Entscheidungsdatum: 12.04.2018
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 3. Zivilsenat - vom 29. März 2017 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 200.000 €.
I.
Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das in einem Abstand von etwa 70 Metern von einem Fließgewässer mit einem nicht unterkellerten Wohnhaus bebaut ist. In den Jahren 2010 und 2011 errichtete die Beklagte, die ein Hoch- und Tiefbauunternehmen betreibt, im Auftrag des Landkreises eine Brücke über das Fließgewässer. Dazu stellte der Landkreis der Beklagten ein in seinem Auftrag eingeholtes Bodengutachten zur Verfügung. In dem Gutachten wurden zur Baugrubensicherung eine geschlossene Wasserhaltung mit Spundwänden und eine offene Wasserhaltung als möglich aufgeführt. In dem Leistungsverzeichnis des Bauherrn war eine offene Wasserhaltung ausgeschrieben. Vor Baubeginn ließ die Beklagte eine Gebäudebeweissicherung durchführen, bei der mehrere Risse am Haus der Kläger festgestellt wurden. Bei einer nach Abschluss der Baumaßnahmen durchgeführten Begehung wurden neu entstandene Schäden dokumentiert, u.a. mehrfache Risse der Bodenplatte sowie Risse an den Wänden des Treppenhauses. Die Kläger führten zum Nachweis, dass diese neuen Schäden durch die von der Beklagten durchgeführten Baumaßnahmen verursacht wurden, ein selbständiges Beweisverfahren durch. Mit ihrer Klage verlangen sie nunmehr von der Beklagten Schadensersatz für die nach ihrem Vorbringen eingetretene Wertminderung ihres Wohngebäudes.
Das Landgericht hat die Akten des selbständigen Beweisverfahrens beigezogen und die Klage auf dieser Grundlage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Klaganspruch nach ergänzender Beweisaufnahme dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, den Rechtsstreit zur Durchführung des Betragsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung die Kläger beantragen.
II.
Das Berufungsgericht hält einen Schadensersatzanspruch der Kläger dem Grunde nach aus § 823 Abs. 1 BGB für gegeben. Aufgrund des in zweiter Instanz eingeholten Ergänzungsgutachtens stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Schäden am Haus der Kläger durch eine Entwässerung des Baugrundes durch die Beklagte verursacht worden seien. Die Beklagte habe gegen die sie treffende Sorgfaltspflicht verstoßen, die Baustelle so zu betreiben, dass voraussehbaren Schädigungen Dritter vorgebeugt werde. Namentlich habe sie es unterlassen, der bei einer offenen Wasserhaltung immer zu erwartenden Grundwasserabsenkung durch den gebotenen Einsatz von Spundwänden vorzubeugen. Auch habe sie dem Bauherrn diesbezüglich keine Bedenken angezeigt.
Mit ihren Einwendungen gegen das gerichtliche Gutachten dringe die Beklagte nicht durch. Diese seien zwar fristgerecht erhoben worden, inhaltlich aber als Vorhalte bzw. Fragen an den Sachverständigen ausgestaltet. Die zur Klärung der Fragen von dem Berufungsgericht beabsichtigte, nicht aber von Amts wegen gebotene Anhörung des Sachverständigen sei jedoch nicht zustande gekommen, weil die Beklagte den angeforderten Vorschuss nicht eingezahlt habe. Stattdessen habe sie eine mehrmonatige Fristverlängerung beantragt, um einen Privatgutachter mit der Ausformulierung von Einwendungen beauftragen zu können. Diesem Antrag sei nicht stattzugeben gewesen, weil die beanspruchte Zeit nicht mit der Prozessförderungspflicht zu vereinbaren sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte kein in geologischen Fragen unbedarfter Laie, sondern ein im Tiefbau führendes Unternehmen sei, das ständig Bodengutachten zu interpretieren habe.
Soweit die Beklagte auf andere mögliche Ursachen für die Schäden an dem Haus der Kläger verweise, streite für die Kausalität zwischen den Brückenbauarbeiten und den Schäden an dem Haus der Kläger aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs ein Anscheinsbeweis, den die Beklagte nicht zu entkräften vermocht habe.
III.
Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
1. a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 47, 182, 187; 49, 212, 215). Maßgebend ist dabei der Gedanke, dass die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit haben müssen, durch einen sachlich fundierten Vortrag die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (BVerfGE 49, 212, 215; 101, 106, 129). Dementsprechend liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch dann vor, wenn das Gericht sofort entscheidet, ohne eine angemessene Frist abzuwarten, innerhalb deren eine eventuell beabsichtigte Stellungnahme unter normalen Umständen eingehen kann oder wenn die vom Gericht gesetzte Frist zur Äußerung objektiv nicht ausreicht (BVerfGE 49, 212, 215 f.; BVerfG, NVwZ 2003, 859, 860). Betrifft ein Sachverständigengutachten schwierige Sachfragen, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, sich anderweitig sachverständig beraten zu lassen und zu dem Beweisergebnis Stellung zu nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08, NJW 2009, 2604 Rn. 8; Urteil vom 31. Mai 1988 - VI ZR 261/87, NJW 1988, 2302; Beschluss vom 12. Januar 1982 - VI ZR 41/81, NJW 1982, 1335). Welche Frist für die Mitteilung von Einwendungen gegen ein schriftliches Sachverständigengutachten angemessen ist, hängt daher auch davon ab, ob die Partei zur Prüfung des Gutachtens die Hilfe eines Privatgutachters in Anspruch nehmen muss (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09, NJW 2011, 594 Rn. 17; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 15. Aufl., § 411 Rn. 2, 7).
b) Nach diesen Maßstäben war die Frist, die das Berufungsgericht der Beklagten für die Äußerung zu dem von ihm eingeholten Ergänzungsgutachten gesetzt hat, jedenfalls unter Berücksichtigung der von der Beklagten mit ihrem Fristverlängerungsantrag angekündigten Überprüfung durch einen Privatgutachter nicht angemessen, so dass ihrem Antrag auf Fristverlängerung und Terminsaufhebung hätte stattgegeben werden müssen.
aa) Das Berufungsgericht hat, nachdem die Beklagte in erster Instanz obsiegt hatte, eine ergänzende Beweisaufnahme durchgeführt und dabei erstmals Bohrungen auf dem Grundstück der Kläger und einem Nachbargrundstück veranlasst. Im Anschluss an die Durchführung der Bohrungen hat der gerichtliche Sachverständige am 12. Januar 2017 ein schriftliches Ergänzungsgutachten vorgelegt. Hierin ist er, abweichend von seiner bisherigen Beurteilung, erstmals zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Beklagten durchgeführten Brückenbauarbeiten für die Schäden an dem Haus der Kläger kausal gewesen seien.
Mit Verfügung vom 19. Januar 2017, der Beklagten zugestellt am 26. Januar 2017, hat das Berufungsgericht sodann Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 29. März 2017 bestimmt und den Parteien aufgegeben, etwaige Einwendungen gegen das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 12. Januar 2017 bis zum 24. Februar 2017 schriftlich anzukündigen und einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen innerhalb dieser Frist zu stellen. Falls die Ladung beantragt werde, sollten bis zum 1. März 2017 die beabsichtigten Vorhalte und Fragen schriftsätzlich mitgeteilt und ein Vorschuss in Höhe von 1.000 € eingezahlt werden. Diese Fristen hat das Berufungsgericht auf Antrag der Streithelferin mit Verfügung vom 31. Januar 2017 bis zum 3. März 2017 bzw. bis zum 10. März 2017 verlängert. Auf den Antrag der Beklagten, die Frist zur Stellungnahme auf das Ergänzungsgutachten bis zum 2. Mai 2017 zu verlängern und den Termin vom 29. März 2017 aufzuheben, hat das Berufungsgericht mit Verfügung vom 13. März 2017 mitgeteilt, dass es bei dem Termin sein Bewenden habe und eine Ladung des Sachverständigen derzeit nicht veranlasst sei. Keine Partei habe dessen Ladung beantragt und den angeforderten Vorschuss eingezahlt.
bb) Die von dem Berufungsgericht gesetzten Fristen waren objektiv nicht ausreichend, weil der Beklagten Gelegenheit hätte gegeben werden müssen, das Ergänzungsgutachten mit Hilfe eines Privatgutachters überprüfen zu lassen und sich auf die Befragung des Sachverständigen vorzubereiten.
(1) Die Beklagte hat innerhalb der gesetzten Frist erste Einwendungen gegen das Gutachten erhoben und mitgeteilt, dass sie dieses durch einen Privatgutachter überprüfen und von diesem Einwendungen und Fragen an den Sachverständigen formulieren lassen wolle. Hierzu hätte sie Gelegenheit erhalten müssen, weil das Gutachten, vor allem durch die verschiedenen Bezugnahmen, umfangreich war, die erstmals durchgeführten Bohrungen auswertete und eine von dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der ersten Instanz abweichende, für die Beklagte nachteilige Beurteilung der Kausalitätsfrage enthielt. Ebenso gab die von dem Sachverständigen unaufgefordert eingereichte Stellungnahme vom 2. März 2017 Anlass zu einer Fristverlängerung. Diese enthielt weitere gutachterliche Aussagen, auf die das Berufungsgericht sich neben dem Ergänzungsgutachten entscheidungserheblich gestützt hat.
(2) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war der Beklagten nicht aufgrund eigener Sachkunde zuzumuten, Einwendungen gegen das Ergänzungsgutachten ohne sachverständige Unterstützung zu formulieren. Die von dem Berufungsgericht angeführte unternehmerische Tätigkeit der Beklagten belegt allein nicht, dass diese hierzu in der Lage gewesen wäre. Selbst wenn die Beklagte aufgrund ihrer Tätigkeit im Baugewerbe häufig Bodengutachten zu berücksichtigen haben sollte, begründete dies nicht die Annahme, dass sie in der Lage wäre, ein solches Gutachten nach Methodik und wissenschaftlichen Grundlagen zu überprüfen.
cc) Das Berufungsgericht durfte die beantragte Fristverlängerung auch nicht wegen einer „Prozessverschleppung“ verweigern unter Verweis darauf, dass die Beklagte die von dem Sachverständigen für hilfreich erachteten Bohrprofile erst im Laufe des Rechtsstreits vorgelegt und den Vorschuss für die Ladung des Sachverständigen nicht auflagengemäß eingezahlt habe.
(1) Der Anspruch einer Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG wird auch dann verletzt, wenn eines ihrer Angriffs- oder Verteidigungsmittel deswegen unberücksichtigt bleibt, weil der Tatrichter es in offenkundig fehlerhafter Anwendung von Präklusionsnormen zu Unrecht zurückgewiesen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 - VIII ZR 97/15, GE 2016, 1207 Rn. 9 mwN). So liegt es hier.
(2) Zwar können sich Beschränkungen des Rechts der Partei aus §§ 397, 402 ZPO, dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorzulegen, aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs oder der Prozessverschleppung ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 2017 - VIII ZR 101/17, MDR 2018, 358 Rn. 10). Die Voraussetzung der zur Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 296 ZPO führenden Prozessverschleppung hat das Berufungsgericht aber aus Gründen als gegeben erachtet, die im Prozessrecht keine Stütze finden.
(a) Soweit das Berufungsgericht der Beklagten vorhält, sie habe die von ihr erstellten Bohrprofile, deren Nichtvorlage der Sachverständige bereits im selbständigen Beweisverfahren in seiner Stellungnahme vom 8. April 2013 moniert habe, erst mit Schriftsatz vom 25. August 2016 vorgelegt, begründet dies den Vorwurf der Prozessverschleppung nicht. Dies folgt schon daraus, dass es sich bei den Baugrundaufschlüssen (Bohrprofilen), deren Vorlage der Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren als hilfreich bezeichnet hat, nicht um ein Verteidigungsmittel handelt, das die Beklagte aufgrund ihrer Prozessförderungspflicht aus § 282 Abs. 1 ZPO von sich aus zeitig vorzulegen gehabt hätte, sondern um sonstige in ihrem Besitz befindliche Urkunden, zu deren Vorlage sie allenfalls aufgrund einer gerichtlichen Anordnung nach § 142 ZPO verpflichtet sein konnte. Die Beschwerde rügt zu Recht, dass die Beklagte weder durch das Landgericht noch durch das Berufungsgericht aufgefordert worden ist, entsprechende Aufzeichnungen vorzulegen.
(b) Das Berufungsgericht durfte die Fristverlängerung auch nicht deswegen ablehnen, weil die Beklagte den für die Ladung des gerichtlichen Sachverständigen angeforderten Vorschuss nicht eingezahlt hat. Eine Verzögerung des Verfahrens im Sinne des § 296 Abs. 2 ZPO durch die nicht fristgerechte Einzahlung des Auslagenvorschusses kann hier nicht angenommen werden, weil ohne jeden Aufwand erkennbar ist, dass die Verspätung allein nicht kausal für eine Verzögerung ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 - VIII ZR 97/15, GE 2016, 1207 Rn. 14 mwN). Da der Beklagten die beantragte Fristverlängerung bis zum 2. Mai 2017 für die Stellungnahme zu dem Ergänzungsgutachten zu bewilligen war, hätte der Termin vom 29. März 2017 auch bei rechtzeitiger Einzahlung des Auslagenvorschusses nicht aufrecht erhalten werden können.
c) Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör ist entscheidungserheblich, denn sie hat mit der Nichtzulassungsbeschwerde das binnen der beantragten Frist fertiggestellte Privatgutachten vorgelegt, aus dem sich weiterer Aufklärungsbedarf ergibt.
aa) In Bezug auf das Ergänzungsgutachten des gerichtlichen Sachverständigen beanstandet das Privatgutachten, dass es in dem Bereich der Grundwasserabsenkung zwischen 519,00 und 517,00 müNN keine direkten Hinweise auf hoch durchlässige Kiese gebe, die der gerichtliche Sachverständige aber seinem Gutachten zugrunde gelegt habe. Die von diesem vermutete abgepumpte Wassermenge hätte dem Privatgutachter zufolge dazu geführt, dass die gesamte Baugrube unter Wasser gestanden hätte und die Grundwasserabsenkung mit dem bei der Bauausführung verwendeten gelochten Brunnenring technisch nicht mehr beherrschbar gewesen wäre. Das Privatgutachten weist zudem darauf hin, dass selbst bei einem das Haus der Kläger umfassenden Absenktrichter die dann erfolgte Grundwasserabsenkung immer noch im Bereich der natürlichen Grundwasserschwankungen läge und damit die Brückenbauarbeiten keine zusätzliche Belastung des Hauses der Kläger verursacht hätten. Zudem meint das Privatgutachten, dass der gerichtliche Sachverständige der Berechnung der natürlichen Setzungen des Hauses unzutreffende Werte hinsichtlich der setzungserzeugenden Spannung zugrunde gelegt habe. Der Privatgutachter hat abweichende Werte errechnet und hält die Berechnung des gerichtlichen Sachverständigen für nicht nachvollziehbar.
bb) Ferner ist davon auszugehen, dass die Beklagte innerhalb der verlängerten Frist die in der Beschwerdeschrift aufgeführten Zeugen namentlich benannt hätte, deren Benennung sie für die an der Baustelle abgepumpte Wassermenge bereits in der Berufungsinstanz angekündigt hatte. Der Beweis hätte erhoben werden müssen, da der Sachverständige selbst ausführt, dass nach seinen Berechnungen eine weitaus höhere Wassermenge hätte abgepumpt werden müssen, als von der Beklagten behauptet. Würde die Beweisaufnahme die von der Beklagten behauptete Wassermenge bestätigen, begründete dies Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen Berechnung, da sie mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht im Einklang stünde.
cc) Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Privatgutachtens und gegebenenfalls Fortführung der Beweisaufnahme zu einem für die Beklagte günstigeren Ergebnis gekommen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2017 - VII ZR 36/15, NJW 2017, 3661 Rn. 23).
IV.
1. Die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht zudem Gelegenheit, seine Beweiswürdigung zur Frage der Kausalität der Baumaßnahmen der Beklagten für die Schäden an dem Gebäude der Kläger im Hinblick auf die gegen diese Würdigung erhobenen Rügen der Nichtzulassungsbeschwerde zu überprüfen und dabei insbesondere die Stellungnahme des privaten Bodengutachters vom 24. August 2016 zu berücksichtigen. Dies gilt vor allem für dessen Einwand, der gerichtliche Sachverständige habe seinem Gutachten hinsichtlich der Wassergehalte und Setzungsmaße die Werte organischer Böden zugrunde gelegt, die weder im Bereich der Brückenbaumaßnahme noch in einem angrenzenden Gewerbegebiet gefunden worden seien.
2. Dabei weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, dass Feststellungen zur Kausalität entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises entbehrlich sein dürften.
a) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist; im Wege des Anscheinsbeweises kann gegebenenfalls von einem bestimmten eingetretenen Erfolg auf die Ursache geschlossen werden, wobei dieser Schluss einen typischen Geschehensablauf voraussetzt und Typizität in diesem Zusammenhang bedeutet, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (vgl. Senat, Urteil vom 4. Mai 2015 - V ZR 71/11, NJW 2012, 2263 Rn. 13 mwN). Der Anscheinsbeweis greift jedoch nicht ein, wenn das Geschehen Umstände aufweist, die es ernsthaft als möglich erscheinen lassen, dass das Schadensereignis anders abgelaufen ist als nach dem Muster der der Anscheinsregel zugrundeliegenden Erfolgstypik; das ist der Fall, wenn besondere Umstände hinzukommen, die wegen der Abweichungen des Sachverhalts von den typischen Sachverhalten einen anderen Geschehensablauf als ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit nahelegen (Senat, Urteil vom 4. Mai 2012 - V ZR 71/11, aaO).
b) Ein typischer Geschehensablauf ist bisher nicht festgestellt, wohingegen nach dem bisherigen Sach- und Streitstand verschiedene andere Ursachen für die Absenkung des Hauses der Kläger in Betracht kommen, namentlich andere in der Nähe des klägerischen Hauses durchgeführte Bau- und Entwässerungsmaßnahmen, wie die Errichtung eines Feuerwehrhauses, die Erweiterung der Autobahn und die Dammschüttung.
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