Entscheidungsdatum: 12.10.2011
1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes im Rechtsmittelverfahren über die Verpflichtung zur Auskunftserteilung in einem Güterrechtsverfahren (§ 1379 Abs. 1 BGB) richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des - in erster Instanz unterlegenen - Anspruchstellers an der Erteilung der Auskunft .
2. Weil die Auskunft die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erst vorbereiten und erleichtern soll, beträgt der Wert des Auskunftsanspruchs in der Regel einen Bruchteil, nämlich 1/10 bis 1/4 des Leistungsanspruchs. Zur Ermittlung dessen Wertes ist anhand des Tatsachenvortrags des Anspruchstellers danach zu fragen, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat (im Anschluss an Senatsurteil vom 31. März 1993, XII ZR 67/92, FamRZ 1993, 1189; Senatsbeschluss vom 19. Mai 1982, IVb ZB 80/82, FamRZ 1982, 787, 788) .
3. Die Frage, ob dem Anspruchsteller der geltend gemachte Auskunftsanspruch, dessen er sich berühmt, auch zusteht, hat keinen Einfluss auf die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgebliche Beschwer. Sie ist vielmehr im Rahmen der Begründetheit zu beantworten .
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. Februar 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: bis 25.000 €
I.
Die Antragsgegnerin begehrt von dem Antragsteller Auskunft im Rahmen eines Zugewinnausgleichsverfahrens.
Die Parteien schlossen im Jahr 1999 die Ehe. Die Antragsgegnerin begehrt im Verbund des im Jahr 2007 eingeleiteten Scheidungsverfahrens Auskunft über das Endvermögen des Antragstellers, jedoch nur noch über den Wert des Schlosses W. .
Diese Immobilie erwarben die Eheleute im Jahr 2002 für 150.000 € zu hälftigem Eigentum. Im Januar 2005 schlossen sie eine als "Tauschvertrag" bezeichnete notarielle Vereinbarung, mit der der Antragsteller der Antragsgegnerin das Alleineigentum an einem Haus in K. übertrug. Als Gegen-leistung erhielt der Antragsteller den Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin an dem Schloss, so dass er alleiniger Eigentümer wurde. Dabei vereinbarten die Eheleute, dass keines der beiden Grundstücke in den Zugewinn fallen solle.
Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragsgegnerin auf Auskunftserteilung zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
Auf das Verbundverfahren ist das neue Verfahrensrecht nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) anzuwenden, weil in der Folgesache Versorgungsausgleich am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine End-entscheidung erlassen wurde (Art. 111 Abs. 5 iVm Abs. 1 Satz 1 FGG-RG).
1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft.
Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Annahme des Oberlandesgerichts, die Beschwerde sei im Hinblick auf die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG unzulässig, verletzt die Antragsgegnerin in ihrem aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. April 2011 XII ZB 553/10 - FamRZ 2011, 966 Rn. 9; vom 23. März 2011 XII ZB 51/11 - FamRZ 2011, 881 Rn. 7; vom 2. April 2008 XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 8 und vom 18. Juli 2007 XII ZB 162/06 - FamRZ 2007, 1725 Rn. 4; ebenso: BGH Beschlüsse vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 62/10 - WuM 2011, 177 Rn. 3 und BGHZ 151, 221 = NJW 2002, 3029, 3030).
2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
a) Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Antragsgegnerin mit der Begründung verworfen, der Wert der Beschwer von 600 € sei nicht erreicht. Weil die Antragsgegnerin nur noch Auskunft über das Endvermögen bezüglich des Schlosses verlange, sei der für die Wertbemessung als Ausgangspunkt anzusetzende Hauptsachewert nur aus dem Interesse abzuleiten, das sich aus der Differenz zwischen dem Anspruch ohne den von der Auskunft betroffenen Gegenstand und dem angestrebten Gesamtanspruch ergebe. Die betragsmäßigen Angaben der Antragsgegnerin zum Wert dieser Differenz böten keine hinreichend verwertbaren Anhaltspunkte für die Bemessung der Beschwer.
Daher seien die in der Rechtsmittelbegründung enthaltenen objektiven Anhaltspunkte zugrunde zu legen. Danach würde das Auskunftsbegehren in keinem Fall die Höhe der Ausgleichsforderung beeinflussen. Bei Wirksamkeit des Tauschvertrags stünde der Antragsgegnerin hinsichtlich des Schlosses kein Anspruch auf Zugewinnausgleich zu. Im Falle der Unwirksamkeit des Vertrags wären die Leistungen ex tunc zurückzuführen. Damit würde sich das Endvermögen jedes Ehegatten um denselben Wert erhöhen.
b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
aa) Zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass sich der Wert des Beschwerdegegenstandes im Rechtsmittelverfahren über die Verpflichtung zur Auskunftserteilung in einem Güterrechtsverfahren (§ 1379 Abs. 1 BGB) nach dem wirtschaftlichen Interesse des - in erster Instanz unterlegenen - Anspruchstellers an der Erteilung der Auskunft richtet, wobei das Interesse gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen ist (vgl. Senatsurteile vom 8. Januar 1997 - XII ZR 307/95 - FamRZ 1997, 546; vom 31. März 1993 - XII ZR 67/92 - FamRZ 1993, 1189 und BGH Beschluss vom 19. September 2007 - IV ZR 226/06 - juris Rn. 5).
Weil die Auskunft die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erst vorbereiten und erleichtern soll, beträgt der Wert des Auskunftsanspruchs in der Regel einen Bruchteil, nämlich 1/10 bis 1/4 des Leistungsanspruchs und ist umso höher anzusetzen, je geringer die Kenntnisse des Anspruchstellers von den zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind (Senatsurteil vom 31. März 1993 - XII ZR 67/92 - FamRZ 1993, 1189; Senatsbeschluss vom 19. Mai 1982 - IVb ZB 80/82 - FamRZ 1982, 787, 788; BGH Beschluss vom 25. Januar 2006 - IV ZR 195/04 - FamRZ 2006, 619; so auch Zöller/Herget ZPO 28. Aufl. § 3 Rn. 16 "Auskunft").
Der Leistungsanspruch bildet die Schätzungsgrundlage für den anzusetzenden Wert und ist ebenfalls gemäß § 3 ZPO zu schätzen. Dies geschieht nach objektiven Anhaltspunkten, wobei anhand des Tatsachenvortrags des Klägers danach zu fragen ist, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat (Senatsurteile vom 8. Januar 1997 XII ZR 307/95 - FamRZ 1997, 546 und vom 31. März 1993 XII ZR 67/92 - FamRZ 1993, 1189; BGH Beschluss vom 25. Januar 2006 IV ZR 195/04 - FamRZ 2006, 619; Zöller/Herget ZPO 28. Aufl. § 3 Rn. 16 "Auskunft"). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob ein solcher Anspruch nach den festgestellten Verhältnissen überhaupt oder nur in geringerer Höhe in Betracht kommt, mit der Folge, dass das Interesse des Rechtmittelklägers dann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten entsprechend geringer zu bewerten ist (Senatsurteil vom 31. März 1993 - XII ZR 67/92 - FamRZ 1993, 1189).
Dagegen hat die Frage, ob der Anspruchsteller den geltend gemachten Auskunftsanspruch, dessen er sich berühmt, auch tatsächlich hat, keinen Einfluss auf die für die Zulässigkeit maßgebliche Beschwer. Sie ist vielmehr im Rahmen der Begründetheit zu beantworten.
Der dem Beschwerdegericht bei der Schätzung eingeräumte Ermessensspielraum kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt dahin überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschlüsse vom 14. Februar 2007 - XII ZB 150/05 - FamRZ 2007, 711 Rn. 9; vom 3. November 2004 XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105; BGHZ 155, 127 = FamRZ 2003, 1267, 1268 und vom 24. Juli 2002 - XII ZB 31/02 - FamRZ 2003, 597; Senatsurteile vom 31. März 1993 - XII ZR 67/92 - FamRZ 1993, 1189 und vom 4. Oktober 1990 XII ZB 37/90 - FamRZ 1991, 316, 317).
bb) Gemessen hieran hat das Oberlandesgericht, das von einer unter 600 € liegenden Beschwer ausgegangen ist, sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt.
Für die Bemessung der Beschwer ist die Vorstellung der Antragsgegnerin vom Wert des Leistungsanspruchs heranzuziehen. Insoweit ist die Annahme des Oberlandesgerichts, der Wert der Immobilie hätte unter keinen Umständen Einfluss auf die Ausgleichsforderung der Antragsgegnerin im Zugewinnausgleichsverfahren, rechtlich nicht haltbar.
(1) Die Antragsgegnerin geht im Ergebnis davon aus, dass das Schloss in den Zugewinn einzubeziehen ist, was unter Berücksichtigung ihres Vortrages zu einer deutlichen Erhöhung ihrer Ausgleichsforderung führen würde.
Zwar ist dem Oberlandesgericht zuzugeben, dass die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift einerseits und in der Stellungnahme auf den richterlichen Hinweis andererseits widersprüchlich erscheinen. Während jedoch die zunächst erfolgte Angabe "keinesfalls unter 6.000 €" in der Beschwerdeschrift ohne nähere Begründung erfolgt war, enthält die Stellungnahme der Antragsgegnerin auf den gerichtlichen Hinweis eine anhand von objektiven Kriterien nachvollziehbare Wertangabe. Wenn das Oberlandesgericht den Vortrag der Antragsgegnerin als "ergebnisorientiert" bewertet und die "in sich nicht stimmigen Erwartungen" rügt, verkennt es, dass es sich um Vortrag zur Bewertung des Auskunftsantrags handelt, der die Berechnung des Leistungsanspruchs erst vorbereitet und daher naturgemäß nur auf Schätzungen - auch und gerade des Anspruchstellers - beruhen kann. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin ihre Ansicht, das Schloss habe einen Wert von über einer Million Euro, nicht erst auf den gerichtlichen Hinweis im Beschwerdeverfahren in das Verfahren eingeführt hat, sondern bereits mehrfach in erster Instanz.
Dass diese Wertvorstellung nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, zeigt sich zudem an objektiven Kriterien, die das Oberlandesgericht bei seiner Ermessensentscheidung hätte berücksichtigen müssen. Der Antragsteller hat ein Wertgutachten für das Schloss vom 4. September 2000 zur Akte gereicht, das zur Ermittlung des Verkehrswertes zum Zwecke der Zwangsversteigerung erstattet wurde. Dieses kommt zwar zu dem Ergebnis, dass das Schloss am 18. April 2000 einen Verkehrswert von 200.000 DM hatte. Dabei ist der Gutachter jedoch von einem Bodenwert von 111.000 DM und einem Sachwert von 620.000 DM ausgegangen. Der gleichwohl verhältnismäßig geringe Ertragswert hat sich unter Berücksichtigung von Reparatur- und Instandsetzungskosten von 1,5 Millionen DM ergeben. Dass das Schloss angesichts des deutlich über dem Verkehrswert liegenden Sachwerts in den folgenden sieben Jahren bis zum Stichtag des Endvermögens am 19. Juni 2007 einen erheblichen Wertzuwachs erfahren haben könnte, erscheint nicht abwegig, insbesondere wenn man die Investitionen zunächst beider Parteien und dann des Antragstellers berücksichtigt.
(2) Selbst wenn man mit dem Oberlandesgericht - entgegen der Vorstellung der Antragsgegnerin, die im Ergebnis von der partiellen Unwirksamkeit des Vertrages ausgeht - allein die Unwirksamkeit des gesamten "Tauschvertrags" erwöge, würde dies nicht die erforderliche Beschwer entfallen lassen. Zwar wäre der für beide Ehegatten in die Bilanz einzustellende wirtschaftliche Wert der jeweiligen Miteigentumsanteile am Schloss identisch. Wäre der Vertrag insgesamt unwirksam, fiele aber nicht nur das Schloss in das hälftige Eigentum der Eheleute zurück, sondern auch das Eigentum der Immobilie in K. an den Antragsteller. Dies hätte u.a. zur Folge, dass auch deren Wert in die Berechnung des Zugewinnausgleichs einzubeziehen wäre und zur deutlichen Erhöhung des Anspruchs der Antragsgegnerin führen könnte. Zwar betrifft die streitgegenständliche Auskunftsverpflichtung nur das Schloss; über den Wert des Hauses in K. hätte die Antragsgegnerin als ehemalige "Eigentümerin" ohnehin hinreichende Kenntnis. Die Antragsgegnerin muss aber als Anspruchstellerin die Höhe des beiderseitigen Endvermögens darlegen und ggf. beweisen (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1375 Rn. 32). Damit ein Anspruchsteller diesen Anforderungen im Zugewinnausgleichsverfahren gerecht werden kann, räumt ihm das Gesetz mit § 1379 BGB einen entsprechenden Auskunftsanspruch ein. Die Antragsgegnerin würde - das übersieht das Beschwerdegericht - ihrer Darlegungspflicht hingegen nicht gerecht, wenn sie den Wert des hälftigen Miteigentumsanteils des Antragstellers unter Hinweis auf den in ihr Endvermögen in entsprechender Höhe einzustellenden Wert unbeziffert ließe.
Die Frage, ob der Vortrag der Antragsgegnerin schlüssig ist, ist für die Bewertung der Beschwer nicht maßgebend.
cc) Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass das Oberlandesgericht sein Ermessen bei der Bemessung der Beschwer fehlerhaft ausgeübt hat. Die angefochtene Entscheidung kann daher mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Gemäß § 577 Abs. 4 ZPO ist die Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuweisen. Die Zurückverweisung wird dem Beschwerdegericht Gelegenheit geben, die erforderlichen Feststellungen zu treffen, die eine Ermessensentscheidung über die Wertfestsetzung unter Einbeziehung sämtlicher hier einschlägiger Umstände ermöglicht, wobei nach Auffassung des Senats bereits aufgrund der getroffenen Feststellungen vieles für eine Beschwer oberhalb der in § 61 Abs. 1 FamFG enthaltenen Wertgrenze spricht.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer
Schilling Nedden-Boeger