Entscheidungsdatum: 05.07.2017
Zwar kann die Schilderung von Vorgängen durch einen Rechtsanwalt die mitgeteilten Tatsachen in gleicher Weise glaubhaft machen, wie dies sonst durch eine eidesstattliche Versicherung der Fall ist, wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert. Hierzu bedarf es aber jedenfalls einer Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 22. Oktober 2014, XII ZB 257/14, FamRZ 2015, 135).
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 27. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln vom 25. August 2016 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Wert: 31.020 €
I.
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung von rückständigem und laufendem nachehelichen Unterhalt verpflichtet. Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 15. April 2016 zugestellt worden. Nachdem der Antragsgegner hiergegen rechtzeitig Beschwerde eingelegt hatte, ist die Beschwerdebegründung am 27. Juni 2016 beim Oberlandesgericht eingegangen.
Den nachfolgenden Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist hat der Antragsgegner damit begründet, dass die Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Beschwerde von der langjährigen, stets äußerst zuverlässigen und sorgfältigen Mitarbeiterin seines Verfahrensbevollmächtigten korrekt in die Handakte eingetragen worden seien, während lediglich versehentlich die Eintragung der Beschwerdebegründungsfrist im Fristenkalender unterblieben sei. Aufgrund dieses Büroversehens sei die Handakte dem Verfahrensbevollmächtigten erst am 21. Juni 2016 im Zuge der Kostenerhebung wieder vorgelegt worden. Im Bürobetrieb seines Verfahrensbevollmächtigten sei es seit zwanzig Jahren Übung, dass die zu beachtenden Termine auf den eingehenden Schriftstücken von der Mitarbeiterin handschriftlich vermerkt, vom Verfahrensbevollmächtigten geprüft und mit einer Paraphe im Eingangsstempel abgezeichnet würden. Die Termine würden sodann auf einem Vorblatt der Handakte und im Fristenbuch eingetragen, was die Mitarbeiterin nach Erledigung durch einen entsprechenden Zusatz vermerke. Dieses System, dem eine entsprechende Dienstanweisung aus der Gründungszeit der Kanzlei zugrunde liege, habe sich während der letzten zwanzig Jahre bewährt und bisher noch nie zu einer Fristversäumung geführt.
Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und seine Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2013 - XII ZB 457/11 - FamRZ 2014, 27 Rn. 2 ff. mwN) nicht vorliegen.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2013 - XII ZB 457/11 - FamRZ 2014, 27 Rn. 5 mwN).
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beschwerde sei unzulässig, weil der Antragsgegner die Beschwerdebegründungsfrist versäumt habe. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet, da der Antragsgegner weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht habe, dass die Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten beruhe. Die zum 1. November 1999 eingestellte Mitarbeiterin des Verfahrensbevollmächtigten sei keine juristische Fachangestellte, sondern habe nach dem Vorbringen des Antragsgegners eine Ausbildung im medizinischen Bereich absolviert. Zwar habe der Antragsgegner eine Dienstanweisung für Mitarbeiterinnen der Kanzlei seines Verfahrensbevollmächtigten vom 30. August 1996 vorgelegt, die unter Ziff. 4 (Postbearbeitung) auch die Fristenbehandlung durch die Mitarbeiterin regele. Obwohl das Oberlandesgericht ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass es weiteren Vortrags zur Kenntnisnahme der Mitarbeiterin von der Dienstanweisung und dessen Glaubhaftmachung bedürfe, habe der Antragsgegner ergänzend lediglich vorgetragen, sein Verfahrensbevollmächtigter habe die Dienstanweisung der Mitarbeiterin zu Beginn ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gebracht; eine Verpflichtung zur Quittierung der Kenntnisnahme bestehe nicht. Eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin oder eine anwaltliche Versicherung seines Verfahrensbevollmächtigten habe der Antragsgegner dagegen nicht vorgelegt.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die Erstbeschwerde war gemäß §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie der Antragsgegner entgegen § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG nicht rechtzeitig begründet hat. Die Beschwerdebegründungsfrist ist mit dem 15. Juni 2016 abgelaufen. Die Beschwerdebegründung ist jedoch erst am 27. Juni 2016 beim Oberlandesgericht eingegangen.
b) Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Antragsgegners mit der Begründung zurückgewiesen, eine einwandfreie Büroorganisation des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners sei nicht glaubhaft gemacht worden.
Nach §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 5 FamFG, 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Beteiligter ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Beschwerde einzuhalten. Das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten ist dem Beteiligten nach §§ 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Juli 2015 - XII ZB 583/14 - FamRZ 2015, 1878 Rn. 11). Die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen muss der Beteiligte nach §§ 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 FamFG, 236 Abs. 2 ZPO glaubhaft machen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. März 2017 - XII ZB 567/16 - MDR 2017, 722 Rn. 16 und vom 11. November 2015 - XII ZB 311/15 - juris Rn. 7 ff.). Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich nach §§ 112 Nr. 1, 113 Abs. 1FamFG, 294 ZPO aller präsenten Beweismittel und der Versicherung an Eides statt bedienen.
aa) Entgegen den Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung ist das Oberlandesgericht keineswegs davon ausgegangen, dass durch die vom Antragsgegner mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegten Unterlagen eine einwandfreie Büroorganisation glaubhaft belegt worden wäre. Solches ergibt sich auch nicht aus den Unterlagen, die sich auf das Übersendungsschreiben des Amtsgerichts mit handschriftlicher Fristberechnung und Paraphe des Verfahrensbevollmächtigten im Eingangsstempel, die Fristberechnung aus der Handakte, einen Auszug aus dem Fristenkalender und eine Abschrift der Dienstanweisung vom 30. August 1996 beschränken. Zwar belegen der Fristenkalender und die Handakte, dass die Dienstanweisung nicht eingehalten wurde, nachdem im Fristenkalender weder für die Beschwerdeeinlegungs- noch für die Beschwerdebegründungsfrist deren Ablauf unter den entsprechenden Daten eingetragen ist und in der Handakte der Ausgang der Beschwerdebegründung unter dem 24. Juni 2016 als erledigt abgehakt wurde, obwohl in der Spalte unmittelbar daneben der Ablauf der Frist am 15. Juni 2016 vermerkt ist. Ob die Kanzleimitarbeiterin des Verfahrensbevollmächtigten von der Dienstanweisung überhaupt Kenntnis hatte, lässt sich den Unterlagen dagegen nicht entnehmen.
bb) Auch geht die Rechtsbeschwerdebegründung zu Unrecht davon aus, der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners habe seine Ausführungen über die Büroorganisation hinsichtlich der Fristenkontrolle anwaltlich versichert. Nachdem das Oberlandesgericht auf die fehlende Glaubhaftmachung ausdrücklich hingewiesen hatte, hat der Verfahrensbevollmächtigte zum Abschluss seiner ergänzenden Stellungnahme lediglich angemerkt: "Im Übrigen wird auf beiliegende anwaltliche Versicherung Bezug genommen." Eine entsprechende anwaltliche Versicherung ist indessen nicht vorgelegt worden. Daher kann der Antragsgegner sich auch nicht darauf berufen, dass grundsätzlich von dem anwaltlich als richtig oder an Eides statt versicherten Vorbringen in einem Wiedereinsetzungsantrag ausgegangen werden könne (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 12. November 2014 - XII ZB 289/14 - NJW 2015, 349 Rn. 14 und vom 7. Mai 1991 - XII ZB 48/91 - NJW 1991, 2080 f. mwN).
Auch der abschließende Satz der ergänzenden Stellungnahme enthält keine Glaubhaftmachung der vorgetragenen Tatsachen. Zwar kann die Schilderung von Vorgängen durch einen Rechtsanwalt die mitgeteilten Tatsachen in gleicher Weise glaubhaft machen, wie dies sonst durch eine eidesstattliche Versicherung der Fall ist, wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert (Senatsurteil vom 2. November 1988 - IVb ZR 109/87 - FamRZ 1989, 373 f.; BGH Beschluss vom 18. Mai 2011 - IV ZB 6/10 - juris Rn. 11; Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14 - FamRZ 2015, 135 Rn. 16). Hierzu hätte es aber jedenfalls einer Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben bedurft.
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