Entscheidungsdatum: 16.08.2017
Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands ist grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 27. April 2016, XII ZB 527/15, FamRZ 2016, 1154).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juli 2016 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Wert: 502 €
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Verwerfung seiner Beschwerde mangels Erreichens des Beschwerdewerts von über 600 €.
Die Beteiligten schlossen am 6. November 2007 die Ehe. Nach ihrer Trennung am 22. Juli 2013 wurde der Ehescheidungsantrag des Antragstellers der Antragsgegnerin am 7. Juni 2014 zugestellt.
Auf den in der Folgesache Zugewinnausgleich gestellten Antrag der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht den Antragsteller verpflichtet,
"Auskunft zu erteilen über den Bestand seines Vermögens an den Stichtagen 06.11.2007 (Anfangsvermögen), 22.07.2013 (Trennungszeitpunkt) sowie 07.06.2014 (Endvermögen), und dazu eine übersichtliche und vollständige Liste vorzulegen aller Aktiva und Passiva im In- und Ausland unter Angabe der wertbildenden Faktoren, sowie den Wert aller in der Liste bezeichneten Vermögensgegenstände zu den Stichtagen wie folgt zu belegen:
(…)
f) Betreffend Kraftfahrzeuge: Vorlage eines Sachverständigengutachtens sowie Angaben von Marke, Typ, Sonderausstattung, Baujahr, Kilometerleistung, Anschaffungsjahr, Kaufpreis
(…)
i) Betreffend Gewerbeunternehmen, Personengesellschaften, Unternehmensbeteiligungen und Kapitalgesellschaften: Kurzbeschreibung der Tätigkeit, Vorlage der Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Überschussrechnungen nebst Aufstellungen zum Anlagevermögen der letzten 3 Jahre
(…)"
Das Oberlandesgericht hat die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde verworfen. Hiergegen wendet sich dieser mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO.
1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass der Zeitaufwand des Antragstellers, um seiner Verpflichtung aus der angegriffenen Entscheidung nachzukommen, vorliegend mit höchstens zwanzig Zeitstunden zu je 3,50 € zu bemessen sei. Sofern die Belegvorlage überhaupt Kosten verursache, seien diese mit maximal 100 € zu bemessen. Soweit der Antragsteller dazu verpflichtet worden sei, ein Sachverständigengutachten betreffend sein Kraftfahrzeug vorzulegen, sei dieses, wie vom Antragsteller selbst angegeben, mit 150 € zu bemessen. Hinsichtlich der Verpflichtung des Antragstellers, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Überschussrechnungen nebst Aufstellungen zum Anlagevermögen der letzten drei Jahre vorzulegen, sei nicht das von dem Antragsteller mit 999 € netto bzw. 2.309,55 € brutto bezifferte, an seinen Steuerberater für die Bilanz 2014 zu zahlende Honorar maßgebend. Der Teil-Beschluss des Amtsgerichts wie auch der Antrag der Antragsgegnerin seien dahin zu verstehen, dass der Antragsteller verpflichtet sei, die Einkünfte durch Kurzbeschreibung der Tätigkeit, Vorlage der Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Überschussrechnungen nebst Aufstellungen zum Anlagevermögen zu belegen, indem er die diesbezüglichen Unterlagen vorzulegen, nicht aber herzustellen habe. Zweifel über die Frage, auf welchen konkreten Zeitraum sich die Belege beziehen müssten, seien im Vollstreckungsverfahren zu klären. Dem Antragsteller sei insoweit eine anwaltliche Beratung über die Aufklärung zum Inhalt und Umfang der Verpflichtung zuzubilligen. Die Rechtsanwaltskosten in einem etwaigen Vollstreckungsverfahren beliefen sich auf 181,80 €.
2. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.
a) Gemäß § 61 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde in vermögensrechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats bemisst sich die Beschwer eines zur Auskunft verpflichteten Beteiligten nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei kommt es auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft erfordert. Der Zeitaufwand dafür ist grundsätzlich in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den ein Zeuge im Zivilprozess erhalten würde (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2016 - XII ZB 134/15 - FamRZ 2017, 368 Rn. 6 mwN).
b) Danach ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts, dass sich die Beschwer des Antragstellers auf nicht über 600 € beläuft, nicht zu beanstanden.
aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht den Zeitaufwand des Antragstellers entsprechend der Regelung des § 20 JVEG über die Entschädigung von Zeugen bewertet und dabei den dort festgelegten Stundensatz von 3,50 € herangezogen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 27. April 2016 - XII ZB 527/15 - FamRZ 2016, 1154 Rn. 9). Solche Gründe hat der Antragsteller indes nicht dargelegt.
bb) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde auch, dass das Oberlandesgericht den Umfang der vom Amtsgericht tenorierten Belegpflicht und den daraus für den Antragsteller resultierenden finanziellen Aufwand verkannt habe. Durch die amtsgerichtliche Entscheidung ist der Antragsteller zur "Vorlage der Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Überschussrechnungen nebst Aufstellungen zum Anlagevermögen der letzten 3 Jahre" verpflichtet worden. Wenn das Oberlandesgericht den Tenor dahin "versteht", dass der Antragsteller die "diesbezüglichen Unterlagen vorzulegen, nicht aber herzustellen hat", begegnet diese Auslegung des Tenors keinen rechtlichen Bedenken. Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass das Amtsgericht in dem entsprechenden Tenor unter lit. i) den bestimmten Artikel verwendet hat: „Vorlage der Bilanzen“, wohingegen es im Tenor unter lit. f) „Vorlage eines Sachverständigengutachtens“ heißt. Im Übrigen ist die Formulierung im Tenor unter lit. i) „der letzten 3 Jahre“ – anders als das Oberlandesgericht meint – in der Weise eindeutig, dass der Antragsteller die Unterlagen der letzten drei abgelaufen Kalenderjahre vor den im Tenor genannten Stichtagen vorzulegen hat.
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
Dose |
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