Entscheidungsdatum: 11.09.2013
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. August 2011 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Beschwerdewert: bis 600 €
I.
Die Antragsteller nehmen den Antragsgegner, ihren Vater, im Wege eines Abänderungsstufenantrages auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner in erster Stufe verpflichtet, den Antragstellern in näher bezeichnetem Umfang Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zu erteilen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragsgegners als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 300 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II.
Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
1. Soweit der Rechtsbeschwerdeführer geltend macht, im Fall der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung einer Beschwerde als unzulässig (§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) erübrige sich eine Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO, vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Zwar verweist § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG nur auf § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO. Deshalb wird die Auffassung vertreten, dass die Regelung des § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO neben den Zulassungsvorschriften gemäß § 70 Abs. 1 und 2 FamFG gelte (Musielak/Borth/Grandel FamFG 4. Aufl. § 117 Rn. 3). Nach § 117 FamFG ist das Beschwerdeverfahren in Ehe- und Familienstreitsachen aber näher an das Berufungsverfahren im Zivilprozess angelehnt als an das Beschwerdeverfahren des FamFG (Senatsbeschluss vom 28. September 2011 - XII ZB 2/11 - FamRZ 2011, 1933 Rn. 20; BT-Drucks. 16/6308 S. 372; Keidel/Weber FamFG 17. Aufl. § 117 Rn. 9; BeckOK/Nickel [Stand: 1. April 2013] § 117 Rn. 21). Nach der Stellungnahme des Bundesrats, die zur Einfügung der Verweisung auf § 522 ZPO geführt hat, sollte die Geltung von § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO angeordnet werden, um einen Gleichklang mit der Berufung zu erreichen. Ebenso wie die Verwerfung der Berufung sollte auch die entsprechende Entscheidung des Beschwerdegerichts in Ehe- und Familienstreitsachen ohne Zulassung angefochten werden können (BT-Drucks. 16/6308 S. 372).
Auf der Grundlage dieser Motive des Gesetzgebers kann der Verweisung auf § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO daher entnommen werden, dass die dort angeführte, also die nach der Zivilprozessordnung eröffnete Rechtsbeschwerde mit ihren Verfahrensgrundsätzen und nicht die allgemein für Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in § 70 FamFG geregelte Rechtsbeschwerde auf den Verwerfungsbeschluss Anwendung finden soll. Notwendige Folge davon ist aber, dass nicht nur die Regelung über die Zulassungsfreiheit, sondern auch die Regelung in § 574 Abs. 2 ZPO Anwendung findet (Prütting/Helms/Feskorn FamFG 2. Aufl. § 117 Rn. 73; Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 70 Rn. 47; Zöller/Lorenz ZPO 29. Aufl. § 117 Rn. 2; BeckOK/Gutjahr FamFG [Stand: 1.7.2013] § 70 Rn. 42 und BeckOK/Nickel FamFG [Stand: 1. Juli 2013] § 117 Rn. 22). Dementsprechend ist der Senat auch in der Vergangenheit stets von der Anwendbarkeit des § 574 ZPO ausgegangen (Senatsbeschlüsse vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ 2012, 962 Rn. 5; vom 9. November 2011 - XII ZB 212/11 - FamRZ 2012, 204 Rn. 5 und vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11 - FamRZ 2011, 1649 Rn. 5).
2. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO nicht zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2012 - XII ZB 594/11 - FamFR 2012, 353 und vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11 - FamRZ 2011, 1929 Rn. 8 mwN).
3. Das Oberlandesgericht hat die Erstbeschwerde zutreffend nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstandes richte sich nach dem Interesse des Antragsgegners, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses sei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der Auskunft erfordere. Die Auskunft müsse zwar so beschaffen sein, dass dem Berechtigten ohne übermäßigen Arbeitsaufwand die Berechnung seines Unterhaltsanspruchs ermöglicht werde. Dies erfordere allerdings lediglich eine Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben unter genauer Kennzeichnung der Ausgabenarten und der auf sie entfallenden Beträge. Eine rechtliche Bewertung der Ausgaben sei nicht erforderlich. Kosten für die Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson, etwa eines Steuerberaters, könnten nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstünden, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage sei. Dass der Antragsgegner, der offensichtlich äußerst erfolgreich selbständig tätig sei, hierzu nicht im Stande sei, sei weder dargetan, noch ersichtlich. Die meisten der erforderlichen Angaben ließen sich den bereits vorliegenden Einkommensteuerbescheiden bzw. -erklärungen entnehmen. Der Arbeitsaufwand des Antragsgegners sei mit höchstens 3 € je Stunde anzusetzen. Selbst wenn man ihm für die Sichtung und Zusammenstellung der Unterlagen zwanzig Stunden zubillige, und zusätzlich Kopierkosten ansetze, liege der Gesamtaufwand insofern bei höchstens 90 €. Die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners sei im Rahmen ihres Mandats verpflichtet, ihn über den Umfang seiner Auskunftspflicht aufzuklären. Selbst wenn dies zugunsten des Antragsgegners anders beurteilt werde, würde der erforderliche Beratungsaufwand jedenfalls nicht mehr als eine Stunde à 150 € brutto umfassen, so dass insgesamt der Betrag von 300 € nicht überschritten werde.
b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, dass für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei seiner Schätzung eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2012 - XII ZB 594/11 - FamFR 2012, 353; vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 465/11 - FamRZ 2012, 24 Rn. 17; vom 14. Februar 2007 - XII ZB 150/05 - FamRZ 2007, 711 Rn. 9; vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105; BGHZ 155, 127 = FamRZ 2003, 1267, 1268 und vom 24. Juli 2002 - XII ZB 31/02 - FamRZ 2003, 597). Das ist hier nicht der Fall.
aa) Das Beschwerdegericht hat im Einzelnen dargelegt, dass die zur Erfüllung der Auskunftspflicht erforderlichen Zusammenstellungen mit relativ geringem Aufwand erstellt werden können. Die dagegen von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen sind unbegründet. Insbesondere bedarf es zur Erfüllung der Auskunft nicht der Hinzuziehung eines Steuerberaters. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667). Davon ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht auszugehen, weil der Antragsgegner vorwiegend zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen verpflichtet wurde und die übrigen Unterlagen mit geringem Aufwand erstellen kann. Die von der Rechtsbeschwerde vertretene Auffassung, die Auskunftsverpflichtung sei angesichts der Komplexität der Buchführung eines Selbständigen von vornherein nicht ohne Hilfe sachkundiger Dritter zu bewältigen, ist demgegenüber unsubstantiiert und vermag überdies nicht zu überzeugen. Der Antragsgegner benötigt keine juristischen oder steuerrechtlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, um seine Steuerbescheide und -erklärungen herauszusuchen und vorzulegen und eine reine Wissenserklärung über seine Einkünfte und Ausgaben abzugeben. Dies gilt auch hinsichtlich der Verpflichtung in Ziffer 2 d des amtsgerichtlichen Teilbeschlusses, wonach der Antragsgegner für die Jahre 2007, 2008 und 2009 die näher bezeichneten Unterlagen von Gesellschaften vorzulegen hat. Auch insofern handelt es sich um vom Steuerberater bereits erstellte Unterlagen, die er nur noch heraussuchen und vorlegen muss. Dass er Buchführung und Steuerbearbeitung auf Dritte delegiert habe und sich deshalb nicht mehr hiermit auskenne, ist ebenfalls unerheblich, weil vom Antragsgegner weder Buchführung noch Steuerbearbeitung verlangt werden, sondern nur die Zusammenstellung bereits vorhandener Unterlagen. Darauf, dass seine Verfahrensbevollmächtigte für die Erteilung der Auskunft vier Stunden à 150 € abrechnen würde, kommt es nicht an, da er selbst die Auskunft erteilen kann und muss.
bb) Den eigenen Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen hat das Oberlandesgericht zwar nur mit 3 € pro Stunde bewertet. Selbst wenn man jedoch maximal 17 € pro Stunde ansetzt, wie u.a. der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat (Senatsbeschluss vom 21. März 2012 - XII ZB 420/11 - juris Rn. 10; vgl. auch BGH Beschluss vom 28. September 2011 - IV ZR 250/10 - FamRZ 2012, 299 mwN), ergibt sich bei 20 Stunden kein Gesamtaufwand, der den Betrag von 600 € übersteigt.
Klinkhammer Weber-Monecke Schilling
Nedden-Boeger Guhling