Entscheidungsdatum: 14.06.2016
G-CSF-Flüssigformulierung
Seit dem Jahr 2014 hat das Deutsche Patent- und Markenamt wesentliche Änderungen an dem technischen System für die elektronische Aktenführung in Patent- und Gebrauchsmusterverfahren vorgenommen.
Diese Änderungen erlauben in solchen Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren, die noch nach dem anfänglichen technischen System der elektronischen Aktenführung beim DPMA geführt worden sind, bei einer Ermessensentscheidung nach § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG i. V. m. § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG eine wesentlich leichtere Gewichtung der Bedenken, die der Senat in seiner Grundsatzentscheidung vom 25.08.2014, Az.: 35 W (pat) 413/12 - Fahrradgetriebenabe - gegen dieses anfängliche System geltend gemacht hat.
In der Beschwerdesache
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betreffend das Gebrauchsmuster 20 2007 018 618
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatent-gerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie des Richters Dipl.-Chem. Univ. Dr. Jäger und der Richterin Dipl.-Chem. Univ. Dr. Wagner
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen zu der Frage, ob die Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. März 2013 und vom 22. Juli 2013 in Ansehung der Beschlüsse des Bundespatentgerichts vom 25. August 2014 mit den Aktenzeichen 35 W (pat) 413/12, 35 W (pat) 404/12, 35 W (pat) 408/12 und 35 W (pat) 418/12 gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG i. V. m. § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG aufzuheben und an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen sind.
3. Die Rechtsbeschwerde wird weiter zugelassen zu der Frage, welche Bedeutung die Verschmelzung der B… GmbH auf die r… GmbH für die für diese Verfahrensbeteiligten in diesem Löschungsverfahren begründeten Prozessrechtsverhältnisse und für die von diesen Verfahrensbeteiligten betriebenen Löschungsanträge hat.
A.
I. Die Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) ist die eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters 20 2007 018 618 (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung
"G-CSF-Flüssigformulierung".
Für das Streitgebrauchsmuster ist der Anmeldetag der Patentanmeldung EP 07 71 2399.0 vom 1. März 2007 und die innere Priorität der Patentanmeldung DE 10 2006 009 437.9 vom 1. März 2006 in Anspruch genommen worden. Das Streitgebrauchsmuster ist am 11. Dezember 2008 mit zwölf Schutzansprüchen in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden. Die Schutzdauer des Streitgebrauchsmusters ist auf zehn Jahre verlängert worden. Es ist in Kraft.
Die eingetragenen Schutzansprüche 1 bis 12 lauten:
Mit Schriftsatz vom 5. Februar 2009, eingegangen beim DPMA am 6. Februar 2009, hat die Antragsgegnerin neue Schutzansprüche 1 bis 11 zur Registerakte gereicht, die wie folgt lauten:
Mit Schriftsatz vom 9. April 2009, eingegangen beim DPMA am selben Tage, haben die Antragstellerinnen 1 und Beschwerdegegnerinnen (im Folgenden: Antragstellerinnen 1) den Antrag gestellt, das Streitgebrauchsmuster gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG zu löschen, weil sein Gegenstand nicht schutzfähig i. S. v. §§ 1 bis 3 GebrMG sei. Gleichzeitig veranlassten die Antragstellerinnen 1 die Zahlung einer Löschungsantragsgebühr an das DPMA. Der Löschungsantrag vom 9. April 2009 ist der Antragsgegnerin ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 4. Mai 2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2009, eingegangen beim DPMA am selben Tag, und damit rechtzeitig hat die Antragsgegnerin gegen den Löschungsantrag Widerspruch eingelegt. Das sich anschließende Löschungsverfahren hat beim DPMA das Aktenzeichen 20 2007 018 618 Lö I 43/09 erhalten.
Die Antragstellerinnen 1 sind zwei Gesellschaften. Die eine ist die r… GmbH in U…, eingetragen im Handelsregister B des Amtsgerichts Ulm unter Nr. … Die andere Gesellschaft war zunächst die C… GmbH in B1…, eingetragen im Handelsregister B des Amtsgerichts Charlottenburg unter Nr. … Ende 2011 wurde der Sitz der C… GmbH nach U… verlegt (Handelsregister B des Amtsgerichts Charlottenburg Nr. … Eintragung Nr. 21 und Handelsregister B des Amtsgerichts Ulm Nr. …). Im Jahr 2013 wurde die C… GmbH aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 24. Juli 2013 mit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung „A…- GmbH“ in U… (Amtsgericht Ulm …) verschmolzen.
Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerinnen 1 vor dem Landgericht Düsseldorf im einstweiligen Verfügungsverfahren mit dem Aktenzeichen 4a O 29/09 aus dem Streitgebrauchsmuster u. a. auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Herausgabe in Anspruch genommen. Mit Urteil vom 9. Juni 2009 hat das Landgericht Düsseldorf diesem Antrag stattgegeben und die Kosten des Verfahrens den Antragstellerinnen 1 als Gesamtschuldnern auferlegt. Im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung der Parteien hat die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 1. Uli 2009 zurückgenommen.
Mit Verfügung vom 4. Februar 2010 hat der Vorsitzende der Gebrauchsmusterabteilung den Antragstellerinnen 1 mitgeteilt, dass für ihren Löschungsantrag nur eine Gebühr gezahlt worden war. Dagegen wäre gemäß der Vorbemerkung (2) zu Teil A des Gebührenverzeichnisses in der Anlage zu § 2 PatKostG die Löschungsantragsgebühr nach Nr. 323 100 des Gebührenverzeichnisses von jeder der beiden Antragstellerinnen 1 zu zahlen gewesen. Bei dieser Verfahrenslage sei zu prüfen, ob gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG von der Zurücknahme aller gestellten Löschungsanträge ausgegangen werden müsse.
Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2010, eingegangen beim DPMA am selben Tag, reichten die Antragstellerinnen 1 eine weitere Einzugsermächtigung über einen Betrag von 300,-- € zu den Akten mit der – hilfsweise vorgetragenen - Bitte, diese Zahlung einzuziehen und als rechtzeitig zu behandeln.
Mit Beschluss vom 28. September 2010, der im schriftlichen Verfahren ergangen ist, hat die Gebrauchsmusterabteilung die Antragstellerinnen 1 in die Frist für die Zahlung der Löschungsantragsgebühren wieder eingesetzt. Dagegen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 Anhörungsrüge erhoben mit der Begründung, wegen § 17 Abs. 3 Satz 1 GebrMG hätte über den Wiedereinsetzungsantrag der Antragstellerinnen 1 auf der Grundlage einer mündlichen Verhandlung entschieden werden müssen.
Jeweils unter dem 28. Oktober 2011 ist den Antragstellerinnen 1 und der Antragsgegnerin ein Schreiben des DPMA zugegangen, in dem es heißt, die Abteilung habe beschlossen, der Anhörungsrüge der Antragsgegnerin abzuhelfen und das Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag der Antragstellerinnen 1 fortzuführen. Die Abteilung erachte die Anhörungsrüge für begründet, weil eine stattgebende Entscheidung der Abteilung über den Wiedereinsetzungsantrag der Antragstellerinnen 1 nicht ohne mündliche Verhandlung hätte ergehen dürfen. Über den Wiedereinsetzungsantrag werde verbunden in der Verhandlung über den Löschungsantrag verhandelt werden, § 238 ZPO. Im Kopf dieses Schreibens wird als Bearbeiter der Vorsitzende der Gebrauchsmusterabteilung I angegeben.
Unter dem Text des Schreibens befindet sich eine Namenszeile mit den Namen des Vorsitzenden der Gebrauchsmusterabteilung, des Beisitzers und der Beisitzerin. Diese Texte sind den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen 1 und der Antragsgegnerin jeweils per Empfangsbekenntnis zugestellt worden.
Mit Schriftsatz 5. Juli 2010, eingegangen beim DPMA am 9. Juli 2010, hat die frühere Antragstellerin 2, die damalige B2… AG, …straße in M…, und frühere Beschwerdegegnerin 2 (im Folgenden: frühere Antragstellerin 2) den Antrag gestellt, das Streitgebrauchsmuster gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG zu löschen, weil sein Gegenstand nicht schutzfähig i. S. v. §§ 1 bis 3 GebrMG sei. Am selben Tag hat die frühere Antragstellerin 2 einen Abbuchungsauftrag für die Löschungsgebühr beim DPMA eingereicht. Der Löschungsantrag vom 9. Juli 2010 ist der Antragsgegnerin ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 26. Juli 2010 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 26. August 2010, eingegangen beim DPMA am selben Tag, und damit rechtzeitig, hat die Antragsgegnerin gegen den Löschungsantrag Widerspruch eingelegt. Das sich anschließende Löschungsverfahren hat beim DPMA das Aktenzeichen 20 2007 018 618 Lö II 78/10 erhalten.
Die frühere Antragstellerin 2 ist von denselben Anwälten vertreten worden, die auch die Antragstellerinnen 1 vertreten. Der Löschungsantrag der Antragstellerin 2 ist im Wesentlichen auf dasselbe Material gestützt worden wie der Löschungsantrag der Antragstellerinnen 1.
Im Zeitpunkt der Antragstellung vom 9. Juli 2010 hatte die frühere Antragstellerin 2 die Rechtsform einer AG, eingetragen im Handelsregister B des Amtsgerichts Mannheim unter der Nummer … In Eintragung Nr. 1 dieses Registerblat- tes steht in Rubrik 6 unter Buchstabe b):
„Mit der „r… GmbH“ mit Sitz in U… (Amtsgericht Ulm …) wurde am 6. November 2000 mit Änderung vom 25. Januar 2001 ein Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen, dem die Hauptversammlungen vom 8. Dezember 2000 und 5. März 2001 zugestimmt haben. Auf die bei Gericht eingereichten Urkunden (Unternehmensvertrag und Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlungen und der Gesellschafterversammlung) wird Bezug genommen.“
Im April 2012 wurde der Sitz der früheren Antragstellerin 2 von M… nach U… verlegt (Handelsregister B des Amtsgerichts Mannheim Nr. … Eintragung Nr. 7). Im August 2012 wurde die frühere Antragstellerin 2 in eine GmbH umgewandelt (Handelsregister B des Amtsgerichts Ulm Nr. … Eintragung Nr. 4 und Handelsregister B des Amtsgerichts Ulm Nr. …). Mit Verschmelzungsvertrag vom 24. Juli 2013 wurde die frühere Antragstellerin 2 mit der r… GmbH in U…, verschmolzen (Handelsregister B des Amtsgerichts Ulm Nr. … Eintragung Nr. 3). Der übernehmende Rechtsträger war die r… GmbH (Handelsregister B des Amtsgerichts Ulm Nr. … Eintragung Nr. 22), die eine der beiden Antragstellerinnen 1 ist.
Die Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA hat am 3. Dezember 2012 über die Löschungsanträge der Antragstellerinnen 1 und der früheren Antragstellerin 2 verhandelt. Ausweislich des Protokolls über diese Verhandlung hat der Vorsitzende einleitend klarstellt, dass die Löschungsverfahren I 43/09 und II 78/10 mit einander verbunden seien. Weiter haben die Antragstellerinnen 1 und die Antragsgegnerin in dieser Verhandlung auch zu der Frage der Wiedereinsetzung der Antragstellerinnen 1 in die Frist für die Zahlung der Löschungsantragsgebühren streitig verhandelt.
In der Hauptsache hat die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster nach Hauptantrag mit folgender Anspruchsfassung verteidigt:
Am Schluss der Verhandlung teilte der Vorsitzende mit, dass die Entscheidung der Abteilung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 GebrMG an Verkündungs Statt zugestellt werden werde. Im weiteren Verlauf des Verfahrens sind den Verfahrensbevollmächtigten der Verfahrensbeteiligten gegen Empfangsbekenntnis Beschlusstexte mit Datum vom 11. März 2013 zugeleitet worden. Danach hatte die Gebrauchsmusterabteilung entschieden, die Antragstellerinnen 1 in die Frist zur Zahlung der Löschungsantragsgebühren wieder einzusetzen und das Streitgebrauchsmuster zu löschen.
Ihre Entscheidung in der Hauptsache hat die Gebrauchsmusterabteilung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die im Löschungsverfahren vorgelegten Antragssätze nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 bis 5 seien zwar zulässig, die Gegenstände der jeweiligen Schutzansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1, 3 und 5 seien aber durch die Entgegenhaltungen
E4 WO 2005/039620 A1 oder
E7 AHFS Drug Information, 2001, S. 1454 bis 1463, "Filgrastim"
neuheitsschädlich vorbeschrieben. Auch die Gegenstände der jeweiligen Schutzansprüche 1 gemäß Hilfsanträge 2 und 4 seien nicht schutzfähig, da sie durch den Stand der Technik gemäß E4 in Kombination mit
E5 WO 2005/042024 A1
nahe gelegt seien. Mit dem Hauptanspruch nach dem Hilfsantrag 5 fielen auch die Unteransprüche, da sie nicht Gegenstand eines spezifisch darauf gerichteten Anspruchs seien.
Gegen die Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung vom 11. März 2013 hat die Beschwerdegegnerin bei gleichzeitiger Zahlung einer Beschwerdegebühr am 12. April 2013 Beschwerde eingelegt.
Weiter sind den Verfahrensbevollmächtigten der Verfahrensbeteiligten gegen Empfangsbekenntnis Beschlusstexte mit Datum vom 22. Juli 2013 zugeleitet worden. Danach hat die Gebrauchsmusterabteilung I ihre Entscheidung vom 11. März 2013 dahin berichtigt, dass die Bezeichnung der früheren Antragstellerin 2 berichtigt und in den Tenor eine Kostenentscheidung aufgenommen wurde, die in den Beschlusstexten vom 11. März 2013 nur in den Gründen ausgesprochen worden war.
Gegen diese Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung hat die Beschwerdegegnerin bei gleichzeitiger Zahlung einer Beschwerdegebühr am 28. August 2013 eine weitere Beschwerde eingelegt.
Die am Verfahren beteiligten Parteien haben im Löschungs- und Beschwerdeverfahren folgende Druckschriften herangezogen, wobei hinsichtlich der weiteren von den Antragstellerinnen angeführten Dokumente auf den Inhalt der Verfahrensakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen wird:
E3 WO 94/14466 A1
E4 WO 2005/039620 A1
E5 WO 2005/042024 A1
E6 Herman, A. C., et al., "Characterization, Formulation, and Stability of Neupogen® (Filgrastim), a Recombinant Human Granulocyte-Colony Stimulating Factor", In: Pearlman, R., Wang, Y. J. (Eds.), "Formulation, Characterization, and Stability of Protein Drugs", Plenum Press, New York 1996, S. 303 bis 328
E7 AHFS Drug Information, 2001, S. 1454 bis 1463, "Filgrastim"
Ag1 LG Düsseldorf, Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren 4a O 29/09, verkündet am 9. Juni 2009
Ag2 DE 20 2007 018 629 U1
Ag4 WO 2007/099145 A1
Ag5 EP 373 679 A2
Ag6 DE 10 2007 040 932 A1
Ag6' AHFS Drug Information, 1998, S. 1220 bis 1229, "Filgrastim"
Ag7 AHFS Drug Information, 1999, S. 1310 bis 1319, "Filgrastim"
Ag8 EMEA, "Assessment Report For Ratiograstim", Doc.Ref.: EMEA/502481/2008, 2008, 58 Seiten
Ag8' Email-Korrespondenz vom 4. Februar 2010
Ag9 Rote Liste, 1992, ECV Editio Cantor Verlag, Aulendorf, 50025 Neupogen 30/48
Ag10 AHFS Drug Information, 1993, S. 858 bis 864, "Filgrastim"
Ag13 Erwiderung auf den Bescheid vom 7. August 2008 in der parallelen deutschen Patentanmeldung 10 2007 040 932.1-41 vom 16. Oktober 2008
Ag14 WO 2009/027076 A1
Ag15 Erwiderung auf den Bescheid vom 8. April 2010 in der europäischen Patentanmeldung Nr. 08 785 714.0-1219 der Antragstellerin vom 18. August 2010 mit den Anlagen "Declaration by Dr. Walter Hinderer" vom 26. Juli 2010 und r... "Presse release " vom September 2008
Ag17 Europäisches Patentamt, Anmeldung Nr./Patent Nr. 08 785 714.0 / 2076243, Auszug aus Bescheid vom 21. Mai 2012
Ag18 Europäisches Patentamt, Anmeldung Nr./Patent Nr. 08 785 714.0-1455 / 2076243, Ladung zur mündlichen Verhandlung mit Ladungszusatz, 21. Oktober 2013.
II. Zur elektronische Aktenführung
1. Mit Wirkung vom 1. Juni 2011 hat das Deutsche Patent- und Markenamt für die Patent- und Gebrauchsmusterverfahren die elektronische Aktenführung eingeführt. Die technische Architektur und die Funktionen dieser elektronischen Akten werden bestimmt durch das IT-System der elektronischen Akte DPMApatente/gebrauchsmuster (DPMApat/gbm). In der Anfangszeit sah dieses System für die Niederlegung abschließender Entscheidungen in den Akten sowie für die Zustellung dieser Entscheidungen bei den Verfahrensbeteiligten technische Abläufe vor, deren verfahrensrechtliche Beurteilung für das Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren Gegenstand des Senatsbeschlusses vom 25. August 2014 mit dem Aktenzeichen 35 W (pat) 413/12 (im Folgenden: Senatsbeschluss vom 25.08.2014) sowie der parallelen Beschlüsse vom selben Tage mit den Aktenzeichen 35 W (pat) 404/12, 35 W (pat) 408/12 und 35 W (pat) 418/12 war (die vier Beschlüsse sind einsehbar in der fortlaufenden Entscheidungssammlung des Bundespatentgerichts auf www.bundespatentgericht.de). In diesen Verfahren ging es um abschließende Entscheidungen, die nicht verkündet worden waren, sondern die den Verfahrensbeteiligten im Zuge eines schriftlichen Verfahrens oder – wie im vorliegenden Beschwerdeverfahren – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 und 5 GebrMG an Verkündungs Statt zugestellt worden waren.
Die technischen Abläufe für die Niederlegung solcher Entscheidungen in den elektronisch geführten Akten des DPMA und für deren Zustellung sind im Einzelnen dargestellt in 35 W (pat) 413/12, a. a. O., (betrifft eine Zustellung an Verkündungs Statt) und in 35 W (pat) 408/12, a. a. O., (betrifft eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren) jeweils auf S. 4 beginnend mit Gliederungspunkt I.2 bis S. 7 Gliederungspunkt I.2.4 einschließlich. Auf diese Darstellungen wird in vollem Umfang Bezug genommen.
2. Der Senat hat diese Abläufe des elektronischen Systems in einer Reihe von Punkten als grundsätzlich bedenklich und möglicherweise nicht vereinbar mit dem Charakter des Gebrauchsmuster-Löschungsverfahrens als kontradiktorischem Verfahren sowie mit den Grundsätzen der Aktenwahrheit und der Aktenklarheit beanstandet. In erster Linie ging es um das damalige System, wonach die abschließende Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung nicht als eine einzige Urdatei mit einem einzigen Beschlusstext zu den Akten kam – entsprechend der Urschrift eines Beschlusses bei einer Aktenführung in Papier - sondern dass mindestens zwei verschiedene Beschlussdateien in den Akten niedergelegt und signiert wurden, dass jede dieser Beschlussdateien regelmäßig mindestens zwei Beschlusstexte ohne Rubrum enthielt und dass alle Beschlusstexte derselben Beschlussdatei jeweils nur an einen der Verfahrensbeteiligten, bzw. an einen der beteiligten Verfahrensbevollmächtigten adressiert waren, sodass die Anzahl der in die elektronische Akte eingestellten signierten Beschlussdateien der Anzahl der Verfahrensbeteiligten, bzw. der Anzahl der beteiligten Verfahrensbevollmächtigten entsprach.
Die damaligen elektronischen Abläufe für die Zustellung der Beschlüsse bei den Verfahrensbeteiligten hat der Senat damals mit der Begründung beanstandet, dass die den Verfahrensbeteiligten zugeleiteten Dokumente schon deswegen keine Ausfertigungen im Sinne des Gesetzes sein konnten, weil sie keine Ausdrucke der signierten Beschlussdateien waren, sondern Ausdrucke nicht signierter Dateien mit Beschlusstexten.
Die beanstandeten technischen Abläufe waren ausnahmslos so angelegt, dass sie für die Mitglieder der Patent- und Gebrauchsmusterabteilungen technisch zwingend vorgegeben waren, also nicht mehr abgewandelt werden konnten.
Im Ergebnis ist der Senat sowohl im Senatsbeschluss vom 25. August 2014 als auch in den drei Parallelverfahren auf der Grundlage einer Gesamtschau aller verfahrensrechtlichen Bedenken gegen die vorgegebenen Abläufe des elektronischen Systems (a) für die Niederlegung nicht verkündeter abschließender Entscheidungen der Gebrauchsmusterabteilung in den Akten und (b) für die Zustellung dieser Entscheidungen an die Verfahrensbeteiligten von einem wesentlichem Mangel des Verfahrens vor dem Patentamt ausgegangen, der eine Aufhebung des jeweils angegriffenen Beschlusses und eine Zurückverweisung des Verfahrens zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das DPMA gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG erforderlich machte. Die vier Beschlüsse sind bestandskräftig geworden. In jedem dieser Verfahren war die Rechtsbeschwerde zugelassen und nicht eingelegt worden.
Zu gleichgelagerten Rechtsfragen der elektronischen Aktenführung beim DPMA im Patenterteilungsverfahren sind folgende Entscheidungen des Bundespatentgerichts ergangen: 19 W (pat) 16/12 vom 18. März 2013 und vom 19. Februar 2014 (letzterer Beschluss u. a. veröffentlicht in GRUR 2014, 913 ff. - Elektronischer Winkelstecker II), 20 W (pat) 24/12 vom 10. Juni 2013 und vom 13. Januar 2016, 20 W (pat) 28/12 vom 5. März 2013 und vom 12. Mai 2014. Alle vorgenannten Beschlüsse können eingesehen werden in der fortlaufenden Entscheidungssammlung des Bundespatentgerichts auf www.bundespatentgericht.de .
3. Inzwischen hat das DPMA die unter 1. angesprochenen Verfahrensabläufe des IT-Systems für die elektronische Aktenführung wie folgt verändert: Die Beschlussdateien sind insofern neu gestaltet, als dass jede Entscheidung, auch eine verkündete, in einer einzigen zu signierenden Datei mit einem (einzigen) Beschlusstext mit vollständigem Rubrum in den Akten niedergelegt wird. Nur diese Datei wird von dem erkennenden Mitglied des DPMA, bzw. von den Mitgliedern des erkennenden Spruchkörpers signiert. Für die Zustellung an die Verfahrensbeteiligten werden Kopien des einen Beschlusstextes aus der einen signierten Beschlussdatei verwandt, bzw. Ausdrucke davon.
4. Die Akten der beschwerdegegenständlichen patentamtlichen Löschungsverfahren Lö I 43/09 und Lö II 78/10 sind bis Mai 2011 in Papier und von da an elektronisch geführt worden. Für das Beschwerdeverfahren hat das DPMA dem Gericht die vorhandenen Papierakten vorgelegt und die elektronisch geführten Akten per file-transfer zur Verfügung gestellt.
Aus den elektronisch geführten Akten mit Stand vom 29. April 2013 (nach Eingang der ersten Beschwerde) und mit Stand vom 6. September 2013 (nach Eingang der zweiten Beschwerde der Antragsgegnerin) ergibt sich für das Beschwerdeverfahren Folgendes:
4.1 Die Mitteilung der Gebrauchsmusterabteilung vom 28. Oktober 2011 ist nicht signiert.
4.2 Die Niederlegung der Beschlusstexte vom 11. März 2013 und vom 22. Juli 2013 in den elektronisch geführten patentamtlichen Akten sowie die Zustellung dieser Texte an die Verfahrensbeteiligten ist im Wege der technischen Abläufe geschehen, wie sie zu Anfang der elektronischen Aktenführung beim DPMA galten und wie sie in dem Senatsbeschluss vom 25. August 2014, a. a. O., dort auf Seiten 4 bis 7 unter I.2, beschrieben sind. Das heißt vorliegend: Die Beschlusstexte vom 11. März 2013 sind in zwei verschiedenen und signierten Dateien niedergelegt worden. Die eine Datei enthält zwei an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin adressierte Beschlusstexte, auf die jeweils eine Rechtsmittelbelehrung folgt. Die andere Datei enthält fünf an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen 1. und 2. adressierte Beschlusstexte, auf die jeweils eine Rechtsmittelbelehrung folgt.
In den Beschlusstexten in den elektronischen Beschlussdateien tritt an die Stelle der Unterschriftenleiste, die bei einem auf Papier abgefassten Beschluss am Ende unter dem Beschlusstext steht, eine Zeile nur mit den Namen der Urheber. In den angegriffenen Beschlüssen sind das, von links nach rechts gelesen, der Name des Vorsitzenden, der Name des Beisitzenden und der Name der Beisitzenden. Diese Namenszeilen stellen sich in den beiden signierten Beschlussdateien mit dem Beschlusstext vom 11. März 2013 so dar:
Der Text unter dem mittig gestellten Namen des Beisitzenden lautet:
„Dr. G… ist wegen Urlaubs verhindert, den Beschluss zu signieren, S…“
Die beiden Beschlussdateien sind jeweils mit zwei Signaturen verbunden, das sind in beiden Fällen die Signaturen des Vorsitzenden der Gebrauchsmusterabteilung und der Beisitzenden Dr. F… Die diesen Signaturen hinterlegten Signatur- Dateien enthalten keine persönlichen Eintragungen der Signierenden.
Den beiden signierten Dateien mit Beschlusstexten vom 11. März 2013 sind jeweils zwei unsignierte Dateien mit den für die Zustellung an die Verfahrensbevollmächtigten bestimmten Dateien vorangestellt. Die eine Datei enthält zwei an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin adressierte Beschlusstexte, auf die jeweils eine Rechtsmittelbelehrung folgt. Die andere Datei enthält fünf an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen 1 und der früheren Antragstellerin 2 adressierte Beschlusstexte, auf die jeweils eine Rechtsmittelbelehrung folgt. Die – damals systemgemäße - Zustellung der Ausdrucke dieser Dateien an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin und der Antragstellerinnen erfolgte jeweils gegen Empfangsbekenntnis vom 14. März 2013.
Der Beschlusstext vom 22. Juli 2013 ist in einer einzigen signierten Datei niedergelegt worden. Diese Datei enthält jeweils zwei an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin adressierte Beschlusstexte vom 22. Juli 2013. Auf jeden dieser Texte folgen jeweils ein Beschlusstext vom 11. März 2013 und eine Rechtsmittelbelehrung.
Die Namenszeilen in den beiden Beschlusstexten vom 22. Juli 2013 stellen sich so dar:
Der Text unter dem mittig gestellten Namen des Beisitzenden lautet:
Die eine signierte Beschlussdatei mit den Beschlusstexten vom 22. Juli 2013 ist mit insgesamt zwei Signaturen verbunden, das sind die Signatur des Vorsitzenden der Gebrauchsmusterabteilung und der Beisitzenden Dr. F… Die diesen Signaturen hinterlegten Signatur-Dateien enthalten keine persönlichen Eintragungen der Signierenden.
Der einen signierten Datei mit Beschlusstexten vom 22. Juli 2013 ist eine unsignierte Datei mit den für die Zustellung an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin bestimmten Dateien vorangestellt. Diese Datei enthält jeweils zwei an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin adressierte Beschlusstexte vom 22. Juli 2013. Auf jeden dieser Texte folgen jeweils ein Beschlusstext vom 11. März 2013 und eine Rechtsmittelbelehrung. Die Zustellung dieser Texte an die Verfahrensbevollmächtigen der Antragsgegnerin erfolgte gegen Empfangsbekenntnis vom 29. Juli 2013.
4.3 Mit Schreiben des Vorsitzenden der Gebrauchsmusterabteilung vom 23. Juli 2013 sind Kopien des an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin adressierten Beschlusstextes vom 22. Juli 2013 gegen Empfangsbekenntnis vom 29. Juli 2013 den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen zugestellt worden.
III. Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass die Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilung I vom 11. März 2013 und vom 22. Juli 2013 an wesentlichen Verfahrensfehlern leiden und deswegen gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG aufgehoben werden müssten. Diese Verfahrensfehler seien so schwerwiegend, dass das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Patentamt zurückverwiesen werden müsse. Das folge schon daraus, dass die beiden angegriffenen Beschlüsse nach dem anfänglichen System für die elektronische Aktenführung beim DPMA in den patentamtlichen Akten niedergelegt und den Verfahrensbeteiligten zugeleitet worden sind. Insoweit sei die Verfahrenslage dieselbe, wie sie dem Senat bei den parallelen Beschlussfassungen vom 25. August 2014 in Sachen 35 W (pat) 413/12, 35 W (pat) 404/12, 35 W (pat) 408/12 und 35 W (pat) 418/12 zur Beurteilung vorgelegen hätte.
Die beiden angegriffenen Beschlüsse seien auch deshalb nicht wirksam zustande gekommen, weil die entsprechenden Beschlussdateien nicht ordnungsgemäß signiert worden seien.
Insoweit der Beschluss vom 11. März 2013 die Antragstellerinnen 1 in die versäumte Frist für die Zahlung der zwei Löschungsantragsgebühren wieder einsetzen sollte, sei diese Entscheidung verfahrensrechtlich fehlerhaft, weil noch nicht abschließend über die Anhörungsrüge der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2010 entschieden worden sei. Die von dem Vorsitzenden der Gebrauchsmusterabteilung veranlasste Mitteilung vom 28. Oktober 2011 hätte sich für die Verfahrensbeteiligten als Beschlusstext dargestellt, tatsächlich sei dieser Text in den insoweit elektronisch geführten Akten des DPMA von keinem der scheinbaren Urheber signiert worden. Die Entscheidung vom 11. März 2013 über die Wiedereinsetzung sei auch in der Sache falsch gewesen, weil kein gesetzlicher Wiedereinsetzungsgrund bestanden habe.
Der Löschungsantrag der Antragstellerinnen 1 vom 9. April 2009 müsse gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als zurückgenommen gelten, weil die zwei fällig gewordenen Löschungsantragsgebühren nicht innerhalb der in § 6 Abs. 1 PatKostG bestimmten Frist von drei Monaten nach Antragsstellung gezahlt worden seien und eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nicht geschehen sei.
Der Löschungsantrag der früheren Antragstellerin 2 sei unzulässig, weil diesem Antrag wegen des im Juli 2010 bereits anhängigen Löschungsantrages der r… GmbH vom 9. April 2009 der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegenstand und unverändert entgegenstehe. Als untergeordnete Konzerntochter der r… GmbH hätte sich die frühere Antragstellerin 2 den Löschungsantrag der r… GmbH wie einen eigenen entgegenhalten lassen müssen. Außerdem ist die Antragsgegnerin der Auffassung, dass der Löschungsantrag der Antragstellerin 2 nicht in deren Interesse, sondern im Auftrage und im Interesse der r… GmbH gestellt worden sei. Deren gemeinsam mit der C… GmbH gestellter Löschungsantrag vom 9. April 2009 sei wegen der nicht rechtzeitigen Zahlung der mit diesem Löschungsantrag fällig gewordenen zwei Löschungsantragsgebühren gefährdet gewesen.
Jedenfalls mit der Verschmelzung zwischen der r… GmbH als die aufnehmende Gesellschaft und der Antragstellerin 2 im Juli 2013 sei deren Verfahrensstellung im Löschungsverfahren auf die r… GmbH übergegangen und damit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig geworden. Denn nunmehr hätte die r… GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin der früheren Antragstellerin 2 deren Verfahrensstellung als Löschungsantragstellerin im Löschungsverfahren vor dem DPMA erlangt und diese Verfahrensstellung sei auf dasselbe Petitum gerichtet wie der Löschungsantrag der r… GmbH vom 9. April 2009.
In der Hauptsache verfolgt die Antragsgegnerin ihr Schutzbegehren auf der Grundlage des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 4 vom 28. August 2013, die identisch sind zu den jeweiligen Antragssätzen vom 12. April 2013, und der Hilfsanträge 5 bis 9 vom 8. Mai 2014.
Die Schutzansprüche 1 bis 5 nach Hauptantrag aus den Beschwerdeschriftsätzen vom 28. August 2013 und 12. April 2013 lauten:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid, Sorbitol als isotonisierendes Mittel, Natriumionen und Wasser und darüber hinaus keine weiteren Inhaltsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert zwischen 4,2 und 4,3 aufweist, zur Verwendung als Arzneimittel.
2. Formulierung nach Anspruch 1 mit einem pH-Wert von4,25.
3. Formulierung nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Konzentration des Acetat-Puffers zwischen 2 und 50 mmol/l beträgt.
4. Formulierung nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Konzentration des Acetat-Puffers 10 mmol/l beträgt.
5. Formulierung nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei der pH-Wert mit NaOH eingestellt wurde.“
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 aus den Beschwerdeschriftsätzen vom 28. August 2013 und 12. April 2013 lautet:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid, Sorbitol als isotonisierendes Mittel, Natriumionen und Wasser und darüber hinaus keine weiteren Inhaltsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert im Bereich von 4,2 und 4,3 aufweist, zur Verwendung in der Behandlung von Neutropenie als Folge von Chemotherapie.“
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 aus den Beschwerdeschriftsätzen vom 28. August 2013 und 12. April 2013 lautet:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid und optional pharmazeutisch annehmbare Hilfsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert im Bereich von 4,2 und 4,3 aufweist, als pharmazeutisch annehmbaren Hilfsstoff Sorbitol enthält und Polysorbat 80 in einer Konzentration von 0,006 % (w/v) enthält.“
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 aus den Beschwerdeschriftsätzen vom 28. August 2013 und 12. April 2013 lautet:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid und Sorbitol als isotonisierendes Mittel, wobei die Formulierung einen pH-Wert zwischen 4,2 und 4,3 aufweist, wobei der pH mit NaOH eingestellt wurde.“
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 aus den Beschwerdeschriftsätzen vom 28. August 2013 und 12. April 2013 lautet:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid, Sorbitol als isotonisierendes Mittel, Natriumionen und Wasser und darüber hinaus keine weiteren Inhaltsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert im Bereich von 4,2 und 4,3 aufweist und abgefüllt in einer Fertigspritze vorliegt.“
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 aus dem Schriftsatz vom 8. Mai 2014 lautet:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid, Sorbitol als isotonisierendes Mittel, Natriumionen und Wasser und darüber hinaus keine weiteren Inhaltsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert zwischen 4,2 und 4,3 aufweist und der Gehalt an aktiven G-CSF-Molekülen nach dreimonatiger Lagerung der G-CSF-Flüssigformulierung bei 25°C 80 % oder mehr der Ausgangskonzentration beträgt, zur Verwendung als Arzneimittel.“
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 aus dem Schriftsatz vom 8. Mai 2014 lautet:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid, Sorbitol als isotonisierendes Mittel, Natriumionen und Wasser und darüber hinaus keine weiteren Inhaltsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert im Bereich von 4,2 und 4,3 aufweist und der Gehalt an aktiven G-CSF-Molekülen nach dreimonatiger Lagerung der G-CSF-Flüssigformulierung bei 25°C 80 % oder mehr der Ausgangskonzentration beträgt, zur Verwendung in der Behandlung von Neutropenie als Folge von Chemotherapie.“
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 aus dem Schriftsatz vom 8. Mai 2014 lautet:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid und optional pharmazeutisch annehmbare Hilfsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert im Bereich von 4,2 und 4,3 aufweist, als pharmazeutisch annehmbaren Hilfsstoff Sorbitol enthält und Polysorbat 80 in einer Konzentration von 0,006 % (w/v) enthält und der Gehalt an aktiven G-CSF-Molekülen nach dreimonatiger Lagerung der G-CSF-Flüssigformulierung bei 25°C 80 % oder mehr der Ausgangskonzentration beträgt.“
Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 aus dem Schriftsatz vom 8. Mai 2014 lautet:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid und Sorbitol als isotonisierendes Mittel, wobei die Formulierung einen pH-Wert zwischen 4,2 und 4,3 aufweist, wobei der pH mit NaOH eingestellt wurde und der Gehalt an aktiven G-CSF-Molekülen nach dreimonatiger Lagerung der G-CSF-Flüssigformulierung bei 25°C 80 % oder mehr der Ausgangskonzentration beträgt.“
Auf den Wortlaut der jeweiligen Schutzansprüche 2 bis 5 nach den Hilfsanträgen 1 und 4 bis 6, der jeweiligen Schutzansprüche 2 bis 10 nach den Hilfsanträgen 2 und 7 sowie der jeweiligen Schutzansprüche 2 bis 9 gemäß Hilfsanträgen 3 und 8 wird auf die Akten verwiesen.
Die Schutzansprüche 1 bis 5 nach Hilfsantrag 9 aus dem Schriftsatz vom 8. Mai 2014 lauten:
“1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid, Sorbitol als isotonisierendes Mittel, Natriumionen und Wasser und darüber hinaus keine weiteren Inhaltsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert im Bereich von 4,2 bis 4,3 aufweist und abgefüllt in einer Fertigspritze vorliegt, wobei der Gehalt an aktiven G-CSF-Molekülen nach dreimonatiger Lagerung der G-CSF-Flüssigformulierung bei 25°C 80 % oder mehr der Ausgangskonzentration beträgt.
2. Formulierung nach Anspruch 1, wobei der pH-Wert 4,25 ist.
3. Formulierung nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Konzentration des Acetat-Puffers zwischen 2 und 50 mmol/l beträgt.
4. Formulierung nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Konzentration des Acetat-Puffers 10 mmol/l beträgt.
5. Formulierung nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei der pH mit NaOH eingestellt wurde.“
Die Antragsgegnerin hält das Streitgebrauchsmuster aus folgenden Gründen für schutzfähig:
Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei nicht unzulässig erweitert, da anhand zahlreicher Belege in der Beschreibung des Streitgebrauchsmusters aus Sicht des Fachmanns kein Zweifel bestehen könne, dass die Verwendung der erfindungsgemäßen Formulierung als Arzneimittel Gegenstand der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung gewesen sei.
Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag sei zudem neu gegenüber den Druckschriften E4 und E7. E4 sei auf Succinat- und Tartrat-haltige G-CSF-Zusammensetzungen gerichtet. Eine Acetat-haltige G-CSF-Zusammensetzung sei darin nur als Vergleichsformulierung für Stabilitätstests beschrieben. Eine Verwendung dieser Vergleichsformulierung als Arzneimittel sei gemäß E4 nicht beabsichtigt, wobei zu berücksichtigen sei, dass durch die Beanspruchung als Arzneimittel die Eignung des Stoffes für einen bestimmten medizinischen Zweck Gegenstand des Anspruchs sei. Auch E7 nehme den Streitgegenstand nicht vorweg, da man einzelne Merkmale verschiedener in E7 offenbarter Ausführungsformen kombinieren müsste, um zur erfindungsgemäßen Formulierung zu gelangen.
Außerdem weise der Streitgegenstand auch gegenüber E5 und E6 einen erfinderischen Schritt auf. E5 betreffe die Vermeidung von Tensiden in G-CSF-Flüssigformulierungen und offenbare daher einen anderen Formulierungsweg als das Streitgebrauchsmuster. Diese Druckschrift zeige zudem nicht die Lehre auf, den pH-Wert der Formulierung B2a auch für die Formulierung B-1e-2 zu verwenden oder zur Formulierung B2a Polysorbat 80 hinzuzufügen. E5 könne daher die streitgebrauchsmustergemäße Flüssigformulierung nicht nahe legen. E6 untersuche andere Puffersysteme zur Stabilisierung der G-CSF-Formulierung bei pH 4,0 als den streitgebrauchsmustergemäßen Acetatpuffer und gebe somit keinen Anreiz, das herkömmliche Acetatpuffersystem zu verwenden und zugleich den pH-Wert in den streitpatentgemäßen Bereich zu erhöhen, zumal die A1… als Originatorfirma der G-CSF-Flüssigformulierung dem Fachmann in Ag5 einen optimalen pH-Bereich von unter 4 für diese Formulierung lehre.
Schließlich sei der Streitgegenstand auch nacharbeitbar. Denn gemäß Absatz [0052] der Streitgebrauchsmusterschrift erfolge die Herstellung der erfindungsgemäßen Formulierung nach im Stand der Technik üblichen Methoden. Zudem bestätige der obere Graph der Abbildung 2 des Streitgebrauchsmusters, dass die erfindungsgemäße Formulierung tatsächlich die geforderte Stabilität aufweise.
Die Anspruchssätze der Hilfsanträge 1 bis 9 seien zulässig, da sich das Merkmal "Neutropenie als Folge von Chemotherapie" aus den Absätzen [0002] und [0035], das Merkmal "Konzentration von 0,006 % (w/v) an Polysorbat 80" aus dem Absatz [0017], das Merkmal "Einstellung des pH-Werts mit NaOH" aus dem Anspruch 10, das Merkmal "Abfüllung in einer Fertigspritze" aus Absatz [0054] und das Merkmal "Gehalt von 80 % der Ausgangskonzentration an aktiven G-CSF-Molekülen nach dreimonatiger Lagerung bei 25°C" aus dem Absatz [0057] jeweils der Streitgebrauchsmusterschrift ergebe.
Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 sei aus denselben Gründen schutzfähig wie der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, da die in E4 offenbarte Formulierung nicht zur medizinischen Verwendung bestimmt sei und E7 keine Formulierung mit der erfindungsgemäßen Zusammensetzung aufzeige. Beim Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 sei die Menge an Polysorbat gegenüber der im Dokument E4 offenbarten Konzentration nicht nur geringfügig höher sondern für eine pharmazeutische Formulierung beträchtlich erhöht. Es sei auch kein experimenteller Nachweis dafür zwingend erforderlich, dass der beanspruchte Gegenstand die Aufgabe der Erfindung löse, wenn es aufgrund der Umstände ausreichend wahrscheinlich sei, dass die Aufgabe der Erfindung gelöst sei. Dies gehe aus Ag15 hervor. Hinsichtlich des im Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 hinzugekommenen Merkmals verweist die Antragsgegnerin auf einschlägige Kommentare, nach denen die Charakterisierung eines Produkts durch das Verfahren zu seiner Herstellung zulässig sei. Zudem wirke sich das beanspruchte Verfahrensmerkmal auf die beanspruchte Formulierung aus, da dadurch festgelegt sei, das Natriumionen in der Formulierung vorlägen, wodurch sich diese von Formulierungen unterscheide, bei denen der pH-Wert auf andere Weise eingestellt werde. Die Aufnahme dieses Merkmals gehe somit über die bloße Aggregation von Merkmalen hinaus. Dadurch unterscheide sich der Gegenstand gemäß Hilfsantrag 3 auch von der Formulierung gemäß E4, da darin nicht offenbart sei, dass die in Tab. 10 offenbarte Vergleichsformulierung 3 Natriumionen enthalte. Dieser Gegenstand sei auch gegenüber E5 erfinderisch, da E5 insgesamt von der Verwendung von Polysorbat in der G-CSF-Flüssigformulierungen abrate und man somit ausgehend von E5 nicht zur Flüssigformulierung gemäß Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 gelangt wäre, die Polysorbat 80 enthalte. Auch der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 sei neu gegenüber E4 und E7, da keines dieser beiden Dokumente eine Fertigspritze offenbare, die eine Flüssigformulierung mit den im 4. Hilfsantrag geforderten Bestandteilen enthalte. Zudem lege keines der Dokumente des Standes der Technik eine Acetat-gepufferte, Polysorbat-haltige G-CSF-Formulierung mit einem pH-Wert von 4,2 bis 4,3 nahe, die abgefüllt in einer Fertigspritze vorliegt und für die therapeutische Anwendung vorgesehen ist. Die Hilfsanträge 5 bis 9 gäben zusätzlich an, dass der Gehalt an aktiven G-CSF-Molekülen nach dreimonatiger Lagerung der Formulierung bei 25°C noch 80% oder mehr der Ausgangskonzentration betrage. Mit diesen Hilfsanträgen werde der Streitgegenstand weiter gegenüber der E4 abgegrenzt.
Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung die Anträge Nr. 1 bis 3, 6 und 7 aus dem Schriftsatz vom 24. Mai 2016 gestellt. Diese lauten:
1. festzustellen, dass der Löschungsantrag der Antragstellerin zu 2 unzulässig ist,
2. festzustellen, dass der Beschluss vom 28. Oktober 2011 über die Abhilfe der Anhörungsrüge, der Beschluss vom 11. März 2013 über die Wiedereinsetzung der Antragstellerinnen zu 1 in die Frist zur Zahlung der Gebühren für das Löschungsverfahren und über die Löschung des Gebrauchsmusters und der Berichtigungsbeschluss vom 22. Juli 2013 unwirksam sind und nicht wirksam zugestellt wurden,
3. angesichts der Verfahrensfehler das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren unter Aufhebung der genannten Beschlüsse an das DPMA gemäß § 79 III Nr. 2 PatG zurückzuverweisen.
6. hilfsweise:
die Beschlüsse vom 11. März 2013 und vom 22. Juli 2013 über die Löschung des Gebrauchsmusters aufzuheben und das Gebrauchsmuster auf Basis des mit der Beschwerde vom 12. April 2013 eingereichten Hauptantrags,
hilfsweise
auf Basis eines der Hilfsanträge 1 bis 4, eingereicht mit der Beschwerde vom 12. April 2013,
hilfsweise:
auf Basis eines der Hilfsanträge 5 bis 9, eingereicht mit Schriftsatz vom 8. Mai 2014, aufrechtzuerhalten,
7. die Kosten des Verfahrens den Antragstellerinnen aufzuerlegen.
Weiter regt die Antragsgegnerin an, mit Rücksicht auf die Entscheidung 35 W (pat) 413/12 und die Parallelentscheidungen dazu die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sofern die Beschwerde zurückgewiesen wird.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die Beschwerde der Antragsgegnerin kostenpflichtig zurückzuweisen.
Weiter haben die Antragstellerinnen angeregt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen für den Fall, dass der Senat einen der Löschungsanträge der r… GmbH aufgrund der aufnehmenden Fusion für unzulässig halten sollte.
Die Antragstellerinnen 1 treten den verfahrensrechtlichen Einwänden der Antragsgegnerin gegen das Verfahren vor dem DPMA in allen Punkten entgegen. Die r… GmbH meint u. a., dass der Löschungsantrag der früheren Antragstellerin 2 zulässig sei und dass dieser Antrag zusammen mit der damit begründeten Verfahrensstellung der Antragstellerin 2 im Löschungsverfahren 20 2007 018 618 Lö I 43/09 im Zuge der Verschmelzung der früheren Antragstellerin 2 auf die r… GmbH auf diese als gesonderte Rechte übergegangen seien. Nach dieser Auffassung vertritt die r… GmbH im Beschwerdeverfahren zwei nebeneinander stehende, zulässige und auf dasselbe Petitum gerichtete Löschungsanträge – den der Antragstellerinnen 1 und den der früheren Antragstellerin 2.
Ihre Löschungsanträge haben die Antragstellerinnen 1 wie folgt begründet:
Die sich auf die 1. medizinische Indikation beziehenden Gegenstände des Hauptantrags sowie des Hilfsantrags 5 seien nicht zulässig, weil das Gebrauchsmustergesetz ausdrücklich keinen Schutz für die 1. medizinische Indikation biete. Die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Hilfsanträgen 1 und 6 seien auf den Schutz für eine 2. medizinische Indikation gerichtet, deren Zulässigkeit nach dem Gebrauchsmustergesetz in der Rechtsprechung bisher offen geblieben sei. Allerdings wäre es juristisch nicht nachvollziehbar, warum auf der Grundlage des Gebrauchsmustergesetzes der Schutz für die 2. medizinische Indikation möglich sein soll, wenn das Gebrauchsmustergesetz für den Schutz der 1. medizinischen Indikation keinen Raum lässt.
Die neu hinzugekommenen Merkmale in den jeweiligen Schutzansprüchen 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1, 2 und 4 bis 9 seien nicht durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt. So sei an keiner Stelle des Gebrauchsmusters unmittelbar und eindeutig offenbart, dass die beanspruchte Erfindung Arzneimittel von G-CSF-Flüssigformulierungen betreffe. Beispielsweise könnten die streitgebrauchsmustergemäßen Formulierungen auch als Vergleichslösungen und/oder Reagenzien für in vitro-Tests dienen. Auch das Merkmal "zur Verwendung in der Behandlung von Neutropenie als Folge von Chemotherapie" werde nur im Zusammenhang mit dem Stand der Technik, von dem das Streitgebrauchsmuster ausgehe, und nicht als erfindungsgemäßes Merkmal angeführt. Durch das Merkmal "abgefüllt in einer Fertigspritze vorliegt" würden nunmehr weitere Gegenstände umfasst, so dass neben der Flüssigformulierung von G-CSF auch eine Fertigspritze in verschiedensten Ausführungsformen und damit eine Vorrichtung mit geschützt sei, die durch die eingetragene Schutz Anspruchsfassung nicht umfasst war.
Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag sei auch nicht nacharbeitbar. Denn um als Arzneimittel tauglich zu sein, müssten die in der Formulierung enthaltenen G-CSF-Moleküle eine Stabilität aufweisen, die zumindest derjenigen der Referenzlösung Neupogen® entspreche. Dazu zeige das Streitgebrauchsmuster weder ein Beispiel auf, wie lagerstabile G-CSF-Flüssigformulierungen hergestellt werden könnten, noch weise das Beispiel des Gebrauchsmusters die erforderliche Stabilität nach. Vielmehr belege Abbildung 1 des Gebrauchsmusters, dass es zu einer gegenüber der Referenzlösung Neupogen® erhöhten Dimerbildung komme, d. h. Proteinaggregationen gegenüber Neupogen® zu beobachten seien. Hinsichtlich der Hilfsanträge 5 bis 9 lägen keine Stabilitätsdaten für 25 °C vor. Die basierend auf der Abbildung offenbarten Stabilitätsdaten bei 30 °C könnten nicht herangezogen werden, da der Fachmann wohl wisse, dass im pharmazeutischen Bereich minimale Temperaturunterschiede, insbesondere bei proteinhaltigen Formulierungen, zu wesentlichen Stabilitätsproblemen führen könnten.
Alle Merkmale gemäß geändertem Schutzanspruch 1 des Hauptantrags seien bereits in Anlage E4 offenbart. E4 betreffe zwar Formulierungen, die erfindungsgemäß Succinat und/oder Tartrat enthielten, jedoch sei nichtsdestotrotz auch die Acetat-haltige Formulierung 3 als Arzneimittel offenbart. Auch die E7 offenbare mit der Zusammensetzung von Neupogen® G-CSF-Flüssigformulierungen, die sämtliche Bestandteile des Schutzanspruchs 1 bei einem pH-Wert von 3,8 bis 4,2 und damit auch im streitgebrauchsmustergemäßen pH-Wertbereich enthielten.
Ausgehend von E6 beruhe die beanspruchte G-CSF-Flüssigformulierung auch nicht auf einem erfinderischen Schritt. E6 gebe die Anregung, in diesen Formulierungen das Mannitol aufgrund dessen Neigung zum Auskristallisieren während des Einfrierens durch Sorbitol auszutauschen, um eine in einem pH-Bereich von 4 bis 5 stabile Formulierung zu erhalten. Da zudem die E6 angebe, dass bei niedrigem pH-Wert eine erhöhte Stabilität zu beobachten sei, sei es nicht erfinderisch gewesen, den beanspruchten Bereich von 4,2 bis 4,3 für die aus E7 bekannte G-CSF-Flüssigformulierung zu ermitteln, zumal E7 ausdrücklich lehre, dass das Handelsprodukt Filgrastim über einem pH Bereich von 3,8 bis 4,2 stabil sei. Auch in Zusammenschau mit E5 komme der Fachmann zum Streitgegenstand, da E5 angebe, dass die dortige G-CSF-Formulierung bei einem pH-Wert zwischen 4 und 5, insbesondere zwischen 4,2 und 4,8 stabil sei.
Da eine Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid, Sorbitol als isotonisierendes Mittel, Natriumionen und Wasser, bereits aus E7 bekannt sei, wobei diese Formulierung einen pH-Wert von 3,8 bis 4,2 aufweise, könnten auch die zusätzlichen Merkmale in den jeweiligen Schutzansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 und 4 die Neuheit nicht begründen. Denn E7 offenbare auch die Verwendung der beschriebenen G-CSF-Flüssigformulierung zur Behandlung von Neutropenie als Folge von Chemotherapie sowie die Abfüllung dieser Formulierung in einer Fertigspritze. Dasselbe gelte auch hinsichtlich der E4. Das zusätzliche Merkmal im Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 könne den erfinderischen Schritt ebenfalls nicht ausmachen. Denn bei der beanspruchten Polysorbatkonzentration von 0,006 % (w/v) handele es sich um einen im Stand der Technik üblicherweise für den Zweck der Stabilisierung von G-CSF-Formulierungen verwendete Konzentration. Zudem werde mit dieser Konzentration kein verbundener Effekt beschrieben, der einen erfinderischen Schritt begründen könne. Auch mit dem zusätzlichen Merkmal im Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 werde kein technischer Effekt im Streitgebrauchsmuster beschrieben oder gar als erfindungswesentlich offenbart. Zudem beschreibe auch E4 die Einstellung des pH-Werts mit Hilfe von beispielsweise Natriumhydroxid. Schließlich sei unklar wie der pH-Wert von 4,2 bis 4,3 mit NaOH einzustellen sei, da Acetat zumindest in der Form seines Natriumsalzes bereits basisch sei und bei weiterer Zugabe von NaOH der pH-Wert nicht verringert werden könne. Damit sei auch die Nacharbeitbarkeit des Gegenstands dieses Anspruches nicht gegeben. Schließlich könne das in den Hilfsanträgen 5 bis 9 gegenüber dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 4 zusätzlich aufgenommene Merkmal "der Gehalt an aktiven G-CSF Molekülen nach dreimaliger Lagerung der G-CSF Formulierung bei 25 °C 80 % oder mehr der Ausgangskonzentration beträgt" die Zulässigkeit und Schutzfähigkeit des Streitgegenstands begründen. Vielmehr könne dieses Merkmal nicht nachgearbeitet werden, da das Streitgebrauchsmuster keine Definition oder Bestimmungsmethode für "aktive" G-CSF-Moleküle offenbare und es keine Standardverfahren dafür gebe. Zudem gebe auch E7 an, dass die Filgrastim-Injektionen mit einem pH-Wert von bis zu 4,2 stabil seien. Ferner sei dieses Merkmal nicht mit einem technischen Effekt verbunden. Es handele sich vielmehr lediglich um ein willkürlich ausgewähltes Merkmal, das sich aus dem Stand der Technik üblicherweise ergebe. Schließlich sei die Kombination sämtlicher Merkmale im jeweiligen Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsanträge 5 bis 9 nicht dem Streitgebrauchsmuster zu entnehmen, so dass diese Hilfsanträge bereits wegen unzulässiger Erweiterung zurückzuweisen seien.
Für die weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verfahrensakten in beiden Instanzenzügen.
B.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA vom 11. März 2013 und vom 22. Juli 2013 sind wirksam zustande gekommen. Das Verfahren ist nicht gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG an das DPMA zurückzuverweisen, denn der Senat hat keinen wesentlichen Fehler des Verfahrens vor dem Patentamt i. S. v. § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG festgestellt. Die Gebrauchsmusterabteilung hat zu Recht die Löschung des Streitgebrauchsmusters gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG wegen fehlender Schutzfähigkeit angeordnet.
I. Auf Seiten der Antragstellerinnen 1 sind seit August 2013 an dem Beschwerdeverfahren beteiligt: Die r… GmbH in U…, und die A… GmbH in U…, diese als Rechtsnachfolgerin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge der C… GmbH. Die frühere Antragstellerin 2 hat mit ihrer Verschmelzung mit der r… GmbH in U…, im Juli 2013 aufgehört zu bestehen. Damit hat auch ihre Stellung als Verfahrensbeteiligte des Beschwerdeverfahrens geendet. Ihre Rechtsnachfolgerin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ist die r… GmbH in U…
II. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 12. April 2013. Mit dieser Beschwerde hat die Antragsgegnerin den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 11. März 2013 angegriffen, der die Hauptsache betraf. Diese Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat beim DPMA eingereicht worden; denn der Beschluss vom 11. März 2013 ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 14. März 2013 zugestellt worden. Das belegt das bei den insoweit elektronisch geführten patentamtlichen Akten befindliche Empfangsbekenntnis dieser Verfahrensbevollmächtigten.
Dagegen ist die Beschwerde vom 28. August 2013, mit der die Antragsgegnerin den Berichtigungsbeschluss vom 22. Juli 2013 angegriffen hat, gegenstandslos. Denn der Berichtigungsbeschluss betrifft nur Berichtigungen von offenkundigen Unrichtigkeiten i. S. v. § 95 PatG und keine Ergänzung des Beschlusses vom 11. März 2013 entsprechend § 321 ZPO (zur entsprechenden Anwendbarkeit von § 95 PatG im patentamtlichen Verfahren Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 8. Auflage 2016, § 47 Pat Rdnr. 68 mit Hinweis auf BPatGE 50, 1 = BlPMZ 2006, 376). Es ging nur um eine Berichtigung der Bezeichnung der früheren Antragstellerin 2 und um die Aufnahme der Kostenentscheidung in den Tenor, nachdem diese Kostenentscheidung schon in den Gründen des ersten Beschlusses unter III. ausgesprochen worden war.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind weiter die Löschungsverfahren 20 2007 018 618 Lö I 43/09 und 20 2007 018 618 Lö II 78/10. Diese Verfahren sind spätestens in der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung I am 3. Dezember 2012 mit einander verbunden worden. Über die Löschungsanträge beider Verfahren hat die Gebrauchsmusterabteilung in ihrem an Verkündungs Statt zugestellten Beschluss vom 11. März 2013 befunden, gegen den die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 12. April 2013 gerichtet ist.
III. Der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 11. März 2013 ist gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1, 3, 4 und 5 GebrMG wirksam zustande gekommen. Der Berichtigungsbeschluss vom 22. Juli 2013 ist in entsprechender Anwendung von §§ 95, 96 PatG wirksam zustande gekommen (zur entsprechenden Anwendbarkeit von §§ 95, 96 PatG im patentamtlichen Verfahren Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 47 PatG Rdnr. 68 mit Hinweis auf BPatGE 50, 1 = BlPMZ 2006, 376).
III.1 Eine Aufhebung der angegriffenen Beschlüsse gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG allein wegen der – auch hier zur Anwendung gekommenen – anfänglichen Gestaltung des Systems für die elektronische Aktenführung beim DPMA ist nach der Überzeugung des Senats nicht geboten. Denn die Bedenken gegen dieses System, die der Senat im Senatsbeschluss vom 25. August 2014 und in den drei parallelen Beschlüssen dargelegt hat, müssen zum jetzigen Zeitpunkt wesentlich leichter gewichtet werden als bei Erlass der vorgenannten Beschlüsse im Jahre 2014. Das folgt aus der Tatsache, dass die Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts das System der elektronischen Aktenführung (auch) für das Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren inzwischen wie oben unter A.II.3 dargestellt abgeändert hat. Damit ist den Bedenken Rechnung getragen, die der Senat mit der Senatsentscheidung vom 25. August 2014 gegenüber dem anfänglichen System geltend gemacht hatte. Die Signierung der Beschlussdateien entspricht jetzt den Anforderungen von § 5 Abs. 3 EAPatV. Die technischen Abläufe bei der Zustellung und der Gegenstand der zugestellten Dokumente genügen § 6 Abs. 2 und 3 EAPatV.
Nach der Überzeugung des Senats stellt sich bei der jetzigen Sachlage das anfängliche System der elektronischen Aktenführung beim DPMA, soweit es inzwischen in den vom Senat im Jahre 2014 beanstandeten Punkten überholt ist, als eine Übergangserscheinung im Anfangsstadium eines grundlegenden Paradigmenwechsels bei der Aktenführung dar. Diese Übergangserscheinung betrifft nur einen begrenzten Zeitraum und eine begrenzte Zahl von Fällen und ist nicht mehr – wie noch im Jahre 2014 - Bestandteil eines auch für die Zukunft dauerhaft gewollten Gesamtkonzepts des DPMA (vgl. auch BPatG Beschluss vom 12.05.2014, Aktenzeichen 20 W (pat) 28/12, in den Entscheidungsgründen unter II., und Beschluss vom 13.01.2016, Az.: 20 W (pat) 24/12, unter II.).
Mit der grundsätzlich anderen Bewertung und sehr viel leichteren Gewichtung der in dem Senatsbeschluss vom 25. August 2014 beanstandeten technischen Abläufe bekommt ein gemeinsamer Aspekt aller Beschlüsse des Bundespatentgerichts zum anfänglichen System der elektronischen Aktenführung in Patent- und Gebrauchsmustersachen ein entscheidendes Gewicht. Dieser Aspekt besteht darin, dass die von dem erkennenden Senat und von anderen Senaten des Bundespatentgerichts geäußerten Bedenken, anders als es für eine Anwendung von § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG der Regelfall ist, nicht gegen die konkrete Verfahrensführung durch die jeweils erkennenden Mitglieder des DPMA im Einzelfall gerichtet waren, sondern gegen eine Verfahrensgestaltung, die mit Einführung der elektronischen Aktenführung für alle Mitglieder der Patent- und Gebrauchsmusterabteilungen ausnahmslos zwingend vorgegeben war und die von den Mitgliedern der Patent- und Gebrauchsmusterabteilungen in keiner Richtung abgewandelt werden konnte.
Nachdem die Präsidentin des DPMA den früheren Beanstandungen dieses Senats (und anderer Senate des Bundespatentgerichts) mit einer Reihe von Änderungen des Systems der elektronischen Aktenführung für die Zukunft Rechnung getragen hat, ist es jetzt sachgerecht, den Schwerpunkt der Beurteilung, ob ein schwerer Mangel des Verfahrens vor dem Patentamt i. S. v. § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG vorliegt, auf die konkrete Verfahrensführung durch den erkennenden Spruchkörper beim DPMA zu legen. Das sind hier die Mitglieder der Gebrauchsmusterabteilung I. Dazu ist festzustellen, dass die Mitglieder der Gebrauchsmusterabteilung im Rahmen dessen, was ihnen nach den unverrückbaren Vorgaben des damaligen Systems der elektronischen Aktenführung möglich war, in der Sache eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht haben, wie sie in der Sache entscheiden wollten und auf welche Gründe sie ihre Entscheidung stützten. Im Rahmen des ihnen technisch Möglichen haben sie die vorgeschriebenen Förmlichkeiten gewahrt. Insofern lässt sich kein wesentlicher Mangel des Verfahrens vor dem Patentamt i. S. v. § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG feststellen.
III.2 Die Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilung vom 11. März 2013 und vom 22. Juli 2013 sind ordnungsgemäß signiert. Der Vorsitzende der Gebrauchsmusterabteilung hat die fehlende Signatur des an der Signierung verhinderten Beisitzenden bei beiden Beschlüssen ordnungsgemäß nach § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO ersetzt.
Der Senat sieht in den Zusätzen, die der Vorsitzende jeweils unter den Namen des an der Signierung verhinderten Beisitzers in der Mitte der Namenszeile am Ende der beiden Beschlusstexte geschrieben hat, zusammen mit der Tatsache, dass der Vorsitzende jede Beschlussdatei einmal signiert hat, den eindeutigen Ausdruck des Willens des Vorsitzenden, auch für den an der Signierung verhinderten Beisitzer mitzusignieren. Das folgt aus § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO, der hier entsprechend anzuwenden ist (vgl. Busse/Keukenschrijver a. a. O., § 17 GebrMG Rdnr. 38) und dessen Vorgaben der Vorsitzende befolgt hat. Das folgt weiter aus § 5 Abs. 2 EAPatV in der hier maßgebenden Fassung vom 10. Februar 2010. Danach wird ein elektronisches Dokument des Patentamts unterzeichnet, indem der Name der unterzeichnenden Person eingefügt und eine elektronische Signatur an das Dokument angebracht wird. Das ist hier geschehen. Gesetzliche Spezialvorschriften für die praktische Umsetzung von § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO im Fall der elektronischen Signierung haben im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Beschlüsse – das war am 11. März 2013 und am 22. Juli 2013 – nicht bestanden.
Die Antragsgegnerin hat u. a. die Meinung vertreten, dass die Aktenlage auch eine Auslegung der Verhinderungsvermerke des Vorsitzenden des Inhalts erlaube, dass der Vorsitzende damit nur das Fehlen der dritten Signatur erklären wollte, ohne gleichzeitig seinen Willen zum Ausdruck bringen zu wollen, dass er für den verhinderten Beisitzenden mitsignieren wolle. Diese Beurteilung der Aktenlage hält der Senat für lebensfremd. Die von der Antragsgegnerin angenommene Willensbildung eines Vorsitzenden, die Verhinderung eines Beisitzers an der Signatur oder an einer Unterschrift im Beschluss lediglich mitteilen zu wollen, ohne gleichzeitig die fehlende Signatur oder Unterschrift ersetzen zu wollen, ist dem Senat noch in keinem Fall begegnet. Wegen der Bedeutung der ordnungsgemäßen Signierung bzw. Unterzeichnung eines Beschlusses für dessen Wirksamkeit setzt der Senat bei den Vorsitzenden der Gebrauchsmusterabteilung die Kenntnis von den Vorschriften über die notwendige Ersetzung einer fehlenden Signatur bzw. Unterschrift, in der Regel durch den Vorsitzenden, als selbstverständlich voraus.
Der Auffassung der Antragsgegnerin, die in der Rechtsprechung entwickelten praktischen Anforderungen an die Ersetzung der Unterschrift nach § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch den Vorsitzenden auf der Unterschriftenleiste einer Urschrift in Papier seien auf die elektronische Aktenführung entsprechend zu übertragen, ist der Senat nur insoweit gefolgt, als danach zweifelsfrei erkennbar sein muss, dass der Verhinderungsvermerk hier vom Vorsitzenden stammt (Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 315 Rdnr. 1; Thomas/Putzo/Reichold, Zivilprozessordnung, 37. Auflage 2016, § 315 Rdnr. 1). Das ist hier der Fall, denn der Vorsitzende hat hinter jeden der beiden Verhinderungsvermerke seinen Namen gesetzt. Soweit außerdem gefordert wird, dass die Unterschrift des Vorsitzenden direkt unter oder über dem Verhinderungsvermerk stehen sollte, lässt sich diese Forderung nicht sachgerecht auf die elektronische Aktenführung übertragen. Denn hier steht unter dem Beschlusstext der Beschlussdatei an Stelle einer Unterschriftenleiste eine Namenszeile und an die Stelle der Unterschrift tritt die Signatur. Diese Signatur wird innerhalb des Beschlusstextes der Beschlussdatei nicht sichtbar, vielmehr wird die Signatur an der Beschlussdatei angebracht und erfasst diese insgesamt. Ein sichtbarer räumlicher Zusammenhang zwischen dem Verhinderungsvermerk einerseits und der Signatur andererseits kann nicht hergestellt werden. Aus diesem Grund hält es der Senat für unschädlich, dass der Vorsitzende seinen Verhinderungsvermerk in keinen direkten Zusammenhang mit seinem eigenen Namen links auf der Namenszeile gesetzt hat, etwa mit den Worten „zugleich für Herrn G…, der wegen …. an der Signierung verhindert ist“, son- dern dass er stattdessen den Verhinderungsvermerk unter den Namen des Beisitzenden gesetzt hat.
III.3. In seinen richterlichen Hinweisen vom 10. Februar 2015 hatte der Senat unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. Mai 1994 mit dem Aktenzeichen X ZB 7/93, BGH GRUR 1994, 724 – Spinnmaschine - die Frage aufgeworfen, ob die Wirksamkeit des Beschlusstextes vom 11. März 2013 von der Dokumentation der Beschlussfassung durch die Gebrauchsmusterabteilung in Form einer Niederschrift über die Beratungssitzung abhängen könnte. Nach erneuter Prüfung hält der Senat diesen Ansatz nicht für sachgerecht. Die Möglichkeit, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die abschließende Entscheidung an Verkündungs Statt den Verfahrensbeteiligten zuzustellen, ergibt sich für das justizförmig ausgestaltete Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren direkt aus § 17 Abs. 3 Satz 1 und 5 GebrMG. Die Vorschrift stimmt wörtlich mit der entsprechenden Vorschrift für das gerichtliche Beschwerdeverfahren in § 94 Abs. 1 Satz 4 PatG überein. Für eine Entscheidungsfindung des Bundespatentgerichts nach dieser Vorschrift wird weder kraft Gesetzes noch von der Rechtsprechung neben einer Niederlegung der Entscheidung in den Akten und deren Zustellung an die Verfahrensbeteiligten eine gesonderte Niederschrift über die senatsinterne Beschlussfassung gefordert. Gründe, bei paralleler Verfahrenslage weitergehende Anforderungen an die Beschlussfassung durch die Gebrauchsmuster-Abteilung im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren zu stellen, sind für den Senat nicht ersichtlich.
III.4 Dass die Datei mit dem von dem Vorsitzenden der Gebrauchsmusterabteilung veranlassten Schreiben vom 28. Oktober 2011 nicht signiert worden ist, ist unschädlich. Denn die Gebrauchsmusterabteilung hat der Anhörungsrüge der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2010 abgeholfen. Einer Anhörungsrüge wird abgeholfen, indem das Verfahren fortgeführt wird, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist, § 321a Abs. 5 ZPO. Das ist hier geschehen. Der Vorsitzende der Gebrauchsmusterabteilung hat den Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 sinngemäß mitgeteilt, dass die Gebrauchsmusterabteilung das Verfahren über den Antrag der Antragstellerinnen auf Wiedereinsetzung in die Frist für die Zahlung beider Löschungsantragsgebühren fortführen und über den Wiedereinsetzungsantrag in der Verhandlung über den Löschungsantrag verhandeln wolle. So ist in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2012 verfahren worden. Das hat auch die Antragsgegnerin nicht in Frage gestellt hat. Anders als im Fall der Verwerfung einer Anhörungsrüge als unzulässig oder deren Zurückweisung als unbegründet, bedarf es im Fall der Abhilfe für die damit verbundene Fortsetzung des Verfahrens keines gesonderten Beschlusses, § 321a Abs. 5 ZPO im Vergleich zu § 321a Abs. 4 ZPO (vgl. außerdem Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 321a Rdnr. 18).
III.5 Bei seiner Entscheidung über die Frage, ob im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG eine Zurückverweisung des Verfahrens an das DPMA geboten war, hatte der Senat weiter zu berücksichtigen, dass das Beschwerdeverfahren im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2016 auch in der Hauptsache entscheidungsreif war. Die Entscheidungsreife des Beschwerdeverfahrens in der Hauptsache hat auch die Antragsgegnerin nicht in Frage gestellt. Die Gebrauchsmusterabteilung wollte erkennbar über das Löschungsverfahren abschließend entscheiden. Sie hat den Inhalt ihrer Entscheidung unmissverständlich mitgeteilt und begründet und somit liegt kein Fall vor, in dem das Patentamt noch nicht in der Sache selbst entschieden hätte, § 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG. Es sind auch keine neuen Tatsachen oder Beweismittel bekannt geworden, die für eine abschließende Entscheidung wesentlich gewesen wären, § 79 Abs. 3 Nr. 3 PatG.
Nach ständiger Rechtsprechung hindert § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG das Bundespatentgericht grundsätzlich nicht daran, auch bei Vorliegen eines schweren Verfahrensverstoßes abschließend in der Sache zu entscheiden, wenn das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache entscheidungsreif ist (vgl. BGH BlPMZ 2001, 108 ff., 109, 110, und Engels in Busse/Keukenschrijver a. a. O., § 79 PatG Rdnr. 77, Benkard/Schäfers/Schwarz, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 79 PatG Rdnr. 41, Schulte/Püschel Patentgesetz, 9. Auflage 2014, § 79 PatG Rdnr. 18, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Das entspricht der Stellung des Bundespatentgerichts im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren als erstinstanzliches Gericht und gerichtliche Tatsacheninstanz ohne Präklusion in einem zweistufigen gerichtlichen Instanzenzug. Diese Funktion des Beschwerdeverfahrens macht es im Interesse einer effizienten Verfahrensführung notwendig, dass das Bundespatentgericht möglichst abschließend über die Hauptsache entscheidet und in den Fällen von § 100 Abs. 2 PatG die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zulässt. Ähnliche Gewichtungen treffen § 113 VwGO für das erstinstanzliche Verfahren vor den Verwaltungsgerichten und § 538 ZPO für die Berufungsverfahren vor den Land- und Oberlandesgerichten.
IV. Die Beschwerde der Antragsgegnerin war auch in der Hauptsache nicht begründet.
IV.1 Der Löschungsantrag der Antragstellerinnen 1 vom 9. April 2009 ist wirksam, insbesondere gilt er nicht gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als zurückgenommen. Zwar haben die Antragstellerinnen 1 eine der gemäß Nr. 323 100 des Gebührenverzeichnisses in der Anlage zu § 2 PatKostG in der Fassung vom 1. Mai 2008 i. V. m. der Vorbemerkung (2) zu Teil A dieses Gebührenverzeichnisses fällig gewordenen zwei Löschungsantragsgebühren erst gezahlt, nachdem die in § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG bestimmte Frist von drei Monaten nach Antragstellung abgelaufen war. In diese Frist sind die Antragstellerinnen 1 jedoch mit Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 11. März 2013 wirksam wieder eingesetzt worden. Die Wirksamkeit dieses Beschlusses ist oben unter III. festgestellt worden. Die Entscheidung über die Wiedereinsetzung ist gemäß § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 123 Abs. 4 PatG unanfechtbar. Eine materiellrechtliche Überprüfung dieser Entscheidung im Beschwerdeverfahren ist deswegen ausgeschlossen.
IV.2.1 Der Löschungsantrag der früheren Antragstellerin 2 war bei seiner Einreichung beim DPMA am 5. Juli 2010 zulässig. Dem stand der zeitlich früher gestellte Löschungsantrag der Antragstellerinnen 1 nicht entgegen.
Der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 ZPO ist nicht begründet. Identität der Parteien im Sinne dieser Vorschrift besteht, soweit die subjektive Rechtkraft i. S. v. § 325 ZPO reichen kann (Zöller/Greger ZPO, 31. Auflage 2016, § 261 Rdnr. 8a). Hier hätte eine abschließende Entscheidung über den Löschungsantrag der Antragstellerinnen 1 für die frühere Antragstellerin 2 nach § 325 ZPO keine Rechtskraft entfaltet. Die frühere Antragstellerin 2 war an dem von den Antragstellerinnen 1 eingeleiteten Löschungsverfahren nicht beteiligt. Die Verbindung der früheren Antragstellerin 2 mit der r… GmbH über einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungs- vertrag reicht für die Begründung der subjektive Rechtskraftwirkung nach § 325 ZPO nicht aus, weil beide Gesellschaften als eigenständige juristische Personen verfasst waren und innerhalb ihres vertraglichen Verbundes jeweils verschiedene wirtschaftliche Aufgaben hatten (vgl. im Zusammenhang mit einem Rechtskrafteinwand nach § 325 ZPO im Nichtigkeitsverfahren BPatG Mitt. 2011, 236 f., bestätigt von BGH Urteil vom 30.07.2013, Az.: X ZR 36/11).
Die Stellung eines Löschungsantrages nach § 16 GebrMG steht während der Schutzdauer eines Gebrauchsmusters grundsätzlich jedermann offen. Hier ist das Streitgebrauchsmuster in Kraft. Die beschwerdegegenständlichen Löschungsanträge sind daher unverändert Popularanträge und dienen dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten Monopolrechts. Ein solcher Antrag kann jenseits konkreter gesetzlicher Regelungen nur ausnahmsweise unzulässig sein, in erster Linie dann, wenn die Durchführung des Löschungsverfahrens gegen Treu und Glauben verstößt oder allein die Schädigung des Antragsgegners bezweckt (vgl. Busse/Keukenschrijver a. a. O., § 16 GebrMG Rdnr. 5 unter Hinweis auf die entsprechende Kommentierung von § 81 PatG Rdnr. 66 ff.; Bühring/Schmid Gebrauchsmustergesetz, 8. Auflage 2011, § 16 Rdnr. 52 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Insbesondere hat der Senat nicht festgestellt, dass die frühere Antragstellerin 2 als bloß vorgeschobene Antragstellerin gehandelt hätte, die ohne jedes eigene Interesse zwar im eigenen Namen, aber im Auftrag und im alleinigen Interesse der r… GmbH gehandelt hätte. Denn die frühere Antragstellerin 2 konnte für einen eigenen Löschungsantrag auch eigenes Interesse haben. Sie war nämlich im Zeitpunkt der Antragstellung die eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters 20 2007 018 629 mit Anmeldetag vom 27. August 2007 (vgl. Ag2), dem die von der Antragsgegnerin im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf angegriffenen Ausführungsformen entsprachen. Weiter war die frühere Antragstellerin 2 die eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters 20 2008 017 456 mit Anmeldetag vom 27. August 2008 und mit der Bezeichnung „Flüssig-Formulierung von G-CSF-Konjugaten“. Für beide Schutzrechte musste die frühere Antragstellerin 2 bei den bestehenden Interessenlagen mit einem Löschungsantrag der Antragsgegnerin rechnen.
Es stellt auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, dass sich die frühere Antragstellerin 2 nicht gleich dem Löschungsantrag der Antragstellerinnen 1 angeschlossen, sondern zunächst den Verlauf des ersten Löschungsverfahrens abgewartet hat. Denn für das Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren ist eine Pflicht zur gemeinsamen Antragstellung bzw. zur Nebenintervention gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. für das Nichtigkeitsverfahren BGH GRUR 2014, 758 ff. - Proteintrennung).
Schon wegen der vorstehenden Feststellungen besteht schließlich kein Anhaltspunkt dafür, dass die frühere Antragstellerin 2 ihren Löschungsantrag nur mit dem Ziel gestellt hätte, der Antragsgegnerin zu schaden. Dagegen spricht weiter, dass insgesamt nur zwei Löschungsverfahren eingeleitet worden sind und sich alle drei Antragstellerinnen bisher von denselben Anwälten vertreten lassen. Das war von Anfang an für die Antragsgegnerin im Falle ihres Unterliegens kostenrechtlich vorteilhaft.
IV.2.2 Allerdings ist der zulässige Löschungsantrag und die damit begründete Verfahrensstellung der früheren Antragstellerin 2 im Zuge der Verschmelzung der früheren Antragstellerin 2 auf die r… GmbH im Juli 2013 mit deren Antrag und mit deren Verfahrensstellung verschmolzen. Nach der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung des Senats sind die Verfahrensstellungen, die die r… GmbH einerseits und die frühere Antragstellerin 2 andererseits im Löschungsverfahren begründet haben, in der Sache identisch: Beide Löschungsanträge wurden in zulässiger Weise wirksam gestellt und sind gegen dasselbe Gebrauchsmuster gerichtet. Bei dieser Verfahrenslage folgt die Verschmelzung des Löschungsantrages der früheren Antragstellerin 2 und der damit begründeten Verfahrensstellung mit dem Löschungsantrag der r… GmbH und deren Verfahrensstel- lung unmittelbar aus der Verschmelzung der früheren Antragstellerin 2 auf diese Gesellschaft.
V. Die Gebrauchsmusterabteilung hat die Löschung des Streitgebrauchsmusters zu Recht angeordnet; denn der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters ist nicht i. S. v. §§ 1 bis 3 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht. Das gilt für alle zur Entscheidung gestellten Anspruchssätze.
V.1 Das Streitgebrauchsmuster betrifft lagerstabile Flüssigformulierungen mit G-CSF als Wirkstoff, Natriumacetat als Puffersubstanz, Polysorbat 80 als Tensid und Sorbitol als isotonisierendes Mittel (vgl. Streitgebrauchsmuster Schutzanspruch 1 und S. 2 Abs. [0001]).
Die Streitgebrauchsmusterschrift beschreibt einleitend, dass G-CSF (granulocyte colony stimulating factor) ein natürlich vorkommender Wachstumsfaktor aus der Familie der Cytokine ist, der eine entscheidende Rolle bei der Hämatopoese spielt und die Proliferation und Differenzierung von hämatopoetischen Vorläuferzellen sowie die Aktivierung von Neutrophilen fördert. Daher wird G-CSF insbesondere bei der Rekonstitution normaler Blutzellpopulationen nach der Chemotherapie oder Bestrahlung, also auch zur Behandlung von Neutropenie als Folge von Chemotherapie, und bei der Stimulation der Immunantwort gegenüber infektiösen Pathogenen angewendet (vgl. Streitgebrauchsmuster S. 2 Abs. [0002]).
Dazu ist die rekombinante Herstellung von G-CSF bekannt und derart hergestelltes G-CSF wird unter dem Handelsnamen Neupogen® vertrieben. Neupogen® enthält neben G-CSF Natriumacetat, Sorbitol, Polysorbat 80 und Wasser. Der Stand der Technik beschäftigt sich nach den Angaben in der Streitgebrauchsmusterschrift weiterhin mit Formulierungen von G-CSF, in denen das Protein durch die Anwesenheit einer Säure, durch einen sauren pH-Wert und durch eine niedrige Leitfähigkeit der Formulierung stabilisiert wird. Weiterhin ist bekannt, G-CSF-Zubereitungen grenzflächenaktive Mittel, Saccharide, Proteine, Tenside, Puffersubstanzen und Konservierungsmittel zuzusetzen (vgl. Streitgebrauchsmuster S. 2 Abs. [0003] bis [0009]).
V.2 Davon ausgehend liegt dem Streitgebrauchsmuster die Aufgabe zu Grunde, G-CSF-Zubereitungen bereitzustellen, die in flüssiger Form über längere Zeit gelagert werden können und ohne stabilisierende Zusatzstoffe wie HSA, Aminosäuren oder Konservierungsmittel auskommen (vgl. Streitgebrauchsmuster S. 2 Abs. [0011]).
Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag durch die Bereitstellung von
1 Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend
1.1 G-CSF als Wirkstoff,
1.2 Acetat als Puffer,
1.3 Polysorbat 80 als Tensid,
1.4 Sorbitol als isotonisierendes Mittel,
1.5 Natriumionen und Wasser und darüber hinaus keine weiteren Inhaltsstoffe, wobei
1.6 die Formulierung einen pH-Wert zwischen 4,2 und 4,3 aufweist,
2 zur Verwendung als Arzneimittel.
V.3 Der zuständige Fachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitgebrauchsmusters und für die Beurteilung des Standes der Technik ankommt, ist hier ein promovierter Pharmazeut, der eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Formulierung proteinhaltiger Arzneimittel hat und sich gegebenenfalls mit einem Mediziner insbesondere einem Onkologen berät (vgl. BGH GRUR 2015, 352, 353 Rn. 21 - Quetiapin).
V.4 Soweit der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters in seiner eingetragenen Fassung über den Gegenstand der nachgereichten Schutzansprüchen 1 bis 11 vom 5. Februar 2009 hinausgeht, war das Streitgebrauchsmuster ohne weitere Prüfung in der Sache löschungsreif, weil die nachgereichten Schutzansprüche gegenüber den eingetragenen Schutzansprüchen zulässig sind. Damit hat die Antragsgegnerin konkludent einen vorweggenommenen Verzicht auf einen Widerspruch gegen die Löschung des Streitgebrauchsmusters in seinem über die nachgereichten Schutzansprüche hinausgehenden Umfang erklärt (BPatG GRUR 1998, 910 ff. – Scherbeneis, Bühring/ a. a. O., § 4 Rdnr. 157).
Die nachgereichten Schutzansprüche vom 5. Februar 2009 sind gegenüber den eingetragenen Schutzansprüchen vom 11. Dezember 2008 zulässig. Denn der nachgereichte Schutzanspruch 1 leitet sich von den eingetragenen Schutzansprüchen 1 und 2 ab. Die nachgereichten Schutzansprüche 2 bis 11 entsprechen nach Abänderung der Nummerierung und Rückbezüge wegen der Streichung des Schutzanspruchs 2 den eingetragenen Schutzansprüchen 3 bis 12. Dies wurde von den Antragstellerinnen auch nicht bestritten.
V.5 Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters in den Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 9 ist nicht schutzfähig, weil er nicht i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG auf einem erfinderischen Schritt beruht.
5.1. Der Gegenstand der Schutzansprüche 1 bis 5 nach dem Hauptantrag ist zwar nicht unzulässig erweitert. Er ist jedoch nicht i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
a) Der Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist nicht unzulässig erweitert. Denn er leitet sich von den ursprünglich eingereichten und eingetragenen Schutzansprüchen 1, 3, 11 und 12 bzw. den mit Schriftsatz vom 5. Februar 2009 nachgereichten Schutzansprüchen 1, 2, 10 und 11 sowie S. 1 Z. 19 bis 31, S. 7 Z. 4 bis 6 und S. 12 Z. 19 bis 28 der ursprünglich eingereichten Unterlagen ab. Die Schutzansprüche 2 bis 5 gemäß Hauptantrag entsprechen den ursprünglich eingereichten und eingetragenen Schutzansprüchen 4 bis 6 und 10 bzw. den mit Schriftsatz vom 5. Februar 2009 nachgereichten Schutzansprüchen 3 bis 5 und 9.
Der Einwand der Antragstellerinnen, dass dem Streitgebrauchsmuster die Verwendung der erfindungsgemäßen Formulierungen als Arzneimittel und insbesondere zur Behandlung von Neutropenie als Folge von Chemotherapie nicht zu entnehmen sei, kann nicht durchgreifen. Denn das Streitgebrauchsmuster ist in seiner Gesamtheit auf die Verwendung von G-CSF-haltigen Flüssigformulierungen als Arzneimittel gerichtet. So wird einleitend in der Gebrauchsmusterschrift bereits die therapeutische Anwendung des Wirkstoffs G-CSF beschrieben und insbesondere auch die Behandlung von Neutropenie erwähnt. Auch im Weiteren beschäftigt sich das Streitgebrauchsmuster mit der Verträglichkeit und mit der Applikation der G-CSF-Formulierung im Sinne eines Arzneimittels (vgl. insbesondere Streitgebrauchsmuster S. 2 Abs. [0002], [0011], S. 4 Abs. [0030] und S. 6 Abs. [0054] und [0055]). Es enthält demgegenüber keinen Hinweis auf eine andere Verwendung, insbesondere auch nicht auf die von den Antragstellerinnen beispielhaft angeführte Verwendungsmöglichkeit als Vergleichslösungen und/oder Reagenzien für in vitro-Tests.
b) Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern die von Seiten der Antragstellerinnen geltend gemachten Löschungsgründe der mangelnden Nacharbeitbarkeit und der mangelnden Neuheit tatsächlich begründet sind, weil die Lehre des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
Die Bereitstellung der nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag beanspruchten Flüssigformulierung von G-CSF ist durch die Kombination der Dokumente E6 mit E5 und E7 nahe gelegt.
Zur Lösung der streitgebrauchsmustergemäßen Aufgabe, G-CSF-Zubereitungen bereitzustellen, die in flüssiger Form über längere Zeit gelagert werden können und ohne stabilisierende Zusatzstoffe wie HSA, Aminosäuren oder Konservierungsmittel auskommen, konnte der Fachmann von der E6 ausgehen, da sich E6 wie das Streitgebrauchsmuster mit der Formulierung und Stabilität von G-CSF-Zubereitungen beschäftigt, im Fall der E6 mit der Formulierung und Stabilität der kommerziell erhältlichen G-CSF-Zubereitung Neupogen® (vgl. E6 S. 303 Bezeichnung). E6 offenbart, dass Neupogen® als Flüssigkeit in 10 mM Natriumacetat bei pH 4.0, 5 % Mannitol und 0,004 % Polysorbat 80 formuliert wird (vgl. E6 S. 322 Abs. 3). Weiterhin zeigt E6 auf, dass es zum damaligen Zeitpunkt bereits Bestrebungen gab, Mannitol in der Neupogen®-Zubereitung aufgrund dessen Kristallisationsneigung beim Einfrieren durch Sorbitol zu ersetzen (vgl. E6 S. 323 Abs. 2). Ein Hinweis, lagerstabile G-CSF-Formulierungen bei einem pH-Wert von 4,2 bis 4,3 bereitzustellen, findet sich zwar expressis verbis in E6 nicht. Jedoch war es für den Fachmann nahe liegend, sich auf der Suche nach verbesserten Rezepturen zunächst mit den aus E6 bekannten G-CSF-Formulierungen zu befassen und auf Optimierungsmöglichkeiten zu prüfen (vgl. BGH GRUR 2010, 607, 611 Rn. 70 – Fettsäurezusammensetzung). Zu den naheliegenden Optimierungsmöglichkeiten gehört, wie auch E6 aufzeigt, die pH-Werteinstellung. Für Versuche in diese Richtung bot sich der in der Entgegenhaltung E6 beschriebene vorteilhafte pH-Wertbereich zwischen 4,0 und 5,0 besonders an, da pH-Werte über 5 zu Aggregationen von Neupogen® bei erhöhten Temperaturen und niedrigere pH-Werte als 4,0 zu vermehrten Deamidierungen und proteolytischen Spaltungen führen (vgl. E6 S. 322 Abs. 3). Eine zusätzliche Anregung, den pH-Wert in dem Bereich zu optimieren, ergab sich aus den Veröffentlichungen E5 und E7. Denn aus der sich ebenfalls wie das Streitgebrauchsmuster mit lagerstabilen G-CSF-Zubereitungen befassten Entgegenhaltung E5 konnte der Fachmann entnehmen, dass im pH-Bereich von 4,2 bis 4,8 G-CSF-Zubereitungen stabil sind, wobei ein pH-Wert von 4,4 besonders bevorzugt ist (vgl. E5 Bezeichnung, Patentansprüche 1 bis 3, S. 1 Abs. 1, S. 9 Abs. 4 und S. 19 untere Hälfte i. V. m. S. 25 Abs. 5). Zudem war aus der den Wirkstoff Filgrastim – Filgrastim ist der internationale Freiname für G-CSF - beschreibenden Druckschrift E7 bekannt, dass kommerziell erhältliche Filgrastim-Injektionen und somit Neupogen®-Injektionen in einem pH-Bereich von 3,8 bis 4,2 stabil sind (vgl. E7 S. 1455 li. Sp. 4. vollst. Abs.). Mit diesem Wissen die streitgebrauchsmustergemäße Aufgabe erfolgreich durch die pH-Wert-Einstellung der aus E6 bekannten G-CSF-Zubereitung auf 4,2 bis 4,3 zu lösen, konnte der Fachmann in Versuchen, die seiner Routinetätigkeit zuzurechnen sind, ohne erfinderisches Zutun ermitteln, zumal ihm die Zusammenschau des Standes der Technik den Hinweis gibt, insbesondere den pH-Wert-Bereich zwischen 4,2 und 4,4 zu berücksichtigen (vgl. Schulte/Moufang PatG, 9. Auflage § 4 PatG Rn. 45).
Das Argument, der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, G-CSF-Zubereitungen bei für physiologische Bedingungen relativ niedrigen pH-Werten von 4 bis 4,5 zu formulieren, kann nicht durchgreifen. Denn sämtliche zum maßgeblichen Prioritätstag des Streitgebrauchsmusters bekannten G-CSF-Formulierungen weisen für physiologische Bedingungen relativ niedrige pH-Werte auf, die in den meisten Fällen unter 5,0 und im kommerziell vertriebenen Produkt Neupogen® sogar um 4,0 liegen (z. B. vgl. E4 Patentansprüche 1, 2 und S. 8 Z. 28 bis 31; vgl. E5 Patentansprüche 1 bis 3 und S. 9 Abs. 4; vgl. E6 S. 322 Abs. 3 und S. 323 Abs. 2; vgl. E7 S. 1455 li. Sp. 4. vollst. Abs.). Die Firma A1… als Originatorhersteller von G-CSF-Zubereitungen weist sogar auf pH-Werte unter 4,0 hin (vgl. Ag5 Patentanspruch 1 und S. 6 Z. 25 bis 26 i. V. m. Tab. 1). Der Fachmann war daher nicht davon abgehalten, G-CSF-Formulierungen im streitgebrauchsmustergemäßen pH-Wert-Bereich ins Auge zu fassen.
Auch der Einwand, die E6 enthalte keinen Anreiz, unter unveränderter Verwendung des Acetat-Puffersystems vom bewährten pH-Wert von 4,0 abzuweichen und den pH-Wert zu erhöhen, überzeugt nicht. Denn dem Fachmann ist aus der E6 bekannt, dass Neupogen® im pH-Wert-Bereich zwischen 4 und 5 stabil ist, und er berücksichtigt diesen gesamten Bereich bei seinen Überlegungen, da es zum fachmännischen Wissen gehört, dass Arzneimittelformulierungen in der Regel desto verträglicher sind, je näher sie am physiologischen pH-Wert liegen. In diesen Überlegungen bestätigen ihn auch die E7 und die E5, da G-CSF-Formulierungen gemäß der Lehre dieser Druckschriften auch über 4,0 stabil sind.
Die E7 mag zwar ein Auszug aus dem US-amerikanischen Arzneibuch sein. Dies stellt aber keine Einschränkung hinsichtlich deren Offenbarungsgehalts und deren Berücksichtigung für die Überlegungen des Fachmanns bei der Lösung der streitgebrauchsmustergemäßen Aufgabe dar. Denn der hier zuständige Pharmazeut wird sich nicht nur in wissenschaftlichen Publikationen nach Anregungen umschauen. Vielmehr wird er auch fachspezifische Standards und Standardwerke berücksichtigen, da diese ihm zeigen, welche Anforderungen eine kommerziell verwertbare Formulierung erfüllen muss (vgl. BPatG, Urteil vom 27. März 2012 III.3. 3. und 6. Abs. – 3 Ni 32/10).
Schließlich führt auch die Darlegung, dass die E5 auf die Vermeidung von Tensiden in G-CSF-Zubereitungen abziele und daher der Fachmann keine Veranlassung gehabt habe, diese Druckschrift zur Lösung der streitgebrauchsmustergemäßen Aufgabe heranzuziehen, zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Druckschrift mag sich zwar mit der Vermeidung von Tensiden wie beispielsweise Polysorbat 80 beschäftigen. Gleichwohl lehrt diese Druckschrift, dass für die Erzielung einer stabilen G-CSF-Formulierung ein pH-Wert von 4,2 bis 4,8 und insbesondere von 4,4 erforderlich ist (vgl. E5 Patentansprüche 1 bis 3 und S. 9 Abs. 4). Der Fachmann wird daher die Lehre dieser Druckschrift zumindest insoweit berücksichtigen, als sie ihm einen pH-Wert-Korridor aufzeigt, in dem G-CSF-Zubereitungen stabil sind. Ob dann ein Tensid wie Polysorbat 80 für eine stabile G-CSF-Zubereitung weiterhin erforderlich ist oder nicht, um zur stabilen G-CSF-Formulierung zu gelangen, wird er anhand von routinemäßigen Untersuchungen feststellen, die er standardmäßig durchführt und dessen An- oder Abwesenheit im Zusammenhang mit dem pH-Wert daher nicht das Vorliegen eines erfinderischen Schritts begründen kann.
c) Die Gegenstände der Schutzansprüche 2 bis 5 des Hauptantrags bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie den Hauptantrag als in sich geschlossenen Anspruchssatz versteht (vgl. BGH GRUR 2007, 862 Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).
5.2. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1 ist wiederum zwar zulässig jedoch nicht i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
a) Der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Anspruchssatz nach Hauptantrag nur im Schutzanspruch 1, in dem gemäß Hilfsantrag 1 die Verwendungsangabe auf die Behandlung von Neutropenie als Folge von Chemotherapie präzisiert worden ist. Die Offenbarung dieses Merkmals findet sich auf Seite 1 Absatz 2 der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen. Dabei spielt es keine Rolle, dass dieses Merkmal nur beim Stand der Technik aufgezeigt worden ist. Denn in dem Absatz geht es um die bekannten therapeutischen Anwendungsmöglichkeiten von G-CSF. Da aber das Streitgebrauchsmuster auf pharmazeutische Zubereitungen gerichtet ist, die als therapeutischen Wirkstoff G-CSF enthalten, entnimmt der Fachmann den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen unmittelbar und eindeutig auch die Verwendungsmöglichkeit der streitgebrauchsmustergemäßen G-CSF-Zubereitungen für die Indikationen, die das Streitgebrauchsmuster als bekannt für G-CSF beschreibt (vgl. ursprüngliche Unterlagen S. 1 Abs. 2 i. V. m. S. 3 Z. 8 bis 13, S. 7 Z. 28 bis 29).
b) Die Verwendung von G-CSF-Zubereitungen bei der Behandlung von Neutropenie als Folge von Chemotherapie ist aber sowohl aus E6 als auch aus E5 und E7 bekannt (vgl. E6 S. 303/304 seitenübergr. Abs.; E5 S. 10/11 seitenübergr. Abs.; E7 S. 1457 li. Sp. Abs. 2). Es gelten daher dieselben Überlegungen wie beim Schutzanspruch 1 des Hauptantrags, so dass auch der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 mangels Beruhen auf einem erfinderischen Schritt nicht schutzfähig ist.
5.3. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 2 mag zulässig sein, er ist jedenfalls nicht i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
a) Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält gegenüber dem ursprünglich eingereichten Schutzanspruch 1 und dem mit Schriftsatz vom 5. Februar 2009 nachgereichten Schutzanspruch 1 wiederum die Beschränkung des pH-Werts auf den Bereich von 4,2 bis 4,3. Weiterhin wird die Konzentration von Polysorbat 80 mit 0,006 % (w/v) und zusätzlich optional das Vorhandensein von pharmazeutisch annehmbaren Hilfsstoffen beansprucht, wobei die beanspruchte Flüssigformulierung als pharmazeutisch annehmbaren Hilfsstoff Sorbitol zwingend enthält. Hinsichtlich der Zulässigkeit kann dahin gestellt bleiben, ob durch das Streichen des ursprünglich offenbarten Merkmals "Sorbitol als isotonisierendes Mittel" der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unzulässig erweitert ist und ob durch die sich widersprechenden Merkmale "enthaltend … optional pharmazeutisch annehmbare Hilfsstoffe" und "als pharmazeutisch annehmbaren Hilfsstoff Sorbitol enthält" ein unzulässiger Schutzanspruch aufgestellt worden ist. Denn der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 ist jedenfalls mangels Beruhen auf einem erfinderischen Schritt nicht schutzfähig (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121 II.1. – Elastische Bandage).
b) So ist Sorbitol als Zusatzstoff in G-CSF-Flüssigformulierungen und damit als pharmazeutisch annehmbarer Hilfsstoff aus E6 und E7 bekannt (vgl. E6 u. a. S. 323 Abs. 2, vgl. E7 u. a. S. 1454/1455 seitenübergr. Abs. und S. 1463 re. Sp. "Preparations"). Bei der beanspruchten Polysorbatkonzentration von 0,006 % (w/v) handelt es sich um einen in Fachkreisen üblicherweise für den Zweck der Stabilisierung von G-CSF-Flüssigformulierungen eingesetzten Wert. Diesbezüglich ist beispielsweise aus der ebenfalls lagerstabile wässrige pharmazeutische Zubereitungen von G-CSF betreffenden Druckschrift E3 bekannt, Acetatpuffer-haltige G-CSF-Flüssigformulierungen mit 0,01 bis 0,1 mg/ml Polysorbat 80 zu stabilisieren (vgl. E3 Bezeichnung, Patentansprüche 1, 7, 8 i. V. m. S. 5 Abs. 2, S. 13 bis 19 Beispiel 4 Rezeptur 4, sowie Beispiele 5 und 6). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Umrechnungsfaktor zwischen mg/ml und % (w/v) 10 beträgt und dass sich die streitgebrauchsmustergemäße Konzentrationsangabe auf das Gesamtvolumen der Lösung bezieht (vgl. Streitgebrauchsmuster S. 3 Abs. [0017]). Somit entsprechen 0,01 bis 0,1 mg/ml Tensid gemäß E3 0,001 bis 0,01 % (w/v) Tensid, so dass die im Hilfsantrag 2 beanspruchte Konzentration von 0,006 % (w/v) in die Mitte des aus E3 bekannten Konzentrationsbereichs für das Tensid Polysorbat 80 fällt. Da zudem dem Streitgebrauchsmuster kein mit der Konzentration von 0,006% (w/v) Polysorbat 80 verbundener Effekt zu entnehmen ist, der einen erfinderischen Schritt begründen könnte, und für die übrigen Merkmale dieselbe Argumentation wie für den Schutzanspruch 1 des Hauptantrags gelten, liegt auch der Streitgegenstand gemäß Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags 2 nahe.
5.4. Der Gegenstand der Schutzanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 3 ist zwar wiederum zulässig, jedoch nicht i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
a) Im Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 sind die Merkmale 1.5 und 2 gegenüber dem Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag gestrichen. Dagegen wird zusätzlich das Merkmal
3 "wobei der pH mit NaOH eingestellt wurde"
aufgenommen. Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 leitet sich von den ursprünglich eingereichten Schutzansprüchen 1, 3 und 10 sowie von den mit Schriftsatz vom 5. Februar 2009 nachgereichten Schutzansprüchen 1, 2 und 9 ab. Die Schutzansprüche 2 bis 9 entsprechen den ursprünglich eingereichten Schutzansprüchen 4 bis 9, 11 und 12 bzw. den mit Schriftsatz vom 5. Februar 2009 nachgereichten Schutzansprüchen 3 bis 8, 10 und 11, so dass bezüglich der Zulässigkeit der Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 3 keine Bedenken bestehen.
b) Die Einstellung des pH-Wertes mittels NaOH ist eine auch bei der Formulierung von G-CSF-Zubereitungen fachübliche Maßnahme (vgl. z. B. E5, S. 9/10 seitenübergr. Abs.; vgl. E3 S. 5 le. Z. bis S. 6 Z. 6), zumal dadurch weitere Salze vermieden werden, die – wie dem Fachmann bekannt ist – zur Einstellung der Isotonie für gut verträgliche Arzneiformen nachteilig sind (vgl. E3 S. 9 Abs. 4 i. V. m. S. 9 Abs. 2). Da für die übrigen Merkmale dieselbe Argumentation wie bei den vorhergehenden Anträgen durchgreifend ist, ist auch der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 wegen mangelnden erfinderischen Schritts nicht schutzfähig.
5.5. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 4 ist zwar ebenfalls zulässig, jedoch nicht i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
a) Im Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags 4 ist gegenüber dem Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag das Merkmal 2 gestrichen und zusätzlich das Merkmal
4 abgefüllt in einer Fertigspritze vorliegt
ergänzt worden. Dieses neu aufgenommene Merkmal ist in den Zeilen 19 bis 21 auf Seite 12 der ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart. Es wird damit auch nicht ein anderer Schutzgegenstand oder ein Aliud beansprucht. Denn abgesehen von der unstreitigen unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung im aufgezeigten Absatz der Streitgebrauchsmusterschrift stellt dieses Merkmal eine Beschränkung des Streitgegenstands dar, da ohne dieses Merkmal die erfindungsgemäße Formulierung in allen fachüblichen Behältnissen abgefüllt und gelagert werden kann, wie z. B. auch in Durchstichflaschen oder Ampullen (vgl. Streitgebrauchsmuster S. 6 Abs. [0054]). Entgegen der Ansicht der Antragsstellerinnen führt dieses in einem Zubereitungsanspruch kategoriefremde Sachanspruchsmerkmal auch nicht zu einem Aliud in dem Sinn, dass nunmehr anstelle einer G-CSF-Flüssigformulierung eine Fertigspritze beansprucht werde. Denn für die Einordnung einer Erfindung in eine Kategorie ist in erster Linie der nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Inhalt der Erfindung maßgebend, wie er sich nach dem sachlichen Offenbarungsgehalt der Anmeldungsunterlagen darstellt (vgl. BGH GRUR 1986 163 – borhaltige Stähle). Demgemäß ist der Streitgebrauchsmusterschrift in ihrer Gesamtheit nicht zu entnehmen, dass sie Fertigspritzen betreffen könnte. Vielmehr wird im Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags 4 weiterhin eine G-CSF-Flüssigformulierung mit verschiedenen Merkmalen beansprucht und durch das Merkmal 4 lediglich die Lagerform und damit eine Eigenschaft dieser Formulierung näher spezifiziert.
b) Die Abfüllung von G-CSF-Zubereitungen in Fertigspritzen ist dem Fachmann aus dem Stand der Technik gemäß E5 und E7 bekannt (vgl. E5 S. 10 vorle. Abs., E7 S. 1455 li. Sp. Abschnitt "Stability" vorle. Abs.). Daher ist auch dieses Merkmal nicht geeignet, den erfinderischen Schritt für den Streitgegenstand zu begründen. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 ist daher aus denselben Gründen wie der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag nicht schutzfähig.
5.6. Das beschränkende Merkmal in den jeweiligen Schutzansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen 5 bis 8 mag zwar zulässig sein, der Gegenstand der jeweiligen Schutzansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 5 bis 8 ist jedoch nicht i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
a) Die Schutzansprüche 1 gemäß Hilfsanträgen 5 bis 8 entsprechen den jeweiligen Schutzansprüchen 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 mit der Maßgabe des zusätzlichen Merkmals,
5 dass der Gehalt an aktiven G-CSF-Molekülen nach dreimonatiger Lagerung der G-CSF-Flüssigformulierung bei 25°C 80% oder mehr der Ausgangskonzentration beträgt.
Die jeweiligen Unteransprüche sind unverändert. Da das zusätzliche Merkmal in den ursprünglich eingereichten Unterlagen in den Zeilen 9 bis 12 der Seite 13 offenbart ist, ist Merkmal 5 für sich gesehen zulässig und es gelten somit hinsichtlich der Zulässigkeit der Hilfsanträge 5 bis 8 dieselben Argumentationen wie für die Zulässigkeit des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 3.
b) Aus dem vorliegenden Stand der Technik ist zwar eine Lagerstabilität von drei Monaten bei 25°C expressis verbis nicht zu entnehmen. Allerdings dürfte mit Merkmal 5 eine inhärente Eigenschaft der gebrauchsmustergemäßen G-CSF-Zubereitung beansprucht sein, die dem Fachmann als Folge der nahegelegten Formulierung zwangsläufig bei der Nacharbeitung in die Hand fällt (vgl. Busse/Keukenschrijver a. a. O., § 4 PatG Rn. 146 i. V. m. § 3 Rn. 114). Zudem findet der Fachmann im Stand der Technik auch Hinweise, dass die streitgebrauchsmustergemäßen G-CSF-Formulierungen eine solche Stabilität aufweisen. So wird in E3 gelehrt, dass Acetat-gepufferte G-CSF-Flüssigformulierungen bei einem pH-Wert von 4,5 über sechs Monate bei 4 bis 8°C und jeweils über vier Wochen bei 30°C und 40°C als weitgehend stabil gekennzeichnet werden können (vgl. E3 S. 14 Abs. 1). Auch die ebenfalls die Lagerstabilität von wässrigen G-CSF-haltigen Zusammensetzungen betreffende Druckschrift E4 zeigt in Tests bei 25°C und 37°C über 4 und 8 Wochen bzw. 90 Tagen die Stabilität einer G-CSF-Formulierung, die einen Acetatpuffer, Mannit und Polysorbat 80 bei pH 4.0 aufweist und damit zur streitgebrauchsmustergemäßen G-CSF-Formulierung sehr ähnlich ist (vgl. E4 Bezeichnung, S. 19 bis S. 21 Tab. 7 und Fig. 1 bis 6 und 8). Es war daher für den Fachmann naheliegend, sich hinsichtlich der streitgebrauchsmustergemäßen G-CSF-Zubereitung auch mit der Lagerstabilität zu beschäftigen und dabei die der nahegelegten Zubereitung inhärente Eigenschaft der Lagerstabilität von mindestens 80 % der Ausgangskonzentration an aktiven G-CSF-Molekülen über drei Monate bei 25°C zu finden. Der erfinderische Schritt kann daher durch dieses zusätzliche Merkmal im jeweiligen Schutzanspruch 1 der Hilfsanträge 5 bis 8 nicht begründet werden.
5.7. Die Gegenstände der jeweiligen Schutzansprüche 2 bis 5 der Hilfsanträge 1 und 4 bis 6, der jeweiligen Schutzansprüche 2 bis 10 der Hilfsanträge 2 und 7 sowie der jeweiligen Schutzansprüche 2 bis 9 der Hilfsanträge 3 und 8 bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie die Hilfsanträge als jeweils in sich geschlossene Anspruchssätze versteht (vgl. BGH GRUR 2007, 862 Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).
5.8. Der Gegenstand der Schutzansprüche 1 bis 5 nach dem Hilfsantrag 9 ist zwar nicht unzulässig erweitert, jedoch wiederum nicht i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht.
a) Im Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 9 ist nunmehr der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 durch das Merkmal 5 ergänzt worden. Hinsichtlich der Offenbarung der Merkmale im Einzelnen wird auf die Ausführungen in B.V.5.5.a) und B.V.5.6.a) i. V. m. B.V.5.1.a) verwiesen. Die Unteransprüche 2 bis 5 sind unverändert geblieben, so dass die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 9 zulässig ist.
b) Da das Merkmal 5 im Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 9 aus denselben Gründen, wie bei den jeweiligen Schutzansprüchen 1 der Hilfsanträge 5 bis 8 ausgeführt, nicht geeignet ist, den erfinderischen Schritt für den Streitgegenstand zu begründen, ist auch der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 9 aus den zu dem jeweiligen Schutzanspruch 1 gemäß der Hilfsanträge 5 bis 8 i. V. m. zum Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 dargelegten Gründen mangels Beruhen auf einem erfinderischen Schritt nicht schutzfähig.
Merkmale, die einen Beitrag zur Begründung des erfinderischen Schritts leisten könnten, enthalten auch die dem Schutzanspruch 1 nachgeordneten Schutzansprüche 2 bis 5 des Hilfsantrags 9 nicht. Dies ist von der Antragsgegnerin auch nicht geltend gemacht worden. So liegt der im Schutzanspruch 2 beanspruchte pH-Wert 4,25 ebenfalls im nach E5 bis E7 vorgeschlagenen pH-Wertbereich (vgl. B.II.5.1b.)). Die Bestimmung der beanspruchten Konzentrationen des Acetat-Puffers gehört ebenso wie die beanspruchte Einstellung des pH mit NaOH zu den Routinetätigkeiten des Fachmanns im Rahmen der Optimierungsversuche (vgl. Ausführungen zum Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags 3 in B.II.5.4.b)). Darüber hinaus ist die Konzentration des Acetat-Puffers gemäß den Schutzansprüchen 3 und 4 auch aus E6 bekannt (vgl. E6 S. 322 Abs. 3 vorle. Satz) und wird die im Schutzanspruch 5 beanspruchte pH-Einstellung mit NaOH in E5 und E3 aufgezeigt (vgl. B.II.5.4.b)).
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 1 und 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.
VII. Gemäß § 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PatG i. V. m. § 18 Abs. 4 GebrMG war zu den unter Nr. 2 und 3 des Tenors angesprochenen Rechtsfragen die Rechtsbeschwerde zuzulassen.