Entscheidungsdatum: 01.10.2015
Der Notar darf eine Weisung, deren Wirksamkeit eine Vertragspartei mit beachtlichen Gründen bestreitet, nicht ausführen, wenn dadurch - der Entscheidung des Streits der Beteiligten vorgreifend - dem Widersprechenden unter Umständen unberechtigterweise seine Rechte genommen würden. Er hat dann die Beteiligten auf den Prozessweg zu verweisen.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 12. August 2014 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 403.000 € festgesetzt.
I.
Mit notariellem Vertrag vom 19. Januar 2011 verkaufte die Beteiligte zu 1 den Beteiligten zu 2 und 3 eine noch zu errichtende Eigentumswohnung mit zwei Fahrzeugstellplätzen zu einem Kaufpreis von 403.000 Euro, von dem Teilbeträge bereits vor Fertigstellung zu erbringen waren. In § 4 Abs. 1 des Vertrages bewilligten und beantragten die Vertragsparteien zur Sicherung des Anspruchs der Käufer auf Eigentumsverschaffung die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Der Vertrag enthält eine Bestimmung (§ 12) mit folgendem Wortlaut:
„1. Macht die Verkäuferin für den Fall, dass sich der Käufer mit einer oder mehreren Kaufpreisraten in Verzug befindet, von ihrem gesetzlichen Rücktrittsrecht Gebrauch, werden bei Nachweis der Ausübung des Rücktrittsrechts durch Vorlage der mittels Einschreiben/Rückschein an den Käufer adressierten und abgesandten Rücktrittserklärung die in diesem Vertrag Bevollmächtigten unwiderruflich angewiesen, die Löschung der Auflassungsvormerkungen zugunsten des Käufers zu bewilligen und zu beantragen. Die tatsächlichen Voraussetzungen des Rücktritts brauchen dem Grundbuchamt nicht nachgewiesen werden.
2. Die beabsichtigte Löschung der Auflassungsvormerkungen muss dem Käufer an die eingangs genannte Adresse von den Bevollmächtigten angezeigt und ihm Gelegenheit gegeben werden, binnen 14 Tagen nach erfolgter Anzeige nachzuweisen, dass er vor Ausübung des Rücktrittsrechtes seinen Zahlungsverpflichtungen aus diesem Vertrag vollen Umfangs nachgekommen ist.
Die Löschung ist nur zu bewilligen, wenn die Rückzahlung der bis dahin entrichteten Kaufpreisraten abzüglich der Löschungskosten sichergestellt ist. Schadensersatzansprüche der Verkäuferin bleiben unberührt und vorbehalten.“
Die Beteiligten zu 2 und 3 zahlten insgesamt 404.275,14 Euro an die Beteiligte zu 1; darin sind allerdings auch Entgelte für zusätzliche Leistungen enthalten, die nicht Gegenstand des beurkundeten Vertrages sind. Die Beteiligten zu 2 und 3 machen gegenüber der Beteiligten zu 1 Herstellungs- bzw. Gewährleistungsansprüche geltend; hierüber ist ein Rechtsstreit anhängig. Im September 2013 erklärte die Beteiligte zu 1 den Rücktritt vom Vertrag, weil vom Kaufpreis noch ein Betrag von 10.193,89 Euro offen sei.
Der Notar kündigte mit Vorbescheid vom 13. Dezember 2013 an, die Löschung der Auflassungsvormerkung zu beantragen, weil die Beteiligten zu 2 und 3 nicht nachgewiesen hätten, dass sie ihrer Zahlungspflicht aus dem Kaufvertrag nachgekommen seien.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 hat das Landgericht den Vorbescheid des Notars aufgehoben und diesen angewiesen, von einem Antrag auf Löschung der Auflassungsvormerkung Abstand zu nehmen, solange das Bestehen des von den Käufern geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts gegenüber dem Restzahlungsanspruch der Verkäuferin aus dem Bauträgervertrag nicht geklärt sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beteiligten zu 2 und zu 3 beantragen.
II.
Das Beschwerdegericht meint, dass der Notar es versäumt habe, die widerstreitenden Interessen der Parteien vor einer Stellung des Löschungsantrags abzuwägen. Bei einem vorformulierten Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher sei der Notar zu einer Abwägung entsprechend dem Grundgedanken in § 307 Abs. 1 BGB verpflichtet. Da der Notar eine solche Abwägung nicht vorgenommen habe, sei sie von dem Beschwerdegericht nachzuholen. Die Abwägung führe dazu, dass die Löschung der Auflassungsvormerkung durch einseitige Weisung des Verkäufers vor einer gerichtlichen Klärung der von dem Käufer geltend gemachten Zurückbehaltungsrechte nicht statthaft sei, auch wenn die Eigentumswohnung bei einem berechtigten Rücktritt des Verkäufers wegen der weiter eingetragenen Auflassungsvormerkung faktisch unverkäuflich sei.
III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist infolge der Zulassung statthaft (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m. § 70 Abs. 1, Abs. 2 FamFG) und auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG). Die Beteiligte zu 1 ist dadurch beschwert, dass das Beschwerdegericht den Notar angewiesen hat, die beantragte Amtstätigkeit bis zu einer gerichtlichen Entscheidung in dem zwischen den Beteiligten anhängigen Zivilprozess zu unterlassen (vgl. OLG Hamm, DNotZ 1985, 56).
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Der Notar darf die Auflassungsvormerkung nicht gemäß § 12 des Kaufvertrags löschen lassen.
a) Das Beschwerdegericht durfte eine solche Weisung erteilen.
aa) Die Ankündigung des Notars in einem Vorbescheid, eine bestimmte Amtshandlung vornehmen zu wollen, ist eine Amtshandlung, gegen die allein die Beschwerde nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO stattfindet (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - V ZB 70/10, juris Rn. 12; Beschluss vom 31. Januar 2013 - V ZB 168/12, NJW-RR 2013, 697 Rn. 7).
bb) Unschädlich ist ferner, dass die Weisung in § 12 Abs. 1 des Kaufvertrags nicht an den Notar, sondern an dessen Angestellten gerichtet ist, der von den Vertragsparteien bevollmächtigt worden ist. Soweit Angestellte des Notars in Ausübung der ihnen erteilten Vollmachten Anweisungen der Vertragsparteien ausführen, handeln sie auf Grund eines privatrechtlichen Auftragsverhältnisses mit den Vertragsparteien und nicht als Amtspersonen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002 - III ZR 87/02, BGHZ 152, 391, 393; OLG Frankfurt/Main, MittBayNot 2000, 466, 467; Reithmann, ZNotP 2005, 322, 325). Gegenstand der Anordnung ist gleichwohl die Amtstätigkeit des Notars. Dieser hat nämlich kraft seines Amtes zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Tätigkeit seiner Angestellten vorliegen. Diese Prüfung darf er selbst dann nicht seinem Personal überlassen, wenn diesem Vollmachten von den Vertragsparteien erteilt sind (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002- III ZR 87/02, BGHZ 152, 391, 397 - zu einer Auflassungs- und Vollzugsvollmacht). Der Vollzug erfolgt auch dann unter der „Federführung“ des Notars (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002 - III ZR 87/02, BGHZ 152, 391, 399 f.).
b) Die von dem Beschwerdegericht gegebene Begründung trägt seine Weisung an den Notar allerdings inhaltlich nicht. Die Auslegung der Anweisung an den Notar in dem Kaufvertrag durch das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerhaft. Danach ist die Löschung der Auflassungsvormerkung des Käufers ohne Prüfung der Berechtigung des von dem Verkäufer erklärten Rücktritts zu bewilligen und zu beantragen.
aa) Im Ansatz zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass sich Inhalt und Umfang der Amtspflichten des Notars aus den im Kaufvertrag enthaltenen Weisungen ergeben, die er streng zu befolgen und mit an ihrem Wortlaut orientierter Genauigkeit zu beachten hat, ohne dass es auf außerhalb des Auftrags liegende Umstände ankommt (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 174/10, MittBayNot 2011, 422 Rn. 11; BGH, Urteil vom 17. Februar 1994 - IX ZR 158/93, NJW 1994, 1403; Urteil vom 10. Februar 2000 - IX ZR 41/99, NJW 2000, 1644). Er hat auch nicht den Vertragsinhalt durch Auslegung zu ermitteln (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011- V ZB 219/10, juris Rn. 7).
bb) Die davon abweichende Auslegung der Weisung durch das Beschwerdegericht hält einer rechtlichen Prüfung schon deshalb nicht stand, weil sie in sich widersprüchlich ist. Einerseits entnimmt das Beschwerdegericht der Klausel, dass der Notar „im konkreten Fall die Wirksamkeit des Rücktritts (…) nicht zu prüfen“ und im Grundsatz der Weisung nachzukommen habe. Andererseits ist es der Auffassung, der Notar habe „derzeit auch nach dem Wortlaut des Vertrages“ von der Weisung Abstand zu nehmen und eine Ermessensabwägung zu treffen, bei der er die von dem Käufer geltend gemachten Zurückbehaltungsrechte zu berücksichtigen habe. Schließlich geht das Beschwerdegericht selbst davon aus, dass eine Ermessensabwägung durch den Notar „auch nach dem Wortlaut des Vertrages nicht vorgesehen“ sei.
cc) Da weitere Feststellungen nicht notwendig sind, kann der Senat die Weisung selbst auslegen. Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die Wirksamkeit des seitens des Bauträgers erklärten Rücktritts nicht zu prüfen ist.
(1) Bei der Auslegung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass es entscheidend auf die dem Notar erteilte Weisung, dagegen nicht auf die Umstände außerhalb des Treuhandauftrags ankommt und dass es nicht Aufgabe des Notars ist, den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags zu ermitteln, auch wenn er ihn selbst entworfen hat (BGH, Urteil vom 10. Februar 2000- IX ZR 41/99, NJW 2000, 1644; Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 219/10, juris Rn. 7). Die gebotene, sich an dem Wortlaut der Weisung orientierende Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die Löschung der Auflassungsvormerkung für den Käufer zu bewilligen und ein entsprechender Antrag bei dem Grundbuchamt zu stellen ist, wenn der Verkäufer gegenüber dem Notar den Zugang der Rücktrittserklärung bei dem Käufer und die Sicherstellung der Rückzahlung der gezahlten Kaufpreisraten abzüglich der Löschungskosten nachweist. Der Käufer kann die Löschung der Auflassungsvormerkung nur durch den rechtzeitigen Nachweis verhindern, alle nach dem Vertrag zu leistenden Zahlungen erbracht zu haben. Einen Nachweis der tatsächlichen Voraussetzungen des Rücktritts schließt die Anweisung ausdrücklich aus. Das Gegenteil kann nicht aus den von den Beteiligten zu 2 und 3 angestellten Überlegungen hergeleitet werden.
(2) Richtig ist allerdings, dass die Anweisung zur Löschung der Auflassungsvormerkung in dem Kaufvertrag „für den Fall [erteilt ist], dass sich der Käufer mit einer oder mehreren Kaufpreisraten in Verzug befindet“. Damit wird aber nur der äußere Anlass für eine Ausführung der Anweisung beschrieben. Was für die Ausführung der Anweisung zu prüfen ist, wird in der Anweisung genau festgelegt. Danach muss nur der Zugang der Rücktrittserklärung nachgewiesen werden, nicht jedoch die Wirksamkeit des Rücktritts. Dieser Nachweis wird vielmehr ausdrücklich ausgeschlossen. Die nicht näher formalisierte Prüfung der Wirksamkeit des Rücktritts würde zudem dazu zwingen, die Berechtigung des Rücktritts zu prüfen und den Vertragsinhalt gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln, was nicht Aufgabe des Notars ist (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - V ZB 174/10, MittBayNot 2011, 422; BayObLG, MittBayNot 2005, 63).
(3) Eine Pflicht des Notars zur Prüfung der Wirksamkeit des Rücktritts ergibt sich auch nicht aus § 12 Abs. 2 des Vertrags, wonach dem Käufer Gelegenheit gegeben werden muss, binnen 14 Tagen nach erfolgter Anzeige nachzuweisen, dass er „seinen Zahlungsverpflichtungen aus diesem Vertrag vollen Umfangs nachgekommen ist“. Damit ist der Nachweis der Erbringung der nach dem Vertrag zu leistenden Raten gemeint. Die Auflassungsvormerkung soll nur dann nicht gelöscht werden, wenn der Käufer dem Notar nachweist, dass er alle nach dem Vertrag zu zahlenden Leistungen erbracht hat.
(4) Ein Ermessensspielraum des Notars, nach dem dieser auf Grund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien darüber befinden soll, ob in Befolgung der Weisung die Löschung der Auflassungsvormerkung zu beantragen ist, lässt sich auch nicht aus der Tatsache ableiten, dass es sich bei der Anweisung um eine von einem Unternehmer vorformulierte Vertragsbestimmung handelt. Ein Widerspruch dieser Anweisung zu den Vorschriften über die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt nicht zu einem Anwendungsspielraum des Notars, sondern nach § 306 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit der Anweisung.
c) Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nach § 74 Abs. 2 FamFG zurückzuweisen, weil sich die Entscheidung des Beschwerdegerichts aus einem anderen Grund als richtig darstellt.
aa) Das ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die Anweisung in dem Kaufvertrag die Beteiligten zu 2 und 3 unangemessen benachteiligen dürfte, weil sie von den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung über die Sicherung des Erfüllungsanspruchs durch eine Vormerkung abweicht und ihnen ihre wesentlichen Rechte aus der Vormerkung nimmt und deshalb nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB nichtig sein dürfte.
(1) Über solche materiell-rechtlichen Fragen zu entscheiden, ist - wie bereits ausgeführt - nicht Aufgabe des Notars und damit auch nicht der über eine Notarbeschwerde entscheidenden Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - V ZB 70/10, juris Rn. 33). Sie sind deshalb nicht in einem Beschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO, sondern in einem Zivilprozess der Beteiligten untereinander zu entscheiden (vgl. BayObLG, DNotZ 1998, 647; OLG Schleswig, NJW-RR 1993, 894; OLG München, FGPrax 2008, 174, 175). Anders verhielte es sich nur dann, wenn die Unwirksamkeit der Vertragsbestimmung für den Notar ohne jeden vernünftigen Zweifel erkennbar wäre (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 14 Rn. 87; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., vor § 307 Rn. 107; Lerch, BeurkG, § 4 Rn. 8). Eine evident unwirksame Vertragsbestimmung darf ein Notar nämlich weder beurkunden (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2000 - IX ZR 279/79, BGHZ 145, 265, 269; Urteil vom 20. Juni 2000 - IX ZR 434/98, DNotZ 2001, 486, 487; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 14 Rn. 71; Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO und BeurkG, 3. Aufl., § 14 BNotO Rn. 28 und 35; Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 2. Aufl., § 4 Rn. 24; Preuß in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG und DNotO, 5. Aufl., § 4 BeurkG Rn. 12; Schippel/Bracker/Kanzleiter, BNotO, 9. Aufl., § 14 Rn.11) noch vollziehen (BGH, Urteil vom 16. Februar 1987 - NotSt (Brfg) 1/86, DNotZ 1987, 558, 559; Urteil vom 29. Juni 2000 - IX ZR 434/98, DNotZ 2001, 486, 487; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., aaO; Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO und BeurkG, 3. Aufl., § 14 BNotO Rn. 28 und 35).
(2) An einer solchen Evidenz fehlt es hier jedoch. Vertragsklauseln, die sicherstellen sollen, dass eine nach dem Scheitern des Vertrags materiell-rechtlich nicht mehr bestehende Auflassungsvormerkung durch den Notar gelöscht werden kann, sind vor dem Hintergrund, dass die gerichtliche Durchsetzung des Berichtigungsanspruchs des Verkäufers nach § 894 BGB mit erheblichen Schwierigkeiten und Verzögerungen sowie den daraus folgenden Nachteilen verbunden sein kann, nicht grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - IX ZR 66/92, NJW 1993, 2744, 2746; Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 174/10, MittBayNot 2011, 422; zu den in der Praxis üblichen Gestaltungen: OLG Hamm, Beschluss vom 2. Dezember 2011- 1-15 W 6/11, juris Rn. 12 bis 15). Als problematisch werden solche Klauseln allerdings dann angesehen, wenn sie die Löschung der Auflassungsvormerkung durch den bevollmächtigten Notar auf Antrag des Verkäufers auch gegen den Widerspruch des Käufers ermöglichen, da dieser dadurch unberechtigt die grundbuchmäßige Absicherung seines Anspruchs auf Vertragserfüllung verlieren kann (vgl. Fembacher, MittBayNot 2005, 105, 106; Everts, Becksches Notar-Handbuch, 6. Aufl., Teil A 1 Rn. 425; Hagenbucher, MittBayNot 2003, 249, 254; Hertel, Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2 Kap. 2 Rn. 361; Möller, MittRhNotK 1990, 33, 35). Ein einheitliches Meinungsbild im Schrifttum über die Vereinbarkeit solcher Klauseln in vorformulierten Verträgen (insbesondere in den Verträgen der Bauträger mit den Käufern, in denen es häufiger zu Streitigkeiten darüber kommt, ob die den angeforderten Zahlungsraten zugrunde liegenden Bauleistungen vollständig und mangelfrei erbracht worden sind) gibt es jedoch ebenso wenig wie eine gefestigte Rechtsprechung zu dieser Frage.
bb) Der Notar durfte die Anweisung zur Löschung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 2 und 3 aber nach § 15 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BNotO nicht veranlassen.
(1) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO darf der Notar eine Amtstätigkeit und damit die Ausführung einer Anweisung in einem Kaufvertrag nicht ohne ausreichenden Grund verweigern. Ein solcher Grund ist gegeben, wenn der Notar mit der Amtstätigkeit zum Vertreter einer Partei würde und der ihm mit § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO zugewiesenen Aufgabe eines unabhängigen und unparteiischen Betreuers der Beteiligten nicht mehr gerecht würde. Er hat dann seine Amtstätigkeit nach § 14 Abs. 2 BNotO abzulehnen. Das gilt auch für die Ausführung einer Anweisung in einem Kaufvertrag durch den Notar, wenn diese die gerichtliche Entscheidung der Beteiligten über einen streitigen Anspruch im Interesse einer Vertragspartei (der Beteiligten zu 1) gegen den Widerspruch der anderen (der Beteiligten zu 2 und zu 3) faktisch vorwegnähme. In einem solchen Fall hat der Notar die Ausführung der Anweisung abzulehnen und die Beteiligten auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Das hat der Senat für die Fälle unvollständiger oder unklarer Weisungen entschieden (Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - V ZB 70/10, juris Rn. 33; Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 219/10, juris Rn. 15).
(2) Nichts anderes gilt, wenn ein Beteiligter an den Notar das Ansuchen richtet, in einer Vertragsangelegenheit zur Durchsetzung eines streitigen Anspruchs einer gemeinsamen Weisung im Vertrag nachzukommen, deren Wirksamkeit die andere Partei mit beachtlichen Gründen bestreitet, und die Ausführung der Weisung der Entscheidung des Streits vorgreifend dem widersprechenden Beteiligten unter Umständen unberechtigterweise seine Rechte nähme. Zwar gehört die Befolgung der ihm von Parteien im Vertrag gemeinschaftlich erteilten unwiderruflichen Anweisungen zu den Amtspflichten eines Notars. Das gilt auch dann, wenn die Anweisung von einer Partei nachträglich widerrufen wird, da einem einseitigen Widerruf grundsätzlich keine Bedeutung zukommt (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - V ZR 70/10, juris Rn. 28; BGH, Urteil vom 18. November 1999 - IX ZR 153/98, WM 2000, 193, 195). Beachtete der Notar einen einseitigen Widerruf, verletzte er seine Amtspflicht zur unparteilichen Betreuung der Beteiligten (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO). Die Beachtung dieser Amtspflicht zwingt den Notar aber bei den beschriebenen Angriffen gegen die Wirksamkeit der Anweisung zur gegenteiligen Vorgehensweise. Würde der Notar eine solche Anweisung vollziehen, überschritte er gerade dadurch die Grenzen der gebotenen unabhängigen und unparteilichen Betreuung und begäbe sich in die Rolle des Anwalts einer Partei. Eine solche Vollzugstätigkeit ist mit seinen Amtspflichten als unparteiischer Betreuer der Beteiligten ebenso wenig vereinbar (Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 14 Rn. 53) wie der - hier zur Durchführung der Weisung erforderliche - Gebrauch der ihm oder seinen Angestellten erteilten Vollmacht zur Durchsetzung bestrittener oder zweifelhafter Rechte (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 1969- NotZ 1/68, BGHZ 51, 301, 304 ff.). Der Notar darf die Weisung dann nicht ausführen. Etwas anderes gilt nur, wenn die gegen die Wirksamkeit der Anweisung erhobenen Bedenken offensichtlich unbegründet sind.
(3) Nach dem Vorstehenden darf der Notar hier die Anweisung nicht ausführen; er muss die Beteiligten auf den Prozessweg verweisen.
(a) Die von den Beteiligten zu 2 und 3 gegen die Wirksamkeit der Anweisung erhobenen Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen.
(aa) Bei dieser Anweisung handelt es sich um eine von der Beteiligten zu 1 als Unternehmerin (§ 14 BGB) gegenüber den Beteiligten zu 2 als Verbrauchern (§ 13 BGB) gestellte, für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsklausel (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Ausführungen des Beschwerdegerichts dazu sind rechtsfehlerfrei und werden von der Beteiligten zu 1 auch nicht angegriffen.
(bb) Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, dass die Klausel die Beteiligten zu 2 und 3 entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, zu ihrem Nachteil von den Regelungen über die Vormerkung abweicht, ihnen die entscheidende Sicherung ihres Erfüllungsanspruchs nimmt und deshalb nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB nichtig ist.
Diese Klausel ermöglicht dem Bauträger die einseitige Durchsetzung seines Interesses, über den Vertragsgegenstand anderweit zu verfügen, ohne die berechtigten Interessen der Beteiligten zu 2 und 3 als Käufer an der Vertragserfüllung berücksichtigen zu müssen. Nach dem Wortlaut der Anweisung muss der Notar, wenn der Bauträger eine Rücktrittserklärung wegen Zahlungsverzugs des Käufers behauptet und das Ansuchen an ihn richtet, die Vormerkung selbst dann zur Löschung bringen, wenn er die Einwände des Käufers (wegen nicht fertiggestellter oder mangelhafter Leistungen) für begründet erachtet. Die Klausel nimmt dem Käufer den Schutz der Vormerkung und schränkt damit seine wesentlichen Rechte so stark ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Der Käufer ist typischerweise an dem Erwerb der Immobilie interessiert. Das gilt insbesondere dann, wenn er sie - wie hier - selbst bewohnen will. Für die Sicherung dieses primären Leistungsinteresses ist die Auflassungsvormerkung von zentraler Bedeutung. Die vereinbarte Sicherung des Anspruchs auf Erfüllung durch eine nach § 106 InsO insolvenzfeste Auflassungsvormerkung ist die Basis, auf der der Käufer den Vertrag mit einem Bauträger abschließt und an ihn Zahlungen schon vor Fertigstellung und Abnahme der Bauleistungen sowie der Umschreibung des Eigentums leistet. Dieser Schutz würde ihm mit der Anweisung genommen, die es dem Bauträger ermöglicht, allein durch die Vorlage einer Rücktrittserklärung - gewissermaßen auf Zuruf - die Löschung der Auflassungsvormerkung zu bewirken.
Die Nachteile, die im Falle einer unberechtigten Löschung der Auflassungsvormerkung für den Käufer eintreten, werden nicht dadurch kompensiert, dass nach der Klausel vor der Bewilligung der Löschung die Rückzahlung der bisher entrichteten Kaufpreisraten gewährleistet sein muss. Die Gewährleistung seines Rückzahlungsanspruchs sichert aber nicht den Primäranspruch und schützt deshalb - anders als die Auflassungsvormerkung - nicht das Interesse des Käufers an dem Erwerb der Wohnung, dessentwegen er den Vertrag mit dem Bauträger abgeschlossen hat. Diese Klausel vermeidet zudem nicht die Nachteile, die sich für den Käufer durch den gutgläubigen Erwerb eines Dritten bei einer Weiterveräußerung durch den Bauträger nach einer (unberechtigten) Löschung der Auflassungsvormerkung ergeben. Der Verlust der Sicherung des Erfüllungsanspruchs trifft den Käufer besonders hart, wenn er - wie hier die Beteiligten zu 2 und zu 3 - den Kaufpreis bereits im Wesentlichen beglichen und die Wohnung bezogen hat.
(b) Mit der angekündigten Bewilligung der Löschung der Auflassung und dem Antrag, diese im Grundbuch zu vollziehen, würde die Beteiligte zu 1 ungeachtet der aufgezeigten erheblichen Bedenken und ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage die Löschung der Auflassungsvormerkung erreichen. Bei einem zwischenzeitlichen gutgläubigen Erwerb durch einen Dritten wäre der Rechtsverlust endgültig. Dazu darf ein Notar seine Hand nicht reichen.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m. § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts nach dem Nominalwert des vorgemerkten Rechts beruht auf § 61 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 4, § 36 Abs. 1, § 45 Abs. 3, § 47 GNotKG. Der Senat hat für den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens von der durch § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GNotKG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Schmidt-Räntsch Czub Weinland
Kazele Haberkamp