Entscheidungsdatum: 03.02.2016
I. 1.Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2014 aufgehoben, soweit die im Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 2013 – 213 Js 22014/13 917 B-Cs – angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis des Angeklagten, die Einziehung seines Führerscheins und die Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis aufrechterhalten worden sind. Die Aufrechterhaltung der Maßregel entfällt.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet.
3. Die Entscheidung über die Revision des Angeklagten gegen die im vorbezeichneten Urteil getroffene Adhäsionsentscheidung sowie über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten einschließlich der dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen bleibt einer abschließenden Entscheidung vorbehalten.
II. Die Revision des Nebenklägers gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.
Der Nebenkläger hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus drei Strafbefehlen und Aufrechterhaltung einer früheren Maßregel gemäß §§ 69, 69a StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt, von denen sechs Monate als bereits vollstreckt gelten. Außerdem hat es den Angeklagten verurteilt, an den Nebenkläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro nebst Zinsen, abzüglich bereits gezahlter Beträge, zu zahlen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, dem Nebenkläger sämtliche ihm aus der Tat vom 19. Juli 2009 künftig noch entstehenden materiellen oder weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit nicht Ansprüche auf Dritte übergegangen sind. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Nebenklägers und des Angeklagten. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat nur den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Die Revision des Nebenklägers ist unbegründet.
A.
I. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgendes festgestellt:
1. Der Angeklagte lernte im April 2005 Frau P. -C. kennen. Beide gingen eine Beziehung ein, die bis Ende 2008 andauerte und durch häufige Streitigkeiten, wechselseitige Eifersucht und gewalttätige Übergriffe des Angeklagten geprägt war. Kurz vor Beendigung der Beziehung kam es am Abend des 5. Dezember 2008 zu einer verbalen Auseinandersetzung in der gemeinsamen Wohnung. Der Angeklagte wollte Geschlechtsverkehr, den die Zeugin P. -C. ablehnte. Sie erklärte, für sie sei die Beziehung beendet. Der Angeklagte schlug ihr daraufhin aus Zorn mit der Hand auf das rechte Ohr. Dies führte zu einem Riss des Trommelfells (Fall II.1. der Urteilsgründe).
2. Am Abend des 18. Juli 2009 besuchte der Angeklagte zusammen mit seinem Cousin A. und einem Bekannten, dem Zeugen Z. , mehrere Gaststätten. Er trank dort jeweils eine unbekannte Menge Whisky mit Cola. In den frühen Morgenstunden des 19. Juli 2009 fuhr ihn sein Bekannter Z. nach Hause. Der Angeklagte ließ sich in der Nähe der Wohnung der Zeugin P. -C. absetzen, die sich inzwischen von ihm getrennt hatte. Gegen 7.00 Uhr ging er zu deren Wohnung, um sie wegen seiner Vermutung, sie habe einen neuen Freund, zur Rede zu stellen. Er gelangte ins Treppenhaus und klopfte lautstark gegen die Wohnungstür, rief nach ihr und verlangte mit ihr zu sprechen. Frau P. -C. hatte mit C. die Nacht im Wohnzimmer verbracht. Sie wollte den Angeklagten im Treppenhaus hinhalten, während der Nebenkläger die Polizei rufen sollte. Daher verließ sie die Wohnung und zog die Wohnungstür hinter sich zu. Sie traf den Angeklagten im Hausflur an. Dieser hielt ihr vor, dass sie einen neuen Freund habe. Als der Angeklagte die Stimme des Nebenklägers durch die Wohnungstür hörte, geriet er in Wut. Er wollte diesem eine Abreibung verpassen und sich dadurch zugleich an der Zeugin P. -C. rächen. Deshalb brach er die Wohnungstür auf, nahm ein an die Wand gelehntes Bügelbrettgestänge und schlug es dem Nebenkläger mindestens zweimal wuchtig auf den Kopf. Dabei nahm er zwar nicht den Tod des Nebenklägers in Kauf, er handelte aber „in der Absicht, dem neuen Freund seiner früheren Lebensgefährtin erhebliche Verletzungen beizubringen, wobei er es für möglich hielt, dass der Nebenkläger durch die Schläge schwere Kopfverletzungen mit unter Umständen längerfristigen schwerwiegenden Folgen für die geistig-körperliche Gesundheit seines Opfers erleiden würde.“ Durch die Schläge wurde der Nebenkläger sofort bewusstlos. Das Bügelbrettgestänge zerfiel in seine Einzelteile. Anschließend ließ der Angeklagte seine Wut weiter an der Wohnungseinrichtung aus.
Der Nebenkläger erlitt eine offene Schädel-Hirn-Verletzung mit Impressionsfraktur der Kalotte. Es kam zu Einblutungen in die Hirnoberfläche. Infolge dieser Verletzung leidet der Nebenkläger seit der Tat dauerhaft unter Epilepsie mit wiederkehrenden Krampfanfällen. Er ist zu 80 % schwerbehindert und hat nach Verlust seines Arbeitsplatzes kaum noch Aussichten, eine Arbeitsstelle zu finden (Fall II.2. der Urteilsgründe).
II. Das Landgericht hat zum Fall II.2. der Urteilsgründe angenommen, ein Tötungsvorsatz des Angeklagten sei nicht sicher festzustellen. Er habe aus Wut und Eifersucht gehandelt und dabei keine Sicherungsmaßnahmen gegen die Entdeckung seiner Täterschaft ergriffen. Ihm sei seine „Ehre“ wichtiger gewesen als die Belange anderer Menschen. Seine späteren SMS-Nachrichten an die Zeugin P. -C. offenbarten eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber deren Befindlichkeit. Aggressive Übergriffe seien ihm nicht wesensfremd. Zur Tatzeit sei er alkoholbedingt enthemmt gewesen. Den Nebenkläger habe er dagegen nicht gekannt und gegen diesen persönlich keinen Groll gehegt. Es sei ihm in seiner Wut vor allem darum gegangen, seiner früheren Freundin eine Lektion zu erteilen, indem er sich an ihrem neuen Freund und der Wohnungseinrichtung vergriffen habe. Dabei habe er darauf vertraut, dass der Nebenkläger nicht sterben werde. Wäre ihm das Wohlergehen des Nebenklägers völlig gleichgültig gewesen, hätte er sich nicht nach der Tat nach ihm erkundigt.
III. Das Landgericht hat die Tat im Fall II.1. als vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB, diejenige im Fall II.2. der Urteilsgründe als schwere Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB bewertet.
B.
Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Das Landgericht hat seine sachliche Zuständigkeit zu Recht angenommen.
I. Insoweit ist folgendes Prozessgeschehen zu erörtern:
Die Staatsanwaltschaft hatte am 5. Oktober 2009 Anklage zum Strafrichter bei dem Amtsgericht Frankfurt am Main wegen vorsätzlicher Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung erhoben. Der Strafrichter hat das Hauptverfahren am 29. Januar 2010 eröffnet. In der Hauptverhandlung vom 25. Februar 2010 verwies er die Sache gemäß § 270 Abs. 1 StPO an das Schöffengericht. Dies sei erforderlich, weil sich nach der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ergeben habe, dass der Angeklagte hinreichend verdächtig sei, eine schwere Körperverletzung begangen zu haben.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten durch Urteil vom 17. August 2011 wegen vorsätzlicher Körperverletzung und schwerer Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und erließ – nach einem Teilanerkenntnis – ein Feststellungsurteil im Adhäsionsverfahren. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein, die er später auf den Strafausspruch beschränkte. Auch der Nebenkläger legte Berufung ein, ohne zunächst einen Antrag zu stellen und die Zielrichtung seines Rechtsmittels zu begründen. Ihm wurde das Urteil des Schöffengerichts versehentlich nicht zugestellt. Unter dem 27. März 2012 beantragte er, die Sache wegen Verdachts des tateinheitlich versuchten Totschlags an die Schwurgerichtskammer beim Landgericht zu verweisen.
Durch Beschluss vom 26. April 2012 sprach der Vorsitzende der Berufungskammer aus, es bestehe der hinreichende Tatverdacht, dass der Angeklagte versucht habe, einen Menschen zu töten. Daher halte er gemäß „§ 270 Abs. 1 StPO“ die Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung für gegeben. Gegen diesen Beschluss legte der Angeklagte Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht verwarf die Beschwerde am 18. Juni 2012 als unstatthaft und führte aus, der Sache nach handele es sich um eine Vorlage entsprechend § 225a Abs. 1 Satz 1 StPO. Diese sei nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts übernahm durch Beschluss vom 8. Oktober 2012 das Verfahren, formulierte den Anklagesatz zu Fall II.2. dahin neu, dass bezüglich der Tat vom 19. Juli 2009 versuchter Totschlag in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung und mit gefährlicher Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung in Betracht komme und eröffnete das Hauptverfahren.
II. Aus diesem Prozessgeschehen ergibt sich kein Verfahrenshindernis.
Die Beschwerdeführer haben insoweit keine Verfahrensrüge erhoben. Die umstrittene Frage, ob eine solche erforderlich ist, kann aber offenbleiben, weil auch im Fall einer Überprüfung von Amts wegen kein Verfahrenshindernis festzustellen ist.
Gemäß § 6 StPO ist die sachliche Zuständigkeit des zur Urteilsfindung berufenen Strafgerichts von Amts wegen zu prüfen. Nach § 269 StPO bleibt es aber im Hauptverfahren bei der Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung, nachdem die Sache dort rechtshängig geworden ist. Die Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung schließt nämlich diejenige eines Gerichts niederer Ordnung ein. Eine Ausnahme hiervon nimmt die Rechtsprechung nur dann an, wenn eine die Rechtshängigkeit begründende Gerichtsentscheidung objektiv willkürlich ergangen ist und dadurch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1997 – 1 StR 701/96, BGHSt 43, 53, 55 f.).
Streitig ist die Frage, ob ein solcher Ausnahmefall, der zur Unanwendbarkeit von § 269 StPO führt, gemäß § 6 StPO vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen ist (so BGH, Beschluss vom 12. Dezember 1991 – 4 StR 506/91, BGHSt 38, 172, 176; Urteil vom 27. Februar 1992 – 4 StR 23/92, BGHSt 38, 212; Beschluss vom 21. April 1994 – 4 StR 136/94, BGHSt 40, 120, 122 ff.), oder ob eine solche Überprüfung nur aufgrund einer Verfahrensrüge erfolgt (so BGH, Beschluss vom 30. Juli 1996 – 5 StR 288/95, BGHSt 42, 205, 212 ff.; Urteil vom 22. April 1997 – 1 StR 701/96, BGHSt 43, 53, 56).
Der Senat kann offen lassen, welcher Auffassung zu folgen ist, weil hier objektive Willkür offensichtlich nicht vorliegt:
1. Objektiv fiel die Aburteilung des angeklagten Lebenssachverhalts in die Zuständigkeit der Schwurgerichtskammer, da hier ein hinreichender Tatverdacht für ein tateinheitlich begangenes versuchtes Tötungsdelikt gegeben war. So hatte der Angeklagte nach der Tat den Bruder der Zeugin P. -C. aufgefordert nachzusehen, „ob der Typ tot sei“. Außerdem hatte der Angeklagte geäußert, dass er sich der Polizei stellen werde, wenn der Geschädigte die Tatfolgen überleben würde. Daraus könnte rückblickend darauf geschlossen werden, dass der Angeklagte auch bei der Begehung der Tat mit tödlichen Folgen seiner Handlung gerechnet hatte. Hinzu kommt, dass die wuchtigen Schläge des Angeklagten mit dem Gestänge auf den Kopf des Geschädigten äußerst gefährliche Gewalthandlungen waren. Dies ist nach der Rechtsprechung ein Indiz dafür, dass der Täter die Möglichkeit der Tötung des Opfers auch ernsthaft in Betracht gezogen und billigend in Kauf genommen hat (BeckOK-StGB/Eschelbach, StGB, 30. Ed., § 212 Rn. 21; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 212 Rn. 8 jew. mwN).
2. Ob die Übernahme des Verfahrens durch das Landgericht auf Vorlage des Vorsitzenden der Berufungskammer eine Rechtsgrundlage in § 225 Abs. 1 StPO findet, kann ebenfalls dahinstehen.
§ 225a StPO gestattet es den Gerichten im Stadium der Hauptverhandlung eine Änderung der sachlichen Zuständigkeit herbeizuführen. § 323 Abs. 1 StPO verweist für die Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung jedoch nur auf die §§ 214 und 216 bis 225 StPO, hingegen nicht auf § 225a StPO. Für den Fall, dass das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen hat, sieht § 328 Abs. 2 StPO vor, dass das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht verweist.
Daraus wird in der Literatur zum Teil gefolgert, dass eine entsprechende Anwendung des § 225a StPO im Berufungsverfahren ausscheide (so BeckOK-StPO/Eschelbach, StPO, 24. Ed., § 328 Rn. 1; LR/Gollwitzer, StPO, 25. Aufl., § 225a Rn. 6; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 226a Rn. 2).
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19. Dezember 2002 – 1 StR 306/02, BGHR StPO § 225a Anwendungsbereich 1) und nach der herrschenden Ansicht in der Literatur (vgl. Britz in Radtke/Hohmann, StPO 2011, § 225a Rn. 1; SK/Deiters/Albrecht, StPO, 5. Aufl., § 225a Rn. 3; KK/Gmel, StPO, 7. Aufl., § 225a Rn. 4; SSW/Grube, StPO, 2. Aufl., § 225a Rn. 4; Hegmann NStZ 2000, 574, 575; LR/Jäger, StPO, 26. Aufl., § 225a Rn. 6) ist § 225a StPO im Berufungsverfahren entsprechend anwendbar. Dass der Gesetzgeber diese Vorschrift in § 323 Abs. 1 StPO nicht erwähnt hat, sei ein Redaktionsversehen. Für die entsprechende Anwendung des § 225a StPO im Stadium der Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung spreche das Interesse an einem beschleunigten und prozesswirtschaftlichen Verfahren.
Soweit das Landgericht der Sache nach entsprechend § 225a StPO verfahren ist, hat es sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert. Dies ist offensichtlich nicht willkürlich.
3. Unschädlich ist, dass die Schwurgerichtskammer auch die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen hat. Ein solcher Eröffnungsbeschluss ist im Verfahren entsprechend § 225a StPO entbehrlich, weil die Eröffnung des Hauptverfahrens bereits durch das Amtsgericht beschlossen worden ist (LR/Jäger, StPO, § 225a Rn. 21). Der gleichwohl ergangene Eröffnungsbeschluss des Landgerichts führt nicht zu einer doppelten Rechtshängigkeit der Sache.
C.
Die Revision des Angeklagten ist – mit Ausnahme der Einbeziehung einer früher verhängten Maßregel gemäß §§ 69, 69a StGB – unbegründet, soweit sie den strafrechtlichen Teil des Urteils betrifft. Die Entscheidung über den Rechtsmittelangriff des Angeklagten gegen den Adhäsionsausspruch stellt der Senat zurück.
I. Die Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. Juni 2015 genannten Gründen unbegründet.
II. Die Sachrüge hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet.
1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch auch im Fall II.2. der Urteilsgründe.
Die Epilepsie des Nebenklägers ist eine geistige Krankheit oder Behinderung im Sinne von § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 2007 – 1 StR 429/06, NStZ 2007, 325; BeckOK-StGB/Eschelbach, StGB, 30. Ed., § 226 Rn. 27; Fischer, StGB, § 226 Rn. 10; MünchKomm/Hardtung, StGB, 2. Aufl., § 226 Rn. 40; a.A. NK/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 226 Rn. 35). Diese schwere Folge hat der Angeklagte durch die vorsätzliche Körperverletzung jedenfalls fahrlässig verursacht (§ 18 StGB).
Die Annahme von Tateinheit zwischen der gefährlichen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) und der schweren Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB) ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008– 3 StR 408/08, BGHSt 53, 23, 24).
2. Gegen die Strafzumessungsentscheidung bestehen keine rechtlichen Bedenken.
a) Das Landgericht hat durch Gesamtwürdigung aller wesentlichen Gesichtspunkte einen minderschweren Fall der schweren Körperverletzung verneint. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
Ein vertypter Milderungsgrund greift nicht ein.
aa) Das Landgericht hat eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei der Begehung der Tat vom 19. Juli 2009 im Sinne von § 21 StGB rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.
(1) Nachdem Feststellungen zum Umfang der Alkoholaufnahme vor der Tat nicht getroffen werden konnten, durfte das Landgericht die Frage einer alkoholbedingten Verringerung des Hemmungsvermögens allein anhand des Leistungsverhaltens des Angeklagten überprüfen. Insoweit hat es unter anderem auf die Einschätzung der Zeugin P. -C. abgestellt, die den Angeklagten kannte und bei diesem keine Ausfallerscheinungen bemerkt hat. Ferner hat es die Alkoholgewöhnung des Angeklagten berücksichtigt. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
(2) Ebenso rechtsfehlerfrei hat das Landgericht unter Berücksichtigung der anerkannten Beurteilungskriterien (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 1993 – 4 StR 138/93, StV 1993, 637; Sass in Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, 2010, S. 351 ff.) eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung infolge eines Affektsturms ausgeschlossen.
bb) Trotz der vom Angeklagten geleisteten Schmerzensgeldzahlungen kommt eine Anwendung von § 46a Nr. 1 StGB nicht in Betracht. Es fehlt insoweit an dem erforderlichen kommunikativen Prozess.
§ 46a Nr. 1 StGB setzt nach seiner gesetzgeberischen Intention (BT-Drucks. 12/6853, S. 21 f.) einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben ohne den Versuch der Einbeziehung des Opfers genügt nicht (BGH, Urteil vom 5. November 2014 – 1 StR 327/14, BGHR StGB § 46a Nr. 1 Ausgleich 12; SSW/Eschelbach, StGB, 2. Aufl., § 46a Rn. 24; Fischer, StGB, § 46a Rn. 10a). Eine irgendwie geartete Kommunikation zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten hat es nach den Feststellungen des Landgerichts nicht gegeben.
b) Eine Verletzung des Verschlechterungsverbots aus § 331 Abs. 1 StPO liegt nicht vor, obwohl das Schwurgericht im Fall II.2. eine höhere Einzelfreiheitsstrafe verhängt hat, als dies zuvor durch das Schöffengericht beim Amtsgericht geschehen war. Zwar ist diese Vorschrift nach vorherrschender Auffassung auch dann zu beachten, wenn das ursprüngliche Berufungsverfahren durch Übernahme des Verfahrens durch das Gericht höherer Ordnung oder Verweisungsurteil in ein erstinstanzliches Verfahren umgewandelt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2004 − 4 StR 452/04; BeckOK-StPO/Eschelbach, StPO, 24. Ed., § 331 Rn. 2; SK-StPO/Frisch, StPO, 4. Aufl., § 331 Rn. 30; LR/Gössel, StPO, § 331 Rn. 17; a.A. Meyer-Goßner, Prozessvoraussetzungen und Prozesshindernisse, 2011, S. 81 ff.). Das Verschlechterungsverbot gilt aber nur, wenn ausschließlich der Angeklagte eine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts eingelegt hat; es ist ohne Bedeutung, wenn die Staatsanwaltschaft oder – wie hier – ein Nebenkläger das Urteil zuungunsten des Angeklagten angegriffen hat.
3. Keinen Bestand hat die Aufrechterhaltung der aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 2013 einbezogenen Maßregel gemäß §§ 69, 69a StPO. Sie ist – wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt – durch Ablauf der Sperrfrist erledigt. Der Ausspruch über die Aufrechterhaltung der Maßregel muss daher entfallen.
III. Die Entscheidung über die Revision des Angeklagten gegen den Adhäsionsausspruch bleibt einer abschließenden Entscheidung des Senats vorbehalten.
Der Senat hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2014 – 2 StR 137/14 und 2 StR 337/14 – bei den anderen Strafsenaten sowie beim Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 GVG angefragt, ob an der Rechtsprechung, die bei der Bemessung des Schmerzensgeldes regelmäßig die Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Schädigers und des Geschädigten erfordert, festgehalten wird. Er beabsichtigt diese Rechtsprechung aufzugeben. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen. Der Senat sieht sich mit Blick auf die vorgenannte Entscheidung gehindert, über die Revision des Angeklagten, soweit der Adhäsionsausspruch betroffen ist, zu entscheiden. Im Hinblick darauf, dass über diesen Teil der Revision des Angeklagten in absehbarer Zeit nicht entschieden werden kann, war es geboten, über den strafrechtlichen Teil des angefochtenen Urteils vorab zu entscheiden. Eine solche Teilerledigung des Rechtsmittels war hier ausnahmsweise zulässig (vgl. im Einzelnen Senat, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – 2 StR 137/14 und 2 StR 337/14).
D.
Die Revision des Nebenklägers ist unbegründet.
I. Die Verfahrensrüge, mit welcher der Nebenkläger die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, weil das Landgericht nach erfolgter Übernahme des Verfahrens im Verlauf der Hauptverhandlung nicht darauf hingewiesen habe, dass eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags im Fall II.2. der Urteilsgründe unter Umständen nicht erfolgen werde, hat keinen Erfolg.
Der Angeklagte war zuvor durch das Schöffengericht unter anderem wegen schwerer Körperverletzung verurteilt worden. Der Nebenkläger musste danach auch mit der Möglichkeit rechnen, dass es damit sein Bewenden haben könnte, wenn die Schwurgerichtskammer nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tat gelangen würde. Die zugelassene Anklage der Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung, der rechtliche Hinweis des Amtsgerichts darauf, dass auch eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung in Betracht komme, und dessen – später gegenstandslos gewordenes – Urteil erfüllten insoweit in ausreichendem Maße die vom Gesetz geforderte Informationsfunktion.
II. Soweit sich die Sachrüge des Nebenklägers dagegen richtet, dass das Landgericht den Angeklagten nicht auch wegen versuchten Totschlags zu seinem Nachteil verurteilt hat, ist die Revision ebenfalls unbegründet.
Die Beweiswürdigung des Landgerichts weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat die Art, Zielrichtung und Wirkung der Gewalthandlungen und mögliche Indizien für die Vorsatzrichtung des Angeklagten und auch dessen Verfassung zur Tatzeit sowie sein Handlungsmotiv berücksichtigt und ausführlich erörtert. Wenn es danach „einen Tötungsvorsatz nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen“ konnte, liegt darin kein Rechtsfehler.
III. Der Revisionsangriff des Nebenklägers auf die Adhäsionsentscheidung ist aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. Juni 2015 genannten Gründen unzulässig.
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Zeng Bartel