Entscheidungsdatum: 16.03.2017
1. Ob der Insolvenzverwalter für eine unternehmerische Fehlentscheidung haftet, ist am Insolvenzzweck der bestmöglichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger unter Berücksichtigung der von den Insolvenzgläubigern getroffenen Verfahrensentscheidungen zu messen.
2. Der Insolvenzverwalter darf keine Geschäftschance persönlich nutzen, die aufgrund der Umstände des jeweiligen Falles dem von ihm verwalteten Schuldnerunternehmen zuzuordnen ist.
Auf die Revision des Klägers wird der die Berufung zurückweisende Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 30. November 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist seit dem 6. Juni 2011 Verwalter in dem bereits am 1. Januar 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommunalen Wohnungs- und Baugesellschaft L. mbH (Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten, seinen Vorgänger im Amt des Insolvenzverwalters, auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Schuldnerin ist ein kommunales Wohnbauunternehmen. Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte sie den Wohnblock W. 30 in L. in eine Wohnungseigentumsanlage verwandelt und einige Wohnungen verkauft. Verkauft wurde unter anderem die Wohnung Nr. 24. Der Kaufpreis betrug 70.000 DM. Die Schuldnerin war Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage und blieb dies auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am 28. November 2007 beschloss die Gläubigerversammlung die Liquidation der Schuldnerin sowie die bestmögliche Verwertung des Immobilienbestandes. Der Geschäftsbetrieb sollte vorläufig bis zur Verwertung des Immobilienbestandes fortgeführt werden.
Im Jahre 2008 wollten die Käufer der Wohnung Nr. 24 ihre Wohnung veräußern. Sie wandten sich an den Geschäftsführer der Schuldnerin. Ob sie die Wohnung, wie der Kläger behauptet, zunächst der Schuldnerin oder dem Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter anboten, ist streitig. Mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2008 kaufte der Beklagte persönlich die Wohnung zu einem Kaufpreis von 3.000 €. Als Insolvenzverwalter der Schuldnerin in ihrer Eigenschaft als WEG-Verwalterin stimmte er der Veräußerung zu. Als Insolvenzverwalter der Schuldnerin in ihrer Eigenschaft als frühere Eigentümerin der Wohnung bewilligte er die Löschung einer Rückauflassungsvormerkung. Die Wohnung wurde von der Schuldnerin verwaltet und vermietet.
Mit Wirkung zum 1. Dezember 2013 veräußerte der zwischenzeitlich zum Insolvenzverwalter bestellte Kläger den gesamten Immobilienbestand der Schuldnerin an die L. Bauverein Beteiligungs-GmbH & Co KG. Die Erwerberin wandte sich an den Beklagten und unterbreitete ihm ein Angebot, nach welchem sie die Wohnung zu einem Preis von 10.000 € ankaufen wollte. Später bot sie 45.000 €; zugleich sollte ein schwebender Rechtsstreit zwischen ihr und dem Beklagten beendet werden. Zu einer Einigung kam es nicht. Der Beklagte behielt die Wohnung.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Übertragung der Wohnung Zug um Zug gegen Zahlung von 3.000 € verlangt, hilfsweise Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 42.000 €. Weiter hilfsweise hat er Erstattung der Kosten der Sondermietverwaltung durch die Insolvenzschuldnerin verlangt, welche der Beklagte kostenlos in Anspruch genommen habe, von 600 € (30 Monate x 20 €). Insoweit hat er die Klage in zweiter Instanz nicht weiter verfolgt. Ebenfalls hilfsweise hat der Kläger Erstattung des Mietausfalls für eine andere Wohnung verlangt, die nicht vermietet worden sei, weil der Beklagte seine eigene Wohnung bevorzugt behandelt habe, von 18.212 € (58 Monate x 314 €), sowie Erstattung des Mindererlöses hinsichtlich des ganzen Wohnungsbestandes von 23.625,60 € (12 Monatsmieten x 214 € x Faktor 9.2). Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Anspruch auf Rückauflassung der Eigentumswohnung, hilfsweise denjenigen auf Zahlung von 42.000 € nebst Zinsen weiter.
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Nachdem die Gläubigerversammlung am 28. November 2007 die Liquidation des Unternehmens der Schuldnerin beschlossen habe, sei der Beklagte als Verwalter nicht berechtigt gewesen, die Wohnung zu erwerben. Selbst wenn der Erwerb der Wohnung aber noch von den Befugnissen eines Insolvenzverwalters gedeckt gewesen wäre, lasse sich eine entsprechende Verpflichtung des Beklagten nicht feststellen, der als Verwalter einen weiten Ermessensspielraum gehabt habe. Der Hinzuerwerb einer weiteren Wohnung sei angesichts des bereits herrschenden Leerstandes riskant gewesen. Ein Wettbewerbsverbot für Insolvenzverwalter gebe es nicht. Selbst wenn ein derartiges Verbot bestünde, wäre der Beklagte nicht zum Erwerb der Wohnung für die Masse verpflichtet gewesen. Nachdem insgesamt drei Wohnungen in der fraglichen Anlage nicht im Eigentum der Schuldnerin gestanden hätten, habe auch nicht die Möglichkeit einer Arrondierung des Wohnungsbestandes bestanden.
Schadensersatz wegen der behaupteten bevorzugten Vermietung der eigenen Wohnung könne der Kläger ebenfalls nicht verlangen. Der Kläger habe ein entsprechendes Verhalten des Beklagten nicht hinreichend konkret dargelegt. Für die Zeit ab dem 1. November 2011 beruhe der Schaden zudem auf dem eigenen Verhalten des Klägers, der die Wohnung des Beklagten selbst neu vermietet habe.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen des Klägers hat sich der Beklagte dadurch, dass er die ihm als Verwalter zu einem äußerst geringen Preis angebotene Wohnung nicht für die Masse erworben hat, nach § 60 InsO schadensersatzpflichtig gemacht.
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Ansprüche auf Ersatz eines Schadens, den die Insolvenzgläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben, werden während der Dauer des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter geltend gemacht. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden (§ 92 InsO). Um einen solchen Gesamtschaden handelt es sich hier. Dem Beklagten wird vorgeworfen, die Masse nicht um eine günstig zu erwerbende Eigentumswohnung vermehrt zu haben.
2. Der Beklagte hat sich schon dadurch gemäß § 60 InsO schadensersatzpflichtig gemacht, dass er die ihm angebotene Wohnung nicht für die Masse erworben hat.
a) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach der Insolvenzordnung obliegen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zu seinen Pflichten gehört es, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu bewahren und ordnungsgemäß zu verwalten (BGH, Urteil vom 26. Juni 2014 - IX ZR 162/13, WM 2014, 1434 Rn. 11; vom 16. Juli 2015 - IX ZR 127/14, WM 2015, 1644 Rn. 8; vom 3. März 2016 - IX ZR 119/15, WM 2016, 617 Rn. 15). Diese Pflicht hat sich am gesetzlichen Leitbild des ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters auszurichten, welches an die handels- und gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltsanforderungen angelehnt ist (§ 347 Abs. 1 HGB, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 34 Abs. 1 Satz 1 GenG, § 43 Abs. 1 GmbHG), aber den Besonderheiten des Insolvenzverfahrens Rechnung zu tragen hat (BGH, Urteil vom 26. Juni 2014, aaO Rn. 16). Maßstab aller unternehmerischen Entscheidungen des Insolvenzverwalters im Rahmen einer Betriebsfortführung ist der Insolvenzzweck der bestmöglichen gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 1 InsO; vgl. BVerfGE 116, 1, 13) sowie das von den Gläubigern gemeinschaftlich beschlossene Verfahrensziel - Abwicklung des Unternehmens, Veräußerung oder Insolvenzplan - als Mittel der Zweckerreichung (Uhlenbruck in Festschrift für K. Schmidt, 2009, S. 1603, 1617 f; vgl. auch Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2009, § 60 Rn. 37; MünchKomm-InsO/Brandes/Schoppmeyer, 3. Aufl., § 60 Rn. 29a; MünchKomm-InsO/Ganter/Lohmann, 3. Aufl., § 1 Rn. 20, 44 ff; Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 328).
b) Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewahrung und Verwaltung der Insolvenzmasse ist vielfach nicht schon dann erfüllt, wenn es dem Verwalter gelingt, den Bestand der Masse zu erhalten. Wie der Senat bereits entschieden hat, kann der Insolvenzverwalter gehalten sein, bis zur endgültigen Verteilung der Masse nicht benötigte Gelder nicht nur zu sichern, sondern auch zinsgünstig anzulegen (BGH, Urteil vom 26. Juni 2014, aaO Rn. 15). Dabei ging es nicht nur und nicht in erster Linie um den Schutz der Masse vor einem inflationsbedingten Wertverlust. Dieser Gesichtspunkt wird in der Entscheidung nicht einmal erwähnt. Den Urteilsgründen zufolge sind nicht benötigte Gelder schon deshalb festzulegen, weil sie nicht benötigt werden, aber Zinsen tragen könnten. Zur Masseverwaltungspflicht gehört danach auch ein allgemeines Wertmehrungsgebot (Jungmann, EWiR 2014, 563, 564). Das gilt auch und gerade im Rahmen einer Betriebsfortführung, wenn auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen eines Insolvenzverfahrens (vgl. dazu BT-Drucks. 12/2443, S. 129; BGH, Urteil vom 26. Juni 2014 - IX ZR 162/13, WM 2014, 1434 Rn. 16; BAGE 143, 321 Rn. 60; HmbKomm-InsO/Weitzmann, 6. Aufl., § 60 Rn. 9), der Orientierung allen Handelns des Insolvenzverwalters am Insolvenzzweck der bestmöglichen gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung (§ 1 InsO; vgl. BVerfGE 116, 1, 13) und der maßgeblichen Entscheidungen der Insolvenzgläubiger (§§ 157, 158 InsO) über die Zukunft des schuldnerischen Unternehmens.
c) Welche Pflichten den Insolvenzverwalter im Einzelfall treffen, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls ab. Der vorliegende Fall wird auf der Grundlage des revisionsrechtlich maßgeblichen Klägervorbringens von folgenden Besonderheiten geprägt:
• Dem Beklagten ist eine Wohnung angeboten worden, die einen Wert von 45.000 € hatte, die aber nur einen geringen Bruchteil dieses Wertes kosten sollte und schließlich zu einem Preis von 3.000 € verkauft worden ist; nach eigener Darstellung des Beklagten sollte die Wohnung sogar zunächst zu einem Preis von nur 1.000 € verkauft oder sogar verschenkt werden.
• Die Wohnung lag in einer Eigentumsanlage, in welcher der Insolvenzschuldnerin bis auf drei Wohnungen sämtliche Wohnungen gehörten.
• Die Insolvenzschuldnerin war zugleich die Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage. Sie konnte auch die angebotene Wohnung verwalten, was schon daraus folgt, dass sie sie tatsächlich verwaltet hat, nachdem der Beklagte persönlich sie erworben hatte.
• Die Gläubigerversammlung hatte die Liquidierung des schuldnerischen Unternehmens beschlossen; bis zum Verkauf der Wohnungen sollte dieses jedoch weiter betrieben werden und ist weiter betrieben worden.
• Die Wohnung konnte nach Lage und Zustand vermietet werden, was daraus folgt, dass sie zu einem Preis von 214 € netto im Monat vermietet worden ist, nachdem der Beklagte persönlich sie erworben hatte.
• Der Wohnungsbestand der Schuldnerin sollte insgesamt veräußert werden und ist entsprechend veräußert worden.
Danach handelte es sich um ein Geschäft, welches die Masse ohne sonderlichen Aufwand und ohne großes Risiko erheblich vermehrt hätte. Auch unter Anlegung eines großzügigen Maßstabes an unternehmerische Entscheidungen des Insolvenzverwalters, der in einer für das Unternehmen schwierigen Lage eine von vielen, teils unbeherrschbaren Faktoren abhängige Prognoseentscheidung zu treffen hat, und des ihm zukommenden weiten Ermessensspielraums (vgl. etwa Schmidt/Thole, InsO, 19. Aufl., § 60 Rn. 14; HmbKomm-InsO/Weitzmann, 6. Aufl., § 60 Rn. 29 f, 33; MünchKomm-InsO/Brandes/Schoppmeyer, 3. Aufl., § 60 Rn. 29a; Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 328), ist die Entscheidung des Beklagten, die Wohnung zu dem von ihm gezahlten Preis nicht für die Masse zu erwerben, mit einer ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwaltung nicht zu vereinbaren.
3. Ein weiterer zum Schadensersatz nach § 60 InsO verpflichtender Verstoß gegen die Pflichten eines ordentlich und gewissenhaft handelnden Insolvenzverwalters liegt darin, dass der Beklagte eigennützig, ohne Berücksichtigung der Interessen der Insolvenz- und Massegläubiger und derjenigen der Insolvenzschuldnerin, ein vorteilhaftes Geschäft an sich gezogen hat, welches im engen Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin stand und daher dieser zuzuordnen war.
a) Das Berufungsgericht hat gemeint, den Insolvenzverwalter treffe im Verhältnis zum Insolvenzschuldner kein Wettbewerbsverbot, weil die Insolvenzordnung ein solches nicht vorsehe. Daran ist richtig, dass die entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften nicht unbesehen auf den Insolvenzverwalter angewandt werden können. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist das gesetzliche Leitbild des ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters zwar an die handels- und gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltsanforderungen (§ 347 Abs. 1 HGB, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 34 Abs. 1 Satz 1 GenG, § 43 Abs. 1 GmbHG) angelehnt (BT-Drucks. 12/2443, S. 129). Jedoch sind die Besonderheiten zu beachten, die sich aus den Aufgaben des Insolvenzverwalters und aus den Umständen ergeben, unter denen er seine Tätigkeit ausübt.
b) Die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft dürfen gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 AktG ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Handelsgewerbe betreiben noch im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen; gemäß § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG dürfen sie ohne Einwilligung auch nicht Mitglied des Vorstands oder Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft sein. In diesen Regelungen drückt sich die verantwortliche Rechtsstellung des Vorstands als Leiter der Gesellschaft aus, die es erfordert, dass ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft grundsätzlich seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat (MünchKomm-AktG/Spindler, 4. Aufl., § 88 Rn. 1). Für den Insolvenzverwalter gilt dies so nicht. In aller Regel ist ein Insolvenzverwalter in mehr als einem Insolvenzverfahren bestellt. Er widmet regelmäßig nicht seine ganze Arbeitskraft nur einem Insolvenzverfahren.
Im Gesellschaftsrecht gibt es aber auch Wettbewerbsverbote, die unabhängig von einem im Grundsatz ausschließlichen Einsatz der Arbeitskraft für die Gesellschaft gelten. So darf der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder in dem Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter teilnehmen (§ 112 Abs. 1 HGB). Gleiches gilt für den persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs. 2 HGB). In diesen Fällen folgt das Wettbewerbsverbot aus der Treuepflicht des Gesellschafters (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1983 - II ZR 242/82, BGHZ 89, 162, 165; Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 37. Aufl., § 112 Rn. 1).
c) Das gemäß § 88 Abs. 1 AktG den Vorstand einer Aktiengesellschaft treffende Verbot, im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen, gilt für den geschäftsführenden Gesellschafter einer Personengesellschaft (BGH, Urteil vom 23. September 1985 - II ZR 257/84, NJW 1986, 584, 585), einer Erwerbs-BGB-Gesellschaft (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10, WM 2013, 320 Rn. 20 f) und den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1964 - II ZR 127/62, WM 1964, 1320, 1321; vom 8. Mai 1967 - II ZR 126/65, WM 1967, 679, 680) ebenfalls. Der Geschäftsführer oder geschäftsführende Gesellschafter muss in allen Angelegenheiten, die das Interesse der Gesellschaft berühren, deren Wohl und nicht seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil anderer im Blick haben. Bei der Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis dürfen die (anderen) Gesellschafter darauf vertrauen, der Geschäftsführer oder geschäftsführende Gesellschafter werde getreu seinem Versprechen seine Tätigkeit dem Gesellschaftszweck widmen und sich uneigennützig für das gemeinsame Ziel einsetzen; dieser darf sich deshalb bei der Geschäftsführung nur vom Gesellschaftsinteresse leiten lassen und muss seine eigenen Interessen hintansetzen (BGH, Urteil vom 23. September 1985, aaO). Aus dieser Treuepflicht des Geschäftsführers wird hergeleitet, dass es ihm ohne ausdrückliche Erlaubnis nicht gestattet ist, im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte für eigene Rechnung zu tätigen oder tätigen zu lassen oder den Vollzug bereits von der Gesellschaft abgeschlossener Verträge durch Abwicklung auf eigene Rechnung oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. Der Geschäftsführer darf Geschäftschancen nicht für sich, sondern nur für die Gesellschaft ausnutzen und hat ihr, wenn er hiergegen verstößt, einen dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Er darf keine Geschäfte an sich ziehen, die in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fallen und dieser aufgrund bestimmter konkreter Umstände bereits zugeordnet sind (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012, aaO Rn. 21 mwN; sog. Geschäftschancenlehre).
d) Dieser Rechtsgedanke lässt sich auf einen Insolvenzverwalter übertragen, der das Unternehmen des Insolvenzschuldners fortführt. Er ist zwar nicht vom Schuldner oder - wenn es sich beim Insolvenzschuldner um eine Gesellschaft handelt - von den Gesellschaftern beauftragt worden. Mit seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter hat er jedoch eine Rechtsmacht erhalten, die nicht hinter derjenigen eines Geschäftsleiters zurückbleibt. Gemäß § 80 Abs. 1 InsO ist er berechtigt, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen. Diese Rechtsmacht ist zweckgebunden. Das Insolvenzverfahren dient den Interessen der Gläubiger und des Insolvenzschuldners, nicht den Erwerbsinteressen des Insolvenzverwalters (BVerfGE 113, 1, 13 f zu § 56 InsO). Entsprechend hat der Verwalter die ihm übertragenen weitreichenden Befugnisse ausschließlich zur Verfolgung des Verfahrenszwecks zu nutzen. Bietet sich ihm die Möglichkeit, ein für die Masse vorteilhaftes Geschäft zu schließen, ist ihm jedenfalls dann verboten, das Geschäft an sich zu ziehen, wenn die Geschäftschance in den Geschäftsbereich des Schuldnerunternehmens fällt und diesem zugeordnet ist.
e) Unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen eine Geschäftschance der Masse in der Weise zugeordnet ist, dass der Verwalter sie persönlich nicht mehr wahrnehmen darf, ist eine Frage des Einzelfalls. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur gesellschaftsrechtlichen Geschäftschancenlehre liegt eine Geschäftschance der Gesellschaft vor, wenn diese den Vertrag bereits geschlossen oder jedenfalls soweit vorbereitet hat, dass der endgültige Vertragsschluss nur noch eine Formsache ist. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsleiter namens der Gesellschaft in Vertragsverhandlungen eingetreten ist (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10, WM 2013, 320 Rn. 26) oder wenn ihm ein vorteilhaftes Angebot nur mit Rücksicht auf seine Stellung unterbreitet worden ist. Erfasst sind schließlich auch Geschäftschancen, die im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft stehen (vgl. Fleischer, NZG 2003, 985, 986 f mwN). Das gilt für den Insolvenzverwalter, der das Unternehmen des Schuldners fortführt, in gleicher Weise.
f) Der Erwerb der Wohnung Nr. 24 gehörte zum Geschäftsfeld des Schuldnerunternehmens. Die Wohnung ist dem Geschäftsführer der Schuldnerin angeboten worden, welcher für die Insolvenzverwaltung tätig war. Es gab bereits einen Vertragsentwurf, der den Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter als Käufer auswies. Die Wohnung wäre an ihn verkauft worden, wenn er das Geschäft nicht persönlich an sich gezogen hätte. Da das Schuldnerunternehmen bis zur Veräußerung des Wohnungsbestandes fortgeführt werden sollte, stand der Liquidationsbeschluss der Gläubigerversammlung dem Ankauf nicht entgegen.
III.
Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Der Senat weist auf folgenden rechtlichen Gesichtspunkt hin: Nach Darstellung des Beklagten war ein Erwerb für die Masse aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, weil die Verkäufer nicht an die Insolvenzschuldnerin verkaufen wollten. In der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Schuldnerin heißt es dazu, die Verkäufer hätten dies mit der Insolvenz der Schuldnerin begründet. Von einem Geschäftsführer, dem sich eine Geschäftschance für die Gesellschaft bietet, wird grundsätzlich erwartet, alles Erdenkliche zu tun, um diese für die Gesellschaft zu nutzen (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10, WM 2013, 320 Rn. 31 mwN). Das gilt auch für den Insolvenzverwalter. Es wäre Aufgabe des Beklagten gewesen, etwaige Fehlvorstellungen der Verkäufer hinsichtlich der Befugnisse und wirtschaftlichen Möglichkeiten eines Insolvenzverwalters zu korrigieren und unbegründete Bedenken auszuräumen.
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