Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 18.12.2012


BPatG 18.12.2012 - 10 W (pat) 7/10

Patentbeschwerdeverfahren – zum Verfahrenskostenhilfeantrag bei unstatthafter Klage vor dem BPatG


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
18.12.2012
Aktenzeichen:
10 W (pat) 7/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldungen … und …

wegen Änderung der Offenlegungsschrift u. a.

hier: Antrag auf Prozesskostenhilfe

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 18. Dezember 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel sowie des Richters Eisenrauch

beschlossen:

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der mit Schreiben vom 20. September 2009 eingereichten Klage wird zurückgewiesen.

2. Der Streitwert der Klage wird vorläufig auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Anmelder der am 12. Dezember 2000 eingereichten Patentanmeldung …, die mittlerweile bestandskräftig zurückgewiesen ist, und der am 19. März 2007 eingereichten, noch anhängigen Patentanmeldung ….

2

Mit Schreiben vom 20. September 2009 hat der Antragsteller in Bezug auf die Offenlegungsschriften zu den vorgenannten Patentanmeldungen wegen Verletzung der Rechte des Autors und der Leserschaft Klage gegen das Deutsche Patent- und Markenamt eingereicht. Diese Klage wird beim Bundespatentgericht unter dem oben genannten Aktenzeichen 10 W (pat) 7/10 geführt, was dem Antragsteller mit Schreiben des Gerichts vom 26. März 2010 und noch einmal - auf seine Nachfrage - mit Schreiben des damaligen Vorsitzenden des 10. Senats vom 6. Juli 2010 mitgeteilt worden ist. Mit gesondertem Schreiben vom 20. September 2009 ist für die Klage Prozesskostenhilfe beantragt worden.

3

Der Antragsteller sieht seine Anmeldungsunterlagen in den Offenlegungsschriften als verstümmelt an (u. a. durch Vernichtung des Epigraphs, der Zeilen-Nummerierung, der strukturellen und graphischen Formatierung) und begehrt aus diesem Grunde vom Patentamt eine Schadensersatzzahlung von 49.999 € für moralische und gesundheitliche Schäden, eine Veröffentlichung der originalen Anmeldungsunterlagen und Zurücknahme der verfälschten Offenlegungsschriften. Zudem regt er an, die PatV und die Praxis des Patentamts so zu verändern, dass dem Autor zum Ausdruck seiner Ideen mehr Möglichkeiten verblieben (graphische Text-Formatierung einschließlich Unterstreichung, Fett-, Kursivdruck, Sperrungen, Nummerierung von Zeilen usw.), und führt dies im Einzelnen aus. Der Antragsteller macht geltend, das Patentamt verstoße mit der praktizierten Offenlegung seiner beiden Anmeldungen gegen Bestimmungen des Grundgesetzes und des Patentgesetzes, da die Offenlegungsschriften nicht seinen originalen Anmeldeunterlagen entsprächen und die Publikation nicht von ihm gebilligt worden sei. Er führt anhand einzelner Stellen aus den Anmeldungsunterlagen aus, dass diese durch veränderte Formatierungen wie Fehlen von Einrückungen, Unterstreichungen, Fettdruck und insbesondere der Zeilennummerierung usw. aus seiner Sicht bis zur Unkenntlichkeit und Unverständlichkeit der Originale verstümmelt worden seien.

II.

4

Der Prozesskostenhilfeantrag ist zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 129, 130 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO.

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1. Zunächst ist schon zweifelhaft, ob Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe für Verfahren wie dem vorliegenden überhaupt vorgesehen ist. In Verfahren vor dem Patentgericht erhält ein Beteiligter gemäß § 129 PatG Verfahrenskostenhilfe nur nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 130 bis 138 PatG. Die Regelung ist grundsätzlich als abschließend anzusehen (vgl. dazu Schulte, PatG, 8. Aufl., § 129 Rdn. 9; Busse, PatG, 6. Aufl., vor § 129 Rdn. 9). Von den einschlägigen Vorschriften der §§ 130 bis 132 PatG kommt vorliegend allenfalls die Anwendung von § 130 PatG in Betracht, der die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren regelt; ein Beschränkungs-, Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren, zu denen Verfahrenskostenhilfe nach den §§ 131, 132 PatG in Betracht kommt, liegt ersichtlich nicht vor. Das Erteilungsverfahren betreffend die Patentanmeldung … ist aber mit Bestandskraft des Zurückweisungsbeschlusses der Prüfungsstelle für Klasse G 09 B vom 9. Mai 2008 (der hiergegen gerichtete Antrag auf Weiterbehandlung wurde bestandskräftig mit patentamtlichen Beschluss vom 20. Mai 2010 zurückgewiesen) grundsätzlich bereits abgeschlossen. Das Erteilungsverfahren betreffend die Patentanmeldung … ist zwar noch anhängig, doch kann das hier betriebene Verfahren, soweit es die Zahlung eines Geldbetrags betrifft, nicht zum Erteilungsverfahren in einem engeren Sinne gerechnet werden. Soweit sich die Anträge auf eine Korrektur der Offenlegungsschriften beziehen, ist zwar ein Zusammenhang mit dem Erteilungsverfahren gegeben, jedoch kommt insoweit Verfahrenskostenhilfe vor dem Patentgericht grundsätzlich nur für ein Beschwerdeverfahren in Betracht (vgl. Schulte, PatG, a. a. O., § 130 Rdn. 45), nicht für ein hiervon losgelöstes Klageverfahren.

6

Die Beantwortung der Frage, ob Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe ausnahmsweise auch bei Verfahren wie dem vorliegenden bei verfassungskonformer Auslegung der entsprechenden Vorschriften unter dem Gesichtspunkt der Sozialstaatsklausel (Art. 20 Abs. 1 GG) nach den allgemeinen Vorschriften § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 114 ff. ZPO in Betracht kommt, kann letztlich dahinstehen. Denn die mit dem Klageverfahren beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

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2. Die Klage ist bereits unzulässig. Das Bundespatentgericht ist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 PatG nur zuständig für Klagen auf Erklärung der Nichtigkeit von Patenten und in Zwangslizenzverfahren (§§ 81, 85, 85a PatG), über § 99 Abs. 1 PatG auch für Wiederaufnahmeklagen nach § 578 ZPO, im Bereich der Kostenfestsetzung auch für Vollstreckungsgegenklagen nach § 767 ZPO (vgl. Schulte, PatG, a. a. O., § 65 Rdn. 6, § 80 Rdn. 109 und Einl. Rdn. 446). Die vom Antragsteller mit seiner Klage verfolgten Anträge fallen ersichtlich unter keine der vorstehenden Klagearten, so dass sie deshalb schon mangels sachlicher Zuständigkeit des Bundespatentgerichts zu verwerfen wären. Anträge im Zusammenhang mit dem Inhalt patentamtlicher Schriften könnten demgegenüber zwar grundsätzlich Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht sein (vgl. z. B. die Entscheidungen des juristischen Beschwerdesenats vom 21.1.1974, 4 W (pat) 73/71, veröffentlicht in BPatGE 16, 115, und vom 11.12.1991, 4 W (pat) 26/91, veröffentlicht in BlPMZ 1992, 257; vgl. auch BGH, Beschluss v. 19.11.2002, X ZB 23/01, Rn. 10 ff., veröffentlicht in GRUR 2003, 226), ebenso können auch Zahlungsanträge, etwa im Zusammenhang mit der Rückzahlung von Auslagen oder Gebühren, mit der Beschwerde verfolgt werden. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein Beschwerdeverfahren sind vorliegend aber ebenfalls nicht gegeben. Die Beschwerde findet gemäß § 73 Abs. 1 PatG gegen die Beschlüsse der Prüfungsstellen und Patentabteilungen statt und setzt damit grundsätzlich eine vorherige Entscheidung des Patentamts voraus. Fehlt es wie hier an einem solchen Beschluss, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Es kann daher dahinstehen, ob die von vornherein unzulässige Klage in eine Beschwerde nach § 73 PatG umgedeutet werden kann, denn auch dies würde dem Begehren des Klägers nicht zu seiner Zulässigkeit verhelfen.

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3. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass ebenso wenig eine sachliche Prüfung der Anträge eine Aussicht auf Erfolg hätte. Nach der Vorschrift des § 32 Abs. 2 Satz 1 PatG enthält die vom Patentamt herauszugebende Offenlegungsschrift die Unterlagen der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten oder vom Patentamt zur Veröffentlichung zugelassenen geänderten Form. Es liegt daher schon von Gesetzes wegen im Ermessen des Patentamts, die Anmeldungsunterlagen in formal abweichender Form gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu veröffentlichen, ohne dass es hierbei auf die Billigung durch den Anmelder ankommt. Maßgebend ist insoweit allein der Zweck der Offenlegungsschrift, die Öffentlichkeit auf die Existenz der Patentanmeldung hinzuweisen und diese zu einem frühen Zeitpunkt über ein in Zukunft mögliches Schutzrecht zu unterrichten. Es ist nicht zu erkennen, dass dieser Zweck hier beeinträchtigt wäre. Die Abweichungen der Offenlegungsschriften gegenüber den Anmeldungsunterlagen, die der Antragsteller als Verstümmelung rügt, beruhen durchweg auf Änderungen der Formatierung und nicht des Inhalts. Diese Formatierungsänderungen entsprechen aber den für eine Patentanmeldung vorgeschriebenen Formerfordernissen. § 6 Abs. 5 PatV schreibt u. a. ausdrücklich vor, dass der Text "keine Unterstreichungen, Kursivschreibungen, Fettdruck oder Sperrungen beinhalten“ soll. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag, solche untersagten Formatierungen bei der Offenlegung beizubehalten, ist daher nicht erkennbar. Ebenso wenig ist eine Rechtsgrundlage für den Zahlungsantrag ersichtlich; da die Offenlegung grundsätzlich keiner Billigung durch den Anmelder unterliegt, ist eine Verletzung von Autorenrechten nicht erkennbar. Ein Anspruch aus Amtshaftung, der gegebenenfalls einer Verweisung an das hierfür zuständige Landgericht unterliegen würde, ist nicht schlüssig vorgetragen. Anregungen auf Änderungen der PatV oder der Praxis des Patentamts können von vornherein nicht auf dem Klagewege verfolgt werden.

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4. Da dem Antragsteller mangels Erfolgsaussicht seiner Klage keine Prozesskostenhilfe gewährt werden kann, setzt die weitere Bearbeitung der Klage voraus, dass der Antragsteller den für eine Klage vor dem BPatG nach § 2 Abs. 1 PatKostG i. V. m. Nr. 402 200 des Gebührenverzeichnisses vorgeschriebenen Gebührensatz von 4,5 Gebühren entrichtet; die Höhe einer Gebühr beträgt nach § 2 Abs. 2 PatKostG i. V. m. § 34 GKG, ausgehend von einem Streitwert von 50.000 €, 456 €. Erfolgt keine Zahlung innerhalb der dreimonatigen Frist des § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG, wird festzustellen sein, dass die Klage als nicht erhoben gilt, falls sie nicht schon vorher zurückgenommen wird.