Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 18.01.2019


BGH 18.01.2019 - V ZR 72/18

Wohnungseigentum: Herabsetzung der Stimmkraft von sog. "Geisterwohnungen"


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
18.01.2019
Aktenzeichen:
V ZR 72/18
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2019:180119UVZR72.18.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend LG Dresden, 22. Februar 2018, Az: 3 S 409/17vorgehend AG Leipzig, 10. August 2017, Az: 150 C 890/17
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Zur Herabsetzung der Stimmkraft des Eigentümers von sog. „Geisterwohnungen“.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 22. Februar 2018 wird auf Kosten der Beklagten zu 1 zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagte zu 1 ist Bauträgerin. Sie teilte das ursprünglich in ihrem Eigentum stehende Grundstück 1994 in Wohnungs- und Teileigentum auf. Nach der Teilungserklärung (nachfolgend TE) sollten in vier Bauabschnitten auf dem Grundstück vier Häuser und eine in vier Unterabschnitte aufgeteilte Tiefgarage errichtet und hieran acht Untergemeinschaften gebildet werden, davon jeweils eine Untergemeinschaft für jedes Haus und jeden Tiefgaragenabschnitt. Die Beklagte zu 1 errichtete zwei Häuser mit 122 Wohneinheiten (Bauabschnitte I und II), die im Eigentum der Kläger und der Beklagten zu 2 stehen und denen jeweils Sondernutzungsrechte an Tiefgaragenstellplätzen oder Parkboxen in Doppelparkern zugeordnet sind. Die Beklagte zu 1 ist Eigentümerin von 120 Wohnungs- und Teileigentumseinheiten in den beiden bislang nicht errichteten Häusern (Bauabschnitte III und IV). Neun dieser Einheiten sind Sondernutzungsrechte an in den Bauabschnitten I und II gelegenen Tiefgaragenstellplätzen zugeordnet. Auf die Bauabschnitte I und II entfallen 5.150,88/10.000 (so die Kläger) bzw. 5.130,60/10.000 (so die Beklagten) Miteigentumsanteile, auf die Bauabschnitte III und IV insgesamt 4.849,12/10.000 bzw. 4.869,40/10.000 Miteigentumsanteile.

2

Nach § 9 Abs. 4 TE werden die Kosten und Lasten, soweit sie von Eigentümern gemeinschaftlich zu tragen sind, ausdrücklich nicht nach Miteigentumsanteilen, sondern im Verhältnis der Wohnflächen verteilt, die nach der II. Berechnungsverordnung in der zum Zeitpunkt der Teilung geltenden Fassung ermittelt werden. In den Tiefgaragen werden die Kosten nach einem gesonderten Schlüssel verteilt. Nach § 12 Abs. 1 TE richtet sich das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung nach dem Anteilsverhältnis, nach dem die Eigentümer gemeinschaftliche Kosten gemäß der Regelung in § 9 Abs. 4 TE zu tragen haben. Die Gemeinschaftsordnung kann nach § 18 TE mit einer Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen geändert werden, wenn sachliche Gründe vorliegen. In einer Anlage II zu der Teilungserklärung sind alle - auch die bis heute nicht errichteten - Wohnungen aufgeführt unter Angabe des jeweiligen Miteigentumsanteils und der ungefähren Größe der (geplanten) Wohnung. Daraus ergibt sich eine Wohnfläche für die errichteten Wohnungen von 8.547,98 m² und für die nicht errichteten Wohnungen von 7.787,52 m². Dies entspricht einem Stimmkraftanteil der Beklagten zu 1 von rund 48 %.

3

In der Eigentümerversammlung vom 14. Januar 2017 wurde der Antrag abgelehnt, § 12 Abs. 1 TE dahingehend abzuändern, dass sich das Stimmrecht der Beklagten zu 1 nach dem jeweiligen Miteigentumsanteil für die nicht errichteten Wohnungen berechnet, bis diese bezugsfertig errichtet werden.

4

Das Amtsgericht hat die gegen diesen Negativbeschluss gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen und § 12 Abs. 1 TE auf Antrag der Kläger gemäß § 21 Abs. 8 WEG durch folgende Regelung ersetzt:

„Solange eine Sondereigentumseinheit nicht bezugsfertig errichtet ist, errechnet sich die Stimmkraft des betreffenden Miteigentumsanteils aus dem Wert in der Spalte ‚Eigentumsanteil 10.000stel‘ der oben genannten Anlage II multipliziert mit dem Faktor 1,0. Für die Nutzungsrechte an der Tiefgarage sind die Werte für fiktive Flächen hinzuzurechnen und zwar für jeden Einzelstellplatz der Wert von drei und für jede Box der Wert von zwei (ein Doppel-Parker zusammen also ein Wert von vier). Ab dem Zeitpunkt der bezugsfertigen Errichtung des Sondereigentums ist die Stimmkraft des damit verbundenen Miteigentumsanteils mit dem Wert zu berücksichtigen, der sich aus der anteiligen Wohnfläche ergibt. Die Wohnfläche wird dabei nach den Regelungen der II. Berechnungsverordnung in der am 2.11.1994 geltenden Fassung ermittelt“.

5

Die Regelung führt im Ergebnis zu einer Herabsetzung des Stimmkraftanteils der Beklagten zu 1 auf zur Zeit etwa 36 %.

6

Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zu 1 zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgt die Beklagte zu 1 ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

I.

7

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Kläger auf Änderung der Gemeinschaftsordnung aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG; diese Änderung könne nach § 21 Abs. 8 WEG durch das Gericht vorgenommen werden. Die Auslegung der Teilungserklärung ergebe zweifelsfrei, dass sich das Stimmrecht der Beklagten zu 1 nach den in der Anlage zur Teilungserklärung angegebenen Wohnflächen errechne. Diese Regelung erscheine unbillig, weil die Beklagte zu 1 damit 48 % der Stimmrechte erhalte, ohne dass sie Eigentümerin einer errichteten Wohnung sei. Zwar stehe nach allgemeiner Meinung selbst einem sondereigentumslosen Miteigentümer ein Stimmrecht zu. Wenn aber die Gemeinschaftsordnung ausdrücklich das Stimmrecht nach der Wohnfläche berechne und der geplante Bau seit über 20 Jahren nicht errichtet worden sei, sei eine solche Regelung als unbillig anzusehen. Ihr Stimmrechtsanteil verschaffe der Beklagten zu 1 eine faktische Mehrheit, weil die Anwesenheit aller Wohnungseigentümer bei einer Gemeinschaft dieser Größe auch mit Vollmachten nicht erzielt werden könne. Dabei sei die Beklagte zu 1 mangels Wohnungen von den wesentlichen Entscheidungen der täglichen Verwaltung praktisch nicht betroffen. Ein solcher Zustand sei von allen Wohnungseigentümern einige Jahre hinzunehmen, weil die verschiedenen Bauabschnitte nicht in unmittelbarem Zusammenhang fertiggestellt werden könnten. Der Teilungserklärung liege aber ersichtlich zugrunde, dass alle Wohnungen alsbald geschaffen würden und damit die Verteilung der Stimmrechte gerechtfertigt sei; an eine Bauunterbrechung von über 20 Jahren sei erkennbar nicht gedacht worden.

8

Die von dem Amtsgericht getroffene Regelung schränke die Belange der Beklagten zu 1 nicht unbillig ein. Ihr verbleibe ein Stimmenanteil, mit dem sie weiterhin eine Änderung der Teilungserklärung nach deren § 18 verhindern könne. Zudem sei die Regelung nur für eine Übergangszeit geschaffen, da das Stimmrecht der Beklagten zu 1 mit der Fertigstellung der Wohnungen wieder auf den in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Anteil anwachse.

II.

9

Dies hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

10

1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Klage aus.

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a) Dabei kann offen bleiben, ob die Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG schon deshalb die richtige Klageart ist, weil die Gemeinschaftsordnung, deren Anpassung die Kläger erstreben, eine Öffnungsklausel enthält, also durch Beschluss geändert werden könnte (vgl. zu § 16 Abs. 4 WEG Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 144/09, BGHZ 184, 88 Rn. 21). Eine Vereinbarung kann jedenfalls dann durch eine gerichtliche Entscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG ersetzt werden, wenn ein Wohnungseigentümer auf ihren Abschluss nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG einen Anspruch hat, den die übrigen Wohnungseigentümer nicht erfüllen, und wenn - wie hier - bei der inhaltlichen Ausgestaltung Spielraum besteht (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 191/15, ZWE 2016, 453 Rn. 26).

12

Ob die von den Klägern begehrte Herabsetzung der Stimmkraft auf der Grundlage der in § 18 TE enthaltenen Öffnungsklausel hätte beschlossen werden können oder ob sie zwingend einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedurfte (vgl. zu den Grenzen der durch Öffnungsklauseln legitimierten Mehrheitsmacht Senat, Urteil vom 10. Oktober 2014 - V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 Rn. 12), bedarf hier keiner Klärung, da ein Anspruch auf die begehrte Änderung in beiden Fällen nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG besteht (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 27).

13

b) Das Rechtsschutzbedürfnis ist ebenfalls in beiden Fällen gegeben. Bestünde die Beschlusskompetenz aufgrund der Öffnungsklausel, wäre dem Vorbefassungsgebot (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 14 f.; Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, ZWE 2013, 360 Rn. 23) genüge getan, da der Beschlussantrag der Kläger mehrheitlich abgelehnt wurde. Bestünde sie nicht, so wäre die Vorbefassung der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Ziel des Abschlusses einer entsprechenden Vereinbarung ohnehin entbehrlich (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 17).

14

2. Das Berufungsgericht bejaht den Anspruch der Kläger aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auf Abänderung der Stimmkraftregelung in der Gemeinschaftsordnung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise.

15

a) Diese Vorschrift begründet einen (Individual-)Anspruch jedes Wohnungs- oder Teileigentümers gegen die anderen Miteigentümer auf Abschluss einer Vereinbarung, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 131/10, ZWE 2011, 170, 171; Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 191/15, ZWE 2016, 453 Rn. 27; Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 65/17, ZfIR 2018, 521 Rn. 16). Die danach vorzunehmende Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist in erster Linie Sache des Tatrichters und revisionsrechtlich nur darauf zu überprüfen, ob die in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG bestimmten Rechtsbegriffe zutreffend erfasst und ausgelegt, alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet wurden (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V ZR 174/09, BGHZ 186, 34 Rn. 22; Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16, NJW-RR 2018, 1227 Rn. 12).

16

b) Einer Prüfung nach diesem Maßstab hält das Berufungsurteil stand, insbesondere hat das Berufungsgericht alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt.

17

aa) Es erkennt zutreffend, dass das Stimmrecht der Wohnungseigentümer nach ständiger Rechtsprechung des Senats zu dem Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte gehört (vgl. Senat, Beschluss vom 19. September 2002 - V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 57 f.; Urteil vom 10. Dezember 2010 - V ZR 60/10, NJW 2011, 679 Rn. 8; Urteil vom 6. Dezember 2013 - V ZR 85/13, ZfIR 2014, 332 Rn. 10; Urteil vom 13. Januar 2017 - V ZR 138/16, ZfIR 2017, 397 Rn. 17; Urteil vom 14. Juli 2017 - V ZR 290/16, ZfIR 2017, 709 Rn. 9). Dies schließt Einschränkungen des Stimmrechts zwar nicht prinzipiell aus, führt aber dazu, wovon das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeht, dass eine solche nur ausnahmsweise und lediglich unter eng begrenzten Voraussetzungen in Betracht kommt (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juli 2017 - V ZR 290/16, ZfIR 2017, 709 Rn. 9).

18

bb) Auch bei Berücksichtigung der Bedeutung des Stimmrechts ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht schwerwiegende Gründe i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG darin erblickt, dass der Beklagten zu 1 aufgrund der Stimmrechtsregelung der Teilungserklärung, die ersichtlich von der zeitnahen Fertigstellung aller Wohnungen der Wohnanlage ausgeht, fast die Hälfte aller Stimmen zukommt, obwohl sie die Bauabschnitte III und IV seit mehr als 20 Jahren nicht errichtet und folglich kein Sondereigentum an einer tatsächlich vorhandenen Wohnung hat.

19

(1) Die Stimmrechtsregelung der Teilungserklärung führt zu einem Stimmanteil der Beklagten zu 1 von 48 %, obwohl ihre Miteigentumsanteile nicht mit dem Sondereigentum an tatsächlich vorhandenen Wohnungen verbunden sind. Nach den in § 9 Abs. 4 und § 12 Abs. 1 TE getroffenen Regelungen, die der Senat in vollem Umfang ohne Bindung an die Auslegung durch das Berufungsgericht selbst auslegen kann, wobei die Auslegung „aus sich heraus“ objektiv und normativ zu erfolgen hat (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 169/14, NJW 2016, 53 Rn. 19 mwN; Urteil vom 15. Dezember 2017 - V ZR 275/16, WuM 2018, 236 Rn. 11), sind für die Verteilung der gemeinschaftlich zu tragenden Kosten und für die Berechnung der Stimmenanteile der Miteigentümer in der Eigentümerversammlung die Wohnflächen zu Grunde zu legen. Die Regelung enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass hierbei nur die Flächen der bereits errichteten Wohnungen und Gewerbeeinheiten berücksichtigt werden sollten. Ein solches Verständnis hätte, da die Teilung vor Beginn der Errichtung der Anlage erfolgt ist, die interessenwidrige Konsequenz gehabt, dass zunächst überhaupt kein Stimmrecht bestanden und kein Verteilungsmaßstab für die Kosten und Lasten des Gemeinschaftseigentums zur Verfügung gestanden hätte. Somit spricht alles dafür, dass die in der Anlage II zur Teilungserklärung aufgeführten Flächenangaben zu Grunde gelegt werden sollten, gleich ob die betreffende Einheit bereits errichtet ist oder nicht. Dass die Wohnflächen nach der II. Berechnungsverordnung ermittelt werden sollten, steht diesem Verständnis nicht entgegen, denn hiermit wird lediglich die Möglichkeit bzw. die Pflicht geregelt, die für die Stimmkraft zunächst zu Grunde zu legenden geplanten Wohnflächen nach Errichtung der Gebäude anhand des tatsächlich Gebauten neu zu ermitteln.

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(2) Das Berufungsgericht geht ohne Rechtsfehler davon aus, dass dieser Regelung ersichtlich die Annahme einer zeitnahen Fertigstellung aller geplanten Wohnungen zu Grunde liegt. Dies zeigt sich auch daran, dass sich nach der Darstellung in Abschnitt II.4 der Teilungserklärung die Stadt L.     in dem mit der Beklagten zu 1 geschlossenen Kaufvertrag das durch eine Vormerkung gesicherte Recht vorbehalten hat, die Rückübertragung des Grundstücks zu verlangen, falls die Investitionsmaßnahmen nicht durchgeführt werden. An eine Bauunterbrechung von mehreren Jahren war offenbar nicht gedacht, und hierauf sind die Stimmrechtsregelungen der Teilungserklärung, die bei der Bemessung der Stimmkraft allein auf die (geplanten) Wohnflächen abstellen und nicht zwischen bereits fertiggestellten und noch in Planung bzw. im Bau befindlichen Wohnungen differenzieren, erkennbar nicht zugeschnitten.

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cc) Die Annahme des Berufungsgerichts, es wäre unbillig, an der Stimmrechtsregelung der Teilungserklärung festzuhalten, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

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(1) Die Regelung in § 9 Abs. 4 und § 12 Abs. 1 TE führt aufgrund der eingetretenen Bauunterbrechung im Ergebnis dazu, dass der Beklagten zu 1 in der Eigentümerversammlung seit mittlerweile über 20 Jahren ein Stimmanteil von rund 48 % zusteht, obwohl sie keine tatsächlich vorhandenen Sondereigentumseinheiten hält. Das Wohnungseigentum bleibt nämlich - der Substanz nach als Miteigentumsanteil - auf Dauer wirksam, wenn das geplante Gebäude - gleich aus welchen Gründen - nicht errichtet wird und das Sondereigentum daher nicht entsteht (vgl. Senat, Urteil vom 22. Dezember 1989 - V ZR 339/87, BGHZ 110, 36, 39). Die Beklagte zu 1 hat damit in der Eigentümerversammlung eine faktische Mehrheit, weil bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit gut 120 Mitgliedern die Anwesenheit sämtlicher Wohnungseigentümer auch mit Stimmvollmachten regelmäßig nicht zu erreichen sein wird.

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Zwar bestehen nach der Teilungserklärung für die einzelnen Häusergruppen Untergemeinschaften, die, soweit wie rechtlich möglich, als selbständige Eigentümergemeinschaften behandelt werden sollen. Dies führt dazu, dass die Mitglieder der Untergemeinschaften über Maßnahmen, die ein zu dieser Untergemeinschaft gehörendes Gebäude betreffen, weitestgehend allein und unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer entscheiden können (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 21 ff.). Das ändert aber nichts daran, dass die Verwaltung des Grundstücks als Ganzes den Wohnungseigentümern gemeinsam zusteht (§ 21 Abs. 1 WEG), so dass die Beklagte zu 1 etwa bei der Beschlussfassung über die Verwalterbestellung, über den (Gesamt-)Wirtschaftsplan und die (Gesamt-)Jahresabrechnung zu beteiligen ist. Die Wohnungseigentümer werden folglich in diesen besonders wichtigen Angelegenheiten „fremdbestimmt“ durch eine Miteigentümerin mit faktischer Mehrheitsmacht, die keine Wohnungen hält und daher von der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums allenfalls in Randbereichen betroffen ist. Nachdem eine baldige Errichtung der weiteren Sondereigentumseinheiten auch 20 Jahre nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht absehbar ist, kann es als unbillig angesehen werden, die übrigen Wohnungseigentümer an einer Stimmrechtsregelung festzuhalten, nach der die nicht errichteten Einheiten bei der Bemessung der Stimmkraft voll zu berücksichtigen sind (vgl. auch OLGR Braunschweig 1994, 257 [Ls.]: „Geisterwohnungen“).

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(2) Dabei kommt es, wie das Berufungsgericht richtig sieht, nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1 ihre faktische Mehrheitsmacht in rechtsmissbräuchlicher Weise ausübt, indem sie erforderliche Beschlüsse blockiert oder Beschlüsse fasst, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Einer solchen Majorisierung der faktischen Minderheit durch einen Wohnungseigentümer wäre jeweils mit den hierfür zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen, namentlich der Beschlussanfechtungs- und der Beschlussersetzungsklage zu begegnen, die den Minderheitenschutz im Einzelfall gewährleisten (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juli 2017 - V ZR 290/16, ZfIR 2017, 709 Rn. 12 f. mwN). Entscheidend ist vielmehr, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums - soweit sie nicht von den Untergemeinschaften wahrgenommen wird - den Wohnungseigentümern nach § 21 Abs. 1 WEG gemeinschaftlich zusteht, faktisch aber durch einen Miteigentümer beherrscht wird, der selbst nicht Eigentümer einer tatsächlich vorhandenen Wohnung ist.

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(3) Entgegen der Ansicht der Revision ist die von dem Berufungsgericht vorgenommene Würdigung nicht deshalb zu beanstanden, weil es nicht berücksichtigt, dass die Beklagte zu 1 gemäß § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG nach dem Verhältnis ihres Miteigentumsanteils im Außenverhältnis für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft haftet. Zwar trifft es zu, dass die Beklagte zu 1 nach dieser Vorschrift für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft im Außenverhältnis zu etwa 48 % haftet, während ihre Stimmkraft auf der Eigentümerversammlung auf insgesamt etwa 36 % reduziert werden soll. Dies führt aber nicht dazu, dass die Anpassung der Stimmkraftregelung unbillig ist. Da für die bereits errichteten Häusergruppen Untergemeinschaften bestehen, fallen kostenträchtige Maßnahmen, namentlich Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen, vornehmlich in diesen an und sind daher im Innenverhältnis allein von den Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaft zu tragen. Zudem muss in den Beschlüssen der Untergemeinschaften über die Durchführung solcher Maßnahmen eine Finanzierung vorgesehen werden, die die übrigen Wohnungseigentümer nicht mit einbezieht, so dass das mit der Außenhaftung verbundene wirtschaftliche Risiko für die nicht an der Untergemeinschaft beteiligten Eigentümer gering ist (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 27).

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3. Auch die von dem Berufungsgericht bestimmte Rechtsfolge des Anspruchs der Kläger aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auf Änderung der Teilungserklärung ist nicht zu beanstanden.

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a) Die Ausübung des tatrichterlichen Ermessens im Rahmen von § 21 Abs. 8 WEG ist von dem Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob alle wesentlichen Umstände Beachtung gefunden haben, die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten sind und in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise von dieser Gebrauch gemacht wurde (vgl. Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 Rn. 24; Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 191/15, NJW 2017, 64 Rn. 23).

28

b) Einer solchen Überprüfung hält die getroffene Regelung stand.

29

aa) Wenig überzeugend ist allerdings, dass sich die Stimmkraft der Wohnungseigentümer für die nicht bezugsfertig errichteten Sondereigentumseinheiten nach dem betreffenden Miteigentumsanteil, für bereits errichtete Einheiten aber nach der Wohnfläche bemessen soll. Dass sich unter Zugrundelegung der von dem Berufungsgericht gewählten Berechnungsmethode ein Stimmanteil der Beklagten zu 1 von etwa 36 % ergibt, ist nur dem Zufall geschuldet, dass die Miteigentumsanteile vorliegend in Einheiten zu 1/10.000-stel angegeben und daher in der Größenordnung in etwa mit der Gesamtwohnfläche von 16.335,50 m² vergleichbar sind. Die Herabsetzung der Stimmkraft für die noch nicht errichteten Sondereigentumseinheiten hätte auch innerhalb eines Berechnungsprinzips erreicht werden können, in dem die Flächen der nicht fertig gestellten Einheiten bis zu ihrer Errichtung mit einem Faktor kleiner als 1,0 multipliziert würden.

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bb) Für die Frage, ob die Grenzen des tatrichterlichen Ermessens bei der Herabsetzung der Stimmkraft des Eigentümers von „Geisterwohnungen“ eingehalten sind, kommt es aber nicht auf die Überzeugungskraft der Berechnungsmethode, sondern allein auf das Ergebnis der Berechnung an, wenn und soweit sich dieses Ergebnis - wie hier - mit der gewählten Methode zweifelsfrei ermitteln lässt. Das Ergebnis der Herabsetzung der Stimmkraft ist hier nicht zu beanstanden.

31

(1) Dem Umstand, dass das Stimmrecht der Wohnungseigentümer zu dem Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte gehört und nur ausnahmsweise und lediglich unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden kann (siehe oben Rn. 17), ist auf der Rechtsfolgenseite des Anspruchs aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG dadurch Rechnung zu tragen, dass die Stimmkraft des Eigentümers von „Geisterwohnungen“ nur maßvoll und nur vorübergehend bis zur Fertigstellung der verbleibenden Sondereigentumseinheiten beschränkt wird.

32

(2) Diese Vorgaben hat das Berufungsgericht beachtet. Die Herabsetzung der Stimmkraft für die nicht errichteten Einheiten um etwa 25 % bzw. der Gesamtstimmkraft um 12 Prozentpunkte von etwa 48 % auf etwa 36 % für die Zeit bis zur Fertigstellung der weiteren Bauabschnitte überschreitet nicht die der tatrichterlichen Ermessenausübung revisionsrechtlich gezogenen Grenzen. Insbesondere droht der Beklagten zu 1 keine Majorisierung durch die übrigen Wohnungseigentümer. Ihr verbleibt insgesamt eine Stimmkraft, mit der sie eine Änderung der Teilungserklärung auf der Grundlage der Öffnungsklausel in § 18 TE verhindern kann. Die Beklagte zu 1 hat es zudem in der Hand, ihre volle Stimmkraft - auch schrittweise - wiederzuerlangen, indem sie die weiteren Bauabschnitte fertigstellt.

III.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann    

        

Brückner    

        

Weinland

        

Kazele    

        

Hamdorf