Entscheidungsdatum: 30.08.2018
Das während einer unwiderruflichen Freistellung gezahlte und abgerechnete Arbeitsentgelt ist in die Bemessung des Arbeitslosengeldes einzubeziehen (Aufgabe von BSG vom 8.7.2009 - B 11 AL 14/08 R = SozR 4-4300 § 130 Nr 6).
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Die Klägerin begehrt höheres Alg auf der Grundlage der während einer unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung gezahlten Vergütung anstelle einer fiktiven Bemessung.
Die 1956 geborene Klägerin ist Arzthelferin und Kinderkrankenschwester. Sie arbeitete ab dem 1.10.1996 als Pharmareferentin bei der Firma N GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin). Die Klägerin und ihre Arbeitgeberin vereinbarten aus betrieblich veranlassten Gründen einvernehmlich mit Aufhebungsvertrag vom 9.3.2011 die Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit Ablauf des 30.4.2012 sowie ab dem 1.5.2011 die unwiderrufliche Freistellung der Klägerin von ihren Arbeitsleistungen bei einer von der Arbeitgeberin weiterhin zu zahlenden monatlichen Vergütung in Höhe von 5280,22 Euro brutto. In der Freistellungsphase stellte die Arbeitgeberin einen Pkw zur Verfügung und zahlte Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Boni. Nach dem Vertrag sollte die Klägerin der Arbeitgeberin während der Zeit der Freistellung unentgeltlich zur Beantwortung von Fragen sowie zur Erteilung von Informationen jederzeit zur Verfügung stehen.
Am 26.1.2012 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitsuchend. Vom 23.3.2012 bis 24.3.2013 bezog sie Krankentagegeld von der G AG. Am 20.3.2013 meldete sich die Klägerin zum 25.3.2013 arbeitslos, beantragte Alg und stellte sich trotz gesundheitlicher Einschränkungen im Rahmen ihres Leistungsvermögens der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Die Beklagte bewilligte Alg abschließend für den Zeitraum vom 25.3.2013 bis 23.9.2014 im Umfang von 540 Kalendertagen und in Höhe von kalendertäglich 28,72 Euro aufgrund fiktiver Bemessung nach Maßgabe eines Bemessungsentgelts von kalendertäglich 71,87 Euro, das einem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 3 entspricht (Änderungsbescheid vom 25.6.2013). Die Beklagte ließ bei der Bemessung die in der Freistellungsphase gezahlte Vergütung außer Betracht, sodass sich ein Anspruch auf Arbeitsentgelt von weniger als 150 Tagen im erweiterten Bemessungsrahmen ergab. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese sich gegen die fehlende Einbeziehung der Vergütung sowie gegen die mangelnde Berücksichtigung ihrer Krankheitszeiten wandte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 7.11.2013). Zwischenzeitlich hatte sie den kalendertäglichen Leistungsbetrag auf 28,76 Euro bei gleichbleibendem Bemessungsentgelt wegen einer Änderung des EStG erhöht (Änderungsbescheid vom 3.8.2013).
Das SG hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Im gerichtlichen Verfahren hat die Arbeitgeberin mitgeteilt, dass dieser nicht bekannt sei, dass die Klägerin während der Freistellungsphase gearbeitet habe; es sei nicht auszuschließen, dass die Klägerin einzelne Rückfragen beantwortet habe. Sozialversicherungsbeiträge seien während der Freistellung abgeführt worden.
Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 25.3.2013 bis 31.1.2014 höheres Alg zu bewilligen. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, dass die Arbeitgeberin noch begrenzte Direktionsrechte ausgeübt und die Beschäftigung der Klägerin durch Weiterzahlung der Vergütung deshalb erst am 30.4.2012 geendet habe. Die in der Freistellungsphase gezahlte Vergütung sei bis zur Beitragsbemessungsgrenze in die Alg-Bemessung einzubeziehen, sodass ein Anspruch auf Arbeitsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen nicht nur im Umfang der bis zum 1.5.2011 abgerechneten 37 Tage, sondern im Umfang von mehr als 150 Tagen bestanden habe. Infolgedessen greife die fiktive Bemessung nicht. Es ergebe sich unter Zugrundelegung eines kalendertäglichen Bemessungsentgelts von 181,42 Euro, der Lohnsteuerklasse IV und des allgemeinen Leistungssatzes von 60 Prozent ein kalendertäglicher Leistungsbetrag von 58,41 Euro.
Die Klägerin bezieht seit dem 1.2.2014 eine Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung Bund (im Folgenden: DRV). Das im Zeitraum ab 1.2.2014 überzahlte Alg hat die DRV der Beklagten zwischenzeitlich erstattet.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte verfahrensrechtlich die unterlassene Beiladung der DRV gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 SGG im Berufungsverfahren. Zudem rügt die Beklagte eine Verletzung von § 150 Abs 1 SGB III sowie von § 24 Abs 1, Abs 4 Alt 1 SGB III. Entgegen der Auffassung des LSG sei in den Bemessungszeitraum die während der Freistellungsphase gezahlte Vergütung nicht einzubeziehen, denn die Klägerin sei ab Freistellung von der Arbeit faktisch aus dem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden. Dies schließe nach der Rechtsprechung des BSG das Vorliegen einer Beschäftigung im beitrags- und versicherungsrechtlichen Sinn nicht aus, die erst zum 30.4.2012 geendet habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Februar 2017 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23. Juni 2015 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat diese zu Recht verurteilt, höheres Alg zu gewähren.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den Entscheidungen der Vorinstanzen die Bescheide vom 25.6.2013 und 3.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.11.2013. Hiergegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und 4 SGG), mit der sie nach ihrem zuletzt gestellten Antrag im Zeitraum vom 25.3.2013 bis 31.1.2014 höheres Alg begehrt.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Sachentscheidung nicht entgegen, dass die DRV zum Verfahren nicht gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 SGG notwendig beigeladen worden ist. Die Beiladung ist in diesem Fall notwendig und muss von Amts wegen ausgesprochen werden, wenn durch die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis zugleich in die Rechtssphäre eines Dritten unmittelbar eingegriffen wird (vgl Gall in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 75 RdNr 41; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 75 RdNr 10 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die von der Beklagten eingewandte Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB X betrifft den Zeitraum ab 1.2.2014, der dem von § 75 Abs 2 SGG vorausgesetzten "streitigen Rechtsverhältnis" - dem Zeitraum bis 31.1.2014 - nachgelagert ist, sodass ein streitiges Rechtsverhältnis bereits zeitlich nicht vorlag.
3. Dem Grunde nach liegen die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg (vgl § 137 Abs 1 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854) nach den bindenden Feststellungen des LSG vor (§ 163 SGG).
Die Klägerin hat sich mit Wirkung zum 25.3.2013 nach Auslaufen des Krankentagegelds arbeitslos gemeldet und damit den Eintritt des in der Arbeitslosenversicherung gedeckten Risikos der Arbeitslosigkeit angezeigt. Sie hat sich trotz gesundheitlicher Einschränkungen im Rahmen ihres Leistungsvermögens der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt, sodass davon auszugehen ist, dass die Klägerin arbeitslos war. Zudem erfüllte sie die Anwartschaftszeit, denn sie hat innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren beginnend mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg - dh im Zeitraum vom 25.3.2011 bis 24.3.2013 - mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Für den Zeitraum bis zum 30.4.2011 ergab sich dieses aus der Beschäftigung der Klägerin (vgl § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854). Das aus der Beschäftigung folgende Versicherungspflichtverhältnis bestand auch während der Freistellung der Klägerin von der Arbeitsleistung ab dem 1.5.2011 bis einschließlich dem 30.4.2012 fort. Wie das BSG bereits für den Fall eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs entschieden hat, besteht das Versicherungspflichtverhältnis wegen einer Beschäftigung iS des § 24 Abs 1 Alt 1 SGB III bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts, auch wenn der Arbeitnehmer die tatsächliche Beschäftigung bereits aufgegeben hat und bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich und unwiderruflich freigestellt ist (vgl Senat vom 11.12.2014 - B 11 AL 2/14 R - SozR 4-4300 § 124 Nr 6 RdNr 20 mwN; BSG vom 24.9.2008 - B 12 KR 22/07 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 13 ff, 20). Der Senat hält daran fest, dass das durch nichtselbständige Arbeit in einem tatsächlich vollzogenen Arbeitsverhältnis begründete versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bei einer Vereinbarung einer Freistellung von der Arbeitsleistung nicht bereits mit der Einstellung der tatsächlichen Arbeitsleistung, sondern erst mit dem regulären Ende des Arbeitsverhältnisses endet, wenn bis zu diesem Zeitpunkt Arbeitsentgelt gezahlt wird (vgl nur Schlegel in Küttner, Personalbuch, 25. Aufl 2018, Freistellung von der Arbeit, RdNr 47 ff; ebenso Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 30./31.3.2009, S 7 ff, 9).
In Anwendung dieses Maßstabs ergibt sich, dass die Klägerin in einem Versicherungspflichtverhältnis aufgrund einer Beschäftigung gestanden hat, denn in Folge der mit Aufhebungsvertrag vom 9.3.2011 vereinbarten unwiderruflichen Freistellung von ihrer Arbeitsleistung bei gleichzeitiger Zahlung einer monatlichen Vergütung sowie weiterer Sonderzahlungen schied die Klägerin - unabhängig der Beurteilung ihrer weiteren Verpflichtung, der Arbeitgeberin zur Beantwortung von Fragen und zur Erteilung von Informationen jederzeit zur Verfügung zu stehen - noch nicht zum 1.5.2011 aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung aus, sondern erst zum einvernehmlich vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses, dem 30.4.2012.
Nachfolgend bestand ein Versicherungspflichtverhältnis aus sonstigen Gründen aufgrund des Bezugs von Krankentagegeld bis zum 24.3.2013 (vgl § 24 Abs 1 Alt 2, Abs 4 Alt 2 SGB III; § 26 Abs 2 Nr 2 SGB III in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.11.2004, BGBl I 2902).
4. Zur Höhe des Anspruchs hat das LSG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin Alg nach einem Bemessungsentgelt von kalendertäglich 181,42 Euro zusteht. Die während der Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlte und abgerechnete Vergütung ist als Arbeitsentgelt einzubeziehen.
a) Die Bemessung des Alg richtet sich nach § 149 Abs 1 Nr 1 SGB III (in der ab 1.1.2013 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister und zur Änderung anderer Gesetze vom 5.12.2012, BGBl I 2467), wonach das Alg für kinderlose Arbeitslose 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt) beträgt, das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (§ 151 Abs 1 Satz 1 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854). Gemäß § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltzeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 150 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 152 Abs 1 Satz 1 SGB III).
In Anwendung der genannten Bestimmungen hat das LSG zutreffend den erweiterten Bemessungsrahmen vom 25.3.2011 bis 24.3.2013 - dem Ende des Krankentagegeldbezugs als letztes Versicherungspflichtverhältnis - zugrunde gelegt, denn im Zeitraum des Regelbemessungsrahmens vom 25.3.2012 bis 24.3.2013 lagen die von § 150 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III vorausgesetzten 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht vor. Ab dem 1.5.2012 endete die Zahlung der Vergütung. Zudem scheidet eine Einbeziehung des Krankentagegelds in die Alg-Bemessung - wie sie von der Klägerin begehrt wurde - bereits nach dem Wortlaut des § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III - "Beschäftigung" - und des § 151 Abs 1 Satz 1 SGB III - "Arbeitsentgelt" - aus.
b) Nach den Feststellungen des LSG bestand innerhalb des erweiterten Bemessungsrahmens ein Anspruch auf Arbeitsentgelt von mehr als 150 Tagen, sodass eine fiktive Bemessung nicht in Betracht kommt. Die vom 1.5.2011 bis zum 30.4.2012 gezahlte und bis dahin abgerechnete Vergütung war als Entgeltzeitraum Teil des Bemessungszeitraums. Die Klägerin ist unter Anwendung des für das Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung maßgebenden Begriffs der Beschäftigung zwar bereits zum 1.5.2011 aus der Beschäftigung ausgeschieden. Bemessungsrechtlich ist jedoch nicht auf diesen Zeitpunkt abzustellen, sondern auf das Ende der Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich aus einer funktionsdifferenten Auslegung des Begriffs der Beschäftigung in § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III. Die Beschäftigung der Klägerin endete danach mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, bis zu dem die Klägerin auch beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielte.
Die Einbeziehung des während der Phase der unwiderruflichen Freistellung erzielten Arbeitsentgelts lässt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht schon daraus herleiten, dass im konkreten Einzelfall trotz der vereinbarten Freistellung das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses andauerte. Denn die Vereinbarung, dass die Klägerin während der Freistellungsphase zur Beantwortung von Fragen und zur Erteilung von Informationen jederzeit unentgeltlich zur Verfügung stehe, betrifft - unabhängig davon, ob die Arbeitgeberin davon tatsächlich Gebrauch gemacht hat - nicht die vertraglich geschuldete Pflicht zur Arbeitsleistung. Gegenstand des dem Arbeitgeber zukommenden, im Arbeitsvertrag begründeten und durch § 315 BGB beschränkten Direktionsrechts ist zwar nicht allein die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers. Ihm unterliegen gleichfalls solche Verhaltenspflichten, die darauf zielen, den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen (vgl BAG vom 19.1.2016 - 2 AZR 449/15 - juris RdNr 41; Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 17. Aufl 2017, § 45 RdNr 13 f). Ein solcher Austausch der Hauptleistungen ist aber mit der unwiderruflichen Freistellung der Klägerin von ihrer Arbeitsleistung ab dem 1.5.2011 nicht mehr möglich. Ebenso wenig ist die Beantwortung von Fragen und die Erteilung von Informationen auf den Austausch der Hauptleistungen gerichtet. Substituiert wird durch diese auch nicht die Arbeitsleistung als Hauptleistung, denn die vereinbarten Nebenpflichten stehen nicht im Austauschverhältnis bzw Synallagma zur Zahlung der Vergütung, zu der sich die Arbeitgeberin verpflichtete. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - über die Beantwortung von Rückfragen hinausgehend - während der Zeit der Freistellung tatsächlich als Pharmareferentin gearbeitet hätte, ergeben sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ebenso wenig wie aus der Auffassung der Klägerin, aufgrund Ziffer II.2 des Aufhebungsvertrags zur Beantwortung und Information verpflichtet gewesen zu sein.
Maßgebend für die Konkretisierung des Bemessungszeitraums iS des § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III ist jedoch der Begriff der Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinn. Ein Anknüpfen an das rechtsgeschäftlich vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses - wie im Falle des versicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses - legt schon der Wortlaut des § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III nahe. Bereits der Wortlaut der Regelung bezieht die für den Bemessungszeitraum relevanten Entgeltabrechnungszeiträume auf die "versicherungspflichtigen Beschäftigungen". Den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis lässt der Wortlaut des § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III zwar offen. Bezugspunkt des Ausscheidens ist das "jeweilige Beschäftigungsverhältnis" sowie die Entgeltabrechnungszeiträume der "versicherungspflichtigen Beschäftigungen". In gleicher Weise wie in § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist Anknüpfungspunkt das Beschäftigungsverhältnis, nicht jedoch das Arbeitsverhältnis. Demgegenüber stellt der Gesetzgeber zur Konkretisierung von Arbeitslosigkeit iS des § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III darauf ab, dass eine Person "nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht", andererseits für die Bestimmung der Bemessungshöhe darauf, wann diese Person aus der Beschäftigung ausscheidet. Der Wortlaut des § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III stellt daher auf einen qualitativen Umstand ab, der nach der Rechtsprechung trotz eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gegeben sein kann, wenn Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht werden (vgl Senat vom 28.9.1993 - 11 RAr 69/92 - BSGE 73, 126, 129 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 S 14; Senat vom 5.2.1998 - B 11 AL 55/97 R - juris RdNr 14), während § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III lediglich ein zeitliches Moment betont. Dieses zeitliche Moment findet sich wortlautähnlich in § 24 Abs 4 Alt 1 SGB III wieder, mit dem der Gesetzgeber das Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung bestimmt, die § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III als Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt legaldefiniert und auf die der Gesetzgeber in § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III Bezug nimmt.
Auch die Systematik des Gesetzes spricht für die Einbeziehung des während einer unwiderruflichen Freistellung erzielten Arbeitsentgelts als für die Bemessung maßgebendes Entgelt iS des § 151 SGB III. Denn das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinn ist nicht nur dafür maßgebend, ob der Arbeitslose die Anwartschaftszeit (§ 142 SGB III) erfüllt hat, sondern der Gesetzgeber knüpft auch hinsichtlich der Dauer des Anspruchs auf Alg gemäß § 147 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III an die Dauer des Versicherungspflichtverhältnisses, also an das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinn, an. Eine Differenzierung zwischen den einzelnen Faktoren des Anspruchsumfangs - Dauer und Höhe - wäre nicht nachvollziehbar.
Hierzu steht nicht im Widerspruch, dass durch die faktische Nichtbeschäftigung Beschäftigungslosigkeit iS des § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III eintritt. Denn der Inhalt der konkreten Rechtsnorm - ob §§ 24, 25 SGB III, § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III oder § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III - ist "funktionsdifferent", dh sachbezogen nach Stellung und Aufgabe der Regelung in der Rechtsordnung, zu bestimmen (vgl Senat vom 28.9.1993 - 11 RAr 69/92 - BSGE 73, 126, 128 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 S 14). Anders als im Leistungsrecht des SGB III - etwa bei der Gleichwohlgewährung von Alg bei rechtlichem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses trotz Freistellung von der Arbeit, aber fehlender Entgeltzahlung (vgl § 157 Abs 3 Satz 1 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854) - dient der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses im Bemessungsrecht nicht dazu, den Eintritt des Versicherungsschutzes (vgl Senat vom 28.9.1993 - 11 RAr 69/92 - BSGE 73, 126, 128 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 S 14; Senat vom 5.2.1998 - B 11 AL 55/97 R - juris RdNr 14), sondern die Höhe des versicherten Risikos zu bestimmen. Mit den §§ 149 ff SGB III legt der Gesetzgeber die Bemessungsgrundlagen durch Berechnungsvorschriften fest. Die Höhe des versicherten Risikos orientiert sich dabei an dem ausgefallenen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt mit dem Ziel, den Lebensunterhalt und den auf Arbeitseinkommen gegründeten durchschnittlichen Lebensstandard durch die Gewährung von Alg zu ersetzen (vgl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 150 RdNr 1 mwN, Stand Januar 2014; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 150 RdNr 18 ff, Stand Juni 2018).
Weitere systematische Überlegungen zur Behandlung des Arbeitsentgelts stützen dieses Verständnis. Der Alg-Bemessung unterfällt nach § 151 Abs 1 Satz 1 SGB III das im Bemessungszeitraum erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt. Hierzu zählen nach § 14 Abs 1 SGB IV alle Einnahmen aus einer Beschäftigung iS des § 7 SGB IV. § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III schließt - wortlautidentisch zu § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III - dasjenige beitragspflichtige Arbeitsentgelt in die Bemessung mit ein, auf das die arbeitslose Person "beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis" Anspruch hatte, wenn dieses - später - zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen ist. Dieses Arbeitsentgelt gilt als im Bemessungszeitraum erzielt. Bemessungsrechtlich ist also relevant, dass der Anspruch auf beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens entstanden und das Entgelt später zugeflossen ist. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist arbeitsrechtlich zu beurteilen (vgl Coseriu/Jakob in Mutschler/Schmidt-De Caluwe//Coseriu, SGB III, 6. Aufl 2017, § 151 RdNr 26; Mutschler in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 151 SGB III RdNr 8) und wird durch das Bemessungsrecht nicht geregelt (vgl dagegen Rolfs in Gagel, SGB II/SGB III, § 151 SGB III RdNr 16, Stand März 2018, der auf die "Erarbeitung" abstellt). Arbeitsrechtlich ist die Entstehung des Anspruchs nicht von der Erbringung einer tatsächlichen Arbeitsleistung abhängig, er entsteht aufgrund des Arbeitsvertrags (vgl BAG vom 19.3.2002 - 9 AZR 16/01 - juris RdNr 25). Das Bemessungsrecht begrenzt dessen Relevanz für die Höhe des Alg lediglich über den Begriff der Beitragspflicht, die eine "versicherungsrechtliche Beschäftigung" iS des § 25 SGB III voraussetzt, die beitrags- und versicherungsrechtlich durch § 7 SGB IV und den Begriff des Arbeitsverhältnisses konkretisiert wird (vgl Senat vom 24.8.2017 - B 11 AL 16/16 R - SozR 4-4300 § 151 Nr 1 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, der auf den Zeitpunkt des "Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis" abstellt). Der Gesetzgeber bindet auf diese Weise das erzielte Arbeitsentgelt an die versicherungs- und beitragsrechtlichen Maßstäbe des SGB IV und an das Arbeitsrecht und gerade nicht an ein ausschließlich leistungsrechtliches Verständnis von Beschäftigung und des daraus erzielten Arbeitsentgelts. Exemplarisch hierfür steht der spezialgesetzlich geregelte Fall der Freistellung nach § 7 Abs 1a SGB IV, bei dem erzieltes Arbeitsentgelt trotz Freistellung in die Bemessung nach § 151 Abs 3 Nr 2 Halbsatz 2 SGB III einzubeziehen ist.
Die vom Senat vorgenommene Auslegung steht auch im Einklang mit der gesetzgeberischen Entwicklung. Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien zu der zum 1.1.1998 in Kraft getretenen Vorgängerregelung der §§ 150, 151 SGB III zielte der Gesetzgeber darauf ab, in Reaktion auf die flexiblere Ausgestaltung von Arbeitszeiten die Alg-Bemessung von Arbeitszeitfaktoren weitgehend zu lösen (§ 132 AFRG, BT-Drucks 13/4941 S 178, Zu § 132). Abweichend hierzu regelte § 112 Abs 3 AFG bis dahin die Berechnung des Bemessungsentgelts aufgrund eines Lohn- und Zeitfaktors: Grundlage war das im Bemessungszeitraum "durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt", welches mit einer bestimmten Anzahl an Arbeitsstunden zu vervielfachen war. Diese Verbindung von - geleisteter - Arbeitszeit und Arbeitsentgelt hat der Gesetzgeber seit Inkrafttreten des AFRG zum 1.1.1998 nicht erneut aufgegriffen. Vielmehr hat er ab 1998 und seit den zum 1.1.2005 in Kraft getretenen und später lediglich numerisch und sprachlich angepassten Regelungen zur Vereinfachung und Angleichung an die übrigen Sozialversicherungszweige die bisherige Wochenbetrachtungsweise auf eine Jahres- bzw Tagesbetrachtungsweise umgestellt und die Regelung zur Bemessung auf das durchschnittlich auf den Tag entfallende Arbeitsentgelt reduziert (BT-Drucks 15/1515 S 85, Zu Nummer 71 <§§ 130 und 131>; BT-Drucks 17/6277 S 104, Zu § 150, §§ 151 bis 154>).
Sofern Zweifel dahingehend geäußert werden, dass das Alg ohne spiegelbildliche Entsprechung von Arbeitsentgelt und parallel tatsächlich geleisteter Arbeit seiner Lohnersatzfunktion nicht mehr gerecht werde, weil ohne eine tatsächliche Arbeitsleistung das gezahlte Arbeitsentgelt keinen "Marktwert" repräsentiere, sodass ein darauf gestütztes Alg nicht mehr das Leistungsniveau eines mutmaßlich auch während der Arbeitslosigkeit aktuell erzielbaren Arbeitsentgelts widerspiegele (vgl LSG Hamburg vom 21.3.2018 - L 2 AL 45/17 - juris RdNr 18; ebenso Bayerisches LSG vom 19.9.2017 - L 10 AL 67/17 - juris RdNr 18), überzeugt dies nicht. Hierbei wird im Übrigen übersehen, dass der Gesetzgeber - wie bereits dargelegt wurde - aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Zahl der fiktiven Bemessungen klein halten und der Anknüpfung an das erzielte Entgelt den grundsätzlichen Vorrang einräumen wollte.
Soweit in früheren Entscheidungen des Senats ohne nähere Begründung der Standpunkt eingenommen worden war, die Zeiten einer unwiderruflichen Freistellung blieben bei der Bemessung des Alg unberücksichtigt (vgl Senat vom 8.7.2009 - B 11 AL 14/08 R - SozR 4-4300 § 130 Nr 6 RdNr 22; Senat vom 30.4.2010 - B 11 AL 160/09 B - RdNr 3), hält der Senat hieran nicht fest.
Zutreffend hat das LSG ein Ausscheiden aus der Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinn auf den 30.4.2012 datiert, denn bis zu diesem Zeitpunkt lag eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt iS des § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV iVm § 7 Abs 1 SGB IV vor. Durch den der Vertragsfreiheit (§ 311 BGB) der Parteien unterliegenden Aufhebungsvertrag vom 9.3.2011 vereinbarte die Klägerin mit der Arbeitgeberin die unwiderrufliche Freistellung von ihren Arbeitsleistungen unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen, Überstunden und Gleitzeitguthaben bei Fortzahlung einer monatlichen Vergütung sowie weiterer Sonderzahlungen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis sollte jedoch erst am 30.4.2012 enden und konnte vor diesem Zeitpunkt vorzeitig nur durch Kündigung der Klägerin beendet werden. Von dieser Kündigungsmöglichkeit hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht.
In Anwendung der Berechnungsgrundlagen hat das LSG zutreffend das beitragspflichtige Arbeitsentgelt in Höhe der maximal der Bemessung zugrunde zu legenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 Abs 4 SGB III iVm § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2011 und 2012: für das Jahr 2011 monatlich 5500 Euro, für das Jahr 2012 monatlich 5600 Euro) zugrunde gelegt sowie hiervon ausgehend das durchschnittlich in dem Bemessungszeitraum auf den Tag entfallende Arbeitsentgelt in Höhe von 181,42 Euro errechnet. Ebenso zutreffend hat das LSG nach Maßgabe der Lohnsteuerklasse IV und des allgemeinen Leistungssatzes von 60 Prozent einen täglichen Leistungssatz von 58,41 Euro berechnet, der den von der Beklagten in den angegriffenen Entscheidungen ermittelten Leistungssatz (28,76 Euro) um 29,65 Euro übersteigt (vgl § 153 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854).