Entscheidungsdatum: 27.04.2016
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandgerichts vom 13. Oktober 2015 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Wert: bis 600 €
I.
Der Antragsteller nimmt - vertreten durch seine Mutter - den Antragsgegner, seinen Vater, im Wege des Stufenantrags auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Der Antragsgegner hat in erster Stufe den Auskunftsanspruch nur hinsichtlich seines Einkommens anerkannt. Das Familiengericht hat den Antragsgegner über das Anerkenntnis hinaus verpflichtet, Auskunft auch über sein Vermögen am 31. Dezember 2011 durch Vorlage eines spezifizierten Vermögensverzeichnisses über alle aktiven und passiven Vermögenswerte zu erteilen. Die nur hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 600 € nicht übersteige. Nach Aufhebung dieses Beschlusses durch den Senat (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2014 - XII ZB 487/13 - FamRZ 2014, 1286) und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht hat dieses die Beschwerde erneut als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II.
Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine erneute Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner auch nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11 - FamRZ 2011, 1929 Rn. 8 mwN).
2. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zutreffend nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteigt.
a) Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstands richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für den Antragsgegner mit der Auskunftserteilung und dem Zusammenstellen der Belege verbunden sei. Da ihm eine kostengünstige Auskunft aus dem Grundbuch oder aus dem Amtlichen Liegenschaftskataster nicht zur Verfügung stehe, sei der Antragsgegner darauf angewiesen, die Auskunft über den Bestand seiner Grundstücke durch das Sichten von Kaufverträgen und das Zusammentragen der daraus entnommenen Daten zu erstellen. Zur Bewertung des Zeitaufwands könne grundsätzlich auf die Verdienstausfallentschädigung für Zeugen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zurückgegriffen werden. Der Verweis des Antragsgegners auf mehrere hundert Grundstücke und seine Beteiligung an mehreren Unternehmen rechtfertige weder die Hinzuziehung eines Steuerberaters noch die Bewertung des vom Antragsgegner selbst zu betreibenden Aufwands mit mehr als 600 €. Zur Bewertung des Zeitaufwands, den der Antragsgegner mit rund 83 Stunden veranschlagt habe, sei auf einen Stundensatz von 3,50 € zurückzugreifen, den der Auskunftspflichtige in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringe noch einen Verdienstausfall erleide. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die zur Auskunft erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden könnten. Dass der Antragsgegner dafür nach eigenen Angaben in seiner Freizeit knapp eineinhalb Monate benötige, sei in Anbetracht der bisherigen Dauer des Verfahrens nicht unangemessen. Selbst bei einer maßvollen Erhöhung des veranschlagten Zeitaufwands auf 100 Stunden werde somit nur ein Kostenbetrag von 350 € erreicht.
b) Dadurch wird der verfahrensrechtliche Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz nicht verletzt.
aa) Das Oberlandesgericht hat nunmehr zutreffend den vom Antragsgegner glaubhaft dargelegten Zeitaufwand von rund 83 Stunden für die Zusammenstellung von rund 500 Grundstücksdaten zugrunde gelegt.
bb) Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden sind die Erwägungen, mit denen das Oberlandesgericht den anzusetzenden Stundensatz für die Durchführung dieser Arbeiten festgestellt und mit 3,50 € zugrunde gelegt hat.
(1) Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (Senatsbeschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 317/14 - FamRZ 2015, 838 Rn. 16 f.).
(2) Dies ist dem Antragsgegner nicht gelungen. Er hat nach dem nunmehr vom Oberlandesgericht gegebenen Hinweis vorgetragen, dass er knapp eineinhalb Monate benötige, wenn er die Auskunft in seiner Freizeit erstellte und diese ununterbrochen ausnutze. Damit hat er keine Gründe vorgetragen, die ihn an einer Erledigung der Arbeiten während seiner Freizeit hinderten, sondern lediglich die dafür nötige Erledigungsfrist mitgeteilt. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die vom Oberlandesgericht angesetzten 100 Stunden zur Erfüllung des Auskunftsverlangens nicht in seiner Freizeit aufbringen kann, sind entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht ersichtlich. Daher ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht den Zeitaufwand des Antragsgegners entsprechend den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) über die Entschädigung von Zeugen bewertet und dabei auf den in § 20 JVEG festgelegten Stundensatz von 3,50 € zurückgegriffen hat.
(3) Das Oberlandesgericht war in der Frage der Bewertung des Stundensatzes auch nicht durch die Ausführungen in dem Senatsbeschluss vom 14. Mai 2014 (XII ZB 487/13 - FamRZ 2014, 1286) gebunden. Zwar hatte das Oberlandesgericht, an das die Sache zurückverwiesen worden war, gemäß § 74 Abs. 6 Satz 4 FamFG die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. In Bezug auf den anzuwendenden Stundensatz hatte der Senat jedoch keine rechtliche Festlegung getroffen.
Nachdem das Oberlandesgericht bei seiner ersten Befassung keine Feststellungen darüber getroffen hatte, ob der Antragsgegner die Arbeiten in seiner Freizeit erledigen kann oder ob er hierfür Arbeitszeit aufwenden muss, war Letzteres im Rahmen der rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung zu unterstellen und der Stundensatz auf Grundlage des vom Antragsgegner mitgeteilten monatlichen Nettoeinkommens in einer Größenordnung von 15 € anzunehmen. Die rechtsbeschwerderechtlich notwendige Unterstellung bindet das Oberlandesgericht jedoch nicht für das weitere Verfahren.
(4) In Anbetracht des vom Oberlandesgericht nunmehr ermittelten Stundensatzes von 3,50 € wird der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von über 600 € selbst unter Zugrundelegung der vom Antragsgegner geltend gemachten Stundenzahl deutlich unterschritten.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Nedden-Boeger Guhling