Entscheidungsdatum: 26.10.2016
1. Die Beschwer eines zur Auskunft verpflichteten Antragsgegners bemisst sich nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen; es kommt auf den Aufwand, die Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft erfordert. Der Zeitaufwand ist dabei grundsätzlich in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den ein Zeuge im Zivilprozess erhalten würde. Zusätzlich kann ein Geheimhaltungsinteresse zu berücksichtigen sein (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2015, XII ZB 405/15, FamRZ 2016, 454).
2. Das gilt auch dann, wenn der Hauptanspruch aufgrund einer ausländischen Entscheidung bereits dahingehend rechtskräftig feststeht, dass ein Bruchteil des sich aus der Auskunft ergebenden Einkommens als Unterhalt zu zahlen ist.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 3. März 2015 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen.
Wert: bis 600 €
I.
Die im Dezember 1996 geborene und in Russland lebende Antragstellerin ist die Tochter der in Deutschland lebenden Antragsgegnerin. In einem durch den Vater der Antragstellerin in Russland eingeleiteten Unterhaltsverfahren wurde die Antragsgegnerin im Jahr 2013 durch ein russisches Gericht rechtskräftig dazu verpflichtet, Unterhalt in Höhe von "einem Viertel allen Arbeitseinkommens ausgehend vom 1. Oktober 2012 bis zur Erlangung der Volljährigkeit des Kindes" zu zahlen.
In dem vorliegenden, im Februar 2014 eingeleiteten Verfahren hat die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf Erteilung von Auskunft über ihr Einkommen im Jahr 2013 in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin antragsgemäß zur Auskunftserteilung verpflichtet. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht verworfen. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Die angefochtene Entscheidung verletzt die Antragsgegnerin insbesondere nicht in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten nach ständiger Rechtsprechung, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. zuletzt Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2016 - XII ZB 12/16 - FamRZ 2016, 1448 Rn. 5 und vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 405/15 - FamRZ 2016, 454 Rn. 6 mwN). Weiterhin legt die Rechtsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar.
2. Die Begründung des Beschwerdegerichts, die Beschwer der Antragsgegnerin liege unter 600 €, weil bei einer Verurteilung zur Auskunft insoweit auf den Zeitaufwand für die Erfüllung des Anspruchs abzustellen sei, der hier unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 21 € nach § 22 JVEG jedenfalls unter 600 € liege, bewegt sich im Rahmen der Rechtsprechung des Senats.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bemisst sich die Beschwer eines zur Auskunft verpflichteten Beteiligten nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Es kommt auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft erfordert. Der Zeitaufwand ist dabei grundsätzlich in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den ein Zeuge im Zivilprozess erhalten würde. Zusätzlich kann ein Geheimhaltungsinteresse zu berücksichtigen sein (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2016 - XII ZB 12/16 - FamRZ 2016, 1448 Rn. 11 ff. mwN und vom 9. Dezember 2015 - XII ZB 614/14 - FamRZ 2016, 452 Rn. 14 ff. mwN; vgl. bereits BGH - GSZ - 128, 85, 91 = FamRZ 1995, 349, 350 f.).
b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist die aufgrund eines vorliegenden rechtskräftigen ausländischen Unterhaltstitels mögliche Erhöhung der bisherigen Unterhaltszahlungen nach Erteilung der Auskunft bei der Bemessung der Beschwer nicht zu berücksichtigen.
aa) Bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes ist nur auf den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung abzustellen. Der tatsächliche oder rechtliche Einfluss der Entscheidung auf andere Rechtsverhältnisse bleibt außer Betracht. Während der geltend gemachte Auskunftsanspruch für den Antragsteller typischerweise zur Vorbereitung der Durchsetzung des Hauptanspruchs dient, ist Gegenstand des Rechtsmittels des im Auskunftsverfahren unterlegenen Antragsgegners nur dessen Ziel, keine Auskunft erteilen zu müssen. Das daneben auch bestehende Ziel des Antragsgegners, den Hauptanspruch zu verhindern, geht hingegen über das Ziel des Rechtsmittels hinaus. Es ist daher bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen (vgl. BGHZ - GSZ - 128, 85, 89 = FamRZ 1995, 349, 350). Das muss auch dann gelten, wenn - wie hier - der Hauptanspruch bereits dahingehend rechtskräftig feststeht, dass ein Bruchteil des sich aus der Auskunft ergebenden Einkommens als Unterhalt zu zahlen ist. Zwar hat die Rechtsprechung die unterschiedliche Behandlung der Rechtsmittelbeschwer von Antragsteller und Antragsgegner im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG insoweit auch damit begründet, dass für den Antragsteller durch Versagung des Auskunftsanspruchs der Hauptanspruch faktisch nicht durchsetzbar ist, während der Antragsgegner sich weiter gegen diesen wehren kann (vgl. BGHZ - GSZ - 128, 85, 89 f. = FamRZ 1995, 349, 350 f.). Letzteres ist im Falle eines rechtskräftigen Abschlusses des Verfahrens über den Hauptanspruch zwar nicht mehr möglich. Dies bedeutet aber keine Einschränkung des Rechtsschutzes hinsichtlich des Hauptanspruchs, denn die rechtskräftige Entscheidung hierüber ist in einem anderen Verfahren erfolgt, in dem bereits die Möglichkeit bestand, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Maßgeblich bleibt auch in diesem Fall, dass die Rechtskraftwirkung der Verpflichtung zur Auskunft nicht den Grund des Hauptanspruchs berührt (vgl. auch BGH Beschluss vom 9. November 2011 - IV ZB 23/10 - FamRZ 2012, 216 Rn. 17), der somit auch nicht zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens wird.
bb) Im Übrigen trifft die Annahme der Rechtsbeschwerde, die Erteilung der Auskunft führe ohne weiteres zu einer unmittelbaren Änderung der Unterhaltsverpflichtung, in dieser Form nicht zu, weil es zunächst einer Umsetzung durch die ausländischen Vollstreckungsorgane - mit insoweit möglicherweise bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten für den Unterhaltsschuldner - bedarf. Soweit ein ausländischer Unterhaltstitel in Deutschland in einem innerstaatlichen Vollstreckbarerklärungsverfahren oder aufgrund einer völkerrechtlichen Anerkennungs- und Vollstreckungsvereinbarung für vollstreckbar erklärt werden muss, behält der zur Auskunft verpflichtete Unterhaltsschuldner die Möglichkeit, Einwendungen im Exequaturverfahren vorzubringen. Es muss auch nicht entschieden werden, ob der Unterhaltstitel, der - wie hier - auf den Bruchteil eines nicht bezifferten Individualeinkommens lautet, im Hinblick auf seine Bestimmtheit überhaupt für vollstreckbar erklärt werden kann oder ob es zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der Antragstellerin in Deutschland nicht ohnehin eines neuen Leistungsantrags bedarf (vgl. dazu OLG Köln FamRZ 2012, 384 f.; OLG Zweibrücken OLGR 2005, 534, 535 f.; AG Wiesbaden FamRZ 2006, 562 f.; Finger FamFR 2011, 344; vgl. eingehend Seidl, Ausländische Vollstreckungstitel und inländischer Bestimmtheitsgrundsatz, S. 169 ff.).
c) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht zu beanstanden. Die Rechtsbeschwerde erhebt auch keine Einwendungen gegen die Schätzung und Bewertung des für die Erteilung der Auskunft erforderlichen Aufwands und gegen die Verneinung eines Geheimhaltungsinteresses.
Dose Schilling Günter
Botur Krüger