Entscheidungsdatum: 19.04.2010
Ob die Offenlegung von Archivunterlagen über abgeschlossene Vorgänge der Zeitgeschichte (hier: betreffend Adolf Eichmann) dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde und deshalb in einem gerichtlichen Verfahren gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO verweigert werden darf, bedarf unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange einer nachvollziehbaren und verständlichen Darlegung, die auch die seit den Vorgängen verstrichene Zeit in den Blick nimmt.
Die Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren erfordert, zumal bei umfangreicheren Unterlagen, für die unterschiedliche Geheimhaltungsgründe geltend gemacht werden, eine konkrete Zuordnung der Geheimhaltungsgründe zu den jeweiligen Aktenbestandteilen.
I.
Die Antragstellerin ist Journalistin und Publizistin; sie arbeitet als Südamerika-Korrespondentin unter anderem für die ARD. In dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren begehrt sie, gestützt auf § 5 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 8 des Bundesarchivgesetzes (BArchG), Zugang zu allen Informationen des Bundesnachrichtendienstes über die Themenkomplexe "Adolf Eichmann in Argentinien im weitesten Sinne", "deutsch-israelische Zusammenarbeit bis zum Jahr 1960 (einschließlich) auf nuklearem Gebiet" und "Forschung deutscher Staatsbürger über rüstungsrelevante Themen nach dem Zweiten Weltkrieg in Argentinien" einschließlich der als Verschlusssachen eingestuften Informationen. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag unter Berufung auf noch nicht abgelaufene Schutzfristen nach dem Bundesarchivgesetz ab. In dem nach erfolglosem Widerspruch von der Klägerin geführten Hauptsacheverfahren hat die Antragsgegnerin die Ablehnung dahin präzisiert, dass dem Bundesnachrichtendienst nur Unterlagen zu dem ersten Komplex vorlägen. Es handele sich um fünf sogenannte Aufbewahrungseinheiten. Sie enthielten unter anderem Material eines ausländischen Partnergeheimdienstes, der keine Freigabe zur Veröffentlichung erklärt habe, ferner Zusammenfassungen und Analysen dieses Materials, Erkenntnisse und Vorgänge aus einer nachrichtendienstlichen Operation sowie eine Vielzahl personenbezogener Daten. Der Schutz dieser Unterlagen ergebe sich je nach Aufbewahrungseinheit aus § 5 Abs. 6 Nr. 1 BArchG, weil die Bekanntgabe von vertraulich erlangten Informationen ausländischer Nachrichtendienste die künftige Zusammenarbeit mit diesen Diensten und damit das Wohl des Bundes gefährden könnte, ferner aus § 5 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Nr. 2 BArchG und § 4 Abs. 2 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG), weil als Verschlusssachen eingestufte Unterlagen einer 60-jährigen Schutzfrist unterlägen, sowie aus § 5 Abs. 2 BArchG, weil auch die Schutzfristen für Archivgut mit Angaben zu natürlichen Personen noch nicht abgelaufen seien. Eine Verkürzung der Schutzfristen bzw. eine Vorlage anonymisierter Unterlagen komme nicht in Betracht. Wegen der engen Verknüpfung mit den sonstigen nachrichtendienstlichen Informationen würden weitreichende Schwärzungen erforderlich, die zu lückenhaften und aus dem historischen Kontext gelösten Fragmenten führten; das widerspräche der Integrität und Authentizität von Archivalien und verursachte einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand. Den aus Anlass des Auskunftsersuchens der Antragstellerin entstandenen Verwaltungsvorgang des Bundesnachrichtendienstes hat die Antragsgegnerin dem Gericht der Hauptsache teilweise geschwärzt vorgelegt.
Nachdem die Antragsgegnerin mit Verfügung des Vorsitzenden (erneut) aufgefordert worden war, dem Gericht der Hauptsache die in Rede stehenden Archivunterlagen und den vollständigen Verwaltungsvorgang vorzulegen, hat der Beigeladene unter dem 10. September 2009 eine Sperrerklärung abgegeben. Zur Begründung beruft er sich unter verschiedenen Gesichtspunkten auf Geheimhaltungsgründe nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Eine Vorlage der Akten würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten. Ein größerer Teil der Archivunterlagen stamme von ausländischen öffentlichen Stellen, die diese Unterlagen dem Bundesnachrichtendienst gegenüber auch auf Nachfrage nicht zur Veröffentlichung freigegeben hätten. Eine gleichwohl erfolgende Offenlegung würde das partnerschaftliche Verhältnis sowie die zukünftige Zusammenarbeit und damit die Aufgabenwahrnehmung durch den Bundesnachrichtendienst gefährden. Ferner stünden einer Bekanntgabe Gründe des Informantenschutzes entgegen. Wesentliche Teile der Unterlagen ließen sich auf eine bestimmte noch lebende und namentlich recherchierbare Person als Quelle zurückführen. Eine Enttarnung würde sowohl einen Vertrauensbruch dieser Person gegenüber bedeuten als auch die künftige Anwerbung von Informanten gefährden. Daneben enthielten die Unterlagen schützenswerte Angaben über eine Vielzahl weiterer Personen. Schließlich seien die Unterlagen nach einem Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheim zu halten; denn es handele sich um Verschlusssachen nach § 4 Abs. 2 SÜG. Bei einer Abwägung trete das von Art. 5 GG getragene abstrakte Informationsinteresse der Antragstellerin hinter die konkret gefährdeten Belange des Staatswohls und des Informantenschutzes zurück. Die Unterlagen enthielten auch für andere Staaten außenpolitische Implikationen, die losgelöst von ihrem historischen Inhalt im Rahmen außenpolitischer Interessen (Nahost-Politik) instrumentalisiert werden könnten. Außerdem sei das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Informanten und das Schutzbedürfnis seines heutigen beruflichen Umfelds zu berücksichtigen. Demgegenüber werde das Informationsinteresse der Antragstellerin zu dem sie interessierenden Thema "Eichmann in Argentinien im weitesten Sinne" durch die Unterlagen nur am Rande berührt. Eine Teilvorlage komme nicht Betracht, weil dadurch Rückschlüsse auf geheime Vorgänge nicht zu verhindern seien. Außerdem gelte das archivarische Prinzip der Untrennbarkeit und Authentizität von Aufbewahrungseinheiten. Schließlich bedeutete eine Sichtung und Einzelbewertung bei ca. 3 400 Seiten Aktenumfang einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand. Ergänzend stünden einer Aktenvorlage analog § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO die bereits im Hauptsacheverfahren von der Antragsgegnerin geltend gemachten Versagungsgründe des § 5 BArchG entgegen. Die Antragstellerin hat unter dem 18. September 2009 einen Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung vom 10. September 2009 gestellt.
II.
Der Antrag, über den gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2, § 189 VwGO der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts beschließt, ist begründet, soweit er die verweigerte Vorlage der Archivunterlagen betrifft. Im Übrigen - nämlich im Hinblick auf die von der Sperrerklärung vom 10. September 2009 außerdem erfassten Schwärzungen im Verwaltungsvorgang des Bundesnachrichtendienstes - ist der Antrag dagegen abzulehnen.
1. Der für eine Sachentscheidung des Fachsenats erforderlichen Bejahung der Entscheidungserheblichkeit der zurückgehaltenen Akten durch das Gericht der Hauptsache ist mit der Anforderung der Akten durch dessen Vorsitzenden Genüge getan. Ein - grundsätzlich erforderlicher - Beweisbeschluss oder eine vergleichbare förmliche Äußerung des Hauptsachegerichts zur Klärung der rechtlichen Erheblichkeit des Akteninhalts für die Entscheidung des Rechtsstreits ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei rechtserheblich sind. Das ist immer dann der Fall, wenn die Pflicht zur Vorlage der Behördenakten bereits Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsache ist und die dortige Entscheidung von der - allein anhand des Inhalts der umstrittenen Akten zu beantwortenden - Frage abhängt, ob die Akten, wie von der Behörde geltend gemacht, geheimhaltungsbedürftig sind (vgl. Beschlüsse vom 27. Februar 2004 - BVerwG 20 F 10.03 -, vom 26. August 2004 - BVerwG 20 F 19.03 - juris, vom 29. März 2006 - BVerwG 20 F 4.05 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 41, vom 4. Mai 2006 - BVerwG 20 F 2.05 <20 PKH 3.05> - juris, vom 15. Februar 2008 - BVerwG 20 F 13.07 - juris, vom 24. August 2009 - BVerwG 20 F 2.09 - juris).
So liegt es hier. Die Antragstellerin macht einen Anspruch auf Nutzung von Archivgut des Bundes nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 8 BArchG geltend. Ob die von der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren angeführten Gründe diesem Anspruch mit Erfolg entgegengehalten werden können, ist für das Gericht der Hauptsache nur in Kenntnis des Akteninhalts feststellbar. Dies gilt ohne Weiteres für den von der Antragsgegnerin angeführten absoluten Versagungsgrund einer Gefährdung des Wohls der Bundesrepublik Deutschland durch eine Benutzung des Archivguts (§ 5 Abs. 6 Nr. 1 BArchG) sowie für die geltend gemachte Schutzfrist für Archivgut, das sich auf natürliche Personen bezieht (§ 5 Abs. 2 BArchG). Beide Aspekte lassen sich nur verifizieren anhand des konkreten Inhalts der Akten. Für die außerdem geltend gemachte 60-jährige Sperrfrist für Unterlagen, die Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung unterliegen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Nr. 2 BArchG), gilt im Ergebnis dasselbe. Die Antragsgegnerin hält dem Anspruch der Antragstellerin entgegen, dass die Archivunterlagen in weitem Umfang als Verschlusssachen eingestuft seien und deshalb einer verlängerten Sperrfrist unterlägen. Eine Kenntnis der Akten ist für das Hauptsachegericht insoweit schon deshalb erforderlich, weil nur so festgestellt werden kann, ob es sich um als Verschlusssachen eingestufte Unterlagen handelt. Ohne Kenntnis des Akteninhalts vermag das Gericht der Hauptsache außerdem nicht zu kontrollieren, ob die Einstufung als Verschlusssachen (noch) gerechtfertigt ist. Auch der fachrechtlich vorgesehene Schutz von Amtsgeheimnissen gegenüber Informations- oder Auskunftsansprüchen erfordert nicht lediglich eine formale Einstufung als Verschlusssache, sondern materielle Gründe, die eine solche Einstufung rechtfertigen (vgl. zu § 3 Nr. 4 IFG Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 7 C 22.08 - NVwZ 2010, 321 Rn. 47 ff.; zu § 5 BArchG Becker/Oldenhage, Bundesarchivgesetz, 2006, § 5 Rn. 105 f.).
2. Die Verweigerung der Vorlage der Archivunterlagen ist rechtswidrig. Der Beigeladene führt in der Sperrerklärung vom 10. September 2009 zwar (auch) Gesichtspunkte an, die eine Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen können. Die Geheimhaltungsgründe sind aber nur teilweise hinreichend belegt und den verschiedenen Aktenbestandteilen nicht hinreichend zugeordnet. Sie erlauben deshalb keine vollständige Verweigerung der Aktenvorlage. Im Einzelnen:
a) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind Behörden zur Vorlage von Urkunden oder Akten und zu Auskünften an das Gericht verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten oder Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage der Urkunden oder Akten oder die Erteilung der Auskünfte verweigern (§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Bereitet das Bekanntwerden des Inhalts zurückgehaltener Dokumente dem Wohl des Bundes Nachteile, ist ihre Geheimhaltung ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls (BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <127 f.>; BVerwG, Beschluss vom 7. November 2002 - BVerwG 2 AV 2.02 - NVwZ 2003, 347), das eine Verweigerung der Vorlage gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen kann. Ein Nachteil in diesem Sinne ist u.a. dann gegeben, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich deren Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren oder Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen gefährden würde (vgl. nur Beschlüsse vom 29. Juli 2002 - BVerwG 2 AV 1.02 - BVerwGE 117, 8 und vom 25. Februar 2008 - BVerwG 20 F 43.07 - juris).
b) Hiernach ergibt sich unter dem vom Beigeladenen in der Sperrerklärung an erster Stelle angeführten Gesichtspunkt der Vermeidung von Nachteilen für das Wohl des Bundes Folgendes:
aa) Soweit der Beigeladene zur Vermeidung von Nachteilen für das Wohl des Bundes geltend macht, dass mit der Bekanntgabe der von einem ausländischen Nachrichtendienst zur Verfügung gestellten Unterlagen (Signatur 121099 Band 1/6 bis 4/6, S. 17 - 1651) eine Beeinträchtigung der auswärtigen Beziehungen des Bundes verbunden wäre, ist ein Geheimhaltungsgrund nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO bislang nicht hinreichend belegt.
Ob durch eine Bekanntgabe Nachteile für das Wohl des Bundes drohen, unterliegt gerade im Hinblick auf mögliche außenpolitische Folgen, die hier von dem Beigeladenen angeführt werden, einer Beurteilungs- und Einschätzungsprärogative der Bundesregierung. Für die Regelung der auswärtigen Beziehungen räumt das Grundgesetz der Bundesregierung einen grundsätzlich weit bemessenen Gestaltungsspielraum ein (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 2008 - 2 BvE 1/03 - BVerfGE 121, 135 <158>). Demgemäß ist auch die Prognose, ob eine Offenbarung bestimmter Dokumente eine Beeinträchtigung der auswärtigen Beziehungen erwarten lässt, verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. Urteil vom 29. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 20).
Das entbindet den Beigeladenen aber nicht davon, in der Sperrerklärung die von ihm konkret befürchteten Nachteile, soweit wie nach den Umständen und unter Wahrung des in Anspruch genommenen Geheimnisschutzes möglich, nachvollziehbar und verständlich darzulegen, um unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange ein bestimmtes Maß an gerichtlicher Kontrolle und damit eine Gewährung noch effektiven Rechtsschutzes zu ermöglichen. Ob die Offenlegung von Archivunterlagen über abgeschlossene Vorgänge der Zeitgeschichte (hier: betreffend Adolf Eichmann) dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde und deshalb in einem gerichtlichen Verfahren gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO verweigert werden darf, bedarf unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange einer nachvollziehbaren und verständlichen Darlegung, die auch die seit den Vorgängen verstrichene Zeit in den Blick nimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO die bloße Möglichkeit eines Nachteils nicht ausreicht; vielmehr kommt eine Verweigerung der Aktenvorlage nur in Betracht, wenn das Bekanntwerden des Inhalts der Akten solche Nachteile (tatsächlich) bereiten würde, wenn also dafür eine bestimmte Wahrscheinlichkeit besteht. Solche Nachteile können bei Vorgängen der jüngeren Vergangenheit, erst recht bei Vorgängen, die in die Gegenwart hineinreichen oder offensichtliche Bezüge zu einem aktuellen Geschehen aufweisen, schon aufgrund der zeitlichen Nähe und damit aus den anzunehmenden Auswirkungen auf die gegenwärtigen Verhältnisse auf der Hand liegen, ohne dass es weiterer Erläuterungen bedarf. Im vorliegenden Fall betreffen die zurückgehaltenen Dokumente, die nach Angaben des Beigeladenen von einem ausländischen Nachrichtendienst stammen, jedoch weiter zurückliegende, abgeschlossene Vorgänge, die zwar von zeitgeschichtlichem und historischem Interesse sind, deren mögliche Auswirkungen im Falle einer Offenlegung auf die gegenwärtigen außenpolitischen Beziehungen sich aber nicht gleichsam von selbst aus ihrem Inhalt erschließen. Eine Zurückhaltung zur Vermeidung von Nachteilen für das Wohl des Bundes bedarf deshalb der näheren Konkretisierung, die mit dem allgemeinen Hinweis auf außenpolitische Implikationen und die Gefahr einer Instrumentalisierung im Rahmen außenpolitischer Interessen, dies verbunden mit einem allgemeinen Hinweis auf die Nahost-Politik, angesichts des Inhalts der Dokumente noch nicht geleistet ist. Die nicht auszuschließende Möglichkeit einer Instrumentalisierung historischer Fakten kann nicht schon für sich genommen die Gefahr eines aktuellen und konkreten Nachteils für das Wohl des Bundes begründen, solange nicht wenigstens im Kern ein rational begründbarer Bezug zu den gegenwärtigen Verhältnissen und außenpolitischen Beziehungen aufscheint.
Hinzu kommt, dass die betreffenden Dokumente keinem bislang insgesamt geheim gehaltenen Vorgang gelten, der durch eine Veröffentlichung erstmals offenbar würde. Die Aufzeichnungen betreffen mittelbar oder unmittelbar das Thema der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, die Verfolgung und systematische Ermordung der europäischen Juden, die Rolle verschiedener Mitglieder des NS-Regimes, namentlich Adolf Eichmanns, sowie mit diesen Personen in Zusammenhang stehende Vorgänge der Nachkriegszeit, mithin insgesamt historische Umstände, die - auch soweit es den letztgenannten Aspekt betrifft - durch eine Veröffentlichung der in Rede stehenden Unterlagen nur um Facetten ergänzt würden, zumal auch die in Rede stehenden Dokumente selbst jedenfalls teilweise bereits veröffentlicht wurden. Dem entspricht die Angabe des Beigeladenen in der Sperrerklärung, dass bislang (noch) nicht sämtliche offiziellen Unterlagen im Zusammenhang mit dem Eichmann-Prozess veröffentlicht worden sind.
Vor diesem Hintergrund ist auch der von dem Beigeladenen angeführte Aspekt der Gefährdung einer weiteren Zusammenarbeit mit dem ausländischen Nachrichtendienst, der die fraglichen Dokumente seinerzeit zur Verfügung gestellt hat, bislang nicht hinreichend verständlich dargelegt, um die begründete Besorgnis eines gegenwärtigen Nachteils für das Wohl des Bundes aufzuzeigen. Zwar kann die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden und damit das Wohl des Bundes dadurch beeinträchtigt werden, dass im Falle einer Offenlegung von Informationen die Zusammenarbeit mit anderen Behörden, zumal mit Nachrichtendiensten anderer Staaten, erschwert würde. Dazu kann es kommen, wenn die von der anderen Stelle vertraulich übermittelten Informationen von der Antragsgegnerin unter Missachtung einer zugesagten oder vorausgesetzten Vertraulichkeit gleichwohl an Dritte bekannt gegeben werden. Rechtsstaatliche Belange erfordern aber auch insoweit ein Mindestmaß an Plausibilität; andernfalls würde die vom Gesetzgeber in § 99 Abs. 2 VwGO vorgesehene Überprüfung der mit der Sperrerklärung geltend gemachten Vorlageverweigerungsgründe in derartigen Konstellationen praktisch leerlaufen und in Konflikt mit der Verpflichtung zur Gewährung noch effektiven Rechtsschutzes geraten. Dass und warum auf ausländischer Seite ein noch fortdauerndes Geheimhaltungsinteresse besteht, erschließt sich bislang nicht, auch nicht aus einem Hinweis in den Verwaltungsvorgängen, wonach der ausländische Geheimdienst die fraglichen Unterlagen niemals veröffentlicht habe und auch nicht daran denke, dies zu tun. Danach bleibt unter anderem offen, ob das dortige Interesse nur darauf gerichtet ist, nicht selbst eine Veröffentlichung vornehmen zu wollen, und inwieweit eine - gegebenenfalls teilweise - Bekanntgabe der fraglichen Dokumente auf einen bestimmten Nachrichtendienst als Informationsquelle schließen lassen könnte.
Die Sperrerklärung vom 10. September 2009 leistet zudem keine Zuordnung der insoweit geltend gemachten Geheimhaltungsgründe zu dem konkreten Inhalt der Akten. Die Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren erfordert, zumal bei umfangreicheren Unterlagen, für die unterschiedliche Geheimhaltungsgründe geltend gemacht werden, eine konkrete Zuordnung der Geheimhaltungsgründe zu den jeweiligen Aktenbestandteilen. Die vom Beigeladenen vornehmlich angesprochene Aufbewahrungseinheit 1 enthält neben den bezeichneten Dokumenten in nicht unerheblichem Umfang weitere Unterlagen, die offenbar nicht oder nur teilweise von einem ausländischen Nachrichtendienst zur Verfügung gestellt worden sind oder eine Auswertung solcher Unterlagen darstellen (Signatur 121099 Band 4/6 bis 6/6, S. 1652 bis 2125). Gleiches gilt für die weiteren Aufbewahrungseinheiten. Aus der Sperrerklärung ergibt sich nicht, welche Geheimhaltungsgründe diesen weiteren Aktenbestandteilen konkret zuzuordnen sind (vgl. zur Notwendigkeit einer Sichtung und Ordnung nach verschiedenen Geheimhaltungsinteressen zuletzt Beschluss vom 8. März 2010 - BVerwG 20 F 11.09 - juris Rn. 13 m.w.N.).
bb) Der Beigeladene hat als Geheimhaltungsgrund ferner auf den Schutz eines Informanten abgestellt und ausgeführt, dass es sich in zentralen Punkten bei den Unterlagen um Ergebnisse einer Operation des Bundesnachrichtendienstes handele, bei der die Informationsgewinnung auf eine konkrete Person zurückzuführen sei. Dazu hat er beispielhaft verschiedene Seiten der Aufbewahrungseinheiten 3 und 4 (Signaturen 100470 und 100471), aber auch weiterer Aufbewahrungseinheiten bezeichnet.
Die Zurückhaltung von Akten zur Vermeidung von Rückschlüssen auf einen Informanten der Sicherheitsbehörden ist als solche nicht zu beanstanden. Der Beigeladene ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass ein Bruch der zugesagten lebenslangen Vertraulichkeit gegenüber der betreffenden Person sowohl deren Rechtssphäre verletzen würde als auch generell geeignet wäre, die Aufgabenwahrnehmung der Antragsgegnerin zu beeinträchtigen, indem die künftige Anwerbung von Informanten erschwert würde. Die Vertraulichkeit und der Schutz der Informanten der Sicherheitsbehörden stellt einen berechtigten Geheimhaltungsgrund dar. Der Einwand der Antragstellerin, dass die Angaben des Beigeladenen zu dem besagten Informanten unglaubhaft seien, weil praktisch nicht vorstellbar sei, dass eine damals eingesetzte Person heute noch beruflich aktiv und im Internet recherchierbar sei, greift nicht durch. Von einer weiteren Begründung muss gemäß § 99 Abs. 2 Satz 10 VwGO insoweit abgesehen werden.
Der Schutz von Informanten erlaubt aber keine vollständige Zurückhaltung der vom Beigeladenen in Bezug genommenen Aufbewahrungseinheiten. Sie enthalten in nicht unerheblichem Umfang Unterlagen, die einen Zusammenhang mit der in Rede stehenden nachrichtendienstlichen Operation oder einen Rückschluss auf Informanten nicht erkennen lassen. Abgesehen von der beispielhaften Bezeichnung einzelner Seiten wird aus der Sperrerklärung nicht ersichtlich, auf welche konkreten Aktenteile sich der insoweit geltend gemachte Geheimhaltungsgrund des Quellenschutzes erstrecken soll.
cc) Gleiches gilt für die von dem Beigeladenen angeführte Gefährdung der künftigen Aufgabenerledigung des Bundesnachrichtendienstes durch eine Offenbarung seiner Arbeitsweise. Mit diesem Gesichtspunkt ist zwar ein tragfähiger Geheimhaltungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO angesprochen, soweit eine Offenbarung von Akten der Sicherheitsbehörden Rückschlüsse auf die (gegenwärtige) Organisation der Behörde, die Art und Weise der Informationsbeschaffung, aktuelle Ermittlungsmethoden oder etwa die praktizierte Zusammenarbeit mit anderen Stellen zulässt. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Archivunterlagen insgesamt Vorgänge und Ermittlungen betreffen, die im Wesentlichen etwa 50 Jahre zurückliegen. Inwieweit sie gleichwohl noch Rückschlüsse auf die gegenwärtige Arbeit der Sicherheitsbehörden erlauben, ist von dem Beigeladenen nicht näher unter Bezugnahme auf konkrete Aktenbestandteile verifiziert worden.
c) Der Beigeladene beruft sich ferner darauf, dass die Archivunterlagen im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ihrem Wesen nach geheim zu halten sind.
aa) Soweit damit auf den Charakter der Unterlagen als Aktenbestände des Bundesnachrichtendienstes abgestellt werden soll, ergibt sich daraus kein selbstständiger Grund für eine Vorlageverweigerung. Akten und Unterlagen der Sicherheitsbehörden sind nicht schon wegen ihres Wesens geheimhaltungsbedürftig; vielmehr richtet sich die Geheimhaltungsbedürftigkeit nach den materiellen Maßstäben des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, im Falle der Geltendmachung von Amtsgeheimnissen also danach, ob dem Wohl des Bundes ein Nachteil bereitet würde (vgl. nur Urteil vom 19. August 1986 - BVerwG 1 C 7.85 - BVerwGE 75, 1 <15> = Buchholz 306 § 96 StPO Nr. 2; Beschlüsse vom 21. Juni 1993 - BVerwG 1 B 62.92 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 22 und vom 26. August 2004 - BVerwG 20 F 16.03 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 37). Es kommt deshalb nicht in Betracht, allein die Zuordnung von Verwaltungsvorgängen zu einer Sicherheitsbehörde unabhängig von der Schutzbedürftigkeit ihres Inhalts als Grund für eine Vorlageverweigerung zu nehmen.
bb) Ihrem Wesen nach geheim zu halten im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind allerdings die persönlichen Daten dritter Personen, die in den Unterlagen aus verschiedenen Gründen und in unterschiedlichen Zusammenhängen erwähnt werden. Ein grundrechtlich abgesichertes Interesse betroffener Dritter an einer Geheimhaltung bestimmter persönlicher Daten ist ein tragfähiger Grund, um die Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verweigern (stRspr, vgl. etwa Beschlüsse vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 9, vom 23. März 2009 - BVerwG 20 F 11.08 - juris Rn. 8, 11 und vom 9. März 2010 - BVerwG 20 F 16.09 - juris Rn. 7). Allerdings erfasst dieser Schutzzweck grundsätzlich nur die Daten als solche und nicht die gesamten Vorgänge, in denen sie erwähnt werden. Zum anderen greift der Schutz persönlicher Daten nicht unterschiedslos, sondern nur soweit, als diese Daten tatsächlich (noch) schutzwürdig sind. Daran fehlt es namentlich dann, wenn es sich um Personen der Zeitgeschichte handelt, die in den Unterlagen nur in ohnehin bereits bekannten Zusammenhängen angeführt werden, oder wenn es sich um persönliche Daten handelt, die in allgemein zugänglichen Quellen erwähnt worden sind, und diese Quellen, etwa Zeitungsberichte oder sonstige Publikationen, in den Unterlagen lediglich wiedergeben sind, ohne dass dadurch weiterführende Rückschlüsse ermöglicht werden. Ansonsten ist dem Schutz dieser Daten durch ihre Schwärzung hinreichend Rechnung getragen. Der Beigeladene verzichtet stattdessen in der Sperrerklärung auf eine nähere Differenzierung und Zuordnung des Geheimhaltungsgrundes zu konkreten Aktenbestandteilen.
d) Soweit der Beigeladene sich außerdem darauf beruft, dass die Archivunterlagen im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO nach einem Gesetz geheim gehalten werden müssen und insoweit § 4 SÜG anführt, ergibt sich daraus kein Grund, die Vorlage im gerichtlichen Verfahren zu verweigern. § 4 SÜG zählt schon deswegen nicht zu einem Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, weil die Vorschrift lediglich eine allgemeine Definition der Verschlusssachen und eine generelle Vorgabe für die Abstufung der Geheimhaltungsgrade enthält. Die konkrete Einstufung eines Dokuments als Verschlusssache mit einem bestimmten Geheimhaltungsgrad wird durch die jeweilige Behörde (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 SÜG) auf der Grundlage der hierzu ergangenen Verschlusssachenanordnungen vorgenommen. Im Übrigen führt selbst eine solche Einstufung als Verschlusssache nicht bereits dazu, ihre Vorlage im gerichtlichen Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO verweigern zu dürfen. Ebenso wenig wie Akten und Unterlagen allein deshalb in einem gerichtlichen Verfahren zurückgehalten werden dürfen, weil sie dem Aufgabenbereich der Sicherheitsbehörden entstammen (s.o.), kann die formale Einstufung als Verschlusssache eine Vorlageverweigerung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen. Es kommt vielmehr auch insoweit darauf an, ob sich nach den materiellen Maßstäben des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Geheimhaltungsbedürftigkeit ergibt, ob also der Grund für die Einstufung als Verschlusssache noch fortbesteht.
e) Soweit sich der Beigeladene in der Sperrerklärung ergänzend auf die Geheimhaltungsgründe des Archivgesetzes bezieht, auf die die Antragsgegnerin die Ablehnung des Einsichtsgesuchs der Antragstellerin gestützt hat, ergibt sich daraus nichts Weiterführendes. Die Gründe, die eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu rechtfertigen vermögen, können sich von denjenigen Gründen unterscheiden, die im Verfahren der Hauptsache zur Verweigerung der Aktenvorlage angeführt werden (vgl. nur Beschluss vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - BVerwGE 130, 236 Rn. 19 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 46). Im Übrigen ist aber auch nicht ersichtlich, dass sich durch eine Bezugnahme auf die im Hauptsacheverfahren angeführten fachgesetzlichen Geheimhaltungsgründe hier ein weitergehendes Recht zur Geheimhaltung ergeben könnte. Der absolute Geheimhaltungsgrund des § 5 Abs. 6 Nr. 1 BArchG setzt voraus, dass Grund zu der Annahme besteht, dass das Wohl der Bundesrepublik Deutschland gefährdet würde; dieser Geheimhaltungsgrund greift nicht weiter als das Nachteilbereiten für das Wohl des Bundes im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Der durch § 5 Abs. 2 BArchG bezweckte Schutz persönlicher Daten folgt unter Mitberücksichtigung der nach § 5 Abs. 5 Satz 3 und 4 BArchG eröffneten Möglichkeit der Sperrfristverkürzung, die eine Abwägung mit den berechtigten Interessen des um Einsicht Nachsuchenden gebietet, keinen anderen materiellen Maßstäben als denjenigen, die für einen Schutz persönlicher Daten als Geheimhaltungsgrund nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO von Bedeutung sind. Der Schutz für Archivgut des Bundes, das gemäß § 5 Abs. 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Nr. 2 BArchG Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung unterliegt, setzt, wie ausgeführt, nicht nur eine formale Einstufung als Verschlusssache eines bestimmten Geheimhaltungsgrades voraus, sondern einen diese Einstufung rechtfertigenden materiellen Geheimhaltungsgrund; der Schutz kommt somit auch fachgesetzlich nicht zum Tragen, wenn eine Gefährdung des Wohls des Bundes die Einstufung nicht oder nicht mehr begründen kann. Soweit der Beigeladene in der Sperrerklärung außerdem auf den fachgesetzlichen "absoluten" Versagungsgrund eines nicht vertretbaren Verwaltungsaufwands Bezug nimmt (§ 5 Abs. 6 Nr. 4 BArchG), ist schon kein Geheimhaltungsgrund bezeichnet. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO erlaubt die Verweigerung der Aktenvorlage in einem gerichtlichen Verfahren nur aus Gründen des Geheimschutzes. Der Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwands kann sich deshalb im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht auswirken, sondern muss hinter dem öffentlichen Interesse an der Wahrheitsfindung und dem grundrechtlich abgesicherten Recht der Antragstellerin auf effektiven Rechtsschutz zurücktreten.
f) Soweit nach dem Vorstehenden Geheimhaltungsgründe vorliegen oder jedenfalls in Betracht kommen, rechtfertigen sie entgegen der Annahme des Beigeladenen keine undifferenzierte Zurückhaltung der jeweils betroffenen Aufbewahrungseinheit oder gar der Archivunterlagen insgesamt. Die Unterlagen stehen nicht derart in einem inneren Zusammenhang, dass jedwede Teilvorlage zwangsläufig Rückschlüsse auf den Inhalt anderer, gegebenenfalls geheimhaltungsbedürftiger Teile zuließe.
Auch das vom Beigeladenen angeführte Prinzip der archivarischen Vollständigkeit und Integrität der Aufbewahrungseinheiten kann nicht dazu führen, die Vorlage insgesamt zu verweigern, wenn nur Teile geheimhaltungsbedürftig sind. Soweit keine Gründe für eine Zurückhaltung der Akten nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO bestehen, setzen sich das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung und das grundrechtlich abgesicherte Recht der Antragstellerin auf effektiven Rechtsschutz durch. Insoweit gilt für Archivunterlagen, deren Zusammenfassung in Aufbewahrungseinheiten nach den Angaben der Antragsgegnerin der ursprünglichen Aktenführung folgt, nichts anderes als für noch nicht archivierte Akten der Sicherheitsbehörden, die (ebenfalls) nicht schon dann insgesamt zurückgehalten werden können, wenn sie nur in Teilen geheimhaltungsbedürftig sind.
Das vom Beigeladenen weiter angeführte Interesse an einer Bewahrung der Authentizität der Archivalien und einer Vermeidung der Herausgabe von lückenhaften und aus ihrem historischen Kontext gelösten Fragmenten steht einer teilweisen Offenlegung ebenfalls nicht entgegen. Ob der Inhalt bestimmter Akten einen nur bruchstückhaften oder vermeintlich vollständigen Einblick in die zugrunde liegenden Vorgänge erlaubt, ist eine Frage der Bewertung der aus den Akten gewonnenen Erkenntnisse, die der Beigeladene, soweit keine Geheimhaltungsgründe bestehen, nicht in bestimmter Weise zu steuern befugt ist. Das gilt auch für die hier betroffenen Zusammenhänge. Die Akten beziehen sich auf Umstände, die sich im Kontext allgemein bekannter historischer Vorgänge zugetragen haben. Die Offenlegung des Akteninhalts kann dem bisherigen Stand der zeitgeschichtlichen Forschung und den allgemeinen Erkenntnissen über diese Vorgänge so oder so lediglich weitere Facetten hinzufügen. Deren Einordnung in die geschichtlichen Zusammenhänge ist Sache der wissenschaftlichen und publizistischen Aufarbeitung; ob dabei "richtige" oder "falsche" Schlussfolgerungen gezogen werden, entzieht sich einer rechtlichen Beurteilung; es ist kein Belang, der im Rahmen einer Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO zum Tragen kommen könnte.
Der vom Beigeladenen schließlich generell geltend gemachte unverhältnismäßige Verwaltungsaufwand, den eine Durchsicht und Einzelbewertung bei ca. 3 400 Seiten Aktenumfang nach der jeweiligen Geheimhaltungsbedürftigkeit verursachen würde, rechtfertigt es ebenfalls nicht, von einer differenzierten Entscheidung über die Verweigerung der Aktenvorlage Abstand zu nehmen. Das Interesse einer Behörde, einen hohen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, stellt, wie bereits ausgeführt, keinen Geheimhaltungsgrund dar.
3. Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich eine fehlerhafte Ausübung des dem Beigeladenen nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumten Ermessens.
Durch die Ermessenseinräumung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird der obersten Aufsichtsbehörde die Möglichkeit eröffnet, dem öffentlichen Interesse und dem individuellen Interesse der Prozessparteien an der Wahrheitsfindung in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess den Vorrang vor dem Interesse an der Geheimhaltung der Schriftstücke zu geben (Beschlüsse vom 19. August 1964 - BVerwG 6 B 15.62 - BVerwGE 19, 179 <186> = Buchholz 232 § 90 BBG Nr. 4, vom 15. August 2003 - BVerwG 20 F 8.03 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 34, vom 13. Juni 2006 - BVerwG 20 F 5.05 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 42 und vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 5 f.). § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO regelt die Auskunftserteilung und Aktenvorlage im Verhältnis der mit geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen befassten Behörde(n) zum Verwaltungsgericht, das in einem schwebenden Prozess für eine sachgerechte Entscheidung auf die Kenntnis der Akten angewiesen ist. In diesem Verhältnis stellt das Gesetz die Auskunftserteilung und Aktenvorlage in das Ermessen der Behörde, lässt dieser also die Wahl, ob sie die Akten oder die Auskunft wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit zurückhält oder ob sie davon um des effektiven Rechtsschutzes willen absieht. Dementsprechend ist ihr auch in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt (stRspr, vgl. nur Beschlüsse vom 1. August 2007 a.a.O. Rn. 5 und vom 21. Februar 2008 a.a.O. jeweils Rn. 19). Maßstab ist dabei neben dem privaten Interesse an effektivem Rechtsschutz und dem - je nach Fallkonstellation - öffentlichen oder privaten Interesse an Geheimnisschutz auch das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 - BVerfGE 115, 205 <241>).
Diesen Anforderungen genügt die Sperrerklärung des Beigeladenen schon deshalb nicht, weil er ausgehend von unzutreffenden Erwägungen über eine aus seiner Sicht zu bewahrende Integrität und Authentizität der Archivunterlagen und einen für unangemessen gehaltenen Verwaltungsaufwand auf eine nähere Differenzierung und Präzisierung nach der Art des Akteninhalts und der verschiedenen Geheimhaltungsgründe verzichtet und stattdessen den gesamten Akteninhalt als geheimhaltungsbedürftig angesehen hat, anstatt konkret in Bezug auf die Unterlagen und ihre Inhalte zu prüfen, ob nicht eine teilweise Schwärzung oder Zurückhaltung bestimmter Teile ausreicht, um den Geheimhaltungsinteressen in Abwägung mit den auf die Aktenvorlage gerichteten Interessen hinreichend Rechnung zu tragen. Der Beigeladene hat somit keine tragfähigen Erwägungen dazu angestellt, ob das Aufklärungsinteresse der Antragstellerin und des Gerichts es rechtfertigt, zumindest bestimmte Teile offenzulegen, ohne in einen nicht hinnehmbaren Konflikt mit den nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO maßgeblichen Geheimhaltungsgründen zu geraten.
4. Die dargestellten Mängel führen zur Gesamtrechtswidrigkeit der Sperrerklärung vom 10. September 2009, soweit sie die Archivunterlagen betrifft. Die gebotene Sichtung und Ordnung des Aktenmaterials nach verschiedenen Geheimhaltungsinteressen sowie die differenzierende (Ermessens-)Entscheidung darüber, ob und inwieweit Schwärzungen ausreichen, um einem gebotenen Geheimschutz hinreichend Rechnung zu tragen, kann der Fachsenat nicht anstelle der dazu berufenen obersten Aufsichtsbehörde selbst vornehmen. Dies muss vielmehr in der Sperrerklärung geleistet werden (vgl. zuletzt Beschluss vom 8. März 2010 - BVerwG 20 F 11.09 - juris Rn. 13 m.w.N.).
Die Feststellung des beschließenden Senats, dass die Sperrerklärung vom 10. September 2009 rechtswidrig ist, hindert den Beigeladenen nicht, erneut eine Sperrerklärung abzugeben und dann bei der Einstufung der Archivunterlagen als geheimhaltungsbedürftig und bei der Ermessensausübung anhand der dargestellten Maßstäbe und Begründungsanforderungen näher zwischen den einzelnen Teilen der Archivalien unter Berücksichtigung des Interesses der Antragstellerin an effektivem Rechtsschutz und des öffentlichen Interesses an der Wahrheitsfindung zu differenzieren.
5. Der Antrag ist unbegründet, soweit er sich auf die teilweise Verweigerung der Vorlage des in dieser Sache entstandenen Verwaltungsvorgangs des Bundesnachrichtendienstes bezieht. Die vorgenommenen Schwärzungen einzelner Passagen, Worte oder auch nur Wortteile sind, wie eine Einsicht in die dem Senat vorgelegten ungeschwärzten Seiten ergeben hat, aus Gründen des Schutzes der Informationsquellen des Bundesnachrichtendienstes sowie zur Vermeidung von Einblicken in seine (gegenwärtige) Arbeitsweise gerechtfertigt.