Entscheidungsdatum: 22.11.2013
1. Das Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB entsteht bei dem Verkauf eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten ungeteilten Grundstücks im Grundsatz nur dann, wenn sich der Veräußerer vertraglich zur Durchführung der Aufteilung gemäß § 8 WEG verpflichtet und ferner die von dem Vorkaufsrecht erfasste zukünftige Wohnungseigentumseinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist.
2. Es entsteht in der Regel nicht, wenn erst die Erwerber Wohnungseigentum begründen sollen, und zwar auch dann nicht, wenn diese beabsichtigen, die neu geschaffenen Einheiten jeweils selbst zu nutzen („Erwerbermodell“).
Die Revision gegen das Urteil des 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. März 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Beklagte war Eigentümerin eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks. Eine der vier in dem Gebäude vorhandenen Wohnungen vermietete sie an die Klägerin. Am 22. Januar 2009 erteilte das zuständige Landratsamt die Abgeschlossenheitsbescheinigung. Den ungeteilten Grundbesitz verkaufte die Beklagte mit notariellem Vertrag vom 11. März 2009 an drei Erwerber zum Preis von 120.000 €. Diese ließen noch am gleichen Tag und bei demselben Notar eine Teilungsvereinbarung gemäß § 3 WEG beurkunden. Die Umschreibung des Eigentums erfolgte am 30. Juli 2009. Am 14. März 2011 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten, dass sie das auf § 577 BGB gestützte Vorkaufsrecht ausübe.
Mit der Klage will die Klägerin feststellen lassen, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Kaufvertrag über die von ihr angemietete Wohnung zum Preis von 30.000 € zustande gekommen ist. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Verkauf des gesamten Gebäudes begründe nur dann ein Vorkaufsrecht des Mieters gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB hinsichtlich der gemieteten Wohnung, wenn diese als abgegrenzter Teil des Kaufvertrags angesehen werden könne. Hierfür müsse entweder das künftige Wohnungseigentum in dem Kaufvertrag dargestellt sein oder eine Teilungserklärung bereits errichtet und in Bezug genommen oder eine Aufteilungspflicht vertraglich vereinbart sein. Diese Voraussetzungen lägen auch dann nicht vor, wenn unterstellt werde, dass die Beklagte die Umwandlungsabsicht der Erwerber gekannt und sowohl bei der Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung als auch bei der Vorbereitung der Teilungsvereinbarung mitgewirkt habe, indem sie den Erwerbern die notwendigen Informationen und Pläne verschafft habe. Weder nehme der Kaufvertrag auf die Teilungsvereinbarung Bezug noch ergäben sich aus anderen Umständen ausreichende Kriterien für eine solche Bestimmung der gemieteten Wohnung als Teilobjekt des Veräußerungsvertrags.
Allerdings könne die Aufteilung des Wohnungseigentums auch durch mündliche Nebenabreden vereinbart werden, deren Formunwirksamkeit hier infolge der Auflassung und Eintragung geheilt wäre. Dass sich die Bestimmbarkeit des künftigen Wohnungseigentums aus solchen Nebenabreden ergebe, habe die Klägerin indes nicht bewiesen. Der Beklagten sei nicht zu widerlegen, dass sie das Objekt stets als Einheit angeboten und kein eigenes Interesse an der Aufteilung gehabt habe; sie habe sich die Absicht der Erwerber über die bloße Kenntnis und Hilfeleistung hinaus nicht zu Eigen gemacht. Der durch § 577 BGB bezweckte Schutz des Mieters stelle diese Auslegung nicht in Frage; es realisiere sich nur die stets bestehende Gefahr der Eigennutzung durch den Erwerber.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Klägerin steht kein Vorkaufsrecht gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Nach dieser Bestimmung ist ein Mieter zum Vorkauf berechtigt, wenn vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll, an einen Dritten verkauft werden. Zwar waren der Klägerin die Wohnräume im Zeitpunkt des Verkaufs als Mieterin überlassen. Ein Vorkaufsrecht nach der ersten Alternative der Norm scheidet aber schon deshalb aus, weil das Wohnungseigentum erst nach dem Verkauf begründet worden ist; auch die Voraussetzungen für die zweite Alternative des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen nicht vor.
1. Allerdings ist umstritten, unter welchen Voraussetzungen Wohnungseigentum im Sinne von § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB „begründet werden soll“, wenn - wie hier - ein ungeteiltes Mehrfamilienhaus veräußert wird.
a) Nach überwiegender Ansicht setzt die Entstehung des Vorkaufsrechts zum einen voraus, dass bei Abschluss des Kaufvertrages beabsichtigt gewesen sei, Wohnungseigentum zu begründen; zum anderen müsse die von dem Mieter bewohnte Wohnung einen rechtlich bestimmten oder zumindest bestimmbaren Teil des Vertragsgegenstands bilden (so zu § 2b WoBindG aF KG, KGR 1994, 146, 148 - die Revision wurde nicht angenommen: Senat, Beschluss vom 24. März 1994 - V ZR 111/93, unveröffentl.; MünchKomm-BGB/Häublein, 6. Aufl., § 577 Rn. 7; Soergel/Heintzmann, BGB, 13. Aufl., § 577 Rn. 3; Staudinger/Rolfs, BGB [2011], § 577 Rn. 23, 31; Emmerich/ Sonnenschein/Rolfs, Miete, 10. Aufl., § 577 Rn. 13; BeckOK BGB/Hannappel, Edition 26, § 577 Rn. 8 f.; Heintz, Vorkaufsrecht des Mieters [1998], § 5 Rn. 150 ff., 176; Wirth, NZM 1998, 390, 392; vgl. auch BayObLGZ 1992, 100 ff. zu § 2b WoBindG aF).
aa) Im Hinblick auf die erste Voraussetzung wird uneinheitlich beantwortet, wann die Umwandlungsabsicht ausreichend manifestiert ist.
(1) Teilweise wird vertreten, es genüge schon, dass sich die Umwandlungsabsicht in einer „beliebigen äußeren Form konkretisiert“ habe (Staudinger/Rolfs, BGB [2011], § 577 Rn. 23), etwa wenn - wie hier - im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses eine Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt oder jedenfalls beantragt worden sei (Staudinger/Rolfs, aaO; Kandelhard in Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, § 577 BGB, 4. Aufl., Rn. 8 f.; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. XI 262).
(2) Nach ganz überwiegender Ansicht reichen reine Vorbereitungshandlungen - zu denen auch das Bewirken der Abgeschlossenheitsbescheinigung gezählt wird - dagegen nicht aus. Der gesetzlichen Regelung könne nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber die Ausübung des Vorkaufsrechts auch bei einer Gesamtveräußerung eines Grundstücks habe zulassen wollen, dessen Umwandlung in Wohnungseigentum noch nicht eingeleitet sei (BayObLGZ 1992, 100, 109 zu § 2b Abs. 1 WoBindG aF). Genügen soll es vornehmlich, wenn bei Vertragsschluss bereits eine Teilungserklärung nach § 8 WEG beurkundet ist (BayObLGZ 1992, 100, 109 iVm 106; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 577 BGB Rn. 16; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 4184; Spielbauer/Krenek, Mietrecht, § 577 Rn. 20 ff.; Mössner in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 577 Rn. 22 mwN; Rüßmann, RNotZ 2012, 97, 110; F. Schmidt, WE 1993, 328, 334). Ausreichen soll es auch, wenn sich der Verkäufer zu der Teilung verpflichtet (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 577 BGB Rn. 17; Derleder, NJW 1996, 2817, 2821; Langhein, DNotZ 1993, 650, 654 f.) oder die Parteien gegenseitige Vertragspflichten übernehmen, die die Begründung von Wohnungseigentum herbeiführen sollen (KG, KGR 1994, 146 ff.).
(3) Ob die erforderliche Umwandlungsabsicht auch dann besteht, wenn - wie hier - erst die Erwerber Wohnungseigentum begründen sollen, ist streitig. Manche halten eine Teilungsvereinbarung der Erwerber gemäß § 3 WEG allgemein für ausreichend (Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. XI 262; Wienicke, WuM 1980, 93, 96 zu § 2b WoBindG aF). Überwiegend wird dies jedoch verneint (Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 577 BGB Rn. 19; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 577 BGB Rn. 16; Schöner/ Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 4184; BeckOK BGB/Hannappel, Edition 26, § 577 Rn. 8; Wirth, NZM 1998, 390, 392).
bb) Die zweite Voraussetzung - die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des zukünftigen Wohnungseigentums - soll erfüllt sein, wenn die Wohnung in dem Kaufvertrag selbst als Teilobjekt so hinreichend bestimmt ist, dass sie in Verbindung mit einem Miteigentumsanteil an dem Grundstück der rechtlich selbständige Gegenstand eines rechtsgültigen Kaufvertrags sein kann (BayObLGZ 1992, 100 ff.; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 577 BGB Rn. 22, 24; Klühs, RNotZ 2012, 555, 561 f.; Wirth, NZM 1998, 390, 392; Schilling/Meyer, ZMR 1994, 497, 503 f.). Dafür ist es als ausreichend angesehen worden, dass bei Abschluss des Kaufvertrags ein Aufteilungsplan vorlag (KG, KGR 1994, 146, 148 zu § 2b WoBindG aF). Nicht genügen soll es dagegen, wenn das Grundstück „als Ganzes“ verkauft wird (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 577 BGB Rn. 18; Blank, WuM 1993, 573, 578).
b) Gesondert betrachtet werden häufig sogenannte „Erwerbermodelle“, bei denen - wie hier - ein Mietshaus mit mehreren Wohnungen en bloc an eine Mehrheit von Erwerbern verkauft wird, die erst nach dem Erwerb Wohnungseigentum begründen wollen, um die neu geschaffenen Einheiten später jeweils selbst zu nutzen.
aa) Hier soll nach verbreiteter Ansicht ein Vorkaufsrecht auch dann entstehen, wenn auf die Erwerber nicht unmittelbar Wohnungseigentum übertragen wird, sondern andere rechtsgeschäftliche Gestaltungsformen gewählt werden, wie etwa die Begründung von Miteigentum und die anschließende Schaffung von Wohnungseigentum (MünchKomm-BGB/Häublein, 6. Aufl., § 577 Rn. 8; Staudinger/Rolfs, BGB [2011], § 577 Rn. 32: § 577 BGB analog; Derleder, NJW 1996, 2817, 2821; Sonnenschein, NJW 1980, 2055, 2057; Wienicke, WuM 1980, 93, 96). Gegenstand des Vorkaufsrechts sei der betroffene Miteigentumsanteil (Staudinger/Rolfs, BGB [2011], § 577 Rn. 32; Blank, WuM 1993, 573, 578; Maciejewski, MM 1994, 137, 138).
bb) Teilweise wird darüber hinaus gefordert, dass jedem Erwerber von vornherein eine hinreichend bestimmte Wohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen sein müsse (Emmerich/Sonnenschein/Rolfs, Miete, 10. Aufl., § 577 Rn. 13; Staudinger/Rolfs, BGB [2011], § 577 Rn. 32; Kandelhard in Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 4. Aufl., § 577 BGB Rn. 8; Heintz, Vorkaufsrecht des Mieters [1998], § 5 Rn. 178 ff., 184; Blank, WuM 1993, 573, 578).
cc) Wieder andere halten auch mit Blick auf Erwerbermodelle daran fest, dass das Vorkaufsrecht nur dann entstehe, wenn die Umwandlung durch den Veräußerer erfolge, nicht aber, wenn erst die Erwerber eine Teilung gemäß § 3 WEG vereinbarten (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 577 BGB Rn. 16 und 20; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 577 BGB Rn. 19; Klühs, RNotZ 2012, 555, 561 f.; Wirth, NZM 1998, 390, 392).
2. Der Senat entscheidet die Streitfrage dahingehend, dass das Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB bei dem Verkauf eines (noch) ungeteilten Mehrfamilienhauses im Grundsatz nur dann entsteht, wenn sich der Veräußerer vertraglich zur Durchführung der Aufteilung gemäß § 8 WEG verpflichtet und ferner die von dem Vorkaufsrecht erfasste zukünftige Wohnungseigentumseinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist; dies gilt auch im Fall eines Erwerbermodells.
a) Der Wortlaut der Vorschrift, wonach Wohnungseigentum „begründet werden soll“, ist für die Anforderungen an die Entstehung des Vorkaufsrechts im Einzelnen unergiebig. Er lässt offen, ob die Parteien des Kaufvertrages die Umwandlung vereinbaren müssen, ob die erkennbare subjektive Umwandlungsabsicht des Erwerbers ausreicht oder die Umwandlung nur objektiv mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit bevorstehen muss.
b) Auch die historische Auslegung führt nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Die Regelung geht zurück auf § 2b WoBindG aF, der zum 1. Juli 1980 in Kraft trat und ein Vorkaufsrecht zunächst nur für öffentlich geförderte Mietwohnungen einführte, „um den spekulativen Verdrängungen von Mietern insbesondere im Zusammenhang mit dem Aufkauf und der Umwandlung ganzer Sozialmietwohnanlagen zu begegnen und gleichzeitig die Veräußerung der Wohnungen grundsätzlich an den bisherigen Mieter zu sichern“ (BT-Drucks. 8/3403, S. 35, vgl. auch BVerfG, NZM 2011, 479, 480). Andere Gestaltungsformen wie die Begründung von Miteigentum werden in den Gesetzesmaterialien zwar kurz erwähnt, aber nur im Zusammenhang mit der Mitteilungspflicht gegenüber der zuständigen Behörde (Ausschussbericht zu §§ 2a, 2b WoBindG aF, BT-Drucks. 8/3403, S. 40). Durch die zum 1. September 1993 in Kraft getretene Vorschrift des damaligen § 570b BGB wurde das Vorkaufsrecht auf alle Mietwohnungen ausgeweitet (BT-Drucks. 12/3254, S. 40); ein vorangehender Entwurf, der „andere rechtliche Gestaltungen“, die „zu einem wirtschaftlich vergleichbaren Ergebnis führen“, mit Blick auf die Bildung von Bruchteilseigentum der Umwandlung gleichsetzen sollte (BT-Drucks. 12/3013, S. 8, 18), ist nicht Gesetz geworden. Später wurde der Regelungsgehalt des § 570b BGB in den jetzigen § 577 BGB übernommen (BT-Drucks. 14/4553, S. 72). Mit den Anforderungen an die gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB noch bevorstehende Begründung von Wohnungseigentum im Einzelnen hat sich der Gesetzgeber nicht befasst (vgl. BayObLGZ 1992, 100, 108).
c) Dass der Veräußerer sich vertraglich zur Durchführung der Aufteilung gemäß § 8 WEG verpflichten muss, ergibt sich vor allem aus systematischen Überlegungen.
aa) Auf das Vorkaufsrecht finden gemäß § 577 Abs. 1 Satz 3 BGB ergänzend die allgemeinen Bestimmungen über den Vorkauf Anwendung (§§ 463 ff. BGB). Gemäß § 464 Abs. 2 BGB wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts als Gestaltungsrecht zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten ein (weiterer) selbständiger Kaufvertrag neu begründet zu den gleichen Bedingungen, wie er zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten abgeschlossen war; der Berechtigte tritt also nicht in den zwischen dem Verpflichteten und dem Drittkäufer geschlossenen Vertrag ein (Senat, Urteil vom 13. März 2009 - V ZR 157/08, NJW-RR 2009, 1172 Rn.14; RGZ 121, 137, 138). Vielmehr bestehen zwei Verträge, soweit der Vertrag mit dem Drittkäufer nicht unter einer auflösenden Bedingung steht (dazu Senat, Urteil vom 13. März 2009 - V ZR 157/08, aaO, Rn. 16 f.). Die beiden Kaufverträge unterscheiden sich in der Regel nur darin, dass als Käufer anstelle des Dritten der Berechtigte steht (Senat, Urteil vom 13. Juni 1980 - V ZR 11/79, BGHZ 77, 359, 362).
bb) Das Vorkaufsrecht gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB soll allerdings gerade nicht zum Erwerb des gesamten Grundstücks berechtigen. Ebenso wenig soll der Mieter dauerhaft einen ideellen Miteigentumsanteil in einer Bruchteilsgemeinschaft ohne Sondereigentum an der angemieteten Wohnung erwerben. Vielmehr ist ein zwar sachenrechtlich noch nicht vorhandenes, aber in seiner Entstehung bereits angelegtes Wohnungseigentum Gegenstand des Vorkaufsrechts (vgl. BayObLGZ 1992, 100, 109). Das folgt aus dem systematischen Bezug des Vorkaufsrechts zu der Umwandlung in Wohnungseigentum. Es entspricht auch seinem Zweck, dem Mieter ungeachtet der Aufteilung die weitere alleinige Nutzung der bislang mietweise überlassenen Wohnräume zu sichern. Deshalb muss zunächst gewährleistet sein, dass der Mieter einen Anspruch auf die Begründung des Wohnungseigentums erwirbt.
(1) Dies ist nur der Fall, wenn der Verkäufer als Vorkaufsverpflichteter in dem Kaufvertrag eine Verpflichtung zur Aufteilung übernommen hat. Die Teilungserklärung des Veräußerers gegenüber dem Grundbuchamt gemäß § 8 WEG reicht für sich genommen nicht aus. Diese wird nämlich erst mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam und ist bis dahin frei widerruflich (Armbrüster in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 8 Rn. 21; Then in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 8 Rn. 5). Aus diesem Grund muss die Auslegung des Kaufvertrags ergeben, dass die vollendete Aufteilung geschuldet ist; das kann auch aus einer Bezugnahme auf die Teilungserklärung folgen. Fehlt es daran, kann der Umstand, dass der Verkäufer im Zusammenhang mit der Veräußerung eine Teilungserklärung einreicht, ein Indiz für eine dahingehende Vertragspflicht im Wege einer Nebenabrede sein; ist diese zum Zwecke der Umgehung des Vorkaufsrechts nicht in die Vertragsurkunde aufgenommen worden, dürfte sich der Veräußerer gegenüber dem Mieter nicht auf die Formunwirksamkeit der Nebenabrede berufen (§ 242 BGB). Jedenfalls besteht nur bei einer vertraglichen Verpflichtung ein Anspruch auf Durchführung der Aufteilung, den auch der Mieter als Vorkaufsberechtigter gegenüber dem Veräußerer geltend machen kann. Vertragsgegenstand des zweiten Vertrags zwischen dem Veräußerer und dem Mieter ist - sofern die weitere Voraussetzung vorliegt, das zukünftige Wohnungseigentum also vertraglich hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist - die Durchführung der Aufteilung und Übereignung des an den von dem Mieter bewohnten Räumen neu begründeten Sondereigentums mit einem entsprechenden Miteigentumsanteil; als Gegenleistung schuldet der Mieter - ebenso wie bei dem gebündelten Verkauf mehrerer Eigentumswohnungen nach bereits vollzogener Aufteilung - den auf seine Wohnung entfallenden anteiligen Kaufpreis (eingehend Senat, Urteil vom 22. Juni 2007 - V ZR 269/06, NJW 2007, 2699 Rn. 11).
(2) Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn die Aufteilung durch den oder die Erwerber durchgeführt werden soll. Vereinbaren mehrere Erwerber die Teilung gemäß § 3 WEG, so erwirbt der Mieter keinen Rechtsanspruch auf die Durchführung der Aufteilung. Wird die Teilungsvereinbarung - wie hier - erst nach dem Verkauf beurkundet, besteht bei Abschluss des Kaufvertrags nur eine (noch) unverbindliche Umwandlungsabsicht; dies ergibt sich schon aus der Formbedürftigkeit einer Vereinbarung gemäß § 3 WEG (§ 4 Abs. 3 WEG, § 311b Abs. 1 BGB). Aber selbst dann, wenn die Beurkundung schon vor Abschluss des Kaufvertrags erfolgt, entsteht das Vorkaufsrecht nicht, weil der Mieter nicht in die Teilungsvereinbarung eintritt. Ein Vorkaufsrecht begründet grundsätzlich keine Rechtsbeziehungen des Mieters zu den teilenden Erwerbern als den Drittkäufern (vgl. RGZ 121, 137, 138 f.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., vor § 463 Rn. 9, § 464 Rn. 5). Es richtet sich gegen den Verkäufer und erstreckt sich deshalb nicht auf Vereinbarungen der Käufer untereinander. Die Erwerber schulden gegenüber dem Mieter keine seinen Interessen entsprechende Aufteilung des Grundstücks. Sie könnten von der zuvor geplanten Aufteilung ohne weiteres Abstand nehmen und eine bereits beurkundete Teilungsvereinbarung einverständlich aufheben, ohne dass der Mieter dies verhindern könnte (vgl. Klühs, RNotZ 2012, 555, 561 f.; allgemein Armbrüster in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 8 Rn. 17). Ebenso liegt es, wenn ein einzelner Erwerber bei Abschluss des Kaufvertrags die Absicht hat, nach der Übereignung eine Teilung gemäß § 8 WEG vorzunehmen.
(3) Rechtsmissbräuchen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Parteien des Kaufvertrags nur zur Ausschaltung des Vorkaufsrechts bewusst auf eine an sich beabsichtigte Teilung durch den Veräußerer verzichten und die Teilung den Erwerbern überlassen, kann im Einzelfall mit der Anwendung von § 242 BGB begegnet werden (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2007 - V ZR 269/06, NJW 2007, 2699 Rn. 9 a.E.; Urteil vom 11. Oktober 1991 - V ZR 127/90, BGHZ 115, 335, 340; BGH, Urteil vom 14. April 1999 - VIII ZR 384/97, BGHZ 141, 194, 200). Dafür reicht es - entgegen der Auffassung der Klägerin - allerdings nicht aus, dass der Verkäufer den Käufern die für die Teilung erforderlichen Informationen zukommen lässt oder Kenntnis von der Aufteilungsabsicht der Erwerber hat. Denn den Parteien steht es im Prinzip frei, die mit der Einräumung des Sondereigentums verbundenen Abreden den Käufern zu überlassen. Hierfür kann es nachvollziehbare Gründe geben, etwa weil der Verkäufer die Gewähr für eine den Vorstellungen der Erwerber entsprechende Aufteilung nicht übernehmen möchte oder die Erwerber den Zuschnitt der Einheiten und die Einräumung von Sondernutzungsrechten nicht dem Verkäufer überlassen wollen. Wie das Berufungsgericht der Sache nach zutreffend ausführt, setzt ein Umgehungsgeschäft deshalb jedenfalls ein eigenes Interesse des Verkäufers an der späteren Aufteilung voraus.
cc) Diese Auslegung widerspricht nicht dem Zweck des § 577 BGB, den Mieter vor einer Verdrängung im Zuge der Umwandlung von Mehrfamilienhäusern in Wohnungseigentum zu schützen.
(1) Geschützt ist der Mieter ohnehin, wenn der oder die Erwerber die Teilung durchführen wollen, um das jeweilige Wohnungseigentum als Kapitalanlage zu nutzen. Denn das Mietverhältnis bleibt durch den Verkauf unberührt (§ 566 Abs. 1 BGB), eine Eigenbedarfskündigung ist nicht beabsichtigt und der (einmalige) Vorkaufsfall tritt dann ein, wenn das Wohnungseigentum nach der Aufteilung erstmals an einen Dritten veräußert wird (§ 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2007 - V ZR 269/06, NJW 2007, 2699 Rn. 8 f.; BGH, Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 250/05, BGHZ 167, 58, 60 ff.).
(2) Anders liegt es allerdings dann, wenn der Erwerb zum Zwecke der späteren Eigennutzung erfolgt. Enthält der Vertrag keine Aufteilungspflicht des Verkäufers und sprechen die Erwerber vor oder nach Abschluss der Teilungsvereinbarung erfolgreich eine Kündigung wegen Eigenbedarfs aus, kommt der Mieter nicht in den Genuss eines Vorkaufsrechts, weil es an einer (weiteren) Veräußerung fehlt. Dieses Ergebnis ist deshalb hinzunehmen, weil - auch im Interesse des Mieters - verhindert werden muss, dass er anstelle von Wohnungseigentum einen Miteigentumsanteil erwirbt, der es ihm nicht ermöglicht, die Aufteilung durchzusetzen. Andernfalls wäre die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Mieter mit ganz erheblichen Risiken verbunden, die umso schwerer wiegen, als die Ausübung ohne vorangehende notarielle Beratung durch privatschriftliche Erklärung erfolgen kann (§ 577 Abs. 3 BGB). Denn ein ideeller Miteigentumsanteil kann die alleinige Nutzung der gemieteten Wohnung nicht ohne weiteres sichern. Darüber hinaus haftet ein Miteigentümer gegenüber Dritten in der Regel unbeschränkt, ein Wohnungseigentümer gegenüber Gläubigern der Wohnungseigentümergemeinschaft dagegen grundsätzlich nur nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 10 Abs. 8 WEG). Insbesondere wäre ein Miteigentumsanteil im Vergleich zu Wohnungseigentum in der Regel nur unter erschwerten und finanziell weniger attraktiven Bedingungen veräußerlich; die Aufhebung der Gemeinschaft könnte, sofern sich die Miteigentümer nicht über die Veräußerung des gesamten Grundstücks einig werden, nur im Wege der Teilungsversteigerung erfolgen (§§ 180 ff. ZVG; vgl. Armbrüster in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 8 Rn. 17).
(3) Schließlich hat der Gesetzgeber die Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1 BGB während des Revisionsverfahrens durch die am 1. Mai 2013 in Kraft getretene Vorschrift des § 577a Abs. 1a BGB auf die Veräußerung an eine Erwerbermehrheit erstreckt (vgl. BT-Drucks. 17/10485, S. 2, 26). Auf diese Weise hat er das Verdrängungsrisiko für den Mieter entschärft, das in der Vergangenheit in dieser Fallgruppe vor allem deshalb besonders hoch war, weil insoweit die Beschränkung der Kündigung wegen Eigenbedarfs gemäß § 577a BGB in der bis zum 30. April 2013 geltenden Fassung der Norm nicht galt (BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - VIII ZR 231/08, NJW 2009, 2738 f.). Damit hat der Gesetzgeber eine im Kündigungsschutzrecht bestehende Gesetzeslücke geschlossen. Dass in Altfällen weder die Sperre für die Eigenbedarfskündigung eingreift noch ein Vorkaufsrecht entsteht, ist aus den genannten Gründen hinzunehmen (a.A. Staudinger/Rolfs, BGB [2011], § 577 Rn. 23).
d) Weitere Voraussetzung für die Entstehung des Vorkaufsrechts ist, dass das Wohnungseigentum vertraglich bereits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Diese Anforderung stellt keine Besonderheit des Mietervorkaufsrechts gemäß § 577 BGB dar. Allgemein kann ein unselbständiger Teil einer Sache nur dann Gegenstand eines Kaufvertrages oder eines Vorkaufsrechts sein, wenn er im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses bereits rechtlich bestimmt oder zumindest bestimmbar ist (zum Kauf noch zu begründenden Wohnungseigentums Senat, Urteil vom 8. November 1985 - V ZR 113/84, NJW 1986, 845; zum Vorkaufsrecht BayObLG, NJW-RR 1998, 86 f.; Soergel/Wertenbruch, BGB, 13. Aufl., § 463 Rn. 32; MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 463 Rn. 14).
e) Welche Anforderungen an die Bestimmtheit des zukünftigen Wohnungseigentums im Einzelnen zu stellen sind, kann dahinstehen. Denn hier fehlt es schon an einer rechtlichen Verpflichtung der Beklagten zu der Aufteilung in dem Kaufvertrag. Auch ein Umgehungsgeschäft scheidet aus, weil das Berufungsgericht nachvollziehbar ausführt, der Beklagten sei nicht zu widerlegen, dass sie das Objekt stets als Einheit angeboten und kein eigenes Interesse an der Aufteilung gehabt habe. Danach hat die Klägerin nicht bewiesen, dass die Parteien statt einer an sich beabsichtigten Teilung durch die Beklagte die Teilungsvereinbarung der Erwerber gewählt haben, um das Vorkaufsrecht zu umgehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch
Roth Brückner