an der Normklarheit von § 80 Abs 2 SGB II (vgl Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 80 RdNr 10: Widerspruch zwischen Materialien und Normtext; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, VI-§ 80 RdNr 6, Stand November 2017: Wortlaut interpretationsfähig und missglückt; ebenso im Ergebnis Conradis in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 80 RdNr 3: Übergangsbestimmung eigentümlich formuliert).
6. Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass für die vor dem 1.8.2016 beendeten Bewilligungszeiträume nochmals nach alter Rechtslage abschließend über den Leistungsanspruch des Klägers zu entscheiden ist.
a) War vom Grundsicherungsträger ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III zunächst nur vorläufig beschieden worden, hatte er die vorläufige Entscheidung auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern war (§ 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs 2 SGB III), oder eine abschließende Entscheidung zu treffen, wenn ein Leistungsanspruch in abweichender Höhe zuerkannt wurde (vgl § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs 3 SGB III). Waren im Anschluss an den Bewilligungszeitraum neue Umstände zu berücksichtigen, war daher nach der Rechtsprechung des Senats zur Beseitigung der Unklarheit über die Höhe der den Berechtigten endgültig zustehenden Leistungen von Amts wegen notwendig eine das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließende Entscheidung (vgl § 8 SGB X) nach Maßgabe von § 328 Abs 3 Satz 1 sowie ggf Satz 2 Halbsatz 1 SGB III zu treffen (BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 24 mwN).
b) Hieran hat das Inkrafttreten des 9. SGB II-ÄndG nichts geändert. Richtet sich der Verfahrensabschluss im Anschluss an eine vorläufige Bewilligung nach § 41a SGB II - war also der Bewilligungszeitraum mit einer vorläufigen Bewilligung nach altem Recht bei Inkrafttreten des 9. SGB II-ÄndG noch nicht beendet (§ 80 Abs 2 Nr 2 SGB II) oder wurden die Leistungen bereits nach neuer Rechtslage vorläufig bewilligt -, dann treffen die Grundsicherungsträger eine abschließende Entscheidung "über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt" (§ 41a Abs 3 Satz 1 SGB II).
War der Bewilligungszeitraum am 1.8.2016 bereits beendet, bleibt für die abschließende Entscheidung mangels einer Erstreckung der Neuregelung hierauf (vgl oben 5.) die bis dahin geltende Rechtslage maßgeblich. Insoweit ist der Übergangsregelung des § 80 SGB II insbesondere mit der Maßgabe des Abs 2 Nr 2 ("Für die abschließende Entscheidung ... für Bewilligungszeiträume, … die vor dem 1. August 2016 noch nicht beendet sind, ist § 41a anzuwenden") zugleich zu entnehmen, dass die durch das 9. SGB II-ÄndG zum 1.8.2016 aufgehobene Verweisungsnorm des § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II (Art 1 Nr 34 Buchst b) auf § 328 SGB III für davon nicht erfasste Fälle fortgilt und noch nicht getroffene abschließende Entscheidungen für vor dem 1.8.2016 beendete Bewilligungszeiträume weiterhin auf der Grundlage von § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 SGB III zu treffen sind.
c) Das gilt ebenfalls für die Überprüfung der entsprechenden Bewilligungszeiträume hier, also von Dezember 2014 bis Mai 2015, von Juni bis November 2015 sowie von Dezember 2015 bis Mai 2016. Auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen hat der Beklagte danach zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung höherer oder geringerer Leistungen vorliegen. Verhält es sich so - was nach den Angaben des Klägers über seine betrieblichen Einnahmen und Ausgaben naheliegen dürfte -, sind nach § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs 3 SGB III von Amts wegen die daraus abzuleitenden abschließenden Entscheidungen zu treffen. Das gilt angesichts der Fiktionsregelung des § 41a Abs 5 Satz 1 SGB II (dazu sogleich d) selbst dann, wenn sich bei der Überprüfung ergeben sollte, dass die abschließende Entscheidung der vorläufigen Bewilligung entspricht; jedenfalls nach dem vom Beklagten aufgenommenen Überprüfungsverfahren besteht in einem solchen Fall in entsprechender Anwendung von § 328 Abs 2 Halbsatz 1 SGB III ein Anspruch darauf, dies feststellen zu lassen (vgl zur Beseitigung der Unklarheit über die Höhe der endgültig zustehenden Leistungen nach altem Recht nur BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 24).
d) Dem Erfordernis einer abschließenden Entscheidung in Fällen wie hier steht nicht entgegen, dass nach § 41a Abs 5 Satz 1 iVm § 80 Abs 2 Nr 1 SGB II vorläufig bewilligte Leistungen für vor dem 1.8.2016 beendete Bewilligungszeiträume als abschließend festgesetzt gelten, wenn nicht innerhalb eines Jahres nach dem 1.8.2016 eine abschließende Entscheidung ergeht. Eine die Fiktionswirkung des § 41a Abs 5 Satz 1 SGB II vernichtende abschließende Entscheidung ist nach Wortlaut, Systematik und Regelungszweck vielmehr bereits mit der Bekanntgabe (vgl Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 41a RdNr 63; ebenso Apel in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 41a SGB II RdNr 74, Stand Februar 2018) der streitbefangenen Leistungsbescheide ergangen, ohne dass es darauf ankommt, ob sie unverändert in Bestandskraft erwachsen, im gerichtlichen Verfahren geändert oder - im Sonderfall der Zurückverweisung an die Verwaltung nach § 131 Abs 5 SGG - das Jobcenter einen neuen Leistungsbescheid zu erlassen hat.
Insoweit tritt die Fiktionswirkung schon dem Wortlaut nach ("ergeht") nur ein, wenn der Grundsicherungsträger bis zu dem jeweils maßgebenden Zeitpunkt einen abschließenden Leistungsbescheid tatsächlich nicht erlassen, also jede Regelung zur endgültigen Leistungsbestimmung unterlassen hat (zutreffend O. Loose in Hohm, GK-SGB II, VI-§ 41a RdNr 114, Stand November 2017). Nur daran kann systematisch auch die - durch § 41a Abs 5 Satz 2 Nr 2 SGB II allerdings eingeschränkte - Vertrauensschutzwirkung der Regelung anknüpfen. Anderes wäre schließlich auch nicht von ihrem Zweck gedeckt, die Verwaltung in Fällen aus ihrer Sicht fehlenden Korrekturbedarfs zu entlasten; dem widerspräche ersichtlich die Erstreckung der Fiktionswirkung auf Fälle, in denen sie - wie hier - Anlass für eine Änderung gegenüber der vorläufigen Bewilligung sieht, diese aber nicht fehlerfrei umsetzt.
7. Im Widerspruchsverfahren vorgelegte Unterlagen zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen sind bei abschließenden Entscheidungen nach § 41a Abs 3 SGB II zu berücksichtigen.
a) Richtet sich die abschließende Entscheidung über eine vorläufig bewilligte Leistung nach § 41a SGB II (zum zeitlichen Anwendungsbereich vgl 5.), gelten dafür nach dessen Abs 3 ergänzend zu den allgemeinen Vorschriften besondere Vorgaben zu den Mitwirkungsobliegenheiten der Leistungsberechtigten sowie zu den Folgen ihrer Verletzung. Danach ist in Konkretisierung von § 60 SGB I ausdrücklich geregelt, dass die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet sind, die von den Grundsicherungsträgern zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen (Satz 2 Halbsatz 1). Kommen sie dem "bis zur abschließenden Entscheidung nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß nach", ist der Leistungsanspruch nur für die Monate und in der Höhe abschließend festzusetzen, in welcher seine Voraussetzungen nachgewiesen wurden (Satz 3). Ansonsten ist festzustellen, "dass ein Leistungsanspruch nicht bestand" (Satz 4).
b) Welche Rechtsfolgen diesen Regelungen im Einzelnen zukommen, ist hier nicht abschließend zu klären. Offenbleiben kann ua, ob und ggf inwieweit ihnen materielle Präklusionswirkung zukommt, obschon sie jedenfalls dem Wortlaut nach verglichen mit typischen Präklusionsvorschriften wie etwa § 106a Abs 3 SGG, § 87b VwGO, § 79b FGO oder § 296 ZPO eine Präklusionsregelung nicht erkennen lassen. Nicht zu entscheiden ist ebenfalls, welche - aus den Regelungswirkungen abzuleitenden - Anforderungen an die Fristsetzung und die Belehrung nach § 41a Abs 3 Satz 3 SGB II zu stellen sind. Denn jedenfalls tragen weder Wortlaut (dazu c) noch Regelungszweck (dazu d) noch Entstehungsgeschichte (dazu e) den Schluss, dass erstmals im Widerspruchsverfahren vorgelegte Unterlagen bei abschließenden Entscheidungen nach dem Regime des § 41a SGB II unberücksichtigt zu bleiben haben; das lässt die Regelung auch nicht funktionslos werden (dazu f).
c) Anderes folgt bereits aus dem Wortlaut nicht zweifelsfrei. Danach ist zwar für eine Nullfeststellung nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II ("Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand.") gemäß § 41a Abs 3 Satz 3 SGB II einerseits beachtlich, dass die nachweis- und auskunftsverpflichteten Personen der Aufforderung zum Nachweis der leistungserheblichen Tatsachen "nicht fristgemäß" nachgekommen sind. Voraussetzung dieser Feststellung ist dem Wortlaut nach andererseits aber auch, dass die Auskunftspflicht "bis zur abschließenden Entscheidung" nicht erfüllt worden ist. Dass unter diesen zwei Zeitvorgaben - der datumsmäßig gesetzten Frist und dem Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung -, der gesetzten Frist Vorrang zukäme, ist nicht zu erkennen.
d) Das kann auch dem Regelungszweck nicht entnommen werden. § 41a Abs 3 Satz 2 bis 4 SGB II zielt - wie der ergänzende Verweis auf die §§ 60, 61, 65 und 65a SGB I (§ 41a Abs 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB II) und die Materialien (vgl BT-Drucks 18/8041 S 53) verdeutlichen - auf ein besonderes Regime von Mitwirkungsobliegenheiten im Anschluss an den Bezug vorläufig bewilligter Leistungen (vgl nur Formann, SGb 2016, 615, 618: § 41a Abs 3 Satz 2 SGB II ist spezielle Ausprägung des § 60 Abs 1 Satz 1 SGB I). Soweit sich dies in Übereinstimmung mit den allgemeinen Regularien der §§ 60 ff SGB I zunächst darauf richtet, den Jobcentern Kenntnis von denjenigen (der Sphäre der Leistungsbezieher zuzuordnenden) Tatsachen zu vermitteln, welche die Grundlage für die Entscheidung über den endgültigen Leistungsanspruch bilden, und sie überhaupt erst in die Lage zu versetzen, ihrer Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X nachzukommen (vgl zu § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB I nur BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 42/12 R - BSGE 113, 177 = SozR 4-1200 § 60 Nr 3, RdNr 16 mwN), ist dem mit der Vorlage der angeforderten leistungserheblichen Unterlagen "bis zur abschließenden Entscheidung" (§ 41a Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB II) genügt. Soweit die Regelung weiterhin insbesondere mit der Nullfeststellung nach Satz 4 eine Verfahrensvereinfachung bei fehlender Mitwirkung bewirken soll, kommt es auf die gesetzte Frist (ebenso) nicht an, wenn die Mitwirkung vollständig verweigert wird und die geforderten Unterlagen auch bis zur abschließenden Entscheidung nicht vorliegen; insofern wirkt die Vorschrift auch dann in erheblichem Maße verfahrensvereinfachend und -beschleunigend, wenn sie beim Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung ansetzt (dazu unten f). Dass mit ihr darüber hinaus eine Verfahrensbeschleunigung auch bei Vorlage der angeforderten Unterlagen nach Ablauf der gesetzten Frist, aber vor der abschließenden Entscheidung bezweckt wäre, ist hingegen nicht zu erkennen.
Dagegen spricht schon, dass - anders als bei Präklusionsnormen von Verfassungs wegen vorausgesetzt - die Fristvorgabe des § 41a Abs 3 Satz 3 SGB II nicht hinreichend eindeutig ist (vgl nur BVerfG
e) Dafür geben auch die - insoweit allerdings knappen - Gesetzesmaterialien keinen Anhalt. Sie deuten im Gegenteil darauf hin, dass für die Konzeption der Regelung vor allem der Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung maßgeblich war. Dafür spricht insbesondere, dass die Vorschrift in der maßgeblichen Drucksache allein mit der Wendung erläutert worden ist, danach bleibe Vorbringen unberücksichtigt, sofern die leistungsberechtigte Person trotz angemessener Fristsetzung ihren Nachweisobliegenheiten "bis zur abschließenden Entscheidung" nicht oder nicht vollständig nachkomme (vgl BT-Drucks 18/8041 S 53). Das deckt sich mit der - unter Hinweis auf die Amtsermittlungspflichten der Jobcenter formulierten - Einschränkung, dass der Leistungsanspruch in diesem Fall so festzustellen sei, wie "dies ohne die Mitwirkung der Leistungsberechtigten möglich ist" (ebenda); das lässt sich nur so verstehen, dass die Berücksichtigung von nach Fristablauf ermittelten Tatsachen nicht ausgeschlossen sein soll. Dass Unterlagen der Leistungsberechtigten selbst dabei wegen Fristversäumnis unberücksichtigt zu bleiben hätten, ist dem nicht zu entnehmen.
f) Gleichwohl ist § 41a Abs 3 Satz 2 bis 4 SGB II nicht funktionslos, wenn verspätet vorgelegte Nachweise bei der abschließenden Entscheidung nach § 41a Abs 3 Satz 1 SGB II ebenfalls zu berücksichtigen sind. Machten Selbständige bis zum Inkrafttreten des 9. SGB II-ÄndG keine Angaben über ihre betrieblichen Einkünfte und Ausgaben, konnte das Einkommen im Bewilligungszeitraum für die abschließende Entscheidung geschätzt werden, wenn das tatsächliche Einkommen nicht innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten nach Ende des Bewilligungszeitraums nachgewiesen wurde (§ 3 Abs 6 Alg II-V in der bis zur Aufhebung durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 26.7.2016, BGBl I 1858 zum 1.8.2016 geltenden Fassung). Hatten die Jobcenter danach bei fehlender Mitwirkung von Amts wegen Ermittlungen zu den Grundlagen einer Schätzung nach § 3 Abs 6 Alg II-V anzustellen und die dazu maßgeblichen Überlegungen im Bescheid über die abschließende Bewilligung im Einzelnen wiederzugeben (zu den Anforderungen an Schätzungen im Rahmen der Bedarfsbemessung vgl nur BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 54 RdNr 23 mwN; zu § 3 Abs 6 Alg II-V vgl nur LSG Baden-Württemberg vom 24.5.2016 - L 13 AS 5120/14 - juris, RdNr 37 ff mwN; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 11 RdNr 60: Schätzung muss so genau wie möglich den zu ermittelnden Umständen entsprechen), so hat sich dies durch die Einführung von § 41a Abs 3 SGB II grundlegend geändert. Liegen die Voraussetzungen für eine Nullfeststellung nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II vor, können die Jobcenter nach dem Bezug vorläufig bewilligter Leistungen abschließende Entscheidungen ohne jeden weiteren Ermittlungs- und Begründungsaufwand treffen. Dadurch ist auch der Anreiz zu einer Mitwirkung an der Einkommensfeststellung auf Seiten der Leistungsbezieher erheblich verstärkt, ohne dass er entfällt, wenn nach Ablauf der vom Jobcenter gesetzten Frist vorgelegte leistungserhebliche Nachweise bei der abschließenden Entscheidung noch zu berücksichtigen sind.
g) Hiernach kann das Tatbestandsmerkmal "Kommen die leistungsberechtigte Person oder die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihrer Nachweis- oder Auskunftspflicht … nicht fristgemäß nach" nicht dahin verstanden werden, dass es die Berücksichtigung von nach Fristablauf vorgelegten Nachweisen im Verwaltungsverfahren ausschließt. Vielmehr kann der von dem Grundsicherungsträger gesetzten Frist nur die Bedeutung beigemessen werden, dass vor ihrem Ablauf eine abschließende Entscheidung nicht ergeht und die Leistungsberechtigten sie zur Vorlage der angeforderten Unterlagen ausnutzen können. Gehen bis zur letzten Verwaltungsentscheidung und damit bis zum Abschluss eines Widerspruchsverfahrens noch Unterlagen ein, sind sie aber vom Grundsicherungsträger ungeachtet des Fristablaufs zu berücksichtigen, weil nach den insoweit zu berücksichtigenden verfassungsrechtlichen Maßgaben im Zweifel der schonenderen Auslegung der Fristbestimmung der Vorzug zu geben ist (im Ergebnis ebenso Apel in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 41a SGB II RdNr 62, Stand Februar 2018; dahin tendierend auch O. Loose in Hohm, GK-SGB II, VI-§ 41a RdNr 88, Stand November 2017; ähnlich Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 41a RdNr 49 f: ablehnende Entscheidung nach § 41a Abs 3 Satz 4 SGB II hat keine materielle Wirkung und schließt Nachholung im Widerspruchsverfahren nicht aus).