Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 08.07.2015


BGH 08.07.2015 - XII ZB 286/14

Zulässigkeit der Beschwerde in einer Unterhaltssache: Beschwer bei Verpflichtung zur Auskunftserteilung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
08.07.2015
Aktenzeichen:
XII ZB 286/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Hamm, 9. Mai 2014, Az: II-7 UF 45/14vorgehend AG Dortmund, 6. Januar 2014, Az: 102 F 3417/13
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Mai 2014 wird verworfen.

Beschwerdewert: bis zu 500 €

Gründe

I.

1

Der Antragsgegner wendet sich gegen die Verpflichtung, seiner volljährigen Tochter Auskunft im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens zu erteilen.

2

Das Amtsgericht hat den als Rechtsanwalt tätigen Antragsgegner "verpflichtet, Auskunft über sein Einkommen und Vermögen per 01.05.2013 zu erteilen und durch nachfolgende Belege nachzuweisen:

- Vorlage der steuerlichen Gewinnermittlungsunterlagen der Jahre 2010 bis 2012 (Einnahme-Überschuss-Rechnung/GuV etc),

- hilfsweise:

der Jahre 2009 bis 2011

Steuerbescheide der Jahre 2009 bis 2011 nebst sämtlicher Anlagen sowie die dazugehörigen Steuererklärungen nebst sämtlicher Anlagen."

3

Nachdem das Oberlandesgericht den Antragsgegner auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde und auf seine Absicht, den Beschwerdewert auf 500 € festzusetzen, hingewiesen hatte, hat es die Beschwerde gegen den Teilbeschluss des Amtsgerichts verworfen und den Verfahrenswert auf bis zu 500 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig und deshalb gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 FamFG zu verwerfen.

5

1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 317/14 - FamRZ 2015, 838 Rn. 5 mwN).

6

2. Das Oberlandesgericht hat die Erstbeschwerde nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 € nicht übersteige. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

7

a) Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstandes richte sich nach dem Interesse des Antragsgegners, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses sei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, der mit der Auskunftserteilung verbunden sei. Ohne Belang für die Wertfestsetzung sei der Umstand, dass der Antragsgegner den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin dem Grunde nach bestreite. Der mit der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung verbundene Aufwand sei gering. Der Antragsgegner sei lediglich gehalten, seine Einkünfte aus dem Zeitraum 2010 bis 2012 systematisch darzustellen und der Antragstellerin die Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. die Steuerbescheide und -erklärungen zu überreichen. Der dadurch entstehende Zeitaufwand sei entsprechend den Bestimmungen für Zeugen im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zu bewerten. Das gelte auch dann, wenn der Auskunftspflichtige zwar Rechtsanwalt sei, die geforderte Auskunft sich aber auf eine private Tätigkeit beziehe.

8

b) Damit bewegt sich das Oberlandesgericht im Rahmen der Senatsrechtsprechung. Das bezweifelt auch die Rechtsbeschwerde nicht.

9

Die Rechtsbeschwerde beschränkt sich insoweit auf die Rüge, das Oberlandesgericht sei ersichtlich davon ausgegangen, dass der Antragsgegner lediglich gehalten sei, seine Einkünfte aus dem Zeitraum von 2010 bis 2012 systematisch darzustellen und zu belegen. Dabei habe das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, Auskunft über sein Einkommen und Vermögen "per 1. Mai 2013" zu erteilen. Der vom Oberlandesgericht nicht beachtete Zeitraum von Januar bis Anfang Mai 2013 bedeute für den Antragsgegner als Selbständigen hinsichtlich der Auskunftserteilung einen nicht unerheblichen Aufwand.

10

Jedoch verkennt die Rechtsbeschwerde, dass das Oberlandesgericht den - insoweit missverständlichen - Tenor des amtsgerichtlichen Beschlusses ersichtlich und in vertretbarer Weise dahin ausgelegt hat, dass sich die Auskunftsverpflichtung über das Einkommen auf den Zeitraum 2010 bis 2012 bezieht und nur die Auskunft über das Vermögen "per Stichtag 01.05.2013" zu erteilen ist. Eine so verstandene Auskunftsverpflichtung folgt zum einen daraus, dass die Auskunft über das Einkommen nur über einen bestimmten Zeitraum sinnvoll erteilt werden kann und - anders als bei der Auskunft über das Vermögen - nicht zu einem bestimmten Stichtag. Zum anderen korrespondiert diese Auslegung mit der Anordnung, die entsprechenden steuerlichen Gewinnermittlungsunterlagen der Jahre 2010 bis 2012 vorzulegen.

11

3. Soweit die Rechtsbeschwerde auf den Umstand verweist, dass das Amtsgericht die Beteiligten in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit der Beschwerde hingewiesen hat, ist dies ohne weitere - von der Rechtsbeschwerde nicht benannte - Umstände bedeutungslos. Denn allein aus dem Umstand, dass das Gericht erster Instanz gemäß § 39 FamFG über das statthafte Rechtsmittel belehrt, folgt nicht, dass es ein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung - namentlich wegen des Erreichens der Beschwerdesumme - für zulässig erachtet und deshalb die Zulassung der Beschwerde nicht erwogen hat (Senatsbeschluss vom 9. April 2014 - XII ZB 565/13 - FamRZ 2014, 1100 Rn. 19 ff.).

12

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose                          Weber-Monecke                       Schilling

               Günter                                      Botur