Entscheidungsdatum: 12.09.2018
Zum Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Verpflichtung zur Auskunftserteilung (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 10. Januar 2018, XII ZB 451/17, FamRZ 2018, 445).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 7. November 2017 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Wert: bis 600 €
I.
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner im Wege des Stufenantrags Auskunft im Rahmen eines Trennungsunterhaltsverfahrens.
Die miteinander verheirateten Beteiligten trennten sich im Jahr 2011. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) macht Trennungsunterhalt gegen den Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) geltend. Der Ehemann ist Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er ist Partner der TVR-Partnergesellschaft (im Folgenden: TVR).
Das Amtsgericht hat ihn unter anderem verpflichtet, Auskunft über die privat veranlassten jährlichen Entnahmen aus der TVR in den Jahren 2011 bis 2015 zu erteilen und seine Angaben durch die Entnahmekonten bei der TVR für die Jahre 2011 bis 2015 zu belegen. Das Oberlandesgericht hat die allein hiergegen gerichtete Beschwerde des Ehemanns verworfen. Dagegen wendet sich der Ehemann mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Ehemann insbesondere nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 10. Januar 2018 - XII ZB 451/17 - FamRZ 2018, 445 Rn. 4 mwN). Ebenso wenig liegt eine Verletzung des Anspruchs des Ehemanns auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG vor.
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die erforderliche Beschwer von über 600 € sei nicht erreicht. Die Beschwer eines zur Auskunft verpflichteten Beteiligten bemesse sich nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Es sei auf den Zeitaufwand für die Erfüllung des Anspruchs abzustellen, der hier auf der Grundlage eines Stundensatzes von 3,50 € nach § 20 JVEG zu ermitteln sei, weil es sich um eine persönliche Auskunft des Ehemanns handele. Soweit der Ehemann verpflichtet worden sei, Auskunft über die privat veranlassten Entnahmen aus der TVR zu erteilen, handele es sich um eine Auskunftspflicht persönlicher Natur, deren Erfüllung mit berufstypischen Leistungen gegenüber Dritten nicht vergleichbar sei. Auch sei nicht ersichtlich, inwieweit ein besonderes Geheimhaltungsinteresse entgegenstehen könnte, da Daten von Mandanten des Ehemanns nicht betroffen seien. Wenn der Ehemann anführe, auf den Entnahmekonten befänden sich auch andere Abflüsse als privat veranlasste Entnahmen, so bedürfe es zur Erfüllung der Verpflichtung eines Sortierens und Herausstellens der privat veranlassten Entnahmen. Nicht ersichtlich sei, dass zunächst für die Jahre 2013 bis 2015 neu kontiert werden müsste.
2. Diese Ausführungen befinden sich im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.
a) Die Begründung des Oberlandesgerichts, wonach die Erwachsenheitssumme nicht erreicht sei, weil bei einer Verpflichtung zur Auskunft auf den Zeitaufwand für die Erfüllung des Anspruchs abzustellen sei, den man auf der Grundlage eines Stundensatzes von 3,50 € nach § 20 JVEG zu ermitteln habe, bewegt sich im Rahmen der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Januar 2018 - XII ZB 451/17 - FamRZ 2018, 445 Rn. 5 mwN).
b) Ebenso wenig hat das Oberlandesgericht den Anspruch des Ehemanns auf rechtliches Gehör verletzt.
Die Rechtsbeschwerde meint, das Oberlandesgericht habe den Vortrag des Ehemanns übergangen, vertrauliche Mandantendaten seien bei einer etwaigen Vorlage des Entnahmekontos betroffen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat sich das Oberlandesgericht mit diesem Vortrag befasst, ist nur zu einem anderen Ergebnis gelangt als vom Ehemann gewollt. Es ist maßgeblich davon ausgegangen, dass der Ehemann nach der Entscheidung des Amtsgerichts nur über die privat veranlassten Entnahmen aus der TVR Auskunft zu erteilen und diese zu belegen hat.
c) Die angefochtene Entscheidung weicht auch nicht von der Senatsrechtsprechung ab, soweit es das geltend gemachte Geheimhaltungsinteresse und die fehlende Vollstreckungsfähigkeit des Auskunftstitels anbelangt.
aa) Der von der Rechtsbeschwerde erhobene Einwand, bei der Bemessung der Beschwer sei auch ein Geheimhaltungsinteresse zu berücksichtigen, ist vom Oberlandesgericht geprüft worden.
(1) Zwar kann ein Geheimhaltungsinteresse im Einzelfall für die Bemessung des Rechtsmittelinteresses erheblich sein. Insoweit muss der Rechtsmittelführer dem Beschwerdegericht aber sein besonderes Interesse, bestimmte Tatsachen geheim zu halten, und den durch die Auskunftserteilung drohenden Nachteil substantiiert darlegen und erforderlichenfalls glaubhaft machen. Dazu gehört auch, dass gerade in der Person des die Auskunft Begehrenden die Gefahr begründet sein muss, dieser werde von den ihm gegenüber offenbarten Tatsachen über das Verfahren hinaus in einer Weise Gebrauch machen, welche die schützenswerten wirtschaftlichen Interessen des zur Auskunft Verpflichteten gefährden könnte. Die allein erfolgte Berufung auf allgemeine Belange der Geheimhaltung und des Vertraulichkeitsschutzes ist nicht ausreichend (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 12/16 - FamRZ 2016, 1448 Rn. 13 f. mwN).
(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat sich das Oberlandesgericht an diese Vorgaben gehalten.
(a) Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist nicht ersichtlich, inwieweit ein besonderes Geheimhaltungsinteresse der Auskunft entgegenstehen könnte, da Daten von Mandaten des Ehemanns nicht betroffen seien. Demgemäß hat der Ehemann im instanzgerichtlichen Verfahren selbst auf die Möglichkeit hingewiesen, die mandantenbezogenen Daten zu schwärzen. Weil der Ehemann nach der zutreffenden Auffassung des Oberlandesgerichts nur über seine privat veranlassten Entnahmen Auskunft zu erteilen hat, kommt es schon nicht auf die Frage an, ob die Entnahmekonten auch vertrauliche Daten von Mandaten enthalten.
(b) Überdies ist weder vom Ehemann dargetan noch sonst ersichtlich, dass gerade in der Person der Ehefrau eine Gefahr begründet sein sollte, diese werde von den vertraulichen Daten über das Verfahren hinaus missbräuchlich Gebrauch machen.
bb) Ebenso wenig vermag der weitere Einwand der Rechtsbeschwerde, die vom Amtsgericht angeordnete Verpflichtung zur Vorlage von Belegen sei nicht vollstreckungsfähig, weshalb auch die Kosten für die Abwehr der Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen seien, die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde i.S.d. § 574 Abs. 2 ZPO zu begründen.
(1) Hat die Auskunftsverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt, erhöht sich die Beschwer nach der ständigen Rechtsprechung des Senats allerdings um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung musste der Unterhaltsschuldner gewärtigen, dass er in vollem Umfang aus dem erstinstanzlichen Titel in Anspruch genommen wird und sich hiergegen zur Wehr setzen muss (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 12/16 - FamRZ 2016, 1448 Rn. 16 mwN).
(2) Auch insoweit bewegt sich die angefochtene Entscheidung im Rahmen der Senatsrechtsprechung.
(a) Die Rechtsbeschwerde meint, das Oberlandesgericht sei davon ausgegangen, der Ehemann müsse die Belege für die Jahre 2013 bis 2015 erst noch anfertigen. Da diese bei Beschlussfassung noch nicht vorgelegen hätten, sei der Titel nicht vollstreckungsfähig.
(b) Dem kann nicht gefolgt werden.
Richtig ist zwar, dass Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, in dem Titel bezeichnet und daher jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert sein müssen. Diese Bestimmung einem erst nach Beschlusserlass eintretenden Ereignis - etwa der Vorlage der Vermögensaufstellung durch den Auskunftsschuldner - zu überlassen, scheidet mithin aus (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 12/16 - FamRZ 2016, 1448 Rn. 17 mwN).
So liegt der Fall hier aber nicht. Denn das Amtsgericht hat die vorzulegenden Belege hinreichend konkret bezeichnet. Nach der Rechtsprechung des Senats führt allein der Umstand, dass die vorzulegenden Belege im Zeitpunkt des Titelerlasses noch nicht existent sind, nicht dazu, dass dem Titel die Vollstreckungsfähigkeit fehlt. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Belege weder im Titel noch in den Entscheidungsgründen konkretisiert sind, ihre Bestimmung vielmehr einem erst nach Beschlusserlass eintretenden Ereignis überlassen bleibt (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 12/16 - FamRZ 2016, 1448 Rn. 17 mwN).
cc) Selbst wenn man den Einwand der Rechtsbeschwerde dahin verstünde, dass die Vorlage der Entnahmekonten für die Jahre 2013 bis 2015 unmöglich sei, weil es für diese Zeit nach der Einlassung des Ehemanns keine "personalisierten" Entnahmekonten mehr gibt, wäre die erforderliche Beschwer nicht erreicht.
(1) Zur Bemessung der Beschwer ist in Fällen, in denen die vorzulegenden Belege nicht existent sind, durch Auslegung zu ermitteln, ob das Amtsgericht den Auskunftsschuldner zu deren Erstellung verpflichten wollte oder ob es- gegebenenfalls irrig - von deren Existenz ausgegangen ist. Nur im ersten Fall erhöht der für die Erstellung erforderliche Aufwand an Zeit und Kosten den Beschwerdewert. Im zweiten Fall hat er hingegen außer Betracht zu bleiben; werterhöhend kann sich dann lediglich auswirken, wenn der Verpflichtete gewärtigen muss, auf die Erfüllung der insoweit unmöglichen Leistung in Anspruch genommen zu werden und sich hiergegen zur Wehr setzen zu müssen (Senatsbeschluss vom 2. September 2015 - XII ZB 132/15 - FamRZ 2015, 2142 Rn. 13 mwN). Ob eine Auskunftsverpflichtung in einem solchen Fall tatsächlich auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, kann freilich erst nach Vornahme der gebotenen Auslegung des Titels festgestellt werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Juli 2018 - XII ZB 637/17 - zur Veröffentlichung bestimmt; vom 16. August 2017 - XII ZB 429/16 - FamRZ 2017, 1947 Rn. 12 und vom 21. März 2012 - XII ZB 420/11 - juris Rn. 11). Ergibt diese, dass nur die bereits existenten Belege bzw. diejenigen vorzulegen sind, die einen konkreten Bezug zu der zu erteilenden Auskunft haben, fehlt es an einer Unmöglichkeit der Belegvorlage.
(2) Das Oberlandesgericht hat die amtsgerichtliche Entscheidung ersichtlich dahin ausgelegt, dass der Ehemann nicht verpflichtet sein soll, für die Jahre 2013 bis 2015 neu zu kontieren, sondern dass die Vorlage der Buchungen der Privatentnahmen genügen soll. Hiergegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Eine dementsprechende Auslegung des Titels trägt auch den Interessen des Auskunftsgläubigers hinreichend Rechnung. Denn eine solche Auskunft beinhaltet zugleich die Angabe, dass weitere Privatentnahmen nicht erfolgt sind.
Sollten insoweit Zweifel bestehen, bestünde für die Ehefrau immer noch die Möglichkeit, sich die Vollständigkeit der Auskunft gemäß § 260 Abs. 2 BGB an Eides statt versichern zu lassen.
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