Entscheidungsdatum: 02.10.2013
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. November 2012 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 Euro festgesetzt.
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Frage,
ob aus dem der Baunutzungsverordnung zugrunde liegenden Gebot der anlagenbezogenen Typisierung folge, dass bei der Festsetzung von Lärmemissionskontingenten auf Teilflächen der in einem Angebotsbebauungsplan ausgewiesenen Sondergebiete für den großflächigen Einzelhandel, welche ihrerseits den zulässigen Anlagentyp mittels einer Begrenzung der Verkaufsfläche bestimmen, die für bestimmte Teilflächen des Plangebiets festgesetzten Lärmemissionskontingente stets die Grenzen der jeweiligen Sondergebiete für die großflächigen Einzelhandelsvorhaben nachvollziehen müssen, da die Festsetzung der Teilflächen andernfalls wegen eines fehlenden Vorhabenbezugs keine Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO findet und städtebaulich nicht erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist.
Entgegen den seitens der Beschwerdegegnerin vorgetragenen Bedenken genügt die Beschwerde den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Ihr geht es - kurz formuliert - darum, ob in einem Angebotsbebauungsplan, der Sondergebiete für den großflächigen Einzelhandel ausweist, diejenigen Teilflächen des Plangebiets, für die Lärmemissionskontingente festgesetzt sind, sich mit den einzelnen Sondergebietsflächen decken müssen.
Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Soweit die Beschwerde klären lassen möchte, ob die festgesetzten Lärmemissionskontingente die Grenzen der einzelnen Sondergebiete überschreiten dürfen, ist die Frage nicht klärungsbedürftig; insoweit lässt sie sich auf der Grundlage vorhandener Senatsrechtsprechung mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres im Sinne des Oberverwaltungsgerichts beantworten (vgl. z.B. Beschluss vom 28. Mai 1997 - BVerwG 4 B 91.97 - NVwZ 1998, 172). Im Übrigen ist die Frage nicht entscheidungserheblich.
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass zur Gliederung der in §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auch Emissionsgrenzwerte nach dem Modell der sog. immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel festgesetzt werden können (Beschluss vom 27. Januar 1998 - BVerwG 4 NB 3.97 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 24
Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um entscheiden zu können, dass Lärmemissionsgrenzwerte auch in Sondergebieten für den großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden können. Diese Festsetzungsmöglichkeit setzt aber entsprechend dem Gedanken der anlagen- und betriebsbezogene Typisierung dort ebenfalls voraus, dass damit das Emissionsverhalten jedes einzelnen Betriebes und jeder einzelnen Anlage in dem betreffenden Gebiet verbindlich geregelt wird.
Die in § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO eröffnete Möglichkeit, Baugebiete nach den besonderen "Eigenschaften" von Betrieben und Anlagen zu gliedern, findet nach der ausdrücklichen Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BauNVO bei der Festsetzung von Sondergebieten zwar keine Anwendung. Andererseits bestimmt § 1 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BauNVO, dass nach den §§ 10 und 11 BauNVO besondere Festsetzungen über die "Art der Nutzung" getroffen werden können. Mit dieser Vorschrift wollte der Verordnungsgeber "in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klarstellen, dass besondere Festsetzungen, wie sie für die Baugebiete nach den §§ 2 bis 9 in § 1 Abs. 4 bis 10 gelten, in Sondergebieten aufgrund der §§ 10 und 11 erfolgen" (BRDrucks 354/89 S. 40). Angesichts dieses klar formulierten Willens steht außer Frage, dass hierunter auch Festsetzungen nach dem Vorbild des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO fallen (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 - BVerwG 4 CN 7.12 - juris Rn. 16
Dass der planenden Gemeinde die Festsetzung von Summenpegeln, die sich auf mehrere im Plangebiet ansässige Betriebe oder Anlagen beziehen, auch im Sondergebiet verwehrt ist, hat der Senat bereits entschieden (Beschluss vom 10. August 1993 - BVerwG 4 NB 2.93 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 18 S. 43; vgl. auch Urteil vom 3. April 2008 a.a.O.
Offenbleiben kann vorliegend auch, ob eine grenzüberschreitende Lärmemissionskontingentierung ausnahmsweise dann auf § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gestützt werden kann, wenn nach den Festsetzungen des Bebauungsplans auf den betreffenden Flächen nur ein einziger Betrieb oder eine einzige Anlage zulässig ist (vgl. Urteile vom 24. März 2010 - BVerwG 4 CN 3.09 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 178 Rn. 24 und vom 3. April 2008 a.a.O., jeweils zur Kontingentierung von Verkaufsflächen). Denn hiervon ist das Oberverwaltungsgericht nicht ausgegangen. Es hat im Gegenteil ausdrücklich festgestellt, dass in den drei Sondergebieten - SO 1 "Möbelhandel - Möbelhaus", SO 2 "Möbelhandel - Möbeldiscounter" und SO 3 "Gartencenter" - drei selbständige Nutzungen zugelassen seien, deren einheitliche Verwirklichung planungsrechtlich nicht zwingend sei.
Sollte die allgemein formulierte Frage, ob Lärmemissionskontingente "stets" die Grenzen der jeweiligen Sondergebiete nachvollziehen müssen, schließlich dahin zu verstehen sein, dass die Beschwerde auch geklärt wissen möchte, ob die Sondergebietsgrenzen gegebenenfalls auch unterschritten werden dürfen, wäre diese Frage nicht entscheidungserheblich. Denn die festgesetzten Kontingente überschreiten nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die Sondergebietsgrenzen zumindest teilweise und bleiben nicht hinter diesen zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.